Dämonen und Engel von Kalea ================================================================================ Kapitel 10: Luzifer ------------------- Die Tage wurden zu Wochen. Dean hatte sich, nachdem Anna ihn ins Reich der Träume befördert hatte und er in Bobbys Haus wieder erwacht war, bei dem Älteren entschuldigt. Wieder und wieder hatte er ihm gesagt, dass es ihm leid tat einfach so verschwunden zu sein, dass er aber keinen anderen Ausweg gewusst hätte, bis Bobby ihn angebrüllt hatte, endlich zu schweigen. Erschrocken war Dean verstummt. Erschrocken hatte Bobby ihn angeschaut und sich seinerseits entschuldigt. Der Winchester hatte ihn nur traurig angeschaut. Seitdem versuchten sie beide es dem Anderen so recht wie möglich zu machen und doch scheiterten sie kläglich. Dean versuchte Bobby zuliebe wenigstens ein bisschen Interesse am Leben zu heucheln und Bobby versuchte, ihm dieses Interesse abzunehmen. Aber beide hatten sie keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Der Ältere tat sein Bestes, aber auch ihm war bewusst, dass Dean ohne Sam früher oder später eingehen würde, wie eine Pflanze ohne Licht. Eher früher befürchtete der Jäger. Es zerriss ihm jedes Mal das Herz, wenn er den Blonden sah. Von Sam oder von Luzifer - sie hatten sich, ohne je ein Wort darüber zu verlieren, darauf geeinigt, nicht von Luzifer zu sprechen und wussten doch, dass sie eigentlich ihn meinten - gab es noch immer keine Spur. Der Herr der Hölle schaffte es perfekt, sich zu verstecken. Anna kam spätestens alle zwei Tage vorbei und schaute nach Dean. Jedes Mal war sie wieder von diesen stumpfen, toten Augen entsetzt, mit denen Dean ins Leere starrte. Seine körperlichen Wunden heilten nur mühsam, und seine seelischen wurden mit jedem Tag, der verging, schlimmer. Doch egal, wer ihm helfen wollte, er wurde zurückgewiesen. Erinnerten ihn die Wunden doch an sein Versagen. Er sollte Sam schützen und er hatte es nicht gekonnt. Das war dann also eine der Strafen für sein Versagen. Castiel redete trotz allem immer wieder auf ihn ein und erntete, wenn überhaupt, nur genervte Blicke. Meistens jedoch verkroch sich Dean noch tiefer in seinem Schneckenhaus und dann war es selbst für Bobby fast unmöglich ihn zu erreichen. „Hör auf damit!“, fauchte Anna den Engel an, als er einen erneuten erfolglosen Versuch gestartet hatte. „Du bringst ihn nur noch mehr gegen uns auf.“ „Er ist unsere letzte Chance!“ „Ja und du zerstörst sie immer wieder aufs Neue. Ich muss dich ja wohl nicht an die Aktion mit Alastair erinnern, oder?“ „Wir brauchen ihn. Er muss uns helfen. Er hat sich dazu verpflichtet.“ „Nein! Such lieber Luzifer. Solange der noch in Sams Körper ist, wird Dean auf gar nichts reagieren.“ „Aber wir...“ „Nein Castiel. Er hätte alles für euch gegeben, aber nein, ihr musstet ihn brechen. Das habt ihr wirklich ganz toll hinbekommen. Lass ihn in Ruhe und hilf mir lieber Sam zu suchen!“, befahl Anna barsch und sie verschwanden. Jeden Morgen, wenn Dean sich aus dem Bett quälte, nahm er sich vor, sich Bobby zu öffnen, mit ihm zu reden, doch er schaffte es nicht. Zu groß waren seine Schuldgefühle einfach abgehauen zu sein und Bobby mit all den Sorgen und Problemen alleine gelassen zu haben. Der Hausherr hingegen wollte den Jungen auf keinen Fall noch mehr verletzen und sagte auch nichts. So lebten sie schweigend nebeneinander her, von Engeln bewacht. Anna und Bobby hatten beschlossen, Dean nichts von dem, was Luzifer auf der Welt anrichtete zu erzählen, aus Angst, ihn wieder zu verlieren. Castiel war überstimmt worden und hatte sich zähneknirschend gefügt. Er wollte lieber gestern als heute losschlagen. Der Blonde wäre auch schon lange wieder von hier verschwunden, doch er wusste nicht wohin. Und er fürchtete sich davor, noch mehr Menschen in den Strudel der Hölle zu ziehen, der ihn irgendwann verschlingen musste. Bobby konnte sich wenigstens wehren. Der wusste was auf ihn zukommen würde. Dean war blass, aß zu wenig und versuchte auch weiterhin den Anschein zu erwecken, dass er gar nicht da war. In den wenigen klaren Momenten, die der Winchester hatte, dachte er an Josi und Corine. Manchmal wünschte er sich zu ihnen zurück. Aber er wollte sie nicht noch weiter in die Schusslinie seines Lebens bringen. Und so blieb er auf dem Schrottplatz. Das passte sowieso am Besten zu seinem Leben. Ein Schrottplatz. Er wünschte sich verzweifelt die weiche, weiße Watte zurück, die ihn die letzten Wochen und Monate umhüllt hatte. Er bekam sie nicht wieder. Aber er fühlte sich, als ob er durch dichte Nebelschwaden irrte. Er wusste, dass er nur ein paar Schritte zu machen brauchte und er würde von dem zuverlässigen Licht und der Wärme eines Feuers umfangen werden. Doch er wollte kein Feuer. Er suchte seine Sonne, auch wenn die im letzten Jahr wohl eher ein Fixstern gewesen war. Aber die Liebe zu Sam hatte ihn die Hölle überstehen lassen. Diese Liebe hatte ihm die Kälte erträglich gemacht, die nach seiner Rückkehr immer stärker von seinem kleinen Bruder ausgegangen war. Sam war sein Leuchtfeuer gewesen, die Sonne, um die er sich sein ganzes Leben gedreht hatte. Und auch wenn er im letzten Jahr wohl eher durch eine Eiswüste gewandert war, in der seine Sonne ihm noch nicht einmal die Illusion von Wärme gewährt und ihre Helligkeit in seinen Augen gebrannt hatte, so wollte er doch nichts sehnlicher als zu seinem Sammy zurück. Er brauchte ihn wie die Luft zum Atmen. Ohne seinen kleinen Bruder fühlte er sich wie ein Mond, dem man den Planeten genommen hatte. Sinnlos und ziellos trudelte er durch die Dunkelheit der unendlichen Weiten. Sein Inneres war erstarrt. Er hockte auf dem Sessel vor dem Kamin. Die Beine hatte er angezogen und die Schienbeine mit seinen Armen umklammert, so als hätte er Angst noch mehr von sich zu verlieren. Sein Kinn ruhte auf den Knien und die Augen starrten blicklos in die Flammen. Er hatte sich verloren und er wollte sich nicht finden. Denn dann müsste er sich mit seinem Verlust auseinandersetzen. Einem Verlust, den er schon einmal nur mit Mühe überlebt hatte und der diesmal doch so unendlich viel schlimmer war. Denn er wusste, dass Sam da draußen rumlief. Sams Hülle. Und dann kam der Tag an dem Anna nicht auftauchte. Dean bemerkte es nicht. Für ihn war ein Tag wie der andere. Er konnte nicht sagen, ob ein Tag vergangen war, eine Stunde oder eine Woche. Er hievte sich aus dem Sessel wenn Bobby ihn rief und versuchte etwas zu essen wenn der Teller vor ihm stand, und wenn Bobby ihn mit einem betrübten Blick und einem tiefen Atemzug wieder entließ, tappte er zurück zum Sessel um wieder in die Flammen zu starren. Er registrierte nicht, dass Bobby Holz nachlegte und wenn der Ältere ihn nicht jeden Abend nach oben scheuchen würde, würde er wahrscheinlich auch im Sessel schlafen. Aber Bobby war es sofort aufgefallen. Wo war der Engel? Wenn es etwas gab, worauf er sich verlassen konnte, dann war es Annas Pünktlichkeit. Spätestens Mittag war sie da. Sie redete dann eine Weile auf Dean ein und schien ihn sogar ein wenig aus seiner Lethargie reißen zu können. Nach ihrem Besuch half der sogar in der Küche. Doch dann verkroch er sich wieder in sich. Nein, das war nicht mehr Dean und der ältere Jäger wusste nicht, was schlimmer war. Dean so zu sehen und vielleicht die Hoffnung haben zu können, dass Sam doch noch zurückkehren würde. Wie sollte das gehen? Wer wäre er dann? Was? Oder wenn er Dean hätte ein zweites Mal beerdigen müssen, nachdem Luzifer in Sams Körper den älteren Winchester getötet hätte. Er wollte sich die Antwort nicht geben, denn er hatte Angst, dass er die zweite Möglichkeit als weniger schlimm ansehen könnte. Wo nur war Anna, wo war Castiel? Wieder ging ein Tag zu Ende und Bobby begann sich nun auch noch Sorgen um die Engel zu machen. 'Verdammt! Sie sind Engel! Sie können auf sich selbst aufpassen! Auch bei dem Gegner?' Mühsam versuchte der Jäger seine Fassade aufrecht zu erhalten. Um Nichts in der Welt wollte er, dass Dean davon etwas mitbekam. Der würde womöglich ... nein Bobby wusste nicht mehr was Dean tun würde. Aber er betete, dass die Engel bald wieder auftauchten. Mit guten Nachrichten! Es dauerte noch zwei Tage, bis Anna plötzlich in der Küche stand und Bobby sich, mal wieder, erschreckte. Noch bevor er lospoltern konnte hob sie abwehrend die Hände. „Lass uns nach draußen gehen, ich muss mit dir reden.“ „Du solltest erst zu Dean gehen. Er braucht dich.“ „Ich weiß, aber die Zeit habe ich nicht und ich möchte nicht, dass er von unserem Gespräch etwas mitbekommt. Bitte!“ Sie sah den Jäger fast flehend an. Der nickte und ging ihr voraus bis fast ans entfernteste Ende des Schrottplatzes. „Was gibt es so Wichtiges?“ „Wir haben Luzifer gefunden.“ Der Satz schlug ein wie eine Bombe. „Ihr habt... Wie geht es Sam. Ist er noch ...?“ „Sam ist noch in seinem Körper, aber er ist schwach. Zu schwach vielleicht. Ich weiß nicht, ob wir ihn noch retten können. Es hat zu lange gedauert“, sagte sie leise und Trauer schwang in ihrer Stimme mit. „Aber ihr ... Ihr habt gesagt, dass ihr Luzifer aus seinem Körper...“, polterte der Ältere los. Er wollte nicht glauben, dass alles umsonst gewesen sein soll, dass Dean für nichts litt. Nein, es musste einen Weg geben oder sie waren alle verloren. Obwohl er das diesen verlogenen Engeln fast wünschte, für das, was sie Dean, was sie den Brüdern angetan hatten. „Es gibt ein Ritual, das einen Körper reinigt. Es ist eine Art Exorzismus. Damit werden wir Luzifer aus Sam vertreiben und ihn für eine Weile an einen Ort binden können. Danach können wir ihn mit einem weiteren Ritual bannen. Wir können ihn weder vernichten noch in die Hölle schicken. Aber wenn alles so läuft, wie wir es uns erhoffen, werden wir ihn so lange halten können, bis Dean soweit ist um ihn zu besiegen.“ „Was ist das für ein Ritual und warum habt ihr es noch nicht durchgeführt? Du sagst Sam ist schwach. Warum zögert ihr?“ Mit diesem Ritual werden ALLE, auch mächtige Engel und Dämonen aus ihrem Wirtskörper vertrieben. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Wirt uns freiwillig aufgenommen hat oder nicht. Und auch Sams Seele kann, wenn sie zu schwach ist, aus ihrem Körper gerissen werden. Wir müssen uns erst schützen und wir müssen sicherstellen, dass Sam in seinem Körper gehalten wird, oder aber sofort da hinein zurückkehren kann. Das erfordert noch etwas Zeit.“ Bobby nickte: „Wie lange noch und warum soll Dean das nicht wissen? Es würde ihm Mut machen. Es würde ihn ins Leben zurückholen.“ „Ich weiß, dass Dean Hoffnung braucht, aber wenn wir es ihm jetzt sagen ... Die Risiken sind zu groß, dass wir scheitern. Bitte pass weiter gut auf ihn auf und wir beeilen uns. Trotzdem werden wir bestimmt noch eine Woche brauchen.“ Bobby nickte wieder und schon zeigte ein kurzes Flügelrauschen an, dass Anna verschwunden war. Was sollte er jetzt tun. Was würde jetzt passieren? Wie sollte er sich Dean gegenüber verhalten? Er konnte ihm doch nicht verschweigen, dass es Hoffnung gab?!? Aber er würde schweigen müssen, Anna hatte Recht. Dean würde etwas tun wollen und er würde komplett zusammenbrechen, oder sogar einfach sterben, wenn Sam dadurch nicht gerettet werden könnte. Obwohl? Dean hatte, als sie Sam im Panikraum auf Entzug gesetzt hatten, gesagt, dass er Sam lieber als Mensch sterben sehen wollte, als als Dämon leben. Vielleicht ... wenn die Engel versagten ... vielleicht würde Sam wenigstens als Mensch sterben. Bobby holte tief Luft. Es wäre die schlechtere Alternative, aber es würde Dean vielleicht aus seiner Lethargie reißen. Es würde seine Wut schüren und der Junge würde endlich wieder das werden, was er war. Ein Jäger. Auch wenn er dabei draufgehen würde. Bobby holte tief Luft und ging wieder ins Haus. Er wollte Hamburger machen, von denen Dean wieder nichts essen würde. Kaum dass Anna den Schrottplatz verlassen hatte kontaktierte sie Castiel um zu erfahren, wo sie waren und nur einen Lidschlag später stand sie bei ihnen. Sie waren sieben. Dina, eine hübsche Dunkelhaarige, die vor Lebenslust nur so sprühte, Auriel, der sich reichlich mürrisch in seine von Gott gegebene Aufgabe gefügt hatte, Melathiel, Bartiel, Jamiah und natürlich Castiel und sie selbst. Sie waren vom Vater persönlich ausgesucht und mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet worden. Denn nicht einmal die Erzengel durften wissen, was sie hier taten. Sam zu retten stand auf der Prioritätenliste, wenn überhaupt, ganz am Ende. Sie hatten, ebenfalls auf Gottes Geheiß, Dean abgeschirmt, damit kein anderer Engel ihn finden konnte, besonders Zacharias nicht. Langsam schritt sie auf die Gruppe zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)