Licht und Dunkelheit von Diracdet (Teil 6 des Detektiv Conan-Noir Crossovers) ================================================================================ Kapitel 9: Die Kellergalerie ---------------------------- Hallo an alle Lesenden,^^ Zunächst erstmal ein herzliches Dankeschön wieder an die fleißigen Kommi-Schreiber. Kirikas Geschichte im Details – was ja eigentlich rein Noir-Geschichte ist, wird erst in der nächsten FF angesprochen, dennoch wird sie im 10. Kapitel einiges sehr explizites verraten, über sich, über Les Soldats... So, nun geht es aber endlich auf zur Schlossbesichtigung und zwar gleich mit dem Highlight... im Keller! XD Aber für Kunstinteressierte vielleicht der schönste Ort. Natürlich aber auch viel zum Fall. Apropos, auch wenn Heiji grob fahrlässig daran scheitert, im Prinzip könnt ihr jetzt schon... ahnen, was Sache im Fall ist, nach diesem Kapitel erst recht. ;] Allerdings würden dann die Beweise fehlen. So, viel mehr habe ich schon fast nicht zu diesem neuen Kapitel zu sagen, es steckt genug andere Information drinne. Aber ich melde mich am Ende nochmal kurz. In diesem Sinne bis... nachher... unten. XP LG, Diracdet _________________________________________________________________________________ Kapitel 9: Die Kellergalerie Die drei Künstler, die Detektive Kogoro und Heiji und schließlich die beiden jungen Frauen, Ran und Kazuha, beschritten in diesen Gruppen nacheinander die breite, aus dickem und trotz des Alters nicht knarrenden Eichenholz gebaute Treppe in das große Kellergewölbe, welches sich nach Aussage Yamamuras über die gesamte Grundfläche des Schlosses ausdehnte und dadurch einige riesige Räume bot. „Und was ham Se nun in so nem Riesenbunker, was Se bei ner Schlossführung unbedingt zeigen müssen?“, krächzte Heiji genervt, während er die unebenen Mauern zu seiner Seite betrachtete, die noch von Menschenhand, ohne maschinelle Präzision, auf den Erdboden aufgetragen worden sein mussten. Immer wieder klopfte er spontan gegen diese Wände, bekam aber nur das robuste, stumme Geräusch des massiven Gesteins als Antwort. Hier war zumindest ganz sicher nirgends ein versteckter Geheimgang... wohin auch, stellte Heiji ironisch fest, es war ja bereits unter der Erdoberfläche. Das spärliche Glühlampenlicht, welches offenbar noch vor dem Einzug der ersten Künstler hier installiert wurde, genügte kaum, diesen Weg auszuleuchten, und Tageslicht gehörte definitiv nicht mehr zu den Erscheinungen, die ihm hier ins Auge fielen. Nein... eigentlich fehlten nur die Fackeln, statt der Funzeln an der Decke, dann würde das wirklich wie in einem Gruselfilm von vor 50 Jahren aussehen, stellte er im Gesamtkonzept fest. Mit leicht ironischem Grinsen betrachtete er aus dem Augenwinkel seine Freundin, die deutlich bedächtiger hintenan schritt und sich ein wenig hinter Ran zu verstecken schien. „Ne Galerie.“, stöhnte Kogoro nicht weniger genervt, als die Künstler fast geheimniskrämerisch auf Heijis Antwort schwiegen. „Die lagern hier unten ein paar ältere Werke von sich, die nicht durch Herrn Kunieda irgendwo ausgestellt werden und noch nicht von ihnen selbst vernichtet wurden.“ „Jetzt haben Sie uns die Überraschung verdorben, Herr Mori!“, grinste Hino mit verstellter Stimme, als hätte ihn das gestört. Kazuha war jedoch hellhörig geworden. „Ihre alten... nicht vernichteten Werke? Hier unten?“ „Nun ja... jeder Künstler muss für seine Objekte Platz... und in der Regel auch Verwendung haben. Auf Ausstellungen zeigt man als... noch Neulinge, die wir, außer Seijiro, wohl noch sind, da häufig nur ein paar Tage oder Wochen seine Werke, dann muss man meistens den Großteil, wenn nicht alles, wieder mitnehmen und irgendwo aufbewahren... Ein kleines angemietetes Atelier wird dann schnell eng, und große Lager, wie sie Katsui zum Beispiel benötigen würde, kann man sich in so einer Position erst recht nicht leisten.“ „Ja... aber zerstören? Ich dachte, die Dinger bedeuten Ihnen was?“ Die fast freizügige Äußerung, wie die Künstler mit ihren Werken umgingen, ließen den Detektiv aus Osaka doch etwas verblüfft stehen bleiben. Herr Tomoko lächele ironisch, wenn auch von oben herab. „Dinger? Wir haben hier einen echten Experten, was? Aber wenn du schon so fragst, hm... hast du noch die Notizen, die du vor Jahren mal zu deinen Fällen machst?“ „Ne. Sollte ich?“ „Sie beschreiben deine damaligen Denkprozesse, deine Überlegungen, alles was du richtig gemacht hast, alles, was schief gelaufen ist. Es wäre doch sicher ein guter Ansatzpunkt für die heutige Arbeit als Detektiv, oder nicht?“ Plötzlich hörte Heiji hinter sich ein leichtes Kichern, erkannte die Stimmen der beiden Damen darin und blickte leicht pikiert zur Seite. „Ich hab se nich mehr, weil ich mich weiter entwickelt habe, und Sie wollen sagen, so ähnlich ist es in der Kunst.“ „Im Prinzip, in fast allen Disziplinen sogar, so weit ich weiß, da kannst du auch Schriftsteller fragen, oder Musiker. Wobei Zeit sicher nicht der zentrale Aspekt ist. Man entwickelt sich, verändert seinen Stil, bessert Fehler aus, die einem nicht auffielen... und man kann heutzutage noch böse Fehler machen, wegen der man ein Werk einfach nicht... nicht schön finden kann. Und nach diesem Kriterium sortieren Künstler öfters aus. Es ist einfach schlecht. Unsere früheren Werke stehen natürlich für so einen Punkt in unserer Entwicklung, den wir in der Regel überschritten haben. Und in vielen Fällen, sicher nicht in allen... wendet man sich dann mit Abscheu von diesen Werken ab, ist eher paralysiert vom eigenen Unvermögen, als von den damaligen Leistungen. Daher ist tendenziell immer bei den älteren Objekten diese Denkweise. Und in Anbetracht des Haltungsproblems der älteren Stücke, das Daijo erwähnte... nun ja, da sind viele, gerade junge Künstler doch recht rigoros mit ihren Werken. Klingt hart, aber so ist die Einstellung. Wir wollen den Menschen etwas zeigen, etwas, das sie fasziniert, und wenn es uns nicht fasziniert, ist es einfach auch nicht für die Augen anderer Leute bestimmt...“ Er lächelte resignierend auf, drehte sich nochmal um. „Noch viel früher war es eigentlich noch schlimmer, als man kein Geld für Leinwand hatte und Leute wie Van Gogh ihre eigenen Bilder übermalen mussten, weil sie das eine nicht verkaufen konnten und sich die Grundlagen für ein neues nicht leisten konnten. So gesehen... finde ich die heutige Zeit schon deutlich erträglicher.“ Ein Blick zu Heiji verriet dem 3D-Künstler jedoch, dass dieser sich nicht wirklich mit der Begründung zufrieden gab. „Ich will den tollen Vortrag ja nich aus den Angeln heben, aber ich hätt ihre Werke nich mit meinen Notizen verglichen. Ich mein, meine Werke... sind doch meine Fallaufklärungen, und meine Notizen sind... naja, wie ihr Skizzenblock, oder nicht?“ Der große Mann schmunzelte fast etwas beleidigt. „Ach... und kannst du deine Fälle zerstören, nachdem du sie offiziell abgeschlossen hast?“ „... Nein, aber...“ „Was ist dann für dich ein schlechter Fall?“ „Wenn ich ihn nicht lösen kann.“ „Dann ist er nicht abgeschlossen. Aber dann ist der Fall doch auch nicht vorbei oder? Wir sind zwar nie wirklich fertig mit unseren Werken, aber beschließen irgendwann, dass sie nicht mehr besser werden, wenn wir etwas zu verbessern suchen. Manche Informationen zu einem Fall können vielleicht nie ans Licht kommen, bleiben in der Waage des Zweifels stehen, ohne dass es der Quintessenz schadet. Ich meine nur... der Vergleich sollte einen Ansatzpunkt bieten, um zu verstehen, warum wir tun, was wir tun. Ein Vergleich funktioniert nur so lange, wie man sich auf den Aspekt beschränkt, den man vergleichen will, danach ist es eher Zufall.“ Heiji nickte angestrengt, ging dann nachdenklich weiter, als er unsanft in seinen Gedanken unterbrochen wurde. „Aber ich meinte was ganz anderes...“, setzte Kazuha noch einmal energisch an, „…nämlich, dass hier unten doch gar nicht die Bedingungen herrschen, um Kunstwerke länger zu lagern. Die bedürfen doch besonderer klimatischer Bedingungen, soweit ich weiß.“ Die drei Künstler sahen sich verwundert an und auch Ran und ihr Vater waren erstaunt. Schließlich drehte sich Yamamura lächelnd um. „Respekt, junge Dame, du scheinst dich mit so was ja richtig auszukennen. Wie war noch gleich der Name?“ „Äh... Kazuha... Kazuha Toyama.“, stellte sie sich etwas schüchtern mit leichtem Verbeugen vor. „Mhm... Kazuha, wirklich ein schöner Name. Um auf deine Frage zurück zu kommen, ja, das ginge hier wirklich nicht, die Bilder, sowohl meine als auch Daijos, aber wohl auch einige von Katsuis Werken würden unter diesen Bedingungen ganz schön leiden. Herr Kunieda hat, bereits bevor ich den ersten Fuß hier rein setzte in dieses Schloss, unten spezielle Räume anfertigen lassen, die gesichert sind und optimale Lagerungsbedingungen schaffen.“ „Aber... warum... ist es dann hier noch so... 'rustikal'?“ Ein Schmunzeln glitt dem Maler über die Lippen, verbreitete sich dann auch bei seinen Kollegen. „Einfach gesagt... Diebstahlschutz.“ „Diebstahl... Schutz?“ „Dieses Schloss liegt einsam im Wald und ist als Bauwerk nun weniger eine Festung gegen moderne Einbrecher als gegen mittelalterliche Truppen. Aber wer hierhin zum Stehlen kommt, ist auf Kunstobjekte aus, was anderes wertvolles gibt’s hier ja nicht. Und so jemand wird, genau wie du gerade eben, erkennen, dass angesichts solch einer Klimatisierung da unten kein Künstler freiwillig Werke lagern würde. Sozusagen umgekehrte Psychologie!“ „Klingt ja mächtig genial...“, kam es mit tiefem Sarkasmus von Heiji. „Und wenn wer kommt, der mal keine solche Ahnung von Kunst hat?“ Alle drei zogen von sich aus ein Band vom Hals, an dem eine kleine Karte, ein elektronischer Schlüssel hing. „Dieser jemand müsste dann zum Einen von dem Schloss wissen, also dass es hier Kunstobjekte gibt, zum Zweiten dann eben herkommen, hier runter gehen, sich nicht vom Licht hier oben abhalten lassen – aus Unwissenheit, soweit ich deine Aussage interpretiere – und zum Dritten dennoch begabt genug sein, eine hermetisch dichte Tür zu öffnen... diesen Dieb müsste ich erst kennen lernen.“ Yamamura drehte sich wieder um, als Heiji schweigend nickte und sich abwandte. Diese Künstler fingen an, ihn zu nerven. Endlich hatten sie den Boden des Kellers erreicht, waren sicher an die sechs oder sieben Meter unter die Erdoberfläche gestiegen. Eine große Halle baute sich um sie herum auf, deren Enden kaum noch von den kleinen Lichtern erhellt werden konnten. Als Heiji den ersten Schritt von der Treppe auf den Boden machte, fühlte er etwas ungewöhnlich weiches, unebenes unter den Füßen. Das immer noch spärliche Licht hatte seinen Sichtfähigkeit immer noch beeinträchtigt, so dass er erst beim zweiten Blick den Teppich bemerkte, der wie ein großer Türvorleger direkt vor der Treppe sich aufbaute. Zwei Meter breit, mit jeweils noch etwa anderthalb Meter Platz zu beiden Seiten und wohl an die sieben Meter Länge. Darauf schien ein farbiges Motiv zu sein, welches aber sowohl durch mangelndes Licht, als auch die sichtbare Wirkung der Zeit, die dem alten Stück zusetzte, zu verblasst war, es zu erkennen. „War der schon da, als Sie hier ankamen?“ Herr Tomoko nickte schwach. „Ja, das ist ein Erbstück noch von den Kuniedas, er meinte mal was von wegen 18. Jahrhundert, aus Indien importiert damals. Er wollte, dass er hier bleibt, andererseits war es ihm relativ egal, was daraus wird und so schön ist er nun auch nicht mehr. Daher bleibt er hier unten als Auslegware, so hat man es uns zumindest damals gesagt, als wir hier ankamen. Und seitdem hat sich nie etwas verändert.“ „Merkwürdig is es aber schon, wenn ihm der Teppich zum Einen so viel bedeutet, zum Anderen hier unten aber vermodert, oder?“ Der Künstler schüttelte etwas skeptisch den Kopf, lächelte betrübt. „Wenn du mich fragst, er bedeutet Herrn Kunieda nichts.“ „Hm?“ „Wir haben alle ja mal den alten Herrn getroffen, als er uns... entdeckt hat, bei den kleinen Ausstellungen der Akademien, an denen wir studierten, wenigstens da. Wenn ich mal so frei heraus spreche... er betrachtet die ganze Geschichte mit den Künstlern hier auf diesem Schloss als einen gemeinnützigen Akt, der für ihn fast nur Bürokratie ist, ein paar Formulare mehr auf seinem Schreibtisch und ein paar Besuche von Ausstellungen jedes Jahr, die ihm ein paar neue Kunstobjekte einbringen. Ich habe ihn noch nie auf diesem Schloss gesehen, die Anderen auch nicht. Im Prinzip ist ihm auch der Teppich wohl egal und er meinte damals nur, man könne machen was man wolle. Für uns hat er aber einen praktischen Nutzen. Hier unten kommen öfters neue Werke hin, es herrscht viel Verkehr, ab und zu muss auch ein Bild, oder eine Plastik heraus transportiert werden, dann packen mehrere an. In den eigentlichen Lagern sollte aber nicht so viel Dreck hinein kommen, da ist so ein großer Vorleger schon ganz nett.“ Der scheinbare Saal entpuppte sich eher wie ein einzelner Gang, auf dessen beiden Seiten je eine große Metalltür mit Sicherheitsschloss war. Diese ließen sich offenbar nur mit den Karten öffnen, die die Künstler soeben vorgezeigt hatten. „Links die Bilder, sowohl meine aus Öl, als auch die Photographien von Daijo, rechts die Statuen und Plastiken von Katsui. Alles natürlich gemäß den besten Lagerungsbedingen.“ Mit diesen Worten schob Herr Yamamura seine Karte durch die Türverriegelung, die daraufhin unter lautem Geräusch sich öffnete, einen leichten Luftzug produzierte. Als die große Tür dann zur Seite die Sicht frei gab, erkannten die Anderen mit einem Mal die riesige Halle, die sich dahinter unter leicht stärker werdendem Licht auftat. Zur linken Seite hingen eine ganze Reihe entlang die Gemälde aufgebahrt, alle leicht nach vorne geklappt, versehen mit kleinen Leuchten, die jedes Bild einzeln mit sanftem, weißen Licht bestrahlten. Auf der Anderen Seite, unter Glas und mit schwachem Rot zunächst nur von unten beleuchtet, die Photographien, ebenfalls aufgereiht. Von oben kam kein weiteres Licht, nur das gedämpfte Rauschen einer Belüftungsanlage, die die Atmosphäre im Raum regelte. „17° Celsius konstante Temperatur, und ziemlich genau 40% Luftfeuchte, das ist für Gemälde eine ideale Bedingung. Zur besseren Zirkulation der Luft um die Bilder werden sie, genau wie eigentlich auch in Ausstellungen, schräg angehängt, leicht nach unten zeigend. Die Luft wird oben noch gefiltert, um einigermaßen staubfrei zu sein, das ist ebenso wichtig. Dazu kein direktes Sonnenlicht, sondern nur künstliches aus LEDs. Dunkel können wir den Raum auch nicht lassen, da Ölgemälde von alleine auch dunkler werden und das umso schneller und intensiver, je dunkler sie gelagert werden. Deshalb brennen die Lampen durchgehend, was die länger als Glühlampen haltenden LEDs sinnvoll macht. Außerdem lässt sich deren Lichtemission ja wunderbar regeln.“ „Das klingt jetzt mehr wie ein Physikvortrag, als nach Kunst!“, mokierte sich Kazuha etwas. „Ist es auch...“, stellte Yamamura schmunzelnd fest. „Die Lagerung von Kunst hat weniger was mit Kunst zu tun, als mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Kunstmaterialien, wie Farben, Leinwände, Fotopapier, Metalle... eben alles, was irgendwie mal als Kunstwerk herhalten soll. Ich hab mal nen ehemaligen Mitschüler, der so was studierte, danach gefragt, weil wir quasi nur daneben stehen, wenn hier ein Ingenieur was erneuert, und ich geb zu, es klang alles hoch interessant.“ Er durchschritt etwa zehn Meter, an fünf kunstvoll eingerahmten Bildern vorbei, blieb vor dem sechsten stehen, wartete bis die Anderen sich drum herum aufstellten, drehte dann an einem Regler davor die weiße Lampe höher, so dass man das Bild sowie das Umfeld genauer betrachten konnte. In einem großen Kasten vor dem Bild befanden sich insgesamt fünf Lampen, außen zwei LEDs, die ein weißes Licht abgaben, dazwischen, drei weitere die nicht angeschaltet waren, aber einzelne Regler besaßen, welche mit farbigen Knöpfen, einer rot, einer blau, einer grün, besetzt waren. „Es ist so, dass 'weiß', im physikalischen Sinne bedeutet...“, begann der Maler langsam, während er das Licht hoch drehte, „...dass alle Frequenzen des Lichtes im sichtbaren Spektrum, also von etwa 400 bis etwa 800 Nanometer, gleich intensiv sind. Da Farbe eine subjektive Interpretation des Auges ist, muss es so gesagt werden. Denn das Auge selbst nimmt die Farben nicht gleich intensiv wahr. Es ist durch die Evolution auf das Sonnenlicht geeicht, welches seine höchste Intensität bei etwa 500 Nanometern hat. Dem klassischen Gelb eben.“ Alle nickten bestimmt. „Das bedeutet, das Auge filtert das Licht, reskaliert die Intensitäten und man sieht verschiedene Farben gleicher Intensität scheinbar ganz unterschiedlich hell. Weißes Licht, wie wir es empfinden, wie es auch auf den Bildern weiß aussieht, enthält folglich real einen geringeren Anteil gelbes, als blaues und rotes Licht. LEDs können ein Spektrum mit genau solchen Bedingungen, einem Minimum der Intensität bei dieser Frequenz und einem Maximum bei rot und blau emittieren. Und je nachdem, ob das blaue oder das rote Maximum dominant dabei ist, empfindet man das Licht als warmes oder kaltes Weiß. Deswegen ja auch kaltweiß- und warmweiß-LEDs, die hier links und rechts jeweils vorliegen.“ „Und die farbigen in der Mitte?“ „Um noch die einzelnen Farbkomponenten zu verstärken. Yves Klein zum Beispiel hat ja fast alle Bilder nur in blau-Tönen gemalt, da ist weiß etwas störend als Beleuchtung. Das heißt zusammen mit allen diesen Lampen kann jedes Bild individuell beleuchtet werden, wie es am besten nicht nur von der Farbgebung wäre, sondern auch, wie es am besten dauerhaft lagert.“ Kogoro starrte das langsam aus dem Halbdunkel des schwachen Lichtes hervortretende Gemälde verwundert an. „Das Bild haben Sie uns gestern aber nicht gezeigt, oder?“ Yamamura blickte, in Erinnerung schwelgend, hinauf, schien sich in Gedanken treiben zu lassen. „Stimmt... normalerweise ist es mir auch relativ egal, welches Bild ich zeige, das diente gestern nur zur Vorstellung..., und dieses Bild hier mag ich gar nicht mehr so sehr... aber es ist bedeutsam für mich... und weil wir eine offenbar Kunstinteressierte unter unseren Gästen haben... wollte ich es ihr gerne mal zeigen.“ Er lächelte Kazuha kurz von der Seite an, die daraufhin etwas verwirrt näher trat und das Motiv des Bildes genauer musterte. Abgebildet war ein Mann beim Essenstisch... einem modernen westlichen Frühstückstisch. Einem Tisch aus Weißbrot, wie es aussah, darauf ein Teller aus getoastetem Brot. Daneben eine Kaffeetasse, ebenfalls aus Toastbrot, gefüllt mit kleinen weißen Kaffeekannen. Im Hintergrund ein Toaster, bestehend aus Toastbrot, aus dem kleine Toaster sprangen. Der Mann aß scheinbar ein Holzbrett, das eigentlich eher als Untersetzer hätte dienen können. Aber jedes Detail war unglaublich genau gemalt, vielleicht noch mit winzigen Verunreinigungen, unscharfen Kanten, die glatter sein könnten, aber eigentlich schon realistisch... im Sinne des Motivs surrealistisch schon. Unter dem Bild war ein kleine, goldene Plakette in der Wand eingebracht, die den Titel wiedergab. „Frühstück bei Ogawa...“, las die Osakerin laut und die Stirn runzelnd. „Ogawa...?“ Der Name schien alle zu verwirren, bis ihr selbst ein Licht aufging. „Etwa Tadahiko Ogawa? Der Mann, der Kunstwerke in Toastscheiben darstellte?“ Man sah den Künstlern an, wie ihnen der Mund offen stand, mehr noch jedoch allen Anderen. „Wow... ich bin wirklich beeindruckt. Ja, genau der ist gemeint... ich hab ihn da... wohl ein wenig parodiert, in dem ich seinen Frühstückstisch darstellte.“ „Aber...“, begann Ran zögerlich, „...ist das denn so was besonderes, einen anderen Künstler... naja darzustellen, so? Und wieso bedeutet Ihnen das Bild so viel?“ „Nun... Kunst ist immer eine Betrachtung der Dinge durch das Auge des Künstlers, der das Werk erschuf. Und umgekehrt ist es damit ein Einblick in seine Seele... es ist eine Art, den Künstler zu erkennen, zu verstehen. Und scheinbar habe ich das ganz gut hier verarbeitet. Dass er umgekehrt denkt. Dass Herr Ogawa – ich bin ihm bereits begegnet, und ihm hat das Bild durchaus gefallen – sich wohl an so einem Tisch seiner Lieblingsmahlzeit, dem Toastbrot widmete, die unterschiedlichen Färbungen durch die Bräunungsstufen erkannte... und dann das Potential, alles in Toast zu verwandeln... und damit Essen und Gebrauchsgegenstand sozusagen austauschte. Diese Interpretation des Bildes... hat mich auf dieses Schloss gebracht. Herr Kunieda war von diesem Bild doch sehr angetan, von meinem Vermögen, zu analysieren und, wie er sagte, zu interpretieren. Daher schlug er mir vor, zu versuchen, Bücher, Musikstücke, und nicht zuletzt Personen, zu interpretieren und diese Interpretationen auf Leinwand zu bannen. Deswegen bedeutet es mir so viel, Ran...“ Immer noch blickte er verträumt das alte Bild an, regelte unmerklich die LED etwas dunkler, so dass die Schattierungen stärker zu Tage traten, das Motiv langsam abdunkelte. Leise murmelte er vor sich hin. „Die Erinnerung an das, was mal war... sollte niemals verblassen... deshalb... halte ich dieses Bild in Ehren...“ Mit dem letzten Ton wurde er immer leiser, dann senkte sich das Licht so weit, dass das Gemälde nur noch schwach beleuchtet kaum zu erkennen war. Lichter der benachbarten Bilder wirkten nun indirekt als Lichtquelle, interferierten zu einem eigenen sich an den Kanten der verzierten Rahmens brechenden Muster, so dass vorm Frühstückstisch von Tadahiko Ogawa dieses Gittermuster das Bild fast übertönte. Ein tiefes Raunen ging durch den Raum, als Yamamura einmal einatmete, dann aufseufzte und sich wieder an die übrigen Anwesenden wandte „Nun ja. Im Wesentlichen, wenn unsere Gäste nicht Künstler sind, zeigen wir den Raum nur kurz, damit man sieht, wo unsere Sachen lagern. Aber wenn dieser Fall hoffentlich bald abgeschlossen ist, möchte Fräulein Toyama vielleicht...“ „Ne, danke. Vorläufig möcht se nich sich die alten Werke angucken. Wie Se schon sagten, der Fall geht erstmal vor.“ Damit und mit einem leicht pikierten Blick würgte Heiji den Vorschlag des Künstlers unsanft ab. Kazuha zuckte leicht errötet zusammen, während Yamamura erst verwundert zwischen den beiden Oberschülern hin und her blickte, dann aber wieder lächelnd die Arme abwehrend hob. „Natürlich. Ich hab nichts gesagt.“ Heijis Blick fiel auf den Fotografen, der aus seiner Position genau vor den rot gefärbten Fotos stand. „Sagen Sie, Herr Hino, Ihr Kollege hat die Sache mit den unterschiedlich gefärbten LEDs erklärt, gibt’s da auch so einen Aspekt wegen dem Rotlicht bei den Fotos?“ Der Angesprochene wandte sich ab, ging langsam auf die Realbilder vor sich zu, sprach dabei etwas lauter, ohne sich zu den Anderen umzudrehen. „Gewissermaßen aus dem gleichen Grund wie bei Seijiros Bildern. Sie sollen so gelagert werden, dass ihnen möglichst nichts passiert. Die Fotos werden immer noch mit einfachen Analog-Kameras mit Film gemacht, weshalb die Entstehung des Bildes auf chemischen Prozessen beruht.“ „Was denn, Sie nehmen keine Digitalkamera? Das ginge doch viel einfacher?“ Nun schien doch etwas Interesse von seiner Freundin auf Heiji abgefärbt zu haben, nicht zuletzt wegen der ungewöhnlichen, aber offenbar naturwissenschaftlich begründeten Lagerungsvorkehrungen hier unten. „Nein, das ist... in der Kunst eher unerwünscht. Digitalkameras erzeugen Bilder für den Computer und an so einem kann man ohne weiteres diese Bilder perfekt manipulieren, Menschen rausschneiden oder einfügen, Lichtverhältnisse variieren, neue Lichtquellen addieren... der ganze Firlefanz. Aber in meinen Kreisen wird das als Betrug gewertet. Die Kunst hierbei ist die Momentaufnahme der Realität, der Augenblick, der, festgehalten, das Besondere am Leben in irgendeiner Form hervorbringt. Ähm...“ Er merkte, wie die Leute um ihn ihn etwas skeptisch anstarrten, bis er selbst verlegen lachen musste. „Naja, vielleicht nicht ganz so pathetisch... Ich meine nur, Digitalbilder werden als zu leicht beeinflussbar angesehen und bei Ausstellungen meistens nicht berücksichtigt. Man ist auf die altmodische Variante angewiesen und die, wie gesagt, basiert auf chemischen Prozessen auf dem Film, wie auch dem Fotopapier danach. Deshalb bleichen die Bilder auch bei weiterer Sonneneinstrahlung nach und nach, sie werden überbelichtet, während sie bei Unterbelichtung abdunkeln. Daher sollte hier ein schwaches und vor allem nicht sehr energiereiches Licht zur Beleuchtung verwendet werden. Und rot ist der energieärmste Teil des sichtbaren Lichtes, und vor allem aus der Erfahrung in der Bildherstellung bekannt. Das Glas absorbiert zusätzlich das energiereiche UV-Licht, welches in geringen Mengen von den kaltweiß-LEDs vor Seijiros Bildern emittiert wird. Außerdem schützt es natürlich vor Knittern und äußeren Einflüssen im Allgemeinen. Allerdings...“ Vor dem einen Bild angekommen, drehte er an der roten Lampe, dass diese zurück fuhr. Man erkannte im Halbschatten, dass hier die gleichen Lampen wie bei den Ölgemälden angebaut waren, als Hino die eine weiße Lampe verstärkte. „... sollte man, wenn man sich ein Bild ansieht, ruhig für den Moment wieder ordentliches Licht nehmen.“ „Sagen Sie...“, begann Heiji, ohne das Bild überhaupt zu betrachten, „Sie haben gerade von Betrug, Bildermanipulation gesprochen...“ Hino zuckte kurz zusammen, er ahnte genau, was kam, drehte sich nicht um, um seine Gesichtszüge zu verbergen. „Man hat mir von nem Bild von Ihnen von vor gut nem Jahr erzählt... steht das zufällig auch hier? Ich würds nämlich gerne mal sehen.“ Die beiden anderen Künstler musterten den Detektiv aus Osaka grimmig. Sie wussten genau, wie ihr Kollege und Freund auf dieses Thema reagierte und ihre Blicke ließen Heiji zurück rudern. „Ah... schon gut, klar, so ein Bild haben Se vermutlich längst verbrannt, also Entschuldigung wegen der unglücklichen Frage!“ „Nicht doch...“, konterte Hino, wandte sich, laut atmend um zum Kriminologen. Er kannte ja Heiji Hattori aus den Nachrichten sehr gut. Er wusste, dass dieser durchaus interessiert war und vielleicht... 'Vielleicht habe ich ja doch noch eine Chance...' „Es ist hier..., gleich ein Stück weiter. W-Wenn du es sehen willst.“ Er drehte das Licht wieder etwas herunter, ging, fast ein wenig nervös, ein paar Bilder weiter nach hinten, blieb stehen... wirkte zittrig, als er die kaltweiße LED an diesem Bild aufdrehte. Deutlich trat nun das Bild eines Baumstumpfes im Wald hervor, direkt neben einem Fluss, der im Vordergrund entlang dahin plätscherte. Und zwischen dem Baum, der wie ein künstlicher Hintergrund wirkte, das eigentliche Motiv. Der tote, oder sterbende Fisch, neben einer gerade aufblühenden Winteraster. „'Am Fluss der Zeit', so heißt das... „berühmte“ Bild...“ Resigniert seufzte der Fotograf vor sich hin, beobachtete die Reaktion Heijis auf das Werk, das ihm so viel Ärger bereitet hat. Diese fiel aber eher nüchtern aus. „Wegen so nem Bild macht man so viel Auflesen? Gut... der Fisch ist eben einen unnatürlichen Tod gestorben. Das ging nicht, also haben Se, laut Vermutung der Kritiker das Bild gestellt. Schön wirkts doch trotzdem, auch vom Motiv her oder nicht?“ Wütend fuhr Herr Hino herum, sah mit wild funkelnden Augen den Detektiv an. „Ich hab es aber nicht gestellt, verdammt!“ Er musste sich sammeln, hielt sich mit der linken Hand die Stirn, atmete laut ein und aus, bevor er wieder ansetzte. „Entschuldigung. Wie ich sagte, es geht um den Moment in der Realität, der festgehalten wird. Man kann vieles konstruieren, aber das macht nicht das Wesen hier aus, zumindest nicht für mich... Dieser Moment war so faszinierend für mich, ich erinnere mich genau, wie ich es beim Wandern entlang des Flusses bemerkte und dieses mulmige Gefühl bekam, als würde der Tod irgendwo im Hintergrund lauern, auf den Fisch warten, bis er seinen letzten Atemzug tat, sein Licht verlosch, während das Licht der Aster sich erst entzündete. Als ich damit konfrontiert wurde, es wäre getürkt... damals ist für mich eine kleine Welt zusammen gebrochen. Es war nicht real... wie konnte das sein, ich habe es doch gesehen?“ „Wissen Sie'n mittlerweile, was mit dem Fisch passiert ist?“ „Tse... nicht im Geringsten, vermutlich kam ein Tier und hat ihn gegessen... jedenfalls war er nicht mehr da. Aber wie er überhaupt dahin kam... Ich war zwischenzeitig so weit, zu glauben, einer meiner Kollegen hätte mir einen Streich gespielt...“ Er sah sie im Blickwinkel an, Herr Yamamura und Herr Tomoko wackelten nur verständnisvoll aber ablehnend mit dem Kopf. „Also beharren Sie drauf, dass es den Fisch gab, ohne Ihr Zutun?“, unterbrach Heiji seine Gedanken. Daijo Hino sah ihn von unten herab an, wirkte wie ein gebrochener Mann. „Ich habe aufgegeben, diese Frage für mich zu stellen. Das Bild beweist, er war da, und ich erinnere mich nicht, einen vergifteten Fisch gekauft zu haben. Das Bild hat meinen Ruf fast ruiniert... ich habe mit dem Nachdenken darüber aufgehört.“ „Wenn... wenn es Sie so sehr verstört... warum hängt es dann noch hier?“ Kazuha beugte sich nur langsam nach vorne, kam der Glasscheibe so nahe, dass ihr Atem schon erste Verdunstungsflecken bewirkte, bevor sie den Kopf zum Künstler drehte. „Weil ich... ich sagte, ich habe aufgehört drüber nachzudenken. Das liegt daran, dass ich für mich einen Konsens gefunden habe. Damals sah ich einen sterbenden Fisch am Ufer... er war nicht alt oder so und die Vergiftung konnte ich als Laie eh nicht erkennen... Also dachte ich, er würde einfach gerade ersticken an Land. Der Fluss liegt Zentimeter davor... aber ich hab ihn sterben lassen, ihn lieber fotografiert wie ein verrückter Paparazzi einen Star nach einem Unfall. Für so ein Bild berühmt zu werden, weil ein Leben stirbt, das ich hätte retten können, das wäre einfach unfair gewesen. Ich glaube... eine höhere Macht, was auch immer Sie darunter sehen wollen, hat mir so zu denken gegeben... Aus dem Grund behalte ich das Bild, es erinnert mich an diesen Fehler in meinem Leben...“ Die Anderen traten langsam wieder den Weg zur Stahltür aus der kühlen Galerie an, als Herr Hino von Heiji nochmal aufgehalten wurde. Er zog ihn am Arm etwas zur Seite, so dass die Übrigen ihn nicht hörten. „Warum sollte sich jemand die Mühe machen, den Fisch zu vergiften und dann dahin zu legen, nur um Ihnen nen Streich zu spielen, das ginge doch einfacher, mit einem Schnitt oder so. Außerdem ist es relativ schwierig, den Fisch im Timing so zu platzieren, dass Sie ihn finden und zusehen können, wie er verendet, ohne jemanden zu sehen, der ihn dahin gelegt hat.“ „Glaubst du, das wüsste ich nicht? Deshalb sag ich ja, vielleicht war es eher ein Zeichen von oben.“ „Sie haben echt nichts an dem Bild gedreht?“ Herr Hino wirkte allmählich pikiert, sah dem Detektiv tief in die Augen. Schließlich seufzte er. „Heiji Hattori. Du... musst mir nicht glauben. Ich habe meinen Frieden mit dem Fisch geschlossen und aufgehört, andere Leute von der Originalität des Fotos überzeugen zu wollen. Aber...“ Er sah auch auf einmal das Leuchten in Heijis Augen, er nahm ihn wohl ernst... „Wenn du ernsthafte Ermittlungen anstellen willst, empfehle ich dir als Startpunkt, was mein Freund, der Mathe studiert hat, sagte. Gehe vom Unwahrscheinlicheren aus und versuche, es zu widerlegen. Angenommen, der Fisch war wirklich da, ohne mein Zutun...“ Damit löste er sich vom jungen Osaker, und folgte den Anderen hinaus und dann in den zweiten Raum, der die Plastiken beinhaltete. Dieser Saal war nun auch von oben beleuchtet, durch große Deckenfluter, die aber wiederum so schwach eingestellt waren, dass man sich auf die einzelnen Leuchten, die vom Boden aus die Objekte anstrahlten, welche fast willkürlich im Raum verteilt standen, verlassen musste. Hier wirkte es wirklich wie auf einer Ausstellung, durch die man von Skulptur zu Skulptur, Plastik zu Plastik, wandern und sich weiter umsehen konnte. Kazuha befiel ein unglaubliches Freudegefühl, dies miterleben zu können und noch dazu kostenlos. „Haben Sie alle diese Werke selbst gemacht, Herr Tomoko? Keine mehr von früheren Künstlern des Hauses…?“ Der große Mann lächelte verlegen wie ein kleines Kind. „Nein, meine Liebe, nur meine. Ich war wohl was die Quantität meiner Werke angeht... nie ganz bescheiden. Haha...“ Bereits beim Betreten war der aromatische Duft in die Nasen der Gäste gestiegen, Gewürze in sehr gesättigter Form erfüllten den Raum. Unwillkürlich glitten Heijis Gedanken an eine Sauna. „Sagen Sie, was hat es mit den Gerüchen auf sich hier drinne?“ „Luftfeuchtigkeit, Herr Detektiv, oder besser... keine Luftfeuchtigkeit. Die Ölgemälde und Fotos brauchen viel frische Luft mit 40% Luftfeuchtigkeit, die Metallobjekte hier aber sind mit möglichst wenig Luftfeuchte am besten bedient, um nicht zu schnell zu korrodieren. Aber eine praktisch trockene Luft ist kein sehr angenehmer Duft, sie wird zu schnell von allen möglichen Gerüchen versetzt, die sonst durch den Wassergehalt verdünnt werden. Daher der Duftspender, der mit der Klimaanlage hier hinein geblasen wird. Wie Seijiro vorhin meinte, diese Räume bieten ideale Bedingungen, um Kunstobjekte zu lagern.“ Er wanderte etwas herum durch den Raum, ohne groß irgendwo stehen zu bleiben. Für ihn hatte diese Besichtigung eh einen eher Zeit verschwendenden Charakter, aber wenn sich seine beiden Kollegen mit ihren Werken so präsentieren konnten, durfte er ja auch nicht still bleiben. Heiji schien gespannt mit jeder Faser die einzelnen Stücke nach Auffälligkeiten zu mustern, was sich als relativ unergiebig herausstellte. Irgendwie waren alle Kunstwerke ja was Besonderes, was auffälliges, so was wie 'normal' gabs da wohl gar nicht... Ein Grund mehr, warum er eine gewisse Antipathie zu diesem Zweig der gesellschaftlichen Aktivitäten begann aufzubauen... 'Künstler... tse. Aber... Moment mal...' Wie wild huschten seine Augen mit einem Mal durch den Saal suchten alles ab, aber erfolglos. „Herr Tomoko? Sagen Sie, Sie haben hier viele verrückte... äh schöne Dinge aus allen möglichen Materialien...“ Seine Hand schweifte zum Schein von einer kleinen Bronzebüste eines ehemaligen japanischen Kaisers, über deren Ebenbild aus reinem Kupfer... über eine Art Tisch, auf dem ein Dutzend identischer, aber aus verschiedenen Holzarten bestehender, auffallend filigraner Bäume, etwa 20 Zentimeter groß, aufgereiht standen, weiter zu verschiedenfarbigen Gläsern, die speziell geschnitten wurden zu Blumenblüten, die die entsprechenden Farbe der Blüten in der Realität trugen. „Aber ich sehe nirgends hier eines der bekanntesten Materialien für Plastiken nach meinem Wissen. Marmor.“ „Stimmt, hier ist nirgendwo eine Marmorskulptur.“, stellte auch Kazuha, die sich begeistert mit Ran von einem Werk zum nächsten bewegte und dieses bestaunte. Ran musste unwillkürlich lächeln bei der Frage. Wohlwissend, dass sie gestern auch schon kam. Und zwar von Conan. 'Heiji und er sind sich wirklich zu ähnlich!' „Nun ja...“, gab auch Herr Tomoko schmunzelnd zu, schloss kurz die Augen, „...wie es Herr Mori und seine Tochter schon wissen, ich habe Marmor bis vor kurzem nicht als Bearbeitungsstoff gewählt... im Wesentlichen, weil ich es als recht teuer empfand, selbst einige gute Metalle kriegt man billiger als teuren Marmor. Aber dank Atsushiro habe ich jetzt einen Block Marmor in meiner Werkstatt oben, den können wir uns nachher mal ansehen.“ „Apropos, Herr Tashija...“, konterte Heiji aus dem Nichts, und lenkte alle Gedanken auf den Fall zurück. Er merkte, wie alle drei Künstler ihn mit einem Mal verunsichert anstarrten. „Wenn ich das richtig sehe, ist hier unten also kein einziges Werk vom verschwundenen, oder? Warum nicht?“ 'Du Volldepp!', ging es seiner Freundin unwillkürlich durch den Kopf, woraufhin sie augenblicklich an Rans Arm zerrte, und sie weiter nach hinten schleppte. Im Moment wollte sie sich nur den Kunstwerken widmen. „Hat man es dir nicht gesagt?“, wunderte sich Herr Tomoko, blickte fragend zu Kogoro, der nur lässig mit den Schultern zuckte. „Nun... wie es Atsushiro selbst wohl formuliert hätte...“, sinnierte der Maler von der Seite, betrachtete die Decke des Saals mit den Lichtkegeln der Lampen, räusperte sich kurz. „'Meine Werke kann man nicht in einen Raum einsperren. Meine Kunst ist die Natur, und die ist stets draußen.' Oder so ähnlich.“ Er lachte sich halb schief über seine Nachahmung, erntete sogar leichten Beifall seiner Kollegen für die Darbietung. „Sie scheinen ja ihn eher ironisch belächelt zu haben, was?“ „Verzeihung, ich wollte nicht unhöflich klingen, aber manchmal wirkte er einfach auch ziemlich überzeugt von sich. Aber es ist so, dass seine Werke, wenn überhaupt, auf Fotos dargestellt, in Ausstellungen angedeutet werden. Eigentlich kann man sie nur in der freien Natur wirklich... erfahren. Er hat oben ein paar solche Bilder, das sind... sozusagen seine Skizzen. Wir können uns das nachher ja mal ansehen.“ „Oh, was ist das denn?“, schrie Kazuha förmlich aus und auch Ran schien über den Fund in dieser hinteren Ecke des Saals, der ihr gestern gar nicht aufgefallen war, sehr überrascht. Die beiden, zu denen die Anderen nun auch aufschlossen, lagerten sich um ein Standbein, auf dem sich eine große, kugelförmige, durchsichtige Schüssel, eine Art Aquarium, befand. Diese war in der Mitte von oben nach unten in zwei gleiche Hälften geteilt. Die aus der Sicht der Oberschülerinnen linke Hälfte war eine eigene hohle Glasschüssel, gefüllt mit einer leicht grünlich wirkenden, öligen Substanz, und darin die Figur eines jungen Mädchens, zu erkennen am Rock, welches seine Hände an die innere Wand drückte. Die Struktur war die eines Festkörpers, weiß, leicht glänzend, aber ohne weitere Färbung. Die rechte Hälfte war eine massive Glasschüssel, in deren Inneren ein kleines Männchen, gelblich grün, scheinbar aus einer gasförmigen Substanz, die im Glas gefangen war, stand. Auch er richtete seine Hände auf die Innenwand, so dass es wirkte, als würden sich Mann und Frau, nur durch die Glaswände getrennt, gespannt beobachten, versuchen sich zu erreichen. 'Getrennt... obwohl sie sich klar sehen können..., durch eine unüberwindliche Hürde.' Ran musste augenblicklich an Conan denken, trat einen Schritt zurück, als wolle sie die Anderen vorlassen, eigentlich aber sollte sie selbst nur nicht angesehen werden für einen Moment. „Das ist Kochsalz.“ „Was? Wie, Kochsalz?“ „Natrium-Chlorid, Natrium und Chlor. Beides hochreaktive Stoffe, die fast unzertrennlich sind, wenn sie erst einmal zusammen kommen. Natrium ist als Metall selbst an normaler Luft zu reaktiv, um glänzend zu bleiben, weshalb es in diesem Öl normalerweise aufbewahrt wird. Aber da es auch relativ weich ist, konnte ich es mit Handschuhen und einem Messer innerhalb der Flüssigkeit bearbeiten und in Form bringen, bevor die Glaskugel von oben versiegelt wurde. In der anderen Hälfte ist Chlorgas, das ja von sich aus so grünlich gefärbt ist. Diese Hälfte war selbst mal zweigeteilt, dann von innen die beiden Seiten des Mannes ausgefräst, das Gas in einer Chlorgas-Glocke eingefügt und die Teile versiegelt. Natrium und Chlor... nicht vereinigt, aber eben kurz davor...“ „Und doch für immer getrennt...“, flüsterte Ran mit einem leichten Brennen in den Augen. „Das Motiv ist doch eigentlich zutiefst traurig, oder nicht, Herr Tomoko?“ So recht konnte der groß gewachsene Mann nichts auf die plötzlich einsetzende Trauer der Oberschülerin antworten. Hatte sie nicht erwartet, dass er so gefühlsbezogene Sachen machen könnte, weil er eher wie ein grober Klotz wirkte? Oder hatte sie gerade selber Probleme in einer Beziehung...? Letzteres schien ihm deutlich wahrscheinlicher, aber dann hatte er noch weniger eine Ahnung, was man sagen könnte in so einem Fall. Er ging auf das Mädchen zu, wollte ihr in die Augen sehen, aber sie wandte den Kopf zur Seite. „Ran... dieses Objekt deutet auf molekularer Ebene keinen Dauerzustand an, sondern eher eine Momentaufnahme. Niemand kann dauerhaft Natrium und Chlor voneinander trennen, wenn sie direkt nebeneinander sich befinden, das ist einfach unmöglich. Letztlich... wird auch dieses Glas es nicht verhindern können, denn die Chlormoleküle diffundieren nach und nach hindurch.“ Sie sah verwundert auf, lächelte dann kurz, um das Gespräch nicht unnötig weiter zu führen und drehte sich um. 'Letztlich... kann niemand aufhalten, was von beiden Seiten mit aller Macht gewollt ist... Hatte Mamoru damals nicht etwas Ähnliches gesagt?' Gerade hatte die Gruppe den Saal verlassen und wieder abgeschlossen, war bis kurz vor die Treppe gekommen, als Heiji nach vorne trat und mit den Händen alle zum Anhalten bewegte. Unmittelbar vor dem Ausleger blieben sie stehen, schauten verwirrt auf den Detektiv. „Sie erlauben doch, oder?“ Die Künstler sahen kurz zu sich, nickten dann überrascht. Mit dieser Genehmigung griff er nach beiden Enden des Teppichs an der kurzen Seite, hob mit aller Kraft diesen hoch und klappte ihn zur Seite, wo er an der Wand angelehnt sich aufstellte. „Interessant, obwohl der Teppich hier eigentlich ewig schon herum liegt, wirbelt er relativ wenig Staub auf, merkwürdig, oder?“ Damit beugte er sich auf die Knie, schritt jeden Bereich des vom Teppich verdeckten Bodens ab, klopfte überall mehrmals drauf. „Ist nur ne Vermutung, aber wenn der Teppich hier ohne wirklichen Sinn so lange rum liegt, sollte man vielleicht mal gucken nach... geheimen Türen.“ „Geheime Türen? Wohin? In den Erdboden?“ Yamamura konnte sich den sarkastischen Kommentar nicht verkneifen, obwohl er wie Kogoro, Ran und seine Kollegen kurz davor stand, in einem Lachanfall zu verkrampfen. Als der am Boden kriechende Heiji das Prustern vernahm, drehte er sich verwundert um, woraufhin der Anfall seinen Lauf nahm. „Was zum... och ne, ne?“ Er fixierte den Meisterdetektiv aus Tokio, der unter den Lachkrämpfen langsam wieder ernst wurde und bestimmt nickte. „Sie warn gestern hier unten und haben selbst den Teppich angehoben. Deswegen auch so wenig Staub.“ „Eigentlich... haha, eigentlich Heiji war Megure mir auch schon zuvor gekommen, der hat vor ner Woche ebenfalls schon Teppiche geschüttelt. Hier ist echt nichts.“ „Das hätten Se vielleicht mal früher sagen können, anstatt mich hier rumkrauchen zu lassen.“ Heiji kochte förmlich vor Wut, aber auch weil ihm das peinlich war. „Der Anblick war einfach zu gut, das musste ich miterleben!“ „Also anscheinend sind alle Detektive gleich, was?“, stellte Herr Tomoko amüsiert fest. „Aber damit ist es nun offiziell, unter diesem Teppich gibt es keine geheime Tür ins Reich es Teufels. Können wir dann weiter? Der Inspektor wird sich schon wundern...“ Heiji schaute pikiert zur Seite, folgte unwillig. „Habs doch gewusst, dass man sich auf ihn nich verlassen kann!“, murmelte er beleidigt vor sich hin, worauf sich Kogoro blitzartig wieder umwandte. „Auf wen kann man sich nicht verlassen, Heiji? Was willst du mir sagen? Sprich dich aus!“ „Sie warn nich gemeint, Mori, sondern Holmes.“ Erneut blieb der Trupp verwirrt stehen. „Holmes? Sherlock Holmes?“ Ran starrte ihn verwundert an. Was hatte Heiji denn auf einmal mit Holmes am Hut. „Ich dachte nur, da gabs mal nen berühmten Holmes-Fall mit nem geheimen Fach unter nem Teppich. Bin ja sonst kein großer Fan, aber die bekanntesten Fälle hab ich irgendwann mal gelesen. Da dacht ich man könnts mal probieren, aber offenbar sind die Bücher doch zu weit von der Realität. Ich hätts wissen müssen...“ „Du meinst 'der zweite Fleck', nicht wahr?“ Yamamura hatte sich überrascht nochmal an ihn gewendet, sah ihn etwas unsicher an. „Ja, ich glaub, so hieß der. Ach ja, im Wesentlichen malen Sie Bücher, hab ich gehört. Da kennen Sie diese Geschichten wahrscheinlich alle ganz gut, was?“ „Nun ja...“ der Maler wirkte nun direkt verunsichert, rieb ich verlegen den Hinterkopf. „Bei mir war es auch ne Weile her, weshalb ich es fast vergessen hätte. Ich weiß es nur deshalb so genau, weil ich es vor ein paar Wochen mal wieder gelesen hatte, weil sich Atsushiro spontan genau dieses Buch ausgeliehen hatte.“ So, da bin ich wieder, wie versprochen. Mit zwei Ankündigungen. Zunächst die schlechte Nachricht, nächste Woche muss ich die Fortsetzung einmal ausfallen lassen, das Kapitel 10 kommt also erst am 24./25.11. 09. Zum Ausgleich – und das ist die zweite Nachricht – habe ich euch ein kleines Rätsel hinterlassen in diesem Kapitel, mal nicht zum Fall. ;] Es ist ja so, Künstler sind Künstler, Detektive sind Detektive und Physiker sind Physiker... 'geniale' Erkenntnis, ich weiß. Das heißt, wenn ein Künstler erklärt, wie sich seine Werke am besten lagern, dann ist ihm dabei schon zuzutrauen, dass er Bescheid weiß. Ich habe für diesen Punkt in der Galerie ne Weile recherchiert, es sind ordentliche Parameter. Wenn Heiji erklärt, dass die Assoziation mit den Notizen nicht stimmt, genauso. Wenn aber Herr Yamamura die Funktionsweise und Wirkung einer LED beschreibt, kann er nur wiedergeben, wie weit er die Beschreibung eines Physikers verstanden hat. Der Physiker bin ich, sprich da bin ich für die Korrektheit zuständig und es ist korrekt... beinahe. Der Realität halber, wie sie nun mal ist, kam ich nicht umhin einen winzigen, fast bedeutungslosen Fehler einzubauen in der Erklärung zu den Lichtern. Dennoch ist dieser Fehler jetzt nicht darin zu suchen, großes Verständnis für LEDs zu entwickeln, es ist was, was man auch mit Schulwissen, vielleicht sogar ohne das, herausfinden kann. Viel Spaß beim suchen, wenn es jemanden interessiert. ;] Also, bis in zwei Wochen. LG, Diracdet Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)