Wider Willen und Plan von Sean (Pokémon-Geschichte mit eigenen Charakteren.) ================================================================================ Kapitel 10: Feuer im Innern - Tuomo ----------------------------------- Die ruhigste Zeit in einem Zirkus war die Zeit zwischen Nacht und Morgen, wenn es noch dunkel war und man die Dämmerung gerade so erahnen konnte. Die letzte Vorstellung war beendet, die Pokémon und ihre Athleten versorgt, und Stille lag über den Zelten und Wagen. Es war nicht so, als fiele Tuomo die Ausführung seines Plans nicht schwer, im Gegenteil. Er wusste, dass er seine Familie – womit alle Mitglieder des Zirkus' gemeint waren – vermissen würde. Auch die Arbeit mit den Pokémon würde ihm fehlen, das stand außer Frage. Aber er war sich sicher, dass er das durchziehen musste. Er wollte mehr sein, als ein Zirkusartist: ein Trainer! Bisasam war für die Ausbildung im Zirkus immer schon zu ehrgeizig gewesen, im Sinne dass es die anderen Pokémon übertreffen wollte, stärker sein wollte. Das Training für Kämpfe lag ihm eher, das hatten Tuomo und sein Pokémon gemein. Und von seiner neusten Errungenschaft hatte Tuomo noch nicht einmal berichtet: er hatte ein Pokémon gefangen, dass für den Zirkus vermutlich gänzlich ungeeignet war – ein Larvitar. Pokémon und das Potential ihrer Fähigkeiten genau einzuschätzen, um es kreativ und neuartig einzusetzen war etwas, worauf im Zirkus großer Wert gelegt wurde, aber auch für einen Trainer war es ein nützliches Talent. Tuomo war überzeugt aus Larvitar eines der stärksten Pokémon überhaupt machen zu können. Und so kam es, dass er in einer kalten Februarnacht den Zirkusplatz schleichend verließ, ohne die Absicht in näherer Zukunft zurück zu kehren. Der Vollmond erhellte seinen Weg, und seine beabsichtigt dunkle Kleidung schützte ihn davor, entdeckt zu werden; das fehlte ihm gerade noch, dass sein helles blondes Haar jemandem auffiel, der zufällig aus dem Fenster sah. Er meinte, seinen eigenen Herzschlag laut hören zu können, als er de schwarze Mütze zurecht rückte und sich ins nächste Gebüsch schlug. Er hatte es geschafft. Er war frei zu tun, was immer er sich vornahm! * Tuomo war selten so stolz gewesen wie in diesem Moment, als das grelle weiße Leuchten die Entwicklung seines Pokémons ankündigte. Und gab es etwas erhabeneres und furchteinflößenderes als ein sich brüllend aufrichtendes Despotar? Die Frage war leicht zu beantworten, wenn er sich das schockierte Gesicht seines Gegners so ansah. „Das war's.“, kündigte Tuomo leise an, „Hyperstrahl.“ Und damit fegte Despoar Lunastein vom Feld. Der Kampf war entschieden. Tuomo konnte sich ein überlegenes Grinsen nicht verkneifen. Er war gut, verdammt gut. Oder seine Gegner waren einfach richtig schlecht. Dieser zumindest war letztendlich keine wirkliche Herausforderung gewesen, das war ja kaum ein paar abschließende Worte wert. Trotzdem, es gab ja auch stärkere Trainer da draußen, und was wenn er plötzlich auf jemanden traf, dessen Pokémon seinen schon vom Typ her überlegen waren? Da konnte sein Bisasam noch so stark sein, gegen Feuer- oder Flug-Pokémon würde es vermutlich immer den Kürzeren ziehen. Es sei denn, er ließ sich was einfallen. * Guten Kämpfen zuzusehen war fast so gut, wie gute Kämpfe auszutragen. Leider waren diese wirklich unterhaltsamen Kämpfe so selten wie die intelligenten Trainer, die es dazu brauchte. Aber heute hatte er Glück, denn hier hatte es mal jemanden, der wusste, was er tat. Der Platz unweit des Pokémon-Centers war beliebt bei Trainern und wer Kämpfe sehen wollte, war hier immer richtig. Ein Unlicht- gegen ein Psycho-Pokémon, eigentlich sollte der Ausgang des Kampfes klar sein, was auch die generelle Meinung der Schaulustigen zu sein schien. Aber der Trainer des Kirlias hatte die Ruhe weg, was Tuomo in der Vermutung bestätigte, dass er noch irgendein Ass im Ärmel hatte. Nur was, das war Tuomo nicht ganz klar, denn nach den ersten paar Attacken zu urteilen, die Kirlia gerade so hatte abwehren können, hatten sie es mit einem Kramshef hohen Levels zu tun. Noch dazu waren Flug-Pokémon immer etwas kritisch, wenn das eigene Pokémon sich am Boden befand. Und der Trainer des Kramshefs schien nicht vor zu haben, seinem Gegner Gelegenheit zu geben sich neu zu sammeln, als er lautstark eine Nachtnebel-Attacke befahl. Warum also war der Kerl so gelassen? „Kirlia, Teleport!“, rief der junge Mann, der selbst einen Schritt zurück treten musste, um nicht dem gegnerischen Angriff zum Opfer zu fallen – und sein Pokémon war verschwunden. „Psychoklinge!“, erst als sein Trainer dies befahl tauchte Kirlia sprichwörtlich aus dem Nichts hinter Kramshef auf. Doch damit schien der andere Trainer gerechnet zu haben. „Tiefschlag!“ – „Teleport!“, Kirlias Trainer reagiert blitzschnell. Ob er mit Tiefschlag gerechnet hatte? Gegen physische Angriffe war dies eine der besten Attacken, die Unlicht-Pokémon zu bieten hatten. Erneut verschwand das Kirlia, bevor sein Gegner ihm Schaden zufügen konnte, doch dieses Mal wartete es nicht, bevor es seinen Gegenangriff startete. Und das war... „Trumpfkarte.“, kommentierte Kirlias Trainer noch, als sein Pokémon Kramshef mit einem hellen Leuchten und ohne es zu berühren zu Boden schleuderte, wo es nach einem kurzen Flattern regungslos liegen blieb. Keine Attacke, die man häufig sah, und entsprechend unerwartet kam sie meist. Tuomo grinste; dieser Kampf war keine Enttäuschung gewesen. Der siegreiche Trainer rief sein Pokémon zurück und ließ seinen Blick über das inzwischen zahlreiche Publikum wandern. Bildete Tuomo es sich nur ein, oder hatte er ihm gerade kurz zugenickt...? * Eljas war ein interessanter Trainer, ohne Zweifel absolut fähig, aber darüber hinaus konnte Tuomo nicht viel gutes über ihn sagen. Er war selbstbewusst und arrogant für zwei, ein elender Besserwisser. Er wusste mit seinen Pokémon umzugehen, aber das war's eben auch schon. Gut, in Eljas' Fall war es eine ganze Menge, aber trotzdem. Er ging Tuomo auf die Nerven. Zu seiner Genugtuung schien dies auf Gegenseitigkeit zu beruhen, immerhin etwas. Eljas war jederzeit bereit, ihrer beidseitigen Antipathie Luft zu machen; wobei die meisten Außenstehenden dann ihm, Tuomo, die Schuld dafür gaben den ansonsten so ruhigen Eljas provoziert zu haben. Er meinte zwar, dass Eljas mindestens genau so viele Streits anzettelte wie er, aber vielleicht kam ihm das auch nur so vor, denn während er sich gelegentlich auch mit anderen in die Haare bekam, war Eljas ansonsten ausnahmslos verträglich. Tuomo beobachtete den anderen Trainer etwas mürrisch; dieser war mit seinem besten Freund unterwegs (Tuomo hatte seinen Namen vergessen) und nahm gerade seine geheilten Pokémon von Schwester Joy entgegen, während Tuomo noch warten musste. Wie immer hatte er die Jacke nur locker um die Schultern gelegt, ganz als sei immer noch Sommer. War dem Jungen eigentlich nie kalt? Eljas hielt inne und sah zu Tuomo hinüber, als hätte er dessen Blicke gespürt. Er grinste. „Hast dir ne Niederlage eingefangen, was?“, neckte er. Nein, wie alle davon ausgehen konnten, Eljas sei das Unschuldslamm was ihre Streits anging war Tuomo dann doch unbegreiflich, er war keinen Deut besser! „Nein, hab ich nicht.“, gab er zurück, „Aber mit zwei Pokémon gleichzeitig anzutreten ist eben ein bisschen anspruchsvoller.“ Zu seiner Enttäuschung wirkte Eljas überhaupt nicht überrascht. „Jep, hab ich auch schon ausprobiert.“, erklärte er mit froher Mine, „Aber wenn man einmal den Dreh raus hat, ist es nur noch eine Frage geschickter Koordination. Aber das liegt nun mal nicht jedem...“ „Ach, aber gerade dir, wie?“, spottete Tuomo, „Du verkomplizierst ja schon normale Kämpfe, mit zwei Pokémon versinkst du garantiert im Chaos!“ „Es kann ja nicht jeder einfach sinnlos vorpreschen, manche von uns denken lieber nach bevor sie handeln.“, konterte Eljas. Tuomo sah seinen Freund mit den Augen rollen. „Wenn ihr's unbedingt wissen wollt, warum tretet ihr nicht einfach gegeneinander an?“, warf er mit leicht genervtem Ton ein. Ganz Unrecht hatte er nicht; sie hatten noch nie gegeneinander gekämpft, wenn man von Wortgefechten mal absah. Eljas hob eine Augenbraue und grinste Tuomo an. „Wenn er sich traut...?“ Tuomo verschränkte die Arme vor der Brust. „Jederzeit.“ * „So. Das war schlecht.“, stellte Eljas fest. „Das war ne Katastrophe!“, korrigierte Tuomo. „Milde ausgedrückt, ja.“, kam die Bestätigung. Aus ihrem Kampf war nichts geworden. Bei ihrer Ankunft am Kampfplatz waren sie von zwei Trainern herausgefordert worden, die im Team mit je einem Pokémon antraten. Der Aussage, dass sie diesem Kampfformat nicht gewachsen seien, hatten weder Eljas noch Tuomo widerstehen können. Und dann hatten sie zerknirscht feststellen müssen, dass zu einem Partnerkampf mehr gehörte, als seine eigenen Pokémon zu kennen, und dass konstante Rivalität eher hinderlich war. „Was musstest du auch Lohgock wählen? Du hättest dir denken können, dass ich Bisaknosp einsetze.“, knurrte Tuomo auf dem Weg zurück ins Pokémon-Center. Eljas warf ihm einen finsteren Blick zu. „Den geb ich zurück, du hättest ja Despotar wählen können, dann wär das kein Problem gewesen.“ „Ich heb mir meinen Trumpf halt gern für's Ende auf.“ „Ja, den Trumpf hab ich gesehn, ganz toll.“, winkte Eljas ab. „Nie wieder!“ Tuomo nickte. „Kannst du laut sagen.“ Ein paar Minuten liefen sie schweigend, dann sahen sie fast gleichzeitig auf. „Nächstes Mal machen wir sie fertig.“, entschied Eljas, einer Aussage, der Tuomo nur zustimmen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)