Another World von NateNarcieq (Chapter 1: Magier) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Buch unter vielen? --------------------------------- Obwohl es nur 10 Minuten waren, erreichte ich völlig atemlos die Stadtbibliothek. Ich bin nicht unbedingt der sportliche Typ und Avel hatte mich schon nach etwa 100 Metern abgehängt. Immer noch nach Luft jappsend erkundigte ich mich bei der Informationsdame nach einem Jungen, der es eilig zu haben schien. „Vor etwa 5 Minuten kam ein Junger Mann herein und bewegte sich recht zielstrebig in Richtung E-23.“ Ihre Stimme klang viel älter, als es ihr Äußeres vorzugeben schien. Ich bemerkte, dass ich sie ungläubig anschaute, lockerte meine Miene etwas und bedankte mich für die Information. Der Bereich E-23 beschrieb einen Teil des Gebäudekomplexes. Es gab 26 Stockwerke welche nach den verschiedenen Buchstaben benannt waren und jedes Stockwerk hatte in sich eine Unterteilung in 40-50 Sektoren. Wie ihr sicher gerade selbst bemerkt ist die Bibliothek riesig. Neben Büchern über alle möglichen Dinge gibt es hier auch kleinere Diskussionsforen, welche meist in den Sektoren 1-10 des entsprechenden Stockwerkes waren, Informationsterminals, die Kopien von Schriften enthielten, die über die Jahre hinweg zu marode geworden sind, um sie zu verleihen sowie eine weitere Informationsstelle für jedes Stockwerk, welche immer im Sektor 13 zu finden war. Ich bewegte mich also Richtung Port-E. Das Port-System wurde vor vielen Jahren entdeckt und ersetzt seitdem die damals alltäglichen Fahrstühle. Dank dieses Systems konnte mir die Frau an der Information genau sagen, wohin sich Avel begeben hatte. Es ist so einfach wie Fahrstuhlfahren – nur genauer. Man betritt den Port, von dem es für jedes Stockwerk einen gab, und wählte den Sektor. „E-23“ wiederholte ich wärend ich die Eingabe tätigte. Danach wurde mein Körper einen kurzen Moment leicht wie eine Feder, ein helles Licht umgab mich und als es wieder verblasste war ich im Sektor E-23. Nun galt es Avel zu finden. Während ich durch die Gänge streifte und mich alle zwei Schritte umschaute, um zu überprüfen, dass er nicht in einem der Nebengänge hockte gingen mir noch einmal die Worte der Frau durch den Kopf. „Vor etwa 5 Minuten…“, das heißt er hat nur halb so lang gebraucht wie ich. Ich wusste ja, dass er schnell ist. Trotzdem überrascht es mich immer wieder, da man es ihm vom Erscheinungsbild her nicht zutraute. Er ist zwar schlank aber nicht athletisch. „Hey! Era!“ Ich zuckte durch den plötzlichen Ausruf zusammen. Ich erkannte Avels Stimme und drehte mich zu der Quelle des Ausrufes um. Wie zur Hölle konnte er hinter mir sein? Ich war mir sicher, dass ich alle Gänge überprüft hatte. „Nun komm. Hierher!“ Ich hatte ihn noch nie so aufgeregt erlebt. Trotz der Hast, die er verbreitete bewegte ich mich gemütlich den Gang entlang zu dem Punkt, an dem er eben noch stand. Vor mir erstreckte sich einer der vielen flur-artigen Gänge der Bibliothek, eine Allee aus Bücherregalen welche unzählige Kopien eines Werkes beinhalteten. Die Städte heutzutage sind groß. Unsere Einwohnerzahl liegt bei etwas über 200 Millionen. Natürlich passen all diese Menschen nicht in die Hauptstadt. Wir sind sozusagen die Mitte der Polis. Um den Kern der Hauptstadt, welcher sich in Ausbildungs-, Händler-, Geschäfts- und Wohnviertel unterteilt zieht sich ein Ring aus kleineren „Unterstädten“. Nach dem letzten großen Krieg zogen sich immer mehr Dorf- und Landbewohner in die Nähe der Städte zurück. Die Verwalter erkannten frühzeitig das aufkommende Problem der Überbevölkerung und lagerten die neuen Dörfer nahe der Stadt an. So blieb die Hauptstadt vom Ansturm verschont und die Stadtgrenze an sich weitete sich aus. Jeder Bereich hat seine eigene Grundausbildungsstädte und viele Lehrer der Sonderkurse reisen zu den Foren, welche sich in den einzelnen Bereichen befinden um den Schülern dort auch die Möglichkeit zum Lernen zu geben ohne weit reisen zu müssen. Eine Bibliothek gibt es allerdings nur in der Hauptstadt. Weratan-City – unsere Stadt – besteht aus 5 großen Hauptstädten, welche sich um eine 6. gebildet haben. Wir sind die größte Stadt der Welt. „Was ist denn nun so interessant?“ Ich versuchte meine Neugier zu verstecken und lief weiterhin langsam den Gang entlang. „Hier hinten. Sieh dir das an!“ Ich näherte mich seiner Position. Als ich endlich neben ihm stand, folgte ich seinem Blick. „Hm?“. Die Bibliotheken werden sorgfältig überwacht und aufgeräumt. Jedes Buch hat einen kleinen Sensor, wodurch sofort bemerkbar wird, wenn ein Buch am falschen Platz steht. Und vor uns stand nun ein relativ alt aussehendes Buch inmitten von modernen Fachbüchern. „Okay, das hat jemand falsch einsortiert. Vermutlich wird binnen der nächsten Stunde jemand kommen und es an seinen Platz bringen.“, bemerkte ich trocken. Avel schaute mich an. Einen kuren Moment sah ich Trotz in seinen Augen aufflackern, als hätte man gerade ein unqualifiziertes Kommentar zu einer epochalen Theorie gegeben. Er fing an zu grinsen, was in etwa so unheimlich war, wie es sich anhört. Ein Ausdruck von Erregung schimmerte in seinen Augen. Ich hätte mir nie Träumen lassen, dass das dieses matte blau-grau in seinen Augen überhaupt dazu in der Lage ist Emotionen widerzuspiegeln, doch heute hatte ich es bereits mehrmals gesehen. Ich entschied für mich, dass ich seinen normalen, gelangweilten Ausdruck mochte, denn dieser hier war gruselig. Er begann zu erklären: „Ich komme jetzt seid 2 Wochen jeden Tag hier her und das Buch steht schon die ganze Zeit über an dieser Stelle. Ich habe Leute beobachtet, die diese Reiche durchsucht haben, ohne es auch nur zu bemerken. Angestellte kamen vorbei und sortierten die Bücher ein, die abgegeben wurden, ohne dieses Buch auch nur eines Blickes zu würdigen – und das, obwohl es definitiv auffällt.“ Das war in der Tat interessant. Ein Schauer lief mir über den Rücken. „Und du bist dir sicher?“, fragte ich unschlüssig darüber, ob er mich nur aufziehen wollte oder nicht. „Du glaubst mir nicht? Warum sollte ich lügen?“ Er schaute mich an. Es stimmt. Es ist nicht seine Art Leute hereinzulegen. „Hast du es dir mal angesehen? Was ist das für ein Buch?“ Mein Interesse war geweckt. Ich konnte so etwas noch nie gut verstecken. Sichtlich zufrieden über meine Reaktion antwortete Avel: „Nein habe ich nicht.“, er zuckte die Achseln, „ich wollte auf dich warten.“ Überrascht über diese Einstellung nickte ich ihm zu und griff nach dem Buch. Es war schwerer als erwartet und es fühlte sich dreckig an. Eine leichte Staubschicht löste sich zu einer feinen Wolke auf, als ich es vor uns auf den Boden legte. Der Titel des Buches war unlesbar. Ungeduldig öffnete ich das Buch. Es war ein Bilderbuch. Eines, das von alten Zeiten berichtete. Es waren Bilder von Marktplätzen und Schmieden, großen Schlössern und anderen Gebäuden. Sogar Bilder von Drachen waren vertreten. Wir durchblätterten das Buch, erstaunt darüber, wie gut erhalten die Seiten im Gegensatz zum Umschlag des Buches waren. Wir diskutierten einige Bilder, über andere amüsierten wir uns. Eines zeigte einen kleinen Jungen, der einen Stein nach einem Soldaten warf. Ein anderes zeigte einen muskulösen Schmied, der von seiner Frau zurechtgewiesen wurde. Wir hatten das Buch so gut wie fertig angeschaut, als wir auf ein Bild stießen, das uns beide inne halten ließ. Es zeigte 2 Jungen, die in einem Buch blätterten. Wir sahen uns an. Diese beiden Jungen hatten zwar keinerlei Ähnlichkeit mit uns, aber unheimlich war es für einen Moment trotzdem. Als wir weiterblätterten schienen die Bilder eine Geschichte zu erzählen. Die Jungs saßen mit dem Buch in einem Raum, einer der beiden schien etwas in dem Buch zu suchen. Das Bild zeigte die beiden, wie sie wie wild blätterten. Auf dem nächsten Bild schien er gefunden zu haben, was er suchte. Der Junge auf dem Bild bedeutete dem zweitem auf das Buch zu fassen. Das nächste Bild war weiß, genau wie die folgenden Seiten. Verwirrt blätterten wir weiter, in der Hoffnung noch etwas zu finden. Die Spannung elektrisierte die Luft während wir Seite um Seite weiterblätterten, noch etwa 30 Seiten und das Buch wäre zu Ende. „Es kann doch nicht leer sein“, dachte ich. „Moment!“ Ich erschrak als Reaktion auf Avels Ausruf. „Sieh mal, da.“ Er deutete mit seinem Finger auf die eben aufgeschlagene Seite. Sie war ebenso leer wie ihre Vorgänger… oder? Ein leichtes Muster zeichnete sich auf der Seite ab. Zu leicht um es genau zu erkennen. Ich streckte meine Hand aus, um es eventuell zu ertasten. Meine Finger berührten die Seite und im nächsten Moment war alles um mich herum weiß. Ich spürte einen heftigen Druck auf meinem Körper, dicht gefolgt von einem Sog von hinten. Meine Organe vibrierten. Es war zu hell, als das ich meine Augen hätte öffnen können – das Licht eines Ports wäre im vergleich dazu eine Schwachstromlampe. Dann ertönte ein fürchterlich schrilles Fiepen und ich verlor mein Bewusstsein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)