kyoosha - learning by doing von ivy-company (AoixKanon) ================================================================================ Kapitel 48: Wie man eine Entscheidung fällt ------------------------------------------- Das letzte Kapitel war ja nich sonderlich schön ._." Deshalb gehts heut auch ganz schnell weiter xD Viel spaß ^^ _______________ Kapitel 48 Wie man eine Entscheidung fällt „Komm wieder hoch.“ Es klang bittend. Gar nicht mehr ausdruckslos wie noch vor ein paar Augenblicken. Das anschließende „Bitte“ brach dann auch noch den letzten Widerstand in Kanon, sodass er nicht anders konnte als sich umzudrehen. Aoi anzusehen. Und tatsächlich schien dieser wirklich nicht mehr wütend zu sein. Zumindest sah er nicht mehr danach aus. Wie konnte er so jemandem böse sein? Aoi hatte ihn vollkommen in der Hand, das hatte er schon vorher gemerkt. Auch jetzt wurde es ihm wieder deutlich. Der Ältere musste nur vor ihm stehen und ihn ansehen. Er musste nur in diese dunklen Augen sehen und sein Widerstand brach. Die Wut war zwar nicht grundlegend verflogen, aber so weit in den Hintergrund gerutscht, dass er leicht nickte und Aoi durch das Treppenhaus zurück in die Wohnung folgte. Dort konnten sie ja immer noch reden. Immer noch streiten. Sich immer noch Vorwürfe machen. Aber Kanon wusste genau, dass er das wahrscheinlich sowieso nicht mehr tun würde. Es war nur eine billige Ausrede vor sich selbst, um zurück in diese Wohnung zu gehen. Er wusste das. Er wusste das auch, als er die Tür hinter sich schloss und mit dem Rücken an diese gelehnt stehen blieb. Auch Aoi stoppte und drehte sich zu Kanon um. Scheinbar achtete der Ältere genauestens auf die Bewegungen des Bassisten. Wahrscheinlich aus Angst, er könnte wieder weglaufen. Aber das würde Kanon nicht tun. Er wusste es genau. Er war zurück in der Wohnung. Aoi hatte ihn darum gebeten. Er hatte gar keine andere Wahl als zu bleiben. Und als der Ältere die Distanz zwischen ihnen schloss und Kanon eine Umarmung schenkte, wurde diesem wieder bewusst, dass er es doch auch gar nicht anders wollte. Sein Verstand konnte immer weiter protestieren, doch sein Herz war der Überzeugung, dass sein Platz nun der an Aois Seite war. Wie zur Bestätigung zog er den anderen noch enger an sich, welcher sich mittlerweile an Kanon klammerte wie ein Ertrinkender. Die Geste erinnerte ihn an Aois Worte. `Ich will nicht, dass du gehst, Kanon! ´ Er wollte es doch auch nicht. Fast widerwillig ließ Aoi den Jüngeren los und schenkte ihm ein trauriges Lächeln, welches Kanon einen Kloß im Hals bescherte. Ohne ein Wort zu sagen, streiften beide ihre Schuhe ab. Kanon ließ zu, dass Aoi nach seiner Hand griff und ihn ins Wohnzimmer zur Couch führte, auf der sie beide Platz nahmen. Aoi hielt immer noch Kanons Hand. Sie schwiegen. Die Stimmung als gedrückt zu bezeichnen wäre wohl eine Untertreibung gewesen. Kanon fühlte sich traurig. Er musste ausziehen und das machte ihn unglücklich. Und scheinbar ging es Aoi ähnlich. Doch ihr Streit verhinderte, dass sie sich gegenseitig trösten konnten. Jeder stand auf seiner Seite und Kanon wusste nicht, wie er das ändern konnte. Er wusste nicht, wie er sich mit Aoi versöhnen sollte oder ob das gerade überhaupt sinnvoll war. Schließlich hatten sie noch nie gestritten. „Unser erster Streit“, murmelte Kanon leise. Ihm war egal, dass sich das so anhörte als ob sie ein Paar wären. In Anbetracht der Tatsache, dass Aoi immer noch seine Hand hielt, fand er das in Ordnung. Vor allem da er spürte, wie diese seine eigene kaum merklich noch ein wenig fester drückte. Sie könnten jetzt Reita die Schuld in die Schuhe schieben. Oder sagen, dass es den Streit gar nicht wert wäre. Aber das wäre alles gelogen. Es wären nur Ausreden. „Tut mir Leid, dass ich dich gerade nicht aufmuntern kann.“ Aoi hörte sich so traurig an. Und in diesem Zustand dachte er daran, dass er Kanon nicht aufmuntern konnte? Der Jüngere schluckte, aber der Kloß in seinem Hals verschwand einfach nicht. Er konnte Aoi nicht so traurig sehen. Er wollte nicht. Dabei fühlte er sich nur noch schlechter als er es ohnehin schon tat. Ohne wirklich darüber nachzudenken lehnte er sich ein Stück zur Seite und legte seinen Kopf auf die Schulter des anderen. „Ich wollte dich nicht anschreien.“ „Ich dich auch nicht“, kam sofort die Antwort darauf. Kanon Mundwinkel zuckten kurz und er bemerkte, dass sich ihr Bild im Fernseher spiegelte. Er konnte deutlich erkennen, dass Aoi ihn ebenfalls durch diese Reflektion ansah. „Ich hab gar nicht geglaubt, dass ich dich überhaupt mal so anschreien würde…“ Der Ältere löste seinen Blick nicht vom Spiegelbild. „Aber vielleicht…“, setzte Kanon an. Ja, vielleicht, ganz vielleicht musste es mal passieren. „Vielleicht war es auch mal nötig.“ Manche Dinge sagte man eben nur im Streit, weil man sie anders nicht sagen konnte. All die Dinge, kleinen Dinge, die Kanon genoss, seit er hier war. Das Kaffeetrinken, das Abendessen, das Aufmuntern. Er konnte es Aoi nicht einfach so ins Gesicht sagen. Dafür waren es viel zu banale Sachen. Manchmal brauchte man Streit, um diese Sachen zu sagen. Um vor Augen geführt zu bekommen, was man eigentlich gerade aufs Spiel setzte. Aoi hatte die Augen geschlossen und lehnte nun seinen Kopf an den von Kanon. Der Bassist mochte dieses Gefühl. Es schenkte ihm Nähe. Geborgenheit. Er schloss ebenfalls die Augen. War einfach nur froh, dass er nicht die nächste Bahn genommen hatte. Sonst hätte er sicher nicht nur körperlichen Abstand zwischen sich und Aoi gebracht. Bei dem Gedanken drückte er Aois Hand noch etwas fester, so als könnte er den Älteren dadurch dazu bringen bei ihm zu bleiben. Aoi erwiderte die Geste. __ Ein gequältes Seufzen verließ Kanon Lippen, als er auf den Wecker neben dem Bett schaute. Es war kurz nach Mitternacht und seit seinem letzten Blick waren nicht mehr als 10 Minuten vergangen. 10 Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen. Es war zum verrückt werden! Bis vor zwei Stunden hatte er noch bei Aoi auf dem Sofa gesessen und vor sich hin gedöst. Doch sobald sie sich dann entschieden hatten schlafen zu gehen und er sich alleine in das Bett gelegt hatte, war er wieder wach gewesen. Wobei er sich nicht unbedingt wach fühlte. Der Streit mit Aoi und die ganze Aufregung hatten ihn ziemlich geschafft und als sie sich dann endlich wieder versöhnt hatten, hatte er sich endlich wieder entspannter gefühlt. Jetzt alleine im Bett wurde ihm aber bewusst, dass das eigentliche Problem immer noch bestand. Reita würde ihn bald rausschmeißen. Ein Gedanke, der ihn nun schon seit zwei Stunden wach hielt und ihm sicher noch einige schreckliche Nächte bescheren würde. Mit einem frustrierten Schnauben drehte sich der Bassist um, in der Hoffnung vielleicht in dieser Position Schlaf zu finden. Gerade als er die Augen schließen wollte, sah er wie die Tür einen Spalt geöffnet wurde. „Kanon?“, flüsterte eine Stimme sanft in die Dunkelheit. „Aoi?“ Kanon machte die Nachtischlampe an, um sich zu vergewissern, dass er nicht träumte. Aoi war noch nie nachts einfach so ins Zimmer gekommen. Wobei Kanon sicher nichts dagegen gehabt hätte. Der Ältere stand immer noch an der Tür und lächelte Kanon unsicher an. Falls er sich den Gitarristen nur einbildete, war das ein ziemlich überzeugendes Trugbild. „Ich hab mir gedacht, ich leiste dir ein bisschen Gesellschaft, da du nicht schlafen kannst“, meinte Aoi und kratzte sich dabei verlegen am Hinterkopf. Kanon setzte sich lächelnd auf und klopfte auf die nun freie Fläche der Matratze. „War ich so laut?“ „Naja, wenn man selber nicht schlafen kann, achtet man auf jedes Geräusch.“ „Immer noch der Jetlag?“ Aoi schüttelte den Kopf, während er sich neben ihn setzte und sich in den Teil der Decke kuschelte, den Kanon ihm angeboten hatte. „Ich muss nur immer wieder an Reitas Grinsen denken, als er meinte, du ziehst aus.“ Der Bassist senkte den Kopf. Ja, das musste er auch. Vielleicht machte es dem Blonden nicht viel aus ihn einfach rauszuwerfen, aber Kanon hatte damit ziemlich zu kämpfen. Und Aoi anscheinend auch, wie er vorhin beim Streit mitbekommen hatte. „Jedenfalls ist mir dabei aufgefallen, dass er sich das ziemlich leicht macht“, fuhr der Ältere fort. „Mir gehört schließlich auch ein Teil der Wohnung! Außerdem wohnst du in meinem Zimmer und das kann ich nutzen wie ich will. Und darin kann ich schlafen lassen, wen ich will.“ Kanon hob fragend den Kopf. Wollte Aoi damit das sagen, was er glaubte, er würde es sagen? „Er kann dich nicht einfach so rauswerfen, ohne vorher zumindest mit mir darüber geredet zu haben! Das ist nicht allein seine Entscheidung.“ Setzte sich Aoi gerade wirklich für ihn ein? Dass er nicht ausziehen musste? Oder dass sie zumindest nochmal darüber redeten? Allein das verursachte in ihm ein kleines Glücksgefühl. Und wenn er dann doch gehen musste, dann wusste er zumindest, dass Aoi versucht hatte, ihn hier zu behalten. Auf Kanons Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, das sich nicht verstecken ließ. Oder das er überhaupt verstecken wollte. „Was ist?“, fragte der Ältere leicht verwirrt, als er es sah. „Ich freu mich, dass du mich hier haben willst“, flüsterte Kanon leise, umschlang seine angezogenen Beine und legte seinen Kopf darauf ab, den Blick auf Aoi gerichtet. Nach einem kurzen Augenblick der Verwirrung, lachte dieser aber nur leise und sah ihn anschließend mit einem so sanften Blick an, dass Kanon fast vergangen wäre. „Wir haben doch gerade erst mit meinen Basslektionen angefangen. Da kann ich dich doch nicht schon wieder gehen lassen.“ Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Bassisten, welches von Aoi auch sofort erwidert wurde. Er wollte dem Älteren sagen wie unendlich dankbar er für diese Entscheidung war. Wie sehr es ihn freute, dass Aoi ihn weiterhin an seiner Seite haben wollte. „Danke“, flüsterte er leise und hoffte, dass Aoi diese ganzen Gefühle in seinem Lächeln sehen konnte. Statt zu antworten seufzte der Ältere liebevoll auf und beugte sich dann zu Kanon vor, dessen Kopf immer noch auf seinen Knien ruhte. Der Jüngere schloss die Augen, als er das Lippenpaar des Gitarristen auf seinem Haaransatz spürte. Die Geste war so unschuldig, dass Kanon sich in dem Moment nicht einmal wünschte, die Lippen hätten stattdessen seine eigenen getroffen. Dieser Augenblick war viel zu rein, um ihn mit unüberlegten Handlungen kaputt zu machen. Glücklich öffnete er seine Augen wieder und er ließ sich erneut von Aois sanften Blick in den Bann ziehen. Das Gesicht des Älteren hatte sich wieder einige Zentimeter von seinem eigenen entfernt und trotzdem waren sie sich so nah. Und das nicht nur körperlich. Sie hatten sich entschieden. Sie würden zusammenbleiben und all den Ärger dafür in Kauf nehmen. „Ich geh jetzt wieder. Aber ich hab das Gefühl, dass wir beide jetzt vielleicht endlich Schlaf finden können.“ Kanon nickte bei den Worten, während Aoi ihm fast schon zärtlich eine Haarsträhne hinters Ohr streifte. Obwohl Aoi sich eigentlich schon verabschiedet hatte, sahen sie sich noch einen Moment lächelnd an. Der Ältere seufzte auf, als würde es ihm schwer fallen, seinen Blick dann doch endlich von dem Bassisten abzuwenden, und verließ dann schweigend das Zimmer. Auch Kanons Lippen verließ ein Seufzen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Aoi ruhig die Nacht bei ihm schlafen können. Doch der Augenblick war zu schön gewesen, um ihn mit unnötigen Gesprächen zu zerstören. Und auch jetzt fühlte er sich viel zu glücklich, um sich mit solchen Kleinigkeiten zu beschäftigen. Er würde bleiben können! So lange wie Aoi ihn Gastfreundschaft gewehrte, würde er hier bleiben können! ____ Die wirklichen Auswirkungen ihres Streits am vorigen Tag bekam Kanon dann hautnah am Frühstückstisch mit. Er konnte ganz genau beobachten, wie Aoi immer wieder in seine Kaffeetasse grinste, wenn er glaubte, Kanon würde nicht hinsehen. Was diesen dazu brachte, ebenfalls immer wieder mit dem Grinsen anzufangen. Jetzt, da Aoi wusste, dass er dieses morgendliche Ritual nicht einfach nur hinnahm, sondern dass es ihm wichtig war, hatte es eine ganz neue Bedeutung bekommen. Er nahm die Situation noch intensiver wahr als vorher. Reita war wohl erst ziemlich spät heim gekommen. Zumindest hatte Kanon ihn nicht gehört, aber die Schuhe und die Jacke, die am Abend vorher noch weg gewesen und jetzt wieder im Vorraum waren, verrieten, dass der Blonde in seinem Zimmer sein musste. Und da konnte er Kanons Meinung nach auch bleiben. Er brannte zwar darauf, ihm so schnell wie möglich von seiner und Aois Entscheidung gestern Nacht zu erzählen, aber momentan hatte er eigentlich keine große Lust Reita zu sehen. Nicht, nachdem er gestern so klanglos verschwunden und sie in dieses Chaos gestürzt hatte. „Hast du heute was vor?“ Aoi schaffte es mal wieder meisterhaft, ihn aus schlechten Gedanken zu reißen. „Teruki hat mir vorhin geschrieben und gefragt, ob ich später vorbeikommen kann.“ „Warum?“ Aois Lächeln verschwand und Kanon fragte sich, ob es daran lag, dass der Ältere vielleicht doch noch ein kleines bisschen eifersüchtig war. Dabei hatte er eigentlich gedacht, dass er ihm das ausgeredet hätte. Er und Teruki… Das war völlig abwegig! „Keine Ahnung. Ich hab ihn gefragt, aber er hat seitdem nicht mehr geantwortet“, zuckte er mit den Schultern. Es trat Schweigen ein. Aoi schien nachzudenken. Und es grinste nicht mehr, was Kanon gar nicht gefiel. „Und was machst du heute?“, fragte er deshalb, um das Thema zu wechseln. Der Ältere zuckte aber nur ebenfalls mit den Schultern. „Bisschen arbeiten, schätz ich. Ich glaub, Kai ist der Meinung drei Tage ausruhen ist mehr als genug.“ Kanon nickte und ließ seinen Blick wieder zu Reitas Zimmer wandern. Das hieß Aoi würde heute mit Reita alleine sein. Es würde sicher zum Streit kommen. „Ich hatte eigentlich vor schon heute Mittag zu gehen“, meinte der Bassist und kaute dabei schuldbewusst auf seinem Piercing. Wenn Reita tatsächlich erst so spät nach Hause gekommen war, dann würde man ihn in den nächsten Stunden nur eventuell dabei sehen, wie er kurz aus dem Zimmer schlurfte, um sich eine Kopfschmerztablette oder einen Kaffee zu besorgen und dann wieder verschwand. Auf jeden Fall würde er vor Mittags nicht ansprechbar sein. „Und wieso ist die Uhrzeit für dich so ein großes Problem?“ Der Angesprochene sah verwirrt zu Aoi zurück, der gerade seine Tasse an den Lippen angesetzt hatte und Kanon neugierig musterte. Der Jüngere lächelte schüchtern. Ob er sich wohl jemals daran gewöhnen würde, so ein offenes Buch für Aoi zu sein? „Naja, wenn ich schon so früh geh, dann musst du Reita unsere Entscheidung alleine mitteilen. Und eigentlich ist das ja auch meine Aufgabe“, verriet Kanon dem Älteren. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie Reita ihnen beiden vorgeworfen hatte, sie wären heimlich zusammen und er selbst sich vor der Konfrontation gedrückt hatte. Dieses Mal wollte er selbst handeln und für sich einstehen. Er wollte nicht, dass Aoi dachte, dass er feige war und dass der Gitarrist alle Kämpfe alleine bestreiten musste. „Vielleicht sollt ich das Treffen mit Teruki einfach verschieben…“ „Das brauchst du nicht“, meinte der Ältere jetzt sanft. „Es ist wahrscheinlich eh besser, wenn ich erst mal alleine mit ihm darüber rede. Und du wirst auch heute Abend noch die Möglichkeit haben, ihm deine Meinung zu dem Thema zu sagen.“ Kanon nickte leicht beschämt. Vielleicht war es von ihm ein bisschen anmaßend gewesen, sich gleich selbst einmischen zu wollen. Das war schließlich nicht seine Wohnung! Da hatte er eigentlich nichts mitzureden! „Aber es ist süß, dass du dir darüber Gedanken machst.“ Aoi schenkte dem Jüngeren ein ehrliches Lächeln, was dieser erleichtert erwiderte, bevor sie sich dann beide wieder ihrem Kaffee zuwandten und ihr normales Morgenritual fortführten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)