Mein einzigartiger Engel von xXSasukeUchihaXx (Kratos x Raine x ?) ================================================================================ Kapitel 4: Gemeinsam in einem Zimmer ------------------------------------ "Zelos, wenn du müde bist, dann geh doch schon mal ins Bett" erwähnte Lloyd leise und betrachtete das Gesicht des Rothaarigen, dessen Kopf auf seiner Schulter ruhte. Er kannte dessen Nähe schon, war sie mehr oder weniger gewohnt, denn auf ihrer gemeinsamen Reise war der Braunhaarige auch ständig belagert worden. Zelos hatte sein Geheimnis offen gelegt, hatte ihm eröffnet, dass er dem männlichen Geschlecht keineswegs abgeneigt war und hatte Lloyd darum gebeten, seine Neigung vor ihren Freunden zu verheimlichen. Nun wussten es jedoch auch Colette und Genis, aber ihre Freunde hatten nichts mehr zu dem ungewöhnlichen Thema gesagt und sich wohl mit dieser Neigung abgefunden. "Nein... Ich will nicht alleine ins Bett" nuschelte Zelos und umklammerte seinen besten Freund mit seinen Armen und kuschelte sich noch ein wenig mehr an Lloyd's Brust, welcher einen leisen Seufzer ausstieß. Auch dieses Spielchen kannte er schon, denn auf ihrer gemeinsamen Reise hatten sie sich meist ein Gästezimmer geteilt. In der Nacht war der Rothaarige zu ihm ins Bett gekrochen gekommen und weil Lloyd so müde gewesen war, hatte er dem reichen Schönling gewähren lassen. Am nächsten Morgen hatte er sich erst meist über die Wärmequelle neben sich gewundert und Lloyd erinnerte sich noch genau, beim ersten Mal wäre ihm beinahe das Herz vor Schreck in die Hose gerutscht. Nun hatte er sich mittlerweile an Zelos gewöhnt, auch wenn er manchmal vor dessen Neigung eine gewisse Angst hegte. Bis jetzt hatte der Rothaarige seine Finger bei sich gelassen, weil Zelos seine Meinung respektierte und hoffentlich musste er sich in dieser Nacht keine großen Sorgen machen. Genis besah sich Zelos' Verhalten schon eine ganze Weile, konnte nur grinsend seinen Kopf schütteln und blickte nun zu Yuan, welcher sich vor einigen Minuten neben ihm auf den freien Platz gesetzt hatte. Ein leises Gähnen durchbrach die leisen Gespräche, ehe Genis zu Colette sah. Die Blonde war müde und der junge Halbelf wollte auch allmählich ins Bett, ebenso wie vermutlich Zelos und Raine, welche vor einigen Minuten auch ihre Augenlider hatte sinken lassen. Yuan schmunzelte leicht, da der Kopf der Professorin zur Seite gekippt war und auf Kratos' Schulter ruhte. Zu stören schien es seinen langjährigen Freund nicht, da er die junge Halbelfe neben sich musterte und ein kaum merkliches Lächeln auf den Lippen trug. "Vielleicht solltet ihr nun auch nach Hause gehen" murmelte Lloyd, denn es war bestimmt schon nach ein Uhr und die Professorin wollte trotz der Feier am morgigen Tag den Unterricht wie gewohnt vollziehen. "Ob ich morgen Früh allerdings aufstehe, kann ich nicht versprechen. Bevor ich im Unterricht einschlafe und von Professor Raine den Tafelschwamm an den Kopf geworfen bekomme, bleibe ich lieber im Bett" fügte er leise hinzu und hörte das leise Gekicher seines besten Freundes, während Yuan verwundert seine rechte Augenbraue hob. Mutig war der Braunhaarige, musste er zugeben und blickte abwechselnd von Dirk zu Kratos, welche allerdings keinen Einwand erhoben. Kratos befestigte sein Schwert an seiner Seite, erhob sich langsam, nicht ohne dabei der jungen Halbelfe ein wenig Halt zu geben und hob sie schließlich auf seine Arme. "Ich stimme Lloyd zu. Colette und Genis sollten allmählich ins Bett" erwiderte er und lief mit Raine auf seinen Armen zur Haustür. Genis, Colette und auch Yuan erhoben sich ebenfalls, bedankten und verabschiedeten sich bei Lloyd für den schönen Abend, während der Jüngste die Haustür öffnete und Kratos den Vortritt überließ. Das ehemalige Cruxis-Mitglied verließ jedoch noch nicht das Haus, blickte über seine Schulter zu Lloyd und musste unbedingt noch eine Frage stellen, welche ihm schon seit einer Stunde auf der Zunge lag. "Lloyd..." rief er seinen Sohn, dessen Hand leicht das rote Haar des ehemaligen Auserwählten zur Seite strich und nun seinen Kopf hob. "Bist du dem anderen Ufer zugetan?" wollte Kratos wissen und sah seinen Sohn eindringlich an. Er hätte nichts dagegen, denn Lloyd musste diese Entscheidung allein treffen und er würde sich auch nicht in die Beziehungen seines Sohnes einmischen. "Welches Ufer?". Lloyd neigte seinen Kopf fragend, denn er hatte die Frage nicht verstanden. Von welchem Ufer war nun die Rede? Genis seufzte, konnte aber ein dümmliches Grinsen nicht unterdrücken, ehe er die Frage in normalen Worten wiederholte. "Kratos möchte wissen, ob du schwul bist? In anderen Worten, ob du Männer magst". Colette kicherte nun ebenfalls, während sie Lloyd's entgeisterten Gesichtsausdruck musterte. "Wa... Nein... Nein, ich bin doch nicht schwul und stehe nicht auf Männer" rief Lloyd empört und am liebsten hätte er Zelos nun von sich geschoben, würde der Braunhaarige nicht so umklammert werden. Er war sich eigentlich völlig sicher, dass eine leichte Röte auf seinen Wangen erschienen war, da ihm diese Frage äußerst unangenehm und peinlich erschien. Kratos hatte seine Antwort erhalten, weswegen er seinem Sohn leicht zunickte und nun ins Freie trat. Die Haustür wurde von Colette ins Schloss gezogen, während Genis sich von Yuan verabschiedete, welcher sich auf dem Sitz seines Rheairds gesetzt hatte. "Seid vorsichtig. Bei Nacht ist es in den Wäldern sehr gefährlich" erläuterte Yuan noch, startete den Antrieb und erhob sich in die Lüfte. Nach wenigen Sekunden war er nicht mehr zu sehen, weswegen die kleine Truppe ihren Weg durch den Wald antrat. Die ersten Meter verspürte Colette noch keine Angst, doch als sie einige sehr ungewöhnliche Geräusche vernahm, ergriff sie Genis' Hand, welcher nicht minder verängstigt wirkte. Kratos lief schweigend und unbekümmert mit Raine auf seinen Armen den Weg zum Dorf entlang, behielt die Umgebung im Auge und achtete darauf, keine lauten Geräusche zu verursachen. Er wollte einen Kampf vermeiden, denn Genis war nur ein Magier, musste sich für seine Zaubersprüche konzentrieren können und Colette schien ihre Chakram nicht mitgenommen zu haben, also konnte sie sich nur auf ihre Engelsfähigkeiten verlassen. Raine schlief tief und fest, murmelte nur hin und wieder etwas Unverständliches vor sich her und kuschelte sich an seine Brust. Ungern wollte er sie nun wecken, weswegen er seine Schritte beschleunigte, um endlich den Wald hinter sich zu lassen. Nach wenigen Minuten erreichten sie schließlich den Waldrand und liefen das kurze Stück zum Dorf. Bei der Kreuzung ließ Colette die Hand des jungen Halbelfen los und lächelte Kratos und Genis an. "Gute Nacht" wünschte sie und schlug den Weg zu ihrem Haus ein. "Gute Nacht" erwiderte Genis und lief mit Kratos weiter, erklomm die Stufen und öffnete die Haustür. Er ließ Kratos eintreten, welcher im Flur stehen blieb und auf den Jungen wartete, da er nun mal nicht wusste, in welches Zimmer er die junge Professorin bringen sollte. "Folge mir" murmelte Genis und lief an sein Zimmer vorbei, öffnete die nächste Tür und deutete auf das Bett seiner Schwester. Kratos kam der Aufforderung nach, betrat das Zimmer und ließ seinen Blick kurz schweifen. Zahlreiche Artefakte und Lehrbücher konnte er in den Regalen erkennen, einen kleinen Schreibtisch und einen kleinen Kleiderschrank. Das Bett stand direkt unter dem Fenster, legte die junge Halbelfe vorsichtig auf die Bettdecke und nahm ihr die Brille vorsichtig ab. "Ähm... Ich lege dir eine Matte neben ihr Bett, weil mein Zimmer zu klein ist" erläuterte Genis leise und wendete sich um, um die Matte, eine Decke und ein Kissen zu holen. Kratos legte sein Schwert ab, setzte sich am Fußende des Bettes und zog der jungen Halbelfe die Schuhe aus. Er ließ sie keine einzige Sekunde aus den Augen, da er mit Bedacht darauf achtete, Raine nicht zu wecken. Er stellte ihre Schuhe zur Seite, schlüpfte nun aus seine Stiefel und begann sich zu entkleiden, bis er nur noch in einer blauen Shorts und einem schwarzen Shirt auf dem Bett saß und auf Genis' Rückkehr wartete. Leise Schritte ertönten im Gang, ehe Genis ins Zimmer seiner Schwester trat und die Matte neben dem Bett ausbreitete. Die Decke und das Kissen legte er ebenfalls ab, blickte nun zu Kratos auf und überlegte, ob er ihm von Raine's Verhalten erzählen sollte. Schließlich entschied sich der junge Halbelf dagegen, wendete sich um und blieb im Türrahmen stehen. "Gute Nacht, Kratos" lächelte er den Älteren an und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Einige Minuten blieb er noch im Flur stehen, dachte über die jetzige Lage nach und seufzte leise aus. "Mehr kann ich nicht für dich tun, Raine" dachte sich Genis insgeheim und betrat nun sein eigenes Zimmer. Kratos ließ sich vom Bett gleiten, huschte unter die Decke und schloss seine Augen. Was hätte er auch sonst tun sollen, denn schließlich war es mitten in der Nacht und so lauschte er der leisen Atmung der jungen Halbelfe, welche sich auf die Seite wälzte und erneut etwas Unverständliches in sich hinein murmelte. War Raine wirklich so überrascht über sein Erscheinen gewesen? Hatte sie sich wohlmöglich gefreut? Kratos wusste es nicht, öffnete seine Augen wieder und blickte zu ihr auf. Mit ihr hatte er während ihrer gemeinsamen Reise immer reden können, auch wenn ihre Themen hauptsächlich über alte Ruinen gehandelt hatten. Ihre Art, wenn sie eine neue Ruine erkundete, ließ ihn jedes Mal erneut schmunzeln und er schätzte ihr Wissen, welches sie in ihren jungen Jahren bereits besaß. Mitten in der Nacht, Kratos wusste nicht genau wie spät es war, hörte er leise Geräusche neben sich, ehe ein gestöhntes Keuchen folgte. Fragend hob er seinen Kopf, blickte Raine an, welche in ihrem Bett saß und sich ihre Schläfen massierte. Vermutlich hatte sie Kopfschmerzen, da sie nicht gerade wenige Gläser Wein getrunken hatte, jedenfalls hatte Yuan ihm erzählt, wie der Alkohol geflossen sein musste. Kratos wurde jedoch aus seine Gedanken gerissen, als Raine ihre Beine aus dem Bett schwang und erste Versuche unternahm, um sich zu erheben. "Möchtest du ins Bad?" durchbrach er die Stille, setzte sich langsam auf und wartete auf ihre Antwort. "Wie? Wieso... Ich meine..." stotterte Raine nervös vor sich her, denn erst jetzt hatte sie bemerkt, dass Kratos neben ihrem Bett auf einer Matte saß und sie abwartend anblickte. Wieso war er in ihrem Zimmer? Bei Genis wäre doch auch genügend Platz gewesen, oder etwa nicht? "Ich habe dich hierher getragen und dein Bruder meinte, sein Zimmer wäre zu klein, deswegen nächtige ich bei dir" erklärte Kratos die momentane Situation, erhob sich und hielt ihr hilfsbereit seine Hand hin. "Aber..." wollte Raine einwenden, denn ihr Bruder hatte gelogen. Warum? Wollte er Kratos nicht in seinem Zimmer haben, oder steckte ein völlig anderer Grund hinter seiner Lüge? Die junge Halbelfe wusste es nicht, ergriff die Hand des Älteren und ließ sich auf die Beine ziehen. Diese Kopfschmerzen und diese schwachen Schwindelanfälle ließen einfach nicht nach, weswegen sie doch froh war, Kratos in ihrer Nähe zu wissen. Nach wenigen und unsicheren Schritten, öffnete Raine ihre Zimmertür, trat auf den Flur und ging zur Tür, welche gegenüber ihrem Zimmer zu sehen war. "Danke..." murmelte sie und betrat das Bad. Kratos erwiderte nichts, lehnte sich an die Wand neben der Tür und verschränkte seine Arme vor der Brust, während er den leisen Geräuschen lauschte. Ein kaum merkliches Lächeln erschien auf seinen Lippen, schloss seine braunen Augen und wartete geduldig auf ihre Rückkehr. "Kratos... Könntest du mir ein frisches Nachthemd aus meinen Kleiderschrank holen? Im mittleren Fach" rief Raine durch die verschlossene Badtür und vernahm Schritte, welche sich entfernten. Kratos trat ins Zimmer, öffnete den Kleiderschrank und besah sich vereinzelte Kleidungsstücke, ehe er ein weißes Nachthemd mit einer violetten Schleife am Kragen aus dem mittleren Fach zog und die Türen wieder schloss. Auch in der Dunkelheit konnte er sehr gut sehen, genauso wie Colette. Sein Hörsinn war ebenso geschärft, weswegen er die noch so leisesten Geräusche wahrnehmen konnte. Manchmal konnte er nicht einschlafen, weil er so viele Geräusche hörte, aber mit der Zeit gewöhnte man sich an diese Fähigkeiten. Zaghaft klopfte er an die Badtür, wartete nur wenige Sekunden und reichte Raine das gewünschte Nachthemd durch den minimalen Türspalt. "Danke..." murmelte die junge Halbelfe erneut und schloss die Tür wieder, um sich nun umziehen zu können. Ob sie in wenigen Stunden wirklich mit dem Unterricht beginnen konnte? Raine wusste es nicht und so, wie sie sich momentan fühlte, würde sie wohlmöglich im Bett bleiben. Erneut öffnete sie die Badtür, schaltete das Licht aus und trat auf den Flur. Kratos lehnte immer noch neben der Tür, hatte scheinbar auf sie gewartet und ließ seine braunen Augen für einen kurzen Moment über ihren Körper schweifen. Raine wusste in diesen Augenblick nicht, wie sie auf seine Blicke reagieren sollte, weswegen sie mit einem leichten Rotschimmer auf ihren Wangen ihre Augen von ihm abwendete. Schließlich stand er auch nur in einer blauen Shorts und einem schwarzen Shirt vor ihr. Stille kehrte ein, die jedoch von Kratos durch ein Räuspern durchbrochen wurde. "Du solltest dich ausruhen, Raine" murmelte er und stieß sich von der Wand ab. Die junge Professorin nickte unbeholfen, trat in ihr Zimmer ein und legte sich ins Bett, nicht ohne vorher die Nachttischlampe einzuschalten. Trotz der Kopfschmerzen und den leichten Schwindelanfällen verspürte sie keine Müdigkeit, legte sich auf ihren Bauch und zog ihr Tagebuch unter ihrem Kissen hervor, um einen kurzen Eintrag zu verfassen. Kratos legte sich wortlos auf seine Matte, nachdem er die Zimmertür hinter sich geschlossen hatte. Das Raine ein Tagebuch führte, war nichts Neues für ihn, denn er hatte diese Tatsache schon während ihrer gemeinsamen Reise festgestellt. Einst hatte er sie, während er die Nachtwache gehalten hatte, die junge Professorin auf ihr Tagebuch angesprochen. Sie hielt ihre Erlebnisse in ihren Tagebüchern fest, hatte Raine damals erklärt und demnach konnte er sich nun auch ungefähr vorstellen, wie wohl ihr neuer Eintrag aussehen könnte. ~Lloyd's Geburtstag war zu Anfang noch kaum erträglich gewesen, weil all meine Freunde ihren Spaß verspürt haben. Ich habe eine kurze Unterhaltung mit Yuan geführt und erfahren, dass er mein Gefühl kennt. Ich habe einen Leidensgenossen gefunden und sogar einen wertvollen Ratschlag erhalten. Ich soll auf mein Herz hören. Wird mir mein Herz wirklich die Antwort geben, die ich schon seit einem halben Jahr suche? Ich weiß es nicht und im Moment erscheint mir diese Frage auch sehr unwichtig. Lloyd hat Kratos zum Geburtstag eingeladen und nun wird er für die nächsten Tage bei Genis und mir wohnen. Der Mann, mit dem ich mein Wissen teilen kann, liegt neben mir auf einer Matte. Wie lange wird er wohl bleiben? Ich habe Angst, dass er wieder seiner Pflicht nachgehen will, obwohl ich ihn auf eine gewisse Art und Weise brauche. Ja, ich brauche ihn wirklich.~ "Hast du neue Ruinen entdeckt?" fragte Kratos, nachdem Raine ihr Tagebuch wieder unter ihrem Kissen verstaut hatte. Ein seichtes Nicken war ihre Antwort, legte den Stift zurück auf den Nachttisch und legte sich seitlich auf ihr Bett, um Kratos ansehen zu können. "Ja... Zwei Ruinen haben Genis und ich entdeckt, aber ich habe noch keine näheren Untersuchungen durchgeführt, weil...". Raine verstummte und überlegte, ob sie ihm wirklich die Wahrheit erzählen sollte. Würde er ihr derzeitiges Befinden verstehen? Vermutlich würde sich der Braunhaarige wundern, weil sie ihren Ehrgeiz und ihre Neugier an Ruinen und Artefakten verloren hatte, oder etwa nicht? "Weil?" hinterfragte Kratos, denn eigentlich hätte die junge Professorin schon brauchbare Untersuchungen angestellt und Berichte angefertigt. Wieso hatte Raine noch keine näheren Nachforschungen unternommen, obwohl sie scheinbar für die Wissenschaft lebte? Er wartete geduldig auf ihre Antwort, blickte weiterhin zu ihr auf und erforschte ihre blauen Augen. "Weil..." erwiderte Raine und überlegte nochmals, bevor sie ihm die Wahrheit offenbarte. "Ich weiß es nicht. Mein sonstiger Ehrgeiz war nicht vorhanden, obwohl eine der beiden Ruinen wahrlich mein Interesse erweckt hat" fügte sie nach längerer Überlegung hinzu und stieß einen leisen Seufzer aus. Es tat ungemein gut, mit ihm darüber reden zu können, denn er war die einzige Person, der sie sich wirklich öffnen konnte. "Um welche Ruine handelt es sich und auf welchen Kontinent hast du sie entdeckt?". Kratos war nicht der Typ Mann, der ihr nun Fragen wegen ihres sonderbaren Verhalten stellte. Nein, er wusste sehr wohl, dass sie ihm irgendwann von allein ihre Gefühle erläutern würde. Er hatte Raine nicht anders kennen gelernt, versuchte die junge Halbelfe doch meist die Starke zu spielen, um ihre wahren Gefühle zu verbergen. Ebenso wusste Kratos, dass Raine selbst nach seinem damaligen Verrat nicht an ihn gezweifelt hatte. Ihren Freunden gegenüber hatte sie die Misstrauische gespielt, aber Raine hatte nie an das Gute in ihm gezweifelt. "Hinter Meltokio befindet sich ein Tal und dort steht eine verlassene Villa, vermute ich zumindest. Nähere Untersuchungen habe ich bislang noch nicht durchgeführt, wie ich schon sagte, aber ich schätze, dass das Haus schon einige Jahrhunderte verlassen sein muss" erklärte die junge Halbelfe ihre These und erinnerte sich an die baufällige Villa. Ein Teil des Daches war bereits eingestürzt und auch die Außenwände waren mit Moos und Efeu bedeckt. Ja, einige Jahrhunderte stand diese Villa sicherlich schon leer. Wer wohl dort gelebt hatte? "Das Selia-Anwesen? Es steht bereits seit mehr als 500 Jahren leer. Der Grund... Die Frau, Marianne Selia, konnte keine Kinder gebären, deswegen starb die Familie Selia aus. Allerdings... Soweit ich mich erinnere, haben der Hausherr und seine Frau einen Jungen adoptiert. Sein Name war Samiel und ist, nachdem seine Eltern verstorben sind, verschwunden. Noch zur heutigen Zeit wird gemunkelt, ob Samiel seine Eltern umgebracht hat, um an das Erbe zu gelangen" erzählte der Braunhaarige seinen Wissensstand und legte sich auf dem Bauch, während er seinen Kopf auf seine verschränkten Arme bettete. "Selia? Dieser Familienname ist mir vollkommen unbekannt. Wie hieß der Hausherr?" wollte Raine wissen und setzte sich in ihrem Bett auf. Ihre Neugierde war erwacht, weswegen Kratos schmunzeln musste und sich wieder auf die Seite legte. "Erik Selia" erwiderte er und sah der jungen Professorin dabei zu, wie sie sich zum Nachttisch beugte und sich einige Notizen auf einem Blatt Papier machte. Nun schien ihre Neugierde wahrlich erwacht zu sein, weil er von einer Familie berichtete, von der Raine noch nie gehört zu haben schien. "Ich frage mich, wieso ich noch nie von dieser Familie gelesen habe?" murmelte Raine nachdenklich und las sich nochmals ihre Notizen durch. Kratos setzte sich nun ebenfalls auf, streckte seine Glieder und fuhr sich mit der Hand durch sein braunes Haar. "Es gibt nur wenige Halbelfen in Sybak, die sich wohl noch an Erik Selia und dessen Lebensverlauf erinnern können. Der damalige König in Meltokio müsste jedoch einige Aufzeichnungen in seinem Archiv hinterlassen haben". Raine lächelte leicht und nickte Kratos zu, denn sie würde nun doch Nachforschungen durchführen, um ihr Wissen zu erweitern. Nur ein Problem stellte sich ihr noch in dem Weg. Beim Betreten der alten Villa hatte sie erkennen müssen, dass das Kellergeschoss mit Wasser geflutet worden war. Ohne eine Begleitperson würde sie dieses Haus keineswegs betreten. Nach wie vor hatte sie große Angst vor Wasser und zudem konnte sie auch nicht schwimmen. "Kratos... Dürfte ich dich um einen großen Gefallen bitten?" murmelte Raine verlegen und konnte ihre aufkommende Röte nicht verbergen, da ihr dieses Thema äußerst peinlich erschien. "Du möchtest, dass ich dich begleite, nicht wahr?" schmunzelte er und bemerkte sehr wohl ihren verwunderten Blick. "Ähm... Ja... Das Kellergeschoss ist mit Wasser geflutet worden und...". "Hast du immer noch panische Angst vor großen Wassermengen?" unterbrach er die stammelnde Professorin grinsend, denn er erinnerte sich sehr wohl an so manche Aufstände von ihr. Natürlich würde Raine diese Schwäche niemals zugeben, aber Kratos ließ sich von ihrem falschen Stolz nicht täuschen. Auf ihre nächste Aktion war er jedoch nicht gefasst gewesen, konnte aber nun ein leises Lachen nicht mehr unterdrücken. Raine hatte ihn einfach mit ihrem Kissen beworfen, welches natürlich sein Gesicht getroffen hatte. "Ich habe keine Angst vor Wasser" murrte Raine und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sie wollte ihre Angst nicht zugeben, nicht einmal vor Kratos, welcher nun zum Gegenschlag ausholte und ebenso ihr Gesicht mit dem weichen Kissen traf. Unerhört, war ihr nächster Gedanke und schüttelte ihr Kissen aus, legte es wieder vernünftig hin und blickte beleidigt zur Seite. "Du hättest mit meiner Rache rechnen müssen" lächelte Kratos und legte sich nun wieder hin, während er ihre beleidigte Miene betrachtete. "Und ich bleibe bei meiner Meinung, Raine. Du hast große Angst vor Wasser" fügte er leise hinzu, schloss nun seine Augen, um wenigstens ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Raine murrte noch etwas Unverständliches in sich hinein, löschte das Licht und legte sich ebenfalls hin. Eine ganze Weile herrschte Stille im Zimmer und nur die leise Atmung zweier Personen war zu hören, ehe die junge Halbelfe nochmals ihre Stimme erhob. "Gute Nacht und Wilkommen zurück, Kratos" murmelte Raine, legte ein zaghaftes Lächeln auf und kuschelte sich in ihre Bettdecke. "Gute Nacht und... Danke" erwiderte Kratos ebenso leise und ein kleiner Teil in ihm war wirklich froh, die Erde wieder betreten zu haben. Ihm hatten die Gespräche mit Raine gefehlt und es erschien ihr ähnlich zu ergehen. Ja, für einige Tage würde er diese Auszeit genießen, bevor er seine Pflicht wieder in Angriff nahm. Sein Platz war nun mal nicht hier in Iselia, sondern in Derris Kharlan. Auch wenn er sich wieder der Einsamkeit aussetzte, er würde wieder gehen müssen und seine selbst auferlegte Aufgabe erfüllen. "Geh nie wieder fort..." hörte er das leise Murmeln der jungen Halbelfe, setzte sich wieder auf und betrachtete nun ihr schlafendes Gesicht. Ihre Miene war von unsagbarer Traurigkeit gezeichnet, weswegen er ihr sanft eine Haarsträhne aus der Stirn strich. "Ich muss, Raine. Finde dich mit diesen Gedanken ab" hauchte er ihr zu und blieb noch eine Weile vor ihrem Bett sitzen, betrachtete ihr Gesicht und seufzte schließlich ergeben. Mit dem Rücken lehnte er sich schließlich ans Bett, spürte im nächsten Moment ihre Stirn an seiner linken Schulter und eine zierliche Hand, dessen Finger sich in seinem Shirt verkrallten. Ein zaghaftes Lächeln erschien auf seinen Lippen, während er ihre Hand mit der seinen umschloss und schließlich seine Augenlider sinken ließ. So blieb er die restliche Nacht an ihrer Seite sitzen, um ihr ein wenig seiner Wärme zu spenden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)