The Luck of the Draw von -shiyuu (Wie der Zufall so will) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das Leben als Musiker war immer stressig, besonders, wenn man erfolgreich war. Und das waren sie, sehr sogar. Das wussten sie. Sie wussten, dass ihre Musik gut ankam und sie wollten, dass das so blieb, darum arbeiteten sie hart; Fotoshootings, Interviews, in denen sie immer und immer wieder die gleichen Fragen beantworten mussten, neue Songs schreiben, Aufnahmen, Videodrehs, und natürlich die ganzen Touren und Festivalauftritte. Es war stressig, aber sie hatten Spaß, sonst hätte zumindest Satoshi das nicht schon so lange mitgemacht. Er brauchte Spaß und er war froh, dass er den mit den Jungs in der Band zur Genüge haben konnte, denn sie waren tatsächlich alle sehr eng miteinander befreundet. Es war ein Klischee, dass alle dachten ihre Lieblingsband würde auch ihre Freizeit miteinander teilen, aber bei ihnen stimmte das wirklich und er war mehr als froh darum. Da sie so gut miteinander klar kamen, unternahmen sie auch oftmals etwas miteinander, wenn es der Terminplan erlaubte – so wie heute. Sie hatte gerade ein anstrengendes Shooting mit anschließendem Interview hinter erfolgreich hinter sich gebracht. Morgen war frei. Perfekte Bedingungen um den Abend gemeinsam bei ein paar Bier ausklingen zu lassen. Die Hotelbar hatten sie nicht ansprechend genug gefunden, also waren sie kurzerhand alle gemeinsam losgezogen und hatten sich einen Club in der Nähe gesucht und nun saßen sie hier, an einem Tisch etwas abseits, damit nicht jeder, der hier herein kam, sie gleich erkannte. Sie liebten ihre Fans zwar, aber wenn sie immer und überall da waren, konnten sie schon lästig sein. Während sie Bier tranken, unterhielten sie sich über den überstandenen Tag und vor allem über die beiden Mädels, die sie interviewt hatten – das momentane Lieblingsthema von Shuu: Frauen. Es wurde wirklich Zeit, dass er sich wieder eine Freundin anlachte, auch wenn das leichter gesagt als getan war. Dann würde es zwar nicht lange dauern, bis er sich über die bei ihnen beschwerte, aber das war immer noch besser als dieses ständige Frauenabchecken und -analysieren. Nii redete da gerne mit – wahrscheinlich, weil er selbst auch schon länger keine mehr gehabt hatte, die mehr als zwei Dates wert war – aber Ryo und Satoshi hielten sich da meist zurück. Normalerweise redeten sie dann über irgendetwas anderes, meistens total belangloses Zeug, Hauptsache nicht über Weibergeschichten, aber irgendwie war der Drummer heute sehr schweigsam und wirkte beinahe abwesend und sowas kam wirklich nur verdammt selten vor. Das fiel sogar Shuu und Nii auf, auch wenn die eigentlich genug mit sich selbst beschäftigt waren. „Was ist los mit dir, Ryo?“, fragte Shuu nach ein paar Bierchen und musterte den Jüngsten fragend. „Hat dich die Kleine vorhin so sehr geschockt mit ihrem Geflirte und dauerndem Gekicher?“ Ryo reagierte erst nach einigen Sekunden und sah ihn fragend an. „Was meinst du?“ „Oh bitte!“, warf nun Nii ein. „Die hat dich die ganze Zeit angestarrt und dir schöne Augen gemacht. Sag bloß das hast du nicht mitbekommen?“ Der Drummer hob eine Augenbraue. „Hat sie?“ Dann sah er wieder weg. Für ihn war das Thema damit wohl erledigt. Die anderen betrachteten ihn einige Augenblicke lang verwundert, dann begann Shuu über den hübschen Hintern eines der Mädchen zu reden, das gerade vorbeigegangen war, und Nii stimmte nur allzu gern mit ein. Satoshi aber musterte Ryo noch etwas länger. Irgendwie war er heute wirklich komisch. Als wäre er mit den Gedanken ganz woanders. So sah man ihn wirklich nur selten. „Wo guckst denn du die ganze Zeit hin?“, fragte er leise, aber noch bevor Ryo überhaupt antworten konnte, hatte Shuu sich eingeschaltet und das obwohl er gerade in ein angeregtes Gespräch mit Nii vertieft gewesen war. „Ryo checkt bestimmt die Kleine da hinten ab.“, sagte er und zeigte auf eine Gruppe von jungen Leuten, von denen einer das mitbekam und ihn ganz komisch ansah, ehe er sich abwandte. Ryo seufzte. „Die eine ist wirklich nicht von schlechten Eltern.“, mischte sich jetzt auch Nii ein. Es musste ein Bild für die Götter sein. Da saßen Girugamesh in einer Bar und starrten alle unverhohlen auf dieses eine Mädchen, das bald von dem Typen, der sie eben alle so komsich gemustert hatte, darauf aufmerksam gemacht wurde. Natürlich drehte sie sich gleich zu ihnen um und wurde prompt verlegen, da ihr so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Sie lächelte verhalten und strich sich durch die Haare, ehe sie ihnen schüchtern zuwinkte und ihr Blick dann ganz offensichtlich an einem von ihnen hängen blieb. „Guck mal, die starrt dich an!“, posaunte Nii auch gleich heraus und klopfte Ryo auf die Schulter, der nur genervt seufzte und die Augen verdrehte, ehe er die Hand von seiner Schulter wischte. „Nein, das tut sie bestimmt nicht. Die starrt nämlich dich an.“ Niis Augen weiteten sich und er sah wieder zu der Kleinen, die ihn ansah und herzallerliebst lächelte. Nii drehte sich schnell wieder um und Satoshi hätte schwören können, dass er jetzt noch eine Spur bleicher war als sonst. „Was denn? Geschockt?“ Shuu lachte sich einen, woraufhin Nii ihm einen vernichtenden Blick zuwarf. Dann kippte er sein Bier herunter, knallte die Flasche auf den Tisch und stand auf. „Von wegen!“ Und schon war er auf dem Weg zu dem Mädchen. Sie alle beobachteten ihn dabei. Wie es aussah, legte er sich ordentlich ins Zeug und er schien gut anzukommen, denn sie ließ sich von ihm einen Drink ausgeben und schon nach wenigen Augenblicken stand sie dicht bei ihm und sie führten ein intensives Gespräch. Es konnte gut sein, dass es Satoshi nur so vorkam, aber seit Nii aufgestanden und gegangen war, schüttete Shuu einen Drink nach dem anderen in sich hinein und war schon sehr bald ziemlich angetrunken. Er nötigte sie dazu, mit ihm zu trinken, aber Ryo hatte darauf anscheinend gar keine Lust. Auf ein Bier hatte er sich eingelassen, aber das reichte ihm dann wohl auch. Er stand auf. „Mir ist nicht so nach Feiern.“, sagte er und sein Blick huschte kurz in die Richtung, wo Nii stand. „Ich werd mich schlafen legen.“ Dann verschwand er. Satoshi sah ihm erst hinterher, dann betrachtete er Nii eine Weile, wie er mit der Kleinen flirtete, die nahezu an seinen Lippen hin. Wahrscheinlich gab er grade ein bisschen mit seinem Rockstar-Leben an und ihr gefiel das auch noch. Er wandte den Blick ab. Warum hatte Ryo wohl zu den beiden gesehen? War er eifersüchtig auf Nii? Das konnte er sich irgendwie gar nicht vorstellen. Ryo war niemand, der je sonderlich großes Interesse an irgendwelchen Liebschaften gezeigt hatte, seit sie sich kannten. Eigentlich war er sogar auch Single, seit sie sich kannten – und das war schon ‘ne ganze Weile. Wahrscheinlich hatte er schon seine Affären, wollte die aber für sich behalten. Vielleicht hatte er sogar so viele, dass er nichts sagte, weil er nicht vor ihnen rumprahlen wollte. Vorstellen konnte er sich das, Angebote bekam der Drummer ja zur Genüge. Diese Vorstellung fand er verdammt lustig. So lustig, dass er breit grinsen musste und Shuu ihn sogar fragte, was denn los sei. „Nichts, nichts.“, sagte er nur und hob sein Glas. „Trinken wir eben zu zweit weiter, was?“ Shuu grinste. „Bleibt uns wohl nichts anderes übrig.“ Und schon hatte er sein Glas wieder an die Lippen gesetzt. Während die beiden fröhlich weiter tranken, beobachteten sie Nii dabei, wie er das Mädchenlangsam betrunken machte. Gute Taktik, das musste man ihm lassen. Eigentlich konnte Satoshi sich echt Interessanteres vorstellen als jetzt über Nii oder Weiber zu reden, aber Shuu ließ ihn mit dem Thema einfach nicht in Ruhe, sodass er irgendwann nur noch dasaß und halbherzig zuhörte. In Gedanken war er schon bei morgen – endlich mal wieder ein freier Tag. Den würde er so richtig genießen und das von Anfang bis Ende, was so viel hieß wie er würde bis mittags schlafen und dann nichts anderes machen außer essen und fernsehen. Er überlegte gerade, wann er das letzte Mal einen so faulen Tag eingelegt hatte, kam aber nicht weit, denn plötzlich hatte er Shuus Ellenbogen zwischen seinen Rippen stecken und das war nicht unbedingt angenehm. Er schob den Arm des Bassisten beiseite und sah ihn fragend an. „Was ist denn?“ „Schau da.“ Er rieb sich über die schmerzende Seite und sah verwirrt in die Richtung, in die auch Shuu blickte, und staunte nicht schlecht, als sein Blick auf Nii fiel, der jetzt gar nicht mehr so intim mit dem Mädchen war. Genau gekommen war er gar nichts mehr mit dem Mädchen, denn die war plötzlich weg. Und Nii stand da wie vom Donner gerührt. Es dauerte nur ein paar Augenblicke, bis er zu ihnen rüber sah und angestapft kam, sich auf einen Stuhl fallen ließ und Satoshi sein Bier klaute, es in einem Zug leerte. Dann nahm er sich kurzerhand auch Shuus Bier, kümmerte sich nicht um dessen lautstarke Proteste, und trank es ebenfalls aus. „Diese blöde Ziege!“, schimpfte er. „Da geb ich ihr einen Drink nach dem anderen aus und überleg mir schon was ich nachher im Bett mit ihr machen werde, und dann sagt sie plötzlich sie müsste nach Hause, weil ihr Vater sonst Ärger machen würde!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und schob seine Unterlippe vor, wie immer wenn er sauer war. Satoshi musste sich jedes Mal zusammenreißen nicht loszulachen, weil es das Ganze immer ein bisschen ins Lächerliche zog, und er war nicht der Einzige, der so dachte, aber niemand sagte es Nii. Sie wussten alle, dass das fies war, aber so hatten sie wenigstens ein bisschen Spaß dabei, wenn Nii sich wieder wegen irgendetwas aufregte. „Nimm dir doch ’ne andere. Da war doch noch so’n Mädchen bei ihr.“ Nii schnaufte. „Das war ihre Schwester, die hat sie gleich mitgenommen. Sonst bekommen sie von Papi noch den Po voll oder so.“ Shuu grinste dreckig, aber noch bevor er irgendetwas sagen konnte, ergriff Satoshi das Wort und versuchte Nii ein wenig zu beruhigen. „Naja, ist ja vielleicht besser so. Wenn ihr Vater da so’nen Stress macht, ist sie bestimmt noch sehr jung. Und bevor du ‘ne 17-jährige ins Bett schleifst und da dann ’n Skandal draus wird…“ Nii sah ihn mit leicht geöffnetem Mund an und dachte über das, was er gerade gehört hatte, nach, wägte ab, ob das nun stimmte und er sich beruhigen oder doch lieber weiter aufregen sollte. Als sein Mund wieder zuklappte, lehnte er sich zurück musterte die beiden. „Wo ist Ryo?“ Themawechsel. Er wollte also nicht weiter darüber reden. Das war doch schon mal gut, denn wenn Nii sich erst mal hochgeschaukelt hatte, konnte er sich tagelang über so etwas aufregen und ging damit allen ziemlich auf die Nerven. „Schon vor ’ner ganzen Weile gegangen. Ihm ist heute wohl nicht so nach Feiern.“ Nii nickte nur. Shuu stand auf und ging zur Bar um für Alkoholnachschub zu sorgen. Wenig später kam er mit einer ganzen Ladung wieder zurück und er und Nii machten sich gleich an dessen Vernichtung, während sie sich wieder ihrem Lieblingsthema widmeten. Normalerweise hätte Satoshi jetzt mitgetrunken um dieses Thema besser ertragen zu können, aber irgendjemand musste ja nachher noch dafür sorgen, dass die beiden in ihre Betten kamen, also hielt er sich zurück und versuchte das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, was ihm kläglich misslang. Irgendwann konnten die beiden kaum noch geradeaus gucken und redeten nur noch irgendwelchen Blödsinn, also entschied Satoshi, dass es Zeit für’s Bett war. Der Protest war nur mager, also schaffte er es ganz gut die beiden einzusammeln und ins Hotel zu bugsieren. Das dauerte zwar ewig, weil sie den kompletten Gehweg für sich beanspruchten und auch gerne mal gegen irgendwelche Laternen oder Häuserwände rannten, die ihnen plötzlich in den Weg sprangen, aber letztendlich hatten sie es ins Hotel geschafft und von da an war es nur noch ein Katzensprung bis in ihre Zimmer. Das hatte er zumindest gedacht. Vor den Zimmern angekommen stellte sich heraus, dass sowohl Shuu als auch Nii beide ihre Codes für die Zahlenschlösser an den Türen ihrer Zimmer vergessen hatten. Da sich die beiden Idioten auch nicht auf einen Zettel geschrieben und den in die Hosentasche gesteckt hatten, musste der Sänger die beiden Volltrunkenen wohl oder übel kurz auf dem Flur alleine lassen und zur Rezeption gehen, wo er nach einigem Bitten und Betteln und Vorzeigen seines Ausweises einen Zettel in die Hand gedrückt bekam, wo alle Codes für die Zimmer, die sie belegt hatten, aufgelistet waren. Damit bewaffnet ging er zurück zu den Zimmern, fand dort aber einen leeren Flur vor. Ein Seufzen kam über seine Lippen. Er hätte sie mit runter nehmen sollen, definitiv. Er hatte angenommen, dass sie mittlerweile so betrunken und müde waren, dass sie einfach nur brav auf ihn warten und dann halbkomatös ins Bett fallen würden, aber da hatte er wohl falsch gedacht. Er warf einen Blick auf die Liste und stockte, als er eine Nummer sah, die viel zu lang für einen dieser Zimmercodes war. Da hatte die nette Empfangsdame ihm glatt ihre Nummer zugesteckt. Er wusste jetzt schon, dass er sie nie anrufen würde. Er steckte den Zettel in seine Hosentasche und ging den Flur entlang, um nach den beiden verschollenen Bandmembern zu suchen, aber er brauchte gar nicht weit gehen, dann fand er die beiden vor einer offenen Zimmertür stehend. Sofort ging er zu ihnen und als er die wütende Frau sah, die einen Morgenmantel um ihren Körper geschlungen und in Abwehrhaltung dastand, schwante ihm Böses. Da waren sie wohl auf die glorreiche Idee gekommen Klingelstreiche zu spielen und hatten vergessen wegzulaufen. Und als die Person, die öffnete, sich als ziemlich attraktiv erwies, hatten die Idioten kurzerhand entschlossen sie anzumachen. „Entschuldigung.“, sagte er und zog Nii am Arm ein Stück von der Tür weg. „Die beiden haben sie bestimmt geweckt. Ich werd sie in ihre Zimmer bringen. Tut mir leid, das kommt nicht wieder vor.“ Nii wollte etwas erwidern, aber Satoshi versetzte ihm mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Seite, woraufhin der Gitarrist ihn empört ansah, aber wenigstens hielt er die Klappe. Er entschuldigte sich noch einmal für die beiden und zog sie dann mit sich. „Ihr seid doch bescheuert! Warum habt ihr nicht einfach auf mich gewartet? Ich hab doch gesagt, dass ich gleich wieder da bin!“ Nii brabbelte irgendetwas Unverständliches, Shuu aber blieb komplett still. Er sah auch schon aus, als würde er gleich im Gehen einschlafen, also beeilte sich Satoshi den Code für sein Zimmer einzugeben und ihn dann hineinzuschieben. Der Bassist ließ sich einfach nur noch aufs Bett fallen und rührte sich nicht mehr. Als nächstes brachte er Nii auf sein Zimmer. Der war schon etwas widerspenstiger, aber dennoch hatte er ihn schnell in sein Bett verfrachtet. Als er die Tür zu diesem Zimmer hinter sich schloss, seufzte er tief. Er streckte sich und ging zu seinem Zimmer. Auf dem Weg dorthin kam er an Ryos Zimmer vorbei und blieb glatt stehen. Er sah auf den Wisch in seiner Hand und überlegte, ob er nicht mal nach dem Jüngeren sehen sollte. Immerhin konnte es ja sein, dass es ihm schlecht ging und er krank wurde oder so etwas, so komisch wie er sich vorhin benommen hatte. Wahrscheinlich war das vorhin aber einfach nur der viele Stress der letzten Tage gewesen. Er zögerte, trat dann aber doch an die Tür heran und tippte langsam die Ziffern ein. Bevor er die Tür allerdings öffnete, sah er sich noch einmal nach links und rechts um. Er wusste nicht warum, aber er kam sich vor, als wäre er im Begriff etwas Verbotenes zu tun. Er versuchte das einfach zu ignorieren, atmete tief durch und öffnete dann langsam die Tür. Und was er dann sah, verschlug ihm glatt den Atem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)