Maleficia von Mayiva (Build up castles in the sky and in the sand) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Fünf Jahre und sie erkannte das Amulett ihres Vaters, als sei es erst gestern gewesen, dass er sich über sie gebeugt hatte und der schwere Anhänger aus massivem Gold dabei aus seinem Ausschnitt rutschte und über ihr baumelte. Sie versuchte ruhig zu bleiben und blickte dem Dunklen geradewegs in die Augen. „Woher habt Ihr das? Es sieht wertvoll aus.“ „Oh, es ist ein Wiedersehensgeschenk sozusagen.“ Seine Augen blitzten. „Ihr wisst nicht zufällig, was das ist?“ Sie überlegte fieberhaft. Er war definitiv nicht der Dunkle, der die Bande aus Räubern angeführt hatte, also hatte er mit dem Überfall wohl auch nichts zu tun. Einige Sekunden zögerte sie noch, dann antwortete sie. „Das ist das Emblem eines Drachen. Ich hörte, dass es einst einer Adelsfamilie gehörte, es ihr aber gestohlen wurde. Es wurde viel darüber gemunkelt, aber die wenigsten wissen, was man damit anstellen kann.“, erklärte sie und musste sich zwingen, den Blick von dem Amulett loszureißen. „Damit kann man den Wind beherrschen.“ Irgendein Urahn in ihrer Familie hatte es einem Drachen entwendet. Ihr Vater hatte damit die Macht des Windes zum Kämpfen nutzen können, obwohl er nicht mit sonderlich starken Magiefähigkeiten geboren war. „Es verleiht einem magische Kräfte...“, schlussfolgerte er. „Ob mein Baron es zurückverlangt, wenn er das erfährt?“ Er lächelte seicht. „Redet Ihr von einem Zwerg?“ Sie lächelte. „Nein, nein. Auch Dunkle können gierig sein.“ Er ging auf das Spiel ein. „Speziell die mit roten Haaren.“, erwiderte sie daraufhin. „Er besitzt schwarzes Haar, aber er hat es mir als Willkommensgruß geschenkt, er wird es wohl kaum wiederhaben wollen.“, lächelte der Dunkle so unschuldig, als würde in seinem Geist kein einziger schlechter Wesenszug wohnen. Ein Dunkler mit schwarzen Haaren... Vor Maleficias Augen erschien ein Gesicht, das tosende Flammen in glutrotes Licht tauchten, während die Schwärze eines nächtlichen Waldes es kurze Zeit später verschlang. Er musste es sein. Niemand sonst besaß dieses Emblem, was einer ihrer Urahnen einst einem Drachen entrungen hatte. Sie erhob sich. „Als Willkommensgruß?“ „Ja, ich war viele, viele Jahre fort.“, erwiderte er ausweichend und erhob sich ebenfalls, nachdem er das Emblem wieder in das Samttuch geschlagen hatte. Maleficia überlegte eilig. Sie musste mit ihm gehen, koste es, was es wolle. Beinahe zaghaft machte sie einen Schritt auf ihn zu. Nun kam es darauf an. Alles oder nichts. Der Blick aus seinen Augen war so unschuldig, wie der Blick eines Dunklen nur sein konnte, doch sie spürte, dass dahinter etwas brodelte, was er selbst vor dem genauen Betrachter sehr gut verbergen konnte. „Dürfte ich wohl Euren Namen erfahren?“, flüsterte sie und schaute zu ihm hoch. Wie lange war es wohl her, dass eine Frau ihn so angesehen hatte? Hoffentlich länger als nur ein paar Stunden. „Sandokan.“, antwortete er einfach. Sie konnte nicht in seinem Gesicht lesen, was er nun dachte. Es war so verschlossen und rein, als würde der Regen jegliche Emotion fortspülen. „Sandokan...“ Sie ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Er klang so seltsam weich, weicher als alle Namen, die sie gehört hatte. Sie wusste nicht so Recht, ob er ihr gefallen sollte oder nicht, sie wusste nur, dass sie bloß diese eine Chance hatte. Und so machte sie einen weiteren schnellen Schritt auf ihn zu, legte die Arme um seinen Hals und zog sich auf ihre Zehenspitzen, zu ihm hinauf, um seine Lippen mit den eigenen zu versiegeln. Nein, es war ihr vielleicht nicht möglich, in seinem Gesicht zu lesen, aber sie spürte dafür umso deutlicher an seiner Reaktion, worüber sie sich eben noch nicht sicher gewesen war. Mit einer heftigen Bewegung schlang er die kräftigen Arme um sie und drückte ihren Körper so fest gegen seinen, dass sie kaum Luft bekam. Sie hatte gewonnen. Und im selben Moment verloren, aber das merkte sie erst, als er ein paar Zentimeter vor ihr zurückwich und ihr eine Strähne aus der Stirn strich. Sie hatte es genossen. Sie hatte das hier tatsächlich genossen. Sie biss sich auf die Unterlippe. Ihr rastloser Blick tastete über sein Gesicht, versuchte jede Einzelheit mit aller Deutlichkeit wahrzunehmen und in ihrem Kopf abzuspeichern - die hohen Wangenknochen, die nass glänzten, die scharf geschnittenen Augenbrauen, die vollen Lippen, die noch halb geöffnet waren und leicht zu beben schienen, die gerade Nase, die Augen, so klar wie ein Gebirgsfluss... Er begann auf einmal zu lächeln. „Das Amulett werdet Ihr trotzdem nicht bekommen, das ist Euch doch wohl klar.“ Maleficia schüttelte hastig den Kopf. „Ich will das dumme Ding gar nicht, ich möchte nur nicht zurück zu diesen Wanderern.“ „Wanderer? Ihr meint den Trupp der Assassine?“ „Meinetwegen auch Assassine, nennt sie wie Ihr wollt, ich will nur nicht weiter mit ihnen ziehen.“ Sie blickte so flehend zu ihm hoch, wie sie konnte – und oh, sie konnte sehr flehend schauen, dazu brauchte sie nicht einmal großartig schauspielern. „Was genau erhofft Ihr Euch von mir?“, antwortet er leicht amüsiert, wofür sie ihn am liebsten geschlagen hätte, aber sie beherrschte sich. Sie wollte diesen Dunklen finden und ihn zerstören. „Freiheit.“ Sie legte in dieses geflüsterte Wort all den Hass auf ihr Leben, und das amüsierte Funkeln schwand aus Sandokans Augen, als würden sich plötzlich Wolken auf klarem Wasser spiegeln. „Freiheit findest du bei Söldnern sicherlich mehr als bei einem Haufen Assassine, die sich am liebsten gegenseitig erdolchen würden. Aber das Leben ist nicht leichter bei uns.“ Ihr Blick saugte sich an seinen Lippen fest. Wieso wollte sie ihn eben noch schlagen? Ihn zu küssen wäre doch eigentlich schöner... Als wenn er ihre Gedanken las, beugte er sich auf einmal zu ihr herunter und küsste sie, weniger stürmisch als vor ein paar Minuten, aber nicht minder fordernd. Ja, es war definitiv länger als nur ein paar Stunden her, dass eine Frau ihn so angesehen hatte, beantwortete sie sich ihre Frage von vorhin selber. Diesmal war sie es, die sich von ihm löste, denn sie merkte an der Art, wie seine Finger ihren Rücken hinab tasteten, dass er sich mehr erhoffte. Letzten Endes war er eben doch nur ein Mann, aber an genau dem Punkt konnte sie perfekt ansetzen. „Wenn Ihr mich von diesen Meuchelmördern erlöst, erfülle ich Euch einen Wunsch.“ Ihre schmalen Hände glitten über seinen Nacken und sie konnte nahezu dabei zusehen, wie seine Zweifel brachen. „Zerstört das Lager, nehmt Euch, was Ihr wollt, nur lasst mir mein Eigentum und meine Freiheit.“ Und er ging darauf ein. Der Söldnertrupp, der sich selber Bund der Drachen nannte, vertrieb die Assassine mit Leichtigkeit, nahm deren Schätze an sich und Maleficia bei sich auf, aber erst am Ende des Tages bekam sie den Mann zu sehen, dem sie schon eine halbe Ewigkeit, wie es ihr schien, entgegenfieberte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)