Das Rudel des Wolfes von Rejah (RL / SB) ================================================================================ Kapitel 3: Warme Schatten ------------------------- Warme Schatten Remus wurde wach, als ihn jemand an der Schulter rüttelte. Verschlafen blinzelte er und sah direkt in die Augen seines Vaters. „Papa!“ Er spürte ein Gewicht auf seinen Beinen, dann ein Stöhnen und verwirrt sah er zur Seite. Ach ja. Black, der immer noch in seinem Schoß lag, sich jetzt jedoch aufrichtete und sich verschlafen die Augen rieb. „Ist es schon so weit?“, nuschelte er und gähnte dann, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten. „Hast du den Bus verpasst?“ Sein Vater war einfach der Beste. Remus nickte und versuchte möglichst schuldbewusst auszusehen. „Tut mir Leid, Papa.“ Sein Blick schweifte zu Black, der versuchte seine Haare zu ordnen, was nicht sonderlich gut gelang. „Ich wollte eigentlich losgehen und wäre auch rechtzeitig da gewesen, da hab ich … ihn getroffen. Ähm, das ist Sirius Black. Du weißt schon. - Ist es okay, wenn er bei uns übernachtet?“ Der letzte Satz kam holprig und ein bisschen zu schnell, Remus senkte den Kopf, er hatte immer noch ein schlechtes Gewissen und ein kleines bisschen Angst, dass sein Vater ihn schelten würde oder – noch schlimmer – ihm deswegen nicht erlauben würde, dass Black mitkam. Sein Vater jedoch musterte den Jungen neben ihm, seine Augen glitten über die zerknitterte, dreckige Kleidung und die Müdigkeit in seinem Gesicht. Black sah auf. „Alles klar, erklären könnt ihr's mir morgen. Steigt ein.“ Remus dankte seinem Vater innerlich für seinen Spürsinn, Black, immer noch verschlafen, stieg in das Auto und schließlich fuhren sie los. Mittlerweile war es dunkel geworden und als sie durch den Wald fuhren, kamen unangenehme Erinnerungen in Remus hoch. Er hasste es, nachts durch den Wald zu müssen. Black war trotz des holprigen Weges wieder eingeschlafen, er schien völlig erschöpft zu sein. Remus beobachtete ihn eine Weile, kam sich irgendwann jedoch wie ein Voyeur vor. Er sollte niemanden im Schlaf beobachten. ~~~~~*~~~~~ Am nächsten Morgen wachte Remus früh auf. Da es Sommer war, stand die Sonne schon früh am Himmel und schien im hell ins Gesicht, sodass er sich die Hand vor die Augen hielt, aufstand, und mit nackten Füßen aus seinem Zimmer ins Bad ging. Sein Vater war auch schon aufgestanden, von unten hörte er Geklapper, während sein Vater wohl den Tisch deckte. Remus' Magen meldete sich. Er hatte am Abend zuvor nicht viel gegessen, hatte nur noch schnell ins Bett gehen wollen. Vor der Badezimmertüre blieb Remus plötzlich stehen. Black. In seiner morgendlichen Routine hatte er ganz vergessen, dass er ihn bei sich aufgenommen hatte. Langsam öffnete er die Türe, ging ins Bad, fuhr ein paar Mal mit dem Kamm durch seine Haare, die durch diese Prozedur auch nicht viel besser aussahen, und putzte sich die Zähne. Wenn er nach unten ging, musste er seinem Vater erstmal erklären, was mit Black geschehen war. Oder vielmehr musste er das gar nicht mehr erklären, es war offensichtlich, dass er ein Ausreißer war. Er hoffte nur, dass sein Vater ihn nicht zu seinen Eltern zurückschicken wollte, denn Remus hatte im Gefühl, dass Black dann abermals nicht lange dort bleiben würde – und außerdem wollte er nicht, dass Black verschwand. Energisch spuckte er die Zahnpasta in das Waschbecken, seit wann war ihm Black so wichtig? Nun ja, langweilig würde es ohne ihn bestimmt nicht werden, und irgendwie brannte Remus schon darauf, ihm die Gegend zu zeigen. Remus polterte die Treppe hinunter. Sein Vater hatte Rührei und Speck gemacht, der Duft war bereits durch das Haus gezogen. „Guten Morgen.“ „Morgen.“, erwiderte Remus, setzte sich dann zu seinem Vater an den Tisch. „Ist dein Freund noch nicht aufgewacht?“ Remus schüttelte den Kopf. „Er schien auch ziemlich erschöpft zu sein.“ Sein Vater blickte auf, sah ihn aus dunkelbraunen Augen an, dieselben, die er noch vor damals gehabt hatte. „Also?“ Remus starrte betroffen auf seinen Teller. „Ähm … ja.“ Er wusste nicht, was er sagen sollte. „Wie lange soll er bleiben?“ „Ähm … ich weiß nicht, wie lange er bleiben möchte.“ „Und wie lange möchtest du, dass er bleibt?“ Remus verschluckte sich an dem Bissen Rührei, dass er sich hungrig in den Mund geschoben hatte. „Äh ...“ „Schon gut!“ Sein Vater winkte ab und schmunzelte. „Von mir aus kann er bleiben, so lange er will. Ein Esser mehr schadet unserem Vorratskeller auch nicht.“ Remus errötete, weil er wusste, dass sein Vater mal wieder auf seinen großen Appetit anspielte. Dafür konnte er ja schließlich auch nichts. „Danke … Papa.“ ~~~~~*~~~~~ Nach dem Frühstück wartete Remus noch eine Stunde, dann beschloss er jedoch, nach oben zu gehen und Black zu wecken. Vor der Tür blieb er abermals stehen, holte kurz Luft und öffnete sie dann leise einen Spalt breit. Nichts passierte. Black schien noch zu schlafen. Remus öffnete die Türe ganz, und sah auf das Lager aus Decken und Kissen, das sie am vergangenen Abend noch schnell vorbereitet hatten. Inmitten dieses Lagers lugte ein schwarzer Haarschopf hervor, der Rest war irgendwo begraben. Remus musste sich ein Lachen bei diesem Anblick verkneifen. Vorsichtig schlich er sich näher, kniete sich anschließend neben Black und legte eine Hand auf die Stelle, unter der er seine Schulter vermutete. Unter der Decke ertönte ein gedämpftes Grummeln, dann drehte sich der Deckenhaufen um, sodass auch das letzte bisschen von Black darunter verschwand, und blieb so liegen. Black war definitiv ein Morgenmuffel. Doch Remus gab nicht auf. Mit einem Ruck hatte er ihm die Decke weggezogen, was ein empörtes Stöhnen nach sich zog. Black hatte die Augen aufgeschlagen, sah sich erst verwirrt im Zimmer um, bis sein Blick an Remus hängen blieb. Verschlafen blinzelte er. „Ach ja.“, murmelte er, dann sah er die Decke, die Remus immer noch in den Händen hielt. „... Decke?“, fragte er. „Nö. Aufstehen. Unten gibt es Rührei mit Speck.“ Das war natürlich ein Grund zum Aufstehen. Black pellte sich aus dem Rest der Decke, die sich in der Nacht irgendwie um seine Füße gewickelt haben musste. „Wo sind meine Klamotten?“ „In der Wäsche. Kannst ein paar Sachen von mir haben, wenn sie dir nicht zu klein sind.“ Remus ging zu seinem Schrank und suchte ein paar extra große Kleidungsstücke raus, die Black anprobierte. Es passte ihm nicht gerade wie angegossen, doch wenigstens war es nicht zu eng. Nur die Hose war zu kurz, aber die krempelte Black eh bis zu den Knien hoch, und beim Hemd ließ er die obersten Knöpfe offen. Zusammen gingen sie wieder nach unten. Remus schaufelte Rührei und Speck auf einen Teller und reichte diesen Black. Minutenlang saßen sie schweigend am Tisch, Black essend – er hatte wohl schon eine ganze Weile nichts Vernünftiges mehr gegessen, so wie er aß – und Remus Löcher in die Luft starrend. Schließlich schob Black den Teller von sich und sah ihn an. „Danke, Lupin.“ Er hielt sich den vollen Bauch. „Ich hatte voll den Kohldampf.“ Remus antwortete nicht sofort. Was sollte er auch schon sagen? Schließlich fragte er: „Wieso bist du nicht zu Potter gegangen? Seid ihr immer noch zerstritten?“ Damit hatte er wohl den Nagel auf den Kopf getroffen, doch Black ließ sich nichts anmerken. „Kann ich nicht meinen neuesten Freund besuchen?“, fragte er stattdessen. Doch Remus gab sich damit nicht zufrieden. „Ach was. Wärst du überhaupt auf die Idee gekommen, zu mir zu kommen, wenn ich dich nicht zufällig gesehen hätte?“ Black zuckte die Schultern. Schon wieder. Remus seufzte, er hatte keine Lust, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. „Na ja, jetzt bist du da. Mein Vater hat jedenfalls gesagt, dass du solange bleiben kannst, wie du willst.“ Blacks Augen wurden groß. „Echt?“ Er sprang auf. „Wow, danke!“ Mit einem Satz hatte er den Tisch umrundet und Remus stürmisch umarmt. „Hey, warte mal, ich- Mensch, mein Vater hat das doch gesagt, nicht ich!“ Black ließ ihn los. „Heißt das, du willst nicht, dass ich bleibe?“ „Quatsch, so war das auch nicht gemeint, ich ...“ „Macht es dir wirklich nichts aus?“ „Nein.“ Verdammt, seit wann fragte Black solche Sachen? Black setzte sich auf den Stuhl neben ihn und sah ihn an. „Und jetzt? Was machst du so die ganze Zeit?“ „Ähm … ich lese. Und gehe spazieren. Und so.“ Das hörte sich ja furchtbar spannend an, Black dachte bestimmt, er hätte keine Freunde. Hatte er ja auch nicht. „Ähm … lass uns einfach rausgehen, ja? Vielleicht können wir meinem Vater ja helfen.“ ~~~~~*~~~~~ „Wow, das ist ja ländlicher, als ich dachte!“ Black hatte in der vergangenen Nacht nicht sonderlich auf seine Umgebung geachtet, auch hatte er sich nicht die Mühe gemacht, sich in der Dunkelheit die Felder anzusehen, er war vielmehr damit beschäftigt gewesen, so schnell wie möglich ins Bett zu kommen. Jetzt staunte er dagegen nicht schlecht, Remus zuckte nur mit den Schultern. „Mein Vater ist Bauer. Ihm gehören die Felder.“ „Cool.“ Remus wusste nicht so genau, was daran cool sein sollte, verzichtete jedoch darauf nachzufragen. Wenn Black Streit mit seiner Familie hatte und auch nicht bei Potter einkehren wollte, würde er ihn wohl die ganzen Ferien an der Backe haben. Remus sah dem mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits bot es ihm Abwechslung, wenn Black da war. Endlich jemand, mit dem er reden konnte. Andererseits dachte Remus immer noch an das unangenehme Spiel von Potter zurück, von dem er hoffte, dass Sirius es vergessen hatte. Und da gab es natürlich noch ein Problem. Remus seufzte, während er seinen Vater auf dem Feld ausmachte. Mit vorsichtigen Schritten trat er in die schmale Erdlinie zwischen den Rapsreihen und ermahnte Black, ja nicht aus Versehen eine zu zertreten. Black balancierte mit ausgestreckten Armen auf dem schmalen Grat und wedelte mit den Armen. „So gut?“ Remus verdrehte nur die Augen und ging voran. Die Erde unter ihren Füßen war von der unbarmherzigen Sonne hart und heiß, doch Remus machte das nicht viel aus. Er lief meistens den ganzen Sommer lang barfuß über die Felder und Wege. Anfangs bekam er davon immer Blasen oder kleine Risse, die zu bluten anfingen, wenn er es übertrieb. Doch seit Beginn der Ferien hatte sich eine so dicke Hornhaut unter seinen Füßen gebildet, dass ihm der Ackerboden nichts ausmachte. Ganz im Gegensatz zu Black, der tatsächlich Schwierigkeiten zu haben schien, zwischen den Pflanzen zu balancieren. Remus tapste schweigend weiter voran. „Du willst mir bei der Arbeit helfen?“, fragte sein Vater überrascht, als sie bei ihm angekommen waren. Sowohl Remus als auch sein Vater wussten, dass er dieses Angebot niemals ernst meinen konnte. Feldarbeit war hart, und für so etwas war Remus' Körper einfach nicht mehr geschaffen. Remus wusste das und trotzdem hatte er gefragt. Warum?, fragte er sich nun selbst. Wollte er vor Black etwa zeigen, dass er auch andere Sachen konnte, als nur zu lernen? Dass er stark war? Was für ein Witz. Er sollte einfach nur das tun, was er immer tat. Remus sah kurz zu seinem Vater auf, der ihn immer noch verblüfft ansah, ehe er den Blick wegen der Helligkeit abwenden musste. „'tschuldige, wir gehen wieder.“ Remus drehte sich rasch um, sein Gesicht brannte. Er hätte seinem Vater wirklich gerne geholfen. „Du kannst ja vielleicht das Mittagessen für nachher vorbereiten!“, rief ihm sein Vater hinterher, Remus nickte nur, auch wenn sein Vater das wohl kaum gesehen haben mochte, und lief davon. Er sollte er selbst sein, nicht mehr und nicht weniger. „Lupin?“ Black rannte ihm hinterher, jedoch immer noch darauf bedacht, nicht auf den Raps zu treten. Remus ging schnell, aus irgendeinem Grund war er nun auf Black sauer, auch wenn er sich bewusst war, dass dieser absolut nichts dafür konnte. Er hatte es sich mal wieder selbst beweisen wollen. Sein Vater würde sicher noch deswegen mit ihm sprechen wollen, irgendwann heute Abend, wenn Black nicht anwesend war. „Sorry, war 'ne dumme Idee ...“, nuschelte er, mehr zu sich selbst, als zu Black, der es sicher als Allerletzter hören sollte. „Wieso?“ Er wurde am Arm gepackt. „Ich find's toll von dir! Mir jedenfalls wäre es im Traum nicht eingefallen, meinen Eltern bei irgendwas zu helfen!“ Remus wollte sich nicht umdrehen, sein Gesicht war immer noch heiß. Er versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. „Schon gut. Ist nicht wichtig.“ „Nicht wichtig? Lupin … ich merke, wenn was in einer Familie nicht okay ist, und da ist was! Also?“ Jetzt drehte Remus sich doch um, riss gleichzeitig seinen Arm los. „Und wie kommst du darauf, dass ich ausgerechnet dir das erzähle?“ Das hatte gesessen. Er sah, wie kurzzeitig etwas in Blacks Augen aufflackerte. „Weil … wir Freunde sind, zum Beispiel?“ Remus hätte in diesem Moment viel sagen können. Doch alles was ihm einfiel waren verletzende Worte. Dass er ihm als Freund noch nicht vertraute, dass ihm dieses Wort wie eine lose Bezeichnung vorkam, die nichts mit der Realität zu tun hatte. Freundschaft? Doch nur, weil Potter gerade nicht zur Verfügung stand. Doch Remus sagte nichts. Und dann sprach Black plötzlich aus seinen Gedanken. „Lupin, warte mal.“ Black legte seine Hände auf seine Schultern, nicht festhaltend, wie er es eben getan hatte. „Du denkst sicher, dass mir das hier alles egal ist. Deine Freundschaft und so. Aber das ist sie nicht, okay? Ich hätte dich nicht darum gebeten, wenn es so wäre. Also“, er sah ihm fest in die Augen, so sehr, dass es Remus beinahe unangenehm war, und kam so nahe, dass Remus gleichzeitig zurückwich, „gib mir eine Chance.“ Remus senkte den Blick in der Sekunde, in der Black aufhörte zu sprechen. Er wollte irgendwas sagen, aber irgendwie schien er seine Zunge verschluckt zu haben. Vielleicht war es das, was er als dicken Kloß in seiner Kehle spürte. Und so nickte er bloß, doch das schien Black zu reichen. „Also!“ Black rieb sich die Hände, wieder vollkommen der Alte. „Was wollen wir machen?“ ~~~~~*~~~~~ Remus war es nicht gewohnt, während seiner Ferien andere Leute zu beschäftigen, erst recht nicht, wenn es sich um Freunde handelte. Letzten Endes hatte er so lange rumgedruckst, bis Black ihm grinsend auf die Schulter geschlagen und gesagt hatte, er sollte machen was er wollte, er würde einfach mitmachen. Sie waren erst zurück ins Haus gegangen, um sich etwas zu trinken und zu essen zu holen. Black schwenkte den Korb mit dem Vorrat fröhlich hin und her. Remus war nicht halb so fröhlich. In einiger Entfernung kamen ein paar andere Dorfbewohner den gleichen Weg hinunter wie sie. Remus senkte unbewusst den Kopf. „Hallo!“, grüßte Black gutgelaunt wie immer. Dann war es nur noch ein kurzer Moment. Sie gingen vorüber. Zwei Männer, eine Frau, ein Hund. Ohne ein Wort des Grußes. Nur ein Blick, gefüllt mit Eis, aber auch, wenn auch schwach und gut verborgen, Angst. Der Hund, ein großer Schäferhund, knurrte dunkel und tief. Remus hob den Blick und sah dem Tier in die Augen und beinahe sofort verwandelte sich das Knurren in ein Fiepen und es hechtete seinem Herrn hinterher. Einer der Männer drehte sich noch einmal um und bedachte ihn mit einem Blick, der Remus sich sofort abwenden ließ. Black war wie angewurzelt stehen geblieben, die Stirn gerunzelt. „Was war das denn?“, schimpfte er. Remus ging einfach weiter. Sie gingen zu Remus' Lieblingsbaum, einer ausladenden, knorrigen Weide, in deren Schatten sie sich niederließen. Remus hatte aus Gewohnheit ein Buch mitgenommen – eines der neuen, welche er sich in der Stadt gekauft hatte – und hatte den Buchdeckel aufgeschlagen. „Worum geht es?“ Black hockte neben ihm. Er saß nicht, er hockte. Konnte er sich nicht entscheiden, ob er sitzen oder stehen wollte? Remus sah nicht auf. „Ich weiß selbst nicht genau. Irgendwie dreht es sich um eine Frau, die in einen sehr gefährlichen Mann verliebt ist.“ Remus wurde rot. „Mehr weiß ich auch nicht. Hört sich aber ziemlich gewöhnlich an.“ „Warum hast du es dann gekauft?“ Remus zuckte nur mit den Schultern. Black würde es eh nicht verstehen. „Warum ist der Mann denn gefährlich?“ „Er scheint irgendein Geheimnis zu haben. Vielleicht hat er jemanden umgebracht oder hat noch eine Frau und sechs Kinder, keine Ahnung.“ Black lachte und Remus sah auf. „Wieso lachst du?“ Black wischte sich mit der Hand über sein Gesicht. „Na, über die Art, wie du das sagst! Ein Mörder oder ein Familienvater – als ob das keinen Unterschied machen würde!“ Remus schmunzelte, doch seine Mundwinkel fielen relativ schnell wieder herunter, weswegen er sich rasch wieder seinem Buch widmete. „Ich lese jetzt ein bisschen, vielleicht kann ich dir dann mehr sagen, okay?“ Black nickte, dann stand er doch auf. Remus fragte sich, was er jetzt tun würde, doch er sprach es nicht aus. Während Remus also scheinbar in sein Buch vertieft war, beobachtete er Black aus dem Augenwinkel. Dieser hatte sich wohl dazu entschlossen, die Weide als seinen persönlichen Mount Everest anzusehen und kletterte mit überraschender Behändigkeit in die Baumkrone, sodass einige Blätter herunter auf die Buchseiten und Remus' Haarschopf fielen. Irgendwann hörte der Blätterregen auf. Remus blickte nach oben, um zu sehen, was Black tat und blickte direkt in ein Paar schwarzer Augen. Black hatte sich mit dem Bauch auf einen besonders dicken Ast gelegt, der genau über ihm wuchs. Black starrte zurück. „Ist was?“ „Nichts.“ Remus wandte sich wieder seinem Buch zu. „Du bist ja noch nicht mal über die erste Seite hinausgekommen.“ „Ich les halt langsam.“ „Aha.“ Dann auf einmal ein wahrer Blätterorkan, Knistern und Knacken, als Black sich mit beiden Armen an den Ast hing und schwungvoll heruntersprang. Er ließ sich neben ihn fallen, mit dem Rücken zum Stamm, so nah an Remus, dass dieser kurz erschrak. „Was dagegen, wenn ich mitlese?“ Black wartete keine Antwort ab, sondern rückte noch ein Stückchen näher, sodass seine linke und Remus' rechte Seite aneinanderlagen und legte seinen Kopf nach links, ganz in der Nähe von Remus' Schulter. Es war warm. Zu warm, auch wenn sie im Schatten saßen. Remus wusste ganz genau, dass der Großteil der Hitze in ihm daher rührte, dass er mit Black zusammen einen erotischen Kitsch-Roman für Frauen las. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)