Bis ans Ende der Welt von Flordelis (Das Schwert folgt stets dem Herzen) ================================================================================ Kapitel 13: Die Vereinbarung ---------------------------- Während Tengaar ihr Gefängnis erkundete und Hix dabei war, mit dem Boot zu Ailis zurückzukommen, gab es noch eine Person, an die schon seit langem niemand mehr gedacht hatte. So ahnte auch keiner, was er gerade durchmachte und warum er noch nicht zu Tengaars Rettung geeilt war, obwohl seine Abreise schon länger her war. Seufzend sah Fion auf die Gitterstäbe, die ihn von seiner Freiheit trennten. Aufmunternd klopfte Zahra ihm auf die Schultern. Da er auf dem Boden saß und sie stand, war das kein Problem für sie. „Komm schon, Fion, sei nicht so deprimiert. Wir kommen hier schon wieder heraus.“ Er warf ihr einen Blick zu, der zeigen sollte, dass er von ihrem Aufmunterungsversuch nicht sonderlich viel hielt. „Es ist deine Schuld, dass wir hier überhaupt gelandet sind.“ Empört zog sie ihre Stirn kraus. „Bitte?“ „Es war deine Idee, bei diesem seltsamen Stand stehenzubleiben! Und als die Patrouille kam, sind die eigentlichen Betrüger verschwunden und weil du deine Klappe nicht halten konntest, hielten sie uns dafür!“ Sie ließ sich die Worte durch den Kopf gehen, dann neigte sie denselben. „Mhm, vielleicht hast du recht...“ „Nur vielleicht?“ Beleidigt wandte Zahra sich von ihm ab. „Wenn du meinen Rat nicht zu schätzen weißt...“ Was für ein Rat denn? Den, wie man am besten in Schwierigkeiten gerät? Für eine Weile herrschte wieder Schweigen zwischen ihnen, bis Schritte auf dem Gang erklangen. Neugierig blickten beide dem Ankömmling entgegen. Im besten Fall war es jemand, der sie wieder freiließ, im schlechtesten waren es nur weitere Gefangene – und dazwischen gab es immerhin noch die Möglichkeit, dass es etwas zu essen gab. Doch die Person, die da kam, führte weder Gefangene mit sich, noch trug sie ein Essenstablett vor sich her. Die schwarz-weiße Uniform mit den goldenen Applikationen verriet, dass es sich bei dieser Person um einen Ritter der Königin handelte, das silberne Haar sagte Fion sogar noch mehr. „Eure Hoheit!“ Hastig stand er auf, um sich vor dem Prinzen zu verneigen. Nach kurzem Zögern tat Zahra es ihm nach. Fion stellte sich wieder aufrecht hin, als der Prinz ihm das Zeichen dafür gab. „Was führt Euch in den Kerker, Prinz Faroush?“ Wenn er persönlich hier herunterkam, musste etwas Wichtiges anstehen. Fion hoffte, dass es eine gute Nachricht für ihn war und keine schlechte. „Genau genommen bin ich wegen euch beiden hier“, antwortete der Prinz. „Bei der Vernehmung sagtet ihr, dass ihr wandernde Magier wärt.“ Fion warf einen genervten Blick zu Zahra, die gespielt unschuldig woanders hinsah. Er sah wieder Faroush an. „Das stimmt nicht ganz. Ich bin nur Wahrsager, das ist alles.“ Der Prinz schien einen kurzen Moment nachzudenken, dann öffnete er die Zellentür. „Das könnt ihr mit der Königin besprechen. Möglicherweise reicht ihr das.“ Fion und Zarah warfen sich einen fragenden Blick zu. Was könnte die Königin von ihnen wollen? Neugierig geworden folgten sie dem Prinzen. Der Palast wirkte wesentlich eindrucksvoller, wenn man nicht mit Handschellen hindurchgeführt wurde. Der spiegelnde Boden war zwar faszinierend, aber Fion wollte nicht wissen, wie lange man damit beschäftigt war, ihn zu putzen. Das musste mit Sicherheit einiges an Personal kosten. Faroush führte sie in den Thronsaal. Auf dem Thron am Kopfende des Saals saß eine junge Frau, deren braunes Haar glatt über ihre Schultern fiel. Die goldene Krone auf ihrem Haupt war imposant, genau wie ihr Kleid, das aus den feinsten Stoffen gemacht zu sein schien. Ihre königliche Erscheinung wurde lediglich von dem viel zu dünnen Gesicht und dem traurigen Schimmer in ihren Augen überdeckt. Die beiden Besucher verneigten sich vor der Königin. „Sind sie das, Bruder?“ Ihrer Stimme fehlte der energische Klang, den sie einst gehabt haben musste, aber möglicherweise lag das auch allein am Moment. Fion wusste nicht, mit welchen politischen Problemen sie sich quälen musste, vielleicht gab es davon gerade besonders viele. Faroush nickte. „Genau. Allerdings sagen sie, dass sie Wahrsager und keine Magier sind.“ „Das ist korrekt“, sagte Fion hastig. „Wenn ich mich vorstellen dürfte...“ Er verneigte sich noch einmal knapp. „Ich bin Fion, ein wandernder Wahrsager, der in den Karten die Zukunft liest. Normalerweise bin ich nur auf dem Nordkontinenten unterwegs, aber mein Schicksal schlug mich unerwarteterweise nach Falena. Dies ist meine Assistentin Zahra.“ Das Mädchen, so vorlaut sie sonst auch war, zeigte in diesem Moment Benehmen und vollführte einen Knicks. Der Schimmer von Misstrauen erschien in den Augen der Königin. „Was habt ihr vor, in Falena zu tun?“ Fion überlegte einen kurzen Moment. „Ich dachte daran, meine Karriere hier fortzusetzen. Wenn meine Dienste auf dem Nordkontinenten gefragt sind, können sie das auch im Süden sein.“ Sehr überzeugt schien sie nicht von seiner Erklärung zu sein, aber offenbar fand sie auch keinerlei Anhaltspunkt, auf dem sie ihr Misstrauen stützen konnte, so dass sie es niederkämpfte. „Ich erinnere mich richtig, dass ihr beide wegen Betrugs verhaftet wurdet?“ Fion nickte geknickt. „Aber ich versichere Euch, dass das alles nur ein Missverständnis ist.“ Sie schloss ihre Augen. „Nun, es ist ohnehin kein sonderlich großes Delikt. Ich werde euch beide freilassen, wenn ihr mir dafür eine Gegenleistung erbringt.“ Fion, ganz Ohr, wollte nachhaken, worin genau diese Leistung bestehen sollte, doch Zahra kam ihm wieder zuvor: „Selbstverständlich, Eure Majestät! Wir sind sofort bereit!“ Uuuuh, Zahra! Manchmal ärgerte ihn ihre vorschnelle Zunge extrem, besonders in solchen Momenten. Wer wusste schon, was die Königin von ihnen wollte? Möglicherweise würden sie sich in Gefahr begeben müssen, da wäre das Absitzen der Strafe die bessere Alternative gewesen. Aber nun war es schon zu spät – und als Fion den Anflug eines Lächelns auf dem Gesicht der Königin erblickte, war er froh über Zahras Reaktion. Einst musste die Herrscherin sehr viel gelächelt haben, doch er konnte ahnen, dass die letzten Monate schwer gewesen sein mussten, weswegen sich der Schleier der Verbitterung über sie gelegt hatte. Die Königin wandte sich an Faroush: „Dann bringe die beiden bitte nach oben und erkläre ihnen, was ihre Aufgabe ist.“ „Selbstverständlich“, sagte er und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Nach einer letzten Verbeugung gingen Fion und Zahra gemeinsam mit Faroush wieder hinaus, auch wenn zumindest der Wahrsager es bereits bedauerte, sich nicht ausgiebiger mit der Königin unterhalten zu haben – wie oft kam man immerhin mit der königlichen Familie in Kontakt? „Was ist denn unsere Aufgabe?“, fragte Zahra unterwegs neugierig. Faroush wandte sich ihr zu. Im Gegensatz zu seiner Schwester trug er ein sanftes Lächeln auf den Lippen. Fion konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er damit versuchte, die bittere Miene der Königin auszugleichen, auch wenn sie sich nicht im selben Raum befanden. „Die Prinzessinnen wünschen eure Anwesenheit.“ Der Wahrsager sog scharf die Luft ein. Bislang hatte er nicht einmal für 'normale' Adelige Karten gelegt und nun sollte er das gleich für die Prinzessinnen von Falena tun. Die Aufregung beschleunigte seinen Herzschlag um ein Vielfaches, hoffentlich würde das seine Fähigkeit nicht beeinflussen – unter solchen Bedingungen hatte er noch nie die Zukunft vorhergesagt. Faroush führte sie in das obere Stockwerk. Erst vor einem Raum im Seitenflügel blieb er wieder stehen. Er klopfte, wartete aber gar nicht ab, bis eine Antwort ertönte, sondern ging direkt hinein und winkte seine beiden Begleiter mit sich. Aufgeregt folgte Fion ihm hinein – doch sein Mut sank sofort ins Bodenlose, als sein Blick auf die beiden Mädchen im Raum fiel. Ich wusste nicht, dass die Prinzessinnen so... jung sind. Er kam nicht sonderlich gut mit Kindern aus, selbst die junge Zahra konnte ihn nur begleiten, weil sie sich wesentlich älter gab als sie aussah. Die beiden Mädchen standen auf und kamen neugierig näher, als Faroush sie darum bat. Der Ritter kniete sich zu den beiden. „Mädchen, das hier sind Fion und Zahra.“ Sie nickten, worauf er wieder aufstand und sich dem Wahrsager zuwandte. „Diese beiden hier sind Selene“ – er deutete auf das ältere, blonde Mädchen – „und ihre Schwester, Serena“ – er deutete auf das jüngere, braunhaarige Mädchen – „die Prinzessinnen von Falena.“ Fion und Zahra verneigten sich knapp, während er die beiden verstohlen beobachtete. Die Älteste schien höchstens acht Jahre alt zu sein, womöglich war die Königin jünger als Fion gedacht hätte. Während Selene eher ein wenig gelangweilt ihre blauen Augen schweifen ließ, musterte Serena die Besucher neugierig. Ihre braunen Iriden leuchteten warm von innen heraus – als ob sie die Wärme ihrer Mutter übernommen hätte. Fion konnte sich gut vorstellen, dass die Prinzessin ein Ebenbild der einstmaligen Jugend der Königin war. Zu schade, dass ich nicht früher hier war. Schließlich blickte Selene Fion tatsächlich direkt an. „Bist du der Zauberer?“ „Also... um genau zu sein... also...“ Er räusperte sich hastig. „Eigentlich bin ich eher Wahrsager.“ Die Enttäuschung bei ihr war geradezu greifbar. „Langweilig~ Ich dachte, du könntest ein paar tolle Zaubertricks.“ Sehe ich aus wie Fuu? Deswegen mag ich keine Kinder... Doch bevor er, Faroush oder Zahra etwas sagen konnten, meldete Serena sich zu Wort: „Ich finde das aufregend~ Das heißt doch, dass du in die Zukunft sehen kannst, oder?“ Fion nickte ihr zu. „Ganz genau. Nicht immer richtig gut... aber immerhin.“ Unter anderen Umständen hätte er vollkommen anders reagiert, um einiges selbtsicherer, aber da er hier Kindern gegenüberstand, fehlte es ihm an dieser Sicherheit. „Das ist toll~“, sagte Serena, ungeachtet seines letzten Satzes. „Kannst du das auch bei mir?“ Er nickte. „Ich denke schon.“ Auf Faroushs Aufforderung setzte Fion sich an den Tisch. Die beiden Mädchen setzten sich ebenfalls. Lediglich der Ritter und Zahra blieben stehen. Fion wandte sich an seine Assistentin, die ihm ungefragt seine Karten aushändigte. Leise dankend nahm er ihr diese ab und begann, sie zu mischen. Während Selene gelangweilt Luft durch die geschlossenen Lippen blies, beobachtete Serena das Mischen mit leuchtenden Augen. Offenbar konnte sie es kaum erwarten, was sich auch darin zeigte, dass sie aufgeregt auf den Tisch blickte, als er die Karten mit der Rückseite nach oben zu legen begann. Vollkommen in seinem Element vergaß Fion sogar, dass er das für zwei Kinder tat und fand seine übliche Form wieder. Als das Muster schließlich vollendet war, legte er die restlichen Karten beiseite. „Ist es fertig?“, fragte Selene, während sie mit den Augen rollte. „J-ja. Ich muss sie jetzt nur, ähm, aufdecken...“ Während die Prinzessinnen ihn neugierig ansahen, blickte er auf den Tisch. Seine Hand hielt in der Bewegung inne, als ihm auffiel, dass er nicht mehr wusste, welche Karte er zuerst aufdecken sollte. Uh, das passiert mir nur, wenn ich mit Kindern zu tun habe... Zahra warf ihm einen fragenden Blick zu, den er ignorierte, um sich sein System in Erinnerung zu rufen. Sie seufzte leise und deutete schließlich auf eine bestimmte Karte. Er bedankte sich innerlich und deckte diese auf. Nach und nach kam ihm auch der restliche Ablauf zurück in den Sinn, doch je mehr Karten er umdrehte desto finsterer wurde seine Miene. Kann das wirklich sein? Das sieht jedenfalls nicht gut aus... „Was siehst du?“, fragte Serena aufgeregt. „Was siehst du?“ Uh, lass dir was einfallen, Fion! Das kannst du ihr nicht erzählen. Er räusperte sich hastig. „Ich... ich... ich sehe in den Karten... eine Hochzeit. Ja~ Und die Krone.“ Selene lachte laut. „Das ist ja schon mal gar nicht möglich. Ich bin nämlich die Thronfolgerin.“ Oh, verdammt... „Ich... habe ja nicht gesagt, dass sie Königin von Falena wird, oder?“ Er konnte spüren, wie die Röte seinen Nacken hinaufkroch und hoffte, dass es dem Ritter nicht auffallen würde. „Sie könnte ja... den Prinzen eines anderen Landes heiraten.“ Serena schien von dieser Eröffnung nicht wirklich begeistert, ihr Lächeln erlosch für den Bruchteil einer Sekunde, bevor es wieder zurückkam. „Das klingt schön.“ Ihre Stimme klang nicht davon überzeugt. Fion, der es nicht gewohnt war, mit Kindern zusammenzusein oder diese gar anzulügen, fiel es immer schwerer, zu atmen. Es wurde auch nicht besser, als Selene sich plötzlich wieder lautstark zu Wort meldete: „Nun gut, dann darfst du jetzt auch meine Zukunft vorhersagen.“ Vorlautes Balg... Er hätte sie zu gern zurechtgewiesen, doch sie war immer noch die Prinzessin und ihr Onkel stand auch noch mit im Raum, da war es wirklich klüger, zu schweigen. Er sammelte die Karten wieder ein und mischte sie erneut. „Werden deine Vorhersagen immer wahr?“, fragte Serena währenddessen neugierig. Fion musste einen Moment nachdenken. Tatsächlich fiel ihm kein einziger Fall ein, bei dem er sich geirrt hätte – aber vielleicht waren diese nur untergegangen. Er konnte es nicht mit Gewissheit sagen und genau das antwortete er ihr auch. „Aber die meisten stimmen tatsächlich“, fügte er noch hinzu, was sie wieder unglücklich zu stimmen schien. Sie war noch so jung, aber offenbar war sie nicht von der Vorstellung begeistert, einen Prinzen zu heiraten. Wenn Zahra das ebenfalls bemerkt hatte, war sie bestimmt bereits dabei, zu ergründen, warum das so war, da war sich Fion sicher. Schließlich beendete er das Mischen erneut und legte hastig die Karten. Doch als er diese drehte, fühlte er sich fast noch elender als zuvor. Was ist nur mit diesen Mädchen los? Können die keine normale Zukunft haben? „Und?“, fragte Selene ungeduldig. „Was ist?“ Er holte tief Luft. „Bei dir sehe ich... eine strahlende Zeit voraus. All deine Träume werden sich erfüllen... und... ja, du wirst eine großartige Königin werden.“ Zumindest für die ersten zwei Minuten nach der Krönung. Zufrieden warf Selene ihr langes Haar zurück. „Ja, das klingt ganz nach meinem Leben. Perfekt, genau wie ich~“ Serena klatschte begeistert für sie in die Hände. „Du bist toll, Selene~“ Lächelnd legte die Ältere ihren Kopf in den Nacken, um sich in der Bewunderung ihrer Schwester zu sonnen, auch wenn diese für Fion äußerst fragwürdig war. Er sammelte die Karten wieder ein. „Kannst du nicht noch was anderes?“, fragte Selene. Er seufzte innerlich, während er einige kleinere Tricks aufzählte, die er von seinen damaligen Mitschülern gelernt hatte und die von seinem Meister nicht sonderlich gern gesehen worden waren, da sie der puren Unterhaltung dienten. Da beide Prinzessinnen sich sehr angetan von seiner Aufzählung zeigten, begann er schließlich damit, diese tatsächlich in die Tat umzusetzen, in der Hoffnung, endlich wieder aus dem Palast zu kommen. Die Sonne neigte sich bereits dem Westen zu, als Fion schließlich durch Sol-Falena schritt. Er hatte die Prinzessinnen stundenlang unterhalten, sogar noch während des Essens, bis die Leibwächter der beiden von ihrem eigenen Unterricht zurückgekommen waren. Zwischendurch war Serena auch neugierig gewesen zu erfahren, wie er in den Karten las, worauf er versucht hatte, es ihr zu erklären. Doch obwohl sie äußerst clever war, waren die Erklärungen von bestimmten Formationen und Kombinationen noch zu viel für ihren jungen Kopf gewesen. Fion konnte es ihr nicht verdenken, ihm selbst war das frühe Lernen dieser Technik nur möglich gewesen, weil er mit einer Gabe gesegnet war, wie es von seinem Meister immer bezeichnet worden war. Aber besonders an solchen Tagen wie diesem kam es ihm eher wie ein Fluch vor. Während Zahra gut gelaunt das Geld zählte, das der Ritter ihnen am Ende zusätzlich zur Freiheit geschenkt hatte, seufzte Fion leise, als er wieder an das dachte, was in den Karten zu lesen gewesen war. „Was ist denn mit dir los?“, fragte sie leicht genervt. „Ich weiß ja, dass du keine Kinder magst, aber die sind ja jetzt nicht mehr hier, also kannst du dich mal wieder anders verhalten.“ „Darum geht es nicht“, wehrte er ab. „Dann willst du mir vielleicht sagen, warum du die beiden Mädchen angelogen hast?“ Er warf ihr einen Blick zu und bemerkte dabei, wie sie den Beutel mit dem Geld in ihrer Tasche verschwinden ließ, in der sie auch seine Karten und einige andere Dinge transportierte. „Die eine wird sich umbringen und die andere wird Falena ins Unglück stürzen, wie sollte ich ihnen das sagen?“ Ein Schauer fuhr über seinen Rücken, als er erneut an das zurückdachte, was die Karten ihm gezeigt hatten. Am Liebsten würde er das nur noch vergessen. „Der Punkt geht an dich.“ Schweigend legten sie den Rest des Weges aus der Stadt hinaus zurück. Um weiteren Vorfällen aus dem Weg zu gehen, hatte Fion beschlossen, außerhalb Sol-Falenas nach einem Ort zu suchen, an dem die Magie stark genug war, um ein eigenes Tor zu öffnen. Er war zwar nicht so gut darin wie Dougal, aber da er sich bereits in der Nähe des Verstecks befand, würde er das gerade noch schaffen können – zumindest hoffte er das. Kaum hatte er die Stadt hinter sich gelassen, lief ein eiskalter Schauer über seinen Rücken. Zahra schien es genauso zu gehen, sie blieb stehen und fuhr herum. „Diese Aura...!“ Fion hielt ebenfalls inne. „Das kann kein Mensch sein...“ „Du solltest höflicher sein“, erklang eine schneidend kalte Stimme. Direkt darauf erschien auch deren silberhaariger Besitzer vor ihm. „Du könntest sonst jemandes Gefühle verletzen.“ Zahra fuhr wieder herum und wich noch in der selben Bewegung zurück. Fions Blick war auf das ausdruckslose Gesicht vor sich gerichtet, die kalten Augen seines Gegenübers schienen ihn auf der Stelle einfrieren zu wollen. „Wer bist du?“, fragte der Wahrsager. „Man nennt mich Cain“, antwortete er prompt. Während Fion scharf die Luft einsog, versteckte Zahra sich hastig hinter ihm. Nur vorsichtig lugte sie hinter seinem Mantel hervor und erhaschte so einen Blick auf die kurze Regung in Cains Gesicht, die andere nicht einmal spöttisch als Lächeln bezeichnet hätten. „Mein Ruf eilt mir wohl voraus“, stellte er kühl, aber deutlich zufrieden fest. Fion hob hastig die Hände. „Hör zu, wir haben nichts gegen den Ma-..., gegen Meister Lances gesagt und wir haben auch nicht vor, irgend etwas zu tun, was ihm schadet. Wir haben ihm nach diesem Massaker Neutralität geschworen – unsere Treue wollte er ja nicht.“ „Darum bin ich nicht hier“, erwiderte Cain. „Außerdem könntet ihr ihm nicht egaler sein. Nein, ich bin hier, um etwas von euch zu verlangen.“ Fion erinnerte sich nur äußerst ungern daran, dass der Magier ihn und Dougal nur am Leben gelassen hatten, weil beide geschworen hatten, sich nie gegen ihn zu wenden und ihn stattdessen zu unterstützen, falls er das verlangen würde. Fion war nur darauf eingegangen, weil Dougal der festen Überzeugung gewesen war, dass Lances sie ohnehin nie um etwas bitten würde, da sie in seiner Welt nur kleine Lichter waren. An die Möglichkeit, dass ein Schüler davon Gebrauch machen würde, hatte keiner von ihnen gedacht. „Worum geht es?“, fragte Fion. Da er noch immer an seinem Leben hing, blieb ihm keine andere Möglichkeit, als sich darauf einzulassen. „Ich muss möglichst ungesehen in das Schloss kommen, in dem sich Dougal verbarrikadiert hat. Du weißt ja, dass es nicht so einfach ist, nicht wahr?“ Fion nickte. Er selbst war für einen der Zauber, die diesen Ort schützten, verantwortlich. Die meisten Menschen waren dank ihm nicht einmal in der Lage, das Schloss zu sehen. „Aber wie soll ich dir da helfen?“ „Du wirst für mich dort hineingehen und jemanden herausholen“, erklärte Cain. „Das dürfte für dich keinerlei Problem sein, die Sicherheitsmechanismen und die Dienerinnen kennen immerhin den Blutgeruch ihres Meisters, du dürftest sie da spielend hereinlegen.“ Wieder lief ein kalter Schauer über seinen Rücken, doch Fion beschloss, sich unwissend zu geben. „Wie kommst du darauf?“ Leicht verärgert wischte Cain sich eine Strähne aus der Stirn. „Stell dich nicht dümmer als du bist. Als Dougals Bruder dürfte dein Blutgeruch seinem zumindest ähneln – nicht wahr, Fiongal?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)