Die Augen der Nacht von Urbena ================================================================================ Kapitel 4: 4. Szene: Kontrollverlust ------------------------------------ 4. Szene: Kontrollverlust Ein stumpfes Geräusch ließ Dayana aufschrecken. Unsicher folgte sie dem schwächer werdenden Lauten bis zur Rückseite des Wirtshauses. Als sie dort ankam waren die Geräusche allerdings gänzlich verschwunden und Dayana sah sich misstrauisch um. Letztlich konnte sie aber nichts ausmachen, so dass die junge Frau mit den Schultern zuckte und ins Haus zurückkehren wollte. Mit einem Schwung wandte Dayana sich um und stieß dabei gegen einen Widerstand. Erschrocken wich sie zurück, spürte aber gleichzeitig zwei Hände die sich auf ihre Schultern legten. „Welch reizende Überraschung“, die leise amüsierte Stimme ließ sie aufschauen. „Ihr?“, verdutzt blickte die junge Frau in die Eisblauen Augen des Fremden, der sie Tags zuvor gerettet hatte. „Aber wie…was… Ich meine, was macht Ihr hier?“, aufgeregt sprudelten die Worte nur so heraus und ließen den Mann schmunzeln. „Was für eine freundliche Begrüßung und da wo ich dir letzte Nacht so Selbstlos half“, tadelnd und mit einer Spur Ironie ließ er sie los und Dayana schoss das Blut in die Wangen. „Oh Natürlich. Verzeiht Herr“, verlegen schaute sie auf ihre Hände. Es war ihr ein Rätsel, warum sie plötzlich so aufgeregt war. Ja geradezu unerfahren kindisch fühlte sie sich in seiner Gegenwart. Nicht das sie unzählige Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht hatte. Um genau zu sein beschränkten sich diese ausnahmslos auf ihren Stiefvater und ihren Großvater. Wobei sie bei der Erinnerung an diese beiden strengen Männer nur Abscheu empfinden konnte. Wahrscheinlich fühlte sie sich deshalb so unsicher. Schließlich atmete sie einmal tief durch und hob den Kopf, wo der Blick des Mannes noch immer auf ihr ruhte. „Ich bin wirklich froh Euch wieder zu sehen. Ich hatte schließlich noch gar keine Gelegenheit mich bei Euch zu bedanken.“ Der Mann winkte ab, während er nun zur Wirtsstube schaute. „Du musst dich nicht bedanken, Sternen… Nein Dayana“, verbesserte er sich und grinste innerlich, als er ihren überraschten Gesichtsausdruck wahrnahm. Dabei musste er unwillkürlich feststellen, dass sie im schwachen Schein des warmen Lichtes noch bezaubernder war. Und auch ihre Figur war in seinen Augen die reinste Versuchung. Eine zierliche Taille, die er in der letzten Nacht dank des unseligen Umhangs nur hatte erahnen können. Weiter glitten seine gierigen Blicke hinauf zu ihrer Brust, die unter den Weiten ihrer Bluse fast gänzlich verschwand, trotz allem seiner Fantasie noch jede Menge Freilauf ließ. Schon jetzt wusste der Graf mit Bestimmtheit das sie, sobald sie für immer die Seine war, nie wieder etwas so hochgeschlossenes tragen würde. Fast völlig in seinen Gedanken versunken bemerkte er Dayanas Reaktion erst, als Diese ihm wütend einen Finger gegen die Brust stieß. „Wenn Sie mit ihrer Betrachtung fertig sind, dann hätten Sie ja vielleicht mal die Güte mir zu verraten woher Sie meinen Namen kennen“, stocksauer straffte sie ihre Haltung und wartete auf seine Antwort. Nachdem er sie jetzt gerade schon wie ein Stück Vieh auf dem Markt mit seinen Blicken abgetastet hatte, wäre es doch nur Recht und Billig ihre Fragen zu beantworten. Zumindest war das ihre Ansicht. Dem Grafen fehlten derweil tatsächlich die Worte. Noch nie, wirklich nie in seinem bisherigen Leben hatte es je ein Mensch gewagt, ihm mit solch einem unverschämten Ton zu begegnen. Er spürte schon das Verlangen aufsteigen, dieses Mädchen auf ihren Platz zu verweisen, als er es sich aber anders überlegte. Wenn er Dayana schon jetzt verschreckte, würde das Spiel mit ihr ebenso schnell enden wie mit allen anderen zuvor. Aber sie war nicht wie jede andere, sie war eine Chagal und ein Sternenkind. Das alleine waren Gründe sie in Sicherheit zu wiegen. Außerdem strahlte sie eine überaus starke Energie aus, die ihn schon immer angezogen hatte. So neigte er lediglich leicht den Kopf und schenkt ihr ein Lächeln, das jedes andere Mädchen sofort in seinen Bann gezogen hätte. In anbetracht auf Dayanas Wut aber auf Granit stieß. „Nun wollt Ihr mir nicht antworten?“, langsam wurde sie ungehalten. Eigentlich war ihr der Fremde bisher nicht unsymphatisch gewesen. Aber die letzten Minuten drohten den ersten positiven Eindruck deutlich zu kippen. „Ist es nicht vollkommen unbedeutend woher ich ihn weiß, mein Sternenkind?“, seufzend beantwortete der Graf ihre Frage und wider Willen schlug Dayanas Herz beim Klang des Kosenamens schneller. Von Krolock beobachtete aufmerksam wie es im Inneren des Mädchens arbeitete. Auf der einen Seite wollte sie ihm die Meinung sagen, auf der anderen zog es sie magisch zu ihm hin. Aber in diesem Zwiespalt steckte sie nicht alleine. Eigentlich hatte er heute von ihrem Blut kosten wollen. Doch nun wo er gerade erst vom anderem Mädchen getrunken hatte und sein größtes Verlangen fürs Erste gestillt war, da wusste er nur zu genau das er ihr nichts antun konnte. Zwar riefen ihr Wildschlagendes Herz und ihr verlockender Duft wie eine Sirene nach ihm. Doch ihre Augen, so klar wie der Nachthimmel über ihnen, hielten ihn und seine Gier zurück. Schließlich entglitt ihm ein ungeduldiger Laut und schneller als das menschliche Auge erkennen konnte, hatte er ihr Gesicht umfasst und seine kühlen Lippen auf ihre warmen gepresst. Dayana war viel zu verblüfft um irgendwie zu reagieren. Sie konnte nur, die Augen weit aufgerissen, dastehen. In ihrem Inneren spielten die Emotionen total verrückt, einerseits wusste sie, dass dies hier mehr als Falsch war, auf der anderen Seite fühlte sich noch nie etwas so richtig an. Als sich der Graf kurz darauf von ihr löste und mit seinem Finger über ihre Wange strich, unterdrückte sie einem empörten Laut. „Du bist Mein, Sternenkind“, seine Stimme klang bei den Worten wie die reinste Verführung und Dayana hätte sicherlich genickt, wenn sie nicht der Schrei von Rebecca in die Realität zurückgeholt hätte. So zwinkerte Jana ein paar Mal und starrte den Mann vor sich irritiert an, ehe sich die Entrüstung in ihr breit machte. „Was fällt Euch ein?“, fassungslos berührte sie kurz ihren Mund. „Ihr seid ein mieser Schuft! Ich kann es nicht fassen, wie ich je glauben konnte Ihr hättet Anstand.“ Und da er ihr nichts entgegensetzte, schimpfte Dayana sich nun richtig in Fahrt. Auch das wiederholte Rufen von Rebecca hielt sie nicht davon ab, dem Mann vor ihr die Meinung zu geigen. Graf von Krolock konnte Anhand des Wortschatzes die dieses Mädchen inne hatte nur staunen. Dabei waren Schuft, Mistkerl und Schwein noch die wirklich harmlosesten Beschimpfungen die er da über sich ergehen ließ. In seinem Inneren kochte es bereits ordentlich in Betracht ihres ungebührlichen Verhaltens, trotzdem ließ er sie gewähren. Ein Gefühl sagte ihm dass, wenn er sie jetzt nicht ihrem Ärger Luft machen ließe. Das sie ihm dann überhaupt nicht mehr über den Weg laufen wolle und das würde seinen eigenen Plänen in keinsterweise entgegenkommen. Erst als Dayana ihre Hand hob, so als wolle sie ihn schlagen, da hielt er sie blitzschnell davon ab, indem er ihr Handgelenk fest umklammerte. „Das reicht!“, dunkel brodelte sein Ärger bei den beiden Worten. So das Dayana schwer atmend zu ihm aufschaute. Als sich ihre Blicke trafen, stockte dem jungen Mädchen der Atem. Denn was sie in seinen Augen lesen konnte, war ein Sturm aus unterdrücktem Ärger, Verlangen und einer Wildheit die ihr erst so richtig bewusst machte, was sie da soeben losgelassen hatte. Aufstöhnend schlug sie sich mit der freien Hand vors Gesicht. „Oh Gott, habe ich das wirklich alles gesagt?“, die Frage galt eigentlich mehr ihr selbst, trotzdem antwortete er grimmig: „Du hast und ich bin wirklich entsetzt was man einem Mädchen in der Stadt lehrt.“ Jana spürte wie ihre Wangen heiß wurden, ihre Mutter hatte sie auch stets ermahnt auf ihre Wortwahl zu achten. Dabei hatte sie selbst oft wie ein gewöhnliches Gossenkind geflucht. „Ich werde mich aber nicht entschuldigen“, trotzig schob sie das Kinn vor, während er ihr Handgelenk losließ. „Hatte ich auch nicht erwartet. Außerdem fielen mir da auch wesentlich interessantere Dinge ein, mit dem du es wieder gut machen könntest“, amüsiert musterten seine Augen wie Dayana bei diesen Worten noch roter wurde. „Ihr seid wirklich unmöglich!“, nach Luft schnappend, machte sie auf dem Absatz kehrt um in die Wirtsstube zurück zu kehren. Allerdings hielt seine Stimme sie abrupt auf. Fragend drehte sich sie noch mal um. „Was habt Ihr da eben gesagt?“ „Graf von Krolock ist mein Name.“ Widerwillen hatte er ihre gesamte Aufmerksamkeit wieder. „Ihr seid wirklich mutig, Exzellenz“, ihre Stimme zitterte leicht. „Was wenn ich Euch verrate?“, schloss sie in Erinnerung an ihr erstes Treffen. „Das glaube ich nicht“, selbstsicher kam er ihr erneut näher. „Ich bin mir sogar ziemlich sicher, das du unser kleines Treffen hier für dich behalten wirst. Nicht wahr, kleine Jana?“ Der Klang wie er ihren Spitznamen aussprach, ging dem jungen Mädchen durch und durch. Deswegen klangen ihre Worte auch zunehmend nervöser als sie sagte: „Ganz schön arrogant.“ Der Graf lachte leicht. Dayana war wirklich erfrischend. Furchtlos und Grundehrlich sprach sie aus, was die meisten nicht mal zu denken wagten. „Dayana, kommst du endlich!“, erneut durch brach Rebeccas rufen die Nacht und damit auch die Spannung die sich zwischen den beiden aufgebaut hatte. Dayana seufzte still. „Also ich muss zurück. Lebt wohl Herr Graf“, ein spöttisches Grinsen zierte dabei ihre Lippen, während sie sich abwandte. „Vergiss es nicht!“, seine Worte ließen sie erneut innehalten. Misstrauisch schaute sie dabei zu ihm auf. „Du gehörst mir, Sternenkind“, die Intensität die in diesem Satz lag ließ Dayana schaudern. Aber womöglich auch deswegen, widersprach sie ihm ebenso hier. „Das werden wir ja sehen.“ Oh ja das würden sie. Belustigt folgte der Vampir ihr mit den Augen und verschwand erst, als er selbst ihren Herzschlag nicht mehr hören konnte. Dayana beeilte sich zurück ins Wirtshaus zu kommen, vor der Tür wurde sie bereits von einer unruhigen Rebecca erwartet. „Mensch Kind, wo bleibst du so lange? Ich rufe schon eine halbe Ewigkeit nach dir!“ Dayana öffnete kurz den Mund um ihr von dem Fremden zu erzählen, doch beim übernervösen Mienenspiel der Wirtin verschloss sie ihn wieder und sagte stattdessen: „Es tut mir leid. Ich muss irgendwie weggetreten sein.“ Dabei versuchte sie ein möglichst zerknirschtes Gesicht zu ziehen. Zu ihrer Erleichterung schien das zu reichen. Zumindest hakte die ältere Frau nicht weiter nach, sondern schob sie sanft in die Wirtsstube hinein. „Na gut, dann lass und weiter arbeiten. Die arme Natalia schafft das doch nicht alleine.“ Dayana nickte nur und versuchte für den Rest der Nacht nicht mehr an den Grafen zu denken. Zu ihrer Verwunderung funktionierte das auch ganz gut. Erst als sie Stunden später endlich im Bett lag, standen ihr die Geschehnisse glasklar vor Augen. Dieser feine Schuft hatte ihr doch allen ernstes ihren ersten Kuss gestohlen und noch immer fühlte Dayana geistig den Druck seiner Lippen auf ihren! Beschämt zog sie die Bettdecke über den Kopf. Teufel auch! Sie wusste nicht ob sie den Grafen hassen oder symphatisch finden sollte. Überhaupt ein Graf! Das musste man sich erstmal vorstellen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)