Die Augen der Nacht von Urbena ================================================================================ Kapitel 7: Szene 7: Im Schloss ------------------------------ Szene 7: Im Schloss Ihre Lider fühlten sich so schwer wie Blei an, als Dayana versuchte sie zu heben. Also beschloss sie die Augen noch ein wenig geschlossen zu halten und streckte sich wie jedes Mal in alle Richtungen aus. Doch als ihre Hand nicht wie bisher gewohnt gegen die kalte Mauer stieß, fuhr die junge Frau ruckartig hoch. Okay, jetzt war sie Hellwach. Hastig wirbelten ihre Augen durch das Zimmer, leider konnte Dayana wegen des schwachen Lichtes nur wenig erkennen, da die meisten Kerzen entweder erloschen waren oder eben nur noch einen schwachen Schein spendeten. Auch der Kamin ihr gegenüber glimmte mehr, als das man es ein Feuer hätte nennen können. Unsicher zog sie die Bettdecke enger an sich, ließ sie aber sogleich wieder erschrocken los. Der feine Stoff fühlte sich so vertraut und doch Fremd an. „Wo bin ich hier bloß?“, leise wisperte Dayana die fünf Worte in den Raum hinein. „Du bist bei mir im Schloss“, die Antwort kam so überraschend, dass ihr Kopf ruckartig herum fuhr. Aus einer tiefen dunklen Ecke erhob sich die imposante Gestalt des Grafen und sofort standen ihr wieder sämtliche Geschehnisse vor Augen. Sie hatte aus Wut über Natalias Worte und die ihres Verlobten die Nerven verloren und war in den Wald geflohen. Dort war sie auf die Wölfe gestoßen, vor denen er sie letztlich gerettet hatte und dann war diese Kutsche erschienen und mit Ihr der Bucklige… Bei der Erinnerung begann ihr Puls wieder auf den spitzen Wert von 180 zu klettern. „Ihr…“, mit großen Augen sah sie den Grafen näher kommen. Bis er neben ihr stehen blieb und sie direkt anblickten. Dayana spürte wie sie eine Gänsehaut überkam. „Was hattest du im Wald zu suchen?“, die Frage klang mehr nach einem Vorwurf, was völlig im Gegensatz zu der Tatsache stand das er ihr mit einer scheinbaren Fürsorge die Decke wieder über den Körper zog. Unbehaglich versteckte Dayana sich mehr oder weniger dahinter. Sie wollte seine Frage nicht beantworten und fragte stattdessen: „Wie komme ich hierher!“ Im Nachhinein wusste sie wie töricht diese Frage eigentlich war. Aber lieber Unsinn reden, als ihm Rede und Antwort stehen. Sie hatte das Gefühl er würde nicht gerade begeistert reagieren, wenn nicht sogar wütend. Dayana konnte nicht sagen, woher ihr der Verdacht kam. Vielleicht waren es seine Augen die sie auch im jetzigen Augenblick aufmerksam musterten. „Ich habe dich mitgenommen. Schließlich konnte ich dich schlecht im Wald liegen lassen“, seine Antwort kam so lässig und gleichzeitig intensiv aus seinem Mund. Das ihr erneut ein Schauer über den Rücken lief. Zu ihrem Verdruss, schien dass eine Angewohnheit in Bezug auf den Grafen zu werden. Um es genau zu sagen: Es ging ihr gewaltig gegen den Strich! So ein ominöser Adliger durfte einfach nicht so viel in ihr aufrühren. „Das ist wirklich aufmerksam von Euch. Aber wäre der Weg zum Dorf nicht kürzer gewesen?“, ironisch schaute sie ihn an und versuchte sich dabei ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. Was der Graf nur noch amüsanter fand. Erst glaubte sie ihm auf seine Frage ausgewichen zu sein und dann versuchte sie ihre Gefühle zu verbergen. Dabei verriet ihr Wildhämmerndes Herz ihm mehr, als ihr lieb sein würde. „Unmerklich“, erwiderte er aber letztlich und setzte sich zu ihr aufs Bett, was sie zurückweichen ließ. Ein stummes Lächeln huschte über seine Lippen. „Und da ich im Dorf nur sehr ungern verkehre, habe ich dich mit hierher gebracht.“ Dayana runzelte die Stirn. „Wenn dem so ist, warum habt Ihr dann vor einer Woche eine Ausnahme gemacht?“ Dazu in einer Nacht an der ein Mädchen zu Tode kam, fügte sie in Gedanken hinzu, traute sich aber nicht es laut auszusprechen. Auch die Miene des Grafen gab nichts über seine Empfindungen Preis, nur in seinen Augen glaubte sie einen schwachen Schimmer zu erkennen. „Vielleicht wollte ich dich wieder sehen, Sternenkind“, wieder dieser Name und dann noch in dieser Tonlage. Das ist unfair, schrie es regelrecht in ihrem Inneren. Und damit er ihre Verlegenheit nicht bemerkte, zog sie die Beine an und hob höhnisch eine Braue: „Das soll ich Euch glauben?“ Dabei klang sie ebenso spöttisch, wie der Graf Tags zuvor bei seinem Sohn. Von Krolock griff nach ihrem Handgelenk und ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen. Jana konnte förmlich spüren, wie es in seinem Brustkorb grollte, während er sprach: „Ich gedenke nie zu scherzen.“ Die junge Frau musste schlucken und fühlte wie sie erstarrte, als er auch ihr zweites Handgelenk umfasste und sie in einer fließenden Bewegung näher zu sich zog. Mit Schrecken erkannte Dayana das den Grafen und sie nur noch wenige Zentimeter trennten. „Was habt Ihr vor?“, sie flüsterte lediglich um das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen. Kaum hatte sie ausgesprochen, erkannte sie ein verdächtiges Funkeln in seinen Augen und schnappte nach Luft. „Oh Nein, ich warne Euch Graf. Noch einmal lasse ich das nicht zu!“, empört versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien, doch das heisere Lachen von ihm ließ Dayana grimmig die Lippen zusammenpressen. „Ich wüsste nicht was du dagegen unternehmen könntest“, es war die Arroganz mit der er das sagte, die Dayana erneut an die Decke gehen ließ. „Lasst mich auf der Stelle los! Oder… oder ich springe aus dem Fenster!“, rief sie laut aus und stemmte sich gegen ihn. Der Graf runzelte die Stirn und schob sie ein Stück von sich, wobei er eine Bewegung in Richtung der Balkontür machte. „Dann bitte schön“, gab er ihr mit kühler Stimme zurück und beobachtete wie sie ihm mit geweiteten Augen ansah. Offenbar konnte sie es nicht glauben, dass er sie wirklich einfach so springen lassen würde! Was wohl auch der Grund war, warum sie zögerte bevor er in ihren Augen wieder dieses störrische Funkeln entdecken konnte. Mit aufwallendem Ärger verfolgte er, wie Jana ihre schmalen Schultern straffte und auf die Fenster zuging. Sie würde doch nicht wirklich springen? Dayana schluckte den dicken Kloß in ihrem Hals tapfer herunter und ging langsam auf die Fensterfront zu. Das hatte sie wieder perfekt hinbekommen, warum musste sie auch wieder schneller reden als denken? Und nur ihr blöder Stolz verbot ihr nun, sich umzudrehen und das ganze als Überreaktion abzustempeln. Mit pochendem Herzen erreichte Dayana die Tür, die in der Fensterfront eingelassen war und streckte die Hand aus. Sie hatte kaum die Klinke berührt als der Vampir sich die Szene lange genug angesehen hatte, vorsprang und sie mit den Rücken zurück an sich presste. In seinem Inneren tobte ein wahrer Sturm aus Wut, Entsetzten und unerfüllten Verlangen. „Tu das nie wieder!“, der kalte Zorn, der in seiner Stimme lag, ließ sie unter seinen Händen frösteln. Er wusste das nur zu genau, aber ihre Gefühle interessierten ihn in dieser Lage am allerwenigsten. Der Graf konnte es nicht fassen, dass sie tatsächlich lieber gesprungen wäre als einmal nachzugeben. Sie war ja noch sturer als sein Sohn. Mit einer ruckartigen Bewegung drehte er sie wieder zu sich um. „Dir fehlt es eindeutig an Überlebensinstinkt“, stellte er mühsam beherrscht fest. Was ihr überraschend ein schiefes Lächeln aufs Gesicht zauberte und sich letztlich in einen hysterischen Lachanfall verwandelte. Fassungslos beobachtete der Graf wie sie sich an die Stirn griff und sich dabei schüttelte vor Lachen. „Verzeiht“, lachend strich sein Sternenkind sich über die Wange. Auf denen er eine feuchte Spur zu erkennen glaubte. Noch immer glucksend, versuchte sie sich zu beruhigen und sagte: „Das müssen die Nerven sein. Anscheinend bin ich doch noch nicht so fit, wie ich erst dachte.“ Das war auch seine Ansicht und noch bevor sie widersprechen konnte, hatte er sie hochgehoben und trug sie zurück zum Bett. „Versuch noch ein wenig zu schlafen Sternenkind“, hauchte er leise und strich mit seinen kalten Lippen zart über ihre Schläfe. Als er sich wieder aufrichtete hörte er noch, dass sie etwas erwiderte. Doch es klang nicht unfreundlich und so ließ er allein zurück. Er glaubte nicht, dass sie versuchen würde in den nächsten Minuten zu verschwinden. Und wenn, dann hätte er es sofort bemerkt. Als Dayana das nächste Mal erwachte war es immer noch Dunkel draußen oder wieder? So richtig konnte sie es nicht sagen, aber kaum dass sie sich erhoben hatte. Öffnete sich die Zimmertür und der Graf erschien, fast schien es als hätte er ihr erwachen gefühlt. „Gut du bist wieder wach, dann muss ich dich nicht wecken“, mit einem Nicken kam er zu ihr ans Bett und blieb davor stehen. Die junge Frau erwiderte das nicken schwach und biss sich auf die Unterlippe. „Ja und ich hatte einen ganz seltsamen Traum“, murmelte sie kaum hörbar. „Ich wollte aus dem Fenster springen und Ihr habt mich davon abgehalten …“ Kopfschüttelnd lächelte sie wehmütig. „Ich muss mir wirklich schwer den Schädel angeschlagen haben oder ich erlebe gerade ein Trauma.“ Von Krolock fasste ihr unters Kinn und hob es leicht an. Erst wollte er ihr die Wahrheit sagen, doch dann entschied er sich dagegen. Es würde sie viel mehr aufregen, als wenn er die Dinge auf sich beruhen ließ. Somit ließ er sie wieder los und erwiderte emotionslos: „Du stehst noch unter Stress. Schließlich hast du eine schlimme Nacht hinter dir.“ Dayana winkelte ein Bein an und umschlang es mit ihren Armen. „Wie lange habe ich überhaupt geschlafen?“, fragte Jana zögernd. „Ungefähr zwei Stunden“, informierte er sie und wollte bereits weiter sprechen als ein unleugbares Geräusch die Stille durchbrach. Dayana lief Hochrot an und berührte verlegen ihren Bauch, der diese Beschwerde ausgegeben hatte. Ihr war das Ganze so peinlich, dass sie den Blick senkte und innerlich fluchte. Der Graf konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Sein Sohn hatte ihn daran erinnert als er vorhin aufgewühlt ihr Zimmer verlassen hatte und ihm begegnet war. Deswegen war er auch wieder hier, er hatte Koukol aufgetragen das Essen aufs Zimmer zu holen und war selber schon vorgegangen. „Dann habe ich ja richtig gelegen. Koukol holt dir bereits etwas“, informierte er sie belustigt und als ob Dies ein Zeichen für den Buckeligen gewesen wäre, öffnete sich die Tür und er kam mit einem Servierwagen hereingeschlurft. Aufmerksam verfolgte der Graf Dayanas Reaktion auf seinen Diener. Ihre Miene war eine spur blasser geworden, als sie den Mann wieder erkannte und ihr Körper rutschte automatisch zurück ans andere Ende des Bettes. Zwar konnte er in ihrem Gesicht keinen Abscheu erkennen, dafür aber umso mehr Angst. Fast so wie bei ihm, wenn er ihr zu nahe kam. Bei dieser Erkenntnis spürte der Vampir wie eine Ader hinter seiner Stirn zu pochen begann und er unterdrückte einen düsteren Laut. Wie erbärmlich das er in einem Menschen dieselbe Furcht auslöste wie sein Untergebener. Doch auch Koukol hatte ihre Angst bemerkt und blieb auf seinen Herren blickend stehen. Von Krolock gab ihm mit einem Wink zu verstehen, dass es in Ordnung sei und er sich wieder entfernen könne. Der Buckelige verneigte sich schief und humpelte wieder hinaus. Durch sein gutes Gehör bemerkte der Graf wie sein Sternenkind erleichtert aufatmete. „Er war es oder?“, mit einer Mischung aus wissender Distanz und Neugierde schaute sie zu ihm auf. Der Vampir ging zum Servierwagen und versuchte nicht einmal es abzustreiten. „Ja seinen Namen kennst du bereits“, langsam hob er den Deckel vom Teller und enthüllte ein köstlich duftende Suppe, die Dayana anzog wie Bienen den Honig. „Ich will ja nicht unhöflich sein …“ Belustigt lachte der Graf auf, was ihm einen grimmigen Blick ihrerseits einbrachte. „Das wäre zur Abwechslung ganz angenehm“, erwiderte er trocken, was ihr zu seinem Gefallen erneut die Röte in die Wangen trieb. „Als wenn Ihr die Freundlichkeit in Person wärt“, die Worte waren eher genuschelt, aber woher hätte sie auch wissen sollen das er sie trotzdem verstehen konnte? Und die Bemerkung verfehlte ihre Wirkung nicht, seine Mundwinkel verzogen sich zu einem fiesen Lächeln. Oh ja er war garantiert kein fürsorgliches Wesen. Aber die Veränderung in seiner Miene bemerkte Dayana zu ihrem Glück nicht. Sie hatte sich über den Teller hergemacht und schaufelte die Suppe regelrecht in sich hinein. Ihre Großmutter hätte ihr garantiert mit deutlichem Missfallen über derart fehlende Tischmanieren die Leviten gelesen. Der Graf jedoch schwieg und wartete offenbar darauf, dass sie fertig wurde. Erst als Jana den letzten Löffel genüsslich verspeist hatte, erhob er wieder das Wort. „Wenn du dann fertig bist, sollten wir miteinander reden“, beim Klang seiner Stimme blieb ihr der Schluck Wein den sie sich eben genehmigen wollte im Halse stecken. Sie musste sich regelrecht zwingen zu schlucken und ihm dann in die Augen zu schauen. Was sie sofort bereute! Seine Pupillen schienen geradezu zu glühen, so intensiv fixierte sie sein Blick. „Du hattest mir meine erste Frage noch nicht beantwortet. Warum bist du in den Wald gegangen?“ Jana wandte seufzend den Blick ab. Sie wusste, dass ihre Chancen ihn jetzt von dieser Frage ablenken zu können, gegen Null waren und wenn sie ehrlich mit sich selber war. Dann war es auch eigentlich mehr als dumm es ihm zu verschweigen. Wenn sie darüber nachdachte, konnte er ihr vielleicht sogar mehr über Sarah erzählen. Im Dorf schienen die Leute dieses Thema ja so gut es ging meiden zu wollen und wenn sie über ihre Schwester sprachen, dann nicht gerade positiv. Zumindest war das ihre bisherige Erfahrung gewesen. Mit einem Ruck zwang die junge Frau sich, wieder auf den Grafen zu schauen. „Also gut. Vor einer Woche wurde ein Mädchen tot aufgefunden und heute …“ „Gestern“, unterbrach er sie ruhig und ein überlegenes Schmunzeln zierte seine Lippen, während er ihre geschockte Miene in sich aufnahm. „Gestern?“, echote Dayana ungläubig. Von Krolock nickte langsam. „Du hast einen ganzen Tag verschlafen.“ Dayanas Augen wurden noch eine Spur größer, ehe ihr richtig bewusst wurde was das bedeutete. „Einen ganzen Tag!“, entfuhr es ihr schließlich glockenhell und wie von der Tarantel gestochen sprang sie aus dem Bett. „Herrje, Rebecca wird umkommen vor Sorge. Ich muss sofort zurück.“ Hektisch knickste sie vor dem Grafen und bedankte sich für seine Hilfe, bevor sie auf die Tür zu rannte. Wo sie auch kurz davor, von demselbigen ausgebremst wurde. Von Krolock stellte sich mit vor der Brust verschränkten Armen vor die Tür und sagte gefährlich sanft: „Du hast meine Frage wieder nicht beantwortet Jana.“ Dayana war vorsichtshalber einen Schritt zurück getreten, viel zu erschrocken über das Tempo mit dem er ihr den Weg versperrt hatte. Sie wagte es auch nicht zu widersprechen, etwas in seinem Ton jagte ihr eine Heidenangst ein und sie wollte nicht unbedingt genauer hinter dessen Bedeutung gelangen. „Ist das wirklich so wichtig?“, fragte sie zaghaft. Sein folgendes Schweigen war ihr Antwort genug, mit einem tiefen Atemzug setzte Jana wieder an. „Nun wie eben gesagt. Ein Mädchen wurde getötet und ein paar Leute glauben meine Anwesenheit sei daran schuld. Ich würde angeblich einen Vampir anziehen“, erklärte sie immer ungeduldiger, wobei sie bei Vampir Anführungszeichen in die Luft malte, um damit ihre Meinung zu dem Thema stärker zu unterstreichen. „Du glaubst also offensichtlich nicht daran“, schlussfolgerte der Graf und lockte damit bei ihr eine Grimasse hervor. „Natürlich nicht. Vampire sind Fantasiegestalten um sich zu gruseln.“ „Sieh an“, seine Bemerkung rief bei Jana Belustigung aus. „Wollt Ihr mir etwas erzählen, Ihr glaubt an solchen Unsinn?“ Sein Blick glitt von ihr zum Fenster und wieder zurück. „Wer weiß. Hast du nie daran gedacht, dass die Nacht mehr als nur das Sonnenlicht verbirgt?“, die Art wie er sie dabei musterte, ließ sie schaudern. „Außer den wilden Tieren? Klar, Verbrecher und andere finstere Gesellen verstecken sich gerne im Schutz der Nacht. Aber doch keine wandelnden Leichen, dass ist absolut lächerlich“, erwiderte sie so Selbstbewusst wie möglich. Von Krolock verzog bei so viel Naivität die Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln. Es war doch wirklich zu köstlich und ließ sich bei ihr in keinem Punkt leugnen. Sie war ein Mädchen aus der Stadt. Fast alle Personen die er in den letzten Jahrhunderten kennen gelernt hatte und die dazu aus einer Stadt kamen, glaubten nicht mehr an die Existenz seiner Art. Die meiste Zeit empfand er diese Ansicht auch als äußerst angenehm. Schließlich hatte er mit diesen Sterblichen das leichteste Spiel. Denn bis sie kapierten was mit ihnen geschah, da war es bereits vorbei. Allerdings gab es auch Momente in denen es ihn mehr als nur ein wenig störte. Dies war ein solcher Moment. Der Vampir fand es zwar ganz nett, in ihr jemanden gefunden zu haben der nicht vor ängstlicher Demut vor ihm kroch. Aber ihr Dickschädel und der damit fehlende Respekt brachten ihn zur Weißglut. Da konnten ihn auch nicht ihr verlockender Duft und die damit verbundene Vorfreude auf ihr Blut milder stimmen. Der Graf war sich sicher, wenn sie seine wahre Natur gekannt hätte. Würde sie sich komplett anders verhalten und das wäre doch Jammerschade gewesen. Denn bei genauer Betrachtung war es ganz gut, dass sie nicht an seine Finsternis glaubte. Er wollte nicht noch einmal eine Chagal wandeln, die aus kindlicher Faszination über all die Kostbarkeiten, die er ihr bieten konnte, den Kopf verlor. Und doch hatte ihn genau Das damals angezogen. Die Unschuld und der leuchtende Glanz der Begeisterung in ihren Augen. Etwas was auch Dayana ausstrahlte, vielleicht nicht ganz so kindlich, aber doch rein und unschuldig. Und eben diese Augen funkelten ihn jetzt kühn an. „Darf ich mich dann verabschieden?“, die Frage triefte geradezu vor Trotz und der Graf verengte die Augen zu schlitzen. „Nein.“ Ein einziges Wort und doch ließ es Dayana fassungslos den Kopf schütteln. „Bitte?“ „Ich habe dir verboten zu gehen“, wiederholte er arrogant und brachte sie dazu, die Hände zu Fäusten zu ballen. „Das ist doch nicht Euer ernst?“, entgeistert blieb ihr Mund leicht offen stehen. In jedem anderen Augenblick wäre diese Situation für ihn die pure Einladung gewesen. Auch jetzt waren ihre vollen Lippen die reinste Versuchung, weshalb sein Ton auch eine Spur kühler wurde. „Ich meine es Todernst. Du wirst hier bleiben bis ich dir gestatte zu gehen.“ Jana verschlug es buchstäblich die Sprache. Sie begann sogar vor Ärger zu zittern. Vergessen war ihre Angst vor diesem Adeligen Schnösel. „Das könnt Ihr nicht machen! Auch wenn ich Euch mein Leben verdanke, ich bin nicht Euer Besitz und darf gehen wann und wohin ich will!“, ihre Stimme überschlug sich fast, während sie den Grafen anschrie. Dem daraufhin der ohnehin sehr dünne Geduldsfaden riss. Seine Hand schlang sich brutal um ihre Nacken und riss sie an sich. Dayana keuchte erschrocken auf, als sich ihre Körper dicht aneinander pressten. „Jetzt habe ich mir deine Frechheiten lange genug gefallen lassen. Ich bin deinen Sturkopf endgültig leid“, zornig zwang der Graf die junge Frau ihm in die Augen zu schauen. In denen sie wieder diesen animalischen Schimmer erkennen konnte. Ein frösteln glitt durch ihren Körper und Panik breitete sich in ihrem Inneren aus. Wieso hatte sie plötzlich das unumstößliche Gefühl ein Raubtier geweckt zu haben? Ein Raubtier dessen Beute sie nun war. Dayana traute sich kaum, sich vorzustellen was der Graf als nächstes mit ihr vorhatte. Denn auch wenn sie sich gerne taff gab, gerade jetzt war ihr Speiübel vor Angst. Mit einer perfiden Freude las der Vampir die Furcht in ihren glänzenden Augen. Eigentlich hatte es nicht zu seinen Plänen gehört, sie dermaßen zu verängstigen und einen klitzekleinen Teil von ihm schmerzte es. Trotzdem konnte er sie nicht loslassen. Auch nicht als Jana ein erneutes Zittern durchrann und sie gepresst fauchte: „Wenn Ihr mich so Leid seid. Dann verstehe ich nicht, warum Ihr mich hier behalten wollt.“ Eins musste von Krolock ihr lassen. Obwohl er ihre Angst schon fast körperlich spüren konnte, wagte sie es noch immer gegen in aufzubegehren. Soviel Mut entlockte dem Vampir ein anerkennendes Nicken. Langsam löste er seine Hand von ihr und strich stattdessen leicht über ihre Wange. „Dein Mut wird dich noch mal in ernste Schwierigkeiten bringen“, bekannte der Graf leise, ehe er lauter hinzufügte: „ Trotzdem wäre es angenehm zu erfahren, warum du so dringend ins Dorf zurück möchtest? Du hast selber gesagt, dass die Leute dich für einen Todesfall als schuldig empfinden.“ Ernst wandte er sich ab, was Dayana erleichtert aufatmen ließ. Sie hätte nicht sagen, können wie lange sie seine Nähe noch hätte ertragen können. Der Graf rief in ihr gleichzeitig Angst und Erregung hervor. Dinge mit denen sie sich überhaupt nicht auskannte und erst Recht nicht umzugehen wusste. Zusätzlich änderte sich sein Auftreten fast stündlich. Entweder er war freundlich oder er strahlte eine dermaßen unheimliche Aura aus, dass sie am liebsten davon gerannt wäre. „Nun fällt dir kein Gegenargument ein?“, sein Sarkasmus ließ sie die Stirn runzeln. Natürlich hätte sie am liebsten alles herunter gespielt und wäre dann gegangen. Jedoch blieb da Natalias und Tomas Anschuldigung. Zwar hatten bisher nur die beiden laut darüber gesprochen, trotzdem war Dayana sich sicher, das noch mehr Dorfleute ebenso darüber dachten. Sie war ehrlich genug zuzugeben das diese Beschuldigung höllisch schmerzte. Noch nie war sie wegen so etwas unsinnigem unter Verdacht geraten. Nicht einmal ihre Großeltern hatten ihr derartiges vorgeworfen, nachdem ihre Mutter gestorben war. „Nein“, begann Jana dann langsam. „Ich kann nicht es nicht abstreiten, dass so ein Vorwurf mir nichts bedeutet. Aber ich bin auch kein Feigling der sich hinter irgendwelchen Mauern versteckt.“ Der Graf lachte rau. Ihre Worte entsprachen der Wahrheit. Sein Sternenkind hatte sich in der kurzen Zeit in der er sie kannte, in keiner Lage als Feigling erwiesen. Egal wie viel Angst sie verspürte, sie hatte es stets versucht zu verbergen und sich durchgekämpft. Und dennoch: Ihm blieb keine andere Wahl, ihn drängte es regelrecht danach zu fragen. „Und was würdest du unternehmen, wenn sie die Wahrheit sagen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)