Dämonen und Engel von Kalea ================================================================================ Kapitel 11: Sam --------------- „Wir sind mit den Vorbereitungen fast fertig. Es sind jeweils fünf von uns nötig um das Ritual durchführen zu können. Es dauert drei Tage. Danach werden Melathiel und Auriel, Dina und Bartiel ablösen, die jetzt Luzifer beobachten. Jamiah hat einen geeigneten Platz gefunden und auch schon eine Idee, wie wir den gefallenen Engel dahin bekommen.“ „Gut“, nickte die Rothaarige, „lasst uns beginnen. Weder Sam noch Dean haben noch viel Zeit.“ Anna schaute zu Castiel hinüber. Konnten Engel ein mulmiges Gefühl im Magen haben? Eigentlich fühlten sie doch nichts und Castiel sah auch nicht so aus, als ob er ihre nichtvorhandenen Gefühle teilte. Mit stoischer Ruhe starrte der zum Horizont. Sie hatten, unsichtbar für jedes Lebewesen, das kein Engel war. ein großes Pentagramm auf die Wiese gezeichnet. In dessen Mitte befand sich eine Teufelsfalle, in der sie, quasi als Köder, standen. Sobald Luzifer bei ihnen erschienen war, würden die anderen Engel aus ihrem himmlischen Versteck kommen, die Ecken des Pentagramms besetzen und so dem gefallenen Engel jede Fluchtmöglichkeit nehmen. Dann würden Castiel und sie das Ritual durchführen, das Sams Körper von Luzifer befreien sollte und die fünf Engel würden Luzifer gleichzeitig mit einem weiteren Bannspruch beschwören und an einen Ort befördern, an dem er solange sicher gefangen gehalten werden konnte, bis Dean soweit war, ihn zu töten. Noch einmal holte Anna tief Luft und ging dann zum wiederholten Male den Ablauf des Rituals durch. Sie kam nicht weit. Ein Grollen erfüllte die Luft. Die Kühe, die auf der Weide standen, rannten panisch auf den Wald zu, der diese Wiese an einigen Stellen umgab. Die Vögel stiegen von den Bäumen auf und flogen davon. Gleißendes Licht blendete Anna und Castiel für den Bruchteil einer Sekunde. ‚Jetzt’, dachte sie und konnte fühlen, wie die fünf Ecken besetzt wurden. Sie schaute zu Castiel und begann mit dem Ritual. „Es wird euch nicht gelingen“, lachte Sam und richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf die beiden ihm so verhassten Engel. Er war stärker als sie und es würde nicht lange dauern, bis er diese zwei Möchtegern-Luzifer-Bezwinger aus ihren Hüllen vertrieben und jetzt endgültig pulverisiert haben würde. Wieso waren die eigentlich wieder hier? Er hatte sie vernichtet! Zerstört! Ein für alle Mal vom Antlitz dieser Welt getilgt! Wenn er diesmal mit ihnen fertig wäre, dann gäbe nichts mehr, was noch groß genug wäre, um erneut zusammengesetzt werden zu können! In seinem Körper bettelte Sam darum, dass Luzifer endlich aufhören, oder ihn wenigsten töten sollte. Er hatte jeden Mord mit ansehen müssen, seit er ein Gefangener in seinem fremdgesteuerten Körper war. Er hatte die Freude gefühlt, die der Höllenfürst dabei empfand und war sich jede einzelne Sekunde bewusst gewesen, dass er dafür verantwortlich war. Er hatte Luzifer frei gelassen! Er hatte nicht auf seinen Bruder hören wollen, als der von der Hölle erzählt hatte. Er hatte Dean für schwach gehalten, glaubte, dass sie seinen Bruder gebrochen hatten und er hatte ihm vorgeworfen, einfach nur noch ein jämmerlicher Abklatsch seiner selbst zu sein. Dabei hatte Dean mit jedem Wort Recht gehabt. Dean! Was war mit ihm? Hatte Luzifer ihn getötet? Er hatte nie wieder etwas von seinem Bruder gehört und Luzifer hatte auch keinen Gedanken an den älteren Winchester verschwendet. Hätte Dean nicht alles versucht um Luzifer zu vertreiben? Hätte Dean nicht alles versucht um ihn, Sam, aus den Fängen des Bösen zu befreien? Oder hatte Dean ihn letztendlich doch fallen lassen. So wie er ihn beinahe. Sam hätte es verstanden, nach all dem, was er seinem großen Bruder zugemutet hatte, ja regelrecht angetan hatte. Dean musste tot sein! Genau wie Castiel und Anna! Aber warum standen die Engel dann vor ihm? Er hatte doch mit ansehen müssen, wie Luzifer sie regelrecht hatte explodieren lassen. Am Horizont ballte sich eine schwarze Wolke zusammen. Wie ein drohendes Unwetter baute sie sich immer weiter auf. Blaue Blitze zucken durch sie hindurch und um sie herum. Diese schwarze Wand schien schon fast den ganzen nördlichen Horizont auszufüllen. Und dann, wie auf Kommando jagte sie los. Ein Reißen ging durch seinen Körper. Sam schrie vor Schmerzen. Das Häufchen Elend, zu dem seine Seele in den letzten Wochen geschrumpft war, krümmte sich noch mehr zusammen. Luzifer lachte dröhnend. „Ihr wollt mich doch nicht etwa aus meinem Körper vertreiben?“ Erneut jagte das Reißen durch Sam. Diesmal war es noch stärker. Der oberste Dämon keuchte erschrocken. Doch noch stemmte er sich gegen seine Vertreibung. Anna blickte auf und sah das Unheil auf sie zu rasen. ‚Hoffentlich langt die Zeit!’, überlegte sie und konzentrierte sich dann schnell wieder auf ihren Teil den Rituals. Wieder ging dieser reißende Schmerz durch ihn hindurch, wie glühende Eisen durch Butter. Sam war kaum noch Herr seiner … Seele. Es zog und zerrte an ihm, schien ihn in alle Richtungen gleichzeitig ziehen zu wollen und doch hatte er das Gefühl, als wollten sie ihn noch kleiner zusammen drücken. War es so ähnlich auch für Dean gewesen? Hatte er solche Schmerzen über sich ergehen lassen müssen? Hatte er diesen dreißig Jahre widerstehen können? Die schwarze Wand überrannte die ersten beiden Engel. Sam hatte den Eindruck, er könnte das keine Sekunde länger aushalten. Und dann hörte er ein fürchterliches Reißen und der Schmerz steigerte sich ins Unerträgliche. Halb bewusstlos nahm er noch wahr, wie Luzifer aus seinem Körper gerissen wurde und er wollte sich irgendwo festklammern. Doch der Sog zerrte ihn einfach mit. Castiel fasste Annas Hand. „Sam!“, schrie sie panisch auf und wollte sich aus dem Klammergriff befreien, doch schon verschwand die Szenerie vor ihren Augen. Sie fühlte sich leicht und getragen und als sie ihre Augen wieder öffnete, erkannte sie nur weiße Wolken um sie herum. Gleich neben ihr saß Castiel und schaute sie traurig an. Wütend funkelte sie zurück. „Wie hätten Sam mitnehmen müssen. Unser Bannspruch hat nicht gewirkt, er wurde mit Luzifer aus seinem Körper gerissen!“, fauchte sie ihren Partner an. „Er war nicht erreichbar. Sie hätten uns ebenfalls überrannt noch bevor wir mit Sam hätten fliehen können.“ „Wie sollen wir Dean das denn jemals erklären. So wird er nie für uns kämpfen.“ „Tot hätten wir niemandem mehr nutzen können.“ „Verdammt, Castiel!“ Sam taumelte körperlos und völlig benommen über den Platz. Die Schmerzen, die er noch immer durch seine Seele wüten fühlte, hatten ihn fast vollkommen betäubt. Die schwarze Wolke aus den unzähligen Dämonen, die ihrem Herrn und Meister zu Hilfe gekommen war, schloss ihn ein. Sie wirbelten ihn unbeachtet zwischen sich hin und her und rissen ihn mit sich, als sie sich in ihre Welt zurückzogen. Dieser Sieg musste gefeiert werden. Einen Augenblick lang war Luzifer ebenfalls benommen gewesen, doch umgeben von seinen Dämonen konnte er sich sehr schnell wieder erholen und so löste sich ein kleiner Teil der schwarzen Wolke ab und trudelte vom leichten Wind getrieben auf die kleine Stadt zu, die in der Nähe war. Der Farmer, dessen Vieh am Rand der großen Wiese weidete, hatte das Unwetter gesehen und jetzt, nachdem es sich so schnell aufgelöst hatte, wie es gekommen war, setzte er sich in seinen Jeep und fuhr hinaus. Er wollte sehen, wie groß der Schaden war. Die große Wiese schien verbrannt worden zu sein. Sie war ganz schwarz und er musste das Schlimmste für seine Herde fürchten. Erleichtert stellte er fest, dass, bis auf zwei, seine Kühe den ganzen Spuk unbeschadet überlebt hatten, auch wenn sie noch immer vollkommen verschreckt zusammengedrängt am Waldrand standen. Langsam rumpelte er, von der Neugier getrieben über die Wiese. Als er plötzlich etwas auf dem verbrannten Boden liegen sah. Er gab mehr Gas und kam, eine schwarze Staubwolke aufwirbelnd, neben dem Bündel, das er inzwischen als Mensch identifiziert hatte, zum Stehen. Vorsichtig trat er näher und jeder seiner Schritte wirbelte ebenfalls kleine Wolken schwarzer Asche auf. Er kniete sich neben den Mann und tastete mit fliegenden Fingern nach einem Puls. Erst an der Halsschlagader fand er etwas, das einem Herzschlag ähnlich war. Er hob den Mann hoch, schulterte ihn und legte ihn dann auf die Rückbank seines Geländewagens. So schnell wie er nur konnte, jagte er zum nächsten Krankenhaus. „Jetzt lass uns endlich hier verschwinden und nach Sam sehen!“, drängte Anna zum Aufbruch. „Nein, wir warten noch.“ „Castiel!“ „Gott wird uns keine dritte Chance geben, wenn wir zu früh zurückkehren und zwischen dem Dämonenheer zerrieben werden.“ „Aber wir können doch nicht nur hier herumsitzen und nichts tun. Luzifer ist frei und wird sich wohl schon einen neuen Körper gesucht haben. In Sam kann er ja nicht zurück, aber wenn wir uns nicht bald um den jüngeren Winchester kümmern, wird uns Dean nicht helfen!“ „Das müssen wir riskieren. Wir warten noch.“ „Verdammt noch mal, Castiel! Jetzt beweg endlich deinen himmlischen Arsch. Hier herumsitzen wird keinem etwas bringen!“, wütend erhob sich die rothaarige Frau und ließ sich durch die Wolken gleiten. Sie konnte sehen, wie ein Mensch Sams Körper in sein Auto lud und folgte ihm, als der davon raste. Castiel verdrehte die Augen. Dann erhob er sich und folgte ihr mit einigem Abstand. Das inzwischen schon bekannte Rauschen von Flügeln ertönte und Bobby ließ, obwohl er sich so langsam daran gewöhnt haben sollte, wieder einmal fast seine Tasse fallen. Heißer Kaffee schwappte über seine Hand und er stellte die Tasse fluchend auf den Tisch. Castiel und Anna standen vor ihm. Der Jäger musterte seine Besucher und jede Freude, die sich kurz in seinem Bauch breit machen wollte, klumpte zusammen. Die Engel sahen nicht glücklich aus. Nicht, dass sie das je getan hätten, aber wenn sie Erfolg gehabt hätten, müsste dann nicht Sam bei ihnen sein? „Wir brauchen Dean“, sagte Anna rau. „Er wird Luzifer nicht töten, solange der in Sams ...“ brauste Bobby auf. „Luzifer ist nicht mehr in Sams Körper, aber das ist eine längere Geschichte und jetzt wäre es gut, wenn Dean einfach mit uns mitkommen würde.“ „Versuch ihn zu erreichen. Vielleicht hast du Glück.“ Der Jäger schloss resigniert die Augen und deutete in Richtung Arbeitszimmer. Der Winchester war in den letzten Tagen nicht ansprechbar gewesen. Bobby hatte es mit Bitten und Drohen versucht, nichts hatte geholfen. Zu guter Letzt hatte er ihn angebrüllt, dass er ihn zwangsernähren würde, wenn er nicht wenigstens einen halben Teller pro Mahlzeit essen würde. Jetzt würgte Dean sich das Essen rein und hatte nach mehr als einer Mahlzeit würgend über dem Klo gehangen und unter Krämpfen das Essen wieder ausgespuckt. Doch Bobby blieb bei seiner Drohung, in der Hoffnung, dass Dean wenigstens einen Bissen drin behalten würde. Der Junge verhungerte unter seinen Augen. Warum musste es für die Jungs nur so schwer sein? „Ihr hattet keinen Erfolg?“, stellte Bobby heiser fest. Und doch schwang ein letztes Bisschen Hoffnung in seiner Stimme mit. Es durfte nicht so enden. Es konnte nicht so enden. Nicht hier und nicht jetzt! Anna schüttelte den Kopf, dann nickte sie und zuckte mit den Schultern. „Luzifer ist nicht mehr in Sams Körper“, antwortete sie, „aber das ist auch schon die ganze gute Nachricht.“ „Er ist nicht mehr ... Was heißt das?“, wollte der Jäger verwirrt wissen. „Es gibt vielleicht noch einen Weg, aber wir brauchen Dean und ich fürchte, das, was wir von ihm verlangen werden, wird über seine Kräfte gehen“, erklärte sie und schaffte es nicht mehr dem Hausherrn in die Augen zu sehen. Zum ersten Mal seit langer Zeit schüttelte Bobby Singer hilflos den Kopf. Luzifer war nicht mehr in Sams Körper aber Sam war nicht hier! Sie wollten Dean, aber er würde nichts tun können? Was hieß das? Was war passiert? „Verdammt noch mal, warum sagst du nichts?“, brüllte er Castiel an. „Anna hat schon alles gesagt und ich bin nur hier um dich ebenfalls mitzunehmen, falls du es wünscht.“ „Mitnehmen? Wohin?“ „Dahin, wohin wir Dean bringen müssen.“ Bobby verdrehte die Augen und schaute zu Anna. Sie drückte sich weniger nichtssagend aus wie ihr Partner. Waren sie Partner? Doch auch Anna schwieg jetzt und starrte traurig auf die Tischplatte. Sie hatten versagt. Sie hatte Dean versprochen, dass sie seinen Bruder retten würden, doch jetzt sah es alles andere als danach aus und Dean würde den schwersten Schritt machen müssen. Er würde loslassen müssen. Konnte er das? Und würde ihr Plan diesmal funktionieren? „Geh zu ihm. Du weißt wo er hockt“, sagte Bobby leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)