Die Augen der Nacht von Urbena ================================================================================ Kapitel 1: Willkommen in Transsylvanien --------------------------------------- Die Augen der Nacht Hallo ihr lieben TdV und Krolock Fans. Dies ist meine allererste FF zu diesem Musical und ich muss gestehen das Musical selber habe ich noch nicht live gesehen. Aber die Musik und Ausschnitte auf einer freundlichen Homepage haben mich so verzaubert das ich es natürlich schnell nachholen werde und zu dieser Geschichte inspiriert wurde. Ich hoffe euch gefällt was ihr hier lesen könnt und ihr schreibt am Ende fleißig eure Meinung. :) Dann viel Spaß! Szene 1: Willkommen in Transsylvanien „Wie weit ist es denn noch Kutscher“, schon ungeduldig neigte Dayana Hovorka ihren Kopf aus dem kleinen Fenster. Seit Stunden waren sie nun schon unterwegs und die 18 jährige begann sich zu langweilen. Darüber hinaus konnte man regelrecht zu sehen, wie es immer Dunkler wurde. Der Kutscher trieb die beiden Pferde weiter an, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Nicht mehr allzu weit“, schnaufend ließ er seine Peitsche erneut knallen, damit die Pferde noch schneller liefen. „Das meiste Stück ist bereits hinter uns.“ Zweifelnd lehnte sich Dayana zurück und dachte an ihre Stunden vor der Abfahrt nach… Die Fahrt aus Prag in diesem unbequemen Zugabteil war ihr ewig vorgekommen und nun stand sie Mutterseelenallein vorm Bahnhof in diesem kleinen Städtchen am Rande Transsylvaniens. Müde stellte Dayana ihren Koffer ab und rieb sich den Nacken. Am liebsten würde sie sich jetzt ein gemütliches Hotelzimmer nehmen und ordentlich ausschlafen. Doch ihre Mutter, Gott hab sie Selig, hatte ihr noch am Sterbebett eingebläut ohne Unterbrechung in ein Dorf mitten in der Einöde dieses Landes zu reisen. Denn nur dort würde sie jemanden finden, der sich um sie kümmern würde. Nur mit Mühe konnte Dayana, die von allen eigentlich nur Jana genannt wurde, sich ein ironisches Lachen verkneifen. Denn dieser Jemand sollte ihr Vater sein, der ihre Mutter noch vor ihrer Geburt verlassen hatte. Allerdings wollte sie ihre Mutter nicht enttäuschen und so schnappte sie sich ihren Koffer und schleppte ihn auf die Straße wo einige Kutschen auf zahlende Kunden wie sie warteten. Zu ihrer Verwunderung wollte aber keiner sie so Recht an ihr Ziel bringen. Egal an welcher Kutsche sie fragte und wie viel Geld sie den Männern bot. Alle wurden sie nur blass um die Nase und scheuchten sie davon. Dayana war nahe daran frustriert aufzugeben als sie auf diesen Herren traf. Er hatte etwas abseits gestanden und ihre Versuche amüsiert beobachtet. Erst als sie ihn wütend angefunkelt hatte, war er auf sie zu gekommen. Zwar hatte er Dayana ganz deutlich für verrückt erklärt, dass sie ausgerechnet in dieses Dorf wolle. Aber mit dem entsprechenden Lohn würde er sie bringen. Allerdings würdne sie sofort aufbrechen müssen, denn bei Dunkelheit würde er nicht mehr fahren. Erleichtert hatte Dayana angenommen. Allerdings musste sie sich langsam eingestehen das ihr Zweifel an der Wegekenntnis ihres Kutschers kam. Der Wald schien immer dichter zu werden und sie selber hatte schon längst die Orientierung verloren. Sie konnte nur hoffen das der Fahrer wirklich wusste wohin er musste. Müde schloss Jana die Augen, als plötzlich ein Rucken durch die Kutsche ging. Erschrocken schrie Dayana auf und krallte sich an der nächst Besten Kante fest. Als der jWagen stehen blieb atmete das junge Mädchen erleichtert aus und rief fragend nach dem Kutscher. Doch es folgte keine Antwort. Im Gegenteil es war Mucksmäuschenstill! Stumm horchte Dayana auf irgendwelche Geräusche, aber außer dem schnauben der Pferde war nichts zu hören. Zaghaft tastete sie sich zur Tür und stieg aus. Vom Kutscher war weit und breit nichts zu sehen. „Hallo! Wo sind Sie?“, nervös blickte Dayana sich um. Sie lief sogar einige Meter zurück, in dem Verdacht er sei während der Fahrt vom Kutschbock gestürzt. Zu ihrem Verdruss konnte sie ihn aber nirgendwo entdecken. Dazu kam zu ihrem Leidwesen, dass sich die Dämmerung derweil fast gänzlich in Dunkelheit verwandelt hatte. Diese Stille war furchtbar erdrückend, zudem spürte Dayana wie die winterliche Kälte zusehends in ihre Glieder fuhr. Zitternd lehnte sich das Mädchen an die Kabine und wickelte ihren Umhang fester um sich. Langsam verwandelte sich ihre Nervosität in Angst. „Wo ist er denn nur?“, bibbernd schaute Dayana von links nach rechts, aber außer der Erkenntnis dass sie kaum noch was erkennen konnte, war nichts zu sehen. Den Tränen nahe biss sie sich auf die Lippen. Dayana wusste, sie musste einen Weg ins Dorf finden. Ob nun mit oder ohne diesen Kutscher. Sonst würde sie hier draußen jämmerlich erfrieren und sterben. Mit einem Blick zu den Pferden, spann sie ihre Gedanken weiter. So bekam Dayana auch nicht die Gestalt mit, die sich lautlos der Kutsche nährte. „Darf ich fragen, was ein so junges und unschuldiges Mädchen hier nachts alleine macht?“ Die tiefe und wohlklingende Stimme erschreckte Dayana so sehr, dass sie glaubte ihr würde das Herz stehen bleiben. Sie wirbelte schockiert herum und schaute auf die Umrisse eines Mannes. Seine Haltung war stattlich und zeugte von edler Herkunft. Denn auch wenn sie sein Gesicht nur schwach erkennen konnte, so funkelten sie vor allem ein Paar Augen an. Langsam kam dieser Mann auf sie zu. „Nun wollt Ihr mir nicht antworten?“ Graf von Krolock verschlug es die Sprache, als er das Gesicht seines zweiten Opfers für diese Nacht genauer ansah. Er glaubte in das Ebenbild seiner Sarah zu schauen. Der Sarah, die direkt noch während des Mitternachtsballes vor ihm geflohen und letztlich spurlos verschwunden war. Inklusive des jungen Grünschnabels eines Assistenten und dessen Professor. Er spürte noch heute Wut und Abscheu wenn er an die Nacht von vor zehn Jahren dachte und an diese unschuldigen Zärtlichkeiten zwischen Sarah und Alfred. Der Graf verengte seine Augen ein Stück, während er in die strahlenden Augen der jungen Frau schaute. Sternenkind, schoss es durch seine Gedanken. Diese öffnete ihre Lippen einen Spalt breit, nur aber um sie sogleich wieder zu verschließen. „Ihr seid mutig, euch in der Dunkelheit alleine durch diesen Wald zu wagen“, fing von Krolock sich wieder und hielt ihren Blick mit dem seinen gefangen. Unbemerkt betrachtete er sie dabei genauer. Sie hatte sogar dasselbe Haar wie Sarah, nur das ihres hier Nachtschwarz war. Schwer atmete er ihren Duft ein. Dick und Süß hing ihm ihr Geruch in der Nase. „Ich bin nicht alleine, mein Kutscher kommt gleich wieder“, antwortete Dayana wieder gefasst. Dabei überschlugen sich ihre Worte aber so sehr, dass der Vampir amüsiert eine Braue hob. Er wusste nur zu gut, das dieses Mädchen log. Immerhin hatte er selbst diesen armseligen Menschen seines Lebens entrissen. Leider war er äußerst Fade gewesen. Sie dagegen würde garantiert köstlich schmecken. „Gewiss wird er das“, spottete der Graf. „Doch muss ich sein Entfernen rügen.“ Ausholend umfasste von Krolock mit einer Armbewegung den Wald. „Immerhin ist es Nacht und der Wald kein Ort des Schutzes. Vor allem für ein Mädchen.“ Dayana folgte seiner Geste mit den Augen. Doch bei seinen letzten Worten schnaubte sie verärgert. „Ich bin gewiss kein kleines wehrloses Mädchen mehr, mein Herr“, widersprach sie energisch. „Und wenn es so gefährlich ist, was macht Ihr dann hier draußen? Oder wollt Ihr andeuten es sei nur für Frauen gefährlich?“, empört stemmte sie ihre kleinen Fäuste in die Hüften. Fasziniert beobachtete der Graf das Verhalten der jungen Frau. Widerwillen musste er ihren Mut bewundern. Nicht jedes Mädchen reagierte so auf sein Auftreten. „Das fiele mir nicht im Traum ein. Aber vielleicht bin ja auch ich die Gefahr und Ihr seid bereits in meiner Umklammerung ohne es zu wissen“, seine Stimme wurde immer leiser, während er Dayana näher kam und die beiden am Ende nur noch der Hauch eines Schrittes trennte. Sie wich automatisch einen Schritt zurück als er seinen Kopf zu ihr hinab neigte. „Macht Euch nicht über mich lustig“, atemlos starrte sie in seine eisblauen Augen. „Keineswegs. Nun wenn Ihr euch so gut alleine zu Recht findet, dann werde ich euch mich jetzt verabschieden“, mit einer leichten Verbeugung wandte von Krolock sich ab. Im selben Moment durchbrach das laute Geheul der Wölfe die Stille des Waldes und auch ohne sie direkt anzusehen wusste der Graf das Dayana panisch zusammenzuckte. Später konnte er sich nicht erklären warum, aber in diesem Augenblick entschloss er sich sie nicht gleich heute Nacht zu nehmen. „Also der Kutscher lässt wirklich ganz schön auf sich warten“, schimpfend trat Dayana leicht auf oder zumindest versuchte sie es. Denn in ihrer Stimme zitterte es unüberhörbar. Amüsiert drehte sich der Graf wieder um und ging zu den Pferden um sie vom Gespann zu lösen. „Ich werde Euch ins Dorf bringen“, entschlossen packte er einen der beiden Rosse am Zügel und kam damit auf die junge Frau zu, um ihr eine Hand zu reichen. Misstrauisch taxierte Dayana diesen Mann. Sollte sie ihm trauen? Unsicher schaute sie erneut in seine Augen, die trotz ihres äußeren Sanftmutes etwas Animalisches ausstrahlten. Am Ende war es das erneute Heulen der Wölfe, dass ihr die Entscheidung abnahm und ohne weiter darüber nachzudenken legte sie ihre zierliche Hand in die Seine. Dabei sog sie scharf die Luft ein, seine Hand war eiskalt. Ohne auf ihr Zögern einzugehen, fasste er sie an die Taille und hob sie auf den Rücken des Pferdes. Danach schwang sich von Krolock hinter sie und trieb das Pferd an. Im leichten Trab durchquerten sie den Wald, der für Dayana alleine den sicheren Tod bedeutet hätte. Der Vampir spürte wie der Wind ihm immer wieder ihren Duft noch stärker in die Nase trieb und so seinen Appetit noch mehr anregte. Unbewusst verstärkte sich sein Griff den er zum Schutz um ihre Hüfte gelegt hatte. Erst als ihr ein schmerzhaftes Aufkeuchen entglitt lockerte er seine Umklammerung. „Wollt Ihr mir verraten was Euch in diese Gegend führt?“, der Graf fragte nicht aus direktem Interesse, sondern nur um sich von ihrem Duft abzulenken. Dayana wollte erst erwidern, dass ihn das nichts anginge. Letztlich entschied sie sich dann aber doch dafür. Immerhin half er ihr aus dem finsteren Wald. „Ich suche meinen Vater. Sagt Euch der Name Chagal etwas?“ Dayana merkte nicht wie sich der Graf hinter ihr versteifte. Denn ohne es zu wissen, hatte sie ihm eine weitere Frage beantwortet. „Der Name ist mir sehr wohl bekannt. Im Gegenteil ich kenne sie sehr gut“, den Schluss murmelte er vielmehr. Doch Dayana hatte es trotzdem gehört. „Sie?“ Verwundert wandte sie sich soweit wie möglich zu ihm hin, doch der Vampir blieb ihr eine Antwort schuldig. Denn vor ihnen begann sich der Wald zu lichten und gab den Blick auf einige schwach erleuchtete Häuser frei. Von Krolock brachte das Pferd zum stehen und hob Dayana herunter. „Auf dem Platz im ersten Wirtshaus findet Ihr was ihr sucht“, sagte er kühl und wollte den Hengst wenden. Erschrocken blickte Dayana auf. „Ihr kommt nicht mit?“ Der Vampir verneinte. „Es ist besser wenn ich hier bleibe.“ Fragend wollte Dayana etwas sagen, doch er unterbrach ihren Versuch. „Nun geht! Und verratet niemanden das ich euch gebracht habe.“ Das Mädchen zuckte zurück. „Aber dann sagt mir doch bitte Euren Namen.“ Der Graf lächelte finster und für den Bruchteil einer Sekunde blitzte etwas spitze in seinem Mund auf. Doch es hätte auch Einbildung sein können, so ganz genau konnte Dayana es später auch nicht mehr sagen. „Das bleibt vorerst mein Geheimnis“, damit drehte er sich wirklich um und verabschiedete sich mit den Worten: „Aber wir werden uns gewiss wieder sehen, Sternenkind.“ Dann verschwand er in den Schatten des Waldes und ließ Dayana sprachlos zurück. Schließlich gab sie sich einen Ruck, zog ihre Kapuze über den Kopf und ging ins Dorf hinunter. Kapitel 2: Szene 2: Im Wirtshaus -------------------------------- Die Augen der Nacht Szene 2: Im Wirtshaus Versteckt zwischen den dichten Bäumen und Tannen blickte der Graf dem Mädchen nach und wartete bis sie die Dorfstraße betreten hatte. Wenn es stimmte was sie ihm gesagt hatte, woran er auch nicht zweifelte. Dann war sie Sarahs Schwester oder besser Halbschwester. Mit einem Grollen erschien ihm das Bild des jungen Lebenshungrigen Mädchens. Ihre Sehnsucht nach Abenteuern, diese unschuldige lebensfrohe Art hatten ihn damals angezogen. Doch hätte er damals nur Ansatzweise geahnt wie es enden würde, er hätte Sarah nicht die Ewigkeit geschenkt. Wütend gab er dem Hengst die Sporen und lenkte es in Richtung Schloss. Noch wusste er nicht, was die Ankunft des Mädchens für ihn bringen würde. Nur dass ihr Duft ihn schon jetzt betörte, wenn nicht sogar stärker als der von Sarah damals. Dayana durchstrich das Dorf bis sie vor ein Haus gelangte indem es lautstark herging. Neugierig trat sie näher darauf zu, als plötzlich die Tür aufgestoßen wurde und eine Frau um die Fünfzig einen Mann resolut hinaus warf. „Mach das du nach Hause kommst“, schrie sie empört und hob die Faust. „Und schlaf im Stall, dann hat zumindest deine Frau ihre Ruhe!“ Das letzte klang nicht mehr ganz so grantig und der Betrunkene grinste schief, ehe er ein Nicken andeutete und davon schwankte. Kopfschüttelnd sah die Frau ihm nach, bevor sie sich umdrehen wollte um ins Wirtshaus zurück zukehren. Dabei aber inne hielt als sie Dayana entdeckte. „Kann ich Euch helfen?“, ihre Stimme klang schon wesentlich freundlicher und Dayana räusperte sich. „Ich hoffe schon, ich suche Chagal und man sagte mir hier wäre ich richtig.“ Sofort verdüsterte sich das Gesicht der Frau erneut: „Wer seid Ihr und was wollt Ihr von ihm?“ „Ich wüsste zwar nicht was es Euch angeht, aber Chagal ist mein Vater.“ Dayana runzelte die Stirn, schob ihre Kapuze zurück und blickte der Frau direkt ins Gesicht. Diese stolperte geschockt zurück und starrte Dayana an, als wäre sie ein Gespenst. „Bei allen Heiligen“, keuchend fasste sich die Frau an die Brust. „Sarah?!“ Überrascht verzog Dayana das Gesicht: „Nein, mein Name ist Dayana und ich komme aus Prag.“ Man musste kein Hellseher sein um zusehen das die Frau mit der Fassung rang, hastig winkte sie Dayana zu sich und führte sie ins Wirtshaus hinein. Dort blieb der jungen Frau beinahe die Luft weg, ein beißender Geruch stieg ihr in die Nase und hastig schlug sie sich die Hand vor Mund und Nase. Gegen den Würgereiz ankämpfend schaute Dayana sich um und entdeckte somit auch die Ursache dieses widerlichen Geruches. Über und Überall hing Knoblauch und der Teller, den eine Kellnerin an ihr vorbei trug, verströmte denselbigen. Die Frau lotste Dayana durch das Gewühl bis hin zu einer Treppe und schrie dann einem blonden Mädchen am Tresen zu: „Natalia wir haben einen neuen Gast. Ich bringe sie auf ihr Zimmer, du sorgst hier für Ordnung!“ Offenbar war die Forderung trotz des Lärmes angekommen und das blonde Ding nickte zustimmend, während ihr Blick kurz zu Dayana wanderte, dann aber von einem Gast abgelenkt wurde. Unwohl folgte Dayana der Wirtin die steilen Stufen hinauf. Denn was sie erst jetzt bemerkt hatte, alle Gäste hatten sie heimlich mit ihren Blicken verfolgt und schienen schier Sprachlos. Geradezu so, als hätte es hier noch nie einen Gast gegeben. Die Wirtin brachte sie ins obere Stockwerk, wo neben den Privaträumen auch die Fremdenzimmer untergebracht waren. In eines von diesem führte die Frau sie nun und blieb an der Tür stehen bis Dayana eingetreten war. Neugierig blickte diese sich um und nickte zufrieden. Zwar war das Zimmer mit einem Bett, einem Tisch und Stuhl, sowie einer kleinen Kommode einfach eingerichtet. Aber ihr sollte es reichen, von Prunk und Glitzer hatte sie genug. „Ich hoffe es gefällt Euch?“, die Frage war eigentlich überflüssig, denn in den Augen der Wirtin spiegelte sich eigentlich eine ganz andere Frage und so überging Dayana die laut gestellte. „Ihr schaut aus, als wolltet Ihr eigentlich etwas ganz anderes von mir wissen“, ernst schaute die junge Frau die Ältere an und nahm ihren Umhang ab, damit sie ihn über die Stuhllehne hängen konnte. Die Wirtin folgte ihr gänzlich ins Zimmer und verschloss die Tür. „Was nicht verwunderlich ist, oder?“, der bissige Unterton war nicht zu überhören, aber Dayana würde sich davon sicher nicht verschrecken lassen. „Ich habe nicht gelogen, als ich sagte dass mein Vater Chagal sei. Wenn Ihr einen Beweis braucht dann hätte ich…“ Die Wirtin winkte ab. „Ich glaube das wird nicht nötig sein. Du musst mich nicht überzeugen Kind, dein Aussehen sagt mehr als tausend Worte. Mein Mann war nie der treue Kerl, den ich dachte zu heiraten“, seufzend lehnte sich die Wirtin an die Tür und ließ die Schultern sinken. Dayana starrte die Wirtin verblüfft an. „Euer Mann? Chagal ist euer Mann?“ Die Wirtin nickte lahm. „Wobei war mein Mann, der korrekte Ausdruck ist. Er ist tot“, sie sprach es so leise aus, dass Dayana erst glaubte sie zu verhören. „Er wurde vor zehn Jahren bei dem Versuch unsere Tochter zu finden, von den Wölfen im Wald angegriffen und getötet.“ Die junge Frau spürte wie ihre Beine nachgaben und sie aufs Bett plumpste. „Aber das kann doch nicht sein“, ungläubig starrte sie die Wirtin mit großen Augen an. „Ihr müsste Euch gewiss irren.“ Die Wirtin lachte humorlos auf. „Wie könnte ich? An den Tag damals werde ich mich immer erinnern. Schließlich verlor ich meine Tochter und meinen Mann.“ Die junge Frau senkte schluckend den Kopf. „Eine Tochter?“ „Ja sie hieß Sarah und bedeutete mir alles. Sie glich dir bis aufs Haar“, erklärte die Wirtin. „Deswegen auch die Blicke unten im Gastraum“, so langsam begann Dayana zu verstehen. Die Wirtin nickte. „Ich bin auch noch ganz geschockt, diese Ähnlichkeit ist schon unheimlich.“ Nachdenklich hielt sie inne, dann tippte sie sich an die Stirn und sprach weiter: „Doch wo bleiben meine Manieren. Ich heiße Rebecca und führe dieses Hotel am Platz seid dem Tod meines Mannes alleine.“ Dayana nickte nur beiläufig, stumm starrte sie stattdessen auf ihren Rock. In ihrem Kopf drehte sich einfach alles. Nun war also nicht nur ihre Mutter tot, sondern auch ihr Vater. Das war mehr als sie fürs Erste verkraften konnte. Traurig kullerten die ersten Tränen über die ihre Wange und Rebecca strich sich unwohl die fleckige Schürze glatt. Aber was hätte sie dem Mädchen auch sagen sollen? Bitter presste die verwitwete Frau die Lippen zusammen und atmete tief durch. „Du solltest dich wohl besser ausruhen. Gewiss wird dir ein Bad helfen können, das findest du zwei Türen weiter.“ Und da von Dayana keine Antwort kam, verließ die Wirtin leise das Zimmer. Tief verborgen in den Wäldern erreichte Graf von Krolock sein Schloss. Am Eingang wurde er bereits von Koukol seinem buckeligen Diener erwartet. „Versorge das Pferd und komme danach sofort zu mir. Ich habe eine Aufgabe für dich“, damit drückte er ihm die Zügel in die Hand und betrat das kühle dunkle Schloss. Ihn selbst störte die Kälte schon lange nicht mehr, aber als er in das Kaminzimmer kam hielt er überrascht inne. Er wurde erwartet. Auf einen der Sessel saß Herbert, sein Sohn. Als dieser seinen Vater erkannte, stand er auf um ihn zu begrüßen. „Vater, welch eine Freude dich wieder zusehen“, dünn huschte ein Lächeln über das Gesicht des Grafen. Doch so schnell wie es erschienen war, so rasch verschwand es auch wieder aus seinem blassen Gesicht und machte stattdessen einer misstrauischen Miene platz. „Ich hätte nicht erwartet, dich so schnell wieder zu sehen Herbert. Wolltest du nicht die Welt erkunden?“, desinteressiert sah der Graf sich um, das Kaminzimmer wurde zum ersten Mal seit Jahren wieder von einem Feuer erhellt. Herbert stimmte ihm seufzend zu: „Das war tatsächlich mein Plan. Aber vor kurzem verspürte ich die Sehnsucht Euch wieder zu sehen.“ Der Graf hob spottend die Brauen, während sich sein Sohn wieder in den Sessel sinken ließ und elegant die Beine übereinander legte. „Gibt es was Neues im Dorf?“, neugierig sah er zu seinem Vater auf. Doch dieser schwieg, was Herbert Antwort genug war. „Erzähl wer ist es?“ Von Krolock knurrte unwillig, eigentlich hatte er nicht vorgehabt ein Wort über das Mädchen zu verlieren. Aber Herbert kannte seinen Vater lange genug um die Zeichen zu deuten. „Ein Mädchen also“, schlussfolgerte dieser auch prompt und klang dabei zu Tode gelangweilt. Was übrigens was heißen sollte, wenn man schon seit Ewigkeiten Tod war. Aber er hatte noch nie verstehen können, was sein Vater nur an diesen Geschöpfen fand. Frauen waren nervig und störrisch, wenn man sie beachtete hielten sie ein hin und wenn man sie ignorierte waren sie zutiefst beleidigt. Herbert bevorzugte die männliche Seite da allemal lieber. Trotzdem fragte er weiter: „Ist sie hübsch? – Gewiss ist sie das. Würde mich nicht mal wundern wenn sie Sarah ähnelt.“ Der junge Vampir konnte gar nicht so schnell reagieren, wie der Graf ihn am Kragen gepackt hielt und anfauchte: „Erwähne nie wieder diesen Namen!“ Sein Sohn hob beschwichtigend die Hände. „Verzeih Vater, ich wollte dich nicht verärgern“, Herbert sah ihm gelassen ins Gesicht. Trotz seiner Worte, spiegelten sich in seinen Augen keinerlei Schuldgefühle wieder und der Junge von Krolock wusste das sein Vater es auch wusste. „Doch scheine ich Recht zu haben. Nur wird sie es nicht gewesen sein. Wer also ist es, frage ich mich, die dich so verärgert?“ Ruckartig ließ der Graf von seinem Sohn ab und wandte sich ab. „Ich kenne ihren Namen nicht, aber sie ist ebenfalls Chagals Tochter. Daran gibt es keinen Zweifel, sie hat dieselben Augen wie…“, er hielt inne. Plötzlich vom starken Zorn erfasst ballte er seine Hände zu Fäusten. So häufig wie heute hatte er schon lange nicht mehr an Sarah denken müssen. Und wenn dieses Mädchen blieb würde es nur noch schwerer werden. Noch immer steckte die Erinnerung an ihren Duft in seiner Nase und zu gerne würde er davon kosten. Warum hatte er überhaupt gezögert? Es wäre gewiss eine Genugtuung für ihn, der Schwester dieses verräterischen Weibes das Leben auszusaugen. Es wäre zwar nur ein kleines Stück seiner unendlichen Rachsucht, aber es würde seine Wut garantiert einen winzigen Hauch mildern. Immerhin hatte dieses Falsche Biest seine blütenzarte Zuneigung mit Füßen getreten. So in seinen Gedanken schwelgend, bekam von Krolock die Worte seines Sohnes erst mit als dieser ärgerlich nach ihm rief: „ Vater du hörst mir gar nicht zu!“ Vorwurfsvoll schüttelte Herbert den Kopf, als sein Vater ihn mürrisch ansah. „Ich fragte ob du jemals daran gedacht hast, das Sarah nicht die Gesuchte für dich war, sondern vielleicht jemand anderes“, trotz des gefährlichen Aufblitzens in Krolocks Augen sprach der Vampir weiter. „Womöglich war Sarah nie die für dich Bestimmte. Um ehrlich zu sein hatte ich da ohnehin stets meine Zweifel. Sie war viel zu jung und Naiv. Ein wahres Kind“, verachtend schürzte Herbert die Lippen. „Willst du etwa andeuten ich hätte meine Zeit mit ihr vergeudet?“, das tiefe Grollen in der Stimme des Grafen war nicht zu überhören. „Das würde ich nie wagen. Betrachte die Zeit mit ihr als Spaßvertreib, das dürfte dir ja nicht allzu schwer fallen“, mit diesen Worten erhob sich Herbert um ein Bad zu nehmen. Nach der langen Reise fühlte er sich schmutzig und speisen musste er auch noch. Am besten einen jungen und kraftvollen Mann um die Zwanzig. An der Tür hielt er noch einmal inne. „Was diese Neue angeht. Spiel doch ein wenig mit ihr, wenn sie auch nichts taugt, kannst du sie immer noch jederzeit töten.“ Dayana kam gerade aus dem Bad, als ihr ein Mann den Weg versperrte. Mit einer gemurmelten Entschuldigung versuchte sie an ihm vorbei zu gehen, doch der Kerl blieb mitten auf dem engen Gang stehen. Missmutig schaute Dayana auf und runzelte die Stirn als sie durch das schwache Licht der Kerzen seinem Blick folgte. „Pass bloß auf das dir nicht gleich die Augen herausfallen!“, ärgerlich zog sie ihr Schultertuch enger um sich und der junge Mann löste ruckartig seinen Blick von ihren Brüsten die sich deutlich durch das dünne Nachtkleid abgezeichnet hatten. Verdutzt über ihren Anschnauzer starrte er in ihr Gesicht, ehe sich seine Miene verdunkelte. „Für ein Weib bist du ganz schön vorlaut. Deine Eltern haben wohl verpasst dir Manieren beizubringen“, die Stimme des Dunkelhaarigen vibrierte vor Ärger. Zuerst wollte Dayana ihm eine Unverschämtheit entgegensetzen. Entschied sich dann aber dafür das er es nicht Wert sei. „Wo lohnt sich gutes Benehmen, wenn der Mann einen nur als Stück Fleisch betrachtet?“, mit diesen Worten drückte sie sich an ihm vorbei und verschwand in ihr Zimmer. Drinnen atmete sie erleichtert aus und kramte schließlich in ihrer Rocktasche nach dem Medallion ihrer Mutter. Es war das letzte persönliche Stück das sie von ihr hatte mitnehmen können, bevor sich ihre Großeltern über den Rest hergemacht hatten. Seufzend ließ sie sich mit angezogenen Beinen aufs Bett nieder und zog die Kerze näher zu sich heran. Schließlich öffnete sie das zierliche Schmuckstück und betrachtete das lächelnde Gesicht ihrer Mutter. „Ach Mama, was soll ich denn jetzt machen? Vater ist genau wie du von uns gegangen, nun bin ich wirklich alleine“, schniefend fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Tränenfeuchte Wange. Beim Gedanken daran zurück nach Prag zu gehen wurde ihr Übel. Dort warteten doch höchstens ihre Großeltern darauf sie reich zu verheiraten oder sie letztlich in ein Kloster zu stecken. Allein bei dieser Vorstellung kriegten sie keine zehn Pferde mehr zurück zu diesen Menschen. Warum auch? Sie hatten ihr immer deutlich zu verstehen gegeben das sie Dayana als Enkelkind für sich, als unwürdig betrachteten. Immerhin hatte sie keinen Vater mit angemessenem Stand vorzuweisen gehabt. Mit Wut im Bauch dachte die an die Erzählungen ihrer Mutter zurück. Daran wie ihre Großeltern ihre geliebte Mutter einst Hochschwanger davon gejagt hatten und sie nur wieder aufgenommen hatten, weil ein alter verwitweter Graf eine Frau gesucht hatte. Schwer atmend umfasste sie die Kette und ging zum Fenster durch das der Mond ins Zimmer schien. Schwach konnte Dayana die Umrisse des Waldes erkennen. „Ob ich ihn wohl wirklich wieder sehe? Ich hatte mich noch gar nicht bedankt“, verlegen grinste sie den Mond an. Bevor sie über sich selbst den Kopf schütteln musste. Wie konnte sie nur hoffen, einem Mann wieder zu begegnen, von dem sie noch nicht mal das Gesicht richtig kannte? Ihre Großeltern, diese zwei konservativen Personen, wären entsetzt gewesen. Hätten sie von diesem Fremden erfahren. Ihrer Ansicht nach, ging eine junge wohlerzogene Dame nicht einfach mit einem Unbekannten davon, auch wenn dies besondere Umstände gewesen waren. Dayana umfasste die Kette noch fester. Nein! Niemals würde sie nach Prag zurückkehren und bei ihren Großeltern um Hilfe bitten. Lieber würde sie die dreckigste Arbeit verrichten und auf der Straße schlafen. Wobei sie gerade ans schlafen dachte, müde unterdrückte Dayana ein Gähnen und ging zurück ins Bett. Rasch blies sie die Kerze aus und kuschelte sich ins Kissen, sie würde abwarten. Der nächste Tag würde gewiss ganz anders aussehen. Kapitel 3: Szene 3: Aller Anfang ist schwer ------------------------------------------- Szene 3: Aller Anfang ist schwer Am nächsten Morgen fühlte Dayana sich völlig ausgelaugt. Lange hatte sie nicht einschlafen können, obwohl sie sich müde und schlapp gefühlt hatte. Aber wenn ihr dann mal für kurze Zeit die Augen zu gefallen waren, waren ihr immer die Bilder von zwei fast unmenschlich wirkenden Augen erschienen. Als Dayana sich für den Tag fertig machte, schalt sich selbst eine Närrin. Sie hatte den Fremden doch kaum erkennen können, dafür war es einfach zu Dunkel gewesen und doch träumte sie sofort von ihm. Zugegeben allein seine Stimme war ihr tief unter die Haut gegangen und wie er sie als Sternenkind bezeichnet hatte. Liebe Güte! Noch jetzt bekam sie eine Gänsehaut davon. Energisch band sie ihre langen Haare mit einem Tuch zurück. Sie musste sich diesen Mann unbedingt aus dem Kopf schlagen. Heute gab es eindeutig wichtigere Dinge zu erledigen, als sich das Hirn mit einem geheimnisvollen Kerl zu zukleistern. Genau, ganz oben standen ihr Gepäck und die Frage wie es weiter gehen sollte. Rasch steckte sich Dayana die Kette ihrer Mutter in die Rocktasche und verließ das Zimmer. In der Wirtsstube herrschte fast eine unheimliche Stille im vergleich zum Vorabend. Nur der Gestank umhüllte wie nach zuvor ihre Nase. Suchend schaute Dayana sich um. Kurz darauf entdeckte sie Rebecca beim putzen der Tische. „Guten Morgen!“, rief sie freundlich durch den Raum, als die Wirtin den Kopf hob. „Dir auch, setz dich ruhig schon hin. Natalia wird dir gleich dein Frühstück bringen“, schnaufend trug sie den Wassereimer zum nächsten Tisch hinüber. „Rebecca könnte ich dich gleich sprechen?“, langsam glitt Dayana auf eine Holzbank und verschränkte die Hände auf dem Tisch. Die Wirtin nickte, bevor sich auflachte: „Das Gleiche hatte ich dich auch noch fragen wollen.“ Amüsiert glitt ein Lächeln über Dayanas Züge, während die blonde Natalia ihr einen Teller mit Brot und Aufschnitt hinstellte. Wobei, knallte es wohl besser traf und der Blick mit dem sie Dayana dabei bedachte war eindeutig Feindselig. Verwirrt blickte Dayana, dem Mädchen hinterher. Was hatte sie ihr denn Bitteschön getan? Schließlich zuckte sie mit den Schultern und widmete sich ihrer Mahlzeit. Dayana hatte einen riesigen Appetit, immerhin war ihre letzte Mahlzeit bestimmt siebzehn Stunden her. So wurde sie gerade fertig als Rebecca sich ihr gegenüber setzte. Der Kopf der Wirtin war hochrot. „So geschafft. Worüber ich mit dir reden wollte…“, Rebecca hielt inne. „Nun sicher möchtest du zurück nach Prag.“ Dayana hob eine Braue. „Ich dachte nur, jetzt wo du weißt das Chagal tot ist und…“, die Wirtin wirkte seltsam nervös auf das junge Mädchen. „Was ich sagen will ist. Wie bist du überhaupt nachts alleine durch den Wald gekommen?“ Der ersten Braue folgte nun die zweite. „Wie kommst du denn jetzt auf die Idee ich wäre alleine gereist?“, aufmerksam wartete Dayana die Antwort ab. „Das fiel mir erst im Nachhinein auf. Du hattest weder eine Kutsche, noch ein Pferd bei dir“, erwiderte ihr Gegenüber irritiert. „Und sei mir nicht Böse, aber kein Mensch der bei Vernunft ist, durchquert nach Einbruch der Dunkelheit diesen Wald.“ Das junge Mädchen schaute kurz zum Fenster hinaus. „Ich war nicht alleine gereist. Eine Kutsche brachte mich, doch mittendrin…“, im Eiltempo erzählte Dayana von dem seltsamen Verschwinden ihres Kutschers und dann von diesem geheimnisvollem Fremden. Je mehr Dayana erzählte umso blasser schien Rebecca zu werden. Ihre Hände verkrampften sich zusehends. „Du solltest dich aus dem Wald fernhalten. Deine Kleidung werden ein paar Männer aus dem Dorf holen“, nervös stand die Wirtin auf. „Wenn du hier bleiben willst, dann darfst du das gerne tun. Mir wäre eine weitere Hilfe hier gerade Recht.“ Damit verschwand Rebecca durch die Nebentür und ließ eine verwirrte Dayana zurück. Was hatte sie denn auf einmal? Seufzend erhob sie sich und ging hinauf in ihr Zimmer. Eigentlich erschien ihr Rebecca als ganz nett, aber das eben war doch wirklich merkwürdig. Wie dem auch sei, so leicht würde Dayana sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Gerade jetzt erst Recht nicht, nicht wo ihr die Wirtin eben das angeboten hatte, was sie erwartet hatte fragen zu müssen. Erleichtert über diesen Punkt beschloss sie sich das Dorf anzuschauen. Schnell hatte sich Dayana ihren Umhang geholt und verließ das von Knoblauch miefende Wirtshaus. Daran würde sie sich noch gewöhnen müssen, soviel stand fest. Draußen spazierte sie an den Häusern entlang und bekam dabei immer größere Augen. An jeder Haustür und damit wirklich jeder hing dieser verdammte Knoblauch. Als eine ältere Dame an ihr vorbei humpelte, hielt Dayana sie hastig auf. „Verzeihung, aber warum hängt hier überall Knoblauch?“ Die Alte starrte sie wortlos an, nur um dann aufkreischend davon zu rennen. Perplex blickte Dayana ihr nach. Was war denn nun wieder los? „Das ist Grete gewesen, sie ist verrückt“, wurde sie von hinten angesprochen. Fragend drehte das Mädchen sich um und schaute in Natalias abschätzendes Gesicht. „Wenn das so ist, dann kannst du meine Frage sicher beantworten“, herausfordernd hob Dayana ihr Kinn. Natalia lächelte überlegen. „Sicherlich kann ich das. Die Leute hier sind übermäßig abergläubisch. Sie glauben, tief in den Wäldern würde in einem finsteren Schloss ein Vampir hausen.“ „Und du glaubst das nicht?“ Natalia zuckte mit den Schultern. „Mir hat noch keiner das Gegenteil bewiesen.“ Das konnte nun alles heißen, aber Dayana würde nach ihrer Haltung eher auf ein Nein tippen. „Dann danke ich dir mal für die Auskunft“, erwiderte sie steif und wollte sich abwenden als Natalia die Hand hob. „Warte mal. Vielleicht sollten wir uns besser kennen lernen. Jetzt wo wir doch so was wie Kolleginnen sind.“ „So sind wir das?“, Dayana funkelte das blonde Dorfmädchen ärgerlich an. Diese grinste breit. „Ich denke ja, du siehst mir nicht danach aus, als wolltest du alsbald wieder abreisen.“ Dayana fühlte sich ertappt, gezwungen versuchte sie ein Lächeln. „Okay vielleicht kannst du mir ja mehr über die hiesigen Traditionen erzählen.“ Natalia nickte leicht. Das würde sie nur zu gerne tun, behauptete sie während beide weiter zum Ende der Straße gingen. Dabei erfuhr Dayana einige Punkte die sie besser beachten solle, wenn sie hier in Ruhe leben wollte. Dazu gehöre vor allem niemals über diesen Vampir zu reden oder bei Anbruch der Nacht noch den Wald zu betreten, geschweige denn sich darin aufzuhalten. Dayana nickte bei allem, doch innerlich schüttelte sie über die abergläubischen Menschen den Kopf. Vampire! Wo gab es denn so was? Schließlich erreichten die beiden Frauen das Haus des Schmiedes, aus dessen Anbau lautes Hämmern drang. „Komm mit, ich stell dir meinen Verlobten vor“, wie ausgewechselt öffnete Natalia die Tür und rief: „Tomas?“ Das Hämmern hörte auf und ein junger kräftiger Kerl kam auf sie zu. Dayana erkannte in ihm sofort den Mann vom Abend zuvor wieder und eine Zornesfalte bildete sich zwischen ihren Augen. Da hatte Natalia sich ja einen feinen Herren geangelt. Eigentlich wollte Dayana ihrer Unmut auch Luft machen, doch als Natalia so glücklich lächelte beschloss sie den Mund zu halten. Stattdessen warf sie Tomas einen bitterbösen Blick zu und kam schließlich, als Natalia sie rief, mit einem scheinheiligen Lächeln auf ihn zu. „Hallo Tomas, freut mich. Ich heiße Dayana und bin Chagals Tochter“, amüsiert beobachtete sie wie das junge Paar sie geschockt anstarrte. „Du…du bist…“, Natalia stotterte mehr, als das sie sprach. Was Dayana irgendwie süß fand. „Dayana Hovorka, Chagals uneheliche Tochter aus Prag, angenehm“, das Mädchen grinste leicht. Das Wort unehelich hatte sie schon immer gehasst. „Dann ist sie Sarahs Schwester“, ohne sie weiter zu beachten begann das Paar zu tuscheln. Dayana interessierte das relativ wenig, sie war so ein Verhalten gewohnt. Die junge Frau wollte sich gerade umsehen, als die Tür aufgeschlagen wurde. Ein dickbäuchiger Mann mit Mehl bedeckt stand schnaubend im Türrahmen und rief: „Er ist wieder da!“ Sofort war Dayana vergessen und alle drei rannten hinaus. Sie selber blieb verwundert stehen, ehe sie ihnen doch neugierig geworden folgte. Draußen herrschte eine angespannte Stille. Alle starrten auf die edle Kutsche die mitten auf dem Dorfplatz stand. Dayana wollte schon zu einer Frage ansetzen, als sie den Grund der ganzen Aufregung entdeckte. Ein buckliger in Lumpen gekleideter Mann schleppte verschiedene Pakete zur Kutsche und verstaute diese im Inneren. Dabei blickte er sich um, es schien fast so als suche er etwas oder jemanden. Stumm begutachtete Dayana den Buckligen, bevor dieser ihren Blick abfing und auch sie direkt ansah. Erschrocken spürte sie, wie er versucht war auf sie zu zukommen. Es aber letztlich unterließ und auf seinen Kutschbock kletterte. Kurz darauf fuhr die Kutsche davon in Richtung Wald. Man konnte förmlich hören wie die Erleichterung über das Dorf hinweg glitt und auch erst jetzt merkte Dayana, dass sie ihren Atem angehalten hatte und ihre Haut von einer Gänsehaut überzogen war. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund, hatte sie das Gefühl bekommen. Das dieser komische Kauz sie gesucht hatte. Noch ehe sie groß darüber nachdachte, verabschiedete sie sich von den beiden und rannte davon. Als die Nacht hereinbrach, betrat Graf von Krolock das Kaminzimmer und rief Koukol zu sich. Noch lange bevor er an diesem Tag hatte schlafen können, musste er an die strahlenden Augen denken und mit jeder Sekunde die Verstrich wuchs sein Verlangen sie wieder zu sehen. Sie zu berühren, zu schmecken. Koukol humpelte herein und verneigte sich so gut er konnte vor seinem Herren. „Hast du ihren Namen heraus bekommen?“, der Graf vergeudete keine Zeit, sondern kam gleich zum Punkt. Koukol antwortete so, dass nur der Vampir es verstehen konnte. „Dayana“, langsam ließ sich von Krolock den Namen auf der Zunge zergehen. „Mutig und Willensstark“, amüsiert betrat Herbert den Raum. „Wenn sie so ist, wie sie heißt, dann dürfte dein kleiner Vogel nicht langweilig werden.“ Der Graf konnte sich ein schwaches Lächeln nicht verkneifen. Er musste zugeben, das eine unwillige Beute zur Abwechslung sicher seinen Reiz hatte. „Ich werde ins Dorf gehen“, entschlossen wandte er sich um. Doch Herbert hielt ihn auf. „Und dann? Die Leute werden sicher entzückt sein.“ „Diese Bauern interessieren mich nicht. Außerdem habe ich noch kein Abendessen gehabt“, rasch ließ er seine Zähne aufblitzen. Ein leises Lachen entglitt Herbert. „Dann wünsche ich dir einen guten Appetit, Vater.“ Müde rieb sich Dayana den Nacken. Sie war inzwischen bestimmt gefühlte Hundertmal zwischen der Theke und den Tischen hin und her geflitzt. Dann noch diese anzüglichen Blicke und Bemerkungen der männlichen Gäste. Schrecklich! Sie war erst einen Tag hier und schon graute es ihr vor der nächsten Zeit. Für eine Sekunde erschien ihr sogar der Platz im Kloster verlockend. Aber wie gesagt, nur für eine Sekunde. Als Rebecca zurückkam, entschuldigte Dayana sich rasch: „Ich muss kurz raus, sonst schlafe ich noch im stehen ein.“ Die Wirtin hatte gelächelt und sie hinaus geschickt. Eine Brise frische Luft würde sie garantiert wieder Munter machen. Draußen ließ Dayana sich auf eine Holzbank sinken und atmete tief durch. Der Tag war wirklich lang gewesen, nachdem sie Natalia und die beiden Männer verlassen hatte. War sie erst Ziellos durchs Dorf gestreift und letztlich durchgefroren ins Wirtshaus zurückgekehrt. Dort war Rebecca inzwischen schon wieder mit den Vorbereitungen fürs abendliche Essen beschäftigt gewesen und pflichtbewusst wie Dayana nun mal war, hatte sie ihr dabei geholfen. Nicht aber ohne die Wirtin dabei auszuhorchen. So hatte sie zumindest erfahren das der Bucklige Koukol hieß und Diener im Schloss war. Zuvor hatte Dayana sofort auf die Vampirlegende angespielt, doch Rebecca hatte sie forsch abgeblockt. Es gab Dinge, die sie einfach nicht interessieren sollten. Aber da kannte die Wirtin sie schlecht. Das Verbotene hatte Dayana schon immer magisch angezogen. In Gedanken plante sie auch schon einen kleinen Ausflug in den Wald. Seufzend betrachtete Dayana den Mond und träumte vor sich hin, ohne zu wissen das sie beobachtet wurde. Er hatte sie schneller gefunden als erwartet. Und das Objekt seiner Begierde war alleine, besser hätte es gar nicht laufen können. Lautlos schlich sich Graf von Krolock näher an das Mädchen heran. Er wollte sie auch schon zu sich rufen, als er weitere Schritte vernahm. Hinter ihm huschte ein blutjunges Mädchen zwischen den Schatten der Häuser entlang. Stets darauf bedacht nicht entdeckt zu werden. Ihr Herzschlag war bis zu seinem Platz im tiefsten Schatten der Häuser zu vernehmen und das Blut das durch ihre Adern rauschte, entfachte einen rasenden Hunger in ihm. Mit einem kurzen Blick zu Dayana, wandte er sich dem kleinen Mädchen zu. Die offensichtlich auf dem Weg zu einem kleinen Stell-dich-ein mit einem der Dorfjungen war. Zu Schade das sie dort nicht mehr ankommen würde. Ohne das geringste Geräusch zu verursachen, schlich er auf sie zu und stand ganz plötzlich vor ihr. Rasch legte er einen Finger auf ihre zarten Lippen, noch bevor diesen ein Ton hätte entweichen können. „Psst wir wollen doch nicht entdeckt werden, oder?“, mit säuselnder Stimme schlang er einen Arm um ihre kleine Taille. Ein stummes Aufkeuchen entrang sich ihrer Kehle als er sie mit einem Ruck fest an seine Brust drückte. Wie gebannt starrte sie in seine funkelnden Augen die sie mit einem wilden Hunger immer tiefer in seine Fänge trieben. „Keine Angst, du hast mich schließlich gefunden“, leise strich er ihr mit seiner freien Hand das Haar zurück, um dann mit seinen kalten Lippen ihren Hals zu liebkosen. Dem Mädchen entglitt ein verzückter Laut. „Schließ deine Augen“, dem Befehl folgte sie nur allzu willig und von Krolock hatte leichtes Spiel als er ihren Kopf zur Seite neigte. Das letzte was man sah, waren seine langen Zähne die im zarten Fleisch des Mädchens versanken. Ihr erschrockenes Aufkeuchen verklang schnell unter den gierigen Trinkgeräuschen des Grafen. Kapitel 4: 4. Szene: Kontrollverlust ------------------------------------ 4. Szene: Kontrollverlust Ein stumpfes Geräusch ließ Dayana aufschrecken. Unsicher folgte sie dem schwächer werdenden Lauten bis zur Rückseite des Wirtshauses. Als sie dort ankam waren die Geräusche allerdings gänzlich verschwunden und Dayana sah sich misstrauisch um. Letztlich konnte sie aber nichts ausmachen, so dass die junge Frau mit den Schultern zuckte und ins Haus zurückkehren wollte. Mit einem Schwung wandte Dayana sich um und stieß dabei gegen einen Widerstand. Erschrocken wich sie zurück, spürte aber gleichzeitig zwei Hände die sich auf ihre Schultern legten. „Welch reizende Überraschung“, die leise amüsierte Stimme ließ sie aufschauen. „Ihr?“, verdutzt blickte die junge Frau in die Eisblauen Augen des Fremden, der sie Tags zuvor gerettet hatte. „Aber wie…was… Ich meine, was macht Ihr hier?“, aufgeregt sprudelten die Worte nur so heraus und ließen den Mann schmunzeln. „Was für eine freundliche Begrüßung und da wo ich dir letzte Nacht so Selbstlos half“, tadelnd und mit einer Spur Ironie ließ er sie los und Dayana schoss das Blut in die Wangen. „Oh Natürlich. Verzeiht Herr“, verlegen schaute sie auf ihre Hände. Es war ihr ein Rätsel, warum sie plötzlich so aufgeregt war. Ja geradezu unerfahren kindisch fühlte sie sich in seiner Gegenwart. Nicht das sie unzählige Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht hatte. Um genau zu sein beschränkten sich diese ausnahmslos auf ihren Stiefvater und ihren Großvater. Wobei sie bei der Erinnerung an diese beiden strengen Männer nur Abscheu empfinden konnte. Wahrscheinlich fühlte sie sich deshalb so unsicher. Schließlich atmete sie einmal tief durch und hob den Kopf, wo der Blick des Mannes noch immer auf ihr ruhte. „Ich bin wirklich froh Euch wieder zu sehen. Ich hatte schließlich noch gar keine Gelegenheit mich bei Euch zu bedanken.“ Der Mann winkte ab, während er nun zur Wirtsstube schaute. „Du musst dich nicht bedanken, Sternen… Nein Dayana“, verbesserte er sich und grinste innerlich, als er ihren überraschten Gesichtsausdruck wahrnahm. Dabei musste er unwillkürlich feststellen, dass sie im schwachen Schein des warmen Lichtes noch bezaubernder war. Und auch ihre Figur war in seinen Augen die reinste Versuchung. Eine zierliche Taille, die er in der letzten Nacht dank des unseligen Umhangs nur hatte erahnen können. Weiter glitten seine gierigen Blicke hinauf zu ihrer Brust, die unter den Weiten ihrer Bluse fast gänzlich verschwand, trotz allem seiner Fantasie noch jede Menge Freilauf ließ. Schon jetzt wusste der Graf mit Bestimmtheit das sie, sobald sie für immer die Seine war, nie wieder etwas so hochgeschlossenes tragen würde. Fast völlig in seinen Gedanken versunken bemerkte er Dayanas Reaktion erst, als Diese ihm wütend einen Finger gegen die Brust stieß. „Wenn Sie mit ihrer Betrachtung fertig sind, dann hätten Sie ja vielleicht mal die Güte mir zu verraten woher Sie meinen Namen kennen“, stocksauer straffte sie ihre Haltung und wartete auf seine Antwort. Nachdem er sie jetzt gerade schon wie ein Stück Vieh auf dem Markt mit seinen Blicken abgetastet hatte, wäre es doch nur Recht und Billig ihre Fragen zu beantworten. Zumindest war das ihre Ansicht. Dem Grafen fehlten derweil tatsächlich die Worte. Noch nie, wirklich nie in seinem bisherigen Leben hatte es je ein Mensch gewagt, ihm mit solch einem unverschämten Ton zu begegnen. Er spürte schon das Verlangen aufsteigen, dieses Mädchen auf ihren Platz zu verweisen, als er es sich aber anders überlegte. Wenn er Dayana schon jetzt verschreckte, würde das Spiel mit ihr ebenso schnell enden wie mit allen anderen zuvor. Aber sie war nicht wie jede andere, sie war eine Chagal und ein Sternenkind. Das alleine waren Gründe sie in Sicherheit zu wiegen. Außerdem strahlte sie eine überaus starke Energie aus, die ihn schon immer angezogen hatte. So neigte er lediglich leicht den Kopf und schenkt ihr ein Lächeln, das jedes andere Mädchen sofort in seinen Bann gezogen hätte. In anbetracht auf Dayanas Wut aber auf Granit stieß. „Nun wollt Ihr mir nicht antworten?“, langsam wurde sie ungehalten. Eigentlich war ihr der Fremde bisher nicht unsymphatisch gewesen. Aber die letzten Minuten drohten den ersten positiven Eindruck deutlich zu kippen. „Ist es nicht vollkommen unbedeutend woher ich ihn weiß, mein Sternenkind?“, seufzend beantwortete der Graf ihre Frage und wider Willen schlug Dayanas Herz beim Klang des Kosenamens schneller. Von Krolock beobachtete aufmerksam wie es im Inneren des Mädchens arbeitete. Auf der einen Seite wollte sie ihm die Meinung sagen, auf der anderen zog es sie magisch zu ihm hin. Aber in diesem Zwiespalt steckte sie nicht alleine. Eigentlich hatte er heute von ihrem Blut kosten wollen. Doch nun wo er gerade erst vom anderem Mädchen getrunken hatte und sein größtes Verlangen fürs Erste gestillt war, da wusste er nur zu genau das er ihr nichts antun konnte. Zwar riefen ihr Wildschlagendes Herz und ihr verlockender Duft wie eine Sirene nach ihm. Doch ihre Augen, so klar wie der Nachthimmel über ihnen, hielten ihn und seine Gier zurück. Schließlich entglitt ihm ein ungeduldiger Laut und schneller als das menschliche Auge erkennen konnte, hatte er ihr Gesicht umfasst und seine kühlen Lippen auf ihre warmen gepresst. Dayana war viel zu verblüfft um irgendwie zu reagieren. Sie konnte nur, die Augen weit aufgerissen, dastehen. In ihrem Inneren spielten die Emotionen total verrückt, einerseits wusste sie, dass dies hier mehr als Falsch war, auf der anderen Seite fühlte sich noch nie etwas so richtig an. Als sich der Graf kurz darauf von ihr löste und mit seinem Finger über ihre Wange strich, unterdrückte sie einem empörten Laut. „Du bist Mein, Sternenkind“, seine Stimme klang bei den Worten wie die reinste Verführung und Dayana hätte sicherlich genickt, wenn sie nicht der Schrei von Rebecca in die Realität zurückgeholt hätte. So zwinkerte Jana ein paar Mal und starrte den Mann vor sich irritiert an, ehe sich die Entrüstung in ihr breit machte. „Was fällt Euch ein?“, fassungslos berührte sie kurz ihren Mund. „Ihr seid ein mieser Schuft! Ich kann es nicht fassen, wie ich je glauben konnte Ihr hättet Anstand.“ Und da er ihr nichts entgegensetzte, schimpfte Dayana sich nun richtig in Fahrt. Auch das wiederholte Rufen von Rebecca hielt sie nicht davon ab, dem Mann vor ihr die Meinung zu geigen. Graf von Krolock konnte Anhand des Wortschatzes die dieses Mädchen inne hatte nur staunen. Dabei waren Schuft, Mistkerl und Schwein noch die wirklich harmlosesten Beschimpfungen die er da über sich ergehen ließ. In seinem Inneren kochte es bereits ordentlich in Betracht ihres ungebührlichen Verhaltens, trotzdem ließ er sie gewähren. Ein Gefühl sagte ihm dass, wenn er sie jetzt nicht ihrem Ärger Luft machen ließe. Das sie ihm dann überhaupt nicht mehr über den Weg laufen wolle und das würde seinen eigenen Plänen in keinsterweise entgegenkommen. Erst als Dayana ihre Hand hob, so als wolle sie ihn schlagen, da hielt er sie blitzschnell davon ab, indem er ihr Handgelenk fest umklammerte. „Das reicht!“, dunkel brodelte sein Ärger bei den beiden Worten. So das Dayana schwer atmend zu ihm aufschaute. Als sich ihre Blicke trafen, stockte dem jungen Mädchen der Atem. Denn was sie in seinen Augen lesen konnte, war ein Sturm aus unterdrücktem Ärger, Verlangen und einer Wildheit die ihr erst so richtig bewusst machte, was sie da soeben losgelassen hatte. Aufstöhnend schlug sie sich mit der freien Hand vors Gesicht. „Oh Gott, habe ich das wirklich alles gesagt?“, die Frage galt eigentlich mehr ihr selbst, trotzdem antwortete er grimmig: „Du hast und ich bin wirklich entsetzt was man einem Mädchen in der Stadt lehrt.“ Jana spürte wie ihre Wangen heiß wurden, ihre Mutter hatte sie auch stets ermahnt auf ihre Wortwahl zu achten. Dabei hatte sie selbst oft wie ein gewöhnliches Gossenkind geflucht. „Ich werde mich aber nicht entschuldigen“, trotzig schob sie das Kinn vor, während er ihr Handgelenk losließ. „Hatte ich auch nicht erwartet. Außerdem fielen mir da auch wesentlich interessantere Dinge ein, mit dem du es wieder gut machen könntest“, amüsiert musterten seine Augen wie Dayana bei diesen Worten noch roter wurde. „Ihr seid wirklich unmöglich!“, nach Luft schnappend, machte sie auf dem Absatz kehrt um in die Wirtsstube zurück zu kehren. Allerdings hielt seine Stimme sie abrupt auf. Fragend drehte sich sie noch mal um. „Was habt Ihr da eben gesagt?“ „Graf von Krolock ist mein Name.“ Widerwillen hatte er ihre gesamte Aufmerksamkeit wieder. „Ihr seid wirklich mutig, Exzellenz“, ihre Stimme zitterte leicht. „Was wenn ich Euch verrate?“, schloss sie in Erinnerung an ihr erstes Treffen. „Das glaube ich nicht“, selbstsicher kam er ihr erneut näher. „Ich bin mir sogar ziemlich sicher, das du unser kleines Treffen hier für dich behalten wirst. Nicht wahr, kleine Jana?“ Der Klang wie er ihren Spitznamen aussprach, ging dem jungen Mädchen durch und durch. Deswegen klangen ihre Worte auch zunehmend nervöser als sie sagte: „Ganz schön arrogant.“ Der Graf lachte leicht. Dayana war wirklich erfrischend. Furchtlos und Grundehrlich sprach sie aus, was die meisten nicht mal zu denken wagten. „Dayana, kommst du endlich!“, erneut durch brach Rebeccas rufen die Nacht und damit auch die Spannung die sich zwischen den beiden aufgebaut hatte. Dayana seufzte still. „Also ich muss zurück. Lebt wohl Herr Graf“, ein spöttisches Grinsen zierte dabei ihre Lippen, während sie sich abwandte. „Vergiss es nicht!“, seine Worte ließen sie erneut innehalten. Misstrauisch schaute sie dabei zu ihm auf. „Du gehörst mir, Sternenkind“, die Intensität die in diesem Satz lag ließ Dayana schaudern. Aber womöglich auch deswegen, widersprach sie ihm ebenso hier. „Das werden wir ja sehen.“ Oh ja das würden sie. Belustigt folgte der Vampir ihr mit den Augen und verschwand erst, als er selbst ihren Herzschlag nicht mehr hören konnte. Dayana beeilte sich zurück ins Wirtshaus zu kommen, vor der Tür wurde sie bereits von einer unruhigen Rebecca erwartet. „Mensch Kind, wo bleibst du so lange? Ich rufe schon eine halbe Ewigkeit nach dir!“ Dayana öffnete kurz den Mund um ihr von dem Fremden zu erzählen, doch beim übernervösen Mienenspiel der Wirtin verschloss sie ihn wieder und sagte stattdessen: „Es tut mir leid. Ich muss irgendwie weggetreten sein.“ Dabei versuchte sie ein möglichst zerknirschtes Gesicht zu ziehen. Zu ihrer Erleichterung schien das zu reichen. Zumindest hakte die ältere Frau nicht weiter nach, sondern schob sie sanft in die Wirtsstube hinein. „Na gut, dann lass und weiter arbeiten. Die arme Natalia schafft das doch nicht alleine.“ Dayana nickte nur und versuchte für den Rest der Nacht nicht mehr an den Grafen zu denken. Zu ihrer Verwunderung funktionierte das auch ganz gut. Erst als sie Stunden später endlich im Bett lag, standen ihr die Geschehnisse glasklar vor Augen. Dieser feine Schuft hatte ihr doch allen ernstes ihren ersten Kuss gestohlen und noch immer fühlte Dayana geistig den Druck seiner Lippen auf ihren! Beschämt zog sie die Bettdecke über den Kopf. Teufel auch! Sie wusste nicht ob sie den Grafen hassen oder symphatisch finden sollte. Überhaupt ein Graf! Das musste man sich erstmal vorstellen. Kapitel 5: Szene 5: Wirklich nur eine Legende? ---------------------------------------------- Szene 5: Wirklich nur eine Legende? Der nächste Tag brachte neue Aufregung mit sich. Rebecca und Dayana hatten die Wirtsstube soeben auf Fordermann gebracht, als die Tür geöffnet wurde und Natalia völlig aufgelöst mit einem Jungen herein kam. „Rebecca es ist einfach furchtbar!“ Natalias Gesicht war Nass von Tränen die ihr über die Wangen rannen, was Dayana dazu veranlasste das schluchzende Mädchen auf eine Bank zu setzen. Der Junge der sie begleitet hatte, schien ebenfalls den Tränen nahe. „Was ist denn passiert? Hattest du etwa Streit mit Tomas?“, verwundert kam Rebecca zu der kleinen Gruppe. Natalia schüttelte heftig den Kopf. „Nein es ist wegen Sophia, sie ist tot“, und schon heulte sie wieder richtig los. Während Dayana beim letzten Wort zusammen zuckte und Rebecca einen entsetzten Laut von sich gab. „Die kleine Sophia vom Kaufmann Marius ist tot?“ Statt Natalia antwortete der Junge: „Ja, Michel fand sie vor einer knappen Stunde am Waldrand.“ Nun ließ sich auch die Wirtin auf einen Stuhl plumpsen. „Weiß man schon genaueres?“, fragend sah Dayana den Jungen an. „Wir nicht. Michel und zwei weitere Männer haben sie zum Doktor gebracht und uns davon gejagt“, bei den letzten Worten war ein Hauch von Ärger nicht zu überhören. Dayana runzelte die Stirn. „Woher wollt ihr dann wissen, dass sie Tod ist? Sie könnte doch genauso einfach, nur Bewusstlos und schwer verletzt sein.“ Die beiden jungen Leute sahen sie aufgewühlt an, man musste kein Hellseher sein um ihre Gedanken zu erraten. „Oh doch, Sophia ist tot“, erwiderte der Junge mit Nachdruck. „Ich habe ganz deutlich gehört, wie Michel über dieses Monster klagte“, völlig außer sich, ballte er seine Hände zu Fäusten. Die Lippen zitternd zusammengepresst. Aus den Augenwinkeln bemerkte Dayana wie Rebecca um zwei Nuancen blasser wurde. „Welches Monster?“, fragend schwenkte ihr Blick zwischen den Dreien hin und her. Doch der Junge wandte ebenso wie Rebecca das Gesicht ab. Nur die noch leise schluchzende Natalia antwortete mit brüchiger Stimme: „Ich habe dir doch von dieser Vampirlegende erzählt. Die Leute glauben, dass er sich wieder ein Opfer geholt hat.“ Bevor Dayana weitere Fragen stellen konnte, war die Wirtin aufgesprungen und stotterte: „Ich gehe rüber zum Doktor. Sicher werden ihre Eltern jemanden brauchen, der ihnen in dieser Situation beisteht.“ Und noch während ihres Redens schlug die Wirtstür hinter ihr zu. Dayana schüttelte irritiert den Kopf. So aufgelöst war Rebecca nicht einmal bei ihrer Ankunft gewesen. „Dayana würdest du meinen Bruder nach Hause bringen?“ Die Frage kam so überraschend, dass die Gefragte erstaunt zurückwich. Aber was sie noch mehr verblüffte war die Tatsache, dass dieser Rotschopf Natalias Bruder sein sollte! Darauf wäre sie im Leben nie gekommen, so wenig sahen sich die beiden ähnlich. „Klar, das kann ich gerne machen“, meinte Dayana dann endlich und wandte sich aufmunternd an den Jungen. „Sollen wir dann… ähm…“, fragend sah sie ihm ins Gesicht. „Peter.“ Die einsilbige Antwort war kaum zu verstehen. Aber ihr reichte es. „Okay dann lass uns gehen Peter“, gemeinsam gingen sie zur Tür. Wo Natalia ihr noch mal ihren Dank ausdrückte. Dayana lächelte leicht: „Kein Problem.“ Auf der Dorfstraße herrschte im Vergleich zum Vortag eine unheimliche Stille. Die meisten liefen mit Trauergesichtern herum und nur wenige blieben stehen um sich zu unterhalten. „Das ist ja wohl man voll gruselig“, schaudernd schüttelte sich Dayana, während die beiden hinab zum Forsthaus gingen. Indem Natalia und Peter mit ihren Eltern lebten. Auf ihre Bemerkung hin, zuckte Peter lediglich mit den Schultern. „Ich will ja nicht respektlos erscheinen, aber es passiert häufiger das Menschen sterben. Auch so junge wie Sophia“, sich umschauend blieb ihr Blick schließlich auf dem Jungen hängen der sie wütend anfunkelte. „DU hast doch wirklich keine Ahnung! Natalia hat mir erzählt, dass so ein Vorfall das letzte Mal vor zehn Jahren geschehen war und seitdem nie wieder!“ Peter war stehen geblieben und schrie nun regelrecht. „Also hör auf so einen Stuss zu reden. Du bist schließlich eine Fremde und hast kein Recht so zu reden!“ Am Ende standen dicke Tränen in seinen Augen. Dayana hätte sich selbst Ohrfeigen können, ihr Mund war mal wieder schneller als der Verstand gewesen und nun hatte sie den Salat. „Okay, es tut mir wirklich leid. Das war falsch von mir so etwas zu sagen“, beschwichtigend hob sie die Hände. Doch Peter schnaubte bloß empört. „Stimmt und Danke, aber ich gehe lieber alleine weiter“, ohne weiter auf sie zu achten, wandte er sich um und stapfte davon. Seufzend schaute sie ihm nach und fuhr sich dabei mit der Hand durchs Haar. Super Jana, das hast du ja mal wieder ganz toll hinbekommen. Beim Dorfarzt hatte sich derweil neben Michel, Rebecca und Sophias Eltern auch der Dorfälteste Rasvan eingefunden. Die Eltern saßen schluchzend auf einer Bank, während Rasvan mit dem Arzt den leblosen Leib des jungen Mädchens untersuchten. Rebecca stand bleich ein Stück abseits und folgte den Bewegungen und Worten der beiden mit ernsten Augen. Sie glaubte auch so zu wissen, was sie das Leben gekostet hatte. Auch wenn die zerfetzte Kehle es nur noch erahnen ließ. Nach Michels Aussage hatte der Fundort kaum Blut aufgewiesen und auch ihr Körper war damit kaum befleckt. Als sich der Doktor schließlich aufrichtete, lag aller Anwesenden Blick auf ihm. „Ist er es gewesen?“, Rebecca fand als erstes den Mut ihm direkt diese Frage zu stellen. Seine Miene nach zu deuten, suchte der Arzt nach den richtigen Worten. Aber der Wirtin genügte es schon. Ihr Gesicht wurde zusehends dunkler. „Rasvan wir müssen endlich etwas unternehmen. Der Knoblauch schützt uns nicht mehr“, Rebecca schüttelte den Kopf. „Er hat ihn eigentlich noch nie aufgehalten!“ Der Dorfälteste zuckte zusammen. Schon Chagal hatte ihn damals deswegen angeschrieen, doch er wollte es nicht wahrhaben. Michel stellte sich neben Rebecca. „Sie hat Recht Rasvan. Wir müssen dieses Monster vernichten“, in seiner Stimme schwang überdeutlich der Abscheu und Hass auf dieses mörderisches Wesen mit. „Das ist unmöglich“, schwerfällig ließ sich der Alte auf einem Stuhl nieder. „Niemand kann den Grafen uns sein Gefolge töten.“ „Woher willst du das wissen? Wir haben es doch noch nie probiert!“, nun auch war auch der Vater aufgesprungen. Seine Frau sah erschrocken auf. „Und das aus gutem Grund Marius! Jeder weiß das man den Teufel nicht umbringen kann“, aufgebracht starrte Rasvan die beiden Männer an. Michel grunzte abfällig. „Was sollen wir dann machen? Uns weiter wie Ratten verstecken?“ Die Wirtin runzelte die Stirn. „Ich glaube es gibt doch eine Möglichkeit“, sofort galt ihr sämtliche Aufmerksamkeit. „Damals gastierte doch einmal so ein Professor mit seinem Studenten bei uns. Ich glaube Abronsius hieß der Mann?“ Rasvan hob spöttisch eine Braue. „Und?“ „Nun er redete ständig von diesen Untoten und wie man sie wohl am Besten vernichten könnte. Damals hielt ich es für dummes Gerede, aber was wenn doch etwas Wahres dran ist?“ Michel nickte entschieden: „Bestimmt, selbst ein 1000 Jahre alter Baum geht zu Grunde, wenn man die Wurzeln zerstört.“ Glucksend deckte der Doktor den Körper der kleinen Sophia ab. „Ein interessanter Vergleich“, griente er schwach. „Aber die anderen haben Recht Rasvan. Wir können nicht mehr ewig zu schauen.“ Der Dorfälteste ließ den Kopf hängen. „Dann versucht es. Bewaffnet euch mit allem was geht, aber unternehmt nichts Leichtsinniges.“ Michel ging vor Rasvan in die Hocke und ergriff seine dürren Hände. „Danke, ich verspreche es dir Großvater.“ Dayana war bereits einige Meter in den Wald gegangen, als sie ein Knacken hinter sich vernahm und erschrocken zusammen zuckte. Sie staunte nicht schlecht, nachdem sie sich herum gedreht hatte. Vor ihr stand Grete, die Alte vom Vortag. „Verfolgst du mich etwa?“, entgeistert trat Dayana zurück, während Grete auf sie zu kam und dabei aufmerksam musterte. In ihren Augen spiegelte sich eine solche Klarheit wieder, dass es dem Mädchen die Sprache verschlug. „Du solltest nicht weiter gehen“, ernst blickte Grete sie an. „Hör auf mich, dort wartet nur die tiefste Dunkelheit auf dich.“ Noch bei sprechen zeigte sie dabei tiefer in den Wald hinein. Langsam hatte sich auch Dayana von ihrem Schrecken erholt. „Sie … Sie sind …“, verdutzt starrte Jana auf die Frau, riss sich dann aber zusammen. „Sie sind überhaupt nicht verrückt!“ Ein amüsiertes Lachen drang aus Gretes faltigem Mund, während sie an ihr vorbei humpelte. „Das habe ich auch nie behauptet“, kichernd sah sie zu Dayana auf. Diese fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. „Aber die anderen Leute und ihr Verhalten gestern“, unsicher dachte sie an das Kreischen zurück. Nun lachte Grete erst Recht. „Oh das ist gewollt, Kleines. Es gibt keine bessere Möglichkeit sich nervige Menschen vom Leib zu halten, als wenn sie glauben du seiest verrückt“, wie ausgewechselt plauderte die Alte befreit mit Jana. „Aber ich bin Kerngesund. Zumindest was das hier oben angeht“, bei den Worten tippte Grete sich an die Schläfe. Kopfschüttelnd folgte Jana ihr weiter in den Wald hinein, wo Grete plötzlich anhielt. „Du solltest jetzt wirklich umkehren, das was dich dort drinnen erwartet würde dich nur zerstören“, ernst redete Grete auf die Jüngere ein. „Glaub mir bitte. Ich kann nicht zulassen das er dich ebenfalls zu sich holt.“ Dayana verengte die Augen. „Er?“ Grete nickte. „Er ist das absolut Böse.“ „Mit er meinen Sie den Vampir?“, die Frage war rein rhetorisch gemeint und das wusste die Alte. Weswegen sie nun lediglich schwieg und damit erreichte, dass Dayana missmutig aufstöhnte. „Oh Bitte hören Sie auf Grete. Ich weiß ja, Sie meinen es nur gut. Aber ich glaube nicht an Vampire oder derartige Wesen. Das Einzig gefährliche hier im Wald, dürften doch wohl die Wölfe sein“, spürbar ungeduldig fegte sie Gretes versuchten Einwand beiseite. „Also vielen Dank für Ihre Sorge, aber ich weiß was ich tue und selbst wenn es Vampire gäbe. Wir haben es helllichten Tag.“ Gretes Miene wurde ärgerlich. „Unwissendes Ding, aber sag später nie ich hätte dich nicht gewarnt“, mürrisch humpelte sie weiter und schimpfte dabei vor sich hin. Dayana tat ihr Verhalten auch bereits wieder Leid. Grete war schließlich auch nur eine abergläubische alte Frau aus dem Dorf. „So warten Sie doch“, seufzend gab Jana sich einen Ruck und folgte ihr. „Es tut mir leid, ich wollte Sie nicht anfauchen. Aber ich kann einfach nicht an Dinge glauben, die ich selber noch nie zuvor gesehen habe.“ Die Alte tätschelte ihr gutmütig den Arm. „Das ist das traurige an der jungen Generation. Ich bete für dich, dass du auch niemals die Wahrheit kennen lernen musst.“ Darauf wusste Dayana nichts zu erwidern und schaute Grete nach, die alleine weiter in den Wald spazierte. „Mich warnen Sie, aber selber gehen sie immer weiter!“, ihre Stimme troff vor Sarkasmus, aber Grete lachte nur und rief: „Ich bin alt, für mich interessiert sich der Herr Graf am allerwenigsten.“ Dayana blinzelte überrumpelt. Graf? Hatte Grete eben tatsächlich Graf gesagt? Sie schluckte unwohl. Garantiert gab es hier mehrere Grafen und ihre Fantasie spielte ihr Streiche. Aber konnte es soviel Zufall geben? Außerdem woher sollte Grete wissen dass sie einen hier kannte und überhaupt, grinsend tadelte Jana sich selber. Mit Grafen könnte sie auch Graf Dracula gemeint haben. Diese Geschichte kannte doch nun wirklich jedes Kind. Erleichtert über ihre so vernünftige Theorie begann Dayana den Rückweg ins Dorf. Sie sollte sich wirklich nicht von den Hirngespinsten der Dorfbewohner verrückt machen lassen. Kapitel 6: Szene 6: Zufall oder Fügung? --------------------------------------- Szene 6: Zufall oder Fügung? Seitdem Gespräch mit Grete war inzwischen eine Woche vergangen und Dayana hatte weder etwas von ihr noch von dem Grafen gehört. Wobei sie letzteres mehr störte, als sie es zu zugeben wollte. Nach Sophias Beerdigung lief das Leben wieder in relativ gewohnten Bahnen, nur das Rebecca öfter am Männertisch verweilte und eifrig mit ihnen diskutierte. Zwar versuchte Dayana herauszufinden worüber sie soviel zu bereden hatten, aber immer wenn sie wie reinzufällig am Tisch vorbei kam, unterbrachen sie ihre Diskussion. Auch mit Rebecca alleine hatte sie nicht mehr Erfolg. Laut der Wirtin besprachen die Männer lediglich die nächste Wolfsjagd. Ja ne ist klar! Das konnten Die ihren Großmüttern erzählen, aber doch nicht ihr. Und wegen einer lausigen Wolfsjagd verstärkte Rebecca auch die so genannten Sicherheitsvorkehrungen. Das hieß: Noch mehr Knoblauch und nach Sonnenuntergang wurden alle Fenster und Türen fest verriegelt. Dayana hätte sogar schwören können, dass Rebecca mit Knoblauch um den Hals zu Bett ging. Wie auch immer, fest stand sobald Jana nach oben ging riss sie als Erstes das Fenster in ihrem Zimmer weit auf- Lieber in der Kälte erfroren, als im Mief Erstunken. Aber etwas hatte sich noch verändert. Natalia beachtete sie mit keinem Blick mehr. Dabei hatte Jana geglaubt sie hätte sich inzwischen ganz gut verstanden. Enttäuscht und auch ein wenig wütend, beschloss Dayana ihre Kollegin am nächsten Abend zur Rede zu stellen. Was sie dann auch tat. Natalia war gerade in der Küche mit dem Eintopf beschäftigt, als Dayana sie abfing. „Natalia ich muss mit dir reden“, ruhig stellte sie sich neben die Blondine. Die sie aber komplett ignorierte und stattdessen weiter im Topf rührte. „Was ist denn los?“ Als wieder keine Antwort kam, schnappte Dayana sich den Topfdeckel und knallte ihn mit Schmackes auf den Kochtopf. Erschrocken fuhr Natalia zurück, bevor sie Dayana wütend anfunkelte. „Spinnst du!“ „Das sollte ich wohl eher dich fragen. Immerhin sprichst du nicht mehr mit mir. Nein du ignorierst mich regelrecht und ich wüsste gerne warum“, nun ebenfalls verärgert, stemmte Jana die Hände in die Hüften. Natalia verengte die Augen zu schlitzen. „Zu Recht! Es ist schließlich deine Schuld das Sophia sterben musste“, grimmig schubste sie Dayana zur Seite. Zu verblüfft über den Angriff, starrte diese ihr hinterher. Doch knapp bevor Natalia die Küche verlassen konnte, hatte Jana sie wieder eingeholt und hielt sie entschlossen am Ärmel fest. „Was soll das heißen? Ich habe dieses Mädchen nicht umgebracht!“, aufgebracht zerrte sie die Blonde am Arm, so dass diese herumwirbelte. „Vielleicht nicht Eigenhändig. Aber immer wenn eine junge Chagal Tochter im Dorf verweilt, kommt er und tötet. Also bist du Mitschuld!“, der Vorwurf war so unsinnig das Dayana den Kopf schütteln musste. „Das ist doch lächerlich“, fassungslos trat die junge Frau zurück. „Keineswegs. Meine Großmutter hat mir alles brühwarm erzählt. Die Töchter Chagals zogen den Tod schon immer an“, wie von Sinnen glitzerten ihre Augen. „So auch deine Schwester, dieses kleine Miststück.“ Ein gehässiges Grinsen verzog ihre Lippen. „Sie tat immer so unschuldig und einsam. Dabei verdrehte sie jedem jungen Mann den Kopf. So auch diesem Studenten der zuletzt ihr mit seinem Professor gastierte. Aber dann lief sie davon“, ein grausames Lachen durchdrang den Raum, was Dayana auf heftigste in die Glieder fuhr. „Wie wahr. Sarah war schon ein kleines Flittchen, wer weiß schon was auch ihr wurde? Ich hoffe doch mal, dass er sie sich geholt hat“, Tomas musste gar nicht weiter sprechen. Dayana kniff die Augen zusammen und atmete tief durch, um die beiden nicht zu erwürgen. „Ich habe sie ja leider nicht kennen lernen dürfen. Aber…“, voller Zorn schaute sie auf. „Aber so über Tote zu reden ist widerlich! Ihr beide seid doch wirklich das Allerletzte!“ Damit riss sich Jana die Schürze herunter und rannte aus dem Haus. Blind vor Wut erreichten ihre Füße den Wald und trotz der Dunkelheit stürmte sie einfach weiter. Hauptsache weg von diesen heuchlerischen Leuten. Graf von Krolock saß indessen in seiner Kutsche und dachte an Herbert, der kurz nach ihrem Erwachen wütend davon gestürmt war. Verrückt und Launisch hatte er ihn genannt. Nicht mehr er selbst, sollte er sein. Die Antwort des Grafen war letztlich nur ein sprödes Lachen gewesen, was bei seinem Sohn genügt hatte. Dabei wusste er insgeheim, dass Herbert nur das ausgesprochen hatte, was er schon längst wusste. Sarahs Verrat hatte ihn verändert, noch mehr als es damals der Tod seiner geliebten Frau, Herberts Mutter, es vermocht hatte. Aber die Ankunft von Dayana hatte ebenfalls etwas in ihm gerührt. Nur in welche Richtung das blieb noch ein Rätsel, welches nach einer Lösung suchte. So in seinen Gedanken vertieft, riss den Grafen letztlich das Jaulen der Wölfe in die Realität zurück. Erst ließen ihn noch diese Geräusche kalt, zu lange hörte er sie schon jede Nacht in den tiefen des Waldes, als dass sie ihn noch berührt hätten. Jedoch, nach einem erneuten Aufheulen mischte sich ein weiteres Geräusch zu den Tönen der Tiere. Aufmerksam horchte er in die Nacht und blickte finster zum Fenster hinaus. Da war es wieder! Und es klang wie das rasche Klopfen eines menschlichen Herzens. Dummer Sterblicher, schoss ihm durch den Kopf und war bereits wieder dabei sich zurück zu lehnen, während es in derselben Sekunde wie ein Blitz einschlug. Er wusste von wem dieser Herzschlag stammte! „Sie wird doch wohl nicht…?“, weiter brauchte er gar nicht sprechen. Der Graf wusste hier gab es keinen Zweifel, weswegen er nun entgeistert aus der fahrenden Kutsche sprang und dem Heulen der Wölfe wie auch ihrem Herzschlag folgte. Seine Kutsche vergaß er dabei gänzlich. Dayana war Blind vor Tränen über einen Ast gestolpert und dabei gestürzt. Über ihre eigene Dummheit verzweifelnd war sie einfach liegen geblieben. Erst als sie sich wieder aufgerichtet hatte, waren ihr sofort die leuchtenden Augen um sie herum aufgefallen. Schluckend wich sie nun immer weiter zurück und stieß letztlich gegen den Stamm eines alten Baumes. Erschrocken quiekte sie auf und starrte dabei wie gebannt in die Augen der wilden Tiere. „Oh oh… brave Wölfe, ich schmecke gar nicht. Ehrenwort!“, stieß sie komplett verängstigt aus und konnte das Beben in ihrer Stimme nicht verstecken. Wie auch? Die hungrigen Blicke der Wölfe, ließen ihr das Blut in den Adern gefrieren. Außerdem kamen die Tiere für Janas Geschmack viel zu schnell auf sie zu. Ihr Atem der ohnehin nur noch ein Stocken war, verschwand endgültig als von den Tieren ein tiefes Knurren kam und einer schließlich vor sprang, direkt auf sie zu. So geht es also zu Ende, raste es in ihren Gedanken, bevor sie zu Boden fiel und einen markerschütternden Schrei ausstieß. Die Hände dabei noch fest vors Gesicht drückte. So entging ihr auch der Schatten der sich zeitgleich über sie schob und wie der Wolf von ihr weg geschleudert wurde. Das Jaulen des Tieres ging ihr durch und durch, trotzdem wagte sie es noch nicht die Hände herunter zu nehmen. Erst das Fauchen eines Mannes, zumindest klang es beinahe so, ließen sie zaghaft die Augen öffnen. Was sie nun sah, ließ ihr Herz erneut schneller schlagen, diesmal aber nicht aus Panik. Mit Weitaufgerissenen Augen verfolgte Dayana den Bewegungen des Mannes, der die Wölfe mir scheinbarer Leichtigkeit davon jagte und sich ihr am Ende zuwandte. Die funkelnden Augen die sie jetzt taxierten, hatten denselben animalischen Hauch wie das der Wölfe. Trotzdem verspürte Jana lediglich eine so heftige Erleichterung, dass sie einen tiefen Seufzer ausstieß, ja sogar fast Lächeln konnte. „Graf von Krolock!“, sie bebte zwar noch am ganzen Körper, trotzdem versuchte Dayana sich aufzurichten. Was ihr letztlich allerdings nur mit seiner Hilfe gelang. Der Griff des Grafen war derart fest, dass er beinahe wehtat. Jedoch hielt sie ein weiterer Blick in seine Augen davon ab etwas zu sagen. Erst als der Vampir merkte, dass Dayana wieder alleine stehen konnte ließ er sie los. „Was hast du hier zu suchen?“, verärgert ging er vor ihr auf und ab. Wobei er sie aber keinen Augenblick aus den Augen ließ. „Habe ich dich nicht gewarnt? Der Wald ist kein Ort für ein kleines Mädchen!“ Seine letzten Worte trafen sie hart und das wusste er. Trotzdem waren sie wahr. Düster dreinschauend blieb er vor ihr stehen. Dabei bemerkte er wie Jana zaghaft den Mund öffnete um zu widersprechen, doch noch bevor ihre Lippen ein Ton verlassen konnte, schnitt er ihr erneut das Wort ab. „Wie konntest du nur? Ist dir dein Leben denn so wenig Wert?“, der Graf war wirklich außer sich vor Wut. Immerhin hatte er sie nicht verschont, nur damit sie jetzt so leichtsinnig ihr Leben aufs Spiel setzte. Die junge Frau spürte wider Willen wie ihr erneut Tränen in die Augen schossen. Das Ganze wurde ihr einfach zuviel. Erst musste sie sich Natalias Beschuldigungen anhören, dann versuchten diese Wölfe sie zum Frühstück, Mittag oder was auch immer zu verspeisen und zu guter letzt wurde sie jetzt noch von diesem Grafen zur Schnecke gemacht. Normalerweise hasste Jana es zu weinen, vor allem vor Fremden aber nun konnte sie den Tränenfluss nicht zurück halten. Wie ein Wasserfall flossen sie in Strömen über ihre kalten Wangen. „Natürlich nicht“, schniefend versuchte sie ungeschickt sich die Wangen zu trocknen. „Ich wollte doch gar nicht…“, Dayanas Stimme brach während sie sich mit den Armen umschlang und dabei versuchte ihr Zittern zu unterdrücken. Kurz darauf spürte sie ein ungewohntes Gewicht auf ihren Schultern. Verdutzt schaute sie auf. Von Krolock stand dermaßen dicht vor ihr, dass sie seinen Geruch einatmen konnte. Eine Mischung aus winterlicher Kälte und einem ihr unbekannten Duft. Mit rasendem Herzen wartete sie auf sein nächstes Tun, aber anstatt ihr noch näher zu kommen verschloss er seinen Umhang vor ihrer Brust und strich ihr die verirrten Haarsträhnen aus dem Tränenfeuchten Gesicht. „Ich mag in deinen Augen ein Schuft sein. Aber ich werde garantiert nicht dabei zusehen wie du in meiner Gegenwart erfrierst“, seine Züge waren beim Sprechen vollkommen ausdruckslos und während sie sich gegenseitig in die Augen blickten, erklang das Rumpeln einer Kutsche. Der Graf wich zurück und rief dem Kutscher einige Befehle zu. Während Dayana entsetzt blinzelte als sie die Kutsche wieder erkannte. Es war zwar Dunkel, doch die beiden kleinen Laternen auf dem Kutschbock reichten aus um die kunstvollen Schnörkel zu erkennen. Unverständlich für ihre Ohren, redete der Graf auf den Kutscher ein. Woraufhin dieser im selben Kauderwelsch antwortete und damit automatisch ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Sein Anblick verschlug ihr aus zweierlei Gründen die Sprache. Erstens erkannte sie den Buckeligen aus dem Dorf und zum zweiten wurde ihr nun auch klar, woher der Graf ihren Namen kannte. Sofort erklangen die warnenden Stimmen von Rebecca und Grete in ihr wieder, aber auch die spöttischen Erzählungen von Natalia über die Vampire. Das Mädchen musste schwer schlucken, wobei ihr Puls erneut zu rasen begann und sie dazu verleitete immer schneller nach Luft zu schnappen. Mit den Augen konnte sie sehen das der Graf mit ihr sprach, aber seine Worte kamen nur in einem wilden Rauschen bei ihr an, bis plötzlich alles Schwarz um sie herum wurde. Von Krolock schaffte es nur mit seiner übermenschlichen Schnelligkeit ihren Körper aufzufangen. Zeitgleich fragte ihn Kokoul ob es seine Schuld sei. Doch der Vampir schüttelte bloß sein Haupt. „Nein sie wird nur erschöpft sein. Offenbar hat sie einen harten Tag hinter sich. Wir werden umkehren“, mit diesem kurzen Befehl stieg er mit Dayana in die Kutsche und wenige Sekunden später, setzte sich der Wagen auch schon in Bewegung. Auf dem Schloss war sein Sohn bereits zurück und staunte nun nicht schlecht, als er seinen Vater mit dem Menschenmädchen erblickte. „Sieh an, das ist sie also?“, nach Außen aufs völligste desinteressiert folgte er seinem Vater durch die langen Schlossflure. „Ja“, mit zusammengebissenen Zähnen blieb der Graf vor einer Tür stehen. Ihm graute es vor Herberts selbstzufriedenen Bemerkungen, weshalb er ihm sofort deutete die Tür zu öffnen. Innen eröffnete sich ein großes Schlafgemach in weichen Pastelltönen und einem riesigen Himmelbett in dessen Mitte. Auf welches der Graf Dayana nun ablegte, ehe er seinem Sohn befahl den Kamin gegenüber vom Bett zu entzünden. Entgeistert schaute der junge von Krolock auf. „Ich? Dafür ist doch Kokoul zuständig!“ Der Graf verzog streng den Mund, ein Zeichen das er sich noch zurückhielt. „Tu einfach was ich dir sage, Herbert“, das war seinem Sohn Warnung genug. Zwar noch murrend, machte er sich an die Arbeit und entfachte innerhalb weniger Minuten ein gemütliches Feuer. „Zufrieden?“, fast schnippisch kam er auf seinen Vater zu, der bei dem Mädchen auf dem Bett saß und sie beobachtete. Auf Herberts Frage nickte er lediglich. Nachdenklich trat Herbert an die andere Seite des Bettes und legte den Kopf leicht zur Seite. Zwar warf der Kamin nun ein leichtes Licht in den Raum. Aber Dank seiner hervorragenden Nachtsicht, konnte er das Mädchen auch so sehr gut betrachten. „Sie sieht ihr wirklich erstaunlich ähnlich“, amüsiert lachte er auf, was ihm von Seiten seines Vaters einen finsteren Blick eintrug. „Was denn? Es ist doch wirklich erstaunlich, dass ein Mann wie Chagal solch hübsche Töchter zustande gebracht haben soll.“ In diesem Punkt blieb dem Grafen kaum eine andere Möglichkeit. Mit einem Schmunzeln stimmte er ihm indirekt zu: „Sie ist der beste Beweis, wie weit sich Gene weiter vererben können.“ Herbert hob eine Braue. „Die Ur-Großmutter von Chagal war ebenso eine Schönheit“, erklärte der Vampir ungeduldig. Woraufhin sein Sohn mit den Schultern zuckte. „Da haben die beiden ja wirklich Glück gehabt“, Herbert hielt inne. „Oder vielleicht auch nicht. Immerhin haben sie dich nun am Hals.“ Das war eine glatte Beleidigung und der Graf wollte schon aufbrausen, als beide von Kokoul unterbrochen wurden. In seiner eigenen Art berichtete er seinen Herren, dass er sich um Pferd und Kutsche gekümmert hatte und ihm dann der Gedanke gekommen sei. Das einige Kerzen das Zimmer doch sicherlich angenehmer für das Mädchen erhellen würden. Da bemerkten die beiden Vampire erst, dass ihr buckeliger Diener den Arm voll dicker weißer Kerzen hatte. Von Krolock würde es garantiert niemals zugeben, aber das Dayana, sollte sie in Kürze erwachen hier nichts sehen könnte, das hatte er keinen Augenblick bedacht. Weswegen er nun auch unfreundlicher reagierte als angebracht: „Dann bring sie schon an.“ Kokoul zeigte keinerlei Reaktion bei der Anfuhr, sondern machte sich rasch an die Arbeit. In weniger als fünf Minuten waren alle Kerzen in ihren jeweiligen Halterungen platziert und Kokoul wollte sie schon anzünden, als Herbert ihm die Streichhölzer entnahm. Er hatte den Anschnauzer seines Vaters als ungerecht empfunden. Schließlich hatte Kokoul nur mitgedacht. „Geh und bereite mit Magda etwas zu Essen vor“, mit einer geschmeidigen Bewegungen entzündete er das Streichholz und begann damit die Arbeit des Buckligen zu beenden. Im Rücken spürte Herbert wie sein Vater ihn spöttisch musterte. „Seit wann bist du so Hilfsbereit?“, kam dann auch die Frage, auf die er schon gewartet hatte. Mit einer hochgezogenen Braue wandte Herbert sich um. „Und seit wann seid Ihr so schnippisch Vater?“, gab er mit deutlichem Sarkasmus wieder, was seinem Vater das spöttische Grinsen aus dem Gesicht wischte. Zufrieden zündete er die letzten Kerzen an, blies das Streichholz aus und trat dann wieder zum Bett. Das Mädchen schlief noch immer tief und fest, es schien auch nicht so, als würde sie in den nächsten Minuten aufwachen. „Ich werde mich dann erstmal zurückziehen“, mit einem Nicken an seinen Vater verließ der jüngere Vampir das Schlafzimmer. In seinen Augen würde er sie noch früh genug kennen lernen. Der Graf war merklich erleichtert als Herbert das Zimmer verlassen hatte. Seitdem er von seinen Reisen zurück war, fühlte er sich angespannt. Nur wegen diesem misslungenen Mitternachtsballs vor zehn Jahren, war ihr Verhältnis zueinander derart abgekühlt. Es gab Tage beziehungsweise Nächte in denen er dies bedauerte. Doch leider konnte man die Zeit nicht zurück drehen. Das hatte er schon früh lernen müssen und in diesem Fall konnte er auch lediglich hoffen, dass die Zeit die Dinge heilte. Für ihn zumindest schien diese Heilung ein Stück zum Greifen nahe. Hauchzart berührten seine Fingerspitzen ihr Gesicht. Dayana war nicht mehr ganz so kalt, aber ihre gleichmäßige Atmung zeigte auch ihm, dass sie nicht allzu schnell erwachen würde. Aber das störte den Graf nicht, er würde bei ihr bleiben und wenn es die ganze Nacht dauern würde. „Ich werde nicht nie wieder aus den Augen lassen, Sternenkind.“ Kapitel 7: Szene 7: Im Schloss ------------------------------ Szene 7: Im Schloss Ihre Lider fühlten sich so schwer wie Blei an, als Dayana versuchte sie zu heben. Also beschloss sie die Augen noch ein wenig geschlossen zu halten und streckte sich wie jedes Mal in alle Richtungen aus. Doch als ihre Hand nicht wie bisher gewohnt gegen die kalte Mauer stieß, fuhr die junge Frau ruckartig hoch. Okay, jetzt war sie Hellwach. Hastig wirbelten ihre Augen durch das Zimmer, leider konnte Dayana wegen des schwachen Lichtes nur wenig erkennen, da die meisten Kerzen entweder erloschen waren oder eben nur noch einen schwachen Schein spendeten. Auch der Kamin ihr gegenüber glimmte mehr, als das man es ein Feuer hätte nennen können. Unsicher zog sie die Bettdecke enger an sich, ließ sie aber sogleich wieder erschrocken los. Der feine Stoff fühlte sich so vertraut und doch Fremd an. „Wo bin ich hier bloß?“, leise wisperte Dayana die fünf Worte in den Raum hinein. „Du bist bei mir im Schloss“, die Antwort kam so überraschend, dass ihr Kopf ruckartig herum fuhr. Aus einer tiefen dunklen Ecke erhob sich die imposante Gestalt des Grafen und sofort standen ihr wieder sämtliche Geschehnisse vor Augen. Sie hatte aus Wut über Natalias Worte und die ihres Verlobten die Nerven verloren und war in den Wald geflohen. Dort war sie auf die Wölfe gestoßen, vor denen er sie letztlich gerettet hatte und dann war diese Kutsche erschienen und mit Ihr der Bucklige… Bei der Erinnerung begann ihr Puls wieder auf den spitzen Wert von 180 zu klettern. „Ihr…“, mit großen Augen sah sie den Grafen näher kommen. Bis er neben ihr stehen blieb und sie direkt anblickten. Dayana spürte wie sie eine Gänsehaut überkam. „Was hattest du im Wald zu suchen?“, die Frage klang mehr nach einem Vorwurf, was völlig im Gegensatz zu der Tatsache stand das er ihr mit einer scheinbaren Fürsorge die Decke wieder über den Körper zog. Unbehaglich versteckte Dayana sich mehr oder weniger dahinter. Sie wollte seine Frage nicht beantworten und fragte stattdessen: „Wie komme ich hierher!“ Im Nachhinein wusste sie wie töricht diese Frage eigentlich war. Aber lieber Unsinn reden, als ihm Rede und Antwort stehen. Sie hatte das Gefühl er würde nicht gerade begeistert reagieren, wenn nicht sogar wütend. Dayana konnte nicht sagen, woher ihr der Verdacht kam. Vielleicht waren es seine Augen die sie auch im jetzigen Augenblick aufmerksam musterten. „Ich habe dich mitgenommen. Schließlich konnte ich dich schlecht im Wald liegen lassen“, seine Antwort kam so lässig und gleichzeitig intensiv aus seinem Mund. Das ihr erneut ein Schauer über den Rücken lief. Zu ihrem Verdruss, schien dass eine Angewohnheit in Bezug auf den Grafen zu werden. Um es genau zu sagen: Es ging ihr gewaltig gegen den Strich! So ein ominöser Adliger durfte einfach nicht so viel in ihr aufrühren. „Das ist wirklich aufmerksam von Euch. Aber wäre der Weg zum Dorf nicht kürzer gewesen?“, ironisch schaute sie ihn an und versuchte sich dabei ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. Was der Graf nur noch amüsanter fand. Erst glaubte sie ihm auf seine Frage ausgewichen zu sein und dann versuchte sie ihre Gefühle zu verbergen. Dabei verriet ihr Wildhämmerndes Herz ihm mehr, als ihr lieb sein würde. „Unmerklich“, erwiderte er aber letztlich und setzte sich zu ihr aufs Bett, was sie zurückweichen ließ. Ein stummes Lächeln huschte über seine Lippen. „Und da ich im Dorf nur sehr ungern verkehre, habe ich dich mit hierher gebracht.“ Dayana runzelte die Stirn. „Wenn dem so ist, warum habt Ihr dann vor einer Woche eine Ausnahme gemacht?“ Dazu in einer Nacht an der ein Mädchen zu Tode kam, fügte sie in Gedanken hinzu, traute sich aber nicht es laut auszusprechen. Auch die Miene des Grafen gab nichts über seine Empfindungen Preis, nur in seinen Augen glaubte sie einen schwachen Schimmer zu erkennen. „Vielleicht wollte ich dich wieder sehen, Sternenkind“, wieder dieser Name und dann noch in dieser Tonlage. Das ist unfair, schrie es regelrecht in ihrem Inneren. Und damit er ihre Verlegenheit nicht bemerkte, zog sie die Beine an und hob höhnisch eine Braue: „Das soll ich Euch glauben?“ Dabei klang sie ebenso spöttisch, wie der Graf Tags zuvor bei seinem Sohn. Von Krolock griff nach ihrem Handgelenk und ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen. Jana konnte förmlich spüren, wie es in seinem Brustkorb grollte, während er sprach: „Ich gedenke nie zu scherzen.“ Die junge Frau musste schlucken und fühlte wie sie erstarrte, als er auch ihr zweites Handgelenk umfasste und sie in einer fließenden Bewegung näher zu sich zog. Mit Schrecken erkannte Dayana das den Grafen und sie nur noch wenige Zentimeter trennten. „Was habt Ihr vor?“, sie flüsterte lediglich um das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen. Kaum hatte sie ausgesprochen, erkannte sie ein verdächtiges Funkeln in seinen Augen und schnappte nach Luft. „Oh Nein, ich warne Euch Graf. Noch einmal lasse ich das nicht zu!“, empört versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien, doch das heisere Lachen von ihm ließ Dayana grimmig die Lippen zusammenpressen. „Ich wüsste nicht was du dagegen unternehmen könntest“, es war die Arroganz mit der er das sagte, die Dayana erneut an die Decke gehen ließ. „Lasst mich auf der Stelle los! Oder… oder ich springe aus dem Fenster!“, rief sie laut aus und stemmte sich gegen ihn. Der Graf runzelte die Stirn und schob sie ein Stück von sich, wobei er eine Bewegung in Richtung der Balkontür machte. „Dann bitte schön“, gab er ihr mit kühler Stimme zurück und beobachtete wie sie ihm mit geweiteten Augen ansah. Offenbar konnte sie es nicht glauben, dass er sie wirklich einfach so springen lassen würde! Was wohl auch der Grund war, warum sie zögerte bevor er in ihren Augen wieder dieses störrische Funkeln entdecken konnte. Mit aufwallendem Ärger verfolgte er, wie Jana ihre schmalen Schultern straffte und auf die Fenster zuging. Sie würde doch nicht wirklich springen? Dayana schluckte den dicken Kloß in ihrem Hals tapfer herunter und ging langsam auf die Fensterfront zu. Das hatte sie wieder perfekt hinbekommen, warum musste sie auch wieder schneller reden als denken? Und nur ihr blöder Stolz verbot ihr nun, sich umzudrehen und das ganze als Überreaktion abzustempeln. Mit pochendem Herzen erreichte Dayana die Tür, die in der Fensterfront eingelassen war und streckte die Hand aus. Sie hatte kaum die Klinke berührt als der Vampir sich die Szene lange genug angesehen hatte, vorsprang und sie mit den Rücken zurück an sich presste. In seinem Inneren tobte ein wahrer Sturm aus Wut, Entsetzten und unerfüllten Verlangen. „Tu das nie wieder!“, der kalte Zorn, der in seiner Stimme lag, ließ sie unter seinen Händen frösteln. Er wusste das nur zu genau, aber ihre Gefühle interessierten ihn in dieser Lage am allerwenigsten. Der Graf konnte es nicht fassen, dass sie tatsächlich lieber gesprungen wäre als einmal nachzugeben. Sie war ja noch sturer als sein Sohn. Mit einer ruckartigen Bewegung drehte er sie wieder zu sich um. „Dir fehlt es eindeutig an Überlebensinstinkt“, stellte er mühsam beherrscht fest. Was ihr überraschend ein schiefes Lächeln aufs Gesicht zauberte und sich letztlich in einen hysterischen Lachanfall verwandelte. Fassungslos beobachtete der Graf wie sie sich an die Stirn griff und sich dabei schüttelte vor Lachen. „Verzeiht“, lachend strich sein Sternenkind sich über die Wange. Auf denen er eine feuchte Spur zu erkennen glaubte. Noch immer glucksend, versuchte sie sich zu beruhigen und sagte: „Das müssen die Nerven sein. Anscheinend bin ich doch noch nicht so fit, wie ich erst dachte.“ Das war auch seine Ansicht und noch bevor sie widersprechen konnte, hatte er sie hochgehoben und trug sie zurück zum Bett. „Versuch noch ein wenig zu schlafen Sternenkind“, hauchte er leise und strich mit seinen kalten Lippen zart über ihre Schläfe. Als er sich wieder aufrichtete hörte er noch, dass sie etwas erwiderte. Doch es klang nicht unfreundlich und so ließ er allein zurück. Er glaubte nicht, dass sie versuchen würde in den nächsten Minuten zu verschwinden. Und wenn, dann hätte er es sofort bemerkt. Als Dayana das nächste Mal erwachte war es immer noch Dunkel draußen oder wieder? So richtig konnte sie es nicht sagen, aber kaum dass sie sich erhoben hatte. Öffnete sich die Zimmertür und der Graf erschien, fast schien es als hätte er ihr erwachen gefühlt. „Gut du bist wieder wach, dann muss ich dich nicht wecken“, mit einem Nicken kam er zu ihr ans Bett und blieb davor stehen. Die junge Frau erwiderte das nicken schwach und biss sich auf die Unterlippe. „Ja und ich hatte einen ganz seltsamen Traum“, murmelte sie kaum hörbar. „Ich wollte aus dem Fenster springen und Ihr habt mich davon abgehalten …“ Kopfschüttelnd lächelte sie wehmütig. „Ich muss mir wirklich schwer den Schädel angeschlagen haben oder ich erlebe gerade ein Trauma.“ Von Krolock fasste ihr unters Kinn und hob es leicht an. Erst wollte er ihr die Wahrheit sagen, doch dann entschied er sich dagegen. Es würde sie viel mehr aufregen, als wenn er die Dinge auf sich beruhen ließ. Somit ließ er sie wieder los und erwiderte emotionslos: „Du stehst noch unter Stress. Schließlich hast du eine schlimme Nacht hinter dir.“ Dayana winkelte ein Bein an und umschlang es mit ihren Armen. „Wie lange habe ich überhaupt geschlafen?“, fragte Jana zögernd. „Ungefähr zwei Stunden“, informierte er sie und wollte bereits weiter sprechen als ein unleugbares Geräusch die Stille durchbrach. Dayana lief Hochrot an und berührte verlegen ihren Bauch, der diese Beschwerde ausgegeben hatte. Ihr war das Ganze so peinlich, dass sie den Blick senkte und innerlich fluchte. Der Graf konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Sein Sohn hatte ihn daran erinnert als er vorhin aufgewühlt ihr Zimmer verlassen hatte und ihm begegnet war. Deswegen war er auch wieder hier, er hatte Koukol aufgetragen das Essen aufs Zimmer zu holen und war selber schon vorgegangen. „Dann habe ich ja richtig gelegen. Koukol holt dir bereits etwas“, informierte er sie belustigt und als ob Dies ein Zeichen für den Buckeligen gewesen wäre, öffnete sich die Tür und er kam mit einem Servierwagen hereingeschlurft. Aufmerksam verfolgte der Graf Dayanas Reaktion auf seinen Diener. Ihre Miene war eine spur blasser geworden, als sie den Mann wieder erkannte und ihr Körper rutschte automatisch zurück ans andere Ende des Bettes. Zwar konnte er in ihrem Gesicht keinen Abscheu erkennen, dafür aber umso mehr Angst. Fast so wie bei ihm, wenn er ihr zu nahe kam. Bei dieser Erkenntnis spürte der Vampir wie eine Ader hinter seiner Stirn zu pochen begann und er unterdrückte einen düsteren Laut. Wie erbärmlich das er in einem Menschen dieselbe Furcht auslöste wie sein Untergebener. Doch auch Koukol hatte ihre Angst bemerkt und blieb auf seinen Herren blickend stehen. Von Krolock gab ihm mit einem Wink zu verstehen, dass es in Ordnung sei und er sich wieder entfernen könne. Der Buckelige verneigte sich schief und humpelte wieder hinaus. Durch sein gutes Gehör bemerkte der Graf wie sein Sternenkind erleichtert aufatmete. „Er war es oder?“, mit einer Mischung aus wissender Distanz und Neugierde schaute sie zu ihm auf. Der Vampir ging zum Servierwagen und versuchte nicht einmal es abzustreiten. „Ja seinen Namen kennst du bereits“, langsam hob er den Deckel vom Teller und enthüllte ein köstlich duftende Suppe, die Dayana anzog wie Bienen den Honig. „Ich will ja nicht unhöflich sein …“ Belustigt lachte der Graf auf, was ihm einen grimmigen Blick ihrerseits einbrachte. „Das wäre zur Abwechslung ganz angenehm“, erwiderte er trocken, was ihr zu seinem Gefallen erneut die Röte in die Wangen trieb. „Als wenn Ihr die Freundlichkeit in Person wärt“, die Worte waren eher genuschelt, aber woher hätte sie auch wissen sollen das er sie trotzdem verstehen konnte? Und die Bemerkung verfehlte ihre Wirkung nicht, seine Mundwinkel verzogen sich zu einem fiesen Lächeln. Oh ja er war garantiert kein fürsorgliches Wesen. Aber die Veränderung in seiner Miene bemerkte Dayana zu ihrem Glück nicht. Sie hatte sich über den Teller hergemacht und schaufelte die Suppe regelrecht in sich hinein. Ihre Großmutter hätte ihr garantiert mit deutlichem Missfallen über derart fehlende Tischmanieren die Leviten gelesen. Der Graf jedoch schwieg und wartete offenbar darauf, dass sie fertig wurde. Erst als Jana den letzten Löffel genüsslich verspeist hatte, erhob er wieder das Wort. „Wenn du dann fertig bist, sollten wir miteinander reden“, beim Klang seiner Stimme blieb ihr der Schluck Wein den sie sich eben genehmigen wollte im Halse stecken. Sie musste sich regelrecht zwingen zu schlucken und ihm dann in die Augen zu schauen. Was sie sofort bereute! Seine Pupillen schienen geradezu zu glühen, so intensiv fixierte sie sein Blick. „Du hattest mir meine erste Frage noch nicht beantwortet. Warum bist du in den Wald gegangen?“ Jana wandte seufzend den Blick ab. Sie wusste, dass ihre Chancen ihn jetzt von dieser Frage ablenken zu können, gegen Null waren und wenn sie ehrlich mit sich selber war. Dann war es auch eigentlich mehr als dumm es ihm zu verschweigen. Wenn sie darüber nachdachte, konnte er ihr vielleicht sogar mehr über Sarah erzählen. Im Dorf schienen die Leute dieses Thema ja so gut es ging meiden zu wollen und wenn sie über ihre Schwester sprachen, dann nicht gerade positiv. Zumindest war das ihre bisherige Erfahrung gewesen. Mit einem Ruck zwang die junge Frau sich, wieder auf den Grafen zu schauen. „Also gut. Vor einer Woche wurde ein Mädchen tot aufgefunden und heute …“ „Gestern“, unterbrach er sie ruhig und ein überlegenes Schmunzeln zierte seine Lippen, während er ihre geschockte Miene in sich aufnahm. „Gestern?“, echote Dayana ungläubig. Von Krolock nickte langsam. „Du hast einen ganzen Tag verschlafen.“ Dayanas Augen wurden noch eine Spur größer, ehe ihr richtig bewusst wurde was das bedeutete. „Einen ganzen Tag!“, entfuhr es ihr schließlich glockenhell und wie von der Tarantel gestochen sprang sie aus dem Bett. „Herrje, Rebecca wird umkommen vor Sorge. Ich muss sofort zurück.“ Hektisch knickste sie vor dem Grafen und bedankte sich für seine Hilfe, bevor sie auf die Tür zu rannte. Wo sie auch kurz davor, von demselbigen ausgebremst wurde. Von Krolock stellte sich mit vor der Brust verschränkten Armen vor die Tür und sagte gefährlich sanft: „Du hast meine Frage wieder nicht beantwortet Jana.“ Dayana war vorsichtshalber einen Schritt zurück getreten, viel zu erschrocken über das Tempo mit dem er ihr den Weg versperrt hatte. Sie wagte es auch nicht zu widersprechen, etwas in seinem Ton jagte ihr eine Heidenangst ein und sie wollte nicht unbedingt genauer hinter dessen Bedeutung gelangen. „Ist das wirklich so wichtig?“, fragte sie zaghaft. Sein folgendes Schweigen war ihr Antwort genug, mit einem tiefen Atemzug setzte Jana wieder an. „Nun wie eben gesagt. Ein Mädchen wurde getötet und ein paar Leute glauben meine Anwesenheit sei daran schuld. Ich würde angeblich einen Vampir anziehen“, erklärte sie immer ungeduldiger, wobei sie bei Vampir Anführungszeichen in die Luft malte, um damit ihre Meinung zu dem Thema stärker zu unterstreichen. „Du glaubst also offensichtlich nicht daran“, schlussfolgerte der Graf und lockte damit bei ihr eine Grimasse hervor. „Natürlich nicht. Vampire sind Fantasiegestalten um sich zu gruseln.“ „Sieh an“, seine Bemerkung rief bei Jana Belustigung aus. „Wollt Ihr mir etwas erzählen, Ihr glaubt an solchen Unsinn?“ Sein Blick glitt von ihr zum Fenster und wieder zurück. „Wer weiß. Hast du nie daran gedacht, dass die Nacht mehr als nur das Sonnenlicht verbirgt?“, die Art wie er sie dabei musterte, ließ sie schaudern. „Außer den wilden Tieren? Klar, Verbrecher und andere finstere Gesellen verstecken sich gerne im Schutz der Nacht. Aber doch keine wandelnden Leichen, dass ist absolut lächerlich“, erwiderte sie so Selbstbewusst wie möglich. Von Krolock verzog bei so viel Naivität die Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln. Es war doch wirklich zu köstlich und ließ sich bei ihr in keinem Punkt leugnen. Sie war ein Mädchen aus der Stadt. Fast alle Personen die er in den letzten Jahrhunderten kennen gelernt hatte und die dazu aus einer Stadt kamen, glaubten nicht mehr an die Existenz seiner Art. Die meiste Zeit empfand er diese Ansicht auch als äußerst angenehm. Schließlich hatte er mit diesen Sterblichen das leichteste Spiel. Denn bis sie kapierten was mit ihnen geschah, da war es bereits vorbei. Allerdings gab es auch Momente in denen es ihn mehr als nur ein wenig störte. Dies war ein solcher Moment. Der Vampir fand es zwar ganz nett, in ihr jemanden gefunden zu haben der nicht vor ängstlicher Demut vor ihm kroch. Aber ihr Dickschädel und der damit fehlende Respekt brachten ihn zur Weißglut. Da konnten ihn auch nicht ihr verlockender Duft und die damit verbundene Vorfreude auf ihr Blut milder stimmen. Der Graf war sich sicher, wenn sie seine wahre Natur gekannt hätte. Würde sie sich komplett anders verhalten und das wäre doch Jammerschade gewesen. Denn bei genauer Betrachtung war es ganz gut, dass sie nicht an seine Finsternis glaubte. Er wollte nicht noch einmal eine Chagal wandeln, die aus kindlicher Faszination über all die Kostbarkeiten, die er ihr bieten konnte, den Kopf verlor. Und doch hatte ihn genau Das damals angezogen. Die Unschuld und der leuchtende Glanz der Begeisterung in ihren Augen. Etwas was auch Dayana ausstrahlte, vielleicht nicht ganz so kindlich, aber doch rein und unschuldig. Und eben diese Augen funkelten ihn jetzt kühn an. „Darf ich mich dann verabschieden?“, die Frage triefte geradezu vor Trotz und der Graf verengte die Augen zu schlitzen. „Nein.“ Ein einziges Wort und doch ließ es Dayana fassungslos den Kopf schütteln. „Bitte?“ „Ich habe dir verboten zu gehen“, wiederholte er arrogant und brachte sie dazu, die Hände zu Fäusten zu ballen. „Das ist doch nicht Euer ernst?“, entgeistert blieb ihr Mund leicht offen stehen. In jedem anderen Augenblick wäre diese Situation für ihn die pure Einladung gewesen. Auch jetzt waren ihre vollen Lippen die reinste Versuchung, weshalb sein Ton auch eine Spur kühler wurde. „Ich meine es Todernst. Du wirst hier bleiben bis ich dir gestatte zu gehen.“ Jana verschlug es buchstäblich die Sprache. Sie begann sogar vor Ärger zu zittern. Vergessen war ihre Angst vor diesem Adeligen Schnösel. „Das könnt Ihr nicht machen! Auch wenn ich Euch mein Leben verdanke, ich bin nicht Euer Besitz und darf gehen wann und wohin ich will!“, ihre Stimme überschlug sich fast, während sie den Grafen anschrie. Dem daraufhin der ohnehin sehr dünne Geduldsfaden riss. Seine Hand schlang sich brutal um ihre Nacken und riss sie an sich. Dayana keuchte erschrocken auf, als sich ihre Körper dicht aneinander pressten. „Jetzt habe ich mir deine Frechheiten lange genug gefallen lassen. Ich bin deinen Sturkopf endgültig leid“, zornig zwang der Graf die junge Frau ihm in die Augen zu schauen. In denen sie wieder diesen animalischen Schimmer erkennen konnte. Ein frösteln glitt durch ihren Körper und Panik breitete sich in ihrem Inneren aus. Wieso hatte sie plötzlich das unumstößliche Gefühl ein Raubtier geweckt zu haben? Ein Raubtier dessen Beute sie nun war. Dayana traute sich kaum, sich vorzustellen was der Graf als nächstes mit ihr vorhatte. Denn auch wenn sie sich gerne taff gab, gerade jetzt war ihr Speiübel vor Angst. Mit einer perfiden Freude las der Vampir die Furcht in ihren glänzenden Augen. Eigentlich hatte es nicht zu seinen Plänen gehört, sie dermaßen zu verängstigen und einen klitzekleinen Teil von ihm schmerzte es. Trotzdem konnte er sie nicht loslassen. Auch nicht als Jana ein erneutes Zittern durchrann und sie gepresst fauchte: „Wenn Ihr mich so Leid seid. Dann verstehe ich nicht, warum Ihr mich hier behalten wollt.“ Eins musste von Krolock ihr lassen. Obwohl er ihre Angst schon fast körperlich spüren konnte, wagte sie es noch immer gegen in aufzubegehren. Soviel Mut entlockte dem Vampir ein anerkennendes Nicken. Langsam löste er seine Hand von ihr und strich stattdessen leicht über ihre Wange. „Dein Mut wird dich noch mal in ernste Schwierigkeiten bringen“, bekannte der Graf leise, ehe er lauter hinzufügte: „ Trotzdem wäre es angenehm zu erfahren, warum du so dringend ins Dorf zurück möchtest? Du hast selber gesagt, dass die Leute dich für einen Todesfall als schuldig empfinden.“ Ernst wandte er sich ab, was Dayana erleichtert aufatmen ließ. Sie hätte nicht sagen, können wie lange sie seine Nähe noch hätte ertragen können. Der Graf rief in ihr gleichzeitig Angst und Erregung hervor. Dinge mit denen sie sich überhaupt nicht auskannte und erst Recht nicht umzugehen wusste. Zusätzlich änderte sich sein Auftreten fast stündlich. Entweder er war freundlich oder er strahlte eine dermaßen unheimliche Aura aus, dass sie am liebsten davon gerannt wäre. „Nun fällt dir kein Gegenargument ein?“, sein Sarkasmus ließ sie die Stirn runzeln. Natürlich hätte sie am liebsten alles herunter gespielt und wäre dann gegangen. Jedoch blieb da Natalias und Tomas Anschuldigung. Zwar hatten bisher nur die beiden laut darüber gesprochen, trotzdem war Dayana sich sicher, das noch mehr Dorfleute ebenso darüber dachten. Sie war ehrlich genug zuzugeben das diese Beschuldigung höllisch schmerzte. Noch nie war sie wegen so etwas unsinnigem unter Verdacht geraten. Nicht einmal ihre Großeltern hatten ihr derartiges vorgeworfen, nachdem ihre Mutter gestorben war. „Nein“, begann Jana dann langsam. „Ich kann nicht es nicht abstreiten, dass so ein Vorwurf mir nichts bedeutet. Aber ich bin auch kein Feigling der sich hinter irgendwelchen Mauern versteckt.“ Der Graf lachte rau. Ihre Worte entsprachen der Wahrheit. Sein Sternenkind hatte sich in der kurzen Zeit in der er sie kannte, in keiner Lage als Feigling erwiesen. Egal wie viel Angst sie verspürte, sie hatte es stets versucht zu verbergen und sich durchgekämpft. Und dennoch: Ihm blieb keine andere Wahl, ihn drängte es regelrecht danach zu fragen. „Und was würdest du unternehmen, wenn sie die Wahrheit sagen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)