Memories Of An Angel von Madix (-Geschichten aus dem echten Leben-) ================================================================================ Kapitel 1: Menschliche Grausamkeit ---------------------------------- -Erster Abschnitt- Menschliche Grausamkeit ‚Eigentlich ist es ein ganz normaler Tag’, dachte ich noch heute morgen, als ich aufstand. Ich setzte mich auf die Bettkante sah kurz aus dem Fenster. Es war noch dunkel, kein Wunder, es war noch Frühjahr. Ich ging schnell duschen und zog mich an und machte mich ganz normal für die Schule fertig. Danach polterte ich die Treppe hinunter, rempelte noch kurz meinen kleinen Bruder an und setze mich dann wie gewöhnlich an den Frühstückstisch, um mit meiner Familie zu essen. Mein Vater las, wie jeden morgen, die Zeitung, mein kleiner Bruder patschte in seinem Butterbrot herum und meine Mutter machte gerade Kaffee. Ich aß ein wenig und trank etwas Tee. Um halb acht schwang ich mich auf mein Fahrrad und winkte meiner Mutter noch kurz zum Abschied. Ich fuhr los und trat kräftig in die Pedale. Auf dem Schulweg holte ich noch eine Freundin namens Melina ab, mit der ich immer zusammen zur Schule fuhr. Wir erzählten uns ein Bisschen und ich fragte sie, ob sie schon für die Mathearbeit am nächsten Tag gelernt hatte. Als wir endlich unsere Räder durch das Schultor geschoben hatten und sie am Fahrradständer abschlossen, kamen schon einige andere Mädchen aus unserer Klasse herbei und begrüßten uns freudig. Der Tag verlief soweit ganz nett, ich hatte eine zwei in der Lateinarbeit geschrieben, wir hatten eine Doppelstunde. In der zweiten Stunde wurden Zettel für einen Informationsabend für die Lateinklassen herumgegeben. Unten auf dem Zettel waren die Elternnamen der Kinder vermerkt. In unserer Klasse war es leider üblich Elternnamen zu sagen, um jemanden zu ärgern. Direkt ging es wieder los und es wurden wild Namen herumgerufen und Leute gepiesackt. Einem Jungen aus meiner Parallelklasse fiel das ganze allerdings nicht so leicht. Ich stand gerade am Fenster, schnappte etwas frische Luft und unterhielt mich dabei mit einer Freundin. Neben mir war Tobias, der an der Fensterbank lehnte und seine Lateinarbeit anstarrte. Tobias kam zu mir gelaufen und schrie Sebastian breit den Namen seines Vaters entgegen. Prompt wurde Sebastian rot im Gesicht, verzog den Mund und schien sehr schlechte Laune zu bekommen. Ich warf einen besorgten Blick zu den beiden, als Sebastian auch schon anfing auf Tobias einzuschlagen. Er schlug auf ihn ein, als gäbe es kein morgen und man sah Blut fließen. Es war zwar nicht gerecht auf einen anderen Jungen einzudreschen, allerdings war es vorherzusehen, zu mindest für diejenigen, die Sebastian kannten. Dazu gehörte ich. Einmal war ich bei ihm gewesen, ganz aus Spaß hatten wir ein wenig im Internet gesurft und ein paar Spiele gespielt. Auf einmal guckte Sebastian allerdings komisch und fing an zu weinen. Wieso wusste ich nicht, als fragte ich ihn. Er stotterte und zitterte. Es fiel ihm sehr schwer darüber zu sprechen und sich zu öffnen. Es tat ich sichtlich weh und es war wie ein Stein, der schwer und kalt auf seinem Herzen lastete. Er sprach ganz kalt und leise. Er erzählte, dass sich sein Vater umgebracht hatte, als er in der ersten Klasse gewesen war. Er hatte sich umgebracht, einfach so. Er war weg, einfach so. An dem Tag habe er erkannt, wie schnell das Leben zu Ende sein konnte. Es war schwer für ihn gewesen, auch wenn er wusste, dass sein Vater das alles nur für ihn getan hatte. Dieser Mann hatte hohe Schulden gehabt und wollte seine einzige Liebe, seine Familie, nicht mit diesen Problemen belasten. Er hatte sich umgebracht, aus Liebe, einfach so. Er war gestorben, aus Liebe, einfach so. Während ich mich zurück erinnerte hatten mittlerweile mehrere Kinder die Beiden auseinander gerissen, Sebastian immer noch schreiend und zappelnd vor Wut, Tobias mit blutiger Nase und angsterfülltem Blick. Irgendwann später sprachen sich die Beiden zwar aus, aber ich wusste, es hatte weh getan und es würde ihm immer weh tun, was Tobias getan hatte. Es würde immer auf Sebastian lasten, denn nichts war schlimmer, als die Tatsache, dass man nicht einmal solch schreckliche Sachen vergessen und verdrängen durfte, dass Menschen so grausam sein konnten und andere bewusst und unbewusst quälten. Geschichte von K. aus Bielefeld. –Ende erster Abschnitt - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)