The lost and reborn paradise von Nalahime ================================================================================ Kapitel 1: Prolog ----------------- Jeder von uns möchte an Gott und Engel glauben... Ich kann es nicht. Seit ich geboren wurde, habe ich noch nie ein Wunder gesehen. Nicht mal ein kleines. Meine Mutter starb, nachdem sie nach meiner Geburt aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Ein Autounfall. Mein Vater schlug mich jeden Tag bis ich 18 war. In der Schule wurde ich auch noch verprügelt, weil ich mich vor allem und jedem versteckte. Ich nahm Drogen und betrank mich fast täglich, um zu vergessen, streunte jede Nacht durch die dunklen und kühlen Straßen unserer Stadt, um mich mit Schwächeren zu prügeln, sah jeden Tag Obdachlose sterben und Vergewaltigungen in schmutzigen Gassen. Ich hasste mein Leben und das Leben hasste mich. So dachte ich zumindest, bis zu diesem einen Tag. Dem Tag an dem ich ihn traf... Kapitel 2: My paradise ---------------------- An diesem Tag - es war Frühling, die Sonne schien, klarer blauer Himmel, alles war wie einer dieser ach so perfekten Tage aus Büchern oder Filmen - geschah etwas, was mein ganzes Leben auf den Kopf stellen sollte. Ich schwänzte meinen Job, den ich durch meinen Vater bekommen hatte, irgend so einen schlecht bezahlten Job in einer Getränkehalle. Ich wollte mir gerade eine Zigarette anstecken, als ich plötzlich über mir ein Geräusch wie Flügelschlagen hörte. So blickte ich auf und sah einen Mann vom Himmel auf mich zu fallen. Entsetzt schrie ich auf, aber der Schrei ging im Aufprall unter, denn der Typ war genau auf mir gelandet. Wir lagen Brust an Brust auf der Straße und ich wollte schon losmotzen, als der Mann sich über mich gebeugt auflehnte. Ich war vollkommen perplex. Jemand der so schön war, sollte eigentlich verboten werden: Seine Haare waren silbern – nicht grau, sondern wie das blankpolierteste und reinste Silber - seine Haut fahlweiß wie der Mond und seine Augen waren mit zwei Amethysten vergleichbar. Obwohl selbst die teuersten und schönsten Amethysten neben diesen Augen verblassen würden. Einfach nur atemberaubend. „Au, au, autsch! Das tat weh!“ stöhnte eine Stimme. „Hey!“ , er sah auf mich hinab. „Würde es dir vielleicht was ausmachen, von mir runter zu gehen!? Du bist schwer!“ „Oh! Eh... Logisch! Tut mir leid. Hatte dich nicht bemerkt.“ Nicht bemerkt? Fällst auf mich drauf, hast deine Hände auf meiner Brust und sitzt auf mir, aber bemerkst mich nicht!?! Klar doch! Mach ruhig weiter so, du Spinner! Während ich das dachte, hatten wir uns beide aufgerichtet. Ich begutachtete den Fremden noch ein bisschen genauer. Filigraner Knochenbau und muskulöser Körper. Man hätte ihn sehr gut als Götterabbild verwenden können. „Tut mir nochmals furchtbar leid, dass ich auf dir gelandet bin. Wie kann ich das nur wieder gut machen?“ „Überhaupt nicht. Lass mal stecken. Ich verzieh mich jetzt jedenfalls. Schönen Tag noch.“ „Warte doch!“ Er ergriff mein Handgelenk, um mich zurück zu halten. Es war ein verdammt starker Griff. „Wie heißt du? Sag mir zumindest deinen Namen, damit ich mich vernünftig entschuldigen kann.“ Ich sah ihn wütend an, aber irgendwie konnte ich diesen Typen nicht wirklich anschnauzen. „Mein Name ist Hikaru.“ „Hikaru also. Mein Name ist Seiliel. Ich entschuldige mich hiermit nochmals, Hikaru.“ Diese Worte begleitete ein wundervolles Lächeln. Unbeschreiblich. „Ähm...ja...“, stotterte ich. „Sag hast du Hunger? Ich lade dich ein. Ich könnte nämlich sterben vor Hunger.“ Ohne auf meine Antwort zu warten, schleifte er mich mit in ein Cafe. Wir bestellten uns etwas, als mir etwas einfiel. „Sag mal, Seiliel...“ „Ja?“ „Wo kamst du eigentlich her, als wir uns getroffen haben?“ „Wo ich her kam...?“ Ich nickte und schaute ihm in die Augen. Er wich aus. „Von einem Baum. Ich bin auf einen Baum geklettert und runter gefallen.“ „Hm...“ „Wirklich!“ „Ist ja gut! Ich glaub´s dir ja!“ Wir verbrachten den ganzen Tag zusammen, obwohl ich nicht wirklich weiß, wieso. Aber ich fand diesen Tag vergleichbar mit einem Traum. Obwohl wir ganz normale Dinge taten, war es mit IHM einfach anders. Ich musste sogar aus den Tiefen meines Herzens lachen. Welches in meinem ganzen Leben vorher noch nie geschehen war. Als ich lachte sagte Seiliel: „Ich wusste es! Dein Lachen ist klarer als das reinste Wasser! Das schönste Lachen dieser Welt!“ Ich errötete tief und fuhr ihn an, wie er so etwas nur sagen konnte. Er kannte mich doch gar nicht und sollte nicht so peinliche Sachen von sich geben. Ich gab den restlichen Tag vor, wütend auf ihn zu sein. Er machte deswegen andauernd ein betrübtes Gesicht und entschuldigte sich. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und musste wieder lachen. Es war einfach zu komisch, wie sehr er sich bemühte. Danach stupste ich ihn an und sagte ihm, es sei in Ordnung, ich wäre ihm nicht mehr böse. Auf das Lächeln, welches meinen Worten folgte, war ich nicht gefasst gewesen. Es war atemberaubend. „Wirklich? Kann ich so etwas auch weiterhin über dich sagen?“ Ich nickte nur stumm. „Wundervoll! Ich wüsste nämlich sonst nicht, wie ich mich ausdrücken sollte!“ „Oh...Ok... Wenn du meinst.“ „Hikaru. Ich muss jetzt gehen. Aber ich werde wiederkommen. Versprochen. Wenn du mich brauchst, bin ich da. Du solltest jetzt nach Hause gehen.“ „Wa...?“ Ich blinzelte nur einmal, aber er war schon fort. Die Wärme und Geborgenheit, die ich verspürt hatte, waren mit einem Schlag weg und wichen wieder der gewohnten Kälte und dem allgemeinen Unbehagen die immer in mir waren. Er hatte gesagt, er würde zurückkommen. Ja sicher. Er kannte noch nicht mal meine Hausnummer, geschweige denn meinen vollen Namen. Also stempelte ich, diesen Tag und diesen wunderschönen Mann, als Traum ab. Etwas anderes könnte es sowieso nicht sein. Ich irrte mich. Seiliel fand mich jeden Tag. Egal wo, egal wann. Er fand mich. Ich verbrachte viele Tage, Wochen und Monate mit ihm. Diese ganze Zeit, dieser ganze Sommer, war mein existierender Traum, aber was ich erst im Herbst dieses Jahres bemerkt hatte, waren meine Gefühle für ihn. An diesem Tag ging ein leichter Wind und der Himmel war klar und von tanzenden Blättern durchzogen. Es war schon kühl und man würde am liebsten etwas heiße Suppe trinken, wenn man nach Hause kam. Ich träumte auf einer Parkbank vor mich hin, als Seiliel sich lächelnd über mich beugte. „Hallo!“ „Hallo...“ „Was hast du Hikaru? Stimmt etwas nicht?“ „Nein, schon gut. Ich habe nur nachgedacht.“ „Hm...“ „Lass uns etwas spazieren gehen, ok?“ „Ist gut!“ Er sprang auf wie ein freudiges Kind. Manchmal, so wie jetzt, dachte ich, dass er neugierig die Welt erkunden wollte, aber meine schützende Seite, meine Hand nicht los lassen wollte. Dann wiederum dachte ich, was für ein Quatsch. Seiliel war schließlich ein erwachsener Mann. Und außerdem beschütze er eher mich vor dieser kalten Welt, als ich ihn. Ich passte einen Moment nicht auf, da passierte es. Ich rutschte auf Blättern aus und fiel eine Steintreppe hinunter. Ich sah noch im Fallen Seiliels Gesicht und dann nichts mehr... Als ich die Augen aufschlug, lag ich in seinen Armen. Der Boden war feucht und kalt vom Regen der vergangenen Nacht. Ich konnte seinen Herzschlag und seinen Atem spüren. Er blickte mich an und ich errötete tief. Wir setzten uns auf. „Ist dir etwas geschehen, Hikaru?“ Ich schüttelte den Kopf, immer noch unfähig etwas zu sagen. „Das ist gut! Alles andere ist dann egal.“ Ich blinzelte leicht verwirrt. Alles andere? Ich blickte Seiliel ins Gesicht und sah eine rote Blutspur, die sich über die Hälfte seines Gesichtes zog. „Oh mein Gott!!! Seiliel! Dein Gesicht! Dein Kopf! Was...!?!“ „Nur ein Kratzer. Sieht schlimmer aus, als es ist.“ „Schlimmer als es ist!!?!! Du blutest!“ Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und begutachtete die Wunde eingehender. Es war wohl wirklich nur ein Kratzer, aber ein tiefer. Plötzlich spürte ich Seiliels Hand auf meiner Wange. Ich sah ihn an und bemerkte erst dann, wie nah ich ihm war. Mein Herz raste und das Blut schoss mir in den Kopf. So nah... So nah, dass ich ihn küssen möchte. Aber ich küsste ihn nicht. Nein. Er zog mich zu seinem Gesicht und dann konnte ich seine Lippen auf meinen spüren. Warm und sanft. Ich stockte und schreckte zurück. „Entschuldige. Das hätte ich wohl nicht tun sollen.“ „S... Seit wann?“ „Schon immer.“ „Schon immer? Du meinst, seit wir uns begegnet sind?“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Nein. Seit du geboren wurdest. Ich habe dich immer beobachtet, immer beschützt, immer geliebt.“ Ich konnte nichts sagen. Ich war glücklich, aber so furchtbar verwirrt. „Wie...?“ War das einzige, was ich an Worten heraus bekam. „Ich bin ein Engel, Hikaru.“ Ein Engel? Aber Engel gab es nicht. Engel konnten nicht existieren. Es war nie ein Engel für mich da... Aber da irrte ich mich. Denn ich hatte einen Engel gesehen. Als Kind, als Baby. Beim Autounfall meiner Mutter. Augen wie Amethyste, weiße Federn.... Seiliel... „Du... Du warst... Du warst die ganze Zeit für mich da! Die ganze Zeit!! Mich behütet, mich beschützt, mich umarmt, mich... Mich geliebt...!“ Ich weinte. Weinte wie niemals zuvor, weil er mich liebte. Für jemanden wie mich war das unglaublich heilend und doch schmerzhaft, aber auf eine angenehme Weise. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie ich das beschreiben soll, da dieses Gefühl nur empfunden werden kann, wenn man es kennt, wenn man selbst diese Erfahrung machte. Seiliel nahm mich in den Arm, beruhigte mich, streichelte mich sanft und küsste mich innig. Immer und immer wieder. Bis ich nicht mehr weinte. Ich war müde. Ich wollte schlafen. Ich hörte und sah fast nichts mehr. Ich spürte wie er mich auf den Arm nahm und mich zu einer Bank trug. Er legte seinen Mantel über mich. „Hikaru... Ich werde jetzt gehen. Ich muss etwas erledigen. Ich werde nicht wieder kommen und wir werden uns nicht mehr wiedersehen... Zumindest nicht mehr hier. Aber Hikaru...“ Er beugte sich zu mir herunter und küsste mich. Anders als vorher. Leidenschaftlich, innig, unbeschreiblich. „Ich liebe dich!“ Er wisperte es und ein Schauer durchlief mich. Ich hatte die Augen geschlossen und wollte sie nicht öffnen, aus Angst,dass er dann wirklich fort war. Nach einer Weile schlief ich einfach ein. Kapitel 3: Found you again -------------------------- Als ich aufwachte, war er weg. Das, was von ihm übrig war, war sein Mantel und seine Stimme, die ich immer noch hörte. Er würde nie wieder kommen. Mich nie mehr berühren, mich nie mehr anlächeln, mich nie mehr küssen... Die Freude und die Liebe waren in dem Moment gestorben, als du meine Seite und mein Herz verlassen hast. Alles was vorher schön gewesen war, war nun grau und dunkel. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie es vorher gewesen war. Ich konnte mich an IHN nicht mehr erinnern. Sein Aussehen, sein Gehabe, einfach alles. Alles war weg... Nur seine Stimme nicht, mit diesen letzten Worten. Ich streifte mir seinen Mantel über und ging... Ich wusste nicht wohin. Ich wusste nicht warum. Das Einzige, was ich wusste war, dass ich gehen musste und das ich weinte. Weinte über etwas Verlorenes, welches ich wieder finden musste. So ging es sehr lange. Tage, Wochen. An einem Tag ging ich an einem Antiquitätengeschäft vorbei und etwas im Geschäft fing meinen Blick auf. Ich ging hinein und fand es in einer dunklen Ecke, umgeben von hässlichen alten Omalampen. Es war eine kleine Statue. Sie zeigte zwei Engel auf einer Wiese unter einem blühenden Sakurabaum. Die beiden Engel hatten meinen Blick auf sich gezogen. Sie lagen sich in den Armen und küssten sich sanft. „Schön, nicht wahr?“ Der Ladenbesitzer hatte mich angesprochen. Ich nickte nur. „Diese Figurine ist von einem berühmten Künstler. Sie heißt: The lost and reborn paradise. Angeblich sollen sie den Künstler und seinen Geliebten zeigen, aber das ist nur Spekulation.“ „Aha...“ Ich drehte mich um und verließ den Laden ohne ein weiteres Wort zu sagen. Es vergingen viele Tage. Tage an denen ich immer wieder an die Engel denken musste. Ich wusste nicht wieso, aber ich vergaß sie nicht. Nicht eine Sekunde. Ich träumte sogar von ihnen und auch von einem Autounfall, bei dem jemand starb. Wahrscheinlich meine Mutter. Obwohl derjenige mir ähnlich sah. Aber alle, die meine Mutter gekannt hatten, hatten gesagt ich sähe aus wie sie. Mittlerweile hatten wir Winter und es schneite jeden Tag. ER kam wirklich nicht zurück. Ich ging gerade die Straße entlang, als wieder etwas meinen Blick auffing. Es war wieder das Antiquitätengeschäft und es waren wieder die Engelsfiguren, die ich nicht vergessen konnte. Ich ging eine lange Strecke und überquerte auch eine Straße. Aber diese Figuren... Ich hatte ein unbändiges Verlangen danach, sie zu sehen. Ich beschloss, sie einfach zu kaufen. Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging zurück, lief zurück... rannte zurück! Ich sah alles an mir vorbeirauschen. Menschen, Tiere, Pflanzen, alles. Ich passte einen Moment nicht auf, beachtete die Ampel nicht, ich wollte nur zu diesen Engeln, zu diesem Paradies... Ein Aufprall, wirbelnder Körper, Schmerzen, ein Aufschlag, noch größere Schmerzen. Ich konnte mich nicht bewegen. Alles tat weh. Ich konnte meinen Körper nicht mehr spüren. Die Menschen die um mich herumstanden, konnte ich nicht hören. Ihr aufgeregtes rufen und ihre Hysterie. Alles war stumm. Ich konnte etwas wunderschön Rotes sehen. Es lief aus mir heraus und ich war vollkommen davon umgeben. Wie schön es aussah. Mein... Mein... Mein Blut... Kälte breitete sich in mir aus. Ich verlor langsam die Besinnung, als mir schlagartig einfiel... Ich werde sterben. Ich werde nicht mehr existieren. Nichts mehr erleben, nichts mehr sehen. Mir liefen warme Tränen über die Wangen. „Ich... wollte doch... nur... das Paradies... mit meinem... geliebten... Engel... sehen... Seiliel........“ Kapitel 4: Epilog ----------------- Es war warm und Vögel sangen. Ich lag auf einer Wiese unter einem Sakurabaum. „Hikaru!“ Ich schlug die Augen auf und konnte Amethyste sehen. Ich lächelte und setzte mich auf. „Seiliel...“ Er nahm mich in den Arm und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Bin ich nicht tot?“ „Doch. Aber du wurdest wiedergeboren.“ „Als was?“ „Sieh doch selbst.“ Ich blickte über meine Schulter und sah zwei weiße Schwingen aus meinem Rücken ragen. „...Engel...“ „Ja...“ Seiliel lächelte. „Jetzt können wir immer zusammenbleiben. Hier. Und ich muss dich nie wieder verlassen.“ Ich blickte mich um. Wieso kam mir das so bekannt vor? Ich kuschelte mich in Seiliels Arme und er küsste mich sanft. Eine Erinnerung. Ein Lächeln. „In der Tat.“ „Was?“ „Ich verlor mein Paradies, aber es wurde wiedergeboren. Das hier ist wirklich mein: The lost and reborn paradise.“ „Ja... Das ist wahr, Hikaru...“ Kirschblüten, sanfter Wind, ein Ort nur mit ihm und mir. Mein Paradies. The End Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)