Das Rudel des Wolfes von Rejah (RL / SB) ================================================================================ Kapitel 2: Unverhofftes Treffen ------------------------------- Unverhofftes Treffen Der Hogwarts-Express fuhr schnaufend in den Bahnhof ein. Black hatte Recht damit gehabt, sich schon frühzeitig an die Türen stellen zu wollen, hinter ihnen drängelten die Schüler sich in Massen. Als sich die Türen zischend öffneten, war es Black, der als Erster hinaussprang, ihm folgten Potter, Pettigrew und, mit etwas Abstand, auch Remus. Remus' Augen suchten das Gleis gezielt ab, bis er gefunden hatte, wen er suchte. „Papa!“ Sein Vater drehte sich bei seiner Stimme um, gerade rechtzeitig, um Remus abzufangen, der sich regelrecht in seine Arme warf. „Hey, Remus!“ Er lachte und umarmte ihn einmal kräftig, dann drückte er ihn von sich und begutachtete ihn. „Du hast schon wieder zu wenig gegessen, oder, Remus? Du siehst so abgemagert aus!“ „Die letzten Wochen waren halt anstrengend.“ Remus war froh, seinen Vater endlich wiedersehen zu können und grinste ihn an. „Na ja, wir kriegen dich schon wieder aufgepäppelt.“ Sein Vater zwinkerte ihm zu. „Dann lass uns mal nach Hause fahren, ich habe für heute dein Lieblingsessen gekocht.“ Remus hakte sich bei seinem Vater unter und wollte das Gleis verlassen, so wie er es die Jahre zuvor immer getan hatte. Plötzlich drehte er sich jedoch doch noch einmal um. Einige Meter von ihm entfernt standen Potter, Black und Pettigrew. Potter war gerade mit seinen Eltern beschäftigt, doch Black sah ihn unverhohlen an, selbst als sich ihre Blicke trafen, sah er nicht weg. Langsam hob sich seine Hand, Remus fragte sich wozu. Black lächelte, wie immer sein schiefes Lächeln, das an ein Grinsen erinnerte, und dann begriff Remus. Er winkte ihm zu, verabschiedete sich. Remus winkte zurück. ~~~~~*~~~~~ Das Auto holperte über den steinigen Waldweg, sodass Remus regelrecht durchgeschüttelt wurde. Während der Fahrt nach Hause erzählte er seinem Vater von seiner Schulzeit, und dass er in Hogsmeade wieder ein paar interessante Bücher gefunden hatte. „Und sonst, Remus?“ Remus hielt verwirrt in seinem Redefluss inne, sein Vater sah geradeaus. „Sonst?“ „Na ja … hast du vielleicht ein Mädchen kennengelernt?“ „Papa!“ „Ich mein ja nur ...“ Seine rechte Hand hob sich und strubbelte Remus durch das mausbraune Haar. „Wird doch langsam mal Zeit, oder? Ich war mit 16 ein richtiger Herzensbrecher, weißt du das?“ Er grinste, und auch Remus musste lachen, dann kam ihm ein Gedanke, und sein Lächeln verschwand. „Und Mama? Der hast du nicht das Herz gebrochen.“ Der Blick seines Vaters richtete sich steif auf die Straße. „Na ja … das mit uns hat eine Weile gedauert. Ich glaube, man könnte es so am besten ausdrücken: Wir haben uns immer wieder gegenseitig das Herz gebrochen, bis wir zueinander gefunden haben.“ Er seufzte, dann fuhr er Remus noch einmal durch die Haare. „Liebe ist nicht immer einfach, weißt du.“ „Hm ...“ Remus schwieg. Sein Vater hakte erstmal nicht mehr nach, sondern konzentrierte sich auf die Fahrt. Nach einer Weile lichtete sich der Wald und gab den Blick frei auf weite, gelbe Felder. Nicht mehr lange, und sie würden zu Hause sein. „Und der andere Junge?“ Remus schrak aus seinen Gedanken hoch. „Welcher andere-“ „Na der, dem du am Bahnhof zugewunken hast.“ Sein Vater sah ihn an. „Hast du doch endlich einen Freund gefunden?“ Remus überlegte, wie er es seinem Vater am besten erklären konnte. „Ähm … na ja, so ähnlich. Ich weiß nicht so genau.“ Sein Vater sah ihn fragend an. „Er … er gehört eigentlich zu Potter, weißt du ...“ Damit war die Sache geklärt. ~~~~~*~~~~~ Remus nahm tief Luft und saugte den Duft in sich hinein. Auf seinem Teller befand sich ein saftiges Steak, blutig, so wie er es am liebsten mochte, dazu – das hatte sein Vater wohl nicht lassen können – etwas Gemüse und Kartoffeln. Hungrig wartete Remus ab, bis sich auch sein Vater an den rustikalen Holztisch gesetzt hatte, bevor er mit dem Essen loslegte. „Und? Wie heißt dein Freund?“ Sein Vater konnte es wohl nicht lassen. Remus schluckte den Bissen hinunter. „Black. Sirius Black.“ „Und wie ist er so?“ Da brauchte Remus nicht lange überlegen. „Nervig. Laut. Spielt andauernd dumme Streiche, lernt nicht für die Schule. Potter und er sind die besten Freunde.“ „Und trotzdem bist du mit ihm befreundet? Da muss es doch auch eine gute Seite an ihm geben.“ Remus dachte an den Abend nach der Prüfung zurück, schnell starrte er auf seinen Teller und fing an, das Steak mit der Gabel zu drangsalieren. „Ähm … er kann auch nett sein. Ein bisschen jedenfalls. Er … er hat mich in Schutz genommen, vor Potter. Nicht, dass ich das nötig hätte, aber … er hat sich wegen mir mit ihm gestritten.“ Remus stocherte weiter in seinem Essen herum. „Das ist doch nett.“ „Hm … schon, irgendwie.“ „Kommt er uns mal in den Ferien besuchen? Oder du ihn?“ „Ähm … denke nicht. Also … wenn er wen in den Ferien besucht, dann ist es sicher Potter. Und ich ihn besuchen? Ne ...“ Sein Vater runzelte die Stirn, beließ es jedoch dabei. ~~~~~*~~~~~ Es kam, was kommen musste. So sehr Remus das Leben auf dem Land liebte – endlose Felder, auf denen er Spaziergänge unternehmen konnte, oder die schattigen Bäume des nahe gelegenen Waldes, unter die er sich setzte, um der heißen Sonne zu entgehen, mit einem guten Buch in der Hand – so sehr langweilte es ihn nach einer Weile. Die Bücher, die er sich in Hogsmeade gekauft hatte, hatte er schon längst ausgelesen und blätterte eines davon nun schon zum zweiten Mal durch, aber irgendwie fehlte dieses Mal die Spannung, immerhin wusste er ja, dass die beiden sich finden würden. Noch dazu war es drückend heiß, neben ihm zirpten ein paar Grillen und ein Vogelpaar hatte über ihm begonnen ein Nest zu bauen. Remus' Blick glitt nach oben, schweifte über die Felder, die überall gleich aussahen. Sollte er reingehen und für die Schule vorlernen? Nein. Der Gedanke an sein kühles Zimmer reizte ihn zwar, doch er hatte einfach keine Lust, schon in der ersten Ferienwoche zu lernen. Seinem Vater konnte er auch nicht bei der Arbeit helfen. Er kniff die Augen zusammen, entdeckte ihn als schwarzen Punkt auf gelben Hintergrund, wie er mit seinem Traktor über einen Weg zwischen den Feldern fuhr. Remus konnte keinen Traktor fahren und überhaupt war er für die harte Arbeit aufgrund seiner Krankheit nicht geschaffen. Seufzend klappte er das Buch zu, ohne sich vorher sein Lesezeichen – eine getrocknete Rapsblüte – zwischen die Seiten gelegt zu haben, und stand auf. Sein Weg führte ihn zu seinem Vater, der lächelnd anhielt, als er ihn von weitem auf sich zukommen sah. „Was ist, möchtest du ein bisschen mitfahren?“ Remus schüttelte den Kopf. „Nein … ich wollte fragen, ob du mich vielleicht bis zur Haltestelle fahren kannst.“ „Zur Haltestelle? Willst du in die Stadt?“ Remus nickte. „Ja … mir noch ein paar Bücher kaufen … oder so.“ Sein Vater schüttelte lachend den Kopf. „Du bist wirklich eine richtige Leseratte, was? Aber ich seh schon, du hast mal wieder Langeweile … Ist gut, ich fahr dich.“ Remus war dankbar dafür, dass sein Vater ihn fuhr, immerhin war die Strecke bis zur nächsten Haltestelle ziemlich weit. Zu Fuß würde er durch den Wald und die angrenzende Landstraße entlang beinahe zwei Stunden brauchen, mit dem Auto vielleicht eine Viertelstunde. ~~~~~*~~~~~ Sein Vater setzte ihn an der Haltestelle ab, wünschte ihm viel Spaß und fuhr wieder. Remus sah auf die Uhr, dann auf den Fahrplan, der ihm anzeigte, dass er noch eine halbe Stunde warten musste, bis der Bus kam. Also setzte Remus sich auf die Bank und holte sein Buch wieder hervor. Als Remus in den Bus einstieg, war er vollkommen leer, erst nach und nach stiegen ein paar Leute hinzu, die alle das gleiche Ziel hatten wie er. Es dauert noch eine weitere Stunde, bis er in der Stadt ankam, einem kleinen Vorort von London. In der Stadt war es relativ voll, aber nicht allzu sehr, da es kein Wochenende war, und so klapperte Remus die drei Buchläden, die es gab, ab. Manchmal kicherten ein paar Mädchen hinter ihm, weil er eben nicht die Bücher las, die ein 16-jähriger Junge normalerweise lesen würde, doch das war ihm egal, er kannte sie ja nicht. Nach einigen Stunden holte er sich schließlich ein Eis und setzte sich auf eine Bank, die im Schatten eines Baumes stand. Es war definitiv zu heiß. Er hatte so ziemlich sein ganzes Taschengeld für Bücher ausgegeben, so wie immer. Er sah auf die Uhr. In etwas mehr als einer Stunde müsste er wieder an der Haltestelle sein, damit sein Vater ihn zur üblichen Zeit abholte. Die hatten sie vor langer Zeit mal abgemacht. Also musste er langsam los. Er war gerade aufgestanden, als ihm etwas auffiel. Ein Junge, der an einem Schaufenster lehnte. Schwarze, lange Haare, die etwas zerzaust wirkten. Moment mal. Seine Augen weiteten sich. Das war doch nicht etwa- Remus ging auf ihn zu, und indem er sich ihm näherte, wurde die Ahnung Gewissheit. „Was machst du denn hier, Black?“ Sein Kopf schnellte hoch und er sah ihn aus eben so erschrockenen Augen an, wie er ihn anstarrte. „Lupin?“ Erst jetzt fiel ihm auf, dass er ziemlich erschöpft aussah. Nicht nur, dass seine Haare wohl schon seit Längerem keine Wäsche mehr bekommen hatten – ziemlich ungewöhnlich für jemanden, der sonst jeden Tag unter die Dusche hüpfte – seine Kleidung war auch so zerknittert, dass es aussah, als hätte er in den gleichen Klamotten geschlafen. Zudem sah er ziemlich blass aus und irgendetwas in seinen Augen sagte ihm, dass etwas nicht in Ordnung war. „Ähm … wohnst du nicht eigentlich in London?“ Die Stadt war etwas zu weit entfernt von hier, um sein Erscheinen hier mit einer simplen Shoppingtour zu begründen. Black nuschelte irgendwas. „Was hast du gesagt?“ „Ich bin abgehauen!“ „Was?“ Remus starrte ihn so verblüfft an, dass er beinahe die Tasche mit seinen Büchern fallen gelassen hätte. „Warum?“ Black zuckte mit den Schultern. Gut, er wollte nicht reden. Aber Remus verwettete sein Abendessen darauf, dass es irgendwas mit seiner Familie zu tun hatte. Vorsichtig sah er wieder zu Black, der einen trotzigen Gesichtsausdruck aufgelegt hatte. „Ähm … und was willst du jetzt tun?“ Black zuckte wieder mit den Schultern. „Potter … hatte dir doch angeboten, in diesem Fall zu ihm zu kommen.“ Black brummte. „Ja, schon ...“ „Hörst dich nicht sehr begeistert an.“ „Pff … ich weiß nicht, ob ich zu ihm kommen soll.“ „Warum nicht?“ Wieder ein Zucken. Remus überlegte. Irgendwie war dieser Black so anders als der, den er in der Schule kannte. Müde und erschöpft. Keine Mädchen um ihn herum, die er einige Stunden später seiner Strichliste hinzufügen konnte. Kein Potter. Benahm er sich nur in seiner Gegenwart wie ein Macho? „Ähm … wo übernachtest du denn?“ Black sah ihn aus dunklen Augen an. „Weiß nicht. Parkbank oder so.“ Remus bekam große Augen. „Aber – aber das ist doch gefährlich!“ „Hm, wieso?“ „Äh … vielleicht … gibt es hier wilde Tiere?“ „Ach was ...“ „Ähm … jedenfalls solltest du nicht einfach so draußen schlafen.“ „Ach, und wo sonst? Kann ja schlecht irgendwo einbrechen und für lau nimmt mich auch keiner auf, vor allem nicht so, wie ich aussehe.“ „Ähm ...“ Remus kostete es eine Menge Überwindung, das zu sagen. „Du könntest ja … mit zu mir kommen ...“ Dieses Mal war es Black, der überrascht aussah. Er antwortete nicht direkt. „Das würdest du tun?“ Remus nickte. Ihm war das Ganze unangenehm. Dann fiel ihm wieder etwas ein, er sah auf die Uhr. „Oh nein!“ Gehetzt sah er zu Black auf. „Mein Bus fährt gleich ab!“ ~~~~~*~~~~~ Remus hielt keuchend inne und stützte sich mit den Händen auf seinen Knien ab, während er nach Atem rang. Sie waren so schnell gelaufen wie sie konnten. Black sah dem Bus hinterher. „Knapp vorbei ist auch daneben, würde ich sagen.“ „Scheiße! Der kommt nur alle zwei Stunden.“ Remus sah, wie Blacks Mundwinkel zuckten. „Was ist so lustig?“ Black grinste. „Hab dich noch nie fluchen hören.“ Remus schnaubte, dann setzte er sich auf die Bank, die neben dem Haltestellenschild stand. Eine Weile lang schwiegen beide, bis Black das Wort ergriff. „Jetzt sitzen wir doch auf einer Bank.“ „Aber auf keiner Parkbank.“ „Ja, auf 'ner Bank von 'ner Bushaltestelle. Hat die bei dir 'nen höheren Rang?“ Black kicherte. Remus dagegen machte sich eher Sorgen. Was würde sein Vater denken, wenn er nicht zum vereinbarten Zeitpunkt da war? Er war noch nie zu spät gekommen. Plötzlich stieß ihn Black von der Seite her an. „Hey, was ist los? Eigentlich müsste ich hier derjenige sein, der Trübsal bläst.“ „Nichts … es ist nur, ich habe meinem Vater versprochen, um acht Uhr wieder an unserer Haltestelle zu sein.“ Black nickte. „Hattet ihr das so ausgemacht.“ „Ja.“ „Na ja … daran kann man nichts mehr machen. Ich schätze, zu Fuß ist es zu weit, oder? Ist ja alles ziemlich ländlich hier.“ „Du wohnst in der Stadt, oder?“ Black nickte. „So krass wie in London ist es nicht, aber bei uns wär's nicht so schlimm, wenn man mal den Bus verpasst hat, nach zehn oder zwanzig Minuten kommt dann der nächste.“ Sie verfielen wieder in Schweigen. Remus wusste nicht, wie er ein Gespräch mit Black anfangen sollte. Jetzt fiel ihm auf, dass er noch nie wirklich mit ihm gesprochen hatte – Black hatte ihn geärgert, ihm aus Spaß Sachen geklaut und sie dann Tage später unauffällig wieder auftauchen lassen, er hatte manches Mal für seine Streiche herhalten müssen – doch geredet hatten sie nie. Auch Black schwieg. Remus bemerkte aus dem Augenwinkel, dass er nun doch ziemlich müde zu sein schien. Wer wusste schon, wie lange er unterwegs war und wo er die letzten Nächte übernachtet hatte. Remus hoffte, dass er die Sache mit der Parkbank nicht ernst gemeint hatte, doch so wie er aussah, musste wohl etwas Wahres dran sein. Black war so anders als sonst. Still. Die Augen vor Müdigkeit halb geschlossen. Remus beobachtete ihn unauffällig, sah zu, wie ihm nach und nach die Augen zufielen. „Du kannst schlafen, wenn du willst.“, sprach er ihn plötzlich an, Black schreckte hoch. „Ich wecke dich, wenn der Bus da ist.“ Black blinzelte ihn an, als hätte er ihn zuvor noch nie gesehen, dann nickte er. Remus protestierte nicht, als er sich auf der Bank ausstreckte und ungefragt seinen Kopf in seinen Schoß legte. Wer wusste schon, was Black in den letzten Tagen alles erlebt hatte. Remus hatte Mitleid mit ihm, und so legte er vorsichtig eine Hand auf seine Schulter, spürte das sanfte Auf und Ab seines Atems, der immer langsamer wurde, bis er sich zu leisen, tiefen Atemzügen verwandelt hatte, die das einzige Geräusch an der kaum befahrenen Straße bildeten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)