Durch die Blume gesagt von Selenay (Beitrag für die 7. Taito Challenge im Taito 4ever Zirkel) ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Ächzend und stöhnend wälzte sich Yamato im Bett herum, machte einen Versuch sich auf die andere Seite zu drehen und bereute dies sofort wieder. Noch nie zuvor hatte er Kopfschmerzen von diesem Ausmaß gehabt und schwor sich, es auch kein zweites Mal soweit kommen zu lassen. Hätte er gewusst, dass nur zwei Becher von dem Zeug ihn derart betrunken machen würden, hätte er einen weiten Bogen darum gemacht und sich etwas mit geringerem Alkoholgehalt besorgt. Versuchsweise öffnete er die Augen, schloss diese jedoch sogleich wieder, weil ihm die Sonne direkt ins Gesicht schien und das Hämmern in seinem Kopf nur noch verstärkte. Seine Kehle war wie ausgetrocknet, als tastete Yamato blind nach der Flasche Mineralwasser, die neben seinem Bett stand, schaffte es irgendwie diese zu öffnen und trank einen tiefen Schluck. Danach ging es etwas besser und er versuchte erneut sich ganz langsam aufzurappeln. Im Schneckentempo schaffte er es schließlich sich aufzusetzen und die Beine über die Bettkante zu schwingen, musste danach jedoch einen Augenblick ruhig sitzenbleiben, da ihm schwarz vor Augen wurde. Seufzend stützte er seinen Kopf mit den Händen und wartete darauf, dass sein Kreislauf sich wieder normalisierte. Nur sehr bruchstückhaft konnte er sich an die Party erinnern, doch immer wieder sah er Bilder von Taichi vor sich, zwischendrin eine Szene mit ein paar Mädchen und Takeru, als er ihn begrüßt hatte. Auch wenn er nicht genau wusste was, war sich Yamato sicher, dass er sich irgendetwas Peinliches geleistet hatte. Stöhnend strich er sich die zerzausten Haare aus dem Gesicht und zog sich am Bettpfosten hoch, schleppte sich langsam zur Tür. In der Wohnung war es komplett still und ein Blick auf die Uhr in der Küche bestätigte ihm, dass es spät war und er verdammt lange geschlafen haben musste. Sein Vater war schon seit Stunden wieder auf der Arbeit. Auf dem Tisch lag ein Zettel, aber Yamato ignorierte ihn vorerst und schleppte sich weiter ins Badezimmer, wo die Ishidas ihr Aspirin aufbewahrten. Nach kurzer Suche im Arzneischrank wurde er fündig und kippte kurzerhand Zahnbürste und Zahnpasta aus seinem Becher, um darin die Tablette aufzulösen. Zurück in die Küche zu gehen, um sich dort stattdessen ein Glas zu holen, war nämlich definitiv keine Option. Während die Tablette fröhlich vor sich hinsprudelte, wagte er einen Blick in den Spiegel und stöhnte gequält auf. Sein Gesicht war ziemlich blass und der am Abend vorher so sorgfältig aufgetragene Eyeliner war über sein halbes Gesicht verschmiert. Dazu standen seine Haare in alle möglichen Richtungen ab, was ihm das Aussehen eines Zombies, der frisch aus seinem Grab geklettert war gab. Erschöpft setzte sich Yamato auf den Klodeckel und trank in kleinen Schlucken seine Tablette. Das Zeug war unglaublich widerlich und er hoffte, dass die Wirkung wenigstens möglichst bald einsetzen würde. Nachdem der Becher leer war, rappelte er sich wieder hoch und spülte diesen gut aus, beschloss, dass es eine gute Idee war sich die Zähne zu putzen. Also sammelte er die zuvor ins Waschbecken geschmissenen Sachen ein und tat eben dies. Bevor er das Badezimmer schließlich verließ, wusch er sich noch mit kaltem Wasser das Gesicht, wonach er sich ein kleines bisschen besser fühlte. Der Zettel auf dem Küchentisch entpuppte sich als Hinweis, dass Ishida Senior seinem Sprößling Essen in die Mikrowelle gestellt hatte, welches dieser sich doch warm machen sollte, sofern er Hunger habe. Allein beim Gedanken an Essen drehte sich dem Blonden jedoch der Magen um und er verzichtete vorerst dankend. Da er nicht wieder zurück ins Bett gehen wollte, legte er sich für eine Weile auf die Couch und ließ sich von den Talkshows im Fernsehen berieseln. Als die Wirkung der Tablette endlich einsetzte und er begann sich wieder wie ein normaler Mensch zu fühlen, ging er zurück in sein Zimmer und suchte sich frische Sachen, die er mit ins Badezimmer nahm, wo er sich aus den Klamotten vom Vortag schälte und erstmal heiß duschte. Nach noch einer Aspirin und einiger Zeit vor dem Spiegel mit seinen Kosmetikprodukten fühlte er sich wieder fast wie immer und beschloss ein wenig spazieren zu gehen, da es ihm komischerweise zu ruhig in der Wohnung war, was ein sicheres Anzeichen dafür war, dass etwas nicht mit ihm stimmte, denn normalerweise konnte es für Yamato nie ruhig genug sein. Fast wie von selbst trugen ihn seine Beine in Richtung Blumenladen und ein vorsichtiger Blick durch das Schaufenster bestätigte ihm, dass Taichi bei der Arbeit war. Gerade unterhielt er sich angeregt mit einer rosahaarigen Frau, mit welcher er sehr vertraut zu sein schien. Yamato war sich nicht sicher, warum er überhaupt hergekommen war, redete sich dann jedoch ein, dass er sich nur bei Taichi für den gestrigen Abend entschuldigen wollte. Noch immer wusste er nicht genau was geschehen war und er war sich auch nicht sicher, ob er dies tatsächlich wissen wollte. Vielleicht sollte er später mal Takeru anrufen, der konnte ihm sicher mehr dazu sagen, denn irgendwie machte es ihn auch wahnsinnig, dass er sich an fast nichts erinnern konnte. Da ging er einmal alle Jubeljahre auf eine Party und dann stürzte er so ab – tolles Beispiel, das er da seinem jüngeren Bruder abgab. Mittlerweile stand Taichi alleine hinter dem Verkauftresen und schien darauf zu warten, dass endlich Kundschaft kam. Noch immer rang Yamato innerlich mit sich, ob er den Laden tatsächlich betreten wollte, oder nicht. Plötzlich trafen sich jedoch ihre Blicke und Yamato hatte einen Anflug von Deja Vu, denn es war fast genauso, wie auf der Party. Leider hieß das auch, dass es zu spät zum weglaufen war und so atmete er tief durch und ging in den Blumenladen. Taichi begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln, während Yamato jeder Schritt zum Tresen immer schwerer fiel. "Hallo Yamato, das ist aber eine Überraschung! Geht's dir wieder besser?" Ein leichter Rotschimmer legte sich auf die Wangen des Blonden, denn in der Stimme des Blumenverkäufers schwang aufrichtige Besorgnis mit. Schweigend nickte er nur und schaute sich im Laden um, darauf bedacht nur ja nicht den braunhaarigen Mann vor sich anzusehen. Schweigend standen sie eine ganze Weile so da, bis sich Taichi schließlich räusperte. "Womit kann ich dir denn heute dienen?" Yamato war sich nicht sicher, wie er anfangen sollte und auf einmal war er sicher, dass der Besuch im Blumenladen eine verdammt schlechte Idee gewesen war. Nun musste er mit Taichi reden, ob er wollte oder nicht und wenn er einfach so wieder ging, würde er sich damit nur noch mehr lächerlich machen. Leider hatte er nicht die geringste Ahnung, wie er das Gespräch anfangen sollte, weshalb er nur beschämt den Boden anstarrte. In zwischenmenschlichen Dingen war er echt eine totale Niete. "Ich wollte mich für gestern entschuldigen. Ich erinnere mich zwar kaum, aber ich glaube, ich habe irgendwas Dummes gemacht." Taichi fing an zu lachen, fing sich jedoch kurz darauf wieder und hustete hinter vorgehaltener Hand, was Yamato dazu veranlasste noch mehr in sich zusammenzusinken. Gerade wollte er sich umdrehen und den Laden verlassen, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Erschrocken hob er den Kopf und schaute Taichi verdattert an, der neben ihn getreten war, was Yamato überhaupt nicht bemerkt hatte. "Tut mir leid, dass ich gelacht habe. Das war nicht sehr taktvoll von mir." Der Blonde nickte nur, zum Zeichen, dass er die Entschuldigung annahm. Der Blumenverkäufer stand so nah bei ihm, dass jeglicher klarer Gedanke wie weggewischt war und Yamato glaubte die Wärme von Taichis Hand selbst durch seine Jacke spüren zu können. Wieder nahm er den Geruch von dessen Aftershave wahr, atmete ihn tief ein. Als er sich dabei ertappte, errötete er schlagartig und hoffte inständig, dass Taichi es nicht bemerkt hatte. Wieso nur führte er sich auf wie ein pubertierendes Mädchen? Immerhin war er verdammt nochmal 21 Jahre alt und nicht 12! Als Taichi dann auch noch begann ihm beruhigend über die Schulter zu streicheln, wäre Yamato am liebsten vor Scham im Erdboden verschwunden. "Was letzte Nacht angeht brauchst du dich nicht entschuldigen, war doch selbstverständlich, dass ich dich nach Hause gebracht habe." Taichi hatte ihn nach Hause gebracht? Ein Anruf bei seinem Bruder schien immer unausweichlicher zu werden. Da er nun getan hatte, wozu er hergekommen war, sollte er jetzt wohl am besten gehen, bevor er sich noch schlimmer blamierte. Also zwang er sich Taichi anzusehen und ein Lächeln aufzusetzen. "Okay... Ich sollte dann jetzt auch wieder gehen. Ich muss noch eine äh... Hausarbeit schreiben, für... meinen Literaturkurs." Durch sein Rumgestottere klang die Ausrede auch wie eine, was Taichi jedoch entweder ignorierte, oder tatsächlich nicht mitbekommen hatte. "Moment noch, ich hab was für dich." Fragend sah Yamato den Braunhaarigen an, der sich für einen Augenblick hinter dem Tresen zu schaffen machte und ihm dann mit einem Lächeln eine riesige Sonnenblume überreichte. Zögerlich nahm Yamato diese entgegen und kam sich irgendwie doof vor, da der andere ihm schon wieder etwas geschenkt hatte. Erneut zwang er sich zu einem Lächeln und murmelte ein leises 'Danke', was Taichi zufriedenzustellen schien. "Also bis dann Yamato, ich hoffe wir sehen uns mal wieder!" Kaum hatte er dies gesagt, drehte sich Taichi auch schon um und verschwand durch eine Tür im hinteren Teil des Ladens. Noch einen Augenblick blieb Yamato verdattert stehen, verließ dann jedoch fluchtartig den Blumenladen und machte sich auf den Weg nach Hause. Erst als er die Wohnungstür hinter sich schloss und sich mit einem Seufzer dagegen lehnte, atmete Yamato wieder auf. Warum nur fühlte er sich so verdammt komisch in Taichis Gegenwart? Er betrachtete die Sonnenblume in seinen Händen und ging schließlich in die Küche, um diese in ein Gefäß mit Wasser zu stellen. Auf der Anrichte stand noch immer eine Vase mit der Chrysantheme vom Vortag und Yamato stellte die Sonnenblume daneben ab. Plötzlich erregte etwas weißes seine Aufmerksamkeit und ihm fiel auf, dass an der Sonnenblume ein Zettel hing. Neugierig entfernte er diesen von der Blume und faltete ihn auseinander. Als er las, was darauf stand blieb ihm vor Erstaunen der Mund offen stehen, gefolgt davon, dass er knallrot im Gesicht wurde. Könnte ich Deiner Augen Schönheit beschreiben und all Deine Grazie mit neuen Worten benennen, möchte die Nachwelt meinen: "dieser Poet lügt; soviel himmlischer Hauch hat niemals die Erde berührt." (William Shakespeare, Sonett Nr. 17) Und darunter: Erinnerst du dich noch an die Bedeutung einer Sonnenblume? Einen Augenblick grübelte Yamato nach, versuchte sich Taichis Erklärungen wieder ins Gedächtnis zu rufen, bis er sich schließlich erinnerte. Eine Sonnenblume bedeutete 'Ich habe nur Augen für dich'. Die Röte in seinem Gesicht war wieder abgeklungen, doch als Yamato die komplette Bedeutung der Worte und er Blume klar wurde, kehrte sie mit erneuter Vehemenz zurück. Am Tag zuvor war er nach langen Überlegungen zu dem Schluss gekommen, dass Taichi keine weiteren Hintergedanken gehabt hatte, als er ihm die Chrysantheme geschenkt hatte, doch dies widerlegte seine Theorie nun unwideruflich. Ein komisches warmes Gefühl machte sich in Yamatos Magen breit, denn er konnte nicht leugnen, dass er sich geschmeichelt fühlte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)