Death Line von KeiKirjailija (Music from Suomi) ================================================================================ Kapitel 1: Ei Saavutettavissa Oleva ----------------------------------- Stand 04.Mai, Tampere, Finnland „Death Line… Das ist unser Name. Als ich von zu Hause weg lief, ich war siebzehn, schrie mein Vater mir nur nach, ich solle nicht zurück gekrochen kommen und um Unterschlupf betteln, wenn ich kein Geld mehr hätte. Seit dem hatte ich die merkwürdigsten und zum Teil auch peinlichsten Nebenjobs um mich über Wasser zu halten. Aber ich bin nie zu meinem Vater zurückgekommen, niemals, nicht zu Fuß und auch nicht auf den Knien. Und noch etwas habe ich in all der Zeit nicht getan, ich habe meinen Traum nie vergessen. Eines Tages stehe ich auf einer großen Bühnen, so wie auch meine Mutter schon davon geträumt hat. Und mein Traum endet nicht bei einem Mann, der mich schlecht behandelt und glaubt, dass ich nichts wert bin. Ich finde jemanden, der mich wirklich liebt! Viele Ziele? Das ist erst der Anfang. Ja, aber der Anfang von allem, das weiß ich ganz genau! Meine Band steht noch genau so am Anfang, aber bald stehen wir auf einer Bühne! Ich bin der Gitarrist und ich bin mir dessen absolut sicher! Death Line… Das ist unser Name! Und ich bin nicht zu blöd, richtig englisch zu sprechen! Death Line bedeutet mehr als nur `toter Strich´. Es ist mein Schlussstrich, meine endgültige Todeslinie, unter alles! Death Line ist mein Leben!“ „Death Line? Ist ein Zeitvertreib! Manu ist ein guter Kumpel von mir, er ist richtig Feuer und Flamme für seinen Traum und ich spiele halt Schlagzeug. Einen Freund unterstützt man bei seinem Traum und dann war ich dabei. Ich weiß nicht, wie weit dass hier noch vorangeht. Ich bin mit der Schule durch und lebe nicht mehr bei meinen Eltern, aber ich habe einen sicheren Job. Eigentlich ist es mir auch egal was aus Death Line wird, ich habe den Namen ja nicht mal verstanden, aber für Manu wäre es schade. Wenn er scheitert nehme ich ihn bei mir auf, müssen die Frauen eben ein bisschen warten. Das ist überhaupt das, was mich an dieser Band stört! Wir sind so winzig, wir sind nur zu weit und wir haben nicht mal ein paar Groupies! Nichts! Was ist ein Zeitvertreib ohne Frauen? Na ja, ich tue es ja Manu zur Liebe… dann ist es auch in Ordnung… für’s erste!“ „Death Line? Nie gehört….“ Kapitel 1:Ei Saavutettavissa Oleva / Unerreichbar Es war der fünfte des Monats Mai. Halb sechs, die Bandprobe in Jannis Garage gerade beendet gingen die beiden Musiker wie jedes Mal danach spazieren und redeten. Doch heute fehlte beiden der Antrieb. Selbst Manu, der immer optimistisch war, hatte der Mut verlassen. Sein Freund versuchte ihn aufzumuntern, aber wirklich zu klappen schien das nicht. „Ach, vergiss die Band doch mal, wir gehen jetzt, was trinken und dann reißen wir ein paar Frauen auf…“, er klopfte dem braunhaarigen Gitarristen auf den Rücken. „Janni, warum will niemand uns unterstützen?“, fragte dieser seinen blonden Drummer. Der Angesprochene seufzte. Die Antwort war offensichtlich, weil sie eine zweiköpfige Band mit einen mittelschlechten Drummer und einem mittelguten Gitarristen waren, die eine Hand voll Songs ohne Stimme hatten. „Ich weiß es nicht…“, murmelte er nur, um seinen Freund nicht zu enttäuschen. „Wir brauchen einen Sänger, dann…“, Manu war ein Träumer, schon immer gewesen, doch er wusste nicht mehr weiter. Ein Sänger, der fehlte ganz klar, doch würde damit sich wirklich alles regeln? Vielleicht, vielleicht auch nicht… „Ja, am besten eine Frau“, Janni grinste und das brachte schließlich auch Manu zum lächeln, auch wenn beide nicht wussten, was daran so witzige war. Wahrscheinlich war es die Tatsache, dass Frauen für den Drummer nach einer Nacht wieder vergessen waren und sie sich dann nach 24 Stunden einen neuen Sänger suchen mussten, aber sie waren sich nicht sicher. Sicher wussten sie nur beide, dass dieser Sänger gut sein musste, und das war von den Bewerbern noch keiner gewesen. Sie gingen weiter, da erfüllte eine sanfte Musik die Luft und eine Frau sang, sie klang noch nicht sehr alt. Manus Feuer war sofort wieder entfacht! Das war Schicksal! Er sah sich panisch um. „Ist das… wie heißt es?“, fragte Janni, der neben seinem Freund stehen geblieben war und lauschte. „Eine Arie, du Banause! Und sie ist wunderschön!“, mit schnellen Schritten folgte der Gitarrist der Melodie. „Wie gerne würde ich den Körper zu dieser Stimme sehen!“, lachte Janni und bemühte sich ihm zu folgen. Sie liefen an einer hohen Hecke entlang. „Du Mistkerl, sei nicht so laut!“, schimpfte Manu und blieb stehen. Man hörte gut und konnte nun in den Garten sehen. Ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren stand dort um sang, ein Mann und eine Frau saßen auf einer Bank vor ihr. Der Mann schien zu überlegen, die Frau hatte die Augen genießend geschlossen. „Sie singt wunderschön… So jemand…“, flüsterte Manu. Doch der Schlagzeuger schüttelte heftig den Kopf und zog ihn am Ärmel weg. „Vergiss es! Die sagt niemals ja! Das ist die Tochter eines riesigen Unternehmers und du hast doch gesehen, die ist viel zu beschäftigt mit ihrer Aria… Unerreichbar, solche Frauen!“ „Es heißt Arie, du Schwachkopf!“, meinte der Bandleader. Und dieses Mädchen war nicht alles, was unerreichbar war. Mit schnellem Schritt, schneller als sie um das Haus gerannt waren, zog der Blondschopf ihn davon weg. „Janni? Wer ist sie?“ „Das verwöhnte Töchterchen von einem reichen Unternehmer, das wahrscheinlich schon seit dem fünften Jahr Gesangsunterricht bekommt! Ein liebes, braves Kind und von dem Talent wahrscheinlich perfekt für uns, aber wir spielen Rock! Hard Rock! Das macht so eine nie, das sagt mir mein gesunder Menschenverstand! Lass uns lieber was trinken gehen!“ Manu hörte nur zu und konnte nichts mehr sagen, aber sie war so gut und sie hatte keine Stimme, die für so weiche Musik geschaffen hatte, da war doch etwas Raues gewesen, so schön es auch geklungen hatte! Nachdem die Beiden die Bar verließen, brachte Manu Janni nach Hause. Der Drummer war schon stark angetrunken, er selbst war nüchtern. Dann ging er selbst nach Hause. Unbewusst machte er einen Umweg. Dieser führte zum Haus der Sängerin der Arie. Einige Lichter brannten noch im Haus, doch draußen war natürlich niemand mehr. Niedergeschlagen, obwohl er nicht wusste, worauf er gehofft hatte, ging er mit gesenktem Kopf weiter. Da stieß er mit jemandem zusammen. Erschrocken taumelte er zurück. „Entschuldigung, es tut mir sehr leid“, meinte er und blickte in ein blaues Augenpaar. „Macht nichts, ich habe nicht geguckt, kein Problem“, das Mädchen, mit dem er zusammen gestoßen war, wollte schon wieder gehen, doch er versperrte ihr den Weg. „Ich habe dich singen gehört“, murmelte er. Sie sah ihn an, nicht überrascht, nicht glücklich, eher genervt. „Toll, hat dir die Arie gefallen, Glückwunsch und jetzt lass mich vorbei, meine Mutter wird wütend wenn ich nicht zu Hause bin bevor es dunkel wird“, meinte sie und verdrehte die Augen. Es war stockfinster. „Aber…“, zum ersten Mal begriff er wirklich was „unerreichbar“ bedeutete. „War es schön? Was soll ich sagen, freu mich dass du mich bei etwas belauscht hast, das ich hasse und meine Mutter liebt?“, ihr Blick war so klar und stark und gleichzeitig irgendwie verletzt. Sie drängelte sich an ihm vorbei. „Du singst nicht gerne?“, fragte er und drehte sich zu ihr um. „Du begreifst schnell!“, es war eine merkwürdige Mischung aus Wut und Verzweiflung. „Aber es klang so gut. Und als hättest du es gerne gemacht…“, er verstand es nicht. „Schön! Ich bin eine gute Schauspielerin. Ich hasse das.“ „Oh…“ „Was ist?“, sie sah ihn an. „Ach, nichts, du hasst das Singen ja sowieso. Janni hatte recht, jemand wie du unerreichbar.“, er dreht sie um. „Unerreichbar?“, ein Ton erklang, ähnlich wie ein Schluchzen. Sofort drehte Manu sich wieder um. Eine Träne lief ihr Gesicht hinunter. „Das hat schon mal jemand zu mir gesagt… Es ist kein schönes Wort… Bitte hör auf damit. Lass mich in Ruhe, aber sag so was nicht…“ „Was ist denn?“, er konnte seine Verwirrung nicht verbergen. Sie schüttelte sich. „Ich hasse das Singen nicht, ich hasse es etwas zu tun, was meine Mutter mag und sie liebt Arien. Also wenn du eine Frage hast, frag!“, sie gewann mit jedem Wort diese Aura wieder, die sie schon am Anfang des Gespräches gehabt hatte, diese Stärke. Manu atmete tief durch. „Es ist blöd…“ Sie ging auf ihn zu und stellte sich direkt vor ihn, nur wenige Zentimeter vor ihn. „Du bist ein Angsthase! Eine alte Weisheit sagt, du bist enttäuscht, wenn du es nicht schaffst, aber du bist verloren, wenn du es nicht versuchst, also? Ich höre?“, flötete sie und grinste. „Wir haben eine Band… Eine Hard Rock Band… aber keinen Sänger“, sagte er zögern. „Meine Mutter würde mich umbringen, wenn ich in einer Hard Rock Band singe.“, lachte sie und trat einen Schritt zurück. „Ja, das kann ich verstehen…“, murmelte er enttäuscht und wollte gehen. „Du hast noch nicht begriffen, dass ich meine Mutter hasse, oder?“, fragte sie lachend. Er sah sie an. „War das ein ja?“ „Wenn du mir etwas erklärst.“ „Ja?“ „Warum fragst du mich das?“ „Nenn es Schicksal. Wir sind auf der verzweifelnden Suche nach einem Sänger, gehen Spazieren und hören dich singen, und als ich hier wieder vorbei komme, da bist hier.“ „Du kennst nicht mal meinen Namen“, sagte sie lächelnd. „Stimmt, ich weiß nichts von dir, aber warum sagst du Ja zu einer Band, von der du nichts weißt?“ „Nenn es Schicksal, ich hasse mein Leben und plötzlich begegne ich dir. Mein Name ist Mina“, sie grinste und streckte ihm die Hand hin. „Wir sind Death Line.“ Kapitel 2: B-Vitamiini ---------------------- Stand 26.Mai, Tampere, Finnland „Mina? Sie ist einfach unglaublich! Sie kann so unglaublich singen! Sie ist eine unglaubliche junge Frau! Ich bin völlig baff! Ich dachte tatsächlich, sie würde die Arie schon gut gesungen haben, aber härter Töne sind sie noch besser! Ihre Stimme hat so viel Kraft, ich bin überwältigt! Sie hat außerdem in ein paar Tagen mit mir für alle Songs, die wir haben Texte geschrieben und kann sie alle auswendig! Dieses Mädchen war genau das was wir gebraucht haben, sie ist die perfekte Ergänzung! Jedes Mal wenn wir proben weiß ich noch viel sicher, als sonst, dass mein Traum doch war wird! Sie ist unglaublich! Jetzt fehlt uns tatsächlich nur noch ein Auftritt! Aber ich bin mir sicher wir werden ihn auch noch bekommen! Jetzt können wir alles schaffen, ich bin mir ganz sicher! Jetzt steht uns nichts mehr im Weg!“ „Mina? Sie ist gut, das muss man zu geben, Manu ist völlig hin und weg von ihr. Wenn ich nicht wüsste, dass er nichts von Frauen will, dann würde ich denken, er sei verknallt, aber dafür kenn ich ihn zu lange. Auf jeden Fall… Sie ist merkwürdig. Ein beeindruckendes Mädel, leider hat sie mich bei der ersten Probe schon abserviert, doch da kann man dann nichts machen. Manu ist im Moment noch viel zu beeindruckt um zu sehen, dass irgendwas mit ihr nicht stimmt. Ich bin ganz bestimmt nicht paranoid, aber irgendwas hat sie an sich, das mich nachdenken lässt. Und nebenbei das mache ich nie bei einer Frau! Nein, sie verbirgt etwas, das weiß ich. Normalerweise würde ich sagen: Klar wir kennen uns nicht gut, soll sie doch! Aber ich habe das ungute Gefühl, dass das später noch mal wirklich Probleme gibt! Und auf so was wäre ich gerne vorbereitet, aber was soll’s. Nehmen wir das Leben wie es kommt, für Manu gibt es so wie so kein anderes Thema mehr, als dass sie bald auf einer Bühne stehen können, und er hat ja Recht. Mit Mina sind wir wirklich verdammt gut, sie hebt sogar unser mäßiges Talent hoch. Ich glaube wir sind bereit, aber wie sollen wir auf eine Bühne kommen?“ „Ich? Ich bin doch nichts Besonderes. Nur ein einfaches Kind, das von seiner Mutter zu Gesangsstunden gezwungen wurde. Aber das hier mache ich viel lieber. Es ist schön Freunde zu haben und sich nicht wie eine Prinzessin benehmen zu müssen… Es ist schön und es würde meiner Mutter den letzten Nerv rauben!“ Kapitel 2: B-Vitamiini / Vitamin B Normalerweise hatte Mina ein recht entspanntest Leben, wenn sie sich nicht gerade mit ihrer Mutter stritt. Das tat sie jedoch ziemlich oft. Über den Grund wollte Mina jedoch so wenig wie möglich nachdenken. Wenn normale Kinder sich mit ihren Müttern stritten, dann war das mehr ein „Wann räumst du dein Zimmer aus?“ – „Ja, Mum, mach ich noch!“ oder „Hast du schon deine Hausaufgaben gemacht?“ – „Ja, Mum, nerv nicht!“. Bei Mina und ihrer Mutter klang das jedoch gleich ein bisschen anders. So wie an diesem Tag. Fast einen Monat war es her, dass Mina in die Band „Death Line“ eingestiegen war, und sie hatte sich nie so frei gefühlt. Aber irgendwann musste sie es ihrer Mutter sagen müssen, dessen war sie sich absolut bewusst gewesen. Und es war nicht so, dass sie Angst davor gehabt hatte. Sie selbst pflegte zu sagen, dass sie vor nichts Angst hatte. Und vor ihrer verdammten Mutter erst recht nicht! Doch Mina war ja ein intelligentes Mädchen und sie plante schon lange Mami mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Diese Frau, die Mina so sehr hasste, war ein manipulierender Blutsauger, der es liebte in feiner, reicher Gesellschaft zu sein und sich dort noch besonders vornehm zu geben. Mina bekam dabei das Brechen! Doch über den Trick den sie anwandte, hätte sich selbst ihrer Mutter gefreut, wäre sie nicht das Opfer gewesen. Bleich war sie gewesen. Selbst ihr vieles Make-up war verblasst. Mina wollte sich an dieses Bild solange erinnern wie es möglich war. „Nein… Das ist ein Scherz!“, sagte sie laut und ganz klar wütend, „Du dummes Kind willst deiner armen Mutter nur einen Herzriss verpassen! Du kleines Miststück, du sollst so etwas nicht zu mir sagen!“ Diese holen Beleidigungen ließen Mina inzwischen völlig kalt. „Ich singe in einer Rock Band“, außerdem schmeckten diese Worte einfach zu süß in Kombination zu dem Geschichtsausdruck ihrer ach so armen Frau Mutter! „Nein, das tust du nicht“, schrie sie, „Das erlaube ich nicht! Warum tust du uns das an?“ Mina hatte nie verstanden warum ihre Mutter keine Schauspielerin geworden war. Die Tochter schwieg nur lächelnd. „Willst du dazu gar nichts zu sagen? Oh, was habe ich nur falsch gemacht mit dir?“, die Frau schluchzte heftig, „Ich will doch nur dass es dir später gut geht!“ „Pah! Gut geht? Geht es heuchlerischer?“, dachte Mina wütend, doch sie lächelte weiter stumm. „Ich wollte doch immer nur, dass du mit mir auf ein paar Partys gehst, ein paar Kontakte knüpfst, später einen reichen, anständigen Mann verheiratest und dann ein ruhiges Leben führst“, seufzte ihre Mutter. „Ersten: Ist das `anständig` zu streichen, denn so lange er reich ist hättest du mich an jeden abgeschoben und zweitens: Ist ein ruhiges Leben für mich kein glückliches!“, in Gedanken schrie sie ihre Mutter an, nach außen benahm sie sich und sah ganz ruhig aus. „Du machst mir zu viel Kummer für mein armes, altes Herz“, theatralisch griff sie sich an die Brust. „Ist mir egal“, sagte Mina lächelnd, „Wer interessiert sich für dein Herz?“ Diese Frage hatte ihre Mutter ihr selbst einmal gestellt und jetzt gab sie sich zurück. „Du dummes Ding, so war das nie gemeint!“, schimpfte die Frau mit ihr. „Das glaube ich, aber auf jeden Fall, kannst du mir das nicht verbieten, ich wollte euch nur informieren, Papa erzähle ich es nachher“, meinte Mina locker und selbstsicher. „Nein wie wäre es wenn du es ihm jetzt erzählst?“ Minas Vater war ein reicher Unternehmer und gleichzeitig Anwalt, aber letzteres eigentlich nicht mehr aktiv, es war nur damals sein Traum gewesen, ein Traum, der nach Verwirklichung nicht wirklich mehr spannend gewesen war. Er war anderes als Minas Mutter, doch leider hatte er viel zu tun. Seine Tochter hatte ihn immer geliebt, definitiv mehr als seine Frau, was wohl auch auf Gegenseitigkeit beruhte. Normalerweise war er Minas Meinung, dass sie machen sollte, was ihr gefiel, doch seine Frau glaubte immer noch ihn irgendwann ganz und gar auf ihre Seite zu ziehen. Minas Mutter rauschte einfach in das Arbeitszimmer ihres Ehemannes. Ungeachtet dessen, dass dieser Besucht hatte, was Mina genau wusste. Was sie außerdem noch wusste war, wer dieser Besuch war! „Rate mal was deine Tochter vorhat!“ Das war Minas absolute Lieblingsstreittechnik ihrer Mutter, wenn sie etwas Falsches machte, war sie das Kind ihres Vater, so gefiel ihr das. „Schatz, bitte, wir waren mitten in einem Gespräch“, sagte Minas Vater ruhig und stand auf. Glücklicherweise war sein Gast ein alter Freund, schlimm war die Situation trotzdem. „Rate mal, was deine Tochter machen will!“ Mina lächelte den Gast freundlich und entschuldigend an. Dieser grinste. „Lasst euch gar nicht stören!“ Und lehnte sich zurück. „Schatz, was ist denn so schlimm?“, leicht genervt war ihr Vater, das konnte die Sängerin in seiner Stimme hören. „Sie will in einer Rock Band spielen!“, die Frau sprach diese Worte mit so einer Abscheu, dass Mina sich wunderte, warum sie dabei keine Säure spuckte! Man hätte denken können sie sprach über den Atombombenangriff auf eine einzelne Person! Ihr Vater seufzte. „Das ist alles? Ich hätte es mir ja denken können, dass ihr wieder wegen so etwas streitet.“ Er schüttelte den Kopf. „Liebling, lass Mina doch ihren Spaß, sie ist doch noch jung und bis jetzt hat sie alles gemacht, was du von ihr wolltest, jetzt kann sie doch auch mal ihre eigenen Träume verwirklichen.“ Ihre Mutter schnaubte empört. „Wenn du das meinst, Schatz!“, sagte sie giftig, dann drehte sie sich zu Mina, „Aber wer sollte schon so einer kleinen, unbedeutenden Band wie euch jemals einen Auftritt verschaffen!“, knurrte sie und drehte sich weg. Und genau das war der Satz, der „Death Line“ seinen ersten Auftritt bringen sollte. Eigentlich hätte man stolz auf Mina sein müssen. Zum ersten Mal in ihrem Leben nutze sie das, was ihre Mutter Vitamin B wie Beziehung nannte, und das war das was sie doch immer von ihrer Tochter wollte! „Wie wäre es mit mir?“, lachte der bis eben stille Beobachter und stand auf. „Was?“, schockiert sah Minas Mutter ihn an, „Das ist nicht ihr Ernst!“ „Tommi, das ist wäre wirklich nett von dir“, sagte Mina und lächelte unschuldig, „Aber das kann ich doch nicht annehmen.“ Sie konnte nicht verhindern, dass sie das Lächeln in ein Grinsen verwandelte. Ihr Vater sah sie schief von der Seite an. „Aha?“ Tommi Liimatainen grinste zurück. „Aha. Nein, das war tatsächlich mein Ernst, ich würde mir eure Band gerne mal anhören. Mein Bruder geht mit seiner Band demnächst auf Tour und die Vorband, die wir beabsichtigt habe, hat leider absagt, und die Jungs haben sich auch noch keine neue ausgesucht, also sind wir noch am suchen, und vielleicht…“ Er grinste geheimnisvoll. „Wir proben in einer Stunde, willst du mitkommen?“ Tommi L. war ein alter Freund von Minas Vater, ganz an seinem Anfang seiner Karriere hatte er Tommi vor Gericht verteidigt. Mehr wusste Mina darüber nicht. Sie hatte zwar schon oft gefragt, aber nie eine richtige Antwort erhalten, irgendwann war es dann zur Tatsache geworden. „Hast du deinen Freunden bescheid gesagt, dass ich mitkomme?“, fragte Tommi. „Nein, hätte ich?“, fragte Mina zurück. „Ich weiß es nicht. Na ja, darf ich dich was fragen?“, er musste wieder grinsen. „Klar immer!“ „Das war geplant, oder?“ „Was?“ „Das alles!“ „Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst“, sie kicherte und war bemüht unschuldig zu gucken. „Mina, du bist kein unschuldiges kleines Mädchen! In dem Punkt weiß ich mehr als deine Mutter!“, ermahnte er sie. „In dem Punkt weiß jeder mehr als meine Mutter! Na egal, wir sind da!“, meinte die Sängerin und klopfte an die Garage. „Uh, das hat weckt ja Erinnerungen!“, freute sich Tommi wie ein kleines Kind. „Ich frag einfach nicht“, murmelte Mina, was allerdings im Geräusch des Tores unterging. Manu und Janni hatten schon auf sie gewartet. „Mina! Da bist du ja endlich“, sagte Janni mit breitem Grinsend. Dann sah er Tommi an. „Wer ist das?“ „T… To…Tommy… Liimatainen…“, stotterte Manu und fiel in Ohnmacht. Er fiel tatsächlich in Ohnmacht und landete auf dem kalten Boden. „Geht es ihm gut?“, fragte Tommi und lief mit Mina besorgt zu ihm hin. Janni betrachtete immer noch Tommi. „Liimatainen? Ach, Jonnes Bruder, na dann klar“, lachte er und sah seinen bewusstlosen Freund an. „Was ist denn los?“, fragte Mina verwirrt. Der Drummer lachte. „Unser verehrte Herr Bandleader“, brachte er zwischen den Lachanfällen heraus, „Ist bestimmt einer der größten Fans von Jonne die es gibt! Ich musste mit ihm mal die Stadt nach seinem Haus absuchen!“ Tommi sah ihn verunsichert an, im nächsten Moment lag auch Janni am Boden, jedoch vor Lachen. „Eure Band ist lustig…“, murmelte Tommi und schüttelte den Kopf, „Braucht er keine Hilfe?“ „Ach Quatsch! Er bricht vor jedem Negative- Konzert zwei- bis dreimal zusammen, das ist normal!“, kicherte Janni und auch Tommi musste jetzt grinsen. „Das könnte blöd enden…“ „Mina! Ich liebe dich! Ich liebe dich!“, schrie Manu und hing ihr in den Armen. „Ist er immer so, wenn er betrunken ist?“, fragte Mina und kippte ihren Drink runter. Das konnte doch gar nicht sein, das war erst die dritte Runde. „Nein… Nur wenn es um Jonne geht, sonst trinkt er ja auch nicht“, grinste Janni. „Ah…“, murmelte Mina und betrachtete den braunhaarigen Gitarristen, der glücklich die Schulter ihres Shirts durchweinte. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir es schaffen“, murmelte der Schlagzeuger, „Wir wollten nur mal einen kleinen Auftritt und du verschaffst uns einen Job als Vorband. Du bist echt unglaublich!“ „Ach quatsch“, winkte Mina ab und lächelte Janni an. „Mina, ich liebe dich! Wir sind die Vorband von Negative, ich glaube es nicht!“ „Ja, Manu…das sagtest du schon“, verunsichert sah sie ihn an. „Hoffentlich wirst du nicht bewusstlos wenn wir Jonne treffen“, lachte sein blonder Freund, „Sag mal Mina, war es in Ordunug von Tommi uns schon zu zusagen, ohne das die anderen davon wissen?“ Manu zuckte zusammen, klar, was wenn doch noch etwas schief ging? „Tommi kennt seinen Bruder sehr gut, keine Sorge. Und sie waren wirklich schon einwenig in Hektik wegen der Vorband, weil es ja schon recht bald losgeht.“, erklärte Mina. „Wann geht es denn genau los?“, Janni fragte die Details ab, ihr Gitarrist hätte sie sich wahrscheinlich nicht mehr merken können. „Am 11. Juni“, sagte Mina ruhig und bestellte die nächste Runde. „So bald schon?“, Manu zitterte in ihrem Arm. „Also sind wir ihre Rettung“, meinte Janni. „So ungefähr. Wahrscheinlich hätte Flinch herhalten müssen“, kicherte die Sängerin. „Dann sind wir ja sogar ne doppelte Rettung!“, grinste der Schlagzeuger. „So kann man’s nennen“, grinste Mina ihn an und hob dann ihr Glas, „Auf uns!“ „Eher auf dich!“, lachte Janni und sah dann Manu an, „Oder auf Jonne?“ Manu wurde rot, griff aber ebenfalls nach dem Glas. „Auf Death Line und Negative“, murmelte er leicht verlegen. „Schön“, sagte Mina. „Und darauf, dass du nicht wieder ohnmächtig wirst!“, ergänzte Janni laut lachend. Kapitel 3: Hassu Joukko ----------------------- Stand 28. Main, Tampere, Finnland „Negative? Negative ist die unglaublichste Band auf diesem Planeten! Ich liebe sie! Ich habe jede CD, jedes T-Shirt, ich kann nicht genug von dieser Band kriegen und erst recht nicht von Jonne! Er ist so ein besonderer Mann, seine Stimme ist wunderschön, die Songs, die er schreibt, bewegen einen, und ich könnte diese Liste noch viel weiter führen! Negative ist der Grund, für den ich das meiste Geld ausgebe! Aber es ist mir egal, für Jonne würde ich mich sogar verschulden! Halt, habe ich nicht bei Janni noch wegen irgendetwas in dieser Richtung Schulden? Egal… Ich komme mir ja schon fast wie ein verliebtes Mädchen vor, das Poster in ihrem Zimmer von ihrem Lieblingsstar aufhängt, aber ich bin nun mal verknallt in ihn. Bis jetzt dachte ich eigentlich auch dass das eine Schwärmerei bleibt, aber dank Mina werde ich ihn kennen lernen! Oh verdammt ich bin so aufgeregt! Ich lerne Jonne kennen, nein wir sind sogar Negatives Vorband! Ihre Vorband! Wir werden sie eine ganze Zeit lang begleiten! Oh man, mir wird schwindelig!“ „Negative? Na ja, ich bin kein wirklicher Fan von dieser Musikrichtung, aber hören kann man’s schon, wenn das Radio es spielt, oder Manu, glaube ich hatte auch mal ne Freundin die Negativefan war. Gut ich war noch nie auf so vielen Konzerten wie von dieser Band, aber das ist Manus Schuld! Ich musste mit ihm sogar mal auf zwei Konzerte von einer Tour! So was Unnötiges! Und meine eine Bekanntschaft hat mich auch zu so einem Konzert mitgeschleppt. Ich hab überlegt, ob ich nicht lieber Manu und sie gemeinsam wegschicke, aber dann wäre mir der Sex entgangen und das ist natürlich nicht so schön. Ach was soll’s! Was drauf haben sie ja wirklich, ist nur halt nicht die Richtung, von der ich mir Platten kaufe! Aber Manu ist fanatisch. Jonnefanatiker! Echt unglaublich. Da fällt mir gerade wieder ein, dass er mir noch Geld für eine Konzertkarte schuldet… Aber das hat er bestimmt schon wieder vergessen. Das waren beste Plätze, ich stand 5 Stunden mit ihm vor der Halle, jetzt weiß ich’s wieder. Pah! Na, ich erinnere ihn daran, wenn er glücklich in Jonnes Armen liegt… Dank Mina werden wir den Guten ja bald begegnen. Ich bin gespannt.“ „Negative? Ich höre die Musik, aber kennen tu ich sie nicht gut, und auf Konzerte geht ein liebes Mädchen ja nur wenn sie klassisch sind, sagt meine Mutter. Aber Tommi kenne ich gut, er ist teilweise wirklich oft bei uns. Ich muss ihm für diesen Gefallen noch einmal richtig danken!“ Kapitel 3: Hassu Joukko / Lustige Truppe „Manu! Verdammte Schei*e! Hör auf wie blöd zu zittern!“; meinte Janni gereizt und sah seinen Freund an, der schon seit Minuten auf und ab ging, „Setz dich hin und atme ein und aus, du machst mich noch wahnsinnig!“ Manu gehorchte. „Na das klingt ja fast so, als wäre da noch jemand aufgeregt“, kicherte Mina, die sich neben Janni gestellt hatte und ihn leicht von der Seite anstupste. „Ich bin nicht schwul!“, sagte dieser empört. „Hab ich das behauptet?“, verwirrt sah Mina ihn an und sah dann zu dem sitzenden Gitarristen, „Das hab ich doch nie gesagt, oder?“ „Krieg dich wieder ein, du bist keine gute Lügnerin! Das selbst ich schon mitbekommen“; sagte Janni und klopfte ihr auf die Schulter. „Oh, man ich streng mich bei euch einfach nicht gut genug an!“, maulte sie beleidigt. „Ich glaub nicht, dass das an uns liegt“, meinte Janni. „Sie sind zu spät, oder?“, fragte Manu. „Klappe Bandleader!“, kommentierte der Drummer nur. „Du bist doch aufgeregt!“, freute sich Mina. „Aber nicht wegen Jonne! Sondern wegen der Tatsache, dass wir das erste Mal vor Publikum spielen werden! Aber vorher muss Manu es ja überleben vor Jonne zu spielen, also sollte ich mich wohl von der Idee verabschieden!“ „Du bist gereizt“, lachte Mina und stupste ihn weiter an, „Und aufgeregt!“ „Freu dich nicht so diebisch! Ich bin trotzdem hetero!“, schnaubte Janni. „Da kenn ich mehr von“, lachte die Sängerin und tanzte vor dem beleidigten Drummer weg. „Ja ja, du komm mir“, drohte er, musste aber grinsend. „Stören wir?“, fragte eine Stimme, die Manu wahrscheinlich gegen ein startendes Flugzeug gehört hätte. Wenn er daneben stand und der Besitzer der Stimme auf einen weit entfernten Kontinent! Mina und Janni drehte sich um und ihr Gitarrist klappte gleich zusammen. „Ich wird nicht mehr, Jonne Aaron steht tatsächlich in meiner Garage“, murmelte Janni schnappte sich seine Wasserflasche um Manu zu wecken… „Bei mir hat er das nicht gesagt“, murmelte Tommi, neben seinem Bruder, der noch leicht verwirrt zu Manu sah. „Ist das normal?“, fragte er vorsichtig. Janni öffnete tatsächlich, als würde er es täglich machen, seine Flasche und kippte seinem Freund einen kräftigen Schluck über den Kopf. „Also die Beiden behaupten ja“, sagte Mina lächelnd. Jonne lächelte. „Okay. Also ignorieren? Na dann, du bist bestimmt Mina? Der kleine Unschuldsengel?“ Misstrauisch betrachtete Mina Tommi. „Was auch immer du ihm auch erzählt hast! Ja!“, sagte sie lachend. Jonne kam auf sie zu. „Nichts wirklich schlimmes“, meinte er und umarmte sie kurz. Peinlicherweise musste sie feststellen, dass sie rot war. Das passierte ihr sonst nicht. Gut, sie war auch sonst nicht der Situation, dass sie von einem gut aussehnenden, charmant lächelnden Sänger umarmt wurde, aber irgendwie war dieses Gefühl doch falsch oder? Er ließ sie los und sah zu Manu und Janni. „Der Patient lebt wieder“, verkündete der Drummer grinsend. Als Jonne jedoch auf ihn zukam, streckte er ihm mit genügend Körperabstand die Hand entgegen. „Ich bin Janni und ich stehe nicht so wirklich auf kuscheln. Also umarm lieber Manu, okay?“, meinte er leicht nervös. Jonne ergriff mit den Schultern zuckten kurz seine Hand und sah dann Manu. Mina schüttelte sich in der Zeit kurz, in der Hoffnung die Röte von ihren Wagen zu bekommen. „Verdammt Mina, du bist doch kein Kind mehr!“, ermahnte sie sich in Gedanken selbst und dachte kurz schmerzlich an das letzte Mal, als sie sich so gefühlt hatte… „Ich… b… bin Manu…“, stotterte der Gitarrist mit knallrotem Gesicht und schaffte es kam Jonne anzusehen. Ohne zu überlegen schloss der Sänger ihn in die Arme. Die Gesichtsfarbe des Bandleaders begann noch mehr zu leuchten, wenn das überhaupt ging… Und dann passierte das, was man, mindestens Janni, hätte ahnen müssen. Er wurde ohnmächtig, zum zweiten Mal an diesem Tag. Kippte nach vorne und landete noch fester in Jonnes Armen. „Oh verdammt!“, Janni schlug sie die Hand auf die Stirn, „So ein Idiot!“ Jonne sah ein bisschen überfordert aus. „Und ihr seid euch sicher, dass es ihm gut geht?“, fragte er und sah den Haarschopf an, der an seinem Hals lag. „Ja!“, stöhnte der Drummer, packte seinen Kumpel am Kragen und zog ihn weg von dem Negativefronter. „Tut uns leid, das passiert wie gesagt in bestimmten Situationen häufiger!“ Er schlief Manu wieder zu dem Stuhl und kippte den Rest der Wassers über ihn. „Und diese bestimmten Situationen sind, wenn es irgendwie um dich geht“, grinste Tommi. Sein Bruder sah ihn an. „Aha?“ Aber er lächelte leicht vor sich hin. „Bist du verlegen?“, fragte Tommi ihn verwundert, „Bei deinen Konzerten kippen doch einige Mädchen um, du bist doch nicht ernsthaft wegen ihm jetzt verlegen, oder?“ „Ich würd’ so was merkwürdig finden“, nuschelte Janni vor sich hin. „Verkappter Hetero!“, murmelte Manu dafür als er langsam wieder zu sich kam. „Was hast du gesagt?“, schnaubte der Drummer und hob die Faust. „Janni! Dir ist schon bewusst, dass wenn du ihm jetzt eine runterhaust, dass das ein indirektes Outing ist, oder? Außerdem hat er doch recht!“, meinte Mina und versuchte die Beiden zu beruhigen. Der Schlagzeuger schien zu begreifen. „Oh verdammt, ja weit kommt’s noch!“, murmelte er und sah zu Tommi und Jonne. „Ihr seit eine lustige Truppe“, meinte der Jüngere immer noch mit diesem Lächeln, was Manu fast in das nächste Koma geschickt hätte und Mina dieses komische Gefühl beschwerte. „Eigentlich… wollte ich euch ja mal spielen hören, wo Tommi mir so viel vorgeschwärmt hat…“, meinte Jonne als nächstes. Manu wurde bleich. „Aber… so gut sind wir doch gar nicht“, dann wurde er rot. „Ihr seid unsere Vorband ihr müsst gut sein“, grinste Jonne. „Aber…“, Manu hatte das Gefühl sich in den Augen seines Gegenübers zu verlieren. Es war so völlig anderes als ein Poster anzusehen! Es war so ein merkwürdiges Gefühl… „Manu! Mach den Mund zu und schnappt dir eine Gitarre, du willst den lieben Jonne doch nicht enttäuschen!“, meinte Janni. „Ob das gut geht“, seufzte Tommi. „Das frag ich mich auch“, murmelte Mina und schüttelte den Kopf. Jonne grinste voller Vorfreude vor sich hin… Dieses merkwürdige Gefühl verfolgte Mina bis in die Nacht. Sie lag noch lange wach und dachte nach. Jonne Aaron… Warum war das passiert? Das war definitiv falsch! Das konnte nur falsch sein! Und es fühlte sich falsch an, das war das schlimmste daran. Doch sie konnte einfach nichts dafür, dass ihr Körper so reagiert, so auf ihn reagierte. Sie kam sich vor wie ein verzweifelter Fan, doch sie konnte ihren Star ja erreichen… Das war nur nicht richtig. Aus mehrer Gründen. Aus viel zu vielen Gründen, als das es jemals richtig sein könnte… Dieses Gefühl, es hatte einen Namen. Und sie diesen Namen. „Ich bin verknallt…“, murmelte sie in die Dunkelheit ihres Zimmers. Vielleicht war es eine andere Art des üblichen Verknalltseins, aber sie war es… Frustriert drückte sie den Kopf in ihre Kissen, dieses Gefühl kannte sie. Es war zwar schwächer, aber sie kannte es so gut. Und es gab nur einen Entschluss! Es musste aufhören! Sie durfte sich nicht in Jonne verlieben! Zwischen verknallen und verlieben gab es eine Trennlinie und die hatte sie noch nicht überschritten! Und das durfte auch nicht passieren! Kapitel 4: Keskellä Yollä ------------------------- Stand 12 Juni, Berlin, Deutschland „Der erste Auftritt? Das ist etwas Besonderes. Das erste Mal vor Menschen spielen, das erste Mal von so vielen Augenpaaren angestarrt werden, die sich fragen, wer man ist. Ein unglaubliches Gefühl, ein belebendes Gefühl! Das ist mein Traum ich bin einfach überwältigt. Es ist so großartig wie ich es mir immer erträumt habe! Das gesamte Publikum hatte zwar kaum von gehört, und wenn auch nur aus der letzten Ankündigung von Negative, aber es war trotzdem toll. Sie sahen uns erst verwirrt an und dann haben sie trotzdem applaudiert. Sie fanden uns gut! Sie fanden uns wirklich gut! Und Mina war toll, wie sie uns vorgestellt hat, wie sie geredet hat, wie sie gesungen hat, wir waren super! Nicht einmal verspielt, nicht einmal! An diesen Tag waren ich mich noch lange erinnern, sehr lange! Ich habe es ganz deutlich gespürt, jetzt wird mein Traum doch noch wahr. Das ist nur der Anfang! Und dann waren wir auch noch Jonnes Vorband! Und ich bin nicht mal ohnmächtig geworden, als wir auf die Bühne gegangen sind! … Dafür danach… aber Mina hat gesagt, Jonne hätte mich gefangen bevor ich aufschlug…“ „Der erste Auftritt? Definitiv ein Gefühl, dass ich nie vergessen werde. Es war schon unglaublich, ziemlich cool. Die Fans von Negative haben uns sogar zugejubelt, und sie haben unseren Namen geschrieen! Death-Line-Sprachchöre, wenn das nicht stark ist, dann weiß ich auch nicht! Leider ist mir beim ersten Mal auf einer Bühne auch zum ersten Mal aufgefallen, dass ich hinter dem Schlagzeug nicht wirklich etwas von Mädchen sehen kann, das ist echt Mist! Aber gut, dass sind sowieso alles Jonnes Fangirls also was soll’s! Aber ich muss Jay noch danken, dass ich sein Schlagzeug benutzen darf, meins sieht nicht halb so glanzvoll aus wie seins und ist auch teilweise nicht mehr ganz vollständig… Das sollte ich demnächst mal machen, aber wir haben ja noch genug Zeit uns richtig mit den Jungs anzufreunden.“ „Der erste Auftritt? Ich hätte nicht gedacht, dass es sich so gut anfühlt. Ich habe alles um mich vergessen, ich habe nur gesungen und die Fans betrachtet, die von Sekunde zu Sekunde begeisterter von uns waren. Es macht einen wirklich glücklich, ein berauschendes Gefühl, ganz anderes als bei richtigen Drogen, aber es ist vergleichbar.“ Kapitel 4: Keskellä Yollä / Mitten in der Nacht „Ihr seid echt gut!“, nuschelte Larry. „Larry könntest du sprechen, ohne zu essen?“, fragte Jonne den Gitarristen beim Frühstück in ihrem Hotel. Dieser schnaubte nur kurz. Manu konnte sein Glück noch kaum fassen, er kannte Negative, sie hatten gestern ihren ersten Auftritt gehabt und jetzt frühstückte er auch noch mit ihnen an einem Tisch! Selbst Janni amüsierte sich. Er saß neben Larry und Jay und fühlte sich dort anscheinend auf jeden Fall wohler als neben Jonne. „Chris hätte gesagt ihr seid mies“, grinste Snack und Antti nickte kräftig. „Das klingt doch scheiße“, imitierte Larry die ehemaligen Gitarristen von Negative, „Aber am Ende der Tour wäre er wahrscheinlich selbst Fan von euch gewesen!“ Die anderen grinsten, nur Jonne sah ziemlich still auf sein Frühstück. „Ich finde euch auf jeden Fall gut“, sagte Antti, ähnlich wie der Gitarrist, kauend. „Wenn meine Mutter das wüsste, würde sie sich umbringen, will jemand sie anrufen?“, meinte Mina lächelnd. „Keine guten Familienverhältnisse?“, fragte Jonne sie. „Nicht unbedingt“, meinte Mina, „Aber das ist nicht so schlimm!“ „Mein Bruder meinte schon, dass du mit deiner Mutter nicht besonders gut auskommst“, sagte der Sänger, anscheinend ein wenig erleichtert darüber auch einmal über etwas Ernsthaftes zu sprechen. „Ja, wir haben ein paar Probleme, aber was wäre ein Leben ohne Schwierigkeiten, was?“, sie zuckte nur mit den Schultern, war doch eh alles nicht so wichtig, das einzige, was wichtig war, war schon lange weg, viel zu lange. „Wenn wir nicht bei Frühstück wären“, lachte Larry, „Und du keine Dame, würde ich darauf mit dir trinken, aber das ist mit Orangensaft irgendwie erbärmlich.“ „Ich komm drauf zurück“, grinste Mina. „Oh ich sollte dich warnen, Kleine“, der Gitarrist grinste mindestens genau so breit zurück. „Mach das solange du willst, aber wir werden sehen“, meinte die Sängerin lächelnd. Jonne lächelte. „Macht dir das nichts?“, fragte Manu ihn vorsichtig. „Nein, ist schon gut“, er lächelte ihn an, „Aber du bist sehr führsorglich, ich kenne nicht viele Leute wie dich.“ Der Sänger winkte immer noch lächelnd ab. Manu wurde rot. „Danke…“, murmelte er vor sich hin und kümmerte sich um sein Frühstück. „Seid ihr eigentlich verrückt geworden?“, aufgeregt kam Tommi angestürmt. „Seid ihr völlig irre?“ „Ist was?“, kaute Larry. „Wir fahren in einer viertel Stunde ab und ihr sitzt hier entspannt beim Frühstück!“, wütend sah er den Gitarristen an. „Ich wusste, dass ich irgendwas vergessen habe“, grinste Jonne seinen Bruder an. „Oh du“, knurrte er und kam auf seinen Bruder zu. „Was denn? Ich bin aufbruchbereit“, sagte der Jüngere mit einem charmanten, typischen Marketinglächeln und warf dazu passend sein Besteck auf den Teller. „Aha?“, Tommi zog eine Augenbraue hoch und betrachtete ihn skeptisch, „Und was ist mit den Rest?“ Er sah über den Tisch. „Tommi, krieg dich wieder ein! Unsere Sachen sind seit heute Morgen um acht im Bus, Death Line ist bereit für alles was du willst!“; sagte Mina und lächelte Tommi zuckersüß an. Ihr Lächelnd hätte es jeder Zeit mit dem von Jonne aufnehmen können. Manu und Janni nickten zustimmend. „…Gut… Organisiert und schlagfertig… Du kommst nach deinem Vater…“, murmelte Tommi, „Und jetzt zu euch… Hä?“, Tommi sah zum Tisch, von der Negative-Crew saßen nur noch Jonne und Snack am Tisch. „Ich hab auch schon gepackt“, meinte der Keyboarder ruhig und faltete sogar seine Serviette. Jonne blickte zu den leeren Plätzen, die wie bei einer Tornadowarnung stürmisch zurückgelassen wurden. „Die anscheinend nicht…“ Sein Bruder stöhnte laut auf. „Warum redet ihr nicht mit einander?“ „Viel zu angestrengten“, meinte Snack grinsend. „Das sieht man, wer von dieser Band eigentlich ordentlich ist und wer nicht!“, meckerte Tommi und sah seinen Bruder überrascht an, „Aber irgendwie wundert es mich, dass du schon fertig bist. Du hast doch wohl nicht mal auf mich gehört, oder?“ „Natürlich, ich höre doch immer auf dich, Brüderchen“, sagte Jonne lächelnd. „Ja, genau…“, murmelte Tommi und schüttelte den Kopf, „Ihr habt eine Viertelstunde!“ Dann ging er langsam davon. Jonne stand auf. „Na? Doch nicht gepackt?“, grinste Mina. Er schmollte. „Doch… zum Großteil… Aber mein Koffer ist noch im Zimmer… also wir sehen uns nachher…“, schnell eilte er davon. „So ein Spinner“, meinte Mina kichernd und sah ihm nach. „Bin ich froh, dass du schon für uns gepackt hast Mina“, sagte Janni und seufzte erleichtert. „Tja, mit Tommi legt man sich nicht so gerne an, was?“, die Sängerin kicherte immer noch. Der Drummer nickte. Manu sah Jonne immer noch nach. „Mach dir keine Sorgen, er ist ein erwachsender Mann… irgendwie, er weiß, was er tut“, sagte Mina aufmunternd. „Irgendwie“, grinste Janni. Jonne schaffte es pünktlich, sogar noch vor Tommi, Snack und die Death Line-Mitglieder sowieso und auch Antti kam gerade noch pünktlich, Jay und Larry kamen zu spät. Tommi kochte vor Wut. Nachdem die beiden eine halbe Stunde überfällig waren kamen sie langsam zum Tourbus. Nach einer hübschen „Was fällt euch eigentlich ein“-Predigt steigen sie ein. Den Zuspätkommern schlug das kein bisschen auf die Laune, sobald der Bus losfuhr waren sie schon mit Janni in ein Gespräch verwickelte, dass mit einem „Habt ihr das öfter?“ anfing und über „Klar, aber es ist lange nicht so schlimm, wie es klang“ ging. Es war schon merkwürdig, dass sich der Drummer mit Jonnes Bandkollegen so gut verstand, den Sänger aber immer noch merkwürdig betrachtete, aber vielleicht war es auch die Tatsache, dass Manu so verknallt wie eine Teenagerin in den blonden Fronter war. Mina sah bei ihnen gemeinsam mit Snack und Antti und lauschte dem Gespräch das bei den drei Parteien immer wieder durch Bekräftigungen oder lautem Zustimmen unterstützt wurde. Tommi war nach vorne zum Fahrer geflüchtet. Nachdem Konzert ging es an diesem Tag gleich weiter, besonders praktisch weil Jay und Larry so nicht einmal Zeit hatten, ihre Sachen auszupacken. Erschöpft sank einer nach dem anderen in sein Bett im Tourbus. Nur Jonne nicht er saß da und sah aus dem Fenster. „Willst du allein sein oder darf ich mich setzten?“, fragte Manu neben ihm. Der Sänger sah ihn an. „Ich hab dich gar nicht kommen hören… hast du mich erschreck…“, murmelte er. „Entschuldigung“, meinte Manu und lächelte ihn zögerlich an. „Es ist mitten in der Nacht…“; meinte Jonne. „Du bist auch wach“, verteidigte der Gitarrist sich. „Nicht schlecht, außerdem bist du nicht ohnmächtig geworden, also setz dich“, sagte Jonne lächelnd. Manu musste auch kräftiger lächeln und setzte sich neben ihn. „Danke…“ „Du bist zu höflich, viel zu höflich“, meinte der Sänger und schüttelte den Kopf, „Deine Eltern müssen echt streng gewesen sein…“ „Nein, eigentlich waren sie das nicht, sie haben sich sogar eher schlecht um mich gekümmert…“, murmelte Manu und zuckte auf Jonnes erschrockenen Gesichtsausdruck nur mit den Schultern. „Was soll’s.“ „Tut mir leid. Mir ist nur aufgefallen, dass du sehr feinfühlig und aufmerksam bist. Und das ist echt selten für Männer in deinem Alter und für Gitarristen sowieso“, erklärte der Sänger. „Du spielst doch selbst Gitarre“, meinte Manu. „Stimmt, aber so meinte ich das nicht…“, murmelte der Blonde vor sich hin, „Aber egal, lass uns über was anderes reden. Ist es ein gutes Gefühl auf der Bühne zu stehen?“ „Ja…“, Manu spürte, dass er zitterte, als er dem Sänger in die Augen sah und er dachte fast er würde sterben vor Glück in diesem Moment. „Oh nein, nicht ohnmächtig werden, hörst du?“, Jonne sah ihn besorgt an und beugte sich leicht vor. Der Braunhaarige schüttelte sich kurz. „Entschuldigung…“, murmelte er verlegen und sah leicht weg. „Du musst dich doch für so was nicht entschuldigen! Ich frage mich nur, warum dir so was ständig passiert!“, meinte Jonne und packte das Kinn des Gitarristen um dessen Kopf wieder zu sich zu drehen. Manu errötete. „Ich… äh… weiß ja auch nicht… ich reiß mich zusammen, versprochen…“, er lachte nervös und befreite sich aus Jonnes Griff. „Ich werde aus Gitarristen einfach nicht schlau…“, murmelte dieser vor sich hin. Jener lachte noch einwenig weiter nervös und schüttelte sich dann erneut. „Also… Äh… Ich wollte dir noch danken… Nur wegen Mina, Tommi und dir können wir auf einer Bühne stehen, so oft und… es war mein größter Traum und er ist wahr geworden, dank euch… Ich war noch nie so glücklich als zu dem Zeitpunkt, als ich da oben stand und aus die Besucher geschaut habe… Es war völlig egal, dass sie wegen euch und nicht uns da waren, aber es fühlte sich echt gut an, und ich glaube sie mochten uns wirklich… Ich bin ein Träumer und alles was ich wollte war, dass dieser Traum unbedingt wahr wird… und du hast es mit möglich gemacht. Ich fühle mich wirklich lebendig, vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben und so viel Glück durchströmt mich in letzter Zeit und ich glaube ich muss mich dafür bedanken, bei euch allen… Es ist einfach zu großartig…“ Er lächelte Jonne an. Der Sänger starrte ihn an, als spräche der Gitarrist von etwas Unbegreiflichen. Aber wahrscheinlich war es auch unbegreiflich, dieses Gefühl, dass den Blonden jetzt überkam, wie er es lange nicht mehr gespürt hatte. „Manu…“, flüsterte er. Dann beugte er sich leicht nach vorne und legte eine Hand an Manus Wange. Was in diesem Moment mit ihm passierte konnte er nicht beschreiben. Er blickte in die Augen des Braunhaarigen und näherte sich fast intuitiv dem Gesicht des Anderen. Manu dachte sein Herz würde gleich herausspringen. Er war fast gefesselt von Jonnes Augen und seine Berührung, es fühlte sich noch besser an als auf der Bühne zu stehen, Doch kurz bevor sich ihre Lippen trafen, befreite er sich aus Jonnes Griff und sprang auf. „Ich glaube ich sollte doch lieber ins Bett gehen, morgen wird sicher auch wieder anstrengend…“, murmelte er und sah verschämt zum Boden. Er wusste selbst nicht genau, warum er das gemacht hatte, er konnte es einfach nicht benennen, doch er murmelte nur noch ein „Gute Nacht…“ und lief der Sänger dann sitzen, der ihm verwirrt hinterher sah. Kapitel 5: Rakkaus ------------------ Stand 29. Juni, Paris, Frankreich „Jonne? Er ist der großartigste Sänger, den ich kenne, seine Stimme ist so wunderschön… Ich könnte seine Stimme stundenlang zu hören, auch wenn der nur redet…Er ist einfach eine ganz besondere Person, mit einer ähnlich nicht so ganz glücklichen Vergangenheit wie meiner, aber er hat es geschafft mit seiner Stimme sein Leben in den Griff zu kriegen. Und das ist genau das, was ich mir auch erträumt habe… Ich bin wirklich so verknallt in ihn, es ist nicht zu glauben, aber alles an ihm ist so unglaublich. Seine wunderschönen Haare, seine zauberhafte Erscheinung, sein charmantes Lächeln…Einfach unglaublich… Einem Menschen wie ihn habe ich vorher noch nie gesehen… Doch jetzt ist es ganz anders… Seit ich ihn wirklich kenne ist dieses Gefühl… noch viel stärker… zu stark um es zu kontrollieren! Ich weiß nicht, ich kann es kaum beschreiben, ich weiß, dass ich in ihn verliebt bin, aber ich mir nicht sicher, was daraus wird. Er ist ein Star, unerreichbar, ich weiß warum Mina dieses Wort nicht mag… Außerdem ist das auch für das Image von Negative nicht gut… Oh verdammt, ich weiß es einfach nicht. Außerdem… dieser Kuss… nein, das war er ja eigentlich nicht wirklich ein Kuss… na egal… Es kam mir so vor als wäre das Mitleid… Hat er Mitleid mit mir? Oh man ich rede nur über meine Problem, dabei sollte ich doch über Jonne reden, Mist!“ „Jonne? Ja, er ist okay… Er ist mir noch ein wenig suspekt, aber da ist schon in Ordnung, ich bin halt ein Mensch der ein paar Vorurteile hat und dann aus Selbstschutz nicht jede Schwuchtel in die Arme schließt… Ich bin nur froh, dass ich ihn kenne, in ´ner Bar hätte ich ihn nämlich von hinten angeflirtet, verdammte androgyne Schwuchtel!“ „Jonne? Ein komplexes Thema, dieser Mann und vor allem das Gefühl, das ich mit ihm verbinde… Es ist keine Liebe, da kann ich mir sicher sein, aber aus irgendwelchen Gründen reagiert mein Körper auf ihn. Mein Herz klopft und es fühlt sich gut an, aber… das ist noch etwas… Seit ich Jonne umarmt habe, habe ich auch wieder Alpträume… das hatte ich vor fünf Jahren zu letzt… ich muss aufhören mit den Mist!“ Kapitel 5: Rakkaus / Liebe „Death Line“ hatte sich nach einigen Konzerten perfekt eingespielt, mittlerweile hätte man glauben könne, sie machten so etwas täglich! Manu fühlte sich fast wie im siebten, aber leider nur fast, denn da war noch eine kleine Sache oder besser jemand, Jonne… Er war absolut verknallt in ihn, aber seit dem einen Gespräch mied er ihn. Gut, er wusste selbst wie dämlich dass war, aber er traute sich nicht mehr alleine mit Jonne zu sein, er hatte Angst davor, denn er konnte nicht erklären, warum er einfach aufgestanden war. Schließlich war er kurz vor etwas gewesen, was er sich immer gewünscht hatte… „Manu, du siehst gar nicht gut aus!“, sagte Janni am Morgen des 30. Juni und klopfte seinem Freund auf den Rücken, der dabei beim Gehen fast vorne überfiel. Es war einer der entspannten Tage, gestern abend hatte sie ein Konzert gegeben und gegen Nachmittag würden sie in die nächste Stadt fahren, für heute war kein Auftritt geplant. Es war zehn Uhr und normalerweise gar nicht die Zeit in der Janni aufstand, geschweige denn spazieren ging, aber als er Manu gesehen hatte, war ihm das komisch vorgekommen und so war er mitgekommen. „Ja? Tue ich? Mir geht’s gut…“, murmelte der Gitarrist ohne ihn anzusehen. „Aha? Sieht aber gar nicht danach aus…“, sagte Janni, zuckte mit den Schultern und ging einfach weiter, ohne auf Manu zu achten. Er mit rotem Gesicht stehen geblieben war. „Manu? Gibt’s ein Problem?“, fragte er im Gehen, ohne sich umzudrehen. „Janni… es… ist…“, stotterte der Brauhaarige. „Nichts? Oder? Hast du doch eben gesagt“, meinte der Drummer locker. „Janni!“, Tränen stiegen Manu in die Augen und verzweifelt starrte er auf den Rücken seines besten Freundes. Verwirrt drehte dieser sich um. „Manu?“ Normalerweise klappte diese Taktik ja nicht, wenn er ihm so locker sein Desinteresse zeigte, wurde Manu nur wütend und schrie ihn an, geweint hatte er noch nie deswegen. Sonst hatte es immer geklappt. Jetzt liefen die Tropfen nur so das Gesicht des Gitarristen herunter. „Hey, du willst doch nicht auf offener Straße weinen, oder?“, hilflos sah Janni seinen Freund an. Doch anscheinend hatte dieser genau das vor. Vorsichtig ging der Schlagzeuger langsam auf ihn zu. „Komm schon, du willst doch nicht in Paris weinen? Diese Stadt ist nicht dafür gemacht, dass man Tränen in ihr vergießt… Also komm“, er lächelte nervös und sah seinen Freund an, den Tröster spielte er wirklich gar nicht gerne! Manu sah aus verweinten Augen zu ihm hoch. „Schau mich nicht so an, du schaust wie `ne Frau!“, meckerte Janni. Der Gitarrist schluchzte und warf sich dann an die Brust seines Freundes. Hilflos sah der Drummer die Passanten an, die tuschelnd zu ihnen sahen. „Manu? Wenn du so was machst… Glauben die Leuten noch, wie sind schwul…“, verzweifelt sah er nach unten doch Manu drückte sich fest an ihn. Seufzend schloss er die Arme um ihn und hörte fröhliches Gemurmel von den unerwünschten Zuschauern. Der Blonde wurde leicht rot und schüttelte den Kopf. „Was ist denn los?“ „Janni…“, schniefte Manu und der Angesprochene dachte schmerzlich an das schöne, neue Hemd dass er anhatte. „Darf ich dich was fragen?“ Er seufzte. „Ja, du darfst mich alles fragen…“ „Was… ist Liebe?“, schluchzte der Gitarrist und sah leicht hoch. Janni verzog das Gesicht. „Das fragst du mich!“ „Bitte… Du hast so viele Frauen…“ „So viele sind jetzt auch wieder nicht…“, murmelte der Drummer und sah sich nervös um, mit der Befürchtung, dass jemand der Umstehend tatsächlich finnisch und sie damit verstehen könnte. „Doch…“, murmelte Manu wie ein troziges Kind, was angesichts der Themas sehr merkwürdig war. „Hast du sie alle geliebt?“ Janni wurde noch röter. „Also… das ist so ne Sache… Manu… Ich… glaube nicht…“ „Hast du wenigstens eine davon geliebt?“ „Nicht wirklich…“ Verlegen sah er sich um. „Also kann man einfach jemanden küssen, den man nicht wirklich liebt?“ „…Äh… Ja, klar… so schwer ist das nicht…“, dann schüttelte er sich kurz, „Wieso zum Teufel willst du das wissen?“ „Er hat versucht mich zu küssen…“, murmelte Manu leise. „Wer zum Teufel?“, langsam wurde Janni wütend, doch als er es ausgesprochen hat, bemerkte er sofort wer gemeint war, „Jonne?“ „Ja…“, schniefte Manu, „Ja…“ „Aber… entschuldige bitte, aber… wolltest du das nicht?“, verwirrt rüttelte Janni leicht an seinem Freund. „Ja“, sagte der Gitarrist empört und trommelte mit den Fäusten gegen Jannis Brust. „Und wo ist das Problem?“, verständnislos sah dieser Manu und bekam von ihrem Publikum empörte Blicke, verdammt, wie musste das nur aussehen. „Ich… Ich weiß nicht…“, stotterte der Braunhaarige, da begriff sein Freund. „Du weißt nicht, ob er das erst gemeint hat. Oh verdammt! Weißt du… Männer“, der Gedanke schlich sich Janni auf, ob er tatsächlich mit seinem besten Freund redete oder nicht vielleicht mit seiner Freundin! „Männer tun viele Sachen, die mit“, erhustet kurz, „Küssen und so zu tun haben, ohne Liebe, das ist schon richtig… aber du weißt doch gar nicht, was hinter dem ganzen mit Jonne steckt… Vielleicht meint er das ja ernst mit dir… ich glaube nicht dass irgendjemand dich so ausnutzen würde und schon gar nicht Jonne…“ „Wirklich?“ Janni seufzte. Falsch… das wirklich ein hässliches Wort, aber es war so wahr. Mina hasste sich in diesem Moment so sehr wie noch nie ihrem Leben, und sie hatte sich verdammt oft schon gehasst! Aber diese Situation war gleichzeitig so schrecklich, so schrecklich unfair und so schrecklich grausam und trotzdem konnte sie nicht bestreiten, dass es sich gut anfühlte. So verdammt, teuflisch gut. Aber es war falsch, darauf musste sie sich konzentrieren! Sie löste den Kuss. „Jonne…“, keuchte sie, drückte ihn von sich runter und richtete sich auf. Verwundert sah er sie an, aber sie musste erst einmal seufzten. Wie war es eigentlich dazu gekommen? Sie waren in Jonnes Hotelzimmer, Millionen von Fans hätten sie beneidet, Manu hätte sie wahrscheinlich beneidet, und genau das war der Grund warum das hier jetzt aushören musste, bevor es überhaupt Zeit hatte anzufangen. Das war nicht mal eine dieser Teenagerliebeleien wie man sie für einen Star hatte, dass hier war nichts… Nichts außer Lust… Sie schlug eine Hand vors Gesicht und schüttelte den Kopf. „Das hier falsch, nicht wahr?“, fragte Jonne sie und lächelte sie an. „Wir sollten dass nicht tun, nicht um dabei an einen anderen zu denken. Wir würden doch an einen anderen denken, oder?“, fragte sie und sah ihn an, dabei hatte sie es selbst gespürt, dass es für ihn dasselbe Gefühl war. Aber dieses Gefühl war ihn dieser Situation nur fehl am Platz! „Ja, würden wir“, seufzte er. „Dann sollten wir das lassen. Wir brechen nur Herzen“, meinte sie und sah ihn an. „Deins und meins…“, murmelte er vor sich hin. „Und Manus…“, fügte sie in Gedanken hinzu. „Und ich dachte, ich hätte aufgehört mit Männern zu schlafen, die ich nicht liebe“, murmelte sie und lehnte sich erschöpft zurück. Jonne musste lächeln. „Wann hast denn das je gemacht?“ Sie schielte hoch. „In der Zeit von 14 bis 18“, meinte sie ruhig. „Was?“, schockiert sah er sie an. „Ich bin ein rebellischer Teenager, der alles tut, was seine Mutter ärgert. Ich stecke seit ich vierzehn bin in der Fase und ich konnte sie auch noch nicht beenden“, erklärte sie seufzten, „Ich habe nur keine Ahnung was Mum zu dem hier gesagt hätte…“ In Gedanken erwiderte sie sich selbst: „Hätte ihr aber bestimmt gefallen, dem besten Freund, den Typen auszuspannen ist ja ihr Niveau!“ „Und ich dachte immer meine Kindheit war schlimm!“, grinste Jonne, in welcher Position die Beiden bis eben waren, war total vergessen. Mina lächelte. „Meine Kindheit war die Hölle. Mina, tu dies! Mina, tu das! Mina, mach deine Hausaufgaben! Mina, das gehört sich nicht für eine junge Dame! Nein, Mina, man spielt nicht im Sand! Verdammte Schei*e, ich war sechs!“ Sie musste selbst lachen, als sie ihre Mutter imitierte. „Aber ich glaube, wir liegen gleich auf, was schlechte Eltern angeht.“ „Da könntest du Recht haben“, meinte er ruhig. Er seufzte. Nach einiger Zeit der Stille sah er sie direkt an. „An wen hättest du gedacht?“, fragte er dann. „Du zuerst…“, murmelte sie und richtete sich wieder auf. „Aber ich habe zuerst gefragt!“, meinte er beleidigt. „Dann darfst du auch anfangen, keine Sorge ich verzichte!“, sagte Mina und sah ihn an. Er zögerte, dann verzog er das Gesicht. „Okay, anders! Keine Namen!“, schlug er vor. „Keine Namen? Wie soll das denn gehen? Ich hätte an XY gedacht?“, sie kicherte. Entstanden durch solche Erlebnisse richtig gute Freundschaften? Sie hatte mal gehört, dass wenn man es tat die Freundschaft kaputt wäre, aber wenn man aus Vernunft abbrach? Was war dann? Er grinste. „Nein, so nicht! Das ist ja blöd. Wir beschreiben die Person… irgendwie… sei kreativ…“ „Dann fang mal an, Herr Songschreiber“, grinste sie ihn an. Er seufzte. „Du bist echt gemein… Mina, tu dir selbst einen Gefallen und verlieb dich nie in Gitarristen, sie machen nur Ärger! Und ich weiß das!“ Ein erneuter Seufzer und dann sah er sie mit einem leichten Lächeln an. „Manu ist anders…“, murmelte sie und war geschockt, dass sie das ausgesprochen hatte. „Ich weiß… Er ist nicht der typische Gitarrist, aber Problem macht er trotzdem, genauso wie C-“, bevor er weitersprechen konnte schüttelte Mina den Kopf. „Ohne Namen war doch die Spielregel, oder?“, fragte sie. „Oh ja richtig…“, murmelte er, „Ist auch besser so…“ Sie nickte. „Ja, ich weiß was du meinst…“ „Jetzt bist du dran!“ „Was? Das war’s schon, Jonne, du gemeiner Betrüger, ich will mehr wissen!“, maulte sie. „Hey! Es ging nur um die Person, nicht um das Problem! Wenn du das wissen willst, musst du diesmal anfangen, schließlich ist deine Frage!“ Er grinste. „Gemeinheit“, knurrte sie. Dann holte die Sängerin einmal tief Luft und schloss die Augen. „Es gab einmal eine kleine Prinzessin, die hatte niemals Freunde, weil eine Prinzessin auch niemals mit anderen Kindern spielt. Doch der Sohn eines Freundes ihres geliebten Vaters war in ihrem Alter und als sie sich kennen lernten, mochten sie sich sofort. Sie trafen sich von da an jeden Tag und auch die böse Königin konnte dies lange nicht verhindern. Doch eines Tages ging es kaputt und auch die Königin schritt ein und verbot der Prinzessin den Bauernjungen weiterhin zu sehen, und so wurde sie in ihr großes, leeres Zimmer gesperrt. Dabei war zwischen der Prinzessin und dem Bauernjungen etwas entstanden, etwas sehr wichtiges…“, Mina zitterte und stand auf, „Ich liebe Märchen, mein Vater hat mir immer welche vorgelesen, als ich klein war. Aber im wahren Leben gibt es keinen Prinzen, der die Prinzessin rettet, sie bleib alleine in dem kalten, leeren Raum…“ Sie seufzte und wollte gehen. Jonne hielt sie am Handgelenk fest. „Mina…“, flüsterte er, sie drehte sich nicht um, „Deine Mutter hat euch verboten, euch zu sehen? Sie ist schuld daran, dass es kaputt ging, das Band zwischen euch…“ „Nein...“, sagte sie, ihre Stimme klang nicht normal. „Aber wer dann? Wer dann Schuld?“, jetzt erst konnte er zuordnen, wie sie sprach, wie ihre Stimme klang. Sie drehte sich zu ihm um. „Ich… Ich bin Schuld…“ Tränen liefen ihr Gesicht hinunter und die Stimme war unter all den Tränen erstickt. Verwundert sah Jonne sie an. „Aber Mina…“, flüsterte er. Sie schüttelte den Kopf und riss sich los. „Ich muss noch packen… solltest du auch tun, sonst ist Tommi bestimmt nicht sehr erfreut, wenn du nicht fertig bist…“ Damit ging sie und er sah ihr verwirrt nach. „Mina…“ Kapitel 6: Loppu ---------------- Stand 18 Juli, Hanko, Finnland „Liebe und Zuneigung? … Ich glaube ich möchte jetzt wirklich nicht darüber sprechen… Ich hab Janni schon genug damit genervt…. Mit diesem Gefühlschaos in dem ich gerade stecke… Aber Janni hat vollkommen Recht… Ich habe Angst… Ich habe Angst, dass er das nicht ernst meint… Und warum sollte es jemand auch mit einem wie mir ernst meinen? Ich habe nichts… Nichts außer meinen Träumen… und die kann ich nur durch die Hilfe andere verwirklichen… Ich bin ein Nichts… Ich bin hilflos… wertlos… warum sollte irgendjemand auch wirklich an mir interessiert sein? Menschen, die viel mehr konnten und zu bieten hatten als ich wurde schon einfach nur benutzt?… Ich… Ich habe es doch gar nicht verdient richtig geliebt zu werden, wenn man es so betrachtet? … Ach ich bin einfach nur Dummkopf, was das angeht… dabei habe ich immer an die wahre Liebe geglaubt… und jetzt, wo mir beinahe das schönste passierte wäre, was jemals dann in meinem Leben passiert wäre, da beginne ich zu zweifeln? … Was wenn er es doch ernst gemeint hat und ich… ihn verletzt habe… ich bin ein Dummkopf… Ich bin ein nichts…“ „Liebe und Zuneigung? Ich glaube, ich rede lieber nicht über meine Auffassung davon… Denn dann hätten wir sicher drei oder vier Sätze, die definitiv nicht mehr jungendfrei sind… … Aber dann reden wir doch lieber über Manu… Ich mache mir nämlich wirklich Sorgen um ihn… Er war schon immer ein Träumer… aber je näher er seinen Träumen kommt desto negativer wird. Desto mehr Zweifel bekommt er, dabei ist das völlig unberechtig… Wir sind eine gute Band und das mit Jonne… Na ja… ich kann nicht viel dazu sagen, aber Jonne ist ja nicht ich, also warum sollte Manu wehtun wollen? … Äh… Nicht falsch verstehen… Ich will Manu auch nicht wehtun… aber… Ach egal…. Irgendwie wird schon klar sein, was ich damit meine… Ich wünsche ihn alles Glück, aber… Ich kann ihn nicht dazu zwingen… ich bin nun wirklich nicht der Typ, der irgendwelche Beziehungen rettet… Und jetzt ist es wirklich zu spät dafür… Schließlich geht es morgen nach Hause…“ „Liebe und Zuneigung? … Was für zwei Worte… Ich weiß nicht genau… Sie gehören zusammen aber man kann sie auch wunderbar trennen… Denn wirklich lieben tut man in seinem Leben ja doch nur einen… für den Rest empfindet man Zuneigung… oder man ist halt verknallt… das ist ein Unterschied zu verliebt sein… Man muss sich nur bewusst werden, wen man liebt und ihn wen man nur verknallt ist… sonst kann das eine Beziehung zerstören… …Ich habe immer gehofft, dass ich in ihn damals nur verknallt war, aber nach der Gesichte mit Jonne weiß ich es… T…, ich liebe dich…“ Kapitel 6: Loppu / Ende Eine ganze Tour mit Negative, eine ganze Reihe an Auftritten für Death Line, doch irgendwann endet alles, das wusste die Realisten in der Band natürlich, und Janni interessierte das ganze ja sowieso nur halb… Das letzte Konzert war vorbei und die Musiker saßen im Tourbus auf dem Weg nach Tampere. Die meisten sichtlich erschöpft. „Meinetwegen hätten wir auch ruhig noch ne Nacht in Hanko bleiben können…“, murmelt Janni vor sich hin und gähnte. Mina sah ihn an und grinste leicht. „Du kannst auch während der Fahrt schlafen!“, schlug sie ruhig vor. Er schüttelt den Kopf. „Das meine ich doch gar nicht!“, wehrte er ab und schüttelt den Kopf. „Und was meinst du dann?“, gab die Sängerin zurück. Er sah sie an. „Na ja… Ich dachte mir nur, mal hätte am letzten Abend ja einwenig feiern können oder so… Ich hab auch noch nicht wirklich Lust wieder nach Hause zu kommen…“, er zuckte leicht mit den Schultern. Manu neben ihm zuckte dafür heftig zusammen. Natürlich war ihm die Tatsache schon länger bewusst, aber er wollte auch nicht, dass es jetzt schon vorbei war. Unsicher sah er zu Jonne und dann gleich wieder zum Boden… „Ich geh schlafen…“, murmelte er und stand auf. Verwundert sahen die anderen an, nickten aber ruhig. Da packte Janni ihn am Handgelenk und zog ihn gleich wieder auf den Stuhl. Erschrocken sah er ihn an. Der Blonde grinste. „Nichts da… Wenigstens anstoßen müssen wir doch! Danach kannst du so viel schlafen wie du willst!“ Leicht verwirrt sah Manu ihn an, zuckte dann aber nur leicht mit den Schultern. „Sehr gut!“, triumphierte der Drummer und sah in die Runde. Die Negativer schienen auf jeden Fall begeisterter als Manu. „Die einzige Frage ist nur… wo wir Alkohol herkriegen…“, begann Mina die Illusion des Drummers zu zerstören, „Ich transportiere nämlich keine Flaschen mit mir rum…“ Der Blonde sah sie an und verzog das Gesicht. „Ich… nun ja… jetzt auch nicht mehr…“, er seufzte. Larry verdreht nun die Augen. „Wir auch nicht… Schade, wäre Chris noch dabei dann hätten wir jetzt Maßen…“ Jonne sah ihn leicht erschrocken an, anscheinend war er ähnlich wie Manu in seinen Gedanken gewesen und hatte jetzt nur den letzten Satz mitgekriegt. „In Ordnung… Schöne Idee, scheitert an der Umsetzung… Na dann, geh ich auch schlafen…“, meinte Mina und wollte aufstehen. Beleidigt und eindringend sah Janni sie an. Da hielt sie in ihrer Bewegung inne. „Was denn?“ Hatte man jemals einen Frauenaufreißer, der dies nun auch mit viel Geschick ausführt, schmollen gesehen? Man sollte hoffen, dass einem das erspart hat, denn kann die verschiedensten Folgen haben… Die meisten Frauen, lassen sie davon dann total einwickeln… Aber Mina wie die meisten Frauen? Nein! „Hör auf mich so anzuschauen…“, murmelte sie, als der Drummer nicht gehorchte, nahm sie ihre Wasserflasche, öffnete sie und kippte ihn einen Schluck ins Gesicht. Verwirrt sah er sie an. „Sehr viel besser“, kommentierte sie den Gesichtsausdruck. Er schüttelte sich und wischte sich mit der Hand unter lautem Gelächter der Anderen das gröbste an Wasser aus dem Gesicht. „Blöde Kuh…“, murmelte er, „… und ich wollte doch nur, den letzten Tag mit euch ausklingen lassen…“ „Ohne Alkohol?“, unbeeindruckt sah die Sängerin ihn an, „Tolle Idee…“ Er verdreht die Augen. „Dämliche, arrogante, verwöhnte Zimtzicke!“, knurrte er und riss ihr die Wasserflasche aus der Hand, „Ich will das hier doch nur ein bisschen abrunden… Und ganz im Ernst, mein Daddy hat keine Firma, ich hab früher auch mit Nichtalkokol angestoßen“, ganz ruhig sah er sie an. „Und wie hast du es dann geschafft eine Frau rumzukriegen?“, konterte sie. „… Ich hasse dich, ganz im Ernst…“, er betrachtet die Wasserflasche und sah grinsend in die Runde. „Ist der sich sicher, dass er noch nichts getrunken hat?“, Snack sah Jonne an. Dieser zuckt mit den Schultern. „Okay…“, Janni seufzt, „Ich weiß, es ist blöd, kindisch und irgendwie auch peinlich, aber ihr lasst mich doch nicht allein, wenn ich sagte, ich hab eine Idee, wie wir anstoßen können.“ Mina sah zu Manu und er sah zu ihr. Beide waren leicht verwirrt, hatten aber eine schlechte Ahnung. Ihre Blicke sprachen Bände: „Nein, das meint er nicht ernst.“ „Nein, das kann er nicht ernst meinen.“ Auf der ganzen Tour hatte sich Janni, wie auch immer er das geschafft hatte doch noch am normalsten verhalten und jetzt bestand er auch diese Kindische Idee. Es musste mit der zwanghaften Angewohnheit von ihm zusammen hängen, dass er Sachen beenden musste und zwar nicht schnell, sonder ruhig und ausführlich. „Sag mir bitte, dass du weißt, wo man hier Alkohol finden kann…“, meinte Larry, der jetzt sichtlich verwirrt war. Janni schüttelt den Kopf. „Nein, ich habe keine Ahnung. Aber was ich dafür aber ist Minas bezaubernde Wasserflasche.“ Selbst wenn er betrunken war, benahm er sich nicht schlimmer. Mina brach auf dem Tisch zusammen und Manu erstarrte. Er meinte es tatsächlich ernst… und er hatte es ausgesprochen. „Du… willst mit einer Wasserflasche anstoßen?“, fasste Jay zusammen. „Bist du verrückt?“, und irgendwie war es ironisch, dass Antti das sagte. Janni störte das nicht im Geringsten. „Ihr seid alle blöd… Ich wollte mich doch nur bedanken… Ich wollte euch sagen, dass ich, auch wenn das nicht gedachte hätte, wirklich eine schöne Zeit mit euch hatte und es genossen haben, eure Vorband zu sein…“, er zuckte mit den Schultern und sah schon fast enttäuscht aus, „aber gut, wenn ihr das alle nicht gut findet… ich wollte das nur noch mal gesagt haben, wenn wir alle zusammen, also schön… ich geh jetzt schlafen…“ Dann setzte er die Flasche an die Lippen und trank einen Schluck, dann stellte er sie auf die Tisch und stand auf. Mit großen Augen sah ihn die Negative-Crew an. Mina schüttelte auf der Tischplatte den Kopf. Blind griff sie nach der Flasche und sah wieder auf. „Du bekloppter Sturkopf…“, sie grinste, „Solche Sachen können dir auch nur einfallen wenn du nüchtern bist…“ Er grinst breit und sah zu ihr runter. Sie seufzte schwer und zog die Flasche zu sich. „Also gut… Auf Negative, auf unsere Chance, auf die unglaubliche Zeit, auf die Momente, die ich nicht mit meiner Mutter verbringen musste… Auf das Leben, das nicht aufhalten können und ich hör jetzt auf, bevor ich auch so klinge als wäre ich völlig dicht!“ Mit einem Ruck setzte sie die Flasche an die Lippen und nahm einen Schluck. Als sie die Flasche absetzte griff Antti sofort danach. „Auf eine aufstrebende Band, die verrückter nicht sein könnte, die damit aber mehr als nur Spaß garantiert!“ Mit einem breiten Grinsen nahm er einen Schluck und hielt Snack die Flasche hin, der jedoch immer noch leicht verwirrt guckte. „Ach komm schon!“, lachte Larry und riss ihm die Flasche aus der Hand, „Es ist eine dämlichsten Idee, die ich je gehört hab, und wahrscheinlich ist sie auch sehr viel lustig wenn man schon zu ist, aber da wir ja keinen Alkohol haben, müssen wir wohl improvisieren! Auf Death Line und darauf, dass wir noch was von euch in Zukunft hören!“ Er nahm einen Schluck, als hätte er vergessen, dass es nur Wasser war und hielt die Flasche gleich wieder Snack hin. Seufzend nahm dieser einen Schluck. „Auf die talentierte und spontane Vorband. Es wird definitiv Zeit, dass aus euch was wird!“ Dann reichte er Jay die Flasche. „Na schön…“, er schien kurz zu überlegen, „Auf einen Drummer, der mir in Zukunft Konkurrenz machen wird! Und Antti in Sachen Verrücktheit jetzt schon macht!“ Grinsend trank er seinen Teil aus und gab Jonne die Flasche. Dieser betrachtet die Flasche und lächelte. „Auf Death Line, auf eine geniale Tour… und auf den merkwürdigsten Kuss, den ich jemals haben werde…“, mit merkwürdigem Blick bedachte er den Verschluss der Flasche, „Oder wie sagt man das?“ Kichernd legte er die Lippen daran und nahm einen Schluck. Dann sah er Manu an. „Jetzt bist du dran“, meinte er und hielt ihm die Flasche hin. Leicht verlegen sah Manu ihn an. „Danke…“ Er griff nach der Flasche und sah leicht versteinert den Verschluss an. Dann schüttelt er kurz den Kopf. „Auf Negative… Auf uns alle… Auf die Zukunft… Und…“, er wurde rot, „… Auf die Liebe…“, dann leerte er die Flasche. Der Abend ging schnell vorbei und dass obwohl kein Alkohol floss und auch trotz dem genossen sie den Abend… ihren letzten gemeinsamen Abend für’s erste… Kapitel 7: Mikä Nyt? -------------------- Stand 29. Juli, Tampere, Finnland „Lustige Kindheitserinnerungen? … Was für eine Frage… Na gut… Dann wollen wir mal überlegen. Ob da wirklich etwas in diesem Sinne ‚lustig’ war… Ich glaube das war die Zeit, die ich mit meiner Mutter verbracht habe, die Zeit in der sie mir vorgesungen hat. Sie hatte eine wunderschöne Stimme… sehr ähnlich der von Mina… Ich kann es nicht beschreiben… Manchmal entführte sie mich auf meinem Zimmer in dem Keller, wo unser Klavier stand… Mein Vater wollte es nicht im Haus haben… Und dann hat sie mir vorgespielt und vorgesungen… Es war ihr Traum irgendetwas Berufliches in diese Richtung zu machen… aber dann ist sie bei meinem Vater gelandet… aber halt, ich sollte doch von lustigen Sachen erzählen oder? Dann bleiben wir doch lieber bei den schönen Erinnerungen an meine Mutter… Vielleicht sollte ich sie demnächst auch mal anrufen…“ „Lustige Kindheitserinnerungen? Ach du meine Güte… Na dann… Also schön, meine Kindheit war recht normal, ich war ein durchschnittlicher Schüler mit durchschnittlichen Noten… aber ich war auch der, der seinem Lehrer immer Streiche gespielt hat… Na ja… das klingt wahrscheinlich kindisch und völlig bescheuert, aber ich war echt gut darin… Keine Sache auf die man stolz sein sollte? Ist doch egal… Auf jeden Fall hab ich mich einmal selbst übertroffen, mein Vater ist Automechaniker und ich hab ihm oft bei der Arbeit zu geschaut und eines Tages ging ich früher zur Schule. Das Auto meiner Lehrerin stand schon da und die anderen Autos der Lehrer auch, aber sonst war rein niemand da… Ich kletterte unter das Auto und … na ja… Ich glaube ich mache mich strafbar, wenn ich weiter ins Detail gehen, oder? … Nicht? …. Na ja, ich hab irgendwelche Kabel durch geschnitten… Nein! Keine Sorge! Der Wagen lief nicht mehr! Ich habe nicht einfach nur Bremsleitungen oder so was durch geschnitten… Nein… So war das nicht… Ihr Gesicht danach war aber einfach zu genial… Ach so… das war auch der Moment in dem ich Manu das erste Mal begegnet bin… Wir gingen auf die gleiche Schule, aber ich war zwei Klassen über ihm… Doch als ich unter dem Auto hervor kam, stand er da und starrte mich an… Tja, was soll man anderes sagen, als ‚Erwischt’? Seit dem Tag hab ich dann auf ihn aufgepasst… Anfangs aus Selbstschutz, später aus Freundschaft… Bis heute noch…“ „Lustige Kindheitserinnerungen? Gibt es so was bei mir… Obwohl… Doch… Dieser Junge… den ich letztes Mal auch schon erwähnt hatte.. Als wir einmal verabredet waren, wurde ich von ein paar älteren Jungs geärgert… Er kam dazu und wollte mich beschützen… Gut, er hat es nicht wirklich geschafft und wurde von dem einen zum Boden gestoßen… Das war auch der Grund, warum ich mich dann vor ihn gestellt habe und dem Größeren eine Ohrfeige verpasst habe… und wenn ich eine Sache von meiner Mutter geerbt habe, dann die Kraft, die ich in der Hand besitze, wenn ich einem Mann eine Ohrfeige gebe… Danach mussten wir allerdings die Beine in die Hand nehmen und laufen… Wir können echt beruhigt sein, dass die Sache so gut ausgegangen ist… hätte auch anderes enden können“ Kapitel 7: Mikä Nyt? / Was jetzt? „Was jetzt?“ Das war in der tat eine sehr gute Frage. Nach langer Zeit und der Tour von Negative ging das normale Leben wieder los. Und das Problem, das sie von Anfang an geplagt hatte. Wo kann eine unbekannte Band wie „Death Line“ schon auftreten? Selbst wenn sie mit Negative getourt waren, letzt endlich waren sie eine unbekannte Band, die – mit Ausnahme von Mina - nicht wirklich Geld hatte. Und sich dazu auch noch immer in Jannis Garage zum Proben traf. Sprich, hart und einfach drauf los: „Death Line“ drohte nach der erfolgreichen Zeit, gleich wieder im Nichts, das sich Wirklichkeit nannte zu verschwinden! „Schade, und ich hab gerade wirklich Gefallen an dem ganzen hier gefunden…“, murmelt Janni, das pflegte er in der letzten Zeit öfters zu sagen. Er und Manu wartend im Proberaum auf Mina. Manu sah ihn traurig an. „Sag das nicht immer...“, murmelte er. „Vielleicht sollten wir deinen Jonne einfach mal fragen, ob er nicht noch ’nen Job für uns hat…“, meinte der Drummer grinsend. Manu lief rot an. „Brauchen wir nicht“, flötete eine bekannte Stimme von draußen. Janni öffnete die Garage. Mina grinste breit. „Wieso? Ist was passiert? Was hast du jetzt schon wieder gemacht?“, fragte der Blonde sie. Beleidigt verzog sie das Gesicht. „Dieses Misstrauen schmerzt, mein Freund… und dabei hab ich uns einen Auftritt verschafft…“, meinte sie und verschränkte die Arme vor der Brust, „Aber ich kann auch wieder absagen…“ Manu zuckte zusammen und schüttelte sofort panisch den Kopf. „Nein! Nein, auf keinen Fall! Was? Und wie hast du das geschafft?“, fragte er aufgeregt. Sie grinst nur breit. „Ein paar Telefonate, ein noch nicht ganz fertig organisiertes Festival und ein Organisator, der meinem Vater noch etwas schuldetet… und schon waren wir drin…“, meinte sie ganz nebenbei und sah die Jungen mit einem zuckersüßen Lächeln an. „… Aber wir sollen noch ein bisschen Proben… schließlich geht es am 6. schon los…“, fügte sie hinzu, als hätte sie gerade gesagt, dass das Wetter auch noch gut war… Jetzt erstarrten ihre Band Kollegen. „So bald?“, Janni sah sie erschrocken an. Sie seufzt. „Ja… aber es ist ein Festival mit über 20 Bands… wir haben nur eine halbe Stunde auf der Bühne… und wir spielen nach Private Line…“ Ausnahmsweise sah nun Janni so aus, als würde er gleich wegen einem Star in Ohnmacht fallen… „Private Line…“, wiederholte er ungläubig… „Wow, das ist ja krass… soll ich dir jetzt Wasser ins Gesicht kippen?“, fragte Manu überrascht. Janni schüttelt den Kopf. „Untersteh dich! Aber… Aber sie sind so gut…“ „Du warst mit Negative auf Tour davor hast du so was nicht gesagt!“, meinte der Gitarrist jetzt leicht beleidigt. „Das war ja auch was anderes… Negative macht…“, skeptisch sah der Drummer zu seinem Freund und winkte dann ab, „Ist ja auch egal… Wird Manus Schatzi denn auch spielen?“ Jetzt grinste er wieder breit und für ihn typisch. Sofort war der Brauhaarig mundtot und knallrot. Doch Mina schüttelt den Kopf. „Nein… Negative sind nicht dabei…“, meinte sie ruhig, „Aber dafür lernen wir ja Jannis Schatzis kennen“ Der Drummer schüttelt sich. „Ich bin nicht schwul!“, knurrte er. Mina nickt überschwänglich. „Ja, ja ich weiß…“ Wütend sah er sie an. „Wie oft muss ich dir das noch sagen?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Nur noch einmal und zwar wenn du mit einer Frau vor dem Traualtar stehst“, sie streckte ihm die Zunge raus. „Du miese, kleine….“ „Könnt ihr mal aufhören zu streiten?“, Manu sah die Beiden an, „Wir müssen proben!“ Die beiden Streithähne sahen sich an und nickten dann zustimmend. „Für Private Line…“, Mina warf Janni noch einen Blick zu. „Sie machen nur gute Musik!“, knurrte er und setzte sich hinters Schlagzeug. „Ja, ja… Genau wie Jonne, nicht Manu?“, sie lachte und in Gedanken fügte sie einen weiteren Namen hinzu. Wie sollte man den Tag des 6. Juli schnell und knapp zusammenfassen? … Death Line wurde mit jedem Mal dass sie auf eine Bühne standen besser? Death Line überzeugte mit seiner Bühnenshow? Oder, und das ist wahrscheinlich der faszinierendste Grund, Private Line wurde Death Line Fan… Und was macht man mit neuen Fans, die auch noch selbst so gute Musik machen, wie Janni immer noch betonte? Richtig man geht mit ihnen nach einem bestandenen Auftritt einen trinken… Was sich bei finnischen Musikern ja eine Weile hinziehen kann… Das Ergebnis war jedoch verblüffend… Die Private Line Crew rutschte fast vollständig als erstes unter den Tisch… Dazwischen knallte noch Janni mit einem gefährlichen, dumpfen Ton auf die Tresenplatte. Und die einzige die sich noch einiger Zeit nach aufrecht halten konnte war Mina. Sie sah Manu an, der aus Sicherheitsgründe nichts getrunken hatte. Besonders klar war sie jedoch auch nicht mehr. Seufzend ging der Gitarrist auf seinen Drummer zu. „… Was für ein Ende, für so einen Tag… Mina, ich bringen ihn auf unser Zimmer und dann hole ich dich…“, meinte der Braunhaarig und lächelt sie leicht an. Das Mädchen nickt nur leicht und dreht sich zum Barkeeper. „Nein… Mina, du solltest nichts mehr trinken… weißt du…“, hilflos sah Manu sie an und schüttelt den Kopf, „Ich beeil mich… warte…“ Dann zahlte er schnell und machte er sich mit Janni auf dem Weg aus der Bar raus. Das Mädchen blieb zurück und schüttelt leicht den Kopf. Langsam find es leicht an sich um sie zu drehen und als sie die Augen schloss, schwankte ihr Kopf leicht hin und her. Fasziniert betrachtet der schwarzhaarige Mann sie, die Sache wurde mit jeder Sekunde interessanter. Und jetzt war sie auch noch allein. Doch den Ausschlag gab dann das Lied, das in der Bar spielte. „Belong to No One“ von Lovex… Und das Mädchen? Sie stöhnt auf und ließ die Stirn auf die Tischplatte sinken. Das war genau die Reaktion, die man sich doch wünschte, er breites Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Langsam ging er auf das Mädchen zu und setzte sich auf den Stuhl, auf dem eben noch ihr braunhaariger Freund gesessen hatte. „Auch kein Lovex-Fan?“, fragte er ruhig und grinste sie an. Sie sah hoch und in ihren Augen funkelten schon einige Promille. Genervt stöhnte sie auf. „Dämliche Band… dämliches Lied, dämlicher Text…“, sie seufzte schwer und sah ihn plötzlich ganz klar an, „und vor allem… ein dämlicher Sänger…“ „Ach so?“, seine Freude steigerte sich immer mehr, „Ich mag Theon auch nicht besonders… keine Sorge, du bist nicht allein…“, er lächelte sie an, „Du bist Mina, oder? Von Death Line, ich habe euren Auftritt gesehen, ihr seid gut.“ Jetzt wurde sie sogar leicht rot. „Danke…“, nuschelte sie und wendete den Blick leicht ab. „Mein Name ist übrigens Jussi, von Uniklubi, wir spielen erst morgen…“ Man sah der guten Mina an, dass sie einwenig zu viel hatte, im Gegensatz zu ihren Freunden war sie nur noch nicht umgekippt, und das sollte ihr Verhängnis werden. Sie schwieg. „Willst du gar nichts mehr trinken?“, fragte Jussi und näherte sich mit dem Gesicht ihrem ein wenig. Schwach nickte sie. „Wollen schon…“, nuschelte sie, „Aber ich hab kein Geld dabei… und Manu ist weg…“ „Ach so…“, sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter, „Ich kann dir was ausgeben, aber dann musst du dir morgen unseren Auftritt ansehen…“ Leider war Minas Gehirn tatsächlich schon einwenig angeschlagen und für einen weiteren Tropfen Alkohol hätte sie wohl alles getan, und so nickte sie. „Sehr gut…“, er grinste und sprach mit dem Barkeeper, „Kommt sofort…“ Er sah ihr tief in die Augen, wobei sie diesem Blick nicht standhalten konnte, ob nun wegen dem Alkohol oder aus einem anderen Grund… „Danke…“, flüsterte sie und konnte sie erst von ihm losreisen, als das Glas auf der Theke stand. Im nächsten Moment war es auch schon geleert. „Wow, du trinkst ja ordentlich was weg…“, er grinste, „Eine hübsche Lovex-Hasserin, die auch noch ordentlich was verträgt, so stell ich mir eine Traumfrau vor…“ „Wirklich?“, sie sah ihn leicht verwirrt an. Er nickte. „Willst du noch einen?“ „Nein, will sie nicht…“, meinte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Verwirrt sah Jussi sich um. „Mein Name ist Manu und unsere Sängerin muss sich jetzt erst mal ausschlafen…“, ernst sah er ihn an und zog Mina vom Hocker auf die Beine und stützte sie. „Darf sie nicht selbst entscheiden?“, fragte Jussi frech. „Doch, nur wenn sie auch denken kann…“, Manu schüttelte den Kopf und zog Mina schnell aus der Bar. Jussi sah den beiden nach. „Aber zu unserem Auftritt musst du trotzdem kommen… dafür sorge ich schon…“ Und das Grinsen blieb auf seinem Gesicht… Kapitel 8: Se Aamu Jälkeen -------------------------- Stand 8. August, Tampere, Finnland „Jussi Selo? Der Frontmann von Uniklubi so weit ich weiß. Nicht meine Musik, so viel steht fest, aber das ist ja Geschmackssache, Janni hört mehr solche Musik, glaub ich, aber irgendwie glaube ich auch, er hat was gegen finnische Sänger… Aber so persönlich? … Ich finde ihn merkwürdig, sein Grinsen ist unheimlich und wie er Mina ansieht… So schaut man keinen Menschen an, so schaut man ein Opfer an. Ich habe wirklich Angst um sie, aber sie redet ja auch kaum mit uns… Man sollte ihn auf jeden Fall im Auge behalten, denke ich…“ „Jussi Selo? Uniklubi? Ja, recht nett die Musik, besser als das, was Negative so macht… Aber auf Konzerte von denen muss ich trotzdem nicht, dafür dreht sich da auf der Bühne alles viel zu sehr nur um Jussi… Aber so persönlich? Na ja… Er ist ein unsympathischer Typ hinter einem sehr frechen Grinsen. Ich glaube, er hat Mina zu seiner Beute auserkoren, ich kenne diesen Blick… Und wenn mir Minas Zustand nicht in den letzten zwei Tagen Angst machen würde, dann hätte ich an dieser Stelle auch gesagt: Lass ihn doch, was ich nicht geschafft habe, das schafft so ein Schwuchtel-Sänger erstrecht nicht! Aber wie gesagt, ich mache mir Sorgen um Mina… und der Typ ist 100% gefährlich!“ „Jussi Selo? … Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Die Musik von Uniklubi ist okay… aber… Na ja… weniger meins… Ach so… Persönlich… Na dann… Um bei den Märchen zu bleiben, weil ich gerne daran erzähle und vergleiche… Er ist wohl ein Ritter in strahlender Rüstung, es könnte sein, dass mich das blendet… aber er erscheint mir irgendwie wie ein Held… oder so… Wie bitte? Ich verschenke mein Herz zu schnell? Nein… nicht wirklich… Ich bin nicht in Jussi verliebt, nein… oder verknallt… nein… Aber… es ist so ein merkwürdiges Gefühl, dass mich zu ihm zieht… Er ist einfach so nett zu mir…“ Kapitel 8: Se Aamu Jälkeen /Der Morgen danach Janni erwachte unsanft und mit starken Kopfschmerzen, allerdings sollte letzteres schon bald vergessen sein. Benommen taumelte er in die Küche des Hotelzimmers. Was der dort fand war eine am Tisch sitzende Mina und einen vor ihr stehenden Manu. „Morgen…“, nuschelte der Drummer und lehnt sich an die Wand. Mina blickte ihn kur an und grinste dann ein fröhliches „Guten Morgen, mein Schatz!“ in seine Richtung. Der Blonde verdrehte die Augen und sah zu Manu. Er sah ihn nicht einmal an und sah nur Mina ernst an. „Du musst mit uns reden!“, sagte er vollkommen ernst und klang schon fast nicht mehr wie er selbst. Diese Tatsache ließ Janni zusammen zucken. „Ach so…“, die Sängerin dagegen klang unbeeindruckt, „Und was?“ Der Gitarrist schüttelte den Kopf. Sag das nicht so desinteressiert! Du meintest ich soll selbstbewusster werden, also hör’ mir zu, Mina, das gestern war schlimm! Dieser Typ… das war gefährlich!“ Jetzt stand das Mädchen auf und sah Manu provokant an. „Sag das noch mal, du halber Kerl von einem Gitarristen! Wie soll ich Respekt vor dir haben! Du kennst mich nicht und du schaust mich mit deinen treudoofen Augen so liebevoll an! Von so etwas habe ich keinen Respekt!“ Sie lachte ihn ins Gesicht und die Stärke ihrer Persönlichkeit wuchs noch ein Stück. Manu schluckte und wich ein Stück zurück. „Aber Mina…“, sagte er vorsichtig und wurde immer kleiner, „Ich mache mir doch nur Sorgen um dich…“ Erneut lachte die Sängerin auf. „Du machst dir Sorgen um mich? Soso… Dann: Lass es! Es bringt nichts! Von einem Typen, der selbst Angst vor der Liebe hat und sich nicht traut Zeit mit seiner Liebe zu verbringen, lass ich mich nicht beschützen!“ Der Gitarrist zuckte zusammen. „Aber… Mina… das…“ Sie grinst ihn frech an. „Was Lass mich in Ruhe! Ich bin nicht wie du, ich werde nicht immer allein sein! Stimmt’s?“ Ängstlich sah er sie an und konnte nicht einmal mehr sprechen. „Du machst keinen Schritt auf den zu, den zu liebst! Aber warum soll ich immer allein sein und mein Kissen voll weinen? Ich will nicht mehr allein sein! Und wenn es nicht der ist den ich liebe, was soll’s? Ich will nur das jemand diese Leere füllt!“ Manu begann leicht zu zittern. „Wenn du allein sein willst, dann gut, aber lass mir mein Leben…. Ich will-“, weiter kam Mina nicht. Erschrocken blickte sie ihren Bandleader an und Tränen erstickten ihrer weiteren Worte. “Wie… du…“, das war das, was man noch verstehen konnte, dann drehte sie sich um und stürmte aus der Küche. „Du hast sie geschlagen…“, stellte Janni erschrocken fest. Der Braunhaarige starrte ihn an und lief dann seiner Sängerin nach. „Mina!“ Diese war schon bei der Tür, riss diese einfach auf und rannte an der Person, die davor stand und gerade klingeln wollte vorbei nach draußen. „Mina!“, der Gitarrist folgte ihr so schnall er konnte und der Mann in der Tür sah immer fragender aus. „Was ist denn mit den beiden los?“, fragte er Janni, der ebenfalls zur Tür gekommen war. Der Drummer kniff die Augen zusammen und betrachtete den Schwarzhaarigen „Gast“. Langsam fing er an zu verstehen und in seinem Kopf setzten sich die Puzzelteile zusammen. Die Erinnerungen kamen Stück für Stück zurück. Und so griff er nach Jussis Schulter und zog ihn ins Zimmer. „Ich glaube, dass kannst du mir besser erklären, Freundchen!“, zischte er zwischen den Zähnen und sah ihn an. „Mina! Mina, warte doch!“, Manus Schrei hallte ihr nach, als sie durch die Straßen lief. Die Sonne stand hoch und schien ihr ins Gesicht. Ihre Wange schmerzte. Es war unfassbar. Mau hatte sie tatsächlich geschlagen… Er hatte das getan… Sie schüttelte den Kopf und blieb stehen. Langsam hörte sie Schritte und schweren Atem hinter sich. „Mina… Es… tut mir leid…“, keuchte Manu, und als sie sich umdrehte, erkannte sie, dass er Tränen in den Augen hatte. „Mina… bitte… das wollte ich nicht… ich…“ Bei diesem Gesichtsausdruck musste sie sogar lächeln, das war doch wieder der Manu, den sie kannte… „Du? Bist ausgerastet?“, fragte sie ruhig und wischte sich letzte Tränen aus dem Gesicht. Er nickte einfach nur schwach. „Warum redest du nicht mit uns?“, fragte er dann nach einiger Zeit und sah sie aus feuchten Augen traurig an. Jetzt drehte sie den Kopf weg. „Weißt du… das, was ich eben gesagt habe…“, sie unterbrauch sich selbst für ein Seufzen, „Der, den ich liebe… Ich habe damals alles zerstört… Einfach alles… Er hasst mich… Er ist unerreichbar… Weißt du noch, als ich sagte, dass ich dieses Wort hasse… Jetzt weißt du warum… Es hat mich mein Leben lang begleitet und nie Glück oder so gebracht… unerreichbar…“ Sie senkte den Blick und sah den Boden traurig und kraftlos an. Mit weit geöffneten Augen betrachtet er sie. „So ist das… Aber Mina… Woher willst du wissen, dass er dich hasst?“, fragte er vorsichtig, langsam waren all seinen Tränen wieder getrocknet. „Ich weiß es… weil… Ich alles kaputt gemacht habe… ich habe ihm gesagt, dass er nie wieder so etwas wie ‚Ich liebe dich’ zu mir sagen soll und dass ich ihn nie wieder sehen will…“, die Sängerin schluckte kurz und sah dann Manu an. „Ich war die Liebe seines Lebens und er war meine…“, nun begann sie zu zittern, „Aber ich habe es beendet und es ist vorbei… weil ich es damals nicht gesehen habe… weil ich es damals einfach nicht sehen wollte…“ Er blickte sie weiter an. „Und du willst jetzt nicht mehr allein sein?“, griff er das auf, was sie vorhin gesagt hatte. Das Mädchen nickte. „Ich will nicht bis zum Ende meiner tage alleine sein…“, sie schüttelte den Kopf, „… Und Jussi ist… nett…“ Leicht schockiert sah Manu sie an und nickte dann. „Sie vorsichtig…“, murmelte er und ließ sie stehen. Erschöpft lehnte sich die Sängerin gegen die Wand und sah ihm seufzend nach. Als er weg war, stiegen wieder die Tränen wieder höher in ihre Augen. „Torsti…“ Leicht fehlplaziert sah Janni sich unter der Menge kreischender Mädchen um. „Das ist doch nicht fair… das ist doch nicht wahr… Warum hat dieser Typ so viele weibliche Fans?“, er blickte die Masse an Uniklubi-Fans an, die gespannt auf den Auftritt „ihrer“ Band warteten. „Weil er gut singt und gut aussieht?“, fragte ein braunhaariges Mädchen und lächelte ihn von der Seite an. Der Drummer verzog das Gesicht und dreht sich zu ihr. „Na ja… Singen? Es geht…“, meinte er abschätzig, „Mina ist besser… Und Aussehen? Also in dem Licht des Hotelzimmers sah er heute Morgen nicht so toll aus…“ Das Mädchen kicherte und sah ihn viel sagend an. „Soso? Und was wollte er heute Morgen noch in deinem Hotelzimmer?“ Schockiert sah er sie an und schüttelte schnell und panisch den Kopf. „Ich bin hetero! Verdammt!“, sagte er einen Tick zu laut, denn ein paar der Umstehenden drehte sich zu ihm und musterten ihn kurz. Die Braunhaarige kicherte erneut. „Hab’ ich auch nie bestritten… Ich hab ja nur gefragt…“ Mit einem Unschuldslächeln sah sie ihn an. Janni schüttelte den Kopf. „Ja, ja, du bist mir schon eine… Na ja… Ich hab’ ihn fast verprügelt, wegen einer Freundin.“ „Wegen einer Freundin oder wegen deiner Freundin?“, das Mädchen neben ihm kam aus dem Kichern gar nicht mehr raus. „Wegen einer Freundin… Keine Sorge, ich bin noch Single…“, er sah sie an und jetzt schlich sich auf seine Lippen ein Grinsen. „Ach so?“, sie erwiderte seinen Gesichtsausdruck. „Und Mina, hat dir unser Auftritt gefallen?“, irgendwie hatte Jussi es geschafft Mina nach dem Auftritt zu finden. Sie lächelte: „Klang sehr professionell, du kannst sehr gut singen.“ Grinsend nickte er. „Vielen Dank… Das trifft sich gut, wir gehen nämlich bald auf Tour und suchen noch eine Vorband also ich hötte gerne jemanden wie dich dabei…“ Mina strahlte: „Jemanden wie mich? … Aber na ja… Sicher! Gerne! Ich bespreche das mit der Band…“ Der Sänger nickte. „Das wäre super… Und mit jemandem wie dich meine ich einen Lovex-Hasser…“ Ein leichtes Zittern brach in Mina aus, doch sie nickte. „Ja… Ok… Ich rede mit den Anderen…“, wieder mit breitem Grinsen verabschiedete sie sich und ließ ihn stehen. Der Uniklubifronter lachte auf und sah ihr nach. Dann zückte er sein Handy und wählte die Nummer eines ganz bestimmten Freundes. „… Hallo? … Ja? Theon? … Ja, ich habe eine Vorband… Death Line… Sie sind super! … Ja, vertrau mir, mein Freund…“, und mit jedem Wort wurde sein Grinsen breiter… Kapitel 9: Hiukan ystävällinen ole hyvä! ---------------------------------------- Stand 10. August, Tampere Finnland „Auf Tour mit Uniklubi? … Es ist unglaublich wie Mina so was immer wieder schafft… wie sie immer wieder kurz bevor wir zum Stillstand kommen die nächste Chance für uns rausholt, damit wir weiter vorankommen! Sie hat uns zur Vorband von Negative gemacht, und das war schon einfach nur unglaublich und einfach toll… Als das vorbei war hat sie uns auf ein Festival gebracht, wo ein paar der berühmtesten finnischen Bands überhaupt gespielt haben! Wir standen auf derselben Bühne wie HIM und Nightwish! Natürlich nicht zu selben Zeit… aber es ist einfach unglaublich… und jetzt wo das Festival vorbei ist, kommt Mina mit dem nächsten Schritt… Gut, Vorband von Uniklubi ist nicht ganz so toll wie Vorband von Negative, aber immerhin… Wir sind weiter im Spiel… Mina ist einfach unglaublich… Ich weiß nicht, wie ich ihr das jemand danken könnte… Alles was sie schon für uns getan hat… Es ist unglaublich mit jedem Schritt komme ich meinem Traum näher… Und Mina ist für jeden Schritt verantwortlich… Ohne sie wäre das hier alles nicht möglich…“ „Auf Tour mit Uniklubi? … Na ja… Was soll ich dazu groß sagen… Nett was vorzuhaben, den nächsten Monat? … Tut mir Leid… Na gut, dann fasse ich mal kurz Manus Meinung dazu zusammen… der hat wahrscheinlich nur wieder was von ‚Mina ist so toll’ gequasselt, oder? … Wusste ich es doch… Wenn ich nicht wüsste dass er auf Jonne steht… aber das gehört hier gar nicht hin… Na ja, auf jeden Fall ist er wieder in seiner ‚Mina ist das unglaublichste, was uns jemals passiert ist’ – Fase… Ein bisschen nervig… Aber ok… Weiter: Das ist der Grund, warum er den wesentlichen Punkt nicht sieht…. Den scheinbar auch Mina übersehen hat… Seit wann und warum jetzt bin ich eigentlich der mit Grips von uns? Warum hat der liebe gute und anscheinend jetzt doch heterosexuelle Jussi uns wohl als seine Vorband eingeladen? So schwer ist das doch nicht… Damit er sich an Mina ranmachen kann! Damit sie ihm ausgeliefert ist! Denn wenn wir mit ihm auf Tour sind, dann kann sie ihm nicht entkommen oder sich verstecken, weil er sie am Abend sowieso wieder sieht! Das ist eine Falle! Eine gute, aber ein Falle! Und diese Idioten sehen es nicht! Aber in Ordnung… Wenn sie es nicht sehen wollen… Und ich meine so eine Gelegenheit darf man ja nun auch nicht verstreichen lassen… Ich kann nichts anderes tun, als ein Auge auf Mina zu haben, damit sie nicht dummes tut…“ „Auf Tour mit Uniklubi? … Das ist einfach unglaublich! Ich wusste doch dass in Jussi ein netter Kern steckt! Und wir können jeden Auftritt gebrauchen! Das ist auch gut für Manu, und der strahlt so, seit ich ihm das erzählt habe, das ist toll… Es ist schön ihn wieder richtig glücklich zusehen… besser als wenn er sich Sorgen macht… Die ganze Situation ist einfach schön… Es geht gleich weiter, morgen wollen wir alles für die Tour klären und in einer Woche startet sie! Das ist super! Death Line hat keinen Leerlauf und wir sammeln mit mehr und mehr Auftritten immer mehr Fans! Das ist unglaublich! Wir müssen uns bei Jussi bedanken!“ Kapitel 9: Hiukan ystävällinen ole hyvä! / Ein bisschen freundlich bitte! Manu summte fröhlich vor sich hin als die Band sich langsam auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt mit Uniklubi machten. Janni ging kopfschüttelnd neben ihm. Mina sah den Drummer an. „Du siehst nicht besonders glücklich aus…“, meinte sie ruhig. „Ich mag ihn immer noch nicht…“, antwortete der Blondschopf ruhig. „Wen? Manu?“, die Sängerin grinste ihn an. „Sehr lustig…“, meinte Janni knapp, „Nein, deinen Jussi… Er hat unheimlich Augen…“ „Unheimliche Augen?“, Mina begann zu kichern, „Oh nein, Janni hat Angst vor Jussi!“, scherzte sie fröhlich und piekste ihren Drummer in die Seite. „Das mein ich nicht…“, sagte er ernst und seufzte dann, „Ist aber auch egal… Ich hab’ nur einfach das Gefühl, dass diese Tour nicht so spaßig und einfach wird, wie ihr euch das vorstellt…“ Er zuckte mit den Schultern: „Frag mich warum ich das glaube… Ich weiß es nicht, nenn es meinetwegen…“ „Weibliche Intuition?“, die Schwarzhaarige grinste ihn provokant an. Dafür fing sie sich eine wütenden Seiten Blick. „Nicht ganz… Ich wollte sagen: Realismus!“ „Ach so…“, Mina seufzte, „Wenn du meinst… Ich möchte einfach nur daran glauben, dass es bergauf geht!“ Sie strahlte ihn an und bog um die letzte Ecke vor dem Treffpunkt, nun konnte man die dort stehenden Personen schon sehen und plötzlich zuckte Mina zusammen. „Nein…“, sie wurde kreidebleich und blieb stehen. Manu und Janni sahen sie verwirrt an. „Mina? Was ist los?“ Sie folgten ihrem Blick und sahen die Personen an, die dort schon versammelt standen. „Ein bisschen viele, oder?“, murmelte Manu, „Uniklubi hat doch nie im Leben so viele Mitglieder, oder?“ Er fühlte sich ein bisschen hilflos und sah seine Bandkollegen verwirrt an. Janni nickte. „Uniklubi besteht nur aus fünf Personen… Das da sind elf… Und das sind nicht irgendwelche Leute…“ „Nicht?“, Manu verstand nicht mehr wirklich und sah den Drummer immer verwirrter an. „Das sind Lovex… Wenigstens der Name sollte dir was sagen…“, seufzte Janni und sah zu der immer noch erstarrten Mina. „Theon…“, sie schüttelte den Kopf und blickte die beiden Jungen an, „Ich muss hier weg… Mir ist übel…“ Das letzte war sogar nicht mal eine Lüge, ihr ganzer Körper fühlte sich krank und hilflos an. Ihr war schwindelig, schlecht, kalt… Unbewusst find sie anzuzittern. Warum musste das passieren? Janni dagegen hatte die Erklärung dafür. „Eine Doppeltour… Interessant… Aber warum hat Jussi davon nichts gesagt?“, er blickt Mina fragend an. Die Sängerin zitterte und sah direkt an ihm vorbei. Einen Lovex-Hasser… deshalb also… Das war also Jussis Plan gewesen, er wollte auf seiner Tour gerne jemanden haben, der ebenso wie er, sich möglichst wenig mit der anderen Band beschäftigen… oder eher im Sinne von Jussis Vorgesichte, sich möglichst wenig mit Theon zu beschäftigen wollte… Minas Körper sich schwer an… „Benutzt…“, murmelte sie und konnte ihre Augen nicht von dem blonden Sänger lösen, „Ich muss hier weg…“ Die Jungen neben ihr beobachteten sie verwirrt. „Mina… Wenn es dir nicht gut geht, dann geh nach Hause… Janni und ich regeln das schon…“, Manu lächelte sie an. Schwach nickte das Mädchen. Der Drummer sah sie ebenfalls an und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter, er hatte ja gewusst dass da mehr war, als nur eine lustige Tour mit dem ehemaligen Lovex-Sänger Jussi Selo… „Keine Sorge, wir schaffen das, wir sind ja schon groß…“, er grinste sie an und drehte sie weg. Langsam und wie hypnotisiert flüsterte das Mädchen ein „Danke…“ und ging langsam wieder den Weg, den sie gekommen waren. „Das macht mit Angst…“, murmelte Manu und sah seinen besten Freund an. Dieser nickte. „Ja, beängstigend sie so schwach zu sehen… Wir müssen mit ihr reden…“, er sah den Gitarristen eindringlich an, „Versprochen, hier nach stellen wir zwei sie zur Rede?“ Zögerlich nickte der braunhaarige Bandleader. „Sehr gut!“, grinste der Blonde, schnappte sich Manus Hand und zog ihn zu der Gruppe von Leuten, „Dann auf in den Krieg!“ Er musste bei der Aussage lachen, denn sein Freund sah so aus, als hätte er diese Aussage für seinen Ernst gehalten… „So, Hei, wir sind Death Line“, mit einem aufgesetzten und zu Hundertprozent fröhlichem Lächeln sah Janni die Gruppe an. Jussi sah zwischen ihm und Manu hin und her und sah von Sekunde zu Sekunde unglücklicher und missgelaunter aus. „Wo ist eure Sängerin?“, fragte er ohne ein Wort der Begrüßung. Janni verzog das Gesicht und überspielte das anfängliche Stottern seines Gitarristen, indem er schnell und knapp und Jussi direkt ins Gesicht antwortete: „Sie ist verhindert.“ Und dadurch wurde auch Manu ein wenig mutiger: „Das ist doch kein Problem oder? Schließlich sind wir doch die Vorband und nicht die Deko um das Mädchen, mit dem du geflirtet hast.“ Beeindruckt sah Janni ihn an. Am liebsten hätte er diesem Mut applaudiert, das wäre jedoch nicht so gut angekommen. Doch auch der Sänger von Uniklubi war jetzt sprachlos und sah Manu nur schockiert an, die wenigen Augenblicke, die diese beiden sich bis jetzt geteilt hatte, hatten ihn eigentlich glauben lassen, dass der braunhaarige Gitarrist nicht der Typ für große Ansagen war. Jussis Sprachlosigkeit ließ jedoch eine ganz andere Person ins Rampenlicht rücken. Mit freundlichem Lächeln hielt er Janni die Hand hin. „Freut mich euch auch kennen zu lernen, ich bin Theon!“ Und von der ersten Sekunde war der blonde Sänger Janni hundertmal sympathischer als Jussi. Der Drummer nickte. „Ich bin Janni, Drummer… Die wichtigen Sachen regeln eigentlich unser Gitarrist“, er zuckt mit dem Kopf zu Manu, „Und natürlich unsere Sängerin, Mina…“ Theon nickt ruhig und hielt die Hand danach Manu hin. Lächelnd ergriff der Brauhaarige sie. „Ich bin Manu“, stellte er sich freundlich vor. „Freut mich“, meinte Theon lächelnd. Nach einer langen Vorstellung der beiden – eigentlich ja drei - Bands war für Janni und Manu eins klar: Sie konnten froh sein, dass Lovex dabei waren. Im Gegensatz zu Jussis „Angriff“ auf Mina war diese Band ein Segen, außerdem wirkte es als hätten die alten Lovex-Mitglieder, also Vivian, Christian, Sammy und Jason, Jussi noch wirklich im Griff. Das bekam man sogar schon aus einigen Sätzen raus. „Also… Äh… Ihr wollte uns wirklich als Vorband obwohl über die Hälfte von euch uns nicht einmal spielen gehört hat?“, fragte Manu und lächelte verlegen. Jussi nickte: „Aber natürlich, auf mein Urteil kann man vertrauen und meine Jungs stimmen mir doch auch zu, oder?“, er sah seine Band an, die zustimmend nickten. Theon rollte spöttisch mit den Augen und bekam dafür von Vivian einen sanften Stoß in die Seite und die zugeflüsterten Worte „Du wolltest doch nett sein“. Daraufhin seufzte der Blonde und gab sich geschlagen. „Also, wir haben schon ein bisschen was von euch gehört und Jonne meinte schließlich ja auch, dass ihr gut seit, also vertrauen wir mal und lassen uns bei dem ersten Auftritt von eurem Können überraschen…“ Manu wurde schlagartig rot und Theon lächelte ihm deshalb aufmunternd zu. Jedoch hatte Janni den starken Verdacht, dass die Röte in dem Gesicht des Gitarristen weniger von dem Inhalt der Worte kam, sondern viel mehr von dem Wort „Jonne“. Alleine der Gedanke daran brachte ihn zu kichern. Leicht verwirrt sah Sammy ihn an, doch der Drummer winkte lächelnd ab. „Unwichtig…“, dann stieß er seinem besten Freund den Ellenbogen in die Seite, damit er sich wieder beruhigte. „Also was müssen wir jetzt noch klären?“, Janni sah in die Runde. Janne nickte ihm zu. „Eine noch etwas wichtigere Frage… Wir fahren mit zwei Bussen, dem von Lovex und dem von Uniklubi… Keinen dritten für die Vorband“, erklärte der Gitarrist. Manu nickte. „Ja… Hatten wir bei Negative auch nicht… aber wir sind ja auch nur zu dritt…“ Vivian nickte: „Ihr seid zu dritt, das ist ein guter Ansatz… In jedem von unseren Bussen ist jeweils Platz für sieben Leute… Na wenn wir einwenig kuscheln“, er zwinkerte den beiden zu. Janni verzog sofort das Gesicht und schüttelte sich kurz, was für einiges an Gelächter sorgte. „Auf jeden Fall müssen wir euch aufteilen… Lovex sind zu sechs, wir sind zu fünft“, meinte Jussi. „Also einer zu Lovex, zwei zu Uniklubi“, fasste Janni zusammen. „Sehr gut, du kannst rechnen“, bemerkte Jussi grinsend und erhielt dafür einen sanften Stoß in die Seite und die Worte von seinem Bruder: „Sei nett!“ „Also, könnt ihr euch aufteilen?“, fragte Theon lächelnd. Der blonde Drummer sah zu Manu. „Ich denke doch…“, sagte er grinsend, „Die Frage ist nur wie…“ Und eigentlich war ihm schon klar, wie sich aufteilen müssten. Er wusste nur noch nicht ganz, ob das Manu auch klar war. Zwei Plätze bei Uniklubi, das hieß im Notfall, dass auch einer von dem Beiden auf Mina aufpassen könnte, noch besser war das aber, wenn Mina gleich einen ganzen Bus von Jussi entfernt wäre. Aber das wiederum hieß, dass sie alleine unter sechs Männern war, die sich nicht kannte… Was war für ihre Sängerin die kleinere Gefahr? … Janni beantwortet diese Frage mit seiner Erfahrung, dass Mina ein starkes Mädchen war, das sich gegen ein Hand voll Männer jeder Zeit wehren konnte. Grinsend legte er einen Arm um Manu und sah Jussi so provokant wie es nur ging an. „Dann schlafen wir wohl die nächste Zeit bei Uniklubi, was?“, er schielte kurz zu Manu, jedoch kurz genug um mit ansehen zu können wie Jussi alles aus dem Gesicht brach. Der Gitarrist sah zwischen den Beiden hin und her und stupste Janni dann leicht in die Seite. „Und könntest auch ein bisschen freundlicher sein…“, flüsterte er. Mina seufzte und spazierte durch Tampere. Der eine Teil ihres Gehirns versuchte ihr einzureden, dass das eine Halluzination gewesen war. Sie hatte sich das alles eingebildet… Lovex und Theon… das war doch völlig absurd! Ab und zu fing sie sogar an einfach zu lachen deswegen! Schließlich war das doch nicht möglich! Das war alles Einbildung! Und am Besten war die ganze Sache mit Jussi auch Einbildung gewesen… Sie fühlte sich so schlecht… dass sie sich sogar zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte einfach nur zu Hause zu sein… bei ihren Eltern… Der andere Teil ihres Gehirns resignierte völlig und malte die Welt in den dunkelsten Farben! Immer noch leicht durch den Wind ging sie die Straßen entlang, als ihr plötzlich jemand über den Weg lief. Jemand, den sie zu ihrem Bedauern schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte… „Mina?“, die Stimmt klang durch die Straße und im nächsten Moment hatte das braunhaarige Mädchen sie sich umarmt. „Sini? Oh… Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen?“, die Schwarzhaarige musste sofort lächeln, es lag an Sinis Erscheinungsbild, es ließ einfach niemanden traurig sein. „Ewigkeiten“, lachte sie, „Ich würde dich fragen, was du in der Zeit gemacht hast, aber ich weiß es!“, triumphierend grinste sie. „Aha?“, Mina war überrascht. Ihre Freundin grinste noch breiter. „Death Line? Hab ich recht?“, sie kicherte vergnügt, „Hab letztens euren Auftritt gesehen… Bei deiner Mutter hätte ich ja nicht gedacht, dass du mal so was machst…“ Sie lachte laut auf und Mina nickte zustimmend. „Warst du auf dem Festival?“, fragte Mina. Sini nickte. „Ja, du kennst mich doch, wo sie gute Musik spielen, bin ich nicht weit… Eigentlich wollte ich ja nur zu Uniklubi… aber die meisten anderen hab ich mir dann auch angehört und dann standest du plötzlich auf der Bühne“, sie kicherte. Glücklich lächelte die Sängerin und schloss sie gleich noch einmal in die Arme. „Und, was hast du jetzt vor?“ Die Braunhaarige grinste breit und geheimnisvoll. „Ich arbeite an einem neuen Projekt.“ „Ein neues Projekt?“, Mina musste ebenfalls grinsen. Sini nickte überschwänglich. „Ich will auf jedes Konzert der Uniklubi / Lovex Tour gehen“, sie zwinkerte ihr viel sagend zu. Doch ihre Freundin wurde sofort wieder bleicht und zitterte… Es war also doch echt… „Dann… sehen wir uns noch öfter…“, murmelte sie vor sich hin und starrte ins Leere. Janni und Manu wandten sich zum gehen. Manu war schon ein Stück voraus, da wurde der Drummer an der Schulter fest gehalten. „Janni?“, hörte er eine nun vertraute Stimme, „Wartest du noch einen Moment… bitte…“ Der Angesprochne drehte sich um und sah Theon fragend an. „Ja, was ist?“ „Ich möchte dich noch etwas fragen… mit dir kurz reden…“ „Worüber?“, der Drummer war verwirrt. Der Sänger seufzte tief. „Über Mina…“ Kapitel 10: If She's Near ------------------------- „Was gibt es denn über Mina zu wissen?“, leicht verwirrt sah Janni Theon an. Dieser seufzte erneut. „Alles… Nachname, Herkunft, warum sie plötzlich singt, wie es ihr geht, warum sie verhindert ist… Sie ist doch nicht krank, oder? Oder verletzt?“ Stand 17. August, Tampere, Finnland „Auf Tour mit Lovex? … Ja, ich bin kein großer Fan von ihrer Musik, hat man vielleicht schon gemerkt aber sie sind wirklich nett… Theon ist wirklich freundlich, total lustig und gar nicht überheblich… Aber er streitet sich oft mir Jussi, wie mir aufgefallen ist… Die Beiden geraten ständig aneinander, wegen allem möglichen und irgendwie ist das alles für die zwei ein Wettkampf… Merkwürdig… Ich muss auch noch festhalten, dass Jussis Gesichtsausdruck sehr interessant war, als Janni sagte, dass wie zwei bei Uniklubi schlafen… Es sah richtig so aus als ob er sich geärgert hätte… Dabei sieht er Mina definitiv noch oft genug… Ach ich versteh das alles nicht… aber noch kennen wir die alle ja noch nicht lange, also lassen wir uns überraschen…“ „Auf Tour mit Lovex? … Definitiv besser als Jussis Wahnsinn die ganze Zeit ausgeliefert zu sein. Wenn ihr versteht… Dieser Sänger ist echt ein Psycho… Und zwar keiner der positiven Sorte aus Horrorfilmen, der die blöd kreischende Tussi als erstes killt… Also ganz im Ernst, so interessant ist Mina ja nun auch nicht… außerdem ist es echt extrem wie er sich ständig mit Theon anlegt… Gut, der netter und auch irgendwie normaler, aber ein wenig verrückt ist er irgendwie auch… Auf jeden Fall wenn Jussi in der Nähe ist! Und um noch mal bei dem Uniklubisänger zu bleiben, ich werde seinen Gesichtsausdruck niemals vergessen, als ich ihm erklärt habe, dass es ein bisschen schwieriger wird auf der Tour zu Mina ins Bettchen zu steigen… Dieser Moment war so unglaublich befriedigend… Das war besser als Sex! Äh… aber eigentlich reden wir ja über Lovex, oder? Die Musik ist klasse, wenigstens auch ein Musikalischer Höhepunkt der Tour, und sie sind alle lustig drauf, also kann das ja doch noch was werden…“ „Auf Tour mit Lovex? … Ich möchte dazu nichts sagen… um genau zu sein will ich nicht mal darüber nachdenken, oder es im Endeffekt tun…“ Kapitel 10: If She’s Near Irgendwie hatte Mina es schafft sowohl Jussi als auch Theon aus dem Weg zu gehen. Sicherlich eine besondere Glanzleistung war das vielleicht nicht, da das erste Konzert in Tampere war, und sie somit nicht in irgendeinen Bus steigen musste, aber Fakt blieb es. Das schwarzhaarige Mädchen fühlte sie unwohl und zupfte nervös an einer ihrer Strähnen herum, die ihr immer wieder ins Gesicht rutschte. In 30 Minuten musste sie auf der Bühne sein, und wo war sie jetzt? Sie saß zu Hause auf ihrem Bett und fühlte sichso schlecht wie noch nie. „Theon… Torsti… Warum…“, sie schüttelt den Kopf und sah aus dem Fenster. Im Hintergrund klingelte ihr Handy. Es war Manu, das erkannte sie an dem Klingelton. Erneut entwich ihr ein Seufzen, ihr Körper fühlte sich so schwer an, doch eines war sie sich trotz all der wirren Gedanken bewusst, sie konnte Manu und Janni nicht im Stich lassen… „Ist eure Sängerin immer noch verhindert?“ Mit jedem weitern Wort, das er sprach und mit jeder weitern Sekunde, in der Janni den Sänger von Uniklubi ansehen musste, bekam er größere Lust ihn zu schlagen. Janne war diese Tatsache schon beim ersten Gespräch aufgefallen uns so packte er seinen Bruder im Genick und zog ihn ein wenig von dem Death Line Drummer weg, der sichtlich mit seiner Wut kämpfe. Vorsichtig trat Manu an ihn ran und zupfte an Jannis Shirt. „Sie geht nicht ran…“, murmelte er uns sah ihn aus großen gequälten Augen an. Der Blondschopf seufzte. „Und was machen wir jetzt?“, es klang sichtlich genervt, aber eigentlich lag das noch an Jussi. „Wenn ihr nun was passiert ist…“, flüsterte Manu besorgt und sah seinen Freund ängstlich an, er zitterte sogar leicht. Doch der Drummer schüttelt den Kopf. „keine Sorge, es ist was anderes…“, bei den Worten blickte er durch den Raum und blieb an Theon und Vivian hängen, irgendwas hatte es mit dem blonden Sänger zu tun… Gelangweilt betrachtete Vivian seinen Sänger und ließ minder beeindruckt dessen Redeschwall über sich ergehen. Warum um alles in der Welt war er bloß so dumm gewesen zu fragen? Mit einem leisen Räuspern versuchte er Theon höflich zu bedeuten, dass er verdammt noch mal endlich den Mund halten sollte. Es klappte nicht… Der Gitarrist versuchte es mit einem mittellauten Räuspern und gleich danach mit einem lauten, in der Hoffnung, dass es schließlich Erfolg haben würde. Und tatsächlich sah Theon ihn leicht verwirrt an und schwieg. „Endlich…“, murmelte Vivian und lächelte gequält. „Aber…“, leicht empört sah der Sänger ihn an, „Du hast doch gefragt!“ „Na und?“, der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf, „Gut… Versuchen wir es noch mal, ich stelle dir Fragen und das einzige, was du tust, ist ‚Ja’ oder ‚Nein’ sagen. Verstanden?“, er sah ihn eindringlich an, denn er hatte keine Lust sich noch eine Stunde volltexten zu lassen. Theon sah nicht wirklich glücklicher aus und seufzte. „Das finde ich ge-“ „Ja oder Nein!“, unterbrach Vivi ihn. Da gab sich der Blonde geschlagen. „Ja…mach schon…“ „Immer noch zu viel, aber gut…“, sagte der Gitarrist. Und sah ihn leicht aufmunternd an: „Also, du kennst die Sängerin von Death Line? Aus deiner Kindheit?“ „Ja… und ja…“ „Und ihr ward lange sehr gut befreundet?“ „Ja… eigentlich noch mehr…“ „Gut, noch mehr. Ihr ward verliebt?“ Theon sah zum Boden. „Nein…“, murmelte er. Skeptisch sah Vivian ihn an. „Aber du hast doch gesagt, dass sie die Liebe deines Lebens war…“ „Ist…“, korrigierte der Sänger, „Sie ist die Liebe meines Lebens…“ „Aber dann warst du doch früher auch in sie verliebt?“ „Ja… ich schon…“ „Sie aber nicht?“ Schwach nickte Theon. „Aber ihr ward doch bloß Kinder…“ „Das macht keinen Unterschied… Ich habe sie geliebt, und ich habe sie jetzt Jahre nicht mehr gesehen, aber ich liebe sie immer noch…“, der Blonde schüttelt den Kopf, „Das darf nicht wahr sein…“ Vivian sah ihn mitleidig an und seufzt: „Oh verdammt…“ „Death Line, ihr habt noch fünf Minuten…“ „Verdammt, wo ist Mina?“, fluchte Janni, Manu sah ihn nur verstört an. „Schrei hier nicht so rum, ich bin doch schon da!“, lachte Mina und lief auf die Beiden zu. Ihr Herz schlug schnell und ihre Atem war noch nicht leicht zu regulieren, aber sie sah die Beiden grinsend an. „Sorry, hätt’s ja fast vergessen, aber ich bin da!“ Sie bemühte sich Theon und Jussi nicht zu beachten. „Kein Problem, du bist ja noch gekommen!“, sagte Manu und strahlte sie vor Freude an. „Du bist viel zu nett“, meinte Janni und verdreht die Augen. Doch der Gitarrist sah ihn empört an. „Nein, bin ich nicht, ich bin glücklich, dass Mina uns nicht im Stich lässt! Dass wir uns nie im Stich lassen!“, er legte seine Arm um die Sängerin. Das Mädchen wurde rot und nickte ihm dann lächelnd zu. „Ja, genau…“ Mit so viel Herzklopfen hatte Mina noch nie auf der Bühne gestanden, sie fühlte sich beobachtet, was zugegeben irgendwie ja auch stimmt immerhin sah ein ganzes Publikum sie an, doch das Augenpaar, dass sie direkt in ihrem Rücken spürte war das schlimmste. Es waren Theons Augen und es war als ob dieser Blick ihr Herz von hinten durchstechen würde. Doch was hatte Manu gesagt. Dass sie sich nie im Stich lassen würden? Und das war richtig, sie durfte nicht an sich denken, und erst recht nicht an Theon! Oder Jussi! Oder an irgendjemanden anderes, der sie beobachtete! Sie musste jetzt an Manu denken! Und an Janni! Und das tat sie auch… Sie blendete die unwichtigen Sachen einfach aus… Und auch die, die sehr wohl wichtig in ihrem Leben waren… So oder so gelang Death Lines auftritt sehr gut und glücklich verließen sie die Bühne. Diesmal legte Janni Mina den Arm um die Schulter. „Ich weiß nicht, was mit dir los ist…“, begann er im Flüsterton, „Aber ich bin stolz auf dich…“ Er lächelte sie an und sie nickte freudig. Gleich nach Death Line betrat Lovex die Bühne. Jussi wollte nebenbei bemerkt sofort nachdem Theon von der Bildfläche war, mit Mina sprechen oder ein perfekte Gespräch nur durch Blickkontakt von Janni und Janne geführt, hielt ihn zurück, natürlich nur im Übertragenen Sinne, letzten Endes war es natürlich wie schon so oft Jannes Hand plus Arm. „Das wird noch was…“, murmelte Mina und sah kurz zu Jussi, sie fragte sich ernsthaft, wie sie die Wochen überstehen sollte. „Keine Sorge… Wir sind für dich da…“, sagte Manu und lächelte sie an. Janni nickte grinsend. „Natürlich, und vor so was“, er nickte abfällt in die Ecke des Uniklubisängers, „Beschützen wir dich gerne…“ „So meinte ich das gar nicht…“, murmelte die Schwarzhaarige, befreite sich aus dem Griff des Drummers und ging wieder zur Bühne, so dass sie einen Blick auf das Geschehen dort hatte. Lovex begann mit dem Song „If She’s Near“ und Theon bereute die Songauswahl von der ersten Sekunde, in der er auf der Bühne stand, denn dieses Song passte so verdammt gut auf die Situation, dass er begann zu zittern. Er sah zum Rand der Bühne und sah sie. Sein Herzschlag erhöhte sich. Er verpasste den Einsatz und wand stärker zitternd den Blick ab. Vivian und Sammy warfen sich verwirrte Blickt zu und spielte leicht verstört weiter. Viel zu spät und mit verlegendem Lächeln zum Publikum setzte der blonde Sänger dann doch ein und sang die ersten Töne auch prompt falsch. „So please take me out of“, sein Singen war bei dieser Stelle tatsächlich mehr ein Seufzen oder ein Sprechen, ein Bitten, aber bestimmt keine gesungene Tön... Mina betrachtete nur ihn und ihr brach das Herz. „Das darf nicht sein…“, flüsterte sie und flüsterte die Textstellen mit. Ihre Bandkollegen betrachteten sie aus einiger Entfernung. „Irre ich mich… Oder ist es wirklich so, dass dieser Theon sich so verhält wie Mina…“, verwirrt sah Manu den Drummer an. Janni erinnerte sich an das Gespräch mit dem Musiker und murmelte leicht vor sich hin. „Es ist wirklich so… kann es sein…“ „Kann was sein?“, fragte der Braunhaarige neugierig, „Hast du eine Idee?“ Der Blonde nickte, doch er konnte seinen Gedanken nicht aussprechen, weil jemand sie durch lautes Gelächter unbrach. „Da hat Vivi sich ja einen schönen Sänger ausgesucht!“, vor Lachen taumelnd kam Jussi auf die Beiden Death Line Musiker zu, „Einmalig! Unbezahlbar!“ Wütende sah Manu ihn an. „Was für ein Mistkerl bist du eigentlich?“, fragte er Jussi und lief gleich darauf rot an, weil er begriff, was er gefragte hatte. Erstaunt sah der Schwarzhaarige ihn an. „Das ist ja ein starkes Stück…“, seufzend schüttelte er den Kopf, „Keine Sorge, Kleiner, das ist freundschaftlich, er würde auch so über mich lachen…“, besicherte er grinsend. „Ihr habt alle einen Schaden… Komm Mina…“, Janni packte sie an der Schulter, „Wir fahren erst morgen los und die Herrschaften und ihr Wahnsinn brauchen uns nicht mehr!“ Kapitel 11: Ennalleen? ---------------------- Stand 18. August, Turku, Finnland „Busfahrten? Äh… Es ist merkwürdig… Es kommt auf die Menschen an, würde ich sagen… Es ist völlig anders mit Uniklubi in einem Bus zu sitzen als zum Beispiel mit Jonne… Obwohl es die gleiche Strecke ist… Es ist… ganz anders… Alleine schon, weil Jussi und Janni sich gegenüber sitzen… Das waren die längsten, anstrengendsten, unangenehmsten und stillsten zwei Stunden meines Lebens… Und ich habe selten Menschen gesehen, die sich feindseliger anstarren können … Also wirklich… Noch schlimmer daran ist, dass diese Stimmung irgendwann auf uns alle übergeschlagen ist… also war bald jeder verstummt und starrte einfach nur noch vor sich hin… Das ganze war extrem unangenehm… das konnte ich jedem ansehen… Nur Jussi und Janni empfanden das anscheinend als nicht so… Sonst hätten sie ja mit dem Mist aufgehört… Wie kleine Kinder… Nicht zu fassen… Wie soll das nur weitergehen? Ich wünschte ich könnte tagsüber schlafen… Kann ich aber leider nicht, deshalb konnte ich nur still und peinlich berührt daneben sitzen… schlimm… Aber um zu dem eigentlichen Punkt zurück zu kommen… Äh, ja… Busfahrten… Als Kind mochte ich sie immer, eigentlich ist es schön mit Freunden oder anderen Leuten zusammen zu sitzen und die vorbeiziehende Landschaft zu betrachten, doch… Halt nur eigentlich…“ „Busfahrten? Wer denkt sich eigentlich diese Fragen aus? Also wirklich… Busfahrten sind ja so schon langweilig… Aber wenn man nun auch noch mit Leuten fahren muss, die man nicht kennt oder die man nicht ausstehen kann, dann sind sie noch schlimmer… Ich hab es während meiner Schulzeit schon gehasst… Deshalb bin ich auch immer zu Fuß gegangen… Meine Mutter sagte auch oft, ich könnte nicht lange still sitzen… Wahrscheinlich hatte sie damit Recht…. Das wird der Grund für das alles sein… Bei der Fahrt heute Morgen allerdings konnte ich es plötzlich… Ich bin mir sicher, dass ich mich noch nie in meinem ganzen Leben so wenig bewegt habe… Aber meine Güte, der Typ ist mir einfach unsympathisch… Manche Menschen mag man einfach nicht, heißt es nicht so? Jussi, ist definitiv mein Mensch… Und wenn ich das von vorhin so richtig deute, beruht das alles auf Gegenseitig… Und dann ist das doch in Ordnung… Mich stört es nicht und ihn wahrscheinlich auch nicht… Diese tödliche Stille ist mir auch lieber, als wenn mich einer wie der zuquatschen würde… Am Ende verknallt der sich noch in mich… Nein, ich hab genug von diesen Schwuchtelsängern… Jonne hat mir schon gereicht… Und mir ist egal, wie viele hundert Fans mich für diesen Satz hassen würden… Die sind halt blind im Kopf… Männliche, finnische Sänger sind glaube ich prädestiniert dafür sich in Männer zu verknallen… Bestes Beispiel dieses blonde Glitterprinzesschen… Und Jussi gehört auch dazu… da bin ich mir sicher…“ „Busfahrten? Ich ahne worauf die Frage abzielt… Ich habe nicht viel Ahnung von Busfahrten… Ich fahre selten Bus… Warum auch? Eine reiche, junge Dame fährt nicht mit dem Bus! Also folglich kann ich die Frage nicht beantworten… Tourbus? Na ja… Ich wüsste nichts Spannendes zu erzählen, tut mir leid…“ Kapitel 11: Ennalleen? / Wie früher? Janni hatte einmal geglaubt, dass Mina gegen eine Handvoll Männer locker ankommen würde… Dies war zwar korrekt, jedoch waren Lovex zu sechs… Und dieser sechste setzte Mina schon vom ersten Augenblick extrem zu. Am Morgen des 18. August sollte es losgehen. Am Vorabend war die junge Sängerin von Janni und Manu nach Hause gebracht worden und hatte nicht ein Wort gesprochen, während die anderen beiden ununterbrochen von dem Konzert sprachen… Sie hatte noch verdammt lange wach gelegen und über das alles nachgedacht. Obwohl ‚über alles nachgedacht’ natürlich positiv ausgedrückt war. Um genau zu sein war es nur eine Sache, über die sie nachgedacht hatte, eine Person… Theon… Mina interessierte sich viel für Musik und besaß viele CDs… Jedoch hatte sie sich immer davor gehütet CDs von Lovex zu kaufen, auch wenn sie sie oft in der Hand gehabt hatte… Genauso hatte sie es vermieden, irgendetwas über Torsti zu lesen… Letzte Nacht hatte sich das geändert. Da sie sowieso nicht schlafen konnte, war sie aufgestanden und hatte ihren Laptop angeschaltet. Sie hatte jedes Interview über Lovex gelesen, was zu finden war. Und sie musste kurz auflachen, als sie Theons Namensbedeutung las. Es war so sinnig… Gegen halb drei in aller Frühe war sie eingeschlafen. Neben ihrem Laptop. Es war halb zehn, als Janni sie unsanft durch ihr Handy weckte und sie fragte, wo sie blieb… Es war wahrscheinlich sehr dumm vor einem wichtigen Termin die ganze Nacht auf zu bleiben, doch es war definitiv noch dümmer dabei einfach einzuschlafen und sich keinen Wecker gestellt zu haben. Mina war eigentlich für beides nicht der Typ… Aber gestern Nacht hatte sie ja auch noch fest geglaubt, dass sie gar keinen Schlaf mehr finden würde… „Äh… Sorry…“, nuschelte sie noch halb verschlafen, „Ich…Ihr könnt ja schon mal fahren… Ich will sowieso nicht mit Lovex in einem Bus…“ „Mina? Du klingst müde, hast du gestern noch gefeiert?“, Janni lachte, wofür er von der Sängerin nur ein Knurren bekam, „Ist ja gut, warte, ich frag die Herrschaften mal…“ Einige Minuten später, in denen Mina es wenigstens schaffte ihren Kopf von der Tischplatte zu kratzen und auf zustehen, meldete der Drummer sich wieder. „Also gut, Manu und ich fahren mit Uniklubi vor, Theon hat darauf bestanden, dass sie auf dich warten… aber beeil dich…“ Mina verdrehte die Augen und seufzte laut auf. „Hat Theon darauf bestanden, so, so…“, murmelte sie und streckte sich leicht, „Du kannst dem Herrn sagen, dass ich keine Ahnung habe, wann ich komme… Ich bin gerade erst aufgestanden…“ „Sind wir heute zickig?“, Janni musste leicht kichern. „Sag es ihm“, knurrte Mina und machte sich auf den Weg ins Bad. „Ist ja gut, Chefin“, kicherte der Drummer und wieder war es für ein paar Minuten still, „Er hat mit den Schultern gezuckt…“, meinte Janni als Antwort. „Na dann… Ist es mir auch egal… Bis später…“, meinte sie und legte auf. Zwei Stunden später – und es waren zwei Stunden, in denen man nicht davon hätte sprechen können, dass Mina sich in irgendeiner Form beeilt hätte – kam die Sängerin am vereinbarten Treffpunkt an. Nur Theon stand vor dem Bus. „Die Mina, die ich kannte, wäre nie im Leben zu spät gekommen…“, meinte Theon und sah sie an. Sie erwiderte den Blick, und ohne das sie wusste wieso, antwortete sie ihm: „Der Torsti, den ich kannte, hätte so etwas nie gesagt…“ Leicht erschrocken sah er ihr nach, wie sie an ihm vorbei ging und in den Bus stieg. Im Bus grüßte Mina kurz und verzog sich dann schnellsten in eine Ecke, in der sie weiter schlafen konnte. Natürlich nicht, ohne sich für Worte, die sie ihm entgegen geworfen hatte, zu verfluchen… Sie wusste ja selbst nicht, was in sie gefahren war… Theon stieg mit hängendem Kopf ein und seufzte. „Na du siehst ja glücklich aus… Hat deine Liebste ihre Tage?“, raunte Vivian ihm grinsend zu. Wütend blickte der Sänger ihn an. „Vivi!“ „Entschuldigung… Ich vergaß, habt ihr beide eure Tage?“, der Gitarrist grinste noch eine Spur frecher. „Vivi, das ist nicht lustig!“, Theon schüttelte den Kopf und seufzte schwer. „Ist ja gut… Sorry…“, murmelte der Andere und betrachtete seinen Freund besorgt, „Was ist denn los? Sie wirkte, als sei sie schlecht drauf?“ Der Blondschopf nickte. „Ich war ein extremer Dummkopf, als ich mich gefreut habe, dass ich sie wieder gefunden habe… Wie konnte ich nur denken, dass wir einfach da weiter machen könnten?“ „Ich weiß es nicht“, erwiderte Vivian ehrlich und für Theons Geschmack viel zu sehr teilnahmslos. Sofort bekam der Gitarristen einen erneuten bösen Blick. Beschwichtigend hob er die Hände: „Man, du bist heute aber auch aggressiv… Mensch… Na… Aber ihr Drummer meinte doch, sie hätte verschlafen…“, er musste kurz kichern, „Und wer ist dann nicht schlecht drauf? Ich meine… Denk nur mal an Sammy…“ Sofort fing Vivian sich den nächsten vorwurflosvollen Blick. Theon musste jedoch leicht lächeln. „Ja, das wird es gewesen sein…“, murmelte er leicht abwesen. Sein Gitarrist klopfte ihm auf die Schulter. „Keine Sorge, das wird schon wieder… So sind Frauen nun mal manchmal…“ „Ja, frag Vivi, der hat Ahnung von Frauen!“, kam sofort Sammys Rache. Daraufhin fing sogar Theon an zu kichern. Der Angesprochene jedoch lief rot an und verzog den Mund zu einem Schmollen. Zwei Stunden später hielt der Bus vor dem Hotel. Die Lovex-Crew stieg aus. Mit Ausnahme von Theon. Er blieb im Bus und blickte zu der noch schlafenden Mina. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, sie sah so süß aus, so friedlich… Verträumt setzte er sich neben sie und strich ihr sanft durchs Haar. „Warum ist es nicht so wie früher?“, fragte er flüsternd und schüttelt den Kopf, „Warum können wir nicht da weiter machen, wo wir aufgehört haben? Bin ich jetzt nicht alt genug, um dir sagen zu dürfen, dass ich dich liebe?“ Er schloss die Augen. Minutenlang saß er neben ihr und betrachtete sie beim Schlafen. Die ganze Situation hätte er nutzen können, um über die ganze Lage nach zu denken, doch aus unerfindlichen Gründen, konnte er in ihrer Gegenwart mal wieder keinen klaren Gedanken fassen… Irgendwann wurde er aus seiner Trance geweckt, weil Mina sich aufrichtete. Verschlafen hob sie den Kopf und blinzelt. „Oh man… ich hatte wohl immer noch Schlaf nötig…“, nuschelte sie und bemerkte erst dann, dass Theon neben ihr saß. Erschrocken zuckte sie zusammen und blickte ihn an. „Äh… Morgen?“, meinte sie und wurde leicht rot. Sie wusste selbst nicht, warum sie rot war, warum ihr die ganze Sache unangenehm war, doch diese Tatsache, die sie nicht begreifen konnte, hasste sie. „Morgen…“, er lächelte sanft und nickte. Das Lächeln machte die Sängerin jedoch nur noch nervöser. „Sind wir schon da?“ Er nickte ruhig. „Äh… Gut…“, leicht unsicher stand sie auf. „Darf ich dich was fragen, Mina?“, sagte er und lächelte sie weiter an, wenn gleich es doch leicht nervös wirkte. Leicht ängstlich vor dem, was kommen würde, nickte sie. „Seit wann kannst du so singen?“, fragte der Blondschopf mit freundlichem Lächeln. Innerlich hätte er sich schlagen können, dass er sich nicht traute, die richtige Frage zu stellen. Mina seufzte erleichtert aus, dann entglitten ihr die Gesichtszüge. „Passiert, wenn man keine Freunde haben darf und die Eltern einem seine Hobbys vorschreiben…“, murmelte sie und senkte den Blick. Sie zitterte leicht, dann beeilte sie sich, schnell den Bus zu verlassen. Mit Torsti zusammen zu sein, war für sie ein viel zu merkwürdiges Gefühl, als dass sie es auf lange Zeit, geschweige denn bei einem direkten Gespräch ausgehalten hätte. Als sie draußen stand stiegen ihr die Tränen in die Augen… Neben ihm zu sein fühlte sich gleichzeitig vertraut und gut an, und riss dabei noch Wunden auf, die viel zu schlecht verschlossen waren… Es war schön und schmerzvoll zugleich… Leider war Mina nicht wirklich die Art von Person, die man als masochistisch bezeichnen konnte… Sie seufzte schwer und schluckte die Tränen runter, bevor sie das Hotel betrat. Theon blickte ihr nach. „Ich hab auch nicht geschlafen letzte Nacht…“, flüsterte er und starrte auf die Stelle, wo sie bis eben gestanden hatte, „Und das ist nur deine Schuld…“ Kapitel 12: Säikähdys --------------------- Stand, 19. August, Helsinki, Finnland „Liebeskummer? Das ist echt ein gemeines Thema… Ich meine, wer hatte noch nie in seinem Leben welchen? Okay, ich… Bis ich Jonne wirklich begegnet bin… Aber… Na ja… Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll… Ja, ich bin verliebt und das war doch eigentlich nur offensichtlich, so wie ich schon früher für ihn geschwärmt habe… Da konnte er doch nach einem Treffen nur noch toller sein… Meine erste Liebe ist der Typ, von dem ich schon immer geschwärmt habe, für den ich als einziges geschwärmt habe… Und ausgerechnet der ist… jetzt unerreichbar für mich? Ich habe einen Kuss verhindert, den ich mir so gewünscht habe, und ich habe mich nicht getraut auch nur ein Wort danach mit ihm zu reden… auf jeden Fall nicht allein… Was muss er nur von mir denken? Ich will es mir nicht vorstellen… Aber leider kann ich genau das zu gut… Ich weiß, was er jetzt von mir denken muss… Liebeskummer ist schrecklich…“ „Liebeskummer? Kann ich nun wirklich nichts drüber sagen… Tut mir leid, aber verliebt in dem richtigen Sinne war ich noch nicht… Also und mit richtigem Sinne rede ich von Manu und Jonni-lein… Na ist schon klar oder? So was hatte ich noch nie… Gut, ich hatte mehr Freundinnen als Manu je in seinem Leben haben wird… Meine Vergleiche sind heute echt schlecht, oder? Ich meine Manu wird ja nie eine Freundin haben, also ist es nicht sonderlich schwer mehr Freundinnen als er zu haben… Also noch mal… Ich hatte in meinem Leben so verdammt viele Freundinnen… Aber nicht um eine bin ich traurig, dass es vorbei ist… Folglich: Ich glaube nicht, dass ich jemals Liebeskummer hatte…“ „Liebeskummer? Wirklich passendes Thema… Ja, habe ich… Und ja natürlich, find ich das nicht gut… Aber… Ich weiß nicht was ich tun sollte. Ich hatte immer gehofft, dass ich ihm nie wieder gegenüberstehen müsste… Oder wenn, dass er mich vergessen hätte… Ich wollte ihm nicht wehtun… Ich bin mir ja sicher, dass ich ihn damals wirklich geliebt habe… Aber… Ich habe ihm damals nicht gesagt, dass meine Mutter es mir verboten hatte ihn zu sehen… Ich sagte: ‚Wir sollten uns nicht mehr treffen’ und als er darauf erwiderte, dass er mich liebte, blieb ich kalt: ‚ Wir sind viel zu jung, komm wieder, wenn du überhaupt weißt, was Liebe ist’ … Damit ging ich… In der Hoffnung, dass ich mir selbst eingeredet hatte, dass ich ihn nicht lieben konnte… Aber ich habe es getan und mit diesem Satz alles kaputt gemacht… Warum? Warum habe ich das getan? Ich wollte nur… dass es mir nicht so weh tut… Die Vorstellung ihn nie wieder zu sehen… und gleichzeitig, wollte ich, dass er mich vergessen kann… Damit es ihm nicht wehtut … Nichts habe ich geschafft…“ Kapitel 12: Säikähdys / Schreck Nach einer erneuten schweigsamen Fahrt kamen beide Busse in Helsinki an. Diesmal war die Fahrt aber aus einem etwas anderen Grund im Lovex Bus schweigsam. Nicht nur Mina lag in einer Ecke und schlief, nein, dieses Mal tat Theon es ihr gleich, was zumindest bei seinen Bandkollegen für Erheiterung sorgte. „Wisst ihr, was wir machen sollten?“, fragte Vivian grinsend und sah zwischen der schlafenden Mina und dem schlafenden Theon hin und her. Christian seufzte und schüttelte den Kopf: „Nein, aber du wirst es uns sicher gleich offenbaren…“ Vivi nickte und kicherte weiter. „Kindskopf…“, murmelte nun auch Jason seufzend. Leider wurden die beiden von Sammy und Julian, die Vivians Blicken folgten, gepflegt ignoriert. „Na, Vivi, was hast du vor?“ Der angesprochene Gitarrist grinste noch breiter. „Die Beiden liegen da so unbequem. Legen wir sie doch einfach in ein Bett“, sagte er locker. „In ein Bett? Meinst du nicht eher in zwei?“, fragte Sammy und sah ihn unschuldig an. „Nein… Ein Bett… Ist schon richtig…“, Vivian lachte auf und ging auf Mina zu, „Stell ich mir viel kuscheliger vor und das ist doch nur gut für beide, oder?“ „Du bist so ein Idiot…“, murmelte Jason und betrachtete ihn, wie er die junge Sängerin hoch hob und in ein Bett verfrachtete. „Ich find die Idee gut“, grinste Sammy, „Manche Menschen muss man halt in ihr Glück treten!“, er packte Julian am Arm und zog ihn zu Theon, um diesem letztendlich neben Mina zu legen. „Süß. Macht mal wer ein Foto?“ „Du Spinner…“ „Aber sie sehen doch süß aus, oder?“ „Vivi, halt einfach die Klappe!“ Ein paar Stunden später gab es im wahrsten Sinne des Wortes ein „böses Erwachen“ … Mina schlug die Augen auf und sah direkt in Theons Gesicht. Sie schrie vor Schreck – und was auch immer in ihr vorging - laut auf. So laut, dass sogar Janni, Manu und Jussi, die gerade aus dem anderen Bus gestiegen waren es mitbekamen und in den Bus stürmten. Theon riss bei diesem Schrei sofort die Augen auf und starrte Mina erschrocken an. Die Sängerin schlug die Hände vor den Mund und blickte ihn nicht minder geschockt an. Der Blondschopf fing sich jedoch schneller als sie wieder und grinste leicht: „Also so schlecht, dass man schreien muss, sehe ich nun wirklich nicht aus…“ Mina lief knallrot an, dann sprang sie auf der Stelle auf. „Was ist hier eigentlich los?“, sie sah sich völlig fassungslos unter den Umstehenden um und ihr Blick blieb dabei an Vivian und Sammy hängen, die beide laut lachten. Dann sah sie wieder zu Theon, der nun zwar immer noch verwirrt dreinschaute, in dessen Gesicht sich aber trotzdem ein leichtes Grinsen abzeichnete. Eine Mischung aus Wut und gleichzeitig Scham kochte in ihr hoch. „Unglaublich witzige Freunde hast du, dämlicher Idiot!“, meinte sie zitternd und verließ ohne jemanden anzusehen den Bus und lief davon. Schnell verstummte das Gelächter und alle blickten dem Mädchen nach. „Die Reaktion hatte ich nicht erwartet…“, murmelte Vivian und blinzelte verwirrt. Theon sprang plötzlich auf: „Was… Mina…“, dann blickte er wütend zu Vivian und Sammy, „Schönen Dank auch, ihr Spinner!“ Schnell bemühte er sich Mina zu folgen. Normalerweise störten ihn solche Scherze und sinnlose Blödeleien nicht, doch jetzt war das ganze natürlich etwas anderes… „Das wollten wir doch nicht…“, murmelte Sammy und sah zum Boden. Manu sah ebenso besorgt wie Theon aus. „Mina… Was hat sie?“ Janni neben ihm zuckte mit den Schultern: „Frauen… Wer versteht die schon? Alle bescheuert und viel zu kompliziert…“, er seufzte tief, „Vielleicht sollte ich auch einfach…“, er sah überlegend zu Manu, doch nach kurzer Zeit zuckte er heftig zusammen, „Schande, was denk ich nur da?“, fluchte er und schüttelte den Kopf. Sein braunhaariger Freund blickte ihn an und lächelte leicht: „Ich glaube, ich gehe den beiden trotzdem hinterher…“ Mina rannte blind durch die Straßen von Helsinki und hasste in diesem Moment nichts so sehr wie sich selbst. Nur weil sie schon wieder einfach weglief… Doch jetzt gerade fühlte sie sich einfach unglaublich hilflos, so dass sie keinen anderen Ausweg kannte, als die Flucht. „Na, da ist ja jemand schnell unterwegs.“ Bei der vertrauten Stimme zuckte Mina zusammen und sah sich verunsichert um. Langsam kam er auf sie zu. „Du siehst verunsichert aus?“, fragte er mit einem Lächeln. „Jonne… Was…“, stotterte sie verwirrt, und jetzt, wo sie stehen geblieben war holten sie zwei Sachen ein, vor denen sie davon gelaufen war. Zum einen die Tränen, die ihr nun in die Augen stiegen, zum anderen… Theon, der in sicherem Abstand von ihr stehen blieb und sie beobachtete. Besorgt blickte Jonne die Sängerin an. „Kurztrip… aber… Dir scheint es nicht gut zu gehen oder?“, flüsterte er und machte einen Schritt auf sie zu. Mina hatte unterdes natürlich bemerkt, dass ihr einzelne Tränen über das Gesicht liefen. Von dem blonden Sänger hinter ihr jedoch hatte sie noch nichts mitbekommen, ähnlich ging es Jonne. „Nicht wirklich…“, nuschelte sie und schluchzte, „Ich bin so bescheuert…“ „Ach was…“, er ging noch ein Stück auf sie zu und legte die Arme um sie, „Beruhig dich…“, flüsterte er und drückte sie sanft an sich. „Jonne…“, schluchzte sie und drückte den Kopf an seine Brust. „Was ist denn los?“, flüsterte er und strich ihr sanft durchs Haar, „Du kannst mit mir über alles reden…“, bot er mit einem sanften Lächeln an. Schwach nickte sie. „Ja… Ich glaube… Du schuldest mir noch ein Gespräch…“, nuschelte sie. Darauf musste Jonne kurz lachen: „Wenn du willst, aber das schuldest du mir genauso… Also, ich habe Zeit, wenn du etwas loswerden willst… Über dich und deinen Prinzen…“ Sie sah ihn aus verweinten Augen an und ohne genau zu wissen, warum sie ausgerechnet mit ihm darüber reden wollte nickte sie. „Ja, das wäre wirklich gut…“ Er lächelte sie vertraut an. „Dann lass uns gehen…“ „Danke…“, sagte sie lächelnd und fiel ihm um den Hals… Theon stand in Sichtweite, leider konnte er dazu jedoch nichts hören… Er stand nur da und sah, wie Jonne Mina im Arm hielt und sie an sich drückte und er spürte ein Stechen in seiner Brust bei diesem Anblick. „Das… hätte sie doch sagen können…“, flüsterte er und dann sah er wie sie dem Anderen um den Hals fiel… Das war zu viel… Er zitterte vor Wut. Wie konnte Jonne es wagen, das zu tun, was er sich so wünschte und überhaupt, wie konnte Mina es wagen ihn wegzustoßen und das bei Jonne zu zulassen? Er verstand die Welt einfach nicht mehr… Wie gerne, wäre er den Beiden jetzt nachgegangen und hätte sie zur Rede gestellt… Doch er stand nur hilflos da und betrachtete sie, wie sie langsam aus seinem Blickfeld verschwanden. Plötzlich hörte er Schritte hinter sich. „Was ist denn hier los?“ Er drehte sich um und blickte Manu ernst an. „Ich wusste nicht, dass eure Sängerin einen Freund hat…“, meinte er und ging an ihm vor. Völlig verwirrt blickte Manu ihm nach. „Einen Freund? Mina?“, fragte er erstaunt, „Wer ist der Glückliche?“ „Jonne Aaron…“, knurrte Theon und ließ ihn stehen. Der braunhaarige Gitarrist zuckte heftig zusammen. „J… Jonne?“, zitternd starrte er ins Leere und schüttelte ungläubig den Kopf, „Jonne und Mina? … Nein… nein… ne… in… das…“, stotterte er vor sich hin. Janni seufzte und schüttelte den Kopf. „Eure Sängerin macht recht oft Probleme…“, murmelte Jussi. „Du wolltest uns als Vorband…“, meinte Janni und sah ihn unbeeindruckt an. Der Sänger nickte. „Weiß ich doch… Ich bereue es auch nicht aber…“ „Sie ist kompliziert… Aber was erwartet man von einem reichen, verwöhnten Prinzessin?“, der Dummer seufzte und zuckte mit den Schultern, „Ich glaube, ich sollte sie zur Rede stellen, wenn sie wieder da ist…“, dann sah er Jussi an, „Und wenn dieses Aufziehen und Fertigmachen zwischen dir und Theon wirklich freundschaftlich ist, dann solltest du vielleicht mal mit ihm reden, meinst du nicht? Schließlich hast du Mina einfach mit ins Boot geholt und ganz unter uns… Er sieht mir extrem nach so einem verliebten Trottel aus, der jetzt an Herzschmerz leidet…“ Der Schwarzhaarige musste leicht grinsen und nickte: „Ist wohl besser… Ich spreche mit ihm… Du bist gar nicht so übel…“ „Danke…“, murmelte Janni unbeeindruckt und wandte sich ab. „Also Mina, was ist passiert?“, Jonne hatte den Arm um sie gelegt und sah sie besorgt an. Sie holte tief Luft und traute sich beim Reden nicht ihn anzusehen. Doch sie erzählte ihm die ganze, lange, schmerzvolle Geschichte. Dass ihre Mutter ihr verboten hatte sich mit Theon zu treffen, wie sie ihm das gesagt hatte, wie es geendet hatte, wie sie Jussi kennen gelernt hatte und wie sie jetzt die Vorband von Uniklubi und Lovex waren, bis hin zu dem letzten Vorfall. „Ich bin bescheuert… Ich habe völlig überreagiert… Er muss mich hassen… Aber… Wahrscheinlich ist das besser so, das wollte ich doch sowieso von Anfang an! Ich… Jonne, was soll ich tun?“, verzweifelt blickte sie nun doch zu ihm, ganz gleich, wie viel Angst sie davor hatte, dass er sie mit tadelnden Blicken strafen würde. Doch er sah sie nur sanft an. „Ich weiß es nicht… Was fühlst du?“, fragte er mit einem leichten Lächeln und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Was ich… Was ich fühle?“, sie blickte ihn verwirrt an. „Ja… Wenn du an Theon und an den ganzen Vorfall denkst…“, er sah sie erwartungsvoll an. „Ich… Ich liebe ihn… Ja, natürlich liebe ich ihn… Ich habe ihn doch damals schon geliebt, ich war nur viel zu feige es mir einzugestehen… Es tut mir leid, dass es so enden musste, und erst jetzt tut es mir leid, dass ich mich noch nicht getraut habe, ihm das zu sagen… Ich liebe ihn!“ Jonne grinste leicht. „Was gibt es da so dämlich zu grinsen?“, Mina schmollte, „Ich bin verzweifelt!“ „Ja, verzweifelt verliebt!“ „Na und?“ Jonne schüttete lachend den Kopf. „Lach nicht! Sag mir, was ich tun soll!“ „Aber das hast du doch selbst schon gesagt. Es tut dir leid, dass du es ihm nicht gesagt hast! Sag es ihm!“ Mina schüttelte panisch den Kopf: „Nein… Das kann ich nicht…“ „Aber du musst dich entscheiden, entweder du sagst es ihm oder du schlägst ihn dir aus dem Kopf, was du wahrscheinlich nicht mehr kannst, also dürfte das klar sein…“, er sah sie an und lächelte. Seufzend sah sie ihn an und erwiderte dann sein Lächeln. „Ist ja gut, du hast gewonnen… Ich sag es ihm…“, sie holte tief Luft, „Danke…“ Jonne streichelte ihr weiter über den Rücken, „Kein Problem…“, er grinste leicht, „Der Liebe helfe ich immer gern…“ Mina musste kurz lachen: „Das klang bescheuert…“ Er nickte: „Wahrscheinlich… Wie geht es eigentlich Manu?“ Kapitel 13: Väärinkäsitys ------------------------- Stand, 20. August, Helsinki, Finnland „Enttäuschungen? … Ich weiß nicht… Ich wurde in meinem Leben oft enttäuscht… Meistens von meiner Mutter… Sie war eine unglaubliche Frau und als ich anfing Gitarre zu spielen, war sie mein größter Fan… Ich hätte mir so gewünscht, dass sie das einmal jemand anderem Mal gesagt hätte… dass ich gut war… Ich hätte mir gewünscht, dass sie nur einmal mit meinem Vater darüber geredet hätte… aber das hat sie nicht… Immer wenn er mich angeschrien hat, dass ich das dämliche Geklimper’ abstellen soll, stand sie stumm daneben… Mich hat diese Ängstlichkeit von ihr enttäuscht… Aber ich glaube, im gleichen Maße habe ich meinen Vater damals enttäuscht, ich war nicht der Junge, den er sich gewünscht hatte… Mein Vater war Profisportler, ich denke das sagt alles… Na ja… das waren meine Erfahrungen mit Enttäuschungen… bis gestern… Gestern war noch etwas anderes… Etwas Neues… Ich war enttäuscht von jemandem, der mir gegenüber zu gar nichts verpflichtet ist und trotzdem… Tat es weh… nur diesen Satz zu hören… Warum Jonne, warum?“ „Enttäuschungen? … Na ja… Wirklich enttäuscht war ich glaub ich noch nicht wirklich… Ich weiß nicht woran das liegt… Aber ich steh den meisten Sachen auch locker entgegen… Keine zu hohen Erwartungen und so… Aber doch ich war jetzt einmal glaub ich wirklich enttäuscht… Gestern… Von Jonne… und auch von Mina… Wie können die Beiden Manu so was antun? Er kam heulend zu mir… Gott sei Dank der Auftritt in Helsinki ist erst heute… Aber… Das war merkwürdig… Ich konnte es nicht glauben, Jonne und Mina, das ist völlig abwegig… Aber Theon schien sehr überzeugt davon… Ich musste Manu trösten… was ich eigentlich nicht gerne tue und auch nicht so gut kann, aber na ja… Ich kann Jonne einfach nicht verstehen… Irgendwie dachte ich tatsächlich er hätte ein Auge auf Manu geworfen und Mina hatte doch gar keine Sympathien auf der Tour für ihn… auf jeden Fall nicht in diese Richtung…“ „Enttäuschungen? Enttäuschungen kommen von Erwartungen, je höher die Erwartungen, desto größer die Enttäuschung… Das ist bewiesen… Ich halte Erwartungen mit Absicht klein, gerade wenn es um meine Mutter oder so geht… Na ja... Das ist mein Statement zu Enttäuschungen… Aber was anderes… Gestern war ganz merkwürdig… Ich konnte nicht mit Theon sprechen, er war einfach verschwunden… Manu wirkte total verstört und Janni meinte zu mir nur, dass er enttäuscht von mir sei… Was hab ich eigentlich getan?“ Kapitel 13: Väärinkäsitys / Missverständnis Mina schlief in der Nacht auf den 20. besser als in den letzten Nächten, auch wenn sie Theon nicht gefunden hatte. Ihr Entschluss stand fest, sie musste es ihm sagen und allein diese Gewissheit ließ sie wieder ruhig schlafen. Aus diesem Grund erwachte sie auch früher als sonst und genoss an dem Fenster ihres Hotelzimmers den Sonnenaufgang über Helsinki. Sie seufzte, die Reaktionen von Manu und Janni vom Vorabend jedoch hatten sie stutzig gemacht. Wie hatte sie die Beiden enttäuscht? Und viel mehr warum? Sie konnte sich nicht erinnern, irgendetwas falsch gemacht zu haben… Ein paar Stunden später ging sie zum Frühstück. Dort entschuldigten sich Vivian und Sammy noch einmal für den gestrigen Tag. Das hatten sie gestern Abend zwar schon getan, jedoch waren sie da auch nicht mehr ganz nüchtern gewesen. Mina lächelte und bedeutete den Beiden dass es schon in Ordnung war. Theon kam nicht zum Frühstück. Genauso wie Manu und Janni… Und Mina fühlte sich immer merkwürdiger. Dieses Gefühl steigerte sich weiter, als Jussi sie plötzlich festhielt als sie gehen wollte. „Mina… Ich glaube wir müssen uns mal unterhalten…“, meinte er, obwohl er leicht verlegen nuschelte, „Und solche Gespräche liegen mir nicht“, folgte gleich die Erklärung für seine Stimmenlage. Verwirrt sah die Sängerin ihn an und nickte. „Ja, klar… Wo…“ Jussi packte sie sofort an der Hand und zog sie mit sich in das Zimmer dass er sich mit seinem Bruder teilte. Und dass dort zwei Brüder hausten sah man der „Ordnung“, die dort herrschte auch an. Den schwarzhaarigen Sänger schien das nicht zu stören. Er setzte Mina kurzer Hand auf einen Stuhl, nach dem er die Hose, die darauf lag zu Boden geschmissen hatte und setzte sich dann ihr gegenüber, ungeachtet von dem, was auf dem Stuhl lag. Danach herrschte Stille… „Äh… Jussi… Was ist denn los?“, nach einigen Minuten sah Mina ihn verwirrt an. „Ach so… Klar… Ich… äh… Überlege wie ich am Besten anfange…“, murmelte er und sah sie mit einem verlegenen Lächeln an, „Du und Theon…“ Jetzt sah sie ihn noch verwirrter an. „Ich und Theon?“ „Ja… Ihr… Ach verdammt…“, er fluchte kurz und schloss dann die Augen. Die Sängerin verstand die Welt nicht mehr, trotzdem sah sie ihn erst einmal stumm an. „Also… Ich glaube… Irgendwas ist zwischen euch… Ich dachte damals, als ich dich wegen der Tour gefragt habe, dass es ein kleiner Triumph wäre, eine Vorband zu haben, die Lovex nicht ausstehen kann… Vor allem weil du ‚dämlicher Sänger’ sagtest… Ich wusste nicht, dass da noch mehr hinter steckt, aber es scheint so…“ Langsam verstand Mina, sie senkte den Kopf. „Ja… Theon und ich kennen uns länger…“ Jussi nickte nur und betrachtete sie: „Ich… wäre dir dankbar, wenn du mir etwas darüber erzählen willst… Ich glaube nämlich, ich sollte mich wegen der Sache entschuldigen…“ Überrascht blickte sie hoch und schüttelte schnell den Kopf: „Ach was… Du hattest doch keine Ahnung und es ist nicht so schlimm… Theon und ich… Wir waren früher verliebt… Aber irgendwann… sagen wir… ich musste es beenden und seitdem habe ich ihn nicht wieder gesehen… Also bis jetzt…“ „Und jetzt?“, Jussi sah sie interessiert an. „Jetzt…“, sie seufzte, „Ich konnte noch nicht richtig mit ihm darüber reden… aber…“, sie lächelte. „Aber?“, der Sänger musste grinsen und blickte sie erwartungsvoll an. „Ich liebe ihn immer noch…“ In ihr Gespräch vertieft merkten sie nicht, wie sich die Tür öffnete und zwei Personen eintraten. „Tust du das?“, er grinste. „Ja… Ich liebe ihn. Ich liebe ihn!“, auch sie musste grinsen, doch dann kam ein starker Luftzug ins Zimmer und ihr Blick fiel zur Tür. Weil sie stockte, wandte sich auch Jussi zu den beiden Personen, die dort standen. Zu erst blickte er in das schockierte und hilflose Gesicht seines Bruders, der wie versteinert da stand und den anderen nicht aufhalten konnte, als er einfach wortlos ging. „Theon…“, Mina sprang auf und schüttelte den Kopf und lief ihm auf der Stelle hinterher. „Das hast du ja schön hingekriegt…“, meinte Jussi. „Du wolltest doch mit ihm gestern reden… Ich dachte ich tu dir einen Gefallen wenn ich ihn herschleppe…“, erwiderte Janne kopfschüttelnd. Manu ging niedergeschlagen durch die Straßen von Helsinki. Er hatte nicht mal frühstücken können und zu allem Überfluss hatte Janni ihn jetzt auch noch verlassen… Irgendwas wegen einem Fan oder so… Er schluchzte. War er wirklich so allein? Nie war ihm so stark bewusst geworden, dass er nur einen Freund hatte… Und dass der mal keine Zeit für ihn hatte war ja klar… Sein Blick war nur auf den Boden gerichtet und er nahm nichts von seiner Umgebung wahr. „Gibt es da unten was Interessantes zu sehen?“, man konnte der Stimme das Grinsen fast anhören. Manu zuckte heftig zusammen und wurde gleich noch ein Stück kleiner. „Äh… Also so erschrecken wollte ich dich eigentlich nicht…“, murmelte die Stimme nun. Der Gitarrist drehte sich um und sah den Menschen, den er sonst in jedem Moment am liebsten gesehen hätte, nur halt nicht in diesem… „Jonne…“ Der Angesprochene nickte lächelnd. „Hei, ich hatte gehofft dich noch zu treffen, nachdem ich schon Mina gesehen hatte“, erklärte er freudig. Der Gitarrist schluckte bei dem Namen seiner Freundin. „Ja… Ich… hab schon gehört, dass du dich mit Mina… unterhalten hast…“, stotterte er vor sich hin und sah Jonne verlegen an. Aus verschiedenen Gründen war ihm die Situation extrem unangenehm. Der wichtigste von ihnen war, dass er unglaublich in Jonne verliebt war… „Oh ja…“, lachte der Sänger auf, Was für ein Gespräch…“, er grinste breit. Manu brach das Herz und er lächelte gequält. „Die Kleine ist ja völlig verknallt und vernarrt“, erzählte der Blonde unbeschwert weiter. Manus Augen weiteten sich: „Ich … wusste ja nicht… dass es… so extrem ist… dass sie so sehr verliebt ist…“ Jonne schüttelte lachend den Kopf: „Doch, doch… Sie ist richtig süß, wenn sie so ist…“ Der Gitarrist senkte den Kopf und spürte bereits Tränen in seinen Augen. „Das… freut mich für euch zwei…“, sagte er leise und schluchzte, „Es ist schön… wenn wenigstens ihr zwei glücklich seid…“, nun rannen warme Tränen seine Wangen herunter. Erschrocken blickte Jonne ihn an. „Manu, was hast du?“ „Nichts…“, schluchzte der Braunhaarige, „Nichts… Alles ist gut…“ Der Sänger war völlig verwirrt. „Das freut dich für uns? Wieso uns? Wer hat denn von mir gesprochen?“ Manu schüttelte weinend den Kopf. „Aber… sie… ist doch in dich verliebt…“, sagte er traurig und blickte zu ihm hoch. „Was? In mich?“, da musste Jonne kurz auflachen, „Aber nicht doch. Wie kommst du darauf? Sie ist doch nicht in mich verliebt, oh nicht doch!“, sanft lächelte er seinen Gegenüber an. Dieser blinzelte erstaunt. „Aber… Ich dachte… ihr zwei wärt… Ihr seid nicht?“ Der Sänger schüttelt den Kopf. „Nein, wir sind kein Paar oder sonst etwas… Und ich bin auch nicht in Mina verliebt…“, sanft lächelte er Manu an. Langsam stahl sich auch auf sein Gesicht wieder ein Lächeln. „Wirklich?“ „Aber ja doch…“, sagte Jonne und kam ein Stück näher, „Vertrau mir, Mina liebt einen ganz anderen… Und ich auch…“, er legte sanft eine Hand an Manus Wange und wischte ihm die Tränen weg. Manu wurde leicht rot. „D… Danke…“, stotterte er und lächelte verlegen. „Wofür denn?“, fragte der Sänger mit liebevollem Lächeln und beugte sich langsam zu Manu runter. Dessen Herz schlug immer schneller, als Jonne ihm immer näher kam. Leider meinte auch ein ganz anderes Organ des Gitarristen mitreden zu müssen, in sehr lauter und unfreundlicher Form; Manus Magen knurrte. Der blonde Sänger stoppte in seiner Bewegung: „Hast du Hunger?“ „Äh… Ich… hab nicht gefrühstückt...“, murmelte der Angesprochene und seine Wangen färbten sich rot. „Dann sollten wir was dagegen unternehmen…“, meinte Jonne mit einem leichten Grinsen und packte Manus Hand. Ohne Widerworte zu deuten zog er ihn durch Helsinki hinter sich her, Hand in Hand… Ja, Jussi war aus Jannis Sicht definitiv kein besonderes sympathischer Zeitgenosse. Ja, sie würden sicher nie wirklich gute Freunde werden. Ja, die Musik von Uniklubi sagte Janni auch nicht wirklich zu. Aber verdammt noch mal, Jussi und Uniklubi waren unglaublich hilfreich dabei Frauen aufzureißen… „Hey, ich hab dich im Internet gesehen! Du gehörst zur Vorband von Uniklubi! Kennst du Jussi Selo wirklich persönlich?“ Gut, es war sicherlich nicht der beste Gesprächsstart, wenn man flirten wollte, doch Janni genoss es trotzdem, denn erstens waren Uniklubi-Fans schon süß und zweitens waren sie schwach… „Ich fahre sogar mit ihm in einem Bus…“, antwortete er dem jungen Mädchen grinsend. „Oh Wow, das ist unglaublich! Glaubst du, du könntest mich ihm vorstellen?“, fragte sie mit leuchtenden Augen. Janni kam ihr ein wenig näher und sprach im Flüsterton: „Wenn du dafür etwas für mich tust…“ „Ich würde mir davon nicht so viel erhoffen. Er hat eine andere Verbindung zu Jussi als du vielleicht glaubst…“, sagte eine fröhliche Stimme kichernd und die Besitzerin zwinkerte Janni viel sagend zu, woraufhin dieser leicht rot wurde. Der Fan sah zwischen beiden verwirrt hin und her und zog dann verlegen, verunsichert und enttäuscht ab. „Wie war dein Name noch gleich?“, knurrte Janni den Neuankömmling an. „Sini“, sagte sie fröhlich. „Pass mal gut auf Sini… Was machst du eigentlich in Helsinki? Wohnst du nicht in Tampere?“ „Ja, tu ich auch, aber ich reise dir hinterher“, kicherte sie. „Mir?“, verwirrt sah er sie an und wurde leicht rot dabei. „Ja, du bist ein toller Drummer, auch wenn ich davon nichts verstehe“, sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, „Aber du wolltest mir glaube ich was sagen…“ Der Drummer starrte sie verwundert an und die Worte blieben ihm im Hals stecken. „Du… bist mein Fan?“ Sie nickte grinsend. Fassungslos sah er sie an. „Und? Was ist jetzt? Ich wollte doch gut zu hören…“ Janni schüttelte den Kopf: „Schon gut…“, er lächelte leicht, „Möchtest du was trinken?“ „Gerne“, sagte Sini lächelnd. „Sehr gut…“, er wendete sich dem Barkeeper zu… Kapitel 14: "Mina, minä rakastan sinua" --------------------------------------- Stand 18. August (Teil 2), irgendwo auf einer Landstraße, Finnland „Der erste Kuss? Ich… also… äh… na ja… Ich … weiß nicht so richtig… Ich… also… Ich habe noch nie jemanden geküsst… Noch nie… Also ich weiß nicht… Ich hatte noch nie einen Freund… und eine Freundin sowieso nicht… Allgemein hatte ich in meiner Schulzeit ja nur Janni… und in den hätte ich mich nie verlieben können… er war mein einziger Freund… und der war nicht einmal in meiner Klasse… Aber verliebt war ich ja auch nie… Also ich meine vor Jonne und so… Es gab deshalb einfach keinen Grund zu küssen… würde ich sagen… Ist das verständlich? Ich würde nie jemanden küssen, den ich nicht wirklich liebe… Das könnte ich gar nicht… Ich finde das wäre falsch… Oder?“ „Der erste Kuss? … Das ist jetzt peinlich… Ich weiß es nicht mehr. Ich habe es vergessen. Meinen ersten Kuss, irgendwie traurig, oder? Aber es ist leider so… Das passiert leider wenn man sein erstes Mal mit einem Menschen hat, den man nicht liebt… Und wenn darauf weitere Male mit Menschen folgen, die man nicht liebt… Dann ist auch irgendwann das erste Mal nichts besonderes mehr… Es ist einfach nur ein Mal… Ein Mal, wie man es eben leicht vergisst… Also ich habe es einfach vergessen… Hätte ich wahrscheinlich nicht, wenn Liebe im Spiel gewesen wäre…“ „Der erste Kuss? Das ist… eine schöne Erinnerung… Wirklich… Ich habe schon oft davon geträumt… Der glücklichste Moment in meinem Leben… Würde ich einfach mal so sagen… Äh… Natürlich von Theon… Also eigentlich ja noch Torsti, aber für mich war er eh immer nur der eine… Ich musste es nur einsehen… Ich war noch jung, das war in der Zeit als wir uns noch jeden Tag gesehen haben… Wir spielten… in unserem Garten… Ich bin hingefallen und habe mir das Knie aufgeschlagen. Und wie kleine Mädchen so sind, habe ich natürlich sofort angefangen zu weinen. Und er kam auf mich zu und hat mich getröstet, im Arm gehalten und beruhigt… Als meine Tränen nicht versiegen wollten, hat er mich einfach angelächelt und geküsst… Einfach so… Diesen Moment werde ich nie vergessen…“ Kapitel 13: „Mina, minä rakastan sinua“ / „Mina, ich liebe dich“ Immer noch ”Theon! Torsti! Verdammt, mach die Tür auf! Was ist denn los mit dir?“, Mina trommelte mit den Fäusten gegen die Tür von Theons Hotelzimmer. Das war doch unfair! Jedes Mal rannte er vor ihr weg. War das nicht der Part des Mädchens? „Torsti! Bitte… Wir… sind doch Freunde… Oder?“, ihre Stimme war kraftlos. Sie wusste nicht, was sie denken sollte. Sie wusste, dass sie ihn liebte, doch was war mit ihm los… Er selbst hatte doch früher immer gesagt, dass er sie liebte. Aber wie war das jetzt? „Geh weg…“, murmelte der blonde Finne. Er lehnte mit dem Rücken an der Tür, weiter in den Raum hatte er es nicht geschafft, „Geh zu deinem Jonne…“, er ballte die Hände zu Fäusten. Warum war das passiert? Was war mit ihr los? Mit dem Mädchen, das er liebte, das doch für ihn bestimmt war… Warum hatte sie einen anderen? Und warum ausgerechnet Jonne? Jonne… Er wurde wütend… Und warum hatte sie das nicht früher gesagt? „Zu… Jonne?“, verwirrt blickte Mina die Tür an und legte die Hände sanft an die Tür. Das verstand sie nun wirklich nicht… Was zum Teufel sollte sie denn bei Jonne? Und überhaupt, wie kam er auf diese dumme Idee? Jonne… Sie seufzte. „Stell dich nicht dumm!“, seine Stimme wurde langsam lauter. , warum war sie nicht ehrlich zu ihm? Warum nicht einmal das? „Ich habe euch zwei doch gesehen… ihr…“, klärte er sie auf, doch jedes Wort fiel ihm schwerer… Er wollte das nicht glauben, er wollte das nicht aussprechen,… das würde doch bedeuten, dass er es akzeptierte… Und er wollte es nicht akzeptieren… Mina gehörte doch zu ihm! „Ihr… ihr… ihr seid…“, stotterte er. „Theon…“, flüsterte sie und schüttelte den Kopf, was dachte er da? Sie und Jonne? Was hatte er gesehen? Doch vor allem… warum schien ihn das so zu stören? „Was sind wir? Ich verstehe dich nicht…“, sagte sie kraftlos. „Ihr…“, er zuckte zusammen. Musste er das sagen? Musste er es aussprechen? Er wollte nicht, doch ganz langsam kamen die Worte über seine Lippen und fügten ihm dabei Schmerz zu. „Ihr… seid… ein Paar… Glückwunsch übrigens…“ Mina zuckte zusammen und starrte die Tür erschrocken an. „Aber … Torsti… Nein, das stimmt nicht…“ Sie war völlig erstaunt und sie begann leicht zu zittern… Auf was für Ideen kam er? Und wieso? Doch Theon hörte nicht auf… Jetzt wo er angefangen hatte, übernahm die Wut ihn und er konnte es nicht mehr kontrollieren. „Ach, hör auf zu lügen!“, meinte er immer lauter und er starrte die Tür wütend an. „Ich weiß es! Du musst mich nicht anlügen, ich habe es gesehen! Hast du eine Ahnung, was das mit mir macht? Nein, da hast du ja wahrscheinlich mal wieder nicht dran gedacht! Hast du ja noch nie! Das ist echt unglaublich! Sag mal denkst du irgendwann mal an jemand anderes als dich?“ Er wollte aufhören, er wollte das alles nicht zu ihr sagen, doch er konnte nicht aufhören, alles sprudelte einfach aus ihm raus, ohne dass er es kontrollieren konnte… Mina zuckte noch heftiger zusammen und zitterte am ganzen Körper. War das sein Ernst? Dachte er wirklich so über sie? Langsam stiegen Tränen in ihre Augen und sie fühlte sich immer schlechter. „Torsti…“, schluchzte sie und ließ seine Kritik über sich ergehen. So kannte sie ihn gar nicht, warum tat er das? „Ich…“, sagte sie unter Tränen, „Ich liebe dich…“ Sie schluckte, dann blickte sie die Tür an und schrie die drei Worte: „Ich liebe dich!“ Als sie merkte, was sie gesagt hatte, schlug sie die Hände vor den Mund und die Tränen rannen wie Sturzbäche über ihre Wangen. Es herrschte Stelle. Minuten lang passierte nichts. Theon zuckte heftig zusammen, er konnte nichts sagen und starrte nur die Tür an. Irgendwann flüsterte er „Mina…“, zu leise und zu spät… „Ach, weißt du was…“, sagte sie nach einiger Zeit mit von Tränen erstickter Stimme, „Vergiss es!“ Erschrocken begann der Sänger zu zittern und griff nach der Türklinke um sie schnell zu öffnen. Doch er sah sie davonlaufen… Warum lief sie eigentlich immer weg? Er rannte ihr nach, aus dem Hotel raus. Doch er konnte sie nicht einholen… Sie war früher schon zu sportlich für ihn gewesen und ehrlich gesagt wirklich fit war er ja nun auch nicht… Sie gewann mit jedem Schritt mehr Abstand… Er sah sie schon davon laufen, für immer weg, da stolperte sie und fiel auf den Gehweg… Erschöpft atmend blieb er neben ihr stehen. Sie saß auf dem Pflaster und weinte. Die Hose an ihrem rechten Knie war zerrissen und Blut lief langsam aus der Wunde. Sie weinte… Wie er sie da sitzen sah, erinnerte es ihn an früher. „Mina…“, flüsterte er leise. Schniefend blickte sie zu ihm hoch, dann hockte er sich neben sie und legte den Arm um sie, „Ganz ruhig, Mina… Alles ist gut…“, flüsterte er und tupfte ihre Wunde vorsichtig ab. „Nichts ist gut“, schluchzte sie und beruhigte sich trotzdem Stück für Stück. Sie sah aus wie ein kleines, weinendes Kind und so griff Theon zu dem, das immer die Tränen stoppte. Er beugte sich zu ihr und küsste sie. Überrascht starrte sie ihn an. “Torsti…“, flüsterte sie und löste den Kuss. „Mina, ich liebe dich…“, sagte er flüsternd und lächelte sie an. „Torsti…“ „Du musst auf unser Konzert kommen! Wirklich! Wir sind jetzt viel besser! Du wirst begeistert sein, wirklich! Du musst kommen!“, sagte Manu strahlend und ging lächelnd neben Jonne die Straße entlang. „Unglaublich, man gibt dir ein Brötchen und einen Kaffee aus und du kommst völlig aus dir raus… Du musst wirklich Hunger gehabt haben“, lachte der blonde Sänger und blickte ihn an. „Äh…“, sofort wurde der Gitarrist rot, „Na ja… Ich… will dir doch zeigen, dass ich besser geworden bin…“ Jonne lächelte ihn an. „Das glaube ich dir auch so…“ Manus Kopf konnte mittlerweile jeder noch so reifen Tomate Konkurrenz machen. Der Blonde sah auf die Uhr. „Ihr tretet aber schon bald auf, wenn ich das richtig sehe“, murmelte er, „Und ihr trefft euch doch sicher noch vorher…“ Der Gitarrist nickte und lächelte verlegen. „Oh ja… Stimmt… Wahrscheinlich… Ja…“, stotterte er vor sich hin, schließlich wollte er eigentlich gar nicht gehen… „Ja, du willst ja nicht zu spät kommen, oder?“, der Sänger zwinkerte ihm zu. Damit hatte kein Gemüse mehr eine Chance gegen die Farbe von Manus Kopf. „Ja… äh… Danke…“, murmelte er, „Ich… seh’ dich dann ja nachher…“, er wandte sich zum Gehen, da packte Jonne ihn am Arm und zog ihn zurück, ganz dicht an sich und legte bevor Manu überhaupt realisieren konnte, was passierte, seine Lippen auf die des Kleineren. Erschrocken riss dieser die Augen auf und starrte den Anderen überrascht an. Doch Jonne legte sanft die Arme um ihn. Mittlerweile hatte er ja begriffen, dass man Manu keine Zeit zum zögern lassen durfte. Seufzend löste er den Kuss jedoch nach einiger Zeit wieder. Verträumt blickte Manu ihn an. „Ich… äh… Du… ähm… Danke…“, murmelte er mit hochrotem Kopf. „Gern geschehen…“, flüsterte Jonne und küsste ihn auf die Stirn, „Aber jetzt solltest du dich beeilen…“ Wie hypnotisiert nickte Manu und ging leicht schwankend davon… Lächelnd sah Jonne ihm hinterher… „Manu? Manu, geht es dir gut?“, besorgt fuchtelte Janni mit der Hand vor dem Gesicht seines Freundes herum. „Ja…“, murmelte er und lächelte verträumt. Verwirrt blinzelte der Drummer. „Äh… Sicher… Du wirkst so… merkwürdig….“, murmelte er. „Ach…“, seufzte Manu und lehnte sich bei Janni an, „Ich bin glücklich…“, flüsterte er und schloss die Augen, „Jonne…“ „Äh… Okay…“, der Blonde schüttelte den Kopf, „Du bist also nicht mehr ansprechbar…“ Da betrat Mina den Raum, summend. Verwirrt blickte Janni sie an. Sie grinste breit. „Na, meine Lieben?“, fragte sie fröhlich und blickte dann Manu an, „Alles gut?“ Dieser lächelte und nickte. „Oh ja… alles wunderbar… himmlisch… Jonne…“ Sie betrachtete ihn und seufzte verträumt. „Das kann ich verstehen…“, murmelte sie. Erstaunt sah Janni zwischen den beiden hin und her. „Also… Kein Liebeskummer mehr?“ Einstimmig sagten die anderen zwei: „Ja!“ „Jetzt.. .ist alles schön?“ Wieder einstimmig: „Ja!“ „Dann können wir ja anfangen…“, murmelte der Drummer kopfschüttelnd. Kapitel 15: Etsintä ------------------- Stand 22. September, Tampere, Finnland „Bass? Also… Ich hab immer von einer großen Band geträumt… Ich habe immer davon geträumt, dass Death Line richtig groß wird, mit mehreren Gitarristen und so weiter… Weil… Na ja, so ein guter Gitarrist bin ich nun auch nicht… Aber zurück zum Thema: Ein Bassist gehört da natürlich auch noch zu… Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen, oder? Ich kannte als Janni und ich angefangen haben nur zwei Bassisten in der Nähe… Das eine war ein ehemaliger Freund von Janni, wir hatten auch überlegt ihn zu Fragen… Aber dann ist er mit seiner Freundin nach Schweden durchgebrannt, mitten in der Nacht, ohne ein Wort zu sagen… Und damit war die Chance schon mal weg… Das andere war ein Mädchen aus meiner Klasse… Und zwar die Art von Mädchen, die du dich als schüchterner, kleiner, unbeliebter Junge nicht traust anzusprechen… Einwenig war sie wie Mina… nur arroganter… Selbst, wenn ich sie gefragt hätte, hätte sie mich ausgelacht… Und so fingen wir ohne Bassisten an… unsere größere Sorge war damals ja sowieso die Stimme… Aber jetzt, wo die Tour mit Lovex und Uniklubi vorbei ist… Kam Mina damit, dass wir einen Bassisten brauchen… Und ich konnte nur zustimmen…“ „Bass? Na ja… Ich weiß nicht, ich hab ja keine Ahnung von Musik, deshalb bin ich Drummer… Und das ist kein Spruch, ich kann nicht eine Note lesen… Ich hatte in der Schule im Fach Musik nur 4en… Ich weiß gar nicht, wie man in Musik eine 4 kriegen kann… Ich war auf jeden Fall der einzige in meiner Klasse… Aber damit war mein Zeugnis wenigstens einheitlich… Auf jeden Fall weiß ich nicht, ob unsere Musik gut so ist, oder ob sie unbedingt einen Bassisten braucht… Manu sprach oft davon als wir angefangen haben, wie toll es mit einem Bassisten wäre, ich hab von so was wirklich keine Ahnung. Ich wusste damals nur, dass mir der Bass vollkommen egal ist, wir nur instrumental nichts zu bieten hatten, und deshalb dringend einen Sänger brauchten… Das war das wichtigste und das war schon schwer genug… Woher sollte man dann auch noch einen Bassisten nehmen, wenn nicht mal ein Sänger in unsere kleine Amateurband wollte? Gut… da wäre ja einer im nähren Umwelt gewesen… Aber diese dämliche, treulose Tomate ist ja einfach ohne Bescheit zu sagen mit diesem Flittchen abgehauen! Nach sechs Jahren Freundschaft, ohne auch nur eine noch so kleine Andeutung! Einfach weg! Dieser verdammte… Ich kann für Mina und Manu nur hoffen, dass nicht alle Bassisten so… bescheuert sind…“ „Bass? Natürlich ist das wichtig… Ich bin überrascht, dass die Jungs sich nicht früher einen vernünftigen Bassisten gesucht haben, hätte ihrer Musik bestimmt kein Bein gestellt, aber na ja, ich weiß ja nicht woran das bei den Beiden lag, vielleicht haben sie auch einfach keinen gefunden… Schließlich haben sie mich ja auch auf… sagen wir sehr eigenem Weg gefunden… Aber das hat schließlich auch was… Doch wenn Death Line sich weiter entwickeln soll, dann brauchen sie einen Bassisten und es ist mir egal, wo wir den finden und wenn Manu ihn von der Straße aufkratzt so wie mich, Hauptsache er kann was und die Band bekommt Zuwachs! Vielleicht ja sogar ein Mädchen, dann hätte ich gegen die Jungs ein bisschen feminine Unterstützung… Wäre ja auch nicht schlecht… Aber wie gesagt, ist mir egal, wer das ist, solange er/sie/es umgänglich ist und Bass spielen kann… So viel zu meiner Meinung… Und diesmal helfe ich den Jungs ja auch bei ihrer Suche nach einem neuen Bandmitglied…“ Kapitel 15: Etsintä / Suche Nach dem die Tour von Uniklubi und Lovex beendet war, kehrten Death Line zurück nach Tampere und wandten sich erst einmal nach langer Zeit dem Proben und Schreiben von neuen Songs zu. Als Mina den Bassisten ansprach. Manu war sofort begeistert von der Idee und Janni hielt sich einfach erst einmal raus und beobachtete, wie das Gespräch verlief… Sein Fazit: sehr enthusiastisch. Der Schluss war, sie wollten es so machen, wie sie es schon bei der Suche nach einem Sänger gemacht hatten, Flugblätter aushängen und hoffen, dass jemand sich zu einem Vorspielen meldete… Doch diesem Vorschlag musste zumindest der Drummer gleich den Wind aus den Segeln nehmen. „Weil das ja beim ersten Mal schon so gut geklappt hat…“, murmelte er und betrachtete die anderen beiden verständnislos für ihre Zuversicht. Manu seufzte und ließ den Kopf hängen. „Da hat er Recht…“, mit einem gequälten Lächeln sah er Mina an, „Das erste Mal hat sich nicht einer gemeldet… Nicht einer…“ Doch die Sängerin grinste. „Ja, da habt ihr es ja auch falsch gemacht“, meinte sie und kicherte, „Ich würde mich auch nicht melden auf: Anfängerband sucht…“ Janni verdrehte die Augen. „Hätten wir lügen sollen?“, er sah die Schwarzhaarige ernst an. Diese schüttelte sofort den Kopf: „Natürlich nicht! Aber damals wart ihr: Death Line, die kleine Anfängerband, die noch nicht einen Auftritt hatte… Was sind wir jetzt?“ Manu blickte sie an und lächelte strahlend. Auch Janni nickte. „Langsam scheine ich zu verstehen, worauf du hinaus willst, Kleine…“, er lachte, „Das könnte schon eher klappen…“ „Schon eher klappen?“, wiederholte Mina, „Ich wusste doch dass du Dummkopf das nicht so schnell begreifen würdest…Hätte mich auch gewundert…“, sagte sie grinsend. „Du…“, knurrte der Drummer. „Wir sind Death Line, die Vorband von Negative, Lovex und Uniklubi… Mit sehr guten Verbindungen zu Jonne und Theon…“, sie zwinkerte Manu zu, der darauf hin rot anlief, „Hallo? Mindestens ein paar Fans, die Bass spielen werden sich darauf melden!“ Janni verdrehte die Augen. „Ja, ja, ich weiß ja was du meinst… Aber die Frage ist nur, ob da ein paar Gute bei sind… Meinst du nicht auch?“ Die Sängerin zuckte mit den Schultern. „Das werden wir dann ja sehen, aber man darf die Hoffnung nie aufgeben…“ Der Blonde lachte auf. „Du bist ja wirklich Feuer und Flamme… Nicht zu glauben…“ „Wieso? Death Line braucht einen Bassisten… Und wenn wir so keinen finden, dann schicken wir Manu einfach durch das Nobelviertel von Tampere…“, sie kicherte… „Weil das ja schon mal so gut geklappt hat…“, meinte Janni und verdrehte die Augen. „Hat es nicht?“, fragte Mina mit einem breiten, provokanten Grinsen. „Na ja… So haben wir eine kleine, arrogante Sängerin bekommen, die einen Hang zur Dramatik hat…“, meinte der Blonde Schulter zuckend. „Wo habe ich denn bitte einen Hang zur Dramatik?“, empörte sich die Sängerin und gab Janni einen leichten Stoß in die Seite. Dann begannen beide zu lachen. „Ich hoffe das war eine rhetorische Frage…“, meinte er grinsend und schüttelte den Kopf. „Im Zweifelsfall ja…“, meinte sie zwinkernd, „Also gut… Dann machen wir es so, oder?“, sie blickte zu Manu. Dieser zuckte bei dem Blick zurück. „Wa… Was? Wieso fragst du mich das?“ „Weil du der Bandleader bist“, antwortete sie fröhlich. Der Gitarrist blinzelte verwirrt. „Wie jetzt… War… Warum das denn?“, stotterte er. „Also wirklich, das musst du auch noch fragen?“, mischte sich Janni ein, „Wer soll es denn sonst sein? Ich habe von dem allen hier keine Ahnung… Und Mina ist…“, er sah zu der Sängerin, „Sie ist eben Mina…“, er verzog das Gesicht. Manu nickte: „Genau deshalb ist sie viel besser für das hier geeignet… Sie ist viel besser, viel professioneller… Findet ihr nicht?“ Seufzend blickte die Schwarzhaarige ihn an. „Was soll denn das?“, sie legte den Arm um ihn, „Das ist dein Traum, deine Idee, deine Verwirklichung, also auch deine Band… Außerdem… Professionell? Was heißt das schon? Das ich ein C von einem Cis unterscheiden kann, toll… Dafür bist du… das Herz dieser Band… Ohne dich, wären Janni und ich aufgeschmissen…“, sie lächelte ihn an. „Meinst… Meinst du das wirklich?“, murmelte er und sah sie unsicher an. „Klar… Wenn du nicht unser Ruhepol wärst, hätte ich sie sicher längst erschlagen!“, warf Janni ein. Da musste der Brauhaarige lachen. „Erschlagen? Wovon… Außer von nackten Frauen träumst du eigentlich nachts?“, schnaubte Mina, „Also ob du Zeit dafür gehabt hättest, während ich dich erwürgt, hätte!“ Manu lachte noch lauter und sah zwischen den Beiden hin und her, die sich mal wieder einen Kampf der Beleidigungen lieferten. „Ist ja gut ihr zwei, ich hab es begriffen“, lachte er, „Ihr könnt aufhören, ich weiß, was ihr mein…“ Er wischte sich die Tränen aus den Augen. „Was? Ich war gerade am gewinnen…“, meinte Janni. „Ja, einmal in seinem armen Leben“, pflichtete Mina bei und erntete sich den nächsten bösen Blick von dem Drummer. „Also gut, wir machen es so wie Mina gesagt hat…“, meinte Manu abschließend und lächelte die Beiden an… „Na super… Auf deine glorreiche Idee, Prinzessin Mina!“, lachte Janni und kippte den Rest seines Bieres auf Ex weg. Die Sängerin hatte den Kopf auf ihre Hände gestützt und seufzte. „Woher hätte ich denn so was wissen sollen… Ich dachte es gäbe wenigstens einen guten Bassisten in Tampere…“, murmelte sie. „Na ja… Man hätte es ahnen können…“, meine Janni und betonte den Konjunktiv, „Das sich hier nur Anfänger melden… oder solche die sich extra hierfür einen Bass gekauft haben!“ Manu seufzte. „Irgendwie scheinen wir alles falsch zu machen…“ „Ist ja gut… Ich seh’s ein… War eine blöde Idee… Aber das war wohl auch der letzte für heute…“ „Gott sei Dank!“, Janni erhob sich von seinem Stuhl und ging auf die Tür zu. „Hey! Wo willst du hin?“, Mina sprang auf, „Mir ein neues Bier aus der Küche holen… Und vielleicht finde ich auf dem Weg ja deinen Verstand oder zumindest eine gute Idee…“ Er wandte sich ab und verließ die Garage. „Du Blödmann!“, schnaubte Mina und folgte ihm ins Haus. Manu blickte den Beiden einen Moment niedergeschlagen und ratlos hinterher, dann entschied er sich, dass es wohl besser war, die beiden nicht alleine in seiner Küche zu lassen, in der ja Messer rum lagen, und verließ die Garage ebenfalls. „Du hast auch nichts Besseres vorgeschlagen…“, murmelte Mina, sie war anscheinend mittlerweile sogar zu niedergeschlagen, um sich mit Janni zu streiten. „Ich hatte wirklich gehofft, dass sich der perfekte Bassist für uns hier meldet… Selbst wenn es deine Idee war…“, meinte Janni und hielt Mina die Bierfalsch hin, die er gerade aus dem Kühlschrank geholt hatte. „Danke…“, murmelte sie und nahm sie an, dann blickte sie zu Manu, „Tut mir Leid…“ Er zuckte nur mit den Schultern. „Ein Versuch war es doch wert… Die waren nur alle… zu schlecht…“, er seufzte, „Aber wir geben nicht auf, oder?“ Janni lächelte und nahm eine zweite Bierfalsche aus dem Kühlschrank. „Natürlich nicht… Aber so was wie die, die hier angetanzt sind, müssen wir uns nicht antun, da haben wir was Besseres verdient!“ Mina lachte. „Ja, stimmt… Erinnert ihr euch an den, der mit seiner Mutter gekommen ist?“ Janni nickte: „Gibt es was schlimmeres? Oder der, der den Song für seine Katze geschrieben hat“, er lachte laut auf, „Wir finden noch einen, der zu uns passt, keine Sorge…“ Er blickte zu Manu und dieser lächelte. „Ganz bestimmt…“ „Wasser?“, fragte der Drummer ihn und hielt ihm die Flasche hin. „Danke…“, Manu nahm sie an, „Aber wir sollten zurück gehen, vielleicht kommt noch einer…“ „Oh hoffentlich nicht“, lachte Janni, nickte ihm aber zustimmend zu. Zusammen gingen die drei wieder zur Garage und wollten sie gerade über das Haus betreten, als Mina stoppte. „Was ist denn jetzt schon wieder Prinzesschen?“, stöhnte Janni genervt auf. Die Sängerin verdrehte die Augen: „Halt mal die Klappe und hör hin!“, zischte sie. Murrend verstummte der Drummer, dann fiel ihm auf, was sie meinte. „Da macht jemand… Musik…“ „Nein, da spielt jemand Bass“, korrigierte Manu und strahlte, „Und das ziemlich gut!“ Freudig stürmte der Gitarrist in die Garage. „Hoffentlich hat er das Lied nicht für sein Haustier geschrieben“, meinte Mina grinsend und folgte Manu dann. „Ja… Hoffentlich…“, seufzte Janni und betrat die Garage dann ebenfalls. In der Garage stand ein Mann mit kurzen, gebleichten Haaren, den Bass in der Hand, den Death Line für das Vorspielen gekauft hatten. Auf seiner Stirn klaffte eine einige Zentimeter lange, genähte Wunde. Überrascht und verlegen blickte dieser die drei an. „Äh… Tut mir Leid…“, schnell legte er den Bass hin, „Er lag hier so einladend rum, da hat es mich in den Fingern gejuckt…“, er lachte leicht auf, „Tut mir wirklich…“ „Ach… Das macht doch nichts…“, Manu lächelte, „Das klang wirklich gut…“ „Oh danke…“, der Fremde lachte auf, „Ich habe schon immer gerne gespielt, obwohl ich überrascht bin, dass ich es noch kann, ich hab so lange nicht mehr gespielt…“, redete er einfach drauf los. „Komisch…“, murmelte Mina und sah zu Janni, „Es hatte sich gar kein weiterer angemeldet…“ Dieser nickte. „Ich weiß… Irgendwie ist der Typ auch merkwürdig… Geht einfach rein und schnappt sich den Bass…“ „Ich…“, meldete sich der Mann mit den gebleichten Haaren wieder zu Wort, „Ich suche nach einem Herrn Heikkinen…“ Verwirrt sah Manu zu Janni, dieser seufzte. „Na das wäre am ehesten ich…“, meinte er und ging langsam auf den Fremden zu. „Perttu Heikkinen?“, er reichte ihm die Hand, „Mein Name ist Jarmo…“ „Äh… Nicht ganz… Janni Heikkinen, der Sohn…“, der Drummer schüttelte den Kopf, „Du willst zu meinem Vater… Der wohnt seit ein paar Jahren nicht mehr hier… Als ich ausgezogen bin, hat er mir die Wohnung übergeben und ist mit meiner Mutter in eine Wohnung in einem besseren Viertel gezogen…“, erklärte er. „Was?“, verwirrt sah Jarmo sich um und seufzte dann, „Ich hätte es wissen müssen… Benutze nie ein altes Telefonbuch, wenn du jemanden suchst…“ Janni verdrehte die Augen. „Allgemein sollte man lieber das Internet benutzen, ist aktueller…“, meinte er ruhig, „Was wolltest du von meinem Vater?“ „Ich habe keine Internetverbindung in meiner Wohnung…“, antwortet der Andere, „Und ich suche einen Job… Dein Vater meinte vor... ich glaube vier Jahren zu mir, dass er immer Leute einstellt, deshalb wollte ich jetzt mal bei ihm anfragen… Umgezogen… So ein Mist…“ Janni nickte: „Ja, da kann man nichts machen… Du spielst gut Bass…“ „Er könnte Janni doch einfach fragen, wo Perttu jetzt wohnt…“, flüsterte Manu Mina zu, doch diese legte ihm einen Zeigefinger auf die Lippen „Sei still… Das ist unser Bassist, siehst du es nicht?“ Verwirrt blinzelte Manu. „Was meinst du?“ „Na was wohl… Den Typen… Den schickt uns das Schicksal! Was dachtest du denn?“ „Äh… Ja, danke schön… Dabei habe ich wirklich erst vor vier Jahren das letzte Mal Bass gespielt … vier Jahren… Das war auch das letzte Mal, als ich hier in Tampere war…“, erklärte Jarmo und lächelte verträumt. „Und wo warst du die restlichen vier Jahre?“, fragte Mina nach. „In New York…“, murmelte der Angesprochene, „Obwohl… eigentlich ja in Afghanistan… Aber offiziell in New York… Hab bei meinem Vater gewohnt, bis er mich in die Berufsarmee geschleift hat… Na ja… Und jetzt hab ich mich davon befreien können und bin wieder in Finnland…“, er strich sich durch den kurzen Haaransatz und dabei auch über die Wunde an seiner Stirn, „Und ich brauche dringend einen Job um zu überleben…“ „Die kürzeste und erschreckendste Biografie, die ich je gehört habe…“, murmelte Manu. „Und die wirklich schlimmen Teile hast du noch nicht gehört…“, meinte Jarmo und lachte kurz auf, dabei streichelte er die genähte Wunde auf seiner Stirn nach. „Will ich glaub ich auch nicht…“, murmelte der Gitarrist entsetzt… „Sag mal Jarmo…“, fragte Janni und blickte zu Mina. „Hast du schon mal…“, setzte sie fort und grinste Manu an. Er seufzte und nickte. „Über einen Job als Musiker nachgedacht?“ Kapitel 16: Mahdoton -------------------- Stand 26. September, Tampere, Finnland „Jarmo? Er ist mir ein wenig unheimlich… Aber das war mir Janni am Anfang persönlich auch… Aber gut… Janni traf ich das erste Mal, als er seine Lehrerin umbringen wollte - obwohl er das heute noch bestreitet… Und Jarmo erzählt irgendwelche Kriegsgeschichten… Vielleicht machen solche… zugegeben… beängstigenden ersten Eindrucke unsere Band aber auch aus… Wer weiß… Auf jeden Fall, er ist ein bisschen unheimlich… aber wirklich nett… Und er hat gleich zugesagt, dass er in die Band kommt… merkwürdig dabei wollte er ja anfangs einen ‚sicheren’ Job… Ich frage mich was ihn so schnell überzeugen konnte, bei uns mitzumachen… Aber vielleicht war er ja einfach einsam und sucht Freunde…“ „Jarmo? Ich find ihn gut… Natürlich, wir kennen ihn jetzt nicht besonders lange, aber was soll’s, er hat was… Er ist definitiv talentierter als ich, was dieses Musikzeug angeht… Und ansonsten… Ein lustiger Typ… Sehr direkt in seiner Art, aber auch hoffnungslos verplant… Wie kann man mich nur für meinen Vater halten? Wenn er ihn doch schon kannte? Und seh’ ich aus, als wäre ich Ende 40? Also wirklich… Wenn ich’s genau überdenke… Mir ist der Typ unsympathisch… Ende 40… ich… Nein, das war nicht ernst gemeint, ich bin ja keine Frau, die sich so für ihr Alter interessiert, aber trotzdem… der Typ ist merkwürdig drauf… Was nun nicht unbedingt negativ gemeint ist…“ „Jarmo? Ein netter Kerl, sicherlich. Ein guter Bassist, sicherlich… Aber… Irgendwas an ihm macht mich stutzig… Das Dumme ist nur, ich kann es nicht benennen… Es ist wohl diese offene Art, die er an den Tag legt, dieses Geschwätzige… Und gleichzeitig glaube ich er verheimlicht etwas… Das passt beides nur zusammen, und das gefällt mir nicht… Aber ich kriege noch raus, was mit ihm nicht stimmt…“ „Ich? Was soll ich denn da sagen… Mein Name ist Jarmo Dan Smith… Zu meinem Unglück mussten meine Mutter und ich nach der Scheidung den Nachnamen meines Vaters behalten… Gab bei meinem Vornamen ja schon genug Diskussionen… Deshalb habe ich auch zwei, einen finnischen, einen amerikanischen… Mein Vater ist Amerikaner… Und seit ich denken kann, hat er auf meine Mutter eingeredet aus Finnland wegzuziehen und mich typisch amerikanisch zu erziehen… Na ja, es hat nicht geklappt… Selbst nach der Scheidung bekam meine Mutter das Sorgerecht und wir blieben in Tampere… Jedoch hatte sie schon ein Jahr nach diesem Prozess einen schweren Autounfall, bei dem sie umkam… Und damit hatte mein Vater die Kontrolle über mich und zog sofort mit mir nach New York… Das war mein Leben in Kurzform… Den zweiten Teil will ich noch nicht verraten, er ist mir irgendwie auch einwenig peinlich… Nur so viel… Seit ein paar Wochen will mein Vater nichts mehr mit mir zutun haben… Und das hat einen guten Grund… Seit dem Vorfall vor ein paar Wochen, will eigentlich kein patriotischer Amerikaner mehr etwas mit mir zutun haben…“ Kapitel 16: Mahdoton / Unmöglich „Wir sind jetzt schon ein gutes Team…“, Manu strahlte nach der Probe übers ganze Gesicht und blickte Jarmo an. Er lächelte und nickte: „Das liegt an euch, kann nicht an mir liegen…“ Janni schüttelte den Kopf: „Man, wenn du in der Armee warst, dann solltest du aber mehr Selbstvertrauen haben!“, meinte er und klopfte ihm auf die Schulter. Der Bassist zog eine Augenbraue hoch. „Das ist in Amerika anders als hier in Finnland… Hier lernst du vielleicht Vertrauen in deine Fähigkeiten und das Saufen…“, er zwinkerte ihm zu, „Aber in Amerika lernst du Demut, Respekt und Patriotismus…“, er lachte laut auf, „Und ich bin in allem… sagen wir durchgefallen…“, er zuckte mit den Schultern und führte die Hand über seine Narbe in seinen Haaransatz und strich sich durchs Haar. Mina betrachtet ihn skeptisch. Ständig diese Andeutungen und dann diese Handbewegung… Irgendwas war an dem nicht in Ordnung… Sie seufzte. „Jarmo…“ Er blickte sie erschrocken an. „Ja, Kleine?“ „Nenn mich nicht Kleine…“, knurrte sie leise. Ansonsten war sie ja nicht empfindlich, aber er sprach das so komisch, so spöttisch aus… Aber das lag wahrscheinlich an seiner fast schon beängstigenden Größe… „Aber du bist klein…“ Empört verschränkte sie die Arme vor der Brust: „Nein! Ich bin kleiner… Für ein Mädchen meines Alters bin ich nämlich durchschnittlich groß… Du Riese!“ „Für einen Halbfinnen, Halbamerikaner bin ich durchschnittlich groß…“, konterte er lachend, „Also schön, Mina, was wolltest du von mir?“, er lächelte sie ruhig an. Die Sängerin zuckte zusammen, dieser Mann hatte einfach zu viel verschiedene Gesichter… „Willst du uns nicht mal deine Wohnung zeigen?“, aber sie wäre nicht Mina gewesen, wenn sie sich nicht wieder gefangen hätte und ihre Frage schlagfertig gestellt hätte. Denn nun blickte er sie leicht verstört an. „Meine… Wohnung? Nein, die ist nicht der Rede wert… Ich reise nach dem Johnny Rotten Prinzip… Ist also nicht sehr spannend…“, winkte er mit einem hoch verlegenen Lächeln ab. „Johnny… Rotten Prinzip?“, in Jannis Gesicht stand ein riesiges Fragezeichen. „Der Sänger der Sex Pistols… Soll angeblich auf Privatreisen nur mit seiner Gitarre und einer Zigarette im Mund gereist sein…“, klärte Mina ihn auf, ohne den Blick von Jarmo zu richten. Dieser nickte. „Sehr gut, Kl… Mina…“, er grinste, „Also … Ihr merkt schon…“ „Deshalb spielst du auch noch mit unserem Bass und nicht mit deinem eigenen… Richtig?“, Manu blickte ihn verwundert an, „Du hast gar keinen…“ „Stimmt nur eine Gitarre!“, lachte der Bassist unbeschwert. Mina sah ihn zweifelnd an, irgendwie konnte sie das nicht ganz glauben. „Ist doch egal, dann kannst du uns ja die zeigen, wenn es in deiner Wohnung angeblich nichts anderes gibt“, sie kicherte und packte ihn an der Hand. „Äh… Es ist doch total langweilig für euch… glaub es mir einfach…“, stotterte er und schüttelte den Kopf. Doch die Sängerin ließ sich nicht abbringen: „Kommt… Janni, Manu!“ Manu nickte zögerlich und folgte den Beiden. Janni jedoch schüttelte den Kopf. „Vergiss es… Ich werde mir jetzt meiner Männlichkeit bewusst… Ich hab schon lange keine Frau mehr aufgerissen, nach dem ganzen Stress mit der Tour und der Suche nach einem Bassisten hab ich mir das auch verdient!“, beharrte er und winkte ihnen nach, „Aber amüsiert euch mal schön in der leeren Wohnung!“ Jarmo wurde das Gespräch immer unangenehmer, obwohl er froh war, dass schon einmal einer nicht mitkam… Mina jedoch ließ sich von nichts beirren. Sie packte auch noch Manu an der Hand und zog die Beiden hinter sich her. Eigentlich bestand für den Bassisten noch die Chance, ihr einfach nicht zu sagen, wo er wohnte, doch sie redete solange auf ihn ein bis er es ihr sagte. Nach einigen Minuten standen sie vor der riesigen Wohngegend. „Meine Wohnung ist im 5. Stock…“, murmelte Jarmo kleinlaut, „Ihr gebt ja doch keine Ruhe…“, dabei zeigte er auf ein etwas abgelegenes Wohnhaus. Mina betrachtete es skeptisch und ging dann langsam darauf zu, vor solchen Häuser hatte ihre Mutter panische Angst, aber das hieß gar nichts… „Mina? Manu?“ Die Beiden zuckten bei der Stimme zusammen und drehten sich zu allen Richtungen um. „Jonne?“, Manu blinzelte verwirrt. Wie schaffte er es eigentlich immer da aufzutauchen, wo man ihn am wenigsten erwartete? „Was machst du denn hier?“, Mina legte den Kopf schief. „Wohnen“, erwiderte er und deutete auf das Gebäude, aus dem er gerade kam, „Und ihr?“ Verlegen sah er zu Manu, der dabei rot anlief. Der Grund dafür war leicht und völlig unverständlich. Seit Death Line wieder in Tampere gewesen waren, hatten Jonne und Manu nicht ein Wort mit einander gewechselt. Warum er sich nicht gemeldet hatte, wusste Manu, er hatte einfach zu viel Angst davor, er hatte sich nicht getraut, dafür natürlich auch verflucht, aber geholfen hatte es nichts… Was Jonne in der Zeit gemacht hatte, wusste er nicht… Verlegen blickten die Beiden sich an und schwiegen. Keiner von den Beiden schien etwas sagen zu wollen, und auch Jonnes Frage war vollkommen vergessen. „Sag mal…“, Jarmo trat an Mina ran, „Wer ist das und was haben die Beiden denn plötzlich…“ Sie sah ihn an und seufzte: „Ehrlich gesagt, was mit ihnen los ist weiß ich auch nicht…“, sie schüttelt den Kopf, „Aber das ist Jonne Aaron, der Sänger von Negative…“, sie sprach noch ein bisschen leise, „Manu ist verliebt in ihn…“ „Manu ist verliebt in ihn?“, wiederholte Jarmo in der zehnfachen Lautstärke. Der Gitarrist lief knallrot an, als er bemerkte, was Jarmo gesagt hatte und dann auch noch so laut. Jonne blickte Manu verwundert an, lächelte dann aber sanft. „Du bist ja genau so feinfühlig, wie Janni“, Mina schlug sich die Hand gegen die Stirn und packte Jarmo am Arm, dann wandte sie sich an Manu und Jonne, „Ich glaube, ihr müsst was besprechen, Jarmo kann ja auch erst mal mir seine Wohnung zeigen!“, sie lächelte und zog den Bassisten mit sich. Verwirrt und verlegen standen die anderen Beiden da. „Willst… Willst du vielleicht erst mal mit rauf kommen?“, fragte Jonne mit einem verlegenen Lächeln. „Ha, hast du gedacht damit wirst du mich auch noch los?“, Mina kicherte und zog ihn die Treppen hoch. „Du wusstest, dass das Absicht war?“, verwundert sah Jarmo sie an. Die Schwarzhaarige nickte. „Klar… Mein Gott, den Trick hab ich ja fast erfunden“, sie grinste breit, „Also versuch so was erst gar nicht mit mir, ich sehe mir deine Wohnung heute an!“ „Und die Beiden?“, er legte den Kopf schief. „Was ist mit ihnen?“ „Na ja… Hab ich sie nicht in eine schlimme Lage gebraucht… Solltest du dich nicht darüber aufregen?“, verwirrt blickte Jarmo sie an. „Nein, nicht wirklich… Ich bin dir sogar dankbar…“, sie seufzte. „Dankbar? Du bist echt merkwürdig…“ „Danke gleichfalls…. Nein, im ernst, die müssen anscheinend ja tatsächlich mal darüber reden… Ich hätte das die Beiden vielleicht einwenig sanfter auf das Gespräch gestoß…“, sagte sie und grinste leicht. „Du hattest das eh vor?“ „Du bist schwer von Begriff, oder?“, sie lachte kurz auf, „Du musst noch viel über mich lernen…“ „Will ich das überhaupt?“, erwiderte er und grinst leicht. „Ich will’s hoffen… Also welche Wohnung ist deine?“, fragend blickte sie ihn an. „Äh… die… die da…“, er deutete auf eine Tür und sah verlegen weg. „Sehr schön. Schlüssel!“, sie hielt ihm die offene Hand hin. „Hier…“, murmelte er kleinlaut und drückte ihr einen schon leicht verrosteten Schlüssel in die Hand. “Dann wollen wir mal sehen, Johnny, was dir da so peinlich ist…“, sie schloss die Tür grinsend auf und warf einen Blick in die Wohnung. Dann jedoch verging ihr das Grinsen sehr schnell… „Das ist nicht wahr…“, flüsterte sie erschrocken und schüttelte den Kopf, das durfte und konnte doch nicht sein… „Ich sagte es doch…“, murmelte er. „Nein… SO hast du es nicht gesagt…“, Mina wich von der Tür zurück, „Das… Oh man… das ist… Ich dachte das wäre ein schlechter Witz… Ein Scherz, weil du irgendwas Peinliches verstecken wolltest…“ Dabei war das ja tatsächlich peinlich… Aber andere Eindrücke überwogen nun in Minas Ansicht. „Das ist das einzige in meiner Preisklasse…“, erklärte er kurz. Die Sängerin war sich nicht sicher, ob sie jemals etwas Unfassbareres gesehen und gehört hatte. „Das kann doch nicht sein… Du… da ist nichts… Du hast nicht mal ein Bett, oder?“, ängstlich sah sie ihn an und wagte es dann doch ein paar Schritte in die Wohnung zutreten. „Sag nicht dass du auf diesem Boden schläfst…“, murmelte sie und sah nach unten. Sie kannte keinen Menschen, der auf so etwas schlafen wollen würde… Ihre Mutter hätte das Reinigungspersonal getötet, wenn ihr Boden im Keller so aussehen würde… „Wo denn sonst?“, erwiderte er Schulter zuckend. „Du hast sicherlich die schlimmste Wohnung in diesem Viertel gefunden…“, sie dachte daran, dass Jonne hier auch in der Nähe wohnte und hoffte, dass er eine bessere Wohnung abgekriegt hatte. Er seufzte. „Ich habe nichts an Geld… Ich war froh, dass ich genug hatte um her zu fliegen… Mein Vater hat mich nichts aus meinem Zimmer mitnehmen lassen, außer der Gitarre, die ich retten konnte… Kleine, ich habe nichts und erst recht kein Geld, deshalb habe ich auch schnellstmöglich einen Job gesucht…“ Er hatte sie wieder ‚Kleine’ genannt, doch jetzt war es ihr egal… Sie sah ihm direkt ins Gesicht und obwohl sie ihn nur kurz kannte, wusste sie, dass er ein guter Mensch war, und gute Menschen hatten so etwas nicht verdient… „So geht das nicht…“, seufzte sie, griff nach seiner Gitarre und mit der anderen Hand nach seiner Hand. „Was…“, verwirrt sah er sie an, ließ sie aber einfach mitziehen. „Deine… Wohnung ist schön…“, murmelte Manu und versuchte die Stille zu brechen, doch wie schon bei seinen anderen drei und Jonnes vorherigen vier klappte es nur für die wenigen Sekunden, die er auch tatsächlich sprach. Dann war es wieder still… Unangenehm still… Die Beiden blickten sich ruhig an und keiner wusste wirklich, was er sagen sollte, noch warum der andere so still war. Manu gingen hunderte Gedanken durch den Kopf, doch er konnte sich einfach nicht entscheiden was er tun sollte. Warum war es so unangenehm? Was war das für eine merkwürdige Situation? Sonst wäre es ihnen doch leicht gefallen, mit einander zu sprechen. Es lag nur an dem, was Jarmo gesagt hatte… Es machte alles zwischen ihnen schwerer… Aber halt… Warum eigentlich schwerer? Der Gitarrist seufzte kaum hörbar. War das, was Jarmo gesagt hatte, nicht genau das, was ihm die ganze Zeit auf dem Herzen lag und das er sich nie getraut hatte auszusprechen? Sollte es nicht leichter sein, es zu sagen, wo Jonne es ja nun eigentlich schon wusste? Er holte kurz Luft und blickte seinen Gegenüber an. „Ich liebe dich…“ Beide liefen rot an und sahen sich verwundert an. „Zwei Dumme ein Gedanke?“, Jonne musste leicht grinsen und blickte den Kleineren an. Dem Sänger waren gerade ähnliche Gedanken durch den Kopf geschossen und deshalb hatte er es einfach aussprechen müssen… Zum selben Moment wie Manu. „Ich… glaube nicht dass wir dumm sind…“, murmelte der Gitarrist, „Nur verliebt…“ Jonne lächelt ihn an. „Ja… Und das obwohl wir uns so lange nicht getraut haben es auszusprechen…“ „… Also…“, Manu wurde röter, „Jonne… Ich habe Angst vor der Liebe…“, er traute sich gar nicht mehr den Anderen anzusehen, „Ich kann es nur schwer beschreiben, weil es so wundervoll ist mit dir zusammen zu sein und weil es mich so glücklich macht, aber… es macht mir immer noch Angst…“ Jonne stand auf und ging auf ihn zu. Als der Kleinere das bemerkte zuckte er zusammen und sah ihn ängstlich an. „Du musst keine Angst haben…“, flüsterte der Sänger und legte den Arm um ihn, „Ich bin bei dir…“ Seufzend kuschelte Manu sich leicht an ihn. „Ich liebe dich…“ Kapitel 17: V1: 01.Toukokuu --------------------------- Välähdys (Rückblick) 1 Stand 1.Mai, Tampere, Finnland, Jahr 20XX „Ich? Mein Name ist Manu… Ich werde im Sommer 13… Ich gehe in die sechste Klasse… Ich wohne in einem kleinen Haus, es ist recht weit von der Schule entfernt, das ist blöd, ich muss nämlich zu Fuß gehen, mein Vater sagt, es wäre ja noch schöner, wenn er für mich noch mehr Geld als nötig ausgeben würde… Deshalb muss ich auch früh aufstehen… aber ich schlafe sowieso schon seit einigen Jahren schlecht… Meine… Mama schreit manchmal spät in der Nacht… so als hätte sie Schmerzen… Ich würde ihr gerne helfen… aber… das geht nicht… Ich habe nämlich Angst vor meinem Vater…“ „Ich? Ich bin Janni, gerade 16 geworden… Ist ein gutes Gefühl… Ich bin jetzt in der achten Klasse. Glücklicherweise wohne ich nah an der Schule, mein Alter ist nämlich der Meinung frische Luft würde mir gut tun… Das gerade er so was sagen muss… Wo er doch so verrückt nach Autos ist… Na ja… Ist ja auch egal, man gewöhnt sich wohl an alles… Und genauso wie ich mich an Mums fragwürdige Gerichte gewöhnt habe… genauso hab ich mich eben an Dads fragwürdige Moral gewöhnt…“ „Ich? Ich heiße Mina… Na ja, korrekt eigentlich Mina Ella Joutsenvirta… Aber mir klingt der Name zu… geschwollen? Allgemein zu hoch… Kann man wahrscheinlich nur verstehen, wenn man oft genug mit vollem Namen angesprochen wird… Ich mag es nicht… Ich mag es, wenn man mich nur beim Vornamen nennt… Beim ersten… Auf jeden Fall, ich bin Anfang des Jahres 13 geworden… Ich habe einen Privatlehrer, weil meine Mutter glaubt, dass eine normale Schule sich für ein Mädchen wie mich nicht schickt… Sie ist allgemein so drauf, dass ich nichts tun darf, was ich will, weil es sich ihrer Meinung nach nicht schickt… Ich glaube mittlerweile, es schickt sich für ein Mädchen wie mich nicht in irgendeiner Weise Spaß zu haben…“ „Ich? Mein Name ist Jarmo… Ich werde dieses Jahr siebzehn Ich bin sogar fast mit der Schule durch… Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meinem Leben, so wie es jetzt ist… Ich lebe alleine mit meiner Mutter. Sie hat vor knapp einem Jahr die Scheidung eingereicht und seitdem bin ich auch meinen Vater los… Diesen sturen, durchgeknallten Amerikaner… Es könnte wohl kaum besser sein…“ „Ich? Ich bin Maila… Maila Jasmin Tanner, ich bin siebzehn Jahre alt. Natürlich gehe ich dann noch zur Schule… Musste auch schon einmal wiederholen… Na, was soll’s… Meine Eltern sind die nettesten Menschen, die ich kenne, das ist so schrecklich… Vor allem sind sie so ein Traumpaar… Er ist Arzt und sie ist Krankenschwester… Das ist doch zum verrückt werden oder? Und noch viel schlimmer: Sie wünschen sich schon ewig Kinder, er einen Sohn, sie eine Tochter… Aber was soll ich sagen… Es hat bei den Beiden erst einmal geklappt… Und das bin ich… Na herzlichen Glückwunsch, kann man da nur sagen…“ Välähdys 1: 1.Toukokuu / 1.Mai „Das traust du dich doch so wieso nicht!“ „Ach hör auf mit dem Mist, am Ende bist du doch zu feige!“ Als Janni am 1. Mai das Haus früher als gewohnt verließ, tönten die Stimmen seiner Freunde in seinen Ohren. „Zu feige…“, er schnaubte und schüttelte den Kopf. Na die sollten sich noch wundern… Was er sich alles traute, das würden sie noch selbst sehen. Er gähnte. Leider hatte er auch genau wegen diesen Stimmen nicht viel geschlafen und war auch gleich früher aufgestanden. So wenig Schlaf war sein Körper nicht gewohnt… Doch diese Frechheit konnte er ja nicht auf sich sitzen lassen… Viertel vor sieben. Er kam an seiner Schule an. Oder besser: Am Lehrerparkplatz. Und da stand er… Der rote Kleinwagen seiner Mathelehrerin… Ein Grinsen legte sich auf Jannis Gesicht. Jetzt oder nie… Er blickte sich um. Niemand da, es war sogar noch leicht dunkel… „Wollen wir doch mal sehen, wie feige ich wirklich bin…“, flüsterte er und ging auf das Auto zu. Es war in einwandfreiem Zustand, sogar frisch gewaschen… Eigentlich ein schöner, sicherer Familienwagen… noch… Aus seinem Rucksack nahm Janni die verschiedenen Utensilien, die er seinem Vater aus der Werkstatt geklaut hatte und kniete sich neben den Wagen. Geschickt legte er sich erst auf den Rücken und bewegte sich dann unter das Fahrzeug, wie sein Vater es oft gemacht hatte. Dort sah Janni sich jedoch vor einem Problem. Unter einem Auto war er zuvor erst einmal gewesen und das war ein anderes Modell gewesen… Er seufzte, hier konnte er doch nicht aufgeben? Das wäre tatsächlich feige! Also hieß es überlegen und ausprobieren… Es dauerte eine halbe Stunde, bis er endlich mit seinem Werk fertig war und fast jedes Kabel, das er gefunden hatte, durchgeschnitten war… In der Zeit war er beruhigt, dass der Lehrerparkplatz abseits lag und er sich sicher sein konnte, dass er keinen Zeugen hatte, wenn er sich unter dem Wagen hervorbewegte. Außerdem war es noch zu früh für die Ankunft von Schülern, selbst die Streber kamen erst um halb Acht… Doch einen Zeugen hatte er trotzdem… Ein Junge mit braunen Haaren starrte ihn an. Stumm und verwirrt blickte er ihn direkt an. Was machte denn ein Schüler um diese Zeit schon hier? Janni verzog das Gesicht und packte schnell seine Sachen zusammen. „Du… hast nichts gesehen…“, sagte er schnell und versuchte den Anderen einen warnenden Blick zu zuwerfen. Dies gelang ihm auf Grund seiner Panik nicht. „Wird sie sich verletzen?“, fragte der Braunhaarige mit leicht trauriger Stimme. „Was?“, Janni schüttelte den Kopf und sah ihn erstaunt an. „Na die Frau, der der Wagen gehört… Wird sie sich verletzen, wenn sie einsteigt?“, der andere seufzte und sah ihn aus treuherzigen Augen an. „Ähm… Nein, wird sie nicht…“, gab sich der Größere geschlagen. „Gut… Wenn du es mir versprichst, dann habe ich nichts gesehen…“, sagte der Braunhaarige und wandte sich ab. „Wirklich?“, erstaunt sah Janni ihn an und lief ihm dann nach, „Danke…“ „Keine Ursache…“, der fremde Junge hatte den Blick beim Gehen auf den Boden gerichtet. Irgendwie tat er Janni Leid… Ohne dass er etwas von dem anderen wusste. „Ich bin Janni und du?“, fragte er lächelnd. „Du musst nicht nett zu mir sein… Ich verrate dich nicht…“ „Ich will einfach nur so nett zu dir sein… Du hast nicht viele Freunde, oder?“ „Ich habe gar keine Freunde…“ „Oh… Dann bin ich eben dein erster, also ich bin Janni…“, er lächelte den Kleineren an. Dieser sah erstaunt zu ihm hoch. „… Ich… bin Manu…“, stotterte er und lächelte verlegen. „Also dann auf unsere neue Freundschaft!“, sagte Janni und grinste, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel davon hielt… Als Jarmo am Morgen aus dem Haus gegangen war, hätte er nicht gedacht, dass der Mittag des 1. Mai so schlimm für ihn werden würde… Er wurde aus dem Unterricht gerufen… „Jarmo Dan Smith?“, fragte ein Mann in Uniform. Leider, dachte er sich und bemerkte ein weiteres Mal für sich wie grässlich er Uniformen fand… Dann nickte er mit einem höflichen Lächeln, so war er schließlich erzogen worden. „Gut, wir fahren Sie ins Krankenhaus, Ihre Mutter hatte einen Unfall…“ Plötzlich hasste er Uniformträger noch mehr… „Was… Meine…“, stotterte er und bekam große Augen, „Wie geht es ihr?“ Sein Körper begann zu zittern. Der Mann schüttelt kurz den Kopf. „Wir sollten uns beeilen…“, sagte er ruhig und ging vor. Einige Sekunden starrte Jarmo ihm nur nach und schüttelte ungläubig den Kopf, dann erst kamen die Worte bei ihm an und er rannte ihm nach… Als er jedoch im Krankenhaus ankam, war sie bereits schwach. Und zu seinem Unglück war er nicht der einzige „Bekannte“, den man informiert hatte. „Dan…“ „Nenn mich nicht so…“, wehrte Jarmo ab und ging zum Bett seiner Mutter. Seinen Vater, der dort bereits saß, beachtete er nicht weiter. „Sie wird es nicht schaffen…“ „Halt den Mund“, nun sah er ihn doch an und zitterte. „Dan, ich bitte dich…“, wie konnte dieser verdammte Mann, dieser verdammte Amerikaner nur so ruhig für den Tod seiner Frau reden? Gut, Exfrau, aber er hatte sich ja nicht trennen wollen… Das war sie gewesen… Jarmo konnte es nicht verstehen… War das sogar ein Lächeln auf dem Gesicht seines Vaters? „Was?“, fauchte er, „Du kannst mich nichts bitten! Soll ich mich beruhigen? Meine Mutter wird…“, er konnte es einfach nicht aussprechen und blickte wieder zu ihrem Körper… Dabei hatte sein Vater Recht… Das sah nicht gut aus, doch das wollte er sich einfach nicht eingestehen. „Dan, sie wird sterben sieh es ein…“ Wie konnte er es einfach so aussprechen? Ohne ein Anzeichen von Trauer? Und jetzt war sich Jarmo sicher, dass dieser Mann dabei auch noch lächelte. „Du hast sie nie geliebt, oder?“, knurrte er und sah seine Mutter an, ihm stiegen die Tränen in die Augen bei diesem Anblick. „Doch… Natürlich. Ich war lange mit ihr verheiratet. Aber die Wahrheit ist, ich habe sie in den Jahren genauso hassen gelernt, wie sie mich…“ Diese Stimme machte ihn warnsinnig. „Ach halt den Mund!“, schrie Jarmo ihn an, „Und verschwinde hier!“, er hob die Hand, da packte ihn jemand am Arm. Die Hand war kalt und der Griff schwach. Erschrocken sah Jarmo seine Mutter an. Sie hatte plötzlich die Augen geöffnet und blickte ihn kraftlos an. Er zitterte und ließ die Hand wieder sinken. Erst jetzt verstand er… Wenn er seinen Vater geschlagen hätte, hätten sie ihn rausgeschmissen. „Jarmo…“, flüsterte sie und ihre Stimme klang fast schon fremd, „Ich… will, dass… du hier bist… wenn… ich…“ Er konnte ihr den Schmerz ansehen. „Ich glaube ich habe hier nichts mehr verloren“, sein Vater erhob sich, doch er ging nicht gleich zur Tür, er ging auf Jarmo zu und drehte ihn zu sich. „Aber Dan, glaub mir, wenn sie weg ist, kriege ich dich und dann heißt es ‚Auf Wiedersehen Finnland’…“, dann verließ er das Zimmer. Jarmo realisierte die Worte nur am Rande, er drehte sich sofort wieder seiner Mutter zu und begann zu weinen… „Nicht… Jarmo… Lächele mich an… wenn ich schon…“, flüsterte sie und lächelte leicht. Er zuckte zusammen und zwang sich zu seinem Lächeln, doch die Tränen konnte er dabei nicht stoppen… Manu erwachte um fünf Uhr am Morgen. Er war das frühe Aufstehen ja gewohnt. Sein Zimmer war klein, ein Bett, ein Schrank, ein Schreitisch auf den gerade mal zwei Bücher nebeneinander passten, vorsichtig lehnte seine Gitarre daran. Das war sein erster Blick nach dem Aufstehen. Ging es ihr gut? Natürlich… Er seufzte. Leise stand er auf und machte den Schritt vom Bett auf den Schrank zu. Er suchte sich Sachen und zog sich um. Im Dunkeln. Bloß kein Licht machen. Bloß keine Aufmerksamkeit erregen, das war morgens immer das gleiche Spiel. Vielleicht war heute ja einer der Tage, an denen sein Vater nicht früh aufstehen musste und jetzt sogar noch schlief… Er schlich zur Tür und lauschte. Stille… Er wartete ein paar Minuten… Alles ruhig… Fast lautlos öffnete er die Tür, er war mittlerweile geübt darin und stahl sich hinaus. Er ging ins Bad und brauchte nur fünf Minuten um das Nötigste zu tun. Dann betrat er wieder den dunklen Flur. Auch wenn er kein kleines Kind mehr war, machten ihm die dunkelgrauen Wände Angst, alles war so eng und schien ihn zu erdrücken. Vorsichtig schlich er zur Haustür und sah sich mehrmals zu allen Richtungen um. Da entdeckte er dass eine Tür einen Spalt geöffnet war und fahles Licht fiel auf den Flur. Er blieb stehen, da ertönte ein Geräusch, das ihn sofort zusammenzucken ließ. Seine Mutter weinte… Als er ein Stück von der Tür zurückwich, verlor er das Gleichgewicht und landete unter einigen Geräuschen auf dem Boden. „Manu?“, er hörte die laute Stimme seines Vaters, „Bist du schon auf?“ Der Tonfall machte ihm Angst, denn er konnte hören, dass sein Vater wütend war… Schnell rappelte er sich auf und rannte zur Haustür. Nicht umdrehen, denn er wusste, wenn er nichts tat, das es Ärger geben würde… Nur weil er da war… So lief er weiter, hinein in den kalten, dunkeln Morgen, der ihn sofort verschluckte. Doch irgendwie gab ihm dieses Gefühl auch Sicherheit… Sicherheit wenigstens für diesen Moment dem Haus entkommen zu sein… Viel zu früh so etwa kurz vor sieben kam er bei der Schule an. Eigentlich bei dem Lehrerparkplatz, denn der lag direkt auf seinem Weg… Dort bemerkte er dass jemand unter einem der Autos lag. Neugierig blieb er stehen und beobachtet ihn… „Mina schau nicht so verkrampft!“, ermahnte ihre Mutter sie. Die Schwarzhaarige verdrehte die Augen. Diese Frau sollte einfach ihre Klappe halten! Sie einfach in Ruhe lassen… Dann schaute sie eben verkrampft auf ihre Teetasse… Sie hasste ja auch Tee! „Mina Ella! Hörst du mir eigentlich zu?“ Und sie sollte endlich aufhören sie so zu nennen! ‚Mina’ reichte doch! „Du könntest wenigstens ein bisschen lächeln, mein Schatz!“ Gut, ‚mein Schatz’ war noch schlimmer… Minas Hand verkrampfte sich noch mehr um die Teetasse. „Und fass die Tasse am Henkel an und nicht darum, du lernst es wohl nie!“, schimpfte ihre Mutter und betrachtete schnippisch ihre Handhaltung. Das Mädchen drückte inzwischen so stark auf die Tasse ein, das sie schon einen Sprung bekam. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Das war doch grässlich… Da öffnete sich plötzlich die Tür und ein blonder Mann streckte den Kopf durch die Tür. „Oh… ähm… Ich wollte euch gar nicht stören…“, verlegen blickte er zu Mina und ihrer Mutter. „Dann ra-“, setzte die Ältere an. „Tommi!“, rief Mina und stand so ruckartig auf, dass die Teetasse aus ihrer Hand flog und klirrend auf dem Boden zerbrach. Der leicht grünliche Inhalt verteilte sich auf den Fliesen. Doch die Schwarzhaarige störte das nicht im Geringsten. Sie rannte zur Tür. „Tommi! Suchst du Papa? Warte, ich weiß wo er ist… Ich bring dich hin… Oh ich muss dir unbedingt, was erzählen… Nur schnell weg von hier…“ Angesäuert blickte ihre Mutter ihr nach… Als Maila am 1. Mai den Musikladen ihres Onkels betrat, hätte sie sich nicht zu träumen gewagt, wem sie dort begegnen würde, dabei arbeitete sie schon so lange dort… Gegen Mittag kam sie in den Laden und erkannte am Tresen eine Frau mit brauen Haaren. Ohne sich dabei etwas zu denken ging sie auf sie zu. „Hei. Ist mein Onkel hinten mal wieder so schwer beschäftigt?“, fragte sie grinsend und trat an den Tresen, jetzt konnte sie die Frau auch ansehen… Sie war hübsch, zwei große Rehaugen sahen Maila direkt an. „Kann ich helfen?“ Die Frau lächelte: „Nein, nein, ich warte auf Juha, ich wollte ihn überraschen…“ Maila zuckte zusammen. „Juha?“ „Ja, er wollte doch heute kommen, nicht?“ „Äh… Ja… Seine Lieferung… ist gestern gekommen…“, erst langsam realisierte das Mädchen, welche sagenumwobene Frau da eigentlich vor ihr stand und ihr wurde schlecht. Das war Kaisa… Die Kaisa… Die Frau von Juha… Juha, dem Mann, den sie liebte… „Wie… nett, dass du ihn überraschen willst…“, stotterte Maila vor sich hin und lächelte verlegen. Mit einem Mal war sie wie ein verschüchtertes, verliebtes, kleines Mädchen, gegen diese Frau, die alles zu haben schien, was sie unbedingt wollte… „Aber natürlich“, die Ältere lächelte, „Wo Juha so oft herkommt und ich gerade in der Nähe war, dachte ich, warum nicht?“ Ihr Lächeln war so rein, so freundlich, dass es Maila fast zerriss, so hatte sie sich Kaisa nicht vorgestellt. Das konnte sie nicht sein! Diese Frau, die sie Jahre lang gehasst hatte, durfte nicht so freundlich sein! „Warum nicht…“, murmelte Maila ihr nach. „Genau. Juha wohnt ja schon fast hier. Kommt er nicht jedes Mal nach der Probe her?“ Maila zuckte zusammen, so langsam musste sie sich aber wieder fangen, so endete dass hier gar nicht gut. „Ja, der Proberaum ist hier in der Nähe, der Laden liegt auf seinem Weg, ich koche Kaffee…“, sagte sie wie auswendig gelernt auf, was dadurch aber noch auffälliger klang. Kaisa sah sie leicht verwirrt an, da öffnete sich die Tür und ein sichtlich erstaunter Juha betrat den Raum. „Kaisa…“, murmelte der Rothaarige und ging dann lächelnd auf sie zu, „Was machst du denn hier, Liebling?“ „Ich wollte dich überraschen…“ Die Beiden blickten sich verliebt an, dann küsste er sie. Maila blieb das Herz stehen, doch sie konnte nicht wegsehen. Aber plötzlich konnte sie Kaisa wieder hassen… Nachdem Juha seine Sachen bezahlt und mit seiner geliebten Frau den Laden verlassen hatte, gab Maila sich dem miesen Gefühl in ihrem Magen hin… Warum hatte sie Kaisa kennen lernen müssen? Nach all der Zeit? Nach allem, was mit Juha passiert war? Sie schloss die Augen und dachte nach, sie hörte dabei nicht mal, wie die Tür erneut geöffnet wurde. Sie erwachte erst aus ihrer Trance, als jemand seine Lippen auf ihre legte. Und es war kein einfacher, kurzer Kuss, forsch presste dieser jemand ihr seine Zunge zwischen die Lippen. Erschrocken riss sie die Augen auf und starrte Juha an. Als er sich von ihr löste, folgte die Erklärung: „Ich hab dich noch gar nicht richtig begrüßt, Süße, weil sie da war. Und wenn sie mir schon die Chance auf meinen Höhepunkt des Tages vermasselt, dann will ich wenigstens das hier…“, er küsste sie gleich noch einmal, „Keine Sorge, ich habe ihr gesagt, dass ich etwas vergessen habe…“, sofort nahm er den Kuss erneut auf und zögerlich erwiderte Maila ihn. Sie fühlte sich schuldiger als sonst und trotzdem spürte sie den Hass auf die ewig verhasste Frau. Denn ganz gleich, was hier gerade oder sonst geschah, Kaisa war und blieb Juhas Frau und er sagte oft genug, wie sehr er sie liebte… Ihr hatte er das noch nie gesagt… Kapitel 18: Hämmentynyt ----------------------- Stand 30. September, Tampere, Finnland „Angst? Böses Wort… Na ja… Ich würde sagen, ich habe Angst vor meinem Vater… Ja. Hatte ich schon immer. Aber ich bin damit aufgewachsen, dass man Angst vor diesem Mann haben muss… So oft, wie ich gesehen und auch gespürt habe, was anderenfalls passiert… Ich glaube er hat selten in normaler Lautstärke mit mir gesprochen… Meistens hat er geschrien… Ich hatte Angst vor ihm... Ach was, ich habe ihn jetzt einige Zeit nicht mehr gesehen und ich habe immer noch Angst vor ihm… Ich hatte als Kind nie Albträume von Monstern oder Mördern oder so was… Ich habe von meinem Vater geträumt… Aber er ist auch zum fürchten… Er ist groß… er war damals schon drei Köpfe größer als ich und so viel bin ich nun nicht gewachsen…Er hat breite Schultern und so kräftige Arme… und manchmal hatte ich das Gefühl seine Augen würden rot leuchten… Ich weiß nicht… Alleine was er meiner Mutter angetan hat und was er aus ihr gemacht hat… das ist Angst einflößend… Ich wüsste nicht, was ich tun würde, wenn ich ihm erneut begegnen würde…“ „Angst? Ich wüsste nicht wovor… Ich bin kein ängstlicher Mensch… Wovor auch? Ich bin in einer Autowerkstatt aufgewachsen, ich kann mich gegen alle Spinner verteidigen… Und Angst vor Noten hatte ich nie… Was interessiert mich Schule… Ich war sowieso nie intelligent… Beeindruckt Frauen auch nicht halb so sehr wie ein durchtrainierter Körper… Angst vor meinen Eltern? Bin ich Manu? Gut, der war gemein… Aber na ja… Mein Vater hat so seine Launen, aber er ist ja ein netter Kerl und hat mich immer unterstützt… Und meine Mutter? Meine Mutter gehört sogar zu den Menschen, die Wespen ganz vorsichtig nach draußen bringen, wenn sie ins Haus fliegen, um sie nicht zu verletzten… Insofern… Wo sollte man da Angst haben? Ich bevorzuge es ein richtiger, furchtloser Mann zu sein…“ „Angst? Na ja… Ich habe Angst vor meiner Mutter, wenn sie nicht geschminkt ist… Dagegen ist Frankensteins Monster nichts… Nein, im Ernst… Vor… Insekten, wenn ich ehrlich bin… Hey, gibt es da was zu lachen? Ist das so lustig? Ja, ich bin eine emanzipierte Frau… Ich finde Spinnen und Fliegen und Bienen trotzdem unheimlich… Kann ich da was für? Ist vielleicht auch meine Erziehung… verdammt… Meine Mutter hat doch was erreicht…“ „Angst? Ähm… Gute Frage… Ich hatte früher Angst um meine Mutter… Hat mir aber leider nicht viel gebracht… Und seitdem? Ich hab Angst großteilig abgelegt, würde ich sagen… Ich hatte auch damals keine Angst vorm sterben als ich… in der Berufsarmee war… Na, eigentlich hatte ich ja vor zu sterben… Dann wäre ich dem allem schneller entkommen. Aber gut, jeder Schlag macht stärker oder? Wenigstens etwas… Aber ansonsten… Um mich habe ich weniger Angst, was aus mir wird, ist nicht so wichtig, aber ich mache mir doch noch Gedanken um meine Mitmenschen… Gerade um Mina… Sie war so nett zu mir… Wenn ihr etwas passieren würde… Na, sie ist ja eine starke, kleine Frau, sie kann schon auf sich selbst aufpassen, da glaube ich fest dran…“ Kapitel 17: Hämmentynyt / Verwirrt „Mina! Seit wann beherbergen wir eigentlich Obdachlose?“, sagte ihre Mutter schnippisch. „Mum! Erstens ist er nicht obdachlos! Zweitens sitzt er mit am Tisch!“, knurrte Mina. Jarmo wurde leicht rot. „Ist… schon gut… Ich finde es ja wirklich schon nett, dass Sie mir Unterschlupf gewähren in Ihrem… aberwitzig riesigen Haus…“ „Aberwitzig riesig?“, wiederholte Minas Mutter beleidigt. „Äh… Ich habe in einer kleinen Wohnung hier in Tampere gewohnt, dann in Brooklyn und jetzt in… einer Einzimmerwohnung…“, der Bassist lachte auf, „Das hier ist aberwitzig riesig…“ Mina kicherte und auch ihr Vater musste leicht grinsen. Ihre Mutter dagegen verschränkte die Arme vor der Brust und begann langsam zu kochen. Und auch wenn Mina diesen Anblick liebte, wie sich das Gesicht ihrer Mutter nur langsam an manchen Flecken rot färbte, wusste sie, dass sie Jarmo besser aus der Schussbahn brachte, denn sie wusste nicht, wie der auf so etwas reagieren würde… „Äh… Auf jeden Fall sind wir auch spät dran, oder Jarmo?“, sagte die Sängerin und sprang auf. Er blickte sie verwirrt an. „Sind wir? Ich dachte wir hätten noch Zeit, wie spät ist es denn… Ich dachte, es ist erst 10… Treffen wir uns nicht um…“, sagte er verwirrt und blickte sie erstaunt an. „Ich sagte, wir sind spät dran! Lass uns gehen…“, sie griff nach seiner Hand und zog ihn so schnell es ging aus dem Raum. „Mina? Hattest du was Falsches im Kaffee?“, fragte er sie beim Gehen. „Das fragst du mich?“, sie lachte auf. Die Frage war berechtigt… Schließlich hatte Jarmo noch vor 10 Minuten Salz in seinen Kaffee geschüttet und ihn dann auch noch ohne eine Regung getrunken. „Wieso? Hab ich was falsch gemacht?“ „Salz…“, sie schüttelt den Kopf und zog ihn weiter, „Ist auch egal… Auf jeden Fall hättest du dich weiter wahrscheinlich um Kopf und Kragen geredet…“ „Hä?“, er sah sie erstaunt von der Seite an. „Weißt du…“, erklärte die Schwarzhaarige seufzend, „Es gibt Menschen, die verstehen viel Spaß, dann gibt es Menschen, die haben sozusagen einen schwarzen Humor und zum Schluss gibt es meine Mutter… Meine Mutter weiß nicht einmal wie man Spaß schreibt… Hättest du weiter geredet, wäre sie ausgerastet…“ „Ich finde deine Eltern nett…“, meinte er ruhig. „Du bist krank… Du bist völlig krank…“, sie schüttelte den Kopf. „Warum? Deine Mutter ist doch…“ „Halt den Mund!“, sie blickte ihn ernst an, „Sag so was nicht, nicht mal zum Spaß!“ Sie verdrehte die Augen. „Ist ja gut… Du scheinst echt was gegen sie zu haben…“, murmelte der Bassist. „Ja… Sie ist einfach nur eine Zicke…“ „Na da kenn ich noch eine…“ Sie stieß ihn in die Seite. „Du…“ Er lachte auf. „Aber… Ich danke dir… Ich danke euch… So nett war selten jemand zu mir…“, sagte er und lächelte sie ehrlich an. Überrascht sah sie ihn an. „Ach was, nein, dafür doch nicht. Ich lasse dich doch nicht auf… diesem Boden schlafen…“, sagte sie bestimmt. „Trotzdem… Dass du mich einfach bei dir schlafen lässt… Das ist… viel zu viel…“, murmelte er. „Wofür sind Freunde denn da?“, Mina lächelte ihn an und klopfte ihm auf die Schulter, „Außerdem hast du Recht… Für drei Personen ist dieses Haus aberwitzig groß…“ „Manu… Sei bitte still…“, murmelte Janni gequält, kippte den Inhalt seiner Bierflasche runter und stellte sie auf dem Garagenboden ab. Leicht beleidigt sah der Braunhaarige ihn an. „Nein…“, maulte er, „Ich musste mir das von deinen Freundinnen doch auch anhören… Jetzt bin ich dran…“ „Äh… Ja, aber meine Freundinnen waren weiblich! Ich will nichts von deiner Schwuchtel hören!“, wehrte sich der Drummer. „Nenn ihn nicht so!“, protestierte Manu und begann zu schmollen. Unsicher sah Janni ihn an und seufzte. „Ist ja gut… Du kannst mir weiter davon erzählen, wie…“, er räusperte sich, in der Art das man fast Angst davor hatte, er würde ersticken, „… toll er ist…“ Sein Freund sah ihn überglücklich an und legte den Kopf an seine Schulter. „Also…“ Dem Blondschopf ging das jetzt schon gehörig auf die Nerven… Diese ganzen Schwärmereien… Und wenn er ehrlich war, wollte er auch nicht wissen, wie gut Jonne Aaron küssen konnte! Das wollte er eigentlich von keinem Mann wissen… Er verzog das Gesicht… Jetzt musste nur noch Mina damit anfangen und er hatte von so was wie Liebe die Schnauze gehörig voll… Und wie sollte das erst werden… wenn… Er schluckte hart und unterbrach Manu in seinem Vortrag. „Du…“ Überrascht sah er ihn an. „Ja?“ „Ich… will nichts darüber wissen… Wenn du und Jonne Sex hattet, nichts, hast du verstanden? Erzähl so was dann bitte Mina!“, sprach er sein Anliegen an und wunderte sich, wo die Sängerin eigentlich abblieb, sie kam ja sonst immer so überpünktlich… Manu lief knallrot an. „Äh… Ja… äh… schon gut…“, stotterte er und sah verlegen weg. Hab ich ihn still gekriegt, fragte Janni sich und grinste leicht, doch Manu nahm das Gespräch gleich wieder auf. Entmutig hörte der Drummer seinem Freund zu, wie toll Jonne war, wie toll er aussah, wie verständnisvoll er doch war und wie sehr sich die Beiden liebten… Als Mina und Jarmo den Raum betraten, war Janni fertig mit den Nerven. „Langsam glaube ich, ich werde auch schwul…“, murmelte er verzweifelt. Die Schwarzhaarige lachte auf: „Ich wusste es schon immer!“ Jarmo sah die Drei nur verwirrt an. „Das muss ich nicht begreifen, oder?“ Der Drummer blickte zu Manu. „So glücklich wie er ist…“, murmelte er, „Und so oft wie ich mit ihm zusammen bin… Vielleicht bin ich es ja schon? Vielleicht hat er mich da angesteckt…“, stammelte er sich zurecht. Mina schüttelte lachend den Kopf. „Sexuelle Orientierungen sind doch keine Krankheiten, du Schwachkopf…“ Der Bassist stimmte ihr nickend zu. „Na und? Hey, kein Mitleid dafür, dass ich in einer Selbstfindungskrise gefangen bin?“, meinte Janni und sah beleidigt weg. Manu legte den Kopf schief. „Den Anflug von Wahnsinn und Verwirrung darf man schon als Selbstfindungskrise bezeichnen?“, fragte er und verzog das Gesicht zweifelnd. „Dann hatte ich ja schon mehrere von diesen Krisen“, warf Jarmo lachend ein. Der Drummer begann zu schmollen. „Das ist ernst! Ich reiße schon seit Wochen keine Frau mehr auf… Es klappt einfach nicht mehr… Und dann muss ich mir ständig irgendwas von tollen Typen anhören…“, er seufzte. Mina kicherte. „Oh du Armer… Aber ich wusste es ja schon immer…“ „Hört endlich auf, euch über mich lustig zu machen!“ „Du bist dir also wirklich nicht mehr sicher, auf was du stehst?“, fragte Jarmo und legte den Kopf schief. „Wenigstens einer, der mich ernst nimmt… Ja… Mir fällt keine andere Erklärung ein… für mein…“ „Versagen“, half Mina ihm das Wort zu finden. „Danke…“, knurrte er und wurde rot, „Auf jeden Fall…“, er schüttelte den Kopf. Jarmo musste grinsen. „Du tust mir echt Leid…“, langsam ging er auf ihn zu. „Danke… Das ist die Reaktion, die ich mir gewünscht habe!“ „Ach wirklich?“, der Bassist grinste breit und beugte sich zu dem Sitzenden runter, „Dann will ich dir auch helfen…“ Ohne weitere Vorwahrung legte er die Lippen auf die von Janni. Erschrocken starrte dieser ihn an und löste den Kuss dann angewidert. „Was sollte das denn?“, empört sah der Drummer ihn an. „Du bist nicht schwul…“, meinte der andere ruhig und grinste dann, „Und ich hoffe für dich, dass du Frauen anders küsst… Sonst hätte ich da noch eine Erklärung…“ Janni lief knallrot an und blinzelte ihn verstört an. „Du… Du hast mich…“, stotterte er. „Blitzmerker!“, Minas Gelächter kam vom Boden. Sie war vor Lachen umgekippt und bekam sich kaum noch ein. Als Janni daraufhin plötzlich aufsprang knurrte er sie an. „Ich dachte…“, sprach die Sängerin unter Tränen und lautem Lachen, „Ein… Frauenheld wie du… würde… gut küssen…“ Manu sah seinen alten Freund verlegen an, auch wenn man es Janni noch nicht so stark ansah, er konnte spüren, wie innerlich jeder Wassertropfen in seinem Körper begann zu kochen… Immer panischer werdend versuchte der Gitarrist Mina klar zu machen, dass sie sich zusammen reißen sollte. Das tat sie nicht… „Sehr gut, Jarmo… Man du bist echt super…“, sie lachte weiter. Janni blickte mittlerweile auch äußerlich so finster, das Jarmo langsam nach hinten wich und ihn entschuldigend anblickte. In ihm wuchs gerade das Gefühl, dass Mina ihn in schreckliche Schwierigkeiten brachte. „Du…“, knurrte der Drummer, „Nein… Ihr…“, er starrte Jarmo feindselig an, „Mich einfach zu küssen ist eine Sache…“, seine Stimme wurde lauter und selbst der große Jarmo wurde immer kleiner, „Aber dann zu behaupten, ich könnte nicht küssen, ist eine Frechheit“, auch Minas Gelächter verstummte langsam, „Wenn es eine Sache gibt, die ich schon während meiner Schulzeit konnte, dann ist es küssen! Dann ist es Mädchen rumkriegen! Und egal wie erbärmlich das klingt, das lasse ich mir von euch nicht runtermachen! Und ich weiß dass ich gut darin bin!“ Bei dem Blick, den Janni nun drauf hatte, lief es Jarmo, der schließlich am dichtesten an ihm dran stand, eiskalt den Rücken runter. Das Grinsen des Drummers hatte etwas extrem Wahnsinniges und dann verringerte er auch noch den Abstand zwischen ihnen… Er hatte alles in diesem Moment erwartet, nur nicht das was Janni tatsächlich tat. Der Blonde packte ihn am Kragen, zog ihn zu sich runter und… küsste ihn. Und wie er ihn küsste… Jarmo schloss schon aus Reflex die Augen. Manu fielen fast die Augen raus, als er das sah. Und Mina war wie erstarrt. Als Janni sich nach einiger Zeit von dem Bassisten löste, entwich diesem ein Seufzen. „Und jetzt“, sagte Janni mit überlegenem Grinsen, „Sag mir dass ich nicht küssen kann…“ Es folgte Stille… „Sehr gut, das habe ich mir doch gedacht!“, lachte Janni und wandte sich schnell in Richtung Haus ab. „Wo willst du hin?“, fragte Manu und blickte ihm nach. „Mir den Mund auswaschen… Oh Gott, ist das widerlich…“, fluchte der Drummer im Gehen, wischte sich über den Mund und hustete laut. Der Gitarrist blickte ihm nach und kicherte leise. „Wie schön… Er ist noch der Alte… Ich hatte schon Angst…“ Mina musste leicht grinsen. „Ich irgendwie auch…“, murmelte sie. Wie versteinert blickte Jarmo dem Drummer nach und seufzte gleich ein weiteres Mal. Dann ließ er den Blick traurig zum Boden sinken… Kapitel 19: Vapaa Päivä ----------------------- Stand 4. Oktober, Tampere, Finnland „Eine Sache, die ich in meinem Leben ändern würde? Ich weiß nicht… Das ist eine schwere Frage… Was soll man da sagen? Ich weiß es nicht… Ich könnte nichts an meinem Leben… Ich bin zu feige…Zu schwach… Was sollte ich ändern? Ich hätte sowieso nicht die Kraft meinen Vater an irgendetwas zu hindern… Vielleicht wäre ich früher davon gelaufen… Oder ich hätte versucht meine Mutter mit zu nehmen… Ich wäre nicht einfach so gegangen, ich hätte noch versucht, sie zu retten… Aber wahrscheinlich wäre ich daran eh gescheitert… Aber sonst? Danach lief mein Leben gut… Ich wüsste nicht, was ich anderes machen sollte, denn das Ergebnis jetzt ist doch gut so wie es ist, oder?“ „Eine Sache, die ich in meinem Leben ändern würde? Gute Frage… Ich würde Jarmo nicht noch mal küssen… Ach aber eigentlich habe ich damit ja erreicht, was ich wollte, sie waren alle erstaunt… Na ja… Ich weiß nicht… Vielleicht sollte ich wenn ich was ändern könnte, mehr für die Schule lernen, aber das würde ich eh nicht einhalten… Also ist das auch sinnlos… Wahrscheinlich würde ich meine Strategie ändern um Mina rumzukriegen… Obwohl… das würde wohl auch nicht gut gehen…“ „Eine Sache, die ich in meinem Leben ändern würde? Das ist einfach. Ich würde dieses eine Mal, bei dem ich auf meine Mutter gehört habe, streichen, ich würde mich auch da widersetzen… Ich würde Theon nicht wegschicken… Ich hätte ihm damals nicht leb wohl gesagt… Ich wäre mit ihm zusammen geblieben… Und ich hätte ihm damals schon gesagt, was ich fühle… Hätte uns allen wohl viel Stress erspart… Ja… So hätte ich das gemacht… Das hätte ich geändert… Ich hasse mich ja heute noch dafür, dass ich damals so gehandelt habe, obwohl sich nun alles zum Besten gewendet hat…“ „Eine Sache, die ich in meinem Leben ändern würde? Interessant… Nach all der Zeit, nach all den Rückschlägen habe ich nie darüber nachgedacht… Nicht in einer Sekunde… Dabei hätte ich so viel ändern können, dabei hätte ich so viel umkehren können, so viel verhindern können… ich hätte nie nach Amerika gemusst… Vielleicht hätte ich sogar den Tod meiner Mutter verhindern können… Wer weiß… Leider ist das nur eine hypothetisch Chance… Ich werde nie die Gelegenheit haben, etwas rückgängig zu machen… Wirklich sehr Schade… So vieles, was man hätte abwenden können… Oh man…“ Kapitel 18: Vapaa Päivä / Freier Tag „Jarmo, du schnarchst…“, murmelte Mina im noch Halbschlaf und öffnete verschlafen die Augen. Der Bassist lag auf der Couch in ihrem Zimmer, Arme und Beine von sich gestreckt, der Mund weit offen… Die Schwarzhaarige hielt sich den Kopf und seufzte. Der junge Mann hörte sie natürlich nicht und schlief friedlich schnarchend weiter. Sie stöhnte genervt auf und griff nach einem Kuscheltier um ihn abzuwerfen. Als er plötzlich im Schlaf zu sprechen begann… Mina fielen fast die Augen raus und sie war plötzlich hellwach… Hatte? Hatte er tatsächlich ‚Janni’ gemurmelt? Und dann auch noch in diesem Tonfall? Das durfte doch nicht sein! Doch dann wiederholte er es… Die Sängerin ließ den Kopf sinken. Wie war denn das passiert? Gut, Jarmo war in den letzten Tagen merkwürdig drauf gewesen, aber wenn man ehrlich war, war er immer merkwürdig drauf… Doch zwischen den Beiden war doch nichts passiert, außer… Außer diesen zwei Küssen… Sie schüttelte den Kopf. Das war doch abwegig! Bis jetzt hatte sie gehört, dass man sich beim Sex verliebt hatte, aber bei Küssen? Nein, das durfte doch nicht sein… „Janni…“ „Denke ich eigentlich gegen eine Wand?“, murmelte Mina und blickte den Schlafenden leicht erzürnt an, der immer weiter gegen ihre Gedanken, den Namen des Drummers murmelte. „Also jetzt! Halt die Klappe oder wach auf!“ Keine Reaktion… War ja klar… Er redete weiter… Jetzt reichte es Mina aber. Sie sah auf die Uhr. Acht… Na wunderbar. Sie warf den Teddybären nach ihm. Er traf ihn direkt am Kopf und sofort blickte der Halbfinne sie irritiert an. „Morgen…“, murmelte er verschlafen und hob den Teddy auf, der eben zu Boden gefallen war. „Wie darf ich denn das deuten?“ „Du schnarchst…“, murmelte Mina und stand auf, „Unerträglich…“ Jarmo seufzte. „Ach so… Die letzten Tage hat dich das nicht gestört…“ „Die letzten Tage war es erträglicher…“, sagte sie Kopf schüttelnd, langsam ging sie in Richtung Badezimmer. Der Bassist blickte ihr immer noch verschlafen nach und rieb sich die Augen. „Hast du eigentlich was vor?“, fragte die Sängerin ihn und drehte sich noch einmal zu ihm um. Jarmo holte tief Luft. „Na ja… Nicht wirklich… Ich denke ich schau mich mal in der Stadt um, wenn wir heute nicht proben… Und du?“ Mina kicherte leise: „Ich bin mit Theon verabredet…“, dann bemerkte sie was sie gesagte hatte und erinnerte sich an das Wort, dass Jarmo im Schlaf gemurmelt hatte. „Äh… Wenn du willst kannst du mitkommen… Ich ruf Theon an, dann kann er noch jemanden aus seiner Band mitbringen…“, schlug sie schnell vor. Zweifelnd sah er sie an und lehnte dann ab. „Nein, nein, danke… aber… Nein…“, er lachte auf, „Ich bin ganz glücklich so wie ich bin…“ Mina lächelte leicht und nickte: „Ich auch…“, dann verschwand sie im Bad… „Jonne… Du musst mich wirklich nicht immer einladen…“, Manu war knallrot im Gesicht, als Jonne ihn an der Hand durch Tampere zog und offensichtlich angestrengt nach etwas suchte, „Ich kann auch mal zahlen…“ „Äh… Nein, ist schon gut, lass mich zahlen…“, murmelte Jonne, schon fast abwesen und sah sich panisch um. Eins stand fest, er würde Manu nie wieder abholen… Von seiner Wohngegend aus, sah Tampere völlig anders aus… Wo war nur dieses verdammte Lokal? Sie waren ja jetzt schon viel zu spät dran… „Wenn du meinst… Aber…“, stotterte Manu und seufzte dann, in manchen Sachen konnte der Blonde wirklich stur sein, genauso wie er ihn schon seit einiger Zeit einfach nur panisch durch die Straßen zog… Erleichtert atmete Jonne aus, als er das Restaurante endlich gefunden hatte, in dem er einen Tisch zum Mittag bestellt hatte. Schnell zog er ihn in die Wärme des Gebäudes und begann mit dem nächsten Kellner ein Gespräch. „Ja. Ich weiß, sie hatten einen Tisch reserviert. Vor Vierzig Minuten um genau zu sein. Der Tisch ist weg. Selbst als Gast muss man gewisse Sachen einhalten.“ Jonne sah ihn verständnislos an, dann sah er auf seine Uhr und wurde rot. „Sie… meinen… Sie haben auch keinen Tisch mehr?“, stotterte er und wurde immer kleiner. Anscheinend nütze die beste Planung nichts, wenn man letztendlich den Termin verschlief… „Nein, keinen. Würden Sie jetzt bitte gehen?“ Verwirrt blickte Jonne den Kellner an und seufzte. „Ja… Schon gut…“, murmelte er niedergeschlagen und zog Manu wieder aus dem Lokal. Langsam glaubte der Gitarrist, dass ihm am Ende des Tages schlecht sein würde… „Tut mir leid…“, seufzte Jonne und ließ den Kopf hängen. Manu betrachtete währenddessen von draußen das Restaurante. „Ich glaube, da drinnen hätte ich eh nichts zu essen gefunden…“, kicherte er und stieß Jonne an. Erschrocken sah der Blonde ihn an. „Wieso? Was meinst du?“ „Das ist nicht ganz so meine Richtung… Musst du nicht verstehen…“, er blickte ihn an, „Aber eine süße Idee…“, er stellte sich auf die Zehnspitzen und küsste Jonne kurz, „So, und jetzt lade ich dich zum Essen ein!“ Verwirrt blickte der Sänger ihn an. „Sag mal… Hab ich nicht alles falsch gemacht?“ „Nein…“, diesmal zog Manu ihn hinter sich her, „Jonne… Es war ein wunderschöner Tag. Und jetzt…“, langsam holte den Gitarristen sein altes Verhaltensmuster ein und er wurde unsicherer, „… Vertrau mir… dieses eine Mal…“, murmelte er… „Ich… Vertraue dir auch öfter“, sagte Jonne lächelnd und folgte ihm einfach, „Aber wo gehen wir denn hin?“ „Na dahin, wo ich fast 10 Jahre meines Lebens zu Mittag gegessen habe…“, erzählte Manu ruhig und blieb dann vor einer Imbissbude stehen. Jonne staunte nicht schlecht. „Hier… Willst du essen? Hier willst du an unserem ersten, offiziellen Date essen?“ Verlegen nickte Manu: „Ja… Ich…“, er begann zu stottern und war schon knallrot angelaufen, „Jonne… Ich brauche nicht mal vier Wände um… mit dir glücklich zu sein…“ Der Sänger sah ihn an und lächelte dann liebevoll. „Das hast du süß gesagt… Danke…“, er beugte sich runter und wollte den anderen gerade küssen, da störte mal wieder Manus Magen… „Aber… anscheinend brauch ich was zu essen…“, murmelt dieser leicht zitternd. „Ich glaube, dein Magen mag mich nicht…“, lachte Jonne auf. „So würde ich das nicht sagen…“, stammelte der Kleinere vor sich hin. Der Blonde grinste leicht: „Aber diesmal lass ich das nicht mit mir machen…“ Er legte die Arme um Manu, drückte ihn an sich und küsste ihn einfach. Essen würde sein Magen schon danach bekommen… Jarmo ging lustlos durch die Straßen von Tampere, als sein Handy klingelte. Zu allem Unglück war es die Person, die er gerade mit Mühe versuchte zu vergessen… „Äh… Janni, ist was?“, meldete er sich sofort. „Was? Nein, natürlich nicht. Ich wollte dir danken?“ „Danken? Mir?“, verwirrt musterte Jarmo sein Handy. „Ja… Keine Ahnung, was du gemacht hast“, der Drummer klang glücklich, er lachte, „Aber… Irgendwie hast du mir mit diesem komischen, beängstigenden, ach du weißt schon… Kuss, meinen Zauber wiedergegeben…“ „Deinen Zauber…“, wiederholte der Bassist wurde rot und seufzte dann, „Nichts zu danken… ich wollte dir ja nur helfen…“ „Trotzdem… Ich weiß nicht… Ich glaub ich hätte so was für keinen von euch gemacht um ihm zu helfen…“, Janni lachte laut auf, „Na ja… Vielleicht für Mina, aber auch nur um die Gelegenheit zu nutzen, du verstehst?“ „Äh… Natürlich…“, murmelte Jarmo und seufzte erneut tief, „Ja… Janni… War’s das?“ Irgendwie wollte er das Gespräch schnell beenden, um sich wieder auf andere Gedanken zu bringen. „Ja, klar, ich wollte mich ja nur bedanken…“ „Ist schon gut…“ „Gut, bis dann…“, damit legte der Drummer auf. Jarmo schüttelte den Kopf. Das musste er sich aus dem Kopf schlagen! Dabei fiel sein Blick auf ein Geschäft, einen Musikladen… Eigentlich bräuchte er unbedingt einen eigenen Bass, leider hatte er nicht das Geld dazu, aber man durfte ja träumen. Genau deshalb betrat er den Laden auch. Auf der Theke saß ein junges Mädchen mit giftgrünen, toupierten Haaren, das gelangweilt auf ihre lackierten Fingernägel starrte. Als sie die Tür hörte, sah sie auf und schob sich schnell den Pony aus dem Gesicht. „Ja? Kann ich helfen?“, fragte sie in einem irgendwie merkwürdigen Tonfall. In diesem Moment wusste Jarmo, dass es keine gute Idee gewesen war, hier her zu kommen. „Äh, nein, nicht wirklich… Ich will gar nichts kaufen…“, stotterte er vor sich hin. „Na solche Kunden hab ich am liebsten…“, die Grünhaarige grinste und sprang von der Theke runter. „So… So meinte ich das ja nun nicht…“, meinte der Bassist und seufzte, „Ich hab nur einfach kein Geld um mir ein neues Instrument zu kaufen…“ „Also…“, sie blickte ihn interessiert an, „Du willst dich also nur ein bisschen umsehen… Mein Chef sagt immer solche Leute soll ich nicht bedienen, aber ich langweile mich hier eh zu Tode, also komm…“, sie griff nach seiner Hand, „Dann wollen wir doch mal sehen, was wir da für dich haben…“ Verwirrt ließ er sich mitziehen und er hatte keine Ahnung, ob ihn dieses Mädchen richtig verstanden hatte, er hatte allerdings auch keine Ahnung, ob er sie auch nur irgendwie verstanden hatte… Aber er war auf jeden Fall abgelenkt… „Hast du was, Schatz?“ Mina schreckte hoch und blickte verlegen zu Theon. „Äh… Entschuldigung, ich war in Gedanken… Was hast du gesagt?“ Der blonde Finne lächelte ruhig und küsste sie kurz. „Ich habe dich gefragt, was du hast. Irgendwas scheint dich zu beunruhigen…“ Verwirrt sah sie ihn an. Dann nickte sie. „Ja, stimmt… Ich musste über Jarmo nachdenken…“ „Jarmo? Das ist euer neuer Bassist, oder?“, fragte Theon nach. „Ja, richtig“, sie seufzte, „Aber… Weißt du was? Ich muss ihn mit jemandem verkuppeln! Er ist so traurig allein…“ Außerdem würde er dann nicht an Janni denken müssen… „Ah ja?“, der Sänger sah sie verwundert an, „Aber das ist doch der Verrückte, der seinen Kaffe mit Salz trinkt, oder?“ Die Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Na und? Ich kenne Leute, die trinken ihn mit Wodka, also was soll’s?“ Der Blonde lachte auf. „Aber hat er nicht deine Eltern als nett bezeichnet?“ „Mein Vater ist ja auch nett! Und meine Mutter… na ja… Ich glaube einfach Jarmo findet jeden nett.... Glaub ich…“, wehrte Mina sich. „Hast du nicht erzählt, dass er ziemlich chaotisch und verplant ist?“, skeptisch betrachtete Theon sie. Die Sängerin nickte kichernd. „Ja, du müsstest ihn mal reden hören, es ist zu lustig!“ „Und den willst du verkuppeln?“ „Ja, natürlich. Hast du nicht noch Singles in deiner Band?“ Erschrocken sah der Blonde sie an. „Du willst den mit einem von meinen Jungs verkuppeln?“ Eifrig nickte Mina und begann zu kichern. „Na du begreifst ja schnell, mein Süßer…“, sie zwinkerte ihm zu. „Das kannst du ihnen doch nicht antun! Und überhaupt, das kannst du auch Jarmo nicht antun! Es ist schlimm verkuppelt zu werden…“, tadelnd schüttelte der Sänger den Kopf. Die Schwarzhaarige schmollte, dann formten sich ihre Lippen jedoch bald wieder zu einem Grinsen. „Ach ja? Ja, das ist schlimm… Aber ich würde da jemanden kennen, der es verdient hätte…“ Verwirrt sah er sie an und legte nur stumm den Kopf schief. „Jemand, der sich einen Spaß daraus gemacht hat, uns zu verkuppeln und zu ärgern… Du erinnerst dich?“, half sie ihm auf die Sprünge. „Du redest von Vivi?“ Mit einem fast schon teuflischen Grinsen nickte Mina. „Natürlich… Der hat es verdient… Soll er doch mal sehen, wie sich das anfühlt!“ Leicht erstaunt blinzelte Theon. „Jarmo und Vivi?“, er versuchte es sich vorzustellen, obwohl er Jarmo noch nicht gesehen hatte, doch das Bild in seinem Kopf war so eindeutig, dass er eine Gänsehaut bekam und lange versuchte sie abzuschütteln… Kapitel 20: Sydämelliset Onnittelut ----------------------------------- Stand 20. Oktober, Tampere, Finnland „Musik? Was ich für Musik höre? Ich glaube, das ist ziemlich eindeutig… Negative… Jonne… Na ja… Ich weiß nicht, aber das ist auch die Musik, die man mir am ehesten zutraut oder? Aber… Ich liebe diesen Mann einfach und seine Musik ist einfach wundervoll. Die Texte, die Melodien, doch ich habe schon viel zu viel von seiner Musik geschwärmt… Das kann auch daran liegen, dass die erste CD in meinem Leben von Negative war… Irgendwie fand ich den Namen der Band so passend für mein Leben… Aber letztendlich hat mich die Musik doch aufgemuntert… Die Stimme des Sängers… In meinem Zimmer musste ich die Musik leider leise und heimlich hören, und um die CDs zu kaufen habe ich mir Geld bei Janni leihen müssen, aber die Musik hat mich dafür entschädigt. Ein paar der glücklichsten Momente in meinem Leben geschahen zu der Musik von Jonne… Ich verbinde nur gute Sachen mit Negative, deshalb liebe ich die band wohl auch so sehr… und natürlich auch Jonne…“ „Musik? Na, eigentlich interessiert mich das nicht so wirklich. Ich habe angefangen Schlagzeug zu spielen, wegen meiner Mutter, aber das ist eine ganz andere Geschichte… Also nun ja, ich höre eher Radio und kaufe mir dann die CD wenn mir ein Lied gut gefällt. Aber die Band dahinter interessiert mich eigentlich nicht. Musik schön und gut, aber ich habe ganz ehrlich keinen bevorzugten Stil. Ich kann nur zu jeder Band sagen, ob ich sie mag oder nicht. Mein Geschmack ist, was das angeht, recht vielseitig, eigen und schwer einzuordnen…“ „Musik? Also jetzt läuft bei mir natürlich nur noch Lovex. Nein, Scherz, aber obwohl ich mir das früher verboten hatte, höre ich es jetzt wirklich oft, aber das ist verständlich, oder? Na ja, und sonst hör ich viel Musik und gerne, ich besitze viele CDs, war ein großer Teil meiner Rebellion gegen meine Mutter, sie hatte das überhaupt nicht gern. Aber ich könnte jetzt bei weitem nicht alle CDs aufzählen, da hätte ich auch keine Lust zu, es sind einfach zu viele… Auf jeden Fall bin ich mit Musik aufgewachsen, schon durch den Gesangsunterricht und all diese Klassikkonzerte, auf die meine Mutter mich geschleppt hat… Oh, ich hasse Klassik! Wie ich es gehasst habe! Dass ich meine Mutter auf jedes Konzert begleiten musste! Echt unglaublich! Ich kann diesen Stil auch einfach nicht mehr hören! Ich hasse Klassik! Rock… Das ist viel eher Musik! Aber das ist wohl auch Geschmackssache, insofern… Das ist auf jeden Fall die Musik, die ich eher bevorzuge…“ „Musik? Gute Frage… Früher habe ich viel finnische Musik gehört, hauptsächlich auch auf finnisch… Na ja… Eigentlich bin ich meinem Heimatland ja wirklich extrem verbunden… Auch gerade wegen der Musik… Wie sich das in Amerika entwickelt hat? Ich weiß nicht genau… Amerika ist groß und es gibt genug bescheuerte Bands… Allerdings findet man in keinem anderen Land so viele Protestsongs – und ich meine wirklich gute Protestsongs – gegen das eigene System, wie in Amerika und das finde ich wirklich gut. Ich mag solche Songs. Sachen, die wachrüttelnd sollen, denn das können die Amerikaner wirklich gebrauchen… genauso wie ich liebend gerne Antikriegssongs höre und nachspiele… Das einzig Gute, was die Vereinigten Staaten haben ist ihre Musik, und die ist auch wirklich nur in manchen Fällen gut…“ Kapitel 19: Sydämelliset Onnittelut / Herzlichen Glückwunsch „Herzlichen Glückwunsch, Jarmo!“, Janni klopfte ihm grinsend auf die Schulter und nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche. „Ach was…“, der Bassist lachte kurz auf und lächelte dann verlegen. „Nein, nein, Janni hat Recht! Das war toll! Wirklich!“, stimmte Manu zu und lächelte, „Das war unser erster Auftritt zu viert!“ Jarmo wurde rot. „Ja… stimmt… Es war schon toll…“ Janni grinste breit. „Nur doof, dass es nur so ein kleiner Club war“, er blickte provokant zu Mina. Diese verdrehte die Augen. „Ich kann uns ja nicht immer den perfekten Auftritt besorgen!“ Der Drummer betrachtete mit Wohlgefallen, dass sie schon recht aufgebracht war. „Aber es war trotzdem toll“, setzte sie noch ran und lächelte, „Und Jarmo war einfach nur klasse!“ Manu atmete erleichtert aus. „Ja, genau, der gestrige Abend war super, und ihr zwei habt gar keinen Grund euch zu streiten!“ Janni sah den Bandleader leicht überrascht an, gab sich dann aber schnell geschlagen und widmete sich stumm seinem Bier. Die Sängerin nickte: „Genau, das ist ja auch Jarmos Tag und wir haben auch noch eine Überraschung!“ „Was? Überraschung?“, dem Halbfinnen stand ein großes Fragezeichen im Gesicht. „Ja, genau“, Mina zwinkerte ihm zu und lächelte Manu viel sagend an. Dieser nickte zustimmend. „Ja, wir haben eine Überraschung für dich. Für unseren Bassisten“, auf seine Lippen zeichnete sich ein leichtes Grinsen. Leicht verwirrt sah Janni zwischen ihnen hin und her und entschloss sich am Ende einfach nur stumm zu nicken. Mina schüttelte grinsend den Kopf und griff nach Jarmos Hand. „Na komm schon! Du kannst dich sowieso nicht drücken!“, lachte Mina und zog ihn aus der Garage. „Aber… Überraschung? Für mich? Wollt ihr mir etwa was schenken? Nein…“, er ließ sich einfach mitziehen, doch er schüttelte dabei panisch den Kopf, „Nein! Das geht doch nicht!“ „Doch! Natürlich geht das!“, erwiderte die Schwarzhaarige nur. Jarmo sah sie zum Teil empört, zum Teil völlig verwirrt an. Doch jetzt stieg sogar Janni in die Unterhaltung mit ein: „Ach was, keine falsche Bescheidenheit! Mina kann sich das leisten, dir was zu kaufen!“ Sie warf dem Drummer kurz einen beleidigten Blick zu und grinste dann jedoch wieder: „Wo der Schwachkopf Recht hat, hat er Recht!“ Manu folgte ihnen Kopf schüttelnd. „Wo gehen wir hin? Wann sind wir da?“, nach ungefähr 30 Minuten Fußweg kam in Jarmo das Kleinkind durch. „Wir sind auf jeden Fall nicht schneller da, wenn du noch 30 mal fragst!“, meinte Janni und stöhnte genervt auf. Mina lachte. „Ja, lass dich einfach überraschen, das ist doch auch der Sinn einer Überraschung!“ Manu betrachtete die Beiden und kicherte, plötzlich, wo die Beiden einen gemeinsamen „Feind“ – Opfer traf es vielleicht besser – hatten, verstanden sie sich gar nicht mal schlecht. „So, da sind wir doch schon, hat auch gar nicht so lange gedauert“, meinte Janni kurze Zeit später, als sie vor einem Laden stehen blieben. „Wir wären schneller hier gewesen, wenn du uns hättest fahren können, aber dafür hättest du nüchtern bleiben müssen!“, meckerte Mina grinsend. Und sofort zurück in das alte Muster. „Was soll das denn heißen?“ Jarmo dagegen staunte nicht schlecht, sie standen vor einem Musikladen. Genau genommen vor dem Laden, in dem er schon vorher gewesen war, um sich von Janni abzulenken. Unsicher sah er zu dem Drummer, der sich noch mit Mina stritt… Glücklicherweise war das merkwürdige Gefühl in seinem Magen schon wieder dabei abzuklingen… „Auf jeden Fall!“, unterbrach Manu Mina und Janni in ihrem ‚Gespräch’, „Haben wir uns gedacht, dass du ganz gut einen eigenen Bass gebrauchen könntest, also kannst du dir hier einen aussuchen…“, der Gitarrist wurde beim Sprechen rot, „Und… Jonne und Antti meinten, das wäre ein guter Laden…“ „Na wenn Antti und Jonne das sagen, dann muss man es ja ganz besonders ernst nehmen“; murmelte Janni und bekam dafür gleich von Mina einen harten Stoß in die Rippen. „Oh man, ihr seid ja verrückt!“, glücklich fiel Jarmo einem nach dem anderen um den Hals. Und wie Mina beruhigt feststellte, umarmte er Manu und sie genauso lange wie Janni… Als sie den Laden betraten war er auf den ersten Blick leer, nur von weiter hinten hörte man eine E-Gitarre, den Musiker dazu konnte man nicht entdecken. Am Tresen saß oder stand auch niemand. Und es kam auch keiner, bis Mina seufzte und schließlich die magischen Worte aussprach: „Gut, dann schauen wir uns eben alleine um…“ Das klang harmlos war es aber nicht! Kunden, die sich alleine im Laden umsahen, waren tödlich für jedes Geschäft, denn am Ende kauften sie entweder etwas sehr günstiges oder einfach gar nichts… Sofort tauchte ein älterer Herr mit schwarzen Haaren hinter dem Tresen auf; anscheinend befand sich dahinter ein weiterer Raum, in dem er sich die ganze Zeit über versteckt hatte. Er sah sich in seinem Blickfeld um, verzog ärgerlich das Gesicht und realisierte dann den Gitarrenklang. „Maila!“, schrie er durch den ganzen Laden. Die Gitarre verstummte. „Was?“ „Kundschaft!“ „Kundschaft ist mir doch egal!“ Die Crew von Death Line tauschte verwirrte Blicke aus. „Mädchen, noch arbeitest du hier, wenn ich dich daran erinnern darf!“ „Na und? Ich habe zwanzig Minuten Pause pro Tag, und die darf ich nutzen, wie, wann und wo ich will!“ Die Gitarre setzte wieder ein. Manu stupste Mina vorsichtig an. „Klingt gut…“, murmelte er, „Und das ist kein leichter Song…“ Sie nickte nur stumm. „Maila!“, der schwarzhaarige Mann, offenbar der Ladenbesitzer, hatte noch nicht genug, „Stell das sofort ab!“ Die Gitarre wurde noch lauter. Jarmo und Janni blickten sich an und lachten bei dieser Reaktion laut auf. „Maila!“ Jetzt klangen die Töne noch aggressiver, als ohnehin schon. Janni schüttelte sich vor lachen. Wie gerne würde er den Körper zu diesem Sound sehen! „Maila!“, der Ladenbesitzer verdrehte die Augen, „Entschuldigen Sie mich bitte…“, er verschwand weiter hinten im Laden. Kurze Zeit später verstummte die Gitarre. „So, du kümmerst dich jetzt um die Kundschaft, Pause kannst du später machen!“ „Ist ja gut…“, stöhnte die Frauenstimme auf. „Und du kochst nie wieder mit meiner Maschine Kaffee! Hörst du! Ich schmecke dein Dreckszeug immer noch und du hast vor einer Woche zu letzt Kaffee gekocht!“ „Aber er schmeckt mit Zitrone, Salz und Gin einfach besser!“ Mina hielt sich die Hand vor den Mund. „Das ist kein Kaffee…“, murmelte sie angewidert, „Das ist ein Cocktail… Und zwar ein ziemlich schlechter…“ Jarmo legte den Kopf schief, so schlecht klang das doch gar nicht… Dann erschien das Mädchen mit dem Namen Maila. Für eine Frau war sie recht groß, aber es fiel schnell auf, dass das an den High Heels lag, die sie trug und auf denen sie sich sicher und geschickt bewegte. Sie trug einen sehr kurzen grünen Rock über einer engen, schwarzen Hose und ein weißes, ausgeschnittenes Top. Ihre Unterlippe war dreimal gepierct, ihre haare waren dunkelviolett und glatt, der Pony fiel ihr ins Gesicht und ihre Miene war irgendwie düster und genervt. „Ja, aber schütte dir das später in den Kaffee und nicht in meine Maschine! Ich will davon nichts schmecken! Und jetzt kümmere dich um die Kunden!“, damit verschwand der Ladenbesitzer wieder. „Fauler Sack…“, meinte Maila tonlos, „Da sieht man wieder wie unfair das Leben ist...“ Erschrocken sahen die Musiker sie an. „Na ja… Das Leben ist manchmal schon unfair…“, sagte Manu und lächelte verlegen. „Es ist immer unfair und sinnlos…“, sie sah ihn mit einem Blick an, der wahrscheinlich töten konnte. Manu jedenfalls zuckte stark zusammen. „Du spielst gut Gitarre…“, versuchte Jarmo abzulenken. Es gelang, sofort hellte sich das Gesicht des Mädchens auf. „Danke schön! Mein Vorbild ist Jimi Hendrix, ich höre erst auf Gitarre zu spielen, wenn ich so gut bin wie er oder ihm die Hand schütteln kann…“ „Ich dachte immer Jimi Hendrix ist tot…“, murmelte Janni. „Ist er ja auch“, Manu verdrehte die Augen, „Du hast mal wieder keine Ahnung!“ „Warum bist du eigentlich Musiker?“, meinte Mina empört. „Aber… Was meint sie dann damit?“ „Äh… Leute, das war eine Metapher…“, erklärte Maila und blickte bei Janni und Jarmo in fragende Gesichter, „Ein Bild! Eine Umschreibung für den Tod!“, sie stöhnte genervt auf, „Idioten…“ „Ich finde sie unheimlich…“, murmelte Manu. „Du findest jeden Menschen unheimlich, der über den Tod redet!“, zischte Janni und betrachtete den Körper der Violetthaarigen genauer, „Ich finde sie umwerfend…“ „Du findest jeden Menschen umwerfend, der auch nur einen vergleichbaren Körper hat!“, zischte der Gitarrist zurück. Maila seufzte. „Ich sehe schon, ihr seid von der ganz lustigen Schiene“, dann schritt sie langsam auf Jarmo zu, „Ich rate mal, was ihr hier wollt: Du willst einen Bass kaufen“, sagte sie grinsend und warf ihren Pony leicht zurück. „J… Ja…“, sagte Jarmo verwirrt, dann begriff er, „Ich war neulich hier und habe mit ihrer Kollegin gesprochen…“ „Kollegin? Kollegin sagt er“, kicherte sie, „Kollegin…“ „Hab’ ich was Falsches gesagt? Mit ihrer grünhaarigen Kollegin habe ich geredet, war eigentlich ganz süß…“, erzählte der Bassist weiter. „Aha, erzähl weiter…“, meinte Maila grinsend. Manu, Janni und Mina sahen sich verwirrt an. „Äh, ich weiß nicht, was es da noch zu erzählen gibt…“, sagte Jarmo und war mittlerweile von Kopf bis Fuß verwirrt. „Na ja…“, die Mitarbeiterin des Ladens grinste, „Wie sahen ihre Lippen aus?“, flüsterte sie verführerisch. „I… Ihre… Lippen?“, stotterte er und sah sie verlegen an. „Du bist ja putzig… Da hast du gar nicht hingeschaut, was? Ich war der Meinung, sie hat drei Piercings in der Unterlippe… genau hier…“, sie fasste an einen der Stecker in ihrer Lippe, „Und ihr Name fing mit ‚M’ an, so weit ich weiß…“ „Was?“, erschrocken sah er sie an und wurde rot, „Das… warst du? Aber die Haare und…“ „Grüne Haare? War das ein Mittwoch? Oh ja, ich erinnere mich… Ja, am ersten Mittwoch eines Monats färbe ich mir gerne die Haare grün“, sagte sie ganz ruhig, als rede sie über das Wetter… „Ah … Natürlich, wie dumm von mir…“, murmelte Jarmo und blinzelte erstaunt. „Oder hast du gedacht, dass alle Mitarbeiter hier mit sechs Piercings rumlaufen?“ „Sechs? Mädel, du hast nur drei in der Unterlippe, übertreib nicht!“, mischte sich Janni ein und grinste sie an. Daraufhin streckte sie ihm die gepiercte Zunge entgegen. „Das ist Nummer vier, Süßer!“, erklärte sie und zwinkerte ihm zu, „Die anderen beiden darf ich euch nicht zeigen, man könnte mich dafür anzeigen…“ Der Drummer errötete und starrte sie aus großen Augen an. Maila formte die Lippen kurz zu einem Kussmund und wandte sich dann wieder Jarmo zu. „Bleibt es bei dem Bass von neulich? Dann hol ich ihn…“ Wie erstarrt sah er sie an und nickte dann. „Sehr gut…“, kicherte sie und schritt dann wieder langsam und betont in den hinteren Teil des Ladens. „Manu…“; murmelte Janni verträumt. Der Bandleader schluckte. „Ja?“ „Sag mir bitte, dass wir Verwendung für sie haben…“, murmelte der Blonde. „Achtung, Achtung, Drummer auf Beutezug, gleich fängt er an zu sabbern!“, meinte Mina und schüttelte verständnislos den Kopf. „Äh…“, Manu war sich nicht sicher, was er dazu sagen sollte. „Was denn?“, Janni starrte in die Luft, wo Maila eben noch gestanden hatte, „Diesen Körper müssen wir doch bei uns aufnehmen…“ „Du Schwein!“, murmelte Mina empört. „Ach was… Jarmo stimmt mir da zu, richtig?“, er stieß den Bassisten an, der nur stumm nicken konnte. „Du Mistkerl! Hallo? Sie ist ein lebendiges Wesen! Denkst du eigentlich auch mal an das Innere einer Frau als ständig nur an die Äußerlichkeiten?“, die Sängerin knurrte mittlerweile schon. Das war doch echt eine Frechheit! „Oh ich glaube doch, dass sie innerlich schön ist… Das, was da in ihrer Hose ist und in ihrem Top ist sicherlich sehr schön…“, er grinste breit. Das war Mina nun doch zu viel. Das war nicht sein Ernst, das konnte nicht sein Ernst sein! Sie packte ihn am Arm, drehte ihn zu sich und verpasste ihm eine Ohrfeige. „Du bist so ein Macho!“, dann zog sie ihn hinter sich her in Richtung Tür. Bevor sie raus ging drückte sie noch Manu ihr Geld in die Hand. „Wir warten draußen!“, knurrte sie. „Hey… Mina, das war doch nicht so gemeint…“, nuschelte Janni hilflos… Der Bandleader seufzte und schüttelte den Kopf, die zwei würden sich nie ändernd… Und Jarmo stand nur völlig verwirrt daneben und wartete auf Maila… Kapitel 21: Pää ja Sydän ------------------------ Stand 23. Oktober, Tampere, Finnland „Maila? Dieses Mädchen aus dem Musikladen? Sie… Sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf… Ich weiß nicht, was ich sagen oder denken soll… Sie ist unheimlich, mir zumindest… Aber vielleicht hat Janni ja auch Recht und ich bin zu ängstlich… Sie ist sicherlich nett und… Oh man, sie ist eine so verdammt gute Gitarristin, das was sie uns vorgespielt hat, war einfach unglaublich… und das war ein schwerer Song, das weiß ich… Also vielleicht muss man sie nur besser kennen lernen… Dann ist sie auch sicher nicht mehr so unheimlich… Hoffe ich… Aber ich weiß einfach nicht, was ich mit ihr machen soll… Janni will sie unbedingt in der Band haben – oder überhaupt in seiner Nähe – aber ich weiß es echt nicht… Soll ich sie auf die Band ansprechen oder nicht? Ich kann mich einfach nicht entscheiden… Und ich weiß nicht, was ich von dieser Frau denken soll…“ „Maila? Sie ist unglaublich… Der Wahnsinn! Diese Frau ist einfach der Hammer… Ihr Körper… Ein Traum! Jede Frau sollte so aussehen! Genau so! Auf jeden Fall was ihre Maße angeht… Unfassbar… So eine Frau brauchen wir noch… Gut, ich meine wir haben Mina, und Mina sieht gut aus, aber erstens hat die jetzt Theon und zweitens ist Mina so stur… Und Maila dagegen so.... anders… freizügiger… Ja, freizügig trifft es ganz gut! So sollte jede Frau sein… Ich glaube auch bei ihr hätte ich eine Chance… Ach so oder so, sie muss einfach zu uns!“ „Maila? Na ja… Was soll man da sagen? Irgendwas ist bei der kaputt, ich weiß nur noch nicht was… Und dass muss ich vorher unbedingt wissen… Aber, sie spielt ja gut Gitarre und so, aber sie hat ein Rad ab… Das mit dem Kaffee steckt mir immer noch in den Gliedern… Und wie sie mit ihrem Chef umgegangen ist… ist bedenklich… Aber gleichzeitig auch mutig und es zeigt, wie sehr sie die Musik liebt… Ich meine, das ist allgemein sehr spürbar bei ihr… Irgendwie meine ich spürt man, dass sie etwas ganz besonderes mit Musik verbindet… Sie liebt die Musik und wahrscheinlich liebt sie es noch mehr Musik zu machen… Warum sollte sie sonst ihre einzigen Minuten Freizeit am Tag damit verbringen Musik zu machen? Sie hat sicherlich auch was sehr Positives an sich… Aber diese irre Ader, die da zeitweilig durch kam… Es ist schwer… Aber ich habe sie ja auch erst einmal gesehen… Ich lasse mich lieber überraschen, was da noch kommt…“ „Maila? Sie… Ich weiß nicht… Gebt mir noch einen Moment zum überlegen… Ach, was rede ich da, sie lässt mich nicht mehr los. Ich kann selbst nicht sagen woran es liegt… Aber es liegt bestimmt nicht an Jannis Auffassung… Der bewertet eine Frau doch an ihrer Körbchengröße… Und das ist doch falsch… Also ich meine… Nicht, dass Maila nicht gut aussehen würde, sie… sie ist unglaublich, aber… Daran kann man eine Frau doch nicht festmachen… Also nur an ihrem Körper… meine ich… Maila hat noch mehr zu bieten, da bin ich mir sicher… Auch wenn ich sie erst zwei Mal gesehen habe… Ich weiß es einfach! Ähnlich wie Janni es gesagt hat, nur dass ich wirklich ihren Charakter meine… Sie ist innerlich bestimmt genauso schön wie äußerlich… Also ich meine… na ja… Eigentlich meine ich es ja genauso… Ich weiß selbst nicht, warum ich bei diesem Thema so nervös und durch den Wind bin… Also noch mehr durch den Wind als sowieso schon… Ich hoffe nur, dass ist nicht so etwas wie mit Janni… Ich glaube aber, ich habe nur für ihn geschwärmt, weil ich einfach zu lange allein war… Ich hoffe mit Maila endet es nicht genauso… plötzlich und na ja… aber ich glaube es nicht…“ Kapitel 20: Pää ja Sydän / Kopf und Herz „Jonne… Sag mal… Dieses Mädchen aus dem Musikladen, den du mir empfohlen hast…“, murmelte Manu verlegen und seufzte beim Weitergehen in sein Handy. „Ja? Sie heißt Maila oder so… Verrücktes Mädchen… Antti hat sich gut mit ihr verstanden…“, antwortete der Sänger lachend. Anscheinend war Maila ein Magnet für Bassisten… Manu lächelte matt. „Was hältst du von ihr?“ „Was?“, Jonne klang nun doch überrascht und leicht überfordert, „Schatz, was kann ich antworten, ohne dass du wütend wirst?“ Die Augen des Gitarristen weiteten sich. „Was soll das heißen? Bedeutet dass etwa, dass du sie auch…“ Man konnte durch das kurze Schweigen fast schon hören, wie Jonne rot wurde… „Na ja, also weißt du… Gegen ihre Maße kann man als Mann wenig sagen…“; murmelte der Blonde kleinlaut… „Mann“, stöhnte Manu auf und ballte die freie Hand zur Faust, „Bin ich eigentlich der einzige Mann, dem bei ihrem Anblick nicht die Augen raus fallen und bei dem sich nicht sämtliche Körperflüssigkeiten selbstständig machen?“, er musste an Janni denken und plötzlich konnte er Mina viel besser als vorher verstehen, das war doch einfach abartig! „Aber… So ist das doch gar nicht… Manu, ich liebe dich…“ Doch der Braunhaarige war zu aufgebracht, um dadurch besänftigt zu werden. „Ja, ja, ich weiß, noch mehr, wenn ich wie eine Frau aussehen würde… Schon klar… Ich muss auflegen…“ Ohne ein weiteres Wort zu zulassen, beendete Manu das Gespräch. Er seufzte und atmete tief durch. Im selben Moment, bereute er die Sache. Hatte er das Jonne tatsächlich einfach so an den Kopf geworfen? Aber andererseits… War das nicht berechtigt gewesen? Er hatte doch nur von Jonne wissen wollen, ob er Maila nett fand oder nicht… Und der fing gleich mit ihrem Körper an… War das eigentlich alles woran Männer denken konnten? Er schüttelte sich und starrte die Tür des Musikladens an. Na, jetzt wo er schon hier war konnte er auch reingehen, dachte er sich und betrat den Laden. „Hei“, Maila lächelte ihn vom Tresen aus leicht abwesend an; sie war gerade dabei kleine Papierkugeln in einen ein paar Meter entfernten Mülleimer zu schnipsen… Und diese Frau fanden nun alle Männer in seinem Umfeld so toll… „Was machst du da?“ „Ich entsorge unnötigen Papierkram…“, gab sie grinsend als Antwort. „Und warum?“, Manu sah sie verwirrt an. „Weil mir langweilig ist. Und ich vorhin schon mit mir selbst Karten gespielt habe, aber das ist auch blöd, ich verliere ständig…“ Dem Gitarristen wurde schwarz vor Augen, so selbstverständlich und überzeugt wie sie das sagte… „Äh… natürlich… Tut mir leid für dich…“, murmelte er. „Ich könnte aber eigentlich auch Juhas Bestellung fertig machen, er wollte ja nachher noch kommen…“, murmelte sie seufzend, dann lächelte sie Manu an. „Aber jetzt bist du ja erst mal da. Was kann ich für dich tun?“, sie begann zu grinsen. Er blinzelte leicht verwirrt. „Ich wollte mit dir reden… Es ist so, dass du mir nicht mehr aus dem Kopf gehst…“ „Dass höre ich selten von Männern…“, sie leckte sich kurz über die Lippen. Der Braunhaarige schluckte. „Das… das meine ich nicht…“, nuschelte er und wurde rot. Jetzt sah Maila ihn doch überrascht an, dann lächelte sie ihn zuckersüß und unschuldig an, „Was meinst du denn dann?“ „Äh… Also… Du als Person…“, stotterte er. „Das haben mir auch schon einige gesagt…“, sie begann wieder zu grinsen, „Aber dir glaube ich das irgendwie…“ Hastig schüttelte er den Kopf. „So meine ich das gar nicht! Wirklich nicht! Ich war… nur überrascht, als wir neulich hier waren… Du warst so…“ „Fröhlich? Depressiv? Freizügig?“ „Irgendwie alles zusammen und abwechselnd…“, murmelte er. „Oh ja, stimmt“, Maila lachte kurz auf, „So bin ich…“ „So launisch?“ „Launisch? Some people cry, some people smile.”, sie zwinkerte ihm zu, „Launisch klingt so gemein… Ich würde eher anpassungsfähig sagen.“ „Anpassungsfähig…“, er betrachtet sie und ohne dass er es wollte rutschte ihm etwas raus, dass ihn schon seit dem Telefonat mit Jonne beschäftigte, „Du hast viele Verehrer… Oder?“ Erschrocken blickte sie ihn an; ihre Augen weiteten sich und wurden leicht glasig. Erstaunt sah Manu sie an. Hatte er jetzt etwas Falsches gesagt? Er dachte an Janni, Jarmo und Jonne und irgendwie an alle anderen Männer, die er kannte… Er hatte doch Recht… Maila schluckte und pustete sich nervös eine Strähne aus dem Gesicht. „Also… Verehrer…“, sie dachte an Juha und ihr traten die ersten Tränen in die Augen, „Ja… aber nur körperlich… und das auch schon lange nicht mehr…“, sie schluckte, „War das alles? Dann… muss ich mich jetzt wirklich um was anderes kümmern…“ Manu sah sie völlig verwirrt an. Er wusste einfach nicht, was plötzlich passiert war, da drehte sie sich weg und ging. Hatte er damit gerade ihre Gefühle verletzt? Aber wie… Und das hatte er doch nicht gewollt… Seufzend verließ er den Laden und erstarrte, als er erst einen Fuß nach draußen gesetzt hatte… „Ich wusste doch, dass du hier bist…“, sagte Jonne keuchend und blieb vor ihm stehen. Erstaunt sah der Gitarrist ihn an. „Was… Was willst du denn?“ „Weißt du… Ich glaube, ich habe mich vorhin blöd ausgedrückt… Manu, ich liebe dich doch… Und das hat nichts damit zu tun, dass sie gut aussieht…“, versuchte er zu erklären. Manu lächelte verlegen. „Ja, ich weiß… Ich hab überreagiert… Schon gut, es tut mir leid…“ Jonne schüttelte den Kopf. „Nein, du musst dich nicht entschuldigen, aber… Ich könnte dich wirklich nicht noch mehr lieben, selbst wenn du eine Frau wärst…“, lächelte er sanft. „Danke…“, murmelte der Braunhaarige und wurde rot und legte vorsichtig den Kopf an Jonnes Brust, „Danke, Jonne…“ „Maila…“, murmelte Mina und starrte auf den Bildschirm des Hauptrechners. Sie saß allein im Keller, Jarmo war schon vor ein paar Stunden gegangen. Und sie musste mehr über dieses Mädchen wissen… Der Musikladen, in dem sie arbeitete war privat, keiner von einer großen Firma. Der Besitzer hieß Tanner… Das half ihr aber nur, sollte Maila mit dem Besitzer verwandt sein, aber das war Minas einziger Anhaltspunkt, also musste sie es versuchen… Ihr Vater besaß ein teueres, recht kompliziertes Programm mit dem man Menschen aufspüren konnte. Normalerweise benutzen Privatdetektive es um Menschen nach ihrem Namen und Geburtsort aufzuspüren… Mina tippte ein: „Maila Tanner“ ein und füllte alle Felder aus, zu denen sie etwas wusste. Es musste doch einfach klappen, sie musste doch mehr über dieses Mädchen raus finden. Sie drückte auf Start. Zwei Ergebnisse in Tampere… Hilja Maila Tanner und Maila Jasmin Tanner. Ein Blick auf das Alter verriet das Hilja wegfiel, wahrscheinlich war sie sogar Mailas Mutter… „Maila Jasmin Tanner…“, flüsterte sie und grinste leicht, das sah doch auf jeden Fall nach einem Treffer aus… Die Größe kam auch ungefähr hin, wenn man natürlich ihre High Heels abzog. Die Augenfarbe war richtig, nur die Haarfarbe stimmte nicht. Blond… Aber die violetten Haare waren wahrscheinlich sowieso gefärbt… Seufzend betrachtete sie die weiteren Angaben, hundertprozentig sicher könnte sie sich erst sein, wenn sie ein Bild sah. Leider arbeitete dieses Programm nicht mit Bildern. Aber sie musste erst mal davon ausgehen, dass das die richtige Maila war… Jetzt hieß es nur noch, etwas zu finden dass ihr helfen konnte… Zur Mittagszeit kam Jarmo vor dem Musikladen an. Es war zum verrückt werden, Maila ließ ihn nicht mehr los. Sie stand am Tresen, der Ladenbesitzer hinter ihr und sprach mit einem großen, rothaarigen Mann. Ihre Wangen waren in der Farbe seiner Haare gefärbt, sie lächelte, und es war ein Lächeln, in das man sich nur verlieben konnte. Der Mann lachte. „Das liebe ich so an diesem Laden, die unglaublich charmante Bedienung…“ Maila konnte nichts sagen. Warum musste er so was auch ständig sagen? Ihr Komplimente machen? Seid er ihre Affäre beendet hatte, wusste sie nicht mehr, wie sie sich verhalten sollte… „Also dann… Ich sollte mich beeilen, bald gibt es Essen…“, sagte er dann. Die Violetthaarige nickte. „Ja… ist wahrscheinlich besser…“, verlegen lächelte sie. „Also dann…“, er griff nach seinen Sachen und wandte sich zum Gehen, „Bis dann…“ „Ja… Und Juha…“; sagte Maila unsicher. Der Rothaarige drehte sich um. „Grüß Kaisa von mir… Und die beiden Kleinen…“, ihr brach das Herz bei dem Gedanken daran, doch jedes Mal erneut rutschten ihr diese Worte raus. Juha grinste. „Ja, tu ich, danke…“, sagte er und ging an Jarmo vorbei aus dem Laden. Der Bassist blickte ihm nach und seufzte. Mailas Blick sprach Bände… „Du kleine Masochistin…“, sagte der Ladenbesitzer zu ihr. Daraufhin seufzte sie tief. „Ich weiß aber… Ich kann nicht denken, wenn er da ist, ich…“, sie zitterte leicht, „Ich gehe mal kurz nach hinten…“ Jarmo schluckte und sah ihr besorgt hinterher. Sie sah so durch den Wind aus… So verletzlich… „Hey Alter, ich glaube, wir hatten die gleiche Idee“, lachte Janni plötzlich hinter ihm, „Wo ist sie denn?“ Der Halbfinne seufzte und packte ihn am Arm. „Nicht da, ich glaube, wir sollten besser gehen…“, er packte den Drummer am Arm und zog ihn aus dem Laden… Kurz vor Mitternacht verließ Maila den Laden. Ihr Onkel meinte, sie sollte nicht so lange da bleiben, aber sie hielt sich einfach zu gerne dort auf. Lächelnd schloss sie den Laden ab. „Maila Jasmin Tanner?“ Überrascht drehte die Violetthaarige sich um. „Also doch…“ „Heute sind wirklich viele von eurer Band hier…“, sagte Maila lächelnd. „Ähm…Tatsächlich?“ „Ja. Wirklich. Aber der Laden ist schon zu. Tut mir leid.“ „Ich wollte nicht in den Laden. Ich wollte zu dir…“ „Zu mir? Bist du sicher? Also von Frauen höre ich das seltener…“ „Doch, das ist schon richtig…“, Mina seufzte. „In Ordnung… Und wer bist du?“ „Ich bin Mina, die Sängerin…“ „Und was willst du jetzt von mir?“ „Was stimmt nicht mit dir?“ „Wie meinen?“ „Du… Du bist normal. Du bist völlig normal, was Familiengeschichte und alles angeht… Woher kommt dieser…“, Mina wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte. Maila lachte auf. „Der Wahnsinn?“ „So kann man das nennen…“, die Sängerin wurde rot. „Du glaubst, dass das von etwas kommen muss?“ „Ja… Menschen verhalten sich nicht ohne Grund komisch…“ „Meinst du?“ „Weiß ich…“ „Du bist süß.“ „Bitte was? Wie kommst du jetzt darauf?“, Mina verzog das Gesicht. Maila grinste leicht. „Aber anderes Thema: Was wolltest du hören? Dass mein Vater starb als ich sieben war? Dass meine Mutter mich sexuell belästigt hat? Wäre das die Erklärung, die du gerne hättest?“ Erschrocken sah die Schwarzhaarige sie an: „Äh… Na… Ich hatte nur nach einer Erklärung gesucht…“ „Und wo?“, Maila sah sie unbeeindruckt an, „Hast du mich ausspioniert?“ „… So ungefähr…“, langsam wurde Mina kleinlaut. Die Violetthaarige lachte laut. „Na du bist mir ja eine… Hör mal gut zu: Ja, ich habe einen Grund, mehrere um genau zu sein, aber die wirst du nur raus finden, wenn du in meinen Kopf sehen kannst und ich glaube, das kannst du noch nicht.“ Die Sängerin sah sie überrascht an. „Das… war nicht so… Tut mir Leid… Ich hab mir nur Sorgen gemacht… Also… Ich will dir nichts Böses…“, sie seufzte und zog einen Zettel hervor, „Du wirkst auf mich nicht wie der Mensch, der viele Leute zum Reden hat, also wenn du Reden willst… Ruf mich an…“ Sie lächelte und reichte ihr den Zettel. Maila wurde rot. „D… Danke…“ Kapitel 22: Tiedote ------------------- Stand 26. Oktober, Tampere, Finnland „Verrückt? Na ja… Also ich glaube Maila ist der Inbegriff von Verrücktheit… Also na… Wie soll man das sagen? Sie hat diese Art an sich, die ich schon letztens irgendwie … Na ja, ich will nicht sagen bewundert habe, aber vielleicht habe ich das ja doch… Ich weiß es nicht… Sie ist ein merkwürdiges Mädchen. Oh ja. Es ist verrückt, wie sie ihren Kaffee trinkt, wie sie lacht, wie sie sich bewegt, alles in allem irre, aber trotzdem… Ist sie doch zu bewundern, irgendwie mutig, von ihrer Art. Also ich finde sie auf jeden Fall irgendwie mutig, bei dem schrillen Aussehen muss man auch mutig sein… Aber ich versteh einfach nicht, wie ich sie verletzt habe… Ich weiß es einfach nicht… Sie ist so merkwürdig und sie macht mich so ahnungslos… Also wirklich… Aber als ich das zu ihr sagte, sie hat so reagiert wie ich es gar nicht erwartet hatte… Die gesamte Situation war einfach… verrückt…“ „Verrückt? Jarmo, Jarmo ist eindeutig verrückt! So richtig… Maila auch… Aber bei Maila ist das was anderes… Maila ist scharf, also darf Maila auch verrückt sein… Aber Jarmo ist einfach nur… merkwürdig… Dieser Kuss lässt mich gar nicht mehr los! Also … Im negativen Sinn natürlich! Also… Ekelig… Widerlich… Abartig… Warum? Na ja… Er ist eben verrückt… durchgeknallt… Aber gut, damit muss ich leben. Wenigstens ist dieser Irre nicht verliebt in mich oder so… Das wäre ja auch zu lächerlich. Kann man sich das vorstellen? Ich kann mir sowieso nicht vorstellen, warum sich ein Mann in einen anderen Mann verlieben sollte! Das geht doch nicht! Das ist verrückt! Aber zurück zu Jarmo… Das wäre ja noch schöner… Wenn er auf mich stehen würde… Dann würde er mich am Ende noch stalken oder so… Schaurige Vorstellung… Aber wie schon gesagt, er ist ja auch einfach verrückt… Genauso wie Maila… Und das ist auch das erste was mir zu den beiden einfällt… Verrückt…“ „Verrückt? Ich will das nichts zu sagen, denn es soll sogar Leute geben, die sogar mich als verrückt bezeichnen… Aber das ist nicht meine Schuld, das liegt nur an meiner Erziehung… Meine Mutter… Ja, meine Mutter ist eine Irre, nein sie ist die Irre von Tampere! Dicht gefolgt von Maila! Aber na ja… bei der ist das nicht ganz so schlimm, die ist dabei ja noch nett… also na ja… Netter als meine Mutter zumindest… Auf jeden Fall, ich weiß nicht, wie ich es weiter ausdrücken soll… Maila ist mir sympathischer, auch wenn sie irre ist und was noch schlimmer ist, unberechenbar…Sie verhält sich so merkwürdig, so manchmal fröhlich, dann depressiv, das ist alles so… so unberechenbar halt… Mal ist sie so und im nächsten Moment ganz anderes… ach das ist alles einfach nur verrückt…“ „Verrückt? Ach, was ist schon verrückt? Das kommt ja ganz auf die Definition an… Manche sehen ja schon alles, was von der Norm abweicht, als verrückt an. So was wie zum Beispiel wenn man seinen Kaffee mit was anderem trinkt als mit Milch oder Zucker. Also in sofern… bin ich wohl verrückt…Aber na ja…. Ich persönlich würde mich ja nicht als verrückt bezeichnen, aber wie man es nimmt… Die meisten Leute würden Maila wahrscheinlich auch verrückt nennen, aber ich finde sie toll. Wirklich. Dieses Mädchen ist einfach nicht langweilig und wenn sie jemand als verrückt bezeichnet, dann kann das nur positiv gemeint sein, so viel ist klar… Ich finde sowieso, dass verrückt gar kein negatives Wort ist, es kommt einfach nur darauf an, wie man es benutzt und sonst bedeutet es einfach nur… verrückt…“ Kapitel 21: Tiedote / Ankündigung Maila schlief in den letzten Nächten immer schlecht und unruhig und ihr Morgen lief immer ähnlich ab. Sie erwachte früh und taumelte in die Küche, heute war es jedoch besonderes schlimm… Wie sie freie Tage doch hasste. Sie war einer der Menschen, die gerne arbeiteten, das lag an ihrem Job und an ihrem Onkel und irgendwie an ihm… Doch bei diesem Gedanken schüttelte sie den Kopf und gab sich lieber einem tiefen Gähnen hin. Dann schaltete sie die Kaffeemaschine an. Aber heute war sogar noch ein schlimmerer freier Tag als sonst. Sie fühlte sich einfach nur elend an diesem Morgen, am liebsten hätte sie sich heute gar nicht bewegt. Diese komische Band, die nun auch schon öfter im Laden gewesen war, schwirrte ihr im Kopf rum, so dass sie Kopfschmerzen bekam. Dieser leicht schüchterne, anscheinende Bandleader, der freche Blondschopf und dieser irgendwie süße Riese… Vor allem aber diese Sängerin… „Wenn du jemanden zum Reden brauchst…“; murmelte sie und schenkte sich Kaffee ein, „Wenn du jemanden zum Reden brauchst…“ Sie griff nach einer schon halb leeren Flasche und kippte einen kräftigen Schluck Gin in ihre Tasse. Kurz lachte sie auf, dann seufzte. „Woher weiß die das?“, die Violetthaarige griff nach einer Zitrone und biss hinein. „Ja, ich könnte mal reden…“, murmelte sie und quetschte die Frucht über der Tasse aus, „Ich könnte sie anrufen…“ Sie nahm sich den Pfefferstreuer und verteilte das Gewürz in ihrem Kaffee. „Eine Wildfremde… Aber… Sie hat es ja angeboten…“ Sie trank einen Schluck. „Ja, ich sollte sie mal anrufen…“, murmelte sie und griff nach ihrem Handy… „Ist Maila heute gar nicht da?“ „Nein, ab und zu muss sie auch mal frei haben“, antwortete der Ladenbesitzer und lächelte. Jarmo betrat den Laden. Da war er schon wieder. Dieser Typ. Dieser rothaarige Man. Diese Person, die Maila schöne Augen machte! Der Bassist seufzte. „Oh ja, stimmt, wann werde ich das lernen?“, lachte der Rothaarige. „Ich weiß es nicht…“ Dann drehte sich der Kunde um und ging zur Ladentür. Jarmo sah ihm direkt ins Gesicht, kantig, ernst. „Hei…“; murmelte der Halbfinne. Überrascht sah der Rothaarige ihn plötzlich an. „Hei. Wir haben uns hier schon mal gesehen, oder? Auch ein Maila-Fan?“ Maila-Fan? Jarmo traute seinen Ohren nicht. Das hatte er nicht wirklich gesagt. Was sollte das denn heißen? „Anscheinend schon, sonst würdest du wohl nicht so schauen“, sagte sein Gegenüber. Jarmo seufzte erneut. „Ich bin Juha…“, der Rothaarige hielt ihm sogar die Hand hin. Der Bassist verzog darauf hin skeptisch das Gesicht und griff dann doch nach der Hand. „Jarmo…“ „Jarmo, so, so“, wiederholte Juha grinsend. „Ja, Jarmo. Was dagegen?“, langsam wurde der Halbfinne wütend, irgendwie war die Anwesenheit von Juha ihm unangenehm… „Nein, nein…“; der Rothaarige betrachtete ihn genauer, „Also, du magst Maila?“ „Genau so wie du…“, der Bassist knurrte leicht. Doch Juha begann plötzlich zu lachen. „Was? Nein, auf jeden Fall nicht so wie du! Keine Sorge… Maila und ich haben nichts mehr miteinander… Du kannst sie haben!“ Überrascht sah Jarmo ihn an. „Dafür brauche ich deine Erlaubnis nicht!“, sagte er dann mit Nachdruck in der Stimme. Was erlaubte sich der Kerl eigentlich so über Maila zu reden? Wie kam er auf solche Ideen und woher nahm er sich das Recht dazu? Jarmo konnte es nicht verstehen… „Du verstehst es nicht…“, lachte sein Gegenüber, „Aber viel Glück noch“, dann ließ er ihn stehen. Der Bassist seufzte zum wiederholten Male, der Typ war ihm einfach nur unsympathisch… „Guten Tag?“, meldete sich Mina an ihrem Handy und überlegte, wem die fremde Nummer wohl gehören konnte. „Äh… Hei… Ich bin’s… Maila…“, stotterte der Anrufer. Minas Augen weiteten sich überrascht. „Maila?“ „Ja, du sagtest, wenn ich wollte, könnte ich mit dir sprechen… aber es ist auch nicht so wichtig…“ Panisch schüttelte die Sängerin den Kopf. „Nein!“ Sie wollte doch, dass Maila mit ihr sprach, sie wollte sie doch kennen lernen! „Nein, ich hab es dir doch gesagt!“ „Gut, dann bin ich beruhigt, ich dachte mir, es ist vielleicht gar nicht schlecht mit jemandem zu reden…“; gestand Maila jetzt nicht mehr ganz so nervös. „Ja… Ich höre mir das wirklich gerne an, Maila…“, Mina lächelte, das hatte sie sich doch gedacht… „Für so ein verwöhntes Töchterchen bist du echt nett.“ „Was? Woher weißt du das?“ „Nicht nur du kannst spionieren, Süße“, man konnte Mailas Grinsend förmlich hören. „Oh… äh… Du nimmst mir das übel, oder?“ „Ach was, ich finde es lustig!“ „Du bist schon merkwürdig“, murmelte Mina. „Das höre ich öfter“, lachte die Violetthaarige. „Und? Wo und wann treffen wir uns?“, fragte die Sängerin dann. „Neben dem Laden gibt es ein Café, frag mich nicht, wie es heißt, so was kann ich mir nicht merken, aber es ist genau neben dem Musikladen meines Onkels.“ „Ja, hab ich letztens gesehen. Gut, und wann?“ „Um eins?“, schlug Maila vor. Mina blickte auf ihre Uhr, es war kurz nach elf. „Ja, ist gut“, stimmte sie zu und verabschiedete sich dann… „Ich liebe es Zeit mit dir zu verbringen…“, murmelte Manu und legte den Kopf wieder an Jonnes Brust. „Und ich liebe dich…“, sagte Jonne lächelnd. „Sei nicht immer so süß…“, meinte Manu grinsend und sah zu ihm hoch, „Sonst werde ich am Ende wieder ohnmächtig…“ Der Sänger grinste zurück. „Hätte ich mittlerweile auch keine Probleme mehr mit. Aber sag mal, was machen wir jetzt eigentlich?“ Der Braunhaarige kicherte. „Also momentan stehen wir hier auf dem Fußweg und halten uns gegenseitig im Arm…“ „Scherzkeks“, Jonne küsste ihn kurz, „Ich wollte eigentlich wissen, was wir jetzt machen wollen.“ „Ach so…“, Manu seufzte, „Ich weiß es nicht, sagtest du nicht etwas Shoppen?“ Der Blonde sah sich um. „Oh ja, richtig, na dann mal los…“, er packte Manu an der Hand. „Äh… ja…“, unfreiwillig löste sich der Gitarrist von seinem Freund und ließ seinen Blick ebenfalls durch die Gegend wandern. Er blieb an einer brünetten Frau mittleren Alters hängen, leichte Falten zeichneten ihr Gesicht, aber ihre Augen waren sanft, so wie immer. Von ihrem Blick getroffen zuckte er zusammen. Sie sah so wie sie da stand älter aus als sie war… und gebrechlicher… Sie blickte ihn an, wie versteinert. Sanft erreichte ihn sein Name: „Manu…“ Sie flüsterte hauchzart, erschrocken und gleichzeitig ängstlich. Langsam erbleichte sie. „Manu… Bist du…“ Der Braunhaarige zuckte zusammen und konnte sich nicht bewegen. Er sah sie an, ihre Augen waren so liebevoll, wie immer, wenn sie ihn ansah, doch jetzt schimmerte Angst in ihnen. Jonne blickte Manu erschrocken an und fasste ihn an der Schulter; er reagierte nicht… Doch dann trat ein schwarzhaariger Mann neben sie und packte sie hart am Arm. Er schimpfte flüsternd und zog sie zu sich ran. Dann erst bemerkte er, wohin sie sah und erblickte Manu. Seine Miene wurde sofort finsterer und der Griff um den Arm der Frau wurde kräftiger. „Du kommst jetzt mit!“, fauchte er sie an und zog sie grob hinter sich her. „Unverschämtheit…“, murmelte Jonne und sah Manu erschrocken an, der Gitarrist zitterte am ganzen Körper und starrte mit feuchten Augen auf den Fleck, wo bis eben noch die Frau gestanden hatten. „Mama…“, flüsterte er kraftlos… Mina kämpfte damit ihr Frühstück im Körper zu behalten. Zusammen mit Maila saß sie in dem Café und betrachtete sie beim – man musste es wohl so nennen – Essen… „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken du bist schwanger…“, murmelte die Sängerin. Ihre Gegenüber lachte. „Entschuldigung… Ich habe Hunger…“ „Ist doch kein Problem…“; sagte Mina lächelnd. Ja, dass sie Hunger hatte, war nicht das Problem, eher das, was sie aß. „Ich bin nur überrascht, dass die so was hier verkaufen…“ „Ach, die kennen mich hier schon!“ „Das erklärt einiges…“, die Sängerin blickte zu der Kellnerin, die auf Mailas Teller blickte und nur lächelte, „Aber du wolltest mit mir reden…“ „Oh ja… man, ich weiß nicht, wie ich anfangen soll…“, murmelte sie und überlegte, „Hast du schon mal mit einem Mann geschlafen, der dich nicht geliebt hat?“ Erstaunt sah Mina sie an und wollte gerade den Mund aufmachen, als Maila sie durch ein lautes Auflachen unterbrach. „Ich bin so dumm! Wie kann ich dich nur so was fragen? Ich bin älter als du, oder?“ Die Sängerin nickte. Die Andere lachte erneut. „Wie kann ich dich das nur fragen? Na dann… Erzähl ich dir besser die ganze Geschichte einfach von Anfang an… Nein, von der Mitte an… Der Anfang geht dich nichts an!“ Die Schwarzhaarige begann zu lächeln. „Ich höre zu.“ „Meine Eltern sind beide berufstätig, deshalb gaben sie mich früher oft zu meinem Onkel zum Aufpassen in den Musikladen. Als ich 10 Jahre alt war sah ich ihn zum ersten Mal. Er war älter als ich, rote Haare und Augen, die mich sofort an sich fesselten. Er war Musiker, beziehungsweise wollte er einer werden, er war Sänger einer Band. Ich habe mich von der ersten Sekunde in ihn verliebt. Und die folgenden Tage, Wochen, Monate kam er immer wieder. Oft gar nicht um etwas zu kaufen, sondern nur um mit mir zu reden… Wie sollte man sich da nicht in ihn verlieben? Jahre später habe ich alles getan um ihm zu gefallen, ich habe angefangen Sport zu treiben, damit mein Körper gut aussah und fit war, ich habe angefangen Gitarre zu spielen, ich habe mit ihm geflirtet, lieb geguckt, mich freizügig gekleidet, nur um ihm zu gefallen… Und letztendlich ist er mir auch verfallen… Allerdings nicht mir als Person, sondern nur meinem Körper. Sein Herz gehörte zu diesem Zeitpunkt schon jemand anderem… Allerdings war sie nicht ganz so für Sex und deshalb nahm er mich dafür…“ Maila unterbrach ihre Erzählung für einen tiefen Seufzer. Mina sah sie geschockt an. „Und habe ich deshalb aufgehört ihn zu lieben? Natürlich nicht… Gierig war ich nach jeder Berührung von ihm aus, nach jedem Blick, auch wenn seine Blicke aussagten, dass er mich nicht liebte… Unser Verhältnis… Unsere Affäre ging lange… Etwas über zwei Jahre, in dieser Zeit hat er die andere Frau sogar geheiratet… Aber er behielt es bei… Erst als sein erstes Kind geboren wurde, hat er mir dann gesagt, dass es vorbei war… Einfach so, von einem Tag auf den nächsten…“ Mina sah sie besorgt an. „Ist schon gut…“, Maila lächelte gequält, „Ich will nicht lügen, also ich will nicht sagen, ich wäre darüber hinweg…Ich liebe ihn immer noch, aber… Na ja, es wäre nicht ganz so schwer, wenn er nicht ständig kommen würde…“, sie begann leicht zu zittern. „Du verdienst etwas Besseres…“, murmelte Mina. „Besser als Juha?“ „Ja, den gibt es…“ „Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ob ich mich jemals wieder verlieben kann…“ „Doch. Sicherlich. Wenn nur jemand mal etwas für dich tut und dich nicht nur ausnutzt…. Wenn sich mal jemand um dich kümmert, sich um dich bemüht und du nicht alles tun musst! Ich meine… Für Juha hast du doch alles gemacht! Jetzt muss halt mal ein Typ alles für dich tun!“ „Du bist wirklich lieb… aber ich weiß nicht, ob das je passieren wird…“, murmelte Maila und stand auf, bevor das Gespräch noch weiter in die Richtung ging, beendete sie es lieber, „Ich muss los…“, sie legte Geld auf den Tisch, dann lächelte sie Mina an, „Danke… Das Sprechen tat gar nicht so schlecht… Sollten wir öfter machen…“ Dann ging sie… Mina sah ihr noch nach. War sie wirklich so, weil sie immer nur versucht hatte, diesem miesen Typen zu gefallen? Sie seufzte tief, sie konnte einem Leid tun… Dann kam der Sängerin die Idee und sie griff nach ihrem Handy. „Sag mal, Jarmo?“, sie begann leicht zu grinsen, „Täusche ich mich oder hast du ein Auge auf Maila geworfen? Ich hätte da ein paar Tipps….“ Kapitel 23: Hyvää ----------------- Stand 30. Oktober, Tampere, Finnland „Juha Kylmänen? Äh… Ja… Lasst mich kurz überlegen… Bei welcher Band spielt der? … Sänger von Reflexion… Gute Frage, hab ich schon mal gehört, aber… Ist mir wohl nicht richtig im Kopf geblieben… Also, da kann ich leider nicht viel zu sagen… Ich kenne ihn ja nun auch nicht persönlich oder so… Und wenn dann hätte ich sowieso eher seine Musik gekannt und nicht ihn als Person… Momentan hab ich auch kein Bild von ihm vor Augen… Er ist mir völlig unbekannt, wenn ihr so wollt. Aber sagt mal… Wie kommt ihr denn jetzt auf den? Ist das jemand wichtiges? Sollte ich ihn kennen? Hab ich da was vergessen?“ „Juha Kylmänen? Äh… Ja… Also das ist der Gitarrist… Nein, der Sänger von… Wie zum Teufel hieß die Band noch gleich? Ach ja, richtig, Reflexion war das… Na ja… Ich glaub, ich habe `ne CD von denen, ein paar Mal gehört, ich weiß es nicht genau… Ein Lied von denen fand ich damals ganz gut, deshalb habe ich die CD gekauft, denke ich. Aber ich würde sie wahrscheinlich nicht mehr finden. Ich bin sowieso unordentlich, wenn es um so was geht… Na, aber ich denke die Musik kann man sich ruhig anhören… Sonst hätte ich die CD ja auch nicht gekauft…“ „Juha Kylmänen? Ist das der Juha von Maila? So heißt der also. Na, der Name sagt mir schon was. Ist der mittlerweile wirklich berühmt? Ja? Sänger ist er? Warum hat Maila dann damit angefangen Gitarre zu spielen? Na ja, nicht so wichtig. Ich glaube, ich kenne seine Musik eh nicht… Was? Das ist der Sänger von Reflexion? Gut… Korrigiere, ich kenne seine Musik doch. Na ja, irgendwie halt. Habe ich auf jeden Fall schon mal gehört. Im Ernst? Das ist der von Maila? Das ist krass… Ich hätte nicht gedacht, dass sie auf so einen Typen steht… Aber stimmt, der soll auch verheiratet sein, langsam kommen meine Erinnerungen zurück… Oh man, Maila tut mir Leid… Das ist echt hart und dieser Typ ist echt mies! Ich wusste gar nicht, dass Juha so ein Mistkerl ist… unglaublich… Dabei ist er ja ein ziemlich guter Sänger, früher habe ich seine Musik öfter gehört, aber das er so ist… dass er ein Mädchen wie Maila so missbraucht… Das so verliebt in ihn war und alles für ihn getan hat… Das ist einfach unfair… So etwas hätte ich nie gedacht und vor allem gemein ist es, dass ich nichts dagegen tun kann… Ich kann nur hoffen… Aber sie findet bestimmt einen besseren Mann als Juha, da bin ich mir sicher, das hat sie einfach verdient… Und wenn es tatsächlich Jarmo ist…“ „Juha Kylmänen? Juha… Finnischer Sänger… Der, der sich mir in dem Musikladen vorgestellt hat. Reflexion habe ich nie gehört, lieber eigentlich finnische Musik auf Finnisch, ihr versteht? Aber erkannt habe ich ihn schon… Rothaariger Sänger, das bleibt schon im Kopf… Aber na ja, musikalisch höre ich seine Musik nicht, aber persönlich finde ich ihn noch schlimmer… Also na schön, auf jeden Fall finde ich ihn persönlich schlimm, unsympathisch… Wie er das gesagt hat, als ob Maila ihm gehören würde… Das ist doch nicht wahr… Also, die beiden verwirren mich ja irgendwie… Ich kann einfach nicht einschätzen, wie sie zu einander stehen… Nach Juhas Aussage waren sie wohl mal zusammen, sind es jetzt aber nicht mehr. Aber nach Mailas Reaktion ist sie darüber noch nicht hinweg… Ich weiß es nicht, das ist einfach zu kompliziert… Ich wünschte ich wüsste mehr über die Situation… Ich glaube, dann könnte ich besser… Na ja… Irgendetwas tun…. Sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf, ich muss sie noch einmal sehen…“ Kapitel 22: Hyvää / Gut „Mina… Dieser Gesichtsausdruck macht mir Angst…“, sagte Theon und blickte seine Freundin leicht verwirrt an, die grinsend mit ihm an der Hand spazieren ging. „Heute ist ein guter Tag…“, kicherte sie. „Warum? Heute ist der 30. Oktober. Morgen ist Halloween…“, stellte der Sänger fest und blickte sie fragend an. „Ja, stimmt, aber das Datum meinte ich nicht“, die Schwarzhaarige grinste ihn an. „Und was meintest du dann?“, langsam aber sicher verwirrte seine Freundin ihn nun aber doch… Ihr geheimnisvolles Lächeln unterstützte das ganze noch. „Ach, ich spüre es… Ich spüre es, dass das heute ein guter Tag ist“, erzählte Mina verträumt lächelnd. „Und was lässt dich das annehmen? Oder besser… Was lässt dich das spüren?“, harkte ihr Freund nach. „Das Wetter, die Sonne, die Luft… Und die Tatsache, dass ich Jarmo Mailas Nummer gegeben habe…“, den letzten Teil murmelte sie nur noch kleinlaut vor sich hin. „Ach so…“, sagte Theon ruhig, bis ihm auffiel, welche letzte Bemerkung seine Freundin da eben gemacht hatte. „Du hast was?“ „Ich habe Jarmo Mailas Nummer gegeben…“ „Warum?“ „Weil er sie mag und sie einsam ist…“, erklärte sie ruhig. „Einsam?“, der Finne zog die Augenbrauen hoch, „Da hab ich aber schon anderes gehört…“ Dafür bekam er einen Schlag gegen die Brust. „Sag so was nicht! Das ist nicht nett!“ „Aber wahr…“; murmelte er vor sich hin. „Wahr? Das ist überhaupt nicht wahr!“, empört sah seine Freundin ihn an, „Wer hat dir das denn erzählt?“ „Antti“, antwortete Theon. „Antti?“ Natürlich. Wenn Antti so was sagt, dann muss es stimmen!“, dass Mina in diesem Moment wie Janni klang, bemerkte sie natürlich nicht. „Er sagte, dass Juha sie oft besuchen kommt, aber eigentlich nie was kauft und wenn eher nutzlose Sachen. Daher dachte ich so etwas…“, erklärte er seine Gedanken. Mina schluckte, wenn er wüsste wie Recht er hatte… „Juha ist verheiratet“, sagte sie schnell und knapp. „Oh, das wusste ich gar nicht…“, überrascht sah der Blondschopf sie an. „Jeder durchschnittliche Fan weiß das…“, gab sie murmelnd zur Antwort. Da lachte Theon: „Na da siehst du es! Ich bin kein Fan. Eigentlich kenne ich ihn ja gar nicht persönlich, ich weiß nur, was man mir erzählt.“ „Dann erzähl auch keine Lügen über ihn und Maila…“, seufzte sie. Ihr Freund wusste nicht, was er sagen sollte, deshalb seufzte er ebenfalls. „Doch kein so guter Tag…“ Überrascht sah Mina ihn an und lächelte dann. „Ach was, der Tag ist gut…“; flüsterte sie und legte die Arme um seinen Hals, „Schließlich ist jeder Tag mit dir gut…“; hauchte sie und küsste ihn einfach. Er grinste leicht und erwiderte den Kuss, dann löste sie ihn. „Sag mal, wo wir gerade bei Halloween waren“, sagte sie, obwohl ‚gerade’ natürlich in diesem Fall ein dehnbarer Begriff war, „Was hast du morgen vor?“ Theon überlegte kurz. „Noch nichts, wieso?“ „Manu und ich ‚feiern’ bei Janni, wenn du willst, darfst du gerne auch kommen“, schlug die Sängerin freudig vor. „Sicher, dass Janni damit einverstanden wäre?“, der Blonde sah sie zweifelnd an. Mina nickte grinsend. „Natürlich… Jonne hatte ja auch schon überlegt, ob er kommt… Also kannst du auch gerne kommen…“ „Okay…“, murmelte er, „Ich lasse es mir durch den Kopf gehen…“ Sie grinste: „Ich würde mich wirklich freuen… Und Janni hat sowieso nichts geplant, also macht es nichts, wenn einer mehr kommt…“ „Wenn du meinst…“, sagte Theon lächelnd… „Maila?“, Jarmo betrat den Musikladen und bemerkte glücklich, dass kein Rothaariger dort am Tresen stand. Doch die Violetthaarige war ebenfalls nicht da. „Maila?“, rief er. Von weiter hinten im Laden ertönte ein: „Ich bin hier!“ Jarmo folgte der Stimme und entdeckte Maila, die gerade dabei war CDs zu sortieren. Lächelnd sah sie den Bassisten an. „Hei. Da bist du ja schon wieder…“, murmelte sie vor sich hin. „Ja…“, er seufzte, „Ich… Habe dir was mitgebracht…“ Überrascht sah sie ihn an. „Jarmo… Das ist ein… Kaktus…“, stellte sie dann fest. Der Halbfinne nickte. „Ja, ich dachte… Rosen und Tulpen bekommst du sicher schon oft genug… Deshalb… Wollte ich dir was Besonderes mitbringen…“, er wurde leicht rot und blickte sie an, langsam kam in ihm der Gedanken auf, dass er doch lieber herkömmliche Blumen hätte nehmen sollen… Doch Mailas Mine hellte sich plötzlich mehr und mehr auf. „Und dann bringst du mir einen Kaktus mit? Wie süß…“, sie kicherte und nahm ihm die Pflanze aus der Hand. Er lief rot an. „Süß? Meinst du?“ Sie nickte. „Ja, tue ich. Und ich liebe Kakteen“, sie grinste ihn an und langsam begann er sich wieder sicherer zu fühlen. „Freut mich, dass es dir gefällt, das war ja auch mein Anliegen.“ Nun wurde sie leicht rot. „Oh… Danke… Wie… Wie kann ich dir denn helfen?“, verlegen sah sie ihn an. Doch er schüttelte nur leicht den Kopf. „Eigentlich gar nicht, ich wollte dir nur einen Gefallen tun.“ Sie sah ihn erstaunt an. „Vielen Dank…“, nuschelte sie dann verlegen, doch dann fing sie sich wieder und grinste „Und uneigentlich?“ Jarmo seufzte und lächelte sanft. „Uneigentlich… Würde ich dich gerne einladen.“ „Du? Mich? Einladen?“, verwirrt sah Maila ihn an. Der Bassist nickte. „Ja, ich, dich, einladen“, wiederholte er grinsend. „Ähm…“, stotterte sie und blickte auf den Kaktus. Ihr fielen Minas Worte ein… Vielleicht war Jarmo ja dieser eine… der mit dem sie glücklich werden konnte… Süß war er ja und er gab sich Mühe… und vielleicht sollte sie ihm einfach eine Chance geben… Eine Chance war doch die beste Voraussetzung… Dann blickte sie in sein Gesicht, in sein sanftes Lächeln und sie war sich sicher. „Gerne…“ Erstaunt sah er sie an. „Wirklich?“ Damit hatte er nicht gerechnet… auf jeden Fall nicht so schnell… „Wirklich“, wiederholte sie grinsend. „Das ist toll… danke… Also, musst du morgen arbeiten?“, er sah sie fragend an. Sie lächelte: „Ja, bis 18 Uhr…“ „Gut, dann hole ich dich danach hier ab. In Ordnung?“ „Ist dir das wirklich Recht?“ Janni seufzte genervt. „Ja, Jonne, ist schon okay…“ Dass dieser Sänger aber auch keine Ruhe geben konnte. „Wirklich, ich muss nicht kommen“, bot Jonne an. „Komm! Oh bitte, bitte komm!“, der Drummer konnte nicht glauben, dass er gerade eine Schwuchtel anbettelte ihn morgen zu besuchen. „Äh… Na gut… Dir scheint ja viel daran zu liegen, dass ich komme…“; ein leichtes Grinsen war dem Anderen anzuhören, als er seine Vermutung aussprach. Das ließ Janni knurren. „Mir liegt nichts daran, ob du kommst oder nicht! Rein gar nichts! Ich lege auch keinen Wert darauf Halloween mit einer Schwuchtel oder sonst etwas zu feiern!“, fauchte er durchs Telefon. Jonne lachte kurz. „Und warum soll ich dann kommen?“ „Weil Manu es sich wünscht! Und weil es ihn glücklich machen würde!“ „Ach so. Und als sein bester Freund willst du, dass er glücklich ist-“ „-Nein!“, unterbrach Janni den Sänger, „Nein! Daran liegt mir auch nichts! Ich will nur einfach nicht, dass er mir die Ohren voll heult! Vor allem wenn Mina hier mit Theon aufkreuzt! Und das wird sie tun! Das weiß ich!“ Jetzt lachte Jonne laut auf. „Ach so einer bist du!“ „Ja! Ja, genau! Endlich merkt das mal einer! So einer bin ich! Ein Mann! Ich bin ein Mann! Ein richtiger Mann! Ein Schwein! Ein Egoist! Verstanden?“ Und offensichtlich nicht mehr in der Selbstfindungskrise… „Ja, ja, habe ich verstanden“, der Sänger grinste immer noch leicht, „Gut, gut, wann soll ich kommen?“ „Um neun.“ „Uhr abends?“, Jonne klang überrascht. „Ja, natürlich. Die Party steigt erst abends. Ist auch nicht schlimm, wenn du zu spät kommst, viel wird wohl eh nicht passieren…“, Janni seufzte und stellte sich Mina und Theon so wie Jonne und Manu beim Küssen vor, sich natürlich auch, dazwischen… Er verzog angewidert das Gesicht. „Das sag am besten nicht mir, sonst komme ich erst, wenn schon alles gelaufen ist…“ Manu zitterte. Seine Finger waren nass vom Schweiß. Warum… Er konnte es nicht verstehen… Warum musste er ihr ausgerechnet jetzt begegnen? Und dann auch noch in so einer Situation… Jetzt musste er immer an sie denken… „Mama…“, flüsterte er. Er strich sich über die Stirn, was jedoch nichts brachte, denn seine Hände waren genauso nass wie seine Stirn. Sie war so wie immer gewesen… Nein… Bei genauerer Betrachtung, war sie es nicht… Sie war viel ängstlicher als früher und irgendwie… Sie wirkte enttäuscht… War sie enttäuscht von ihm? Und plötzlich gingen Manu hunderte neue Gedanken durch den Kopf. War sie wirklich enttäuscht von ihm? Weil er damals einfach gegangen war? Weil er sich nie gemeldet hatte? Oder etwa wegen Jonne? Er zuckte zusammen… Hatte er doch alles falsch gemacht? Vorsichtig stand er auf und stützte sich an der Wand ab. Nein, das durfte doch nicht sein… Er durfte sie nicht enttäuschen. Nicht eine Person die ihm so wichtig war… Langsam taumelte er zu seinem Bett. Warum musste das passieren? Und warum jetzt wo es mit Jonne so gut lief? Er war so glücklich, das erste Mal in seinem Leben lief alles gut… Zitternd setzte er sich auf sein Bett und ließ sich gleich darauf in die Kissen zurückfallen. Hoffentlich konnte er sich morgen ablenken… Morgen war schließlich auch noch ein Tag… Und er musste es abharken…Wahrscheinlich würde er seine Eltern sowieso nie wieder sehen… Er schloss die Augen und schlief ein. Aber eine gute Idee war das nicht gewesen. Sofort plagten ihn Alpträume… Alpträume von seinem Vater… Kapitel 24: Halloween --------------------- Stand 31. Oktober, Tampere, Finnland „Halloween? Auf jeden Fall ein Tag mit dem man Erinnerungen verbinden kann. Ich zumindest. Allerdings wenige Schöne. Ich war natürlich immer zu Hause. Ich hätte mich auch gar nicht verkleiden können… Kein Geld. Wenn ich mich aber raus geschlichen hätte, wäre das wahrscheinlich keinem so schnell aufgefallen… Aber ich weiß noch, wie in einem Jahr ein paar Kinder bei uns klingelten. Ich war selbst noch sehr jung. Süßigkeiten hatten wir natürlich auch keine. Aber ich ging trotzdem an die Tür und öffnete, ich wollte mich wenigstens bei den Kindern entschuldigen, dass wir nichts hatten. Als ich geöffnet hatte, wurde ich leicht eifersüchtig. Sie sahen so toll aus, das wollte ich damals auch… Doch ich wurde schnell in die Wirklichkeit zurückgezogen. Grob packte mein Vater mich an der Schulter, plötzlich hatte er hinter mir gestanden. Ich schluckte und blickte zum Boden, als er anfing die Kinder mit Beschimpfungen zu überschütten… Er schrie sie an, was sie hier wollten und dass es eine Frechheit sei und immer und immer mehr von solchen Sachen… Eins der Mädchen begann zu weinen… Danach zog er mich wieder ins Haus und knallte die Tür zu. Dann war ich natürlich dran mir ‚anzuhören’, warum es ein fataler Fehler gewesen war die Tür zu öffnen und dass ich gefälligst in meinem Zimmer bleiben sollte… Ja, Halloween, ein Fest der Erinnerungen….“ „Halloween? Na ja, die Sache mit dem Verkleiden fand ich eigentlich immer blöd. Aber später habe ich mal versucht auf einer Kostümparty Mädchen kennen zu lernen… Hat nicht so gut geklappt, wie ich mir das gewünscht hatte… Seit dem habe ich mir geschworen niemals wieder mit jemandem zu flirten, der ein Kostüm trägt! Man weiß einfach nicht, wer darin steckt und manchmal kann das wirklich gruselig sein… Ich weiß das… Nur dieses eine Mal, aber das hat mir auch gereicht… Und ich kann es immer noch nicht glauben… Oder besser noch nicht verkraften… Das Kleid stand ihm echt gut… Er sah wirklich so aus… Ich habe es erst gemerkt, als er den Mund aufgemacht hat und Gott sei Dank habe ich es überhaupt noch gemerkt… Zu dem Zeitpunkt hatte ich ihm ja wenigstens nur einen Drink ausgegeben… Das hätte schlimm enden können… Aber welcher Mann trägt auch ein Prinzessinnenkostüm? Also wirklich, das geht doch nicht!“ „Halloween? Ein liebes, feines Mädchen verkleidet sich nicht und zieht von Tür zu Tür, nein! Das hat auf jeden Fall meine Mutter immer gesagt. Halloween sah bei uns immer ein bisschen anderes aus; Es kamen hunderte von Leuten und es war so eine Art… Ball… Ja, so kann man es nennen… Und ja: Es ist so langweilig wie es klingt! Tot langweilig! Verkleidet – das muss ich doch schon zugeben war ich an diesem Tag trotzdem… Nur nicht als Hexe oder Teufel oder sonst was. Nein, meine Verkleidung stellte ein Annikki Karvinen Kleid und das Lächeln eines Models da. Und ich habe mich einfach nur unwohl gefühlt, unter den ganzen Leuten, die sich nichts Tolleres vorstellen konnten, als langsam zu tanzen und über Geld zu reden… Und jedes Jahr das Gleiche. Seit ich 10 Jahre alt war. Ist das zu fassen? Aber gut, was mir Spaß macht oder nicht, das hat meine Mutter ja noch nie interessiert. Ich hab irgendwann damit angefangen die Leute auf diesem Halloween-Ball zu veralbern, das hat meine Mutter weniger gerne gesehen, aber was sollte sie schon tun? Das war wenigstens etwas, dass diesen Tag erträglicher machte. Aber dieses Jahr ist das ja zum Glück alles anderes!“ „Halloween? Na ja, ich kann ja mal Halloween in Tampere mit Halloween in Amerika vergleichen. Und dagegen sind Tag und Nacht sich noch ähnlich! In Tampere ist es irgendwie lieb und nett und gar nicht so weit verbreitet… Daran liegt es wahrscheinlich. Außerdem sind finnische Kinder einfach süß… Amerikanische dagegen sind entweder dick, hässlich, aufsässig oder alles zusammen! Außerdem bewerfen sie Häuser viel lieber mit Eiern oder so einem Zeug… Widerlich… Und ich musste danach immer das Haus putzen… Weil mein Vater natürlich auch keine Süßigkeiten verteilt hat… Aber egal… Jetzt bin ich ja wieder in Tampere und habe heute Date… Oder so was ähnliches… Mit Maila… Das wird bestimmt ein richtig gutes Halloween! Das weiß ich einfach!“ Kapitel 23: Halloween Schweißgebadet wachte Manu auf und blickte auf die Uhr. Es war vier. Ungläubig blickte er nach draußen. Wie hatte er es nur geschafft bei solchen Alpträumen bis vier Uhr mittags zu schlafen? Aber wahrscheinlich war es wie so oft… Der Traum ließ ihn einfach nicht los und so konnte er nicht aufwachen… Er hielt sich den Kopf. Obwohl er so lange geschlafen hatte, plagten ihn Kopfschmerzen und er fühlte sich schwach. Erst einmal musste er aufstehen und duschen, danach essen und sich umziehen. Gedanken um diesen Traum könnte er sich – wenn er es überhaupt tun würde – auch noch später machen… Jetzt musste er das erst mal alles verdrängen… Jarmo zitterte und blickte immer wieder auf die Tür des Musikladens und dann zurück auf seine Uhr. Zwei Minuten vor sechs. Er sah sich unsicher um. Hoffentlich würde alles gut gehen... Wieder der Blick auf die Uhr. Eine Minute und 50 Sekunden vor sechs. Da öffnete sich die Tür. „Ja, ja, ich weiß! Mensch, du klingst ja schon wie meine Mutter! Ja! Ja, verdammt, ich pass auf mich auf!“, rief Maila in den Laden und trat lachend nach draußen. Dann erblickte sie Jarmo: „Oh du bist ja schon da!“ Dem Bassisten blieb der Mund offen stehen. „Du…“, stotterte er, als er endlich seine Stimme wieder gefunden hatte, „Siehst wahnsinnig gut aus…“ „Was?“, sie kicherte, „Der alte Fetzen… Eigentlich wollte ich was… Normaleres anziehen… aber dann dachte ich, es ist ja Halloween…“ „Das beste Halloween überhaupt…“, murmelte er und starrte ihr nicht mal knielanges, schwarzes, an manchen Stellen zerrissenes und trotzdem figurbetontes Kleid an. „Du bist und bleibst ein Mann“, kommentiere sie kichernd und sah ihn dann ernst an, „Und was machen wir jetzt?“ „Ähm…“, Jarmo brauchte einen Moment um sich von dem Kleid zu lösen und sich zu sammeln, „Wir gehen essen…“ „Essen?“, freudig lächelte die Violetthaarige, „Das ist sehr gut! Ich hab seit heute Morgen nur Süßkram gegessen!“, sie zwinkerte ihm zu und versuchte mit dieser Aussage ihm etwas Mut zuzusprechen. Das klappte auch: Er lächelte und nickte: „Das ist schön… Dann lass uns gehen, es ist auch nicht weit.“ Sie stimmte zu und griff dann nach seiner Hand. Er wurde schlagartig rot und lächelte sie verlegen und erstarrt an. „Jarmo?“, fragte sie dann nach einiger Zeit, in der sie sich nicht vom Fleck bewegten. „Ja, was?“, fragte er und schreckte aus seinen Gedanken hoch. „Ich will mich ja nicht beschweren… aber ich habe Hunger und ich frage mich, worauf wir warten…“, erklärte Maila ihren Einwand. „Oh… Ich… war… nur einwenig… verträumt…“, murmelte der Halbfinne und setzt sich dann sofort in Bewegung. Durch den doch recht ruckartigen Start stolperte seine Begleitung und stieß leicht gegen ihn. Sie seufzte, das war wohl das tollpatschigste Date, das sie je gehabt hatte… Moment! Hatte sie es gerade Date genannt? War es denn ein Date? So kurzfristig… So locker… Ach, am besten dachte man gar nicht darüber nach… Konnte ihr doch egal sein… Sie würde es schon merken, im Laufe des Abends, wie weit das gehen sollte, aber irgendwie hatte sie ein gutes Gefühl dabei… Und das lag einzig und allein nur an ihm… Diesem rot angelaufenen, tollpatschigen Mann, der ihre Hand hielt… und es fühlte sich alles einfach so gut an… Manu schüttelte den Kopf und schloss seine Haustür ab. Er war total abgehetzt. Erst verschlief er, dann schlief er fast unter der Dusche ein und brauchte auch noch Ewigkeiten was Essbares zu finden und letzt endlich was in den Magen zu kriegen. In seiner Eile ließ er sogar die Tasche mit seinem Handy in der Wohnung liegen. Es war halb neun. Er ging zu Fuß und eins war klar, pünktlich würde er wohl nicht mehr zu Janni kommen… Warum hatte er nur so lange gebraucht? Das war doch sonst nicht seine Art. Doch heute war sowieso ein merkwürdiger Tag. Es war so, als würde schon bevor er aufgestanden war eine dunkele Wolke über seinem Kopf hängen, die einfach nicht verschwinden wollte… Und erst recht nicht als er sich endlich und hektisch auf den Weg machte… Janni blickte auf seine Uhr. „Wie spät ist es jetzt?“, besorgt blickte Mina ihn an. „Viertel nach neun…“, antwortete der Drummer, „Und er ist immer noch nicht da…“ „Er… kommt bestimmt nur ein bisschen zu spät…“, sagte Theon, der sich einwenig unwohl fühlte. Er saß auf Jannis Sofa, welches dieser in die Garage gestellt hatte und betrachtete Mina und Janni, die beide standen und ständig Uhren und Handys kontrollierten. „Er kommt nie zu spät. Manu ist nicht der Typ für so was…“, murmelte Janni und seufzte. „Aber es ist doch erst eine viertel Stunde…“, versuchte Theon die Beiden weiter zu beruhigen, irgendwie hatte er sich den Abend anders vorgestellt, „Und vielleicht kommt er ja mit Jonne zusammen…“, er musste leicht grinsen, „Dann ist es sogar unwahrscheinlich dass er pünktlich kommt. Jonne kommt schließlich nie pünktlich und eine Viertelstunde ist für den nichts.“ Der Drummer seufzte und nickte. „Das ist ein Argument. Wir machen uns wahrscheinlich viel zu verrückt. Also gut. Wollt ihr schon mal was trinken?“, versuchte er dann schnell abzulenken. „Hast du was gegen Magenschmerzen?“, fragte Mina ihn zögerlich. Sofort verzog er das Gesicht. „Bitte was?“ „Ich habe Bauchschmerzen, du Idiot!“ „Und warum hast du dann vorher nichts genommen, wie eine Tablette oder eine Pille oder sonst was? Was kann ich dafür, wenn du deine Tage hast!“, meinte Janni mit leichtem Schnauben. Empört stemmte Mina die Hände in die Hüften. „Erstens habe ich meine Tage nicht! Zweitens gibt es mehr Gründe, warum Menschen Bauchschmerzen haben können!“ Theon starrte sie verwirrt an und stand auf. „Äh… Schatz…“ „Nein, nichts: Äh, Schatz!“, Mina sah ihn kurz beleidigt an, dann funkelte sie wieder Janni böse an, „Und du: Es wird ja wohl nicht so schwer sein, einer Freundin zu helfen, wenn sie Schmerzen hat!“ Der Drummer schluckte. „Ist ja gut…“, murmelte er und verließ die Garage. Theon blickte seine Freundin besorgt an. „Was ist denn los, Schatz?“ Sie hielt sich den Bauch. „Ich weiß es nicht… Plötzlich hab ich solche Bauchschmerzen…“ Vorsichtig legte er den Arm um sie. „Vielleicht sollten wir uns setzten…“ Er ging mit ihr zum Sofa. „Danke…“; murmelte sie und setzte sich unter seufzten. „Was ist denn plötzlich los mit dir?“, leicht verwirrt sah der Sänger sie an. „Ich weiß es nicht… Vorhin ging es mir noch gut, nur jetzt ist es…“, sie seufzte, „Machst du dir noch Sorgen um Manu?“ „Nein… Du hast Recht… Wenn er mit Jonne kommt ist es klar, dass er zu spät kommt… Ich habe nur so ein schlechtes Gefühl im Bauch…“, erklärte sie und sah ihn unruhig an. „Dann ist ja gut…“, sagte er lächelnd und wusste gleichzeitig, dass seine Freundin sich das Argument mit Jonne nur verzweifelt einredete und ihre Bauchschmerzen sehr wohl von Manu kamen, „Mach dich nicht unnötig verrückt… Du hast sicher nur was Falsches gegessen…“ Sie nickte. „Ja, da hast du Recht. Jannis Schokolade sah auch gar nicht gut aus…“ Sie grinste und er stimmt zu: „Ich will auch nicht wissen, wie lange er das Zeug schon besitzt.“ „Hey, was gibt es denn da zu kichern?“, Janni kam zurück und verzog das Gesicht, „Ich dachte du hast Schmerzen…“ „Das habe ich ja auch!“, empört sprang die Sängerin auf und ging auf ihn zu, „Und?“ Der Drummer verdrehte die Augen. „Ja, hier…“; er reichte ihr ein Wasserglas, hielt es ihr entgegen und ließ es dann einfach los, noch bevor sie überhaupt die Hand ausgestreckt hatte. Erschrocken starrte sie ihn an und dann zu ihren nassen Füßen und den Scherben auf dem Boden. Dann verpasste sie ihm eine Ohrfeige. „Du Spinner!“ Mit leerem Blick sah er sie an und schüttelte dann den Kopf. „Entschuldigung… Ich dachte, du hättest es schon. Ich war wohl nur kurz angelenkt…“ „Manu?“, Mina sah ihn besorgt an, für ihn musste diese Ungewissheit nur noch schlimmer sein, als für sie. „Ach was, der kommt schon klar…“ Theon betrachtet die Beiden, schon mysteriös… Vorher ging es beiden noch gut und dann… Ruckartig waren sie entweder verwirrt oder hatten schmerzen. Irgendwas hatte das zu bedeuten… Und es war höchstwahrscheinlich nichts Gutes… „Ja, er kommt klar“, Mina lächelte leicht, und vor allem hoffte sie, dass er bald kommen würde… Janni sah sie an. „Ach wir sollten uns keine Sorgen machen“, sagte er zum wiederholten Male, „Er kommt bestimmt mit Jonne und auf dem Weg ist er in seinen Augen versunken… Sie kommen noch…“ Die Sängerin stimmte ihm zu, auch wenn sie sich innerlich sehr unwohl fühlte. „Ja, genau“, sie lächelte, „Er kommt zusammen mit Jonne…“ „Wer kommt zusammen mit mir?“, ertönte eine Stimme von der offenen Garagentür. Ruckartig drehten sich die drei dahin und starrten Jonne an. Er kratzte sich verlegen am Kopf und sah auf die Uhr. „Ja, ich bin zu spät, ich weiß, es tut mir leid, aber irgendwie war das auch klar… äh…“, er stockte, als er bemerkte, wie schockiert die Anderen ihn ansahen, „Ist was?“ „Ist Manu nicht bei dir?“, fragte Janni ihn sofort. Der Angesprochene sah ihn überrascht an. „Nein, er wollte, dass wir uns hier treffen, weil wir aus verschiedenen Richtungen kommen… Und ich dachte, es reicht wenn einer von uns zu spät kommt. Äh… Gibt es ein Problem?“ Es war kurz nach zehn als Jarmo und Maila ihr Date oder was auch immer das war immer noch nicht beendet hatten. Sie waren spazieren gegangen und standen nun an einem dunklen See. „So viel Spaß hatte ich selten“, sagte die Violethaarige und blickte ihn lächelnd an, ihr Herz schlug aus unerfindlichen Gründen viel schneller. Er blickte auf sie runter und lächelte sanft. „Das freut mich… Wirklich…“ Er wusste nicht, was er tun sollte, wie weit er gehen durfte, was er tun konnte. Und so seufzte er. Leicht legte sie den Kopf schief. „Was ist denn?“ „Ach ich…“, stotterte er leicht, „Bin einfach nur unsicher…“, gestand er dann. „Du bist süß…“; kicherte sie, „Jeder andere Mann hätte mich in dieser Situation versucht zu küssen…“ „Und?“, Jarmo blickte sie fragend an, „Hättest du sie gelassen?“ Sie tat kurz so, als würde sie überlegen, dann grinste sie. „Nein, hätte ich nicht.“ Er seufzte, dann jedoch begann er auch zu grinsen. „Und? Würdest du mich lassen?“ „Probier es aus…“, sie zwinkerte ihm zu. „Mit Vergnügen…“, hauchte er und beugte sich zu ihr runter. Ihre Lippen berührten sich fast, vielleicht auch schon etwas, doch nur ganz vorsichtig, als Jarmos Handy zu klingeln begann. Sofort schreckte er hoch und zog es aus der Tasche. „Netter Ton…“, murmelte Maila und sah ihn leicht enttäuscht an. „Entschuldigung…“, murmelte er zurück und ging ran. Die Violetthaarige seufzte, doch dann stockte sie. Man konnte dem Bassisten förmlich ansehen, wie sein Gesicht immer bleicher wurde. „Ihr seid wo?“, fragte er entsetzt, „Ich… Ich bin sofort da… Doch… Ich komme zu euch…“, er schluckte und legte auf, „Ich muss weg…“ Kurz bevor Jarmo diesen Anruf bekam, ging Janni nervös auf und ab und drückte dabei sein Handy an sein Ohr. „Vielleicht… Hat er sich ja im Tag geirrt…“, murmelte Theon. Wütend starrte Janni ihn an. „Im Tag geirrt? Wir waren nicht für den nächsten Mittwoch verabredet oder so! Es geht um Halloween! Wie zum Teufel soll man sich da im Tag irren?“, schrie er ihn lautstark an. Mina zuckte zusammen und blickte erstaunt zu ihrem Freund… Er hatte doch nur versucht ihnen zu helfen… „Jetzt halt aber mal die Luft an!“, Jonne stellte sich genau vor Janni, mittlerweile war er auch über die Situation aufgeklärt. „Er wollte doch nur nach einer Möglichkeit suchen! Und bevor du, großer, starker Mann“, dieses Wort betonte er besonders, „Deine Wut und Angst noch an Unschuldigen auslässt, atme erst mal tief durch!“ „Durchatmen? Wie kannst du so was sagen? Ich dachte du liebst ihn! Wieso machst du dir keine Sorgen!“, wütend starrte er den Sänger an. Nun wurde auch Jonne sauer. „Ich liebe ihn auch!“, schrie er, „Aber es bringt uns und ihm nichts, wenn wir uns hier in was reinsteigern und uns nur anschreien!“ Mina betrachtete die beiden Kopf schüttelnd und spielte nervös mit einer Haarsträhne. Wo war Manu bloß? Wenn er nicht bald hier auftauchen würde, würde auch das mit Janni und Jonne in einer Katastrophe enden. Theon hatte sich inzwischen abgewandt und so erblickte er die kleine, dunkle Gestalt, die sich an die Tür lehnte als erster… „Was soll das denn heißen? Hier zu warten bringt doch auch nichts! Bist du eigentlich total bescheuert? Wir müssen was tun!“, schrie Janni. „Nein, bin ich nicht! Aber ich glaube, du schnappst langsam über!“, brüllte Jonne zurück. „Warum… streitet ihr euch…“; ein Flüstern drang von draußen in die Garage. Es war leise, viel leiser als Jannis und Jonnes Gebrüll, aber irgendwie schienen sie seine Anwesenheit gespürt zu haben, denn sofort richteten sich all Blicke zur Tür. Die Person stolperte einen Schritt ins Licht. „Doch… nicht wegen mir… oder… Es… Tut mir… Leid… dass ich… zu… spät bin…“, sagte er kraftlos, dann kippte er um. Mit dem Kopf auf den Betonboden. Das war schon oft passiert, vor allem in diesem Raum, doch nie war es so ernst gewesen… „Manu!“, schrien Janni und Jonne wie aus einem Mund und rannten auf ihn zu. Er sah schlimm aus. Sein Körper war mit blauen Flecken und anderen Wunden überseht. Am Kopf hatte er eine Platzwunde und aus seinem Mund lief Blut. „Ich ruf einen Krankenwagen…“, sagte Jonne und schluckte. „Und ich rufe Jarmo an…“, meinte Janni. „Nein. Er… Er ist doch auf seinem Date mit Maila…“, meinte Mina und versteckte ihren Kopf dann wieder zitternd an Theons Brust. „Er hat ein Date mit…“; erstaunt sah Janni sie an, „Ach egal! Der soll trotzdem antanzen!“, er griff nach dem Handy. Doch Mina blickte ihn an und nahm es ihm aus der Hand. „Dann lass mich das wenigstens machen… Ich kann das feinfühliger als du…“ Jonne hatte in der Zeit sein Telefonat schon beendet. „Der Krankenwagen ist auf dem Weg…“, flüsterte er und blickte dabei nur Manu an. Er griff nach seiner Hand. „Wer hat dir das nur angetan…“; flüsterte er schockiert… Kapitel 25: Herätä ------------------ Stand 3. November, Tampere, Finnland „…“ „Manu? Manu… Manu… Manu ist mein bester Freund. Das war er schon immer. Und das wird er immer sein. Klar, er kann nerven. Vor allem, wenn er von Jonne spricht und den Kram, aber… Jeder Mensch kann nerven, wirklich jeder, doch Manu… Manu habe ich das immer verziehen. Er war einfach nicht wie jeder. Er nervte mich nicht aus Egoismus oder Aufmerksamkeitsdrang oder gar weil er mir auf die Nerven gehen wollte. Manu erzählte mir Sachen und redete mich zu, weil er gerne mit mir sprach und mit mir zusammen sein wollte. Manu war immer anders. Ein besonderer Junge… Das ist mir schon beim ersten Mal aufgefallen. Auch wenn ich ihn da für besonders merkwürdig gehalten habe. Aber… Er war nicht wie der Rest meiner Freunde… Er hatte Träume, nicht so wie meine Freunde oder gar ich. Wir lebten einfach nur vor uns hin, ohne ein Ziel oder einen Ansporn und Sachen wie Noten und Leistung waren uns eh egal. Aber Manu träumte. Manchmal sogar auf dem Schulweg oder im Unterricht. Er wollte Musiker werden, er konnte sich nichts Besseres vorstellen und er wollte einen Menschen finden, der ihn wirklich liebte und den er lieben konnte. Ja, ich habe mir alles gemerkt, was er mir gesagt hat. Ich weiß nicht mehr, wie meine letzte Freundin hieß oder was meine Mutter als letztes zu mir gesagt hat, als ich sie gesehen habe, aber ich weiß alles, wirklich alles, was Manu jemals zu mir gesagt hat. Klar… Ich bin nicht der emotionale Typ. Ich zeige wenig Emotionen, auf jeden Fall in diesem ‚Ich mag dich’ – Kram… Aber dafür bin ich doch auch ein Mann! Na, auf jeden Fall, lag Manu mir immer am Herzen und das tut er natürlich immer noch. Er ist der wichtigste Mensch in meinem Leben und dass ich das laut ausspreche, hat was zu bedeuten, das habe ich nämlich noch nie… Aber es ist so…Und… Ich… Ich weiß nicht, was ich mit meinem Leben noch anfangen soll, sollte er… Ich… Ich weiß nicht, was ich ohne Manu machen würde… Ich… Ich brauche ihn…“ „Manu? Manu ist unser Bandleader… Der Mittelpunkt unserer Band, das Herz und einfach alles mehr… Das Gehirn, die Lunge, Niere… Alles das, ohne das es nicht geht… Janni, Jarmo und ich sind doch nur Zubehör… Ich meine… Solche Sachen wie Handys… Toll wenn man sie hat, aber nicht lebenswichtig. Aber er ist es schon. Manu ist das schon. Er… Es darf ihm einfach nichts passieren… Einen Menschen wie Manu findet man nur einmal im Leben. So eine gute Seele, die für Freunde einfach alles tun würde… Manu ist einmalig… Und genau deshalb wird er es schaffen! Das weiß ich! Das darf er uns nicht antun… Mir, Janni, Jarmo… und vor allem Jonne nicht… Manu, du darfst uns das nicht antun… Bitte… Was sollen wir denn ohne ihn machen? Wir finden doch keinen Gitarristen wie ihn und einen Menschen wie ihn schon gar nicht! Wer könnte ihn ersetzen? Wer könnte so ein treues Herz, so eine wundervolle Seele besitzen? Wer könnte so eine riesige Lücke, die er hinterlassen würde, schließen? Ganz klar… Niemand…“ „Manu? Manu ist ein ganz besonderer Junge, das weiß ich, auch wenn ich ihn nur kurz kenne. Er war… lebenslustig… und zu gleich vernünftig, von Anfang an… Etwas Besonderes eben. Und man konnte spüren, wie viel Herz er in die Musik legte. Seine Träume… Seine Emotionen, als das spürt und sieht man, selbst wenn man nur neben ihm steht, während er Gitarre spielt. Ich glaube… Ich kenne ihn viel besser als ich ihn auf Grund der Zeitspanne eigentlich kennen sollte. Aber das ist gut so… Irgendwie stehen wir uns dadurch viel näher… Und deshalb… Ich könnte es nicht verkraften noch jemanden zu verlieren… Ich könnte es nicht verkraften ihn zu verlieren… Aber… Ich glaube keiner könnte das… Dafür ist Manu einfach… Also, Manu, bitte… Du musst aufwachen! Bitte! Du kannst uns doch nicht alleine lassen! Ich komme mit Mina und Janni nicht klar! Also… Wach auf! Komm wieder zurück zu uns!“ Kapitel 24: Herätä / Erwachen Seit der Nacht auf den 1. November lag Manu im Koma. Seine Äußerlichen Wunden konnten schnell versorgt werden, nur über die innerlichen waren sich die Ärzte nicht besonders sicher, die sich dank des Einflusses von Mina und ihres Vaters jedoch mit höchster Vorsicht und Sorgfalt um Manu kümmerten. Janni und Mina nutzen jede Gelegenheit, um bei ihm zu sein, auch wenn er die Augen geschlossen hatte. Jarmo kam meistens erst später und vorsorgte die Beiden mit Essen und Getränken. Jonne kam zusammen mit ihm und brachte Manu jeden Tag eine Rose mit… Im Laufe der Zeit veränderte sich jedoch zum größten Teil die emotionale Lage. Jonne wurde mit jeder weiteren Stunde, die ins Land ging, nervöser und fühlte sich hilfloser. Mina redete sich immer weiter ein, dass alles gut werden würde. Und Janni… Jannis Angst um seinen besten Freund verwandelte sich immer mehr in Wut. „Wer hat ihm das angetan…“, knurrte er am späten Morgen des 4. Novembers, „Wenn ich wüsste…“ Mina ging das mittlerweile schon auf die Nerven. „Ja, wenn du wüsstest“, murmelte sie genervt. Wütend sah er sie an. „Was soll denn dieser Unterton bedeuten?“ Sie verdrehte die Augen. „Na, dass ich diesen Spruch eindeutig ein paar Mal zu oft gehört habe!“ „Na und?“ „Na und?“, äffte sie ihn nach, „Keiner in diesem Raum wird dir das sagen können! Ich weiß es nämlich nicht!“ „Ich aber… vielleicht…“ Erschrocken zuckten Mina und Janni zusammen und drehten sich zum Bett. „Manu!“ „Ja… und ihr streitet… mal wieder…“, sagte er schwach und lächelte matt. „Du bist wach!“, sagte Mina und stürmte an seine Seite. Davor hatte sie mit Janni am Fenster gestanden. „Ja…“, flüsterte Manu noch recht schwach, „Warum auch nicht…“ „Wir dachten du…“, die Sängerin fiel ihm um den Hals, „Ach das ist nicht so wichtig!“ Der Gitarrist sah sie leicht verwirrt an. Er hätte die Umarmung nur zu gerne erwidert, doch er hatte viel zu wenig Kraft in den Armen. Janni kam Kopf schüttelnd an das Bett. „Frauen…“, murmelte er und grinste Mina von der anderen Seite des Bettes aus an, damit sie ja nicht nahe genug an ihm dran stand um zu hören, wie schnell sein Herz vor Freude schlug. Manu lächelte. „Ja, ja…“, murmelte er und blickte seinen besten Freund glücklich an. „Ich habe euch Halloween verdorben…“, murmelte er und senkte den Blick. „Was? Nein! Rede nicht so einen Unsinn!“, Mina schüttelte den Kopf. Janni grinste: „Genau, es war schon verdorben, als Mina mit Theon kam…“ „Du Idiot!“, knurrte diese. „Du hast dich mit Jonne gestritten…“, murmelte Manu plötzlich. Erschrocken blickte der Drummer ihn an. „Aber… Manu… das war doch nichts Ernstes…“, versuchte er ihn zu beruhigen. „Ihr ward ziemlich laut…“, Manu seufzte, „Und es ging um mich… Oder?“ Janni blickte ihn an. „Also… na ja… Wie… Wie man es nimmt…“ „Also doch…“, der Gitarrist seufzte und ließ den Kopf hängen. „Darum musst du dir jetzt gar keine Gedanken machen!“, sagte Mina schnell und sah Janni vorwurfsvoll an. Der Drummer schluckte und nickte hastig: „Ja… Ja, da hat diese Spinnerin wirklich mal Recht!“ „Ich… will nicht, dass du und Jonne euch streitet…“, nuschelte Manu und blickte den Blonden traurig an. Sofort blieb diesem das Herz stehen. „Manu…“, flüsterte er. „Ihr… Ihr zwei seid die wichtigsten Männer in meinem Leben…“, der Braunhaarige wurde rot und schloss die Augen, es war so anstrengend, aber er musste das sagen, „Du… Du bist wie mein großer Bruder… oder so… Mein bester Freund… Ich wollte, dass du ihn magst, weil… Ich ihn doch liebe…“ Erschrocken sah Janni sich um. Er hatte keine Ahnung was er sagen sollte. Doch Mina sah ihn erwartungsvoll an. „Äh… Ma… Manu…“, stotterte er, „Keine Sorge, das… Ich habe an Halloween nur überreagiert… Ich werde mich sofort bei ihm entschuldigen…“, versuchte der Drummer die Situation zu retten. Da klopfte es an die Tür und Manu öffnete auf der Stelle die Augen. „Wenn man vom Teufel spricht“, kicherte Mina leise und zog Janni kurz ein wenig vom Bett weg. Denn dieser sah mittlerweile wirklich verstört aus. „Jetzt muss ich mich auch noch bei dieser Schwuchtel entschuldigen…“; zischte der Drummer und sah besorgt zum Bett. Manu blickte sie leicht erstaunt an, lächelte jedoch, als konnte er sie nicht hören. „Was ist eigentlich dein Problem? Dein bester Freund, für den du offensichtlich durchs Feuer gehen würdest ist so eine Schwuchtel! Das ist idiotisch!“, fuhr sie ihn im Flüsterton an. „Aber…“, setzte Janni an. „Nein! Wenn du für Manu anscheinend eine Ausnahme machen kannst, wieso dann nicht für die Schwuchtel, die ihn liebt! Und du weißt, dass Jonne das tut! Und jetzt sei ein Mann!“, zischte sie und riss die Tür auf. „Das hat aber lange gedauert…“, meinte Jarmo vor der Tür Kopf schüttelnd. Dann erblickte er Manu und seine Augen weiteten sich. Jonne neben ihm bemerkte seinen Freund noch schneller und lächelte sofort überglücklich. Doch als er ins Zimmer trat, packte Janni ihn am Arm. „Erinnerst du dich an… Das Gespräch… Ich meinte die kleine Auseinandersetzung, die wir an Halloween hatten…“, murmelte der Drummer, jedoch so laut, dass Manu ihn hören konnte. „Ach, nicht wichtig“, wollte Jonne schon abwinken. Aber Janni wusste, dass Mina ihm das so bestimmt nicht durchgehen ließ und Manu sich ebenfalls sicher nicht wohl damit fühlte. Und er wollte das nicht noch mal anfangen müssen. „Nein… Ich… Ich wollte dir nur sagen, dass ich nicht fair zu dir war. Es tut mir Leid… und… Ich weiß doch, dass du Manu… wirklich liebst“, er zwang sich zu einem Lächeln, „Und jetzt solltest du zu ihm…“ Überrascht sah Jonne ihn an. „Danke…“, er lächelte und lief dann so schnell es ging zu Manus Bett. Mina dagegen klopfte Janni auf die Schulter: „Nicht schlecht, kommt mit Jungs wir lassen die Beiden mal allein…“, sie packte Jarmo und Janni am Arm, „Und suchen Manu was zu essen, er hat bestimmt Hunger!“ Die Beiden nickten und verließen mit Mina schnell den Raum. Jonne sah ihnen lächelnd nach und trat dann näher an Manu ran. „Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht…“, flüsterte er und zitterte leicht. Der Braunhaarige sah ihn traurig an. „Es tut mir Leid…“ „Nein“, schnell schüttelte der Sänger den Kopf, „Mach dir keinen Kopf deswegen! Das einzige, was jetzt zählt ist, dass ich dich wieder habe!“ „Danke… Jonne…“, flüsterte Manu. Vorsichtig beugte Jonne sich zu ihm runter. Der Gitarrist konnte sehen, dass er ein paar Tränen in den Augen hatte. „Ich liebe dich“, hauchte er und küsste ihn. Manus Herz schlug schneller. „Ich dich auch…“, flüsterte er, nachdem der Kuss gelöst war, „Jonne… Darf ich dich etwas fragen?“ Bedrückt blickte er den Blonden an. „Klar…“, leicht verwirrt blickte dieser zurück, „alles was du willst…“ „Wie lange habe ich geschlafen?“ Jonne schluckte. „Äh… Es waren etwas mehr als drei Tage…“ Erschrocken sah der Gitarrist ihn an. „So lange? Nur geschlafen? Unglaublich, so lange kam es mir gar nicht vor…“ „Nicht?“, der Sänger lächelte, „Ich glaube, das kriegt man sowieso nicht mit, wenn man… schläft…“ „Ich muss von dir geträumt haben“, Manu lächelte ihn fröhlich an, „Dann vergeht die Zeit immer schneller...“ Sofort wurde der Blonde knallrot. „Wirklich?“ Manu nickte schwach. „Ja, wirklich…“ Müde schloss er dann die Augen. „Bist du erschöpft?“, fragte Jonne besorgt. „Ein bisschen… müde… aber ich will nicht schlafen…“, nuschelte der Braunhaarige. „Was? Warum denn? Wenn du erschöpft bist, solltest du dich ausruhen…“, sanft lächelte Jonne ihn an und streichelte ihm durchs Haar. „Nein… Dann schlafe ich bestimmt wieder so lange…“, seufzte Manu. „Ganz bestimmt nicht…“, beruhigte Jonne ihn. „Trotzdem… Ihr seid alle da, ich will noch nicht schlafen…“, maulte der Gitarrist, „Außerdem habe ich Hunger…“ „Wissen Sie eigentlich wer ich bin?“, fragte Mina aufgebracht. Jarmo und Janni fiel es dabei schwer sich das Lachen zu verkneifen. Mina war zu göttlich wenn sie sich aufregte. Und sie hätte sich wahrscheinlich ein Bein ausgerissen, wenn sie gewusst hätte, wie ähnlich sie ihrer Mutter dabei war. Von der blassroten Farbe um die Wangen und Nasepartien über die hohe Stimme bis hin zu den arroganten Ausschweifungen war alles dabei. Für die beiden Jungs war es einfach nur ein Schauspiel. „Wissen Sie, wie viel Geld mein Vater diesem Krankenhaus jetzt schon gespendet hat? Und Sie wollen mir ernsthaft erzählen, dass unser armer Freund, nachdem er endlich gesund ist, das hier essen soll? Also das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, oder? Oder?“ Die arme Krankenschwester konnte einem wirklich Leid tun, die Mina gerade ein paar trockene Nudeln vorgesetzt hatte. „Aber… Frau Joutsenvirta…“, versuchte sie sich rauszureden. Es war nicht der erste Anfall von Mina dieser Art, deshalb war ihr Name nur zu gut bekannt auf der gesamten Station. „Der Arzt hat zwar gesagt, dass ihr Freund in Ordnung ist, was seine Verfassung betrifft. Aber sein Magen darf trotzdem noch keinen großen Belastungen ausgesetzt werden…“ Schnaubend wandte sich Mina daraufhin zu Jarmo und Janni. „Wollt ihr nicht auch mal was sagen?“ Verlegen stammelten die Beiden rum. „Jungs!“ „Die arme Frau macht doch auch nur ihren Job…“, murmelte Jarmo leise. „Und normale Nudeln reichen Manu ganz bestimmt…“, nuschelte Janni kleinlaut. Mina verdrehte genervt die Augen, gab sich dann aber geschlagen: „Auf eure Verantwortung…“ Nachdem Manu es geschafft hatte zu essen und ein Arzt schon einmal nach ihm gesehen hatte, war er noch müder und erschöpfter. „Manu, du solltest jetzt schlafen und dich ausruhen…“, sagte Mina besorgt. Manu wollte das eigentlich noch gar nicht, doch er wusste, dass Protestieren nichts bringen würde und dafür viel zu anstrengend war. „Ja… Gleich… Ich… JarmoÜberrascht sah der Bassist ihn an. „Ja?“ „Hattest du nicht an Halloween ein Date mit Maila?“ Nun sah Jarmo ihn noch erstaunter an, aber er nickte leicht. „War es schön?“, fragte Manu mit einem leichten Lächeln. „Äh…“, vorsichtig sah der Halbfinne für einen kurzen Moment zu Mina und seufzte dann. Er konnte Manu nicht die Wahrheit sagen. Die Wahrheit, dass er wegen ihm von dem Date weggefahren war und dass er und Maila seit dem keinen Kontakt mehr gehabt hatten. Das konnte er dem Liegenden nicht auch noch antun. Er würde sich sicher die Schuld daran geben. „Ja, das war es“, log er lächelnd. „Gut… Ich will sie nämlich in der Band haben…“, sagte der Gitarrist schnell. Überrascht sahen alle Anwesenden ihn an. „Was? Wie kommst du jetzt darauf?“, fragte Mina erschrocken. „Yes!“, lachte Janni, „Sehr gute Entscheidung!“ Die Sängerin verpasste ihm sofort einen harten Stoß in die Seite. „Ich weiß nicht… Wir können noch einen Gitarristen gebrauchen… Und wenn mir was passieren sollte, dann…“, murmelte Manu, doch Janni unterbrach ihn sofort: „Nein! An so was darfst du nicht mehr denken!“ Auch Jonne pflichtete ihm bei: „Genau! Darum machst du dir jetzt gar keine Gedanken! Hörst du!“ Der Braunhaarige blinzelte verwirrt, lächelte dann aber matt. „Gut… Wenn ihr meint…“ „Ja!“, empört sah Jonne ihn an, „Und jetzt solltest du schlafen…“, dann lächelte er ihn wieder sanft an und küsst ihn kurz, „Wir sind morgen wieder da…“ „Okay…“, nuschelte Manu, „Bis morgen, Leute…“ Die Anderen verabschiedeten sich und verließen das Zimmer, sobald Manu die Augen geschlossen hatte. Doch 10 Minuten später öffnete sich die Tür erneut. Sofort riss Manu wieder die Augen auf. „Janni…“ Der Drummer hatte sich schnell von den anderen verabschiedet und war zurück zu Manus Zimmer gelaufen: „Sehr gut, du bist noch wach… Ich will dich auch nicht mehr lange stören. Aber eine Sache, die ich dich vor den Anderen nicht fragen konnte… Manu, wer hat dir das angetan?“ … Kapitel 26: Heal Me ------------------- Stand 5. November, Tampere, Finnland „Ob ich glücklich bin? Was soll ich denn da sagen? Äh… Ich bin wach und es geht mir gut… Also ja… Ich würde schon sagen, dass ich im Moment glücklich bin, ja… Schon… Irgendwie… Ja… Besser wäre es wenn ich endlich wieder Gitarre spielen dürfte, aber angeblich darf ich ja schon bald hier raus… Ich bin ja gesund… Oh ich hoffe wirklich dass ich hier bald raus darf… Das wäre toll… Dann wäre ich wirklich überglücklich!“ „Ob ich glücklich bin? Was für eine Frage, natürlich! Wie soll ich auch nicht glücklich sein? Manu… Manu geht es gut! Wirklich gut! Das ist wirklich einfach nur toll! Ich bin so erleichtert… Mir fallen tausend Steine vom Herzen… Ich weiß nicht, was ich sonst gemacht hätte, aber jetzt, wo er wach ist, bin ich einfach nur noch froh und zufrieden. Er ist wach, es geht ihm gut und in ein paar Tagen kann er entlassen werden! Das heißt bald kehrt hier wieder das normale Leben ein! Das ist so großartig… Das einzige, was ich jetzt noch machen muss ist Rache üben, aber das kann ja nicht so schwer sein… Aber zurück zum Thema! Ich bin unbeschreiblich glücklich… Ich … Ich kann auch gar nicht klar denken… Deshalb höre ich jetzt wohl besser mal auf, bevor ich mich im Kreis drehe oder nur noch Müll rede…“ „Ob ich glücklich bin? Aber klar doch… Wie sollte man jetzt auch nicht glücklich sein? Es waren zwar nur ein paar Tage, aber wir haben uns alle so unsagbar große Sorgen gemacht, deshalb ist es einfach nur schön zu wissen, dass er jetzt in Ordnung ist. Und vor allem dass es auch bald weiter gehen kann… Vielleicht ja sogar mit Maila… Wer weiß, wie Manu darüber denkt, wenn er aus dem Krankenhaus raus ist, aber ich denke, es ist vielleicht gar keine schlechte Idee, sie noch mit aufzunehmen… So oder so, ja ich bin glücklich, die letzten Tage waren so stressig, dass ich mich jetzt mit gutem Gewissen erst mal auf die faule Haut legen und die Ruhe genießen werde. Und das macht mich gleich noch glücklicher… Ich hab so wenig geschlafen in den letzten Tagen, und das ist ganz, ganz schlecht… Am Ende leidet meine Stimme noch darunter… Also werde ich mich jetzt erst mal glücklich aufs Bett schmeißen…“ „Ob ich glücklich bin? Ja, klar doch. Was soll man groß dazu sagen? Es ist großartig, dass Manu wieder wach ist und natürlich auch dass es ihm gut geht… Allerdings… Die Sache mit Maila beschäftigt mich sehr… Ich bin einfach abgehauen… Ich habe nichts weiter gesagt, als ‚Ich muss weg’ … Und seit dem habe ich mich nicht mehr gemeldet… Ich weiß, dass das verdammt feige war, aber… Ich wusste einfach nicht was ich sagen sollte… Ich hab sie einfach stehen gelassen, dabei war es so ein wundervoller Abend und dann musste das passieren… Ich kann es gar nicht fassen… Ich hätte ihr wenigstens sagen können, wohin ich gehe, aber ich war so in Panik. Und die nächsten Tage war ich einfach zu… Beschämt deswegen… Ich weiß nicht, ich traue mich ja jetzt noch nicht mal, ihr unter die Augen zu treten, ich hab das Gefühl alles falsch gemacht zu haben, dabei… Ach was soll’s… Ich darf mir deshalb jetzt nicht den Kopf zerbrechen, denn ich muss mit ihr reden! Manu will sie in die Band aufnehmen und deshalb muss ich mich trauen noch mal mit ihr zu reden…“ Kapitel 25: Heal Me Mit klopfendem Herzen betrat Jarmo den Musikladen und sah sich um. Es war der 8. November, Manu war seit fast 24 Stunden wieder zu Hause und damit war es für den Bassisten klar; er konnte es nicht weiter aufschieben. Er wollte jetzt unbedingt mit Maila reden. Der Ladenbesitzer stand am Tresen. Von hinten im Laden ertönte die Musik einer Gitarre. Der Mann sah zu Jarmo und wollte schon nach Maila rufen, doch der Halbfinne hob schnell die Hand. „Ich gehe zu ihr“, sagte er leise und folgte der Musik. Er fand die Violetthaarige mit einer Akustikgitarre auf dem Boden sitzen, seitlich an einen Ständer mit CDs gelehnt und mit dem Rücken zu ihm. Einen Moment hörte er ihr beim Spielen zu. „Maila…“ Sie zuckte zusammen, als sie seine Stimme hörte und drehte den Kopf so, dass sie zu ihm auf sehen konnte. „Oh… Jarmo…“; murmelte sie leise. „Maila, wegen Halloween und so… Es… Es tut mir Leid…“, seufzte er. „Schon gut“, sagte sie mit einem matten Lächeln. „Es ist… wegen Manu… Er war im Krankenhaus… Es tut mir so Leid…“, stotterte er verlegen und wusste gar nicht was er tun sollte. „Jarmo…“, sie lächelte etwas freundlicher, „Es ist wirklich in Ordnung… Mach dir keine Gedanken deswegen… Es war mein allererstes Date, also ist das schon nicht so schlimm… Ich hab eh keinen Vergleich… Lass es gut sein…“ „Ich wollte nur…“, er schluckte, „Gut… Äh… Was spielst du?“ Er versuchte schnell ein normales Gespräch zu beginnen und er wusste nicht, warum sein Herz jetzt plötzlich noch schneller schlug. „The Poet And The Muse“, antwortete sie und strich sanft über die Saiten, „Ich mag romantische Geschichten mit Happy End. Wie bei Romeo und Julia…“ „Äh… Romeo und Julia? Das war nicht wirklich ein Happy End und… The Poet And The Muse? Der Song von Poets of the Fall?”, er schüttelte den Kopf, „Ist das nicht der Song, in dem die Frau in der Mitte der Gesichte stirbt und er ihr am Ende folgt?“ Sie lächelte: „Ich sage doch… Ein Happy End…“ „Das ist doch kein Happy End! Sie sind am Ende beide tot!“, meinte Jarmo völlig verwirrt. Sie seufzte. „Du willst es gar nicht sehen, oder? Romeo und Julia… Verliebt auf so vielen Umwegen, so viel Pech und Unglück zu Lebzeiten, doch im Tod waren sie vereint, wie sie es lebendig nie sein konnten. Ist es denn nicht besser im Tod gemeinsam glücklich zu sein als im Leben unglücklich getrennt?“, erklärte sie mit einem verträumten Lächeln. „Oh… Na… Wenn man das so sieht…“, er seufzte tief. Maila nickte: „Man braucht nur die richtige Betrachtungsweise…“ Er wusste nicht wirklich was er sagen sollte, aber irgendwie hatte er gerade Lust erst sie und dann sich selbst umzubringen… Er schluckte hart. „Und du?“ Sofort als sie ihn aus seinen Gedanken riss wurde er bleich. „Ich?“ „Ja, was für Liebeslieder magst du am Liebsten?“, fragte sie leicht kichernd. „Positive…“, murmelte er und die Farbe trat urplötzlich und noch multipliziert wieder in sein Gesicht. „Na, dann lass mal hören!“, sie hielt ihm die Gitarre entgegen. Er lächelte verlegen und setzte sich dann ihr gegenüber auf den Boden. Janni lief durch die Straßen, er war verdammt wütend. Er hatte niemandem erzählt, wo er hingehen würde, aber jetzt endlich würde er Manu rächen! Er blickte sich um. „Ich hasse diese Gegend…“, seufzte er und betrachtete jedes einzelne Haus, „Ich habe diese Gegend schon immer gehasst…“, er schüttelte den Kopf und blickte sich im Gehen weiter nach seinem Ziel um. Endlich fand er das Haus, nach dem er die ganze Zeit gesucht hatte. Wütend und angriffslustig ging er darauf zu und klingelte sofort. Es dauerte Minuten, in denen sich Jannis Zorn noch weiter vervielfältigte. Bis die Tür geöffnet wurde. Finster starrte er den Mann an. „Wie konntest du so etwas nur tun?“, schrie er ihn an und ohne länger zu warten schlug der Drummer zu… Schon nach den ersten, wenigen Tönen begann Maila lauthals zu lachen. „Das ist nicht dein Ernst!“, rief sie Kopf schüttelnd. Verwirrt sah er sie an. „Swing Life Away von Rise Against? Nein, nein, nein! Das ist nicht wirklich positiv“, kicherte sie, „Höchstens die Melodie, wenn man unbedingt so will! Und es ist außerdem kein Liebeslied! Nicht wirklich! Das zählt nicht! Überhaupt nicht!“ „Du kennst es?“, er starrte sie überrascht an. „If love is a labor, I’ll slave ‘til the end”, murmelte sie und grinste ihn an, „Ich arbeite in einem Musikladen, was erwartest du denn? Also komm schon, das lass ich dir nicht durchgehen! Weiter!“ Er seufzte und atmete tief durch. „Gut, aber das ist jetzt definitiv besser…“, er begann erneut zu spielen, jedoch begann er diesmal als erstes mit dem Refrain. Sie sah ihn an und lächelte. „All because of you, I haven’t slept in so long. When I do I dream of drowing in the ocean, longing for the share where I can lay my head down, I’ll follow your voice, all you have to do is shout it out...”, sprach sie den Text mit und kicherte als er aufhörte zu spielen. „Du hast eine ganz komische Vorstellung von positiv, weißt du das?“, fragte sie grinsend, „Außerdem war das die gleiche Band! Hörst du auch was anderes als Rise Against?“ Jarmo seufzte und sah sie an. „Ich mag die Band…“, er dachte nach, „Du machst es einem wirklich schwer, weißt du das?“ Sie lachte auf: „Du hast gesagt, dass du positive Musik hörst!“, sagte sie mit noch breiterem Grinsen, „Also… Ich warte!“ „Äh… Gut… Eins habe ich noch. Aber nicht lachen…“, murmelte er verlegen und wurde rot. „Ja?“, neugierig blickte sie ihn an. „Maila… Ich… Ich muss jedes Mal bei diesem Song an dich denken…“, murmelte er… „Jonne! Nein! Du… Das kann ich doch selbst! Jonne!“, maulte Manu und seufzte laut. „Nichts da!“, wehrte Jonne ab und schüttelte eins der Kissen auf. „Jonne! Ich liege schon auf fünf Kissen! Ich brauche wirklich kein sechstes! Und du musst auch nicht für mich kochen… Ich kann das selbst…“, murmelte der Gitarrist und wurde knallrot. „Nein, das kannst du nicht!“, blieb Jonne beharrlich und reichte ihm das sechste Kissen. Manu seufzte. „Trotzdem danke…“, murmelte er, doch da war Jonne auch schon in die Küche verschwunden. Der Braunhaarige lehnte sich zurück und schloss die Augen. Wenn man Jonne um sich hatte, konnte man denken, er wäre vom obersten Wirbel an gelähmt oder so… Dabei ging es ihm gut. Er war hin und wieder noch ein bisschen wacklig auf den Beinen, aber sonst war alles wieder normal. Und er hätte jetzt so gerne endlich wieder Gitarre gespielt, aber selbst das hatte Jonne ihm verboten. Er solle erst mal wieder vollständig zu Kräften kommen, hatte der Sänger zu ihm gesagt… „So ein Schwachsinn…“, murmelte Manu leise vor sich hin. Hätte er die Sache nennen müssen, die ihm die meiste Kraft gab, dann wäre es eine Gitarre gewesen… Und die ganzen Tage im Krankenhaus hatte er nur davon geträumt endlich wieder eine in den Händen halten zu dürfen! Und jetzt musste er hier liegen… Zugegeben er lag in Jonnes Bett, in Jonnes Wohnung, aber trotzdem machte es ihn wahnsinnig wie ein Schwerkranker da zu liegen und auf sein Essen zu warten. Das hatte er doch schon die letzten Tage immer gemusst. Und jetzt? Jetzt hatte Jonne ihn gleich schon wieder ins Bett verfrachtet… Er seufzte erneut tief und öffnete die Augen wieder. Es war so unfair hier liegen zu müssen und nichts zu tun! Das musste doch auch Jonne einsehen… Doch von dem war keine Spur… Der Gitarrist verdrehte die Augen. „Mich dann auch noch allein zu lassen…“, maulte er und kam sich vor wie ein krankes, kleines Kind, dessen Mutter ihn alleine zu Hause gelassen hatte. Langsam richtete er sich auf und sah sich im Zimmer um. Schnell erblickte er das, was er gesucht hatte und begann leicht zu grinsen. Vorsichtig stand er auf und schlich zur Tür, die Jonne natürlich offen gelassen hatte. Er konnte Jonne ganz deutlich in der Küche werkeln hören. Fast lautlos schloss er die Tür und war zum ersten Mal froh, dass er darin geübt war, sich so leise wie möglich zu bewegen. Langsam und vorsichtig schlich er zu Jonnes Gitarre und setzte sich mit ihr auf das Bett. Ganz leise strich er über die Saiten und seufzte dabei. Das war viel schöner als nichts tuend im Bett zu liegen. Und außerdem war das auch noch Jonnes Gitarre. Es war ein großartiges Gefühl. Der Gedanke, dass er schon seit einer Woche keine Gitarre mehr in der Hand gehabt hatte und ihn das schmerzte, brachte ihn zum Kichern. Zum ersten Mal wurde ihm wirklich bewusst, wie verliebt er eigentlich in dieses Instrument war… „Mein Freund…“, flüsterte er, „Mein erster Freund…“, leise strich er über die Saiten, damit Jonne ihn auch ja nicht hörte. Vorsichtig streichelte er über den Hals der Gitarre, er konnte einfach nicht ohne dieses Instrument sein, weder ohne den Klang noch ohne das Gefühl darauf zu spielen. Er spielte so leise wie möglich und genoss trotzdem jede Sekunde. Ihm gingen beim Spielen meistens die verrücktesten Gedanken durch den Kopf, doch dieses Mal dachte er fast nur an eins… An Jonne… Und daran, dass dieser sich nur unglaubliche Sorgen um ihn machte und sich um ihn kümmern wollte. Seufzend stand er auf und stellte die Gitarre wieder leise weg. Es ging ihm zwar gut, aber für Jonne sah das wahrscheinlich ganz anders aus… Er wollte ihm nicht noch zusätzlichen Kummer bereiten, in dem er durchs Haus lief… Das konnte er ihm nicht antun, dafür liebte er ihn zu sehr und allein diese übertriebene Sorge zeigte, dass Jonne ihn mindestens genauso sehr liebte. Manu schlich zur Tür und öffnete sie wieder. Dann krabbelte er zurück ins Bett und seufzte. „Jonne!“, rief er laut und innerhalb von zwei Sekunden stand der Blonde vor ihm. Der Gitarrist musste leicht kichern. „Mir ist langweilig…“, maulte er. Jonne seufzte: „Und was soll ich dagegen machen?“ „Komm her…“, schlug Manu vor und winkte ihn näher ans Bett. Als Jonne dicht bei ihm stand, grinste er leicht. „Das zum Beispiel…“, flüsterte er und küsste ihn einfach… Jarmo blickte Maila an. „Und diesmal lässt du mich singen, in Ordnung?“ „Du kannst singen?“, verblüfft sah sie ihn an. Seufzend nickte er. „Ja, kann ich… Also?“ „Ja, ja, ich halte mich zurück, vielleicht kenne ich es ja gar nicht…“, sagte sie grinsend. „Du kennst es… Darauf würde ich schwören…“, murmelte er. „Ja, ja, ist ja schon gut! Mach endlich!“, kicherte sie. „Maila…“, flüsterte er erneut, bevor er anfing zu spielen. Schon nach den ersten Tönen wurde sie stutzig und sah ihn erstaunt an. Sie schluckte. Hatte er nicht gesagt, dass er bei diesem Lied immer an sie denken musste? Wie konnte er das tun? „This is something I can't hide, can't throw it away. This is something I can't fake, they know you're away, they know how to break me, they know you're far away...” Sie schüttelte leicht den Kopf. Dieses Lied war irgendwie so verdammt passend und so verdammt typisch für Jarmo. Und er sang… Samu wäre wenn er das gehört hätte nur dafür gestorben um sich dann für diese Interpretation seines Songs im Grabe umzudrehen und trotzdem war Maila fasziniert von Jarmos Stimme. Sie passte unglaublich gut zu ihm. Sie war rau und trotzdem vermittelte sie dieses Gefühl von unbeschreiblich schöner Wärme… „If this sadness takes its place, I'll free the space it needs, I'm hiding in the place, where we share the days, where we share the nights, go through dark and light” Maila hätte in diesen ersten Momenten gar nicht die Stimme gefunden um mitzusingen oder gar ihn zu unterbrechen. Sie war wie verzaubert von diesem mittelmäßigen Gesang und dem Blick in Jarmos Augen. Er sah sie direkt an, ganz offen, sein Blick war ganz klar und überhaupt nicht verlegen, obwohl sich auf seine Wangen ein ganz klarer Rotschimmer legte. „Could you believe, I'm waiting for someone, could you believe, I'm holding the night with my hands, alone in the night on my own, I feel the pain inside me, only you can heal me“ Sie begann leicht zu zittern und mit jedem Wort machte ihr Gesicht dem von Jarmo mehr Konkurrenz, was die rote Farbe anging. Aber sie musste es zugeben, dieses Lied war so verdammt wahr… Auf jeden Fall für sie. Sie dachte an die letzten Tage, in denen sie nichts von ihm gehört hatte und in denen er sie trotzdem jede Nacht wach gehalten hatte. Woher konnte er das jetzt wissen? „This is something I can't take, I feel so lame, there is nothing in my mind, but you all the way, you rule every moment, you're the air around me” Maila wünschte sich mit jeder Zeile mehr, dass dieser Song niemals enden würde, und dass das alles wahr und kein Traum war. Das war einfach viel zu schön, als das es jemals vorbei gehen durfte. Sie wollte jeden Moment festhalten und tief in ihrem Herz verschließen. So hatte sie sich noch nie gefühlt. Nichts was auch nur ansatzweise mit Juha zu tun hatte, war hiermit vergleichbar… „Love's a lonely road sometimes, I keep moving on, towards the moment you'll be mine, a long way to go, to where we belong, we'll be there before long” War das gerade ein Grinsen auf seinen Lippen gewesen? Ein leichtes Grinsen? Hatte sie das richtig bemerkt? War ihm endlich aufgefallen, was für eine Wirkung der Song auf sie hatte? Sie schluckte. Aber dieser verdammte Song war einfach so wahr und das wurde ihr nun noch schmerzlicher bewusst als in den letzten Tagen, als sie darüber nachgedacht und versucht hatte ihn zu vergessen… „Could you believe, I'm waiting for someone, could you believe, I'm holding the night with my hands, alone in the night on my own, I feel the pain inside me, only you can heal me“ Dieses Mal sang sie mit. Sie sah ihn an und lächelte sanft. Leicht erstaunt blickte er sie an, sang jedoch und spielte weiter. Er wiederholte den Refrain danach noch einmal und legte dann die Gitarre weg. „Und was sagst du dazu?“, fragte er und grinste leicht. Maila atmete tief durch. „Der Song klingt mit Schlagzeug besser…“, murmelte sie, weil ihr nichts Gescheiteres einfiel. Jarmo lächelte und schüttelte den Kopf. „Das ist alles?“ Sie seufzte. „Nein, natürlich nicht… Jarmo, ich…“, stotterte sie, alles war verschwunden, sie wusste gar nicht mehr, was sie sagen sollte und stotterte vor sich hin. Irgendwann nach einigen unverständlichen Sekunden beugte sie sich einfach vor und küsste ihn. Er blickte sie erschrocken an, erwiderte den Kuss aber glücklich. „Du hast Recht… Das bedarf keiner Worte…“, flüsterte er, als sie sich nach langer Zeit von einander lösten. Nun grinste Maila wieder leicht. „Doch…“, murmelte sie, „Doch ein paar Worte bedarf das schon…“ Lächelnd blickte er sie an und wartete auf drei ganz bestimmte Worte, doch in dieser Hinsicht enttäuschte die Violetthaarige ihn. Sie strich kurz über die Saiten der Gitarre und flüsterte, bevor sie ihn erneut küsste und damit auf den Boden des Musikladens drückte: „Love is right now, so don´t close your heart, I´ve been waiting all my life, for this moment of our love with you…“ „Mina… Es ist kalt, ich friere…“, maulte Theon und blickte sie beleidigt an. „Ich finde es schön, die Luft ist so klar…“, flüsterte Mina und blickte verträumt in den klaren Himmel. Gemeinsam mit ihrem Freund saß sie auf einer Bank in dem riesigen Garten ihrer Eltern. „Ja, weil es kalt ist!“, beharrte der Sänger. Sie begann zu kichern. „Oh… Friert mein armer Schatz?“, sie beugte sich dicht vor sein Gesicht, „Soll ich dich ein bisschen aufwärmen? Nicht dass du mir hier festfrierst…“, hauchte sie und küsste ihn. Grinsend erwiderte er den Kuss, legte die Arme um sie und drückte sie noch ein Stück dichter an sich und damit auf seinen Schoß. „Wir sollten öfter raus gehen“, stellte sie mit breitem Grinsen fest, „Du bist dann richtig kuschelig…“ „Ich verstehe nicht, wie du das aushältst in der dünnen Designerjacke. Ich meine das Ding ist modisch, das kann nie im Leben warm sein“, zweifelnd betrachtete der Blondschopf sie, der sich sogar über seinen Kopf eine dicke Wollmütze gezogen hatte. Sie lachte auf. „Stimmt wohl, aber ich liebe die Natur… Deshalb friere ich nicht!“ „Ach so? Der Theorie kann ich nicht zustimmen…“, murmelte er, blickte sie an. „Das liegt nur daran, dass du eine Frostbeule bist“, kicherte sie, „Welcher Finne friert denn bitte im November?“ Empört sah er sie an. „Tut mir ja Leid, dass ich noch keine 3 Promille intus habe, die mich aufwärmen könnten!“ Sie lachte laut auf. „Das macht doch nichts. Du bist eben kein Sir Christus…“, hauchte sie. Er blickte an ihr vorbei zum Tor des Anwesens. „Und darüber bin ich auch froh… Du bist halt nicht so eine Saufnase wie zum Beispiel Janni…“ „Und wo wir gerade bei dem sind…“, Theon schluckte und starre weiter das Tor an. Verwirrt sah Mina ihn an und folgte dann seinem Blick. Sofort sprang sie geschockt auf. „Janni!“, schrie sie und rannte auf das Tor zu. Da an die Stäbe gestützt stand der blonde Drummer und sah sie mit müdem Lächeln an. Von seiner Unterlippe und der rechten Augenbraue lief ein dünner Blutfilm. „Ich hab diesen Mistkerl unterschätz… Der Typ ist besser als ich dachte… Ich glaube… Ich brauche ein bisschen Hilfe…“, sagte er ruhig und hustete kurz, „Mina, wir brauchen einen Plan…“ Kapitel 27: Yllätys ------------------- Stand 7. November, Tampere Finnland „Gewalt? Gewalt ist schrecklich… Ich meine, Gewalt hat mich ins Krankenhaus gebracht und meine Kindheit zerstört. Gewalt hat die Liebe meiner Eltern zerstört, beziehungsweise… Eigentlich war an den letzten beiden Sachen mein Vater Schuld… Aber zusammen mit Gewalt… Wenn ihr versteht… Ich halte nichts von Gewalt und ich habe nur schlechte Erinnerungen an die Faust meines Vaters… Ich… Na ja… Ich würde niemals wirklich Gewalt gegen einen Menschen richten. Ich sehe auch keinen Sinn darin einen Menschen zu verletzten… Ich verstehe das einfach nicht…“ „Gewalt? Was soll ich da sagen? Ich bin ein Mann. So richtig schlecht darf ich das also nicht finden. Ist was Genetisches. Ihr versteht schon. Ich meine, warum sonst sind Sachen wie Boxen und so denn typische Männersportarten? Wir lieben es nun mal einfach entweder selbst andere zu verprügeln oder dabei zuzusehen. Das kennt man doch… Keine Ahnung warum Männer das interessant und lustig finden und Frauen eben nicht, aber es ist so… Kann ich nur bestätigen…“ „Gewalt? Was glaubt ihr denn? Ich bin ein wohlbehütetes Mädchen, ich verabscheue Gewalt, es ist sinnlos und kindisch. Ich bin da aufgewachsen, wo man Konflikte mit Worten oder Geld löst, Gewalt ist da keine Option, überflüssig. Aber was soll man auch sagen? Ich glaube, dass es über so ein Thema keine zwei Meinungen geben sollte. Gewalt ist sinnlos, sobald möglich sollte man es abschaffen. Ich finde es zwar genauso wenig falsch, Leute zu bestechen und Probleme nur mit Geld zu lösen, aber es ist immer noch besser als Leute oder sogar im schlimmsten Fall Unschuldige zu verletzten…“ „Gewalt? Ich hasse Gewalt. Ermordung, Drohung, Schläge, alles was dazu gehört, ich hasse es. Es ist die sinnlose Erfindung eines Menschen, der nicht akzeptieren konnte, dass nicht alles nach seiner Pfeife gehen kann und er nicht alles haben kann. Das sind kindliche Züge, aber genau solche machen Menschen zu Schlägern und Mördern, die Tatsache, dass sie etwas nicht haben können, das sie unbedingt wollen… Kindisch. Leute, die Gewalt anwenden, sind viel schwächer, als sie glauben es zu sein. Es ist die schlimmste Form von Mensch, die die glaubt, sie sei stark, dadurch dass sie anderen weh tut. Dabei macht genau diese Unfähigkeit sich Problemen zu stellen sie zu Schwächlingen. Wie Kinder, sie verhalten sich nicht mehr erwachsen, egal wie alt sie sind. Sie fluchen lieber laut los und schlagen drauf ein, statt nach einer Lösung zu suchen, statt eine Lösung zu finden. Solche Menschen sind engstirnig und dumm. Genauso wie Gewalt, Gewalt ist dumm. In was für einer Welt leben wir, wenn so viele Leute glauben, nur dann Gehör zu kriegen, wenn sie Gewalt anwenden? Ich werde es nie verstehen, wie… Man einfach auf jemanden einschlagen kann… Wie man einfach einen Unschuldigen erschießen kann… Wie es sogar Menschen gibt, die Spaß an Gewalt haben… Es sind Momente, in denen ich die Welt nicht mehr verstehe… Ich hasse Gewalt…“ Kapitel 26: Yllätys / Überraschung „So sieht also Minas großer Plan aus…“, murmelte Janni und verdrehte die Augen, „Frauen…“ „Janni, das ist keine gute Idee…“, meinte Jarmo, der neben ihm ging. „Wieso?“ „Gewalt ist nie eine Lösung für ein Problem“, sagte der Bassist ernst. „Das sagtest du…“, murmelte der Drummer, „Gewalt bringt die meisten Probleme und löst sie auch wieder!“ Jarmo verdrehte die Augen: „Weißt du eigentlich, was du da sagst?“ Der Blonde nickte: „Natürlich.“ „Da wäre ich mir nicht so sicher…“ „Ach sei doch still!“ Der Halbfinne seufzte tief. „Ist ja dein Gesicht, das wieder herhalten muss…“ „Was soll das jetzt wieder heißen?“, wütend funkelte Janni ihn von der Seite an. „Das du beim ersten Mal verprügelt wurdest und sich das Ganze nur wiederholen wird“, erklärte Jarmo und schüttelte den Kopf. „Jetzt halt mal die Luft an!“, knurrte der Drummer, die Aussagen seines Kumpels machten ihn langsam ernsthaft wütend. „Wieso?“, der Andere atmete tief durch, „Hör mal gut zu: Du wurdest beim ersten Mal fertig gemacht, was sollte jetzt anders sein? Und sag nicht, dass du wirklich Hilfe annehmen willst. Das tut ein echter Mann doch nicht!“ „Da hast du Recht, aber… Dieses Mal wird er mich nicht überraschen!“, schwor der blonde Finne und hob die Faust. „Hey, ihr zwei! Schmiedet ihr schon Pläne?“, lachte Antti ein paar Schritte hinter den Beiden. Jonne, der neben ihm ging, hielt sich den Kopf und sah so aus als könne er die ganze Situation nicht fassen. „Was mache ich nur hier…“, murmelte er. „Deinen künftigen Schwiegervater kennen lernen“, meinte Janni finster und blieb vor einem kleinen Haus stehen. „Ich fühle mich schlecht…“, murmelte Manu und schloss die Augen. „Würde ich mich auch, wenn ich ständig im Bett liegen müsste, ohne was tun zu dürfen…“, meinte Maila und sah ihn an, „Ist das nicht total öde?“ Dafür bekam sie von Mina, die neben ihr saß einen leichten Stoß, „Ich glaube nicht, dass es daran liegt!“ „Und woran dann?“, erstaunt sah die Violetthaarige die Beiden anderen an. Mina seufzte. „Es geht um Jonne… Und Janni… Und Jarmo… Und wahrscheinlich auch um Antti“, sie sprach leise, „Manu hat ein schlechtes Gewissen, weil die vier ihn rächen wollen…“ „Ach so! Stimmt ja, aber was ist daran so schlimm?“ Manu öffnete die Augen wieder und die Beiden von seinem Bett aus an. „Erstens kann ich dich hören Mina, du kannst ruhig laut sprechen… Und zweites, Maila, was wenn ihnen etwas zustößt?“ Besorgt sah er sie an. „Aber sie sind zu viert…“, die Gitarristin zuckte mit den Schultern, „Vier erwachsene Männer, was soll da schon passieren?“ „Mein Vater ist unberechenbar, wenn er wütend ist…“, murmelte der Braunhaarige ängstlich.“ „Das sieht man…“, meinte Maila und betrachtete ihn. Mina verdrehte die Augen. „Wollen wir… nicht vielleicht etwas anderes machen… als darüber nach zu denken?“ „Und was?“ „Wie wäre es… Wenn wir über Mailas Zukunft bei Death Line reden?“ „Janni, das ist eine kindische und dumme Idee!“, rief Jarmo dem Blonden zu, der bereits alleine vor der Haustür stand und klingelte. „Ihr müsst ja nicht mitmachen!“ „Werde ich auch nicht!“, meinte Jarmo und seufzte tief, dann wendete er sich Jonne zu, der unschlüssig neben ihm stand. „Du musst das nicht tun, Manu ist es sicher lieber dich einfach in einem Stück wieder zu haben…“ Der Sänger nickte leicht. „Ihr seid doch Feiglinge!“, Janni verdrehte die Augen und blickte zu Antti, der als einziger etwas zu ihm aufgeschlossen hatte, doch immer noch Abstand hielt. „Das gibt noch eine böse Überraschung…“; flüsterte Jarmo und atmete tief durch. Die Tür öffnete sich und ein Mann trat an die Luft. Ein Mann, groß und mit dunklen Haaren in einem weißen, schmierigen Shirt. „Was?“, sagte er unfreundlich, doch als er Janni erblickte, begann er zu lachen, „Was willst du denn hier? Schon wieder…“ „Rache…“, knurrte der Drummer. „Rache?“, der Mann blickte ihn lachend an, „Ich hatte vergessen, dass du genauso ein dummer Träumer, wie mein Sohn bist!“ „Klappe!“, knurrte Janni, funkelte ihn wütend an und schlug zu… „Dann bist du jetzt offizielles Mitglied von Death Line!“, sagte Mina grinsend und schloss Maila in ihre Arme. Die Gitarristin lächelte verlegen. „Ihr seid wirklich nett zu mir… Das… Das mach ich gut!“, sagte sie entschlossen. Manu lächelte sanft: „Aber das musst du doch nicht…“ „Doch, doch… Äh…“, sie dachte einen langen Moment nach, „Habt ihr vielleicht Hunger?“ Mina und Manu tauschten höchst skeptische Blicke aus. „Was ist denn? Ich kann sehr gut kochen!“, meinte die Violetthaarige fröhlich. Zweifelnd sahen die zwei anderen sich an. Bei der Vorstellung einer kochenden Maila drehten sich ihnen die Mägen um. Und vor Minas inneren Augen zeichneten sich monsterähnliche Gerichte wie „Pizza mit Erdbeeren und Schokoladensoße“ oder“ Steak in Tequila Sunrise getränkt“ ab. Es hätte sie nicht gewundert, wenn sie grün um die Nase bei diesen Vorstellungen geworden wäre. „Was schaut ihr denn so?“, Maila seufzte, „Aber glaubt mir, ich kann das wirklich!“ „Ja… Maila… Ganz… ganz bestimmt…“, stotterte Mina, „Aber…“, hilfesuchend blickte sie zu Manu. Dieser schien eine Lösung gefunden zu haben, denn er lächelte und antwortete: „Aber Maila, wenn du das wirklich machen willst, dann solltest du… Für uns alle kochen und nicht bloß für mich und Mina.“ Mina glaubte zwar mit dieser Aussage der Katastrophe nicht zu entkommen, doch wenigstens für einen Moment war das Unglück abgewendet, deshalb schloss sie sich schnell nickend an: „Genau… Wenn dann… sollten wir alle vier… in… den Genuss deiner… Kochkünste kommen…“ Gott und ihrer Mutter sei Dank, dass die Schwarzhaarige Lügen konnte ohne rot zu werden… „Langsam solltest du genug haben, Kleiner…“ Janni schluckte, er hielt sich nur noch zitternd auf den Beinen, aus seiner Nase lief bereits Blut und der Rest seines Gesichtes sah nicht merklich besser aus… „Ich…“, keuchte er kraftlos, „Ich bin nicht so zerbrechlich… Wie Manu…“ „Das ist auch der Grund warum mir das hier keinen Spaß mehr macht!“, meinte der Mann mit donnernder Stimme. „Antti, nicht!“, rief Janni, der aus den Augenwinkeln bemerkte, wie der Bassist sich vom Boden erheben und helfen wollte. „Sei nicht dumm!“, rief dieser zurück. „Ich brauche keine Hilfe!“, knurrte der Drummer zurück. „Doch aber von einem guten Therapeuten…“, murmelte Jarmo und verdrehte die Augen. „Wir müssen etwas tun!“, meinte Jonne, der immer noch neben dem blonden Bassisten stand. „Hast du nicht gehört, er will keine Hilfe…“, seufzte Jarmo, „Vielleicht lassen ihn die nächsten Schläge ja aufwachen…“ Janni versuchte erneut anzugreifen, doch es schlug ein erneutes Mal fehl. „Warum…“, keuchte er unter schwerem Atem, „Wie können Sie einem Menschen… Wie Manu… So etwas antun… Sie Monster!“ „Es reicht!“, Manus Vater schubste den Drummer weg, „Weiter lasse ich mich auf meinem Grund und Boden nicht beleidigen! Du bist selbst schuld!“ Der Mann hob die linke Hand, die vorher eher hinter seinem Rücken verwunden war. In ihr trug er eine leere Wodkaflasche, die er nun gegen den Türrahmen schlug, so dass der Boden zerbrach. Immer noch benommen von dem letzten Schlag starrte Janni ihn aus großen Augen an, wie er nun die neugewonnene Waffe hob und damit auf den Kopf des Drummers zielte. „Out of Control“, murmelte Jarmo und fasste blitzschnell in seine Jacke. Im nächsten Moment donnerte sein Schrei über den kleinen Vorgarten in Richtung Haus: „“Stopp! Lassen Sie auf der Stelle die Flasche fallen!“ „Wer sagt das?“, lachte Manus Vater, doch als er sich Jarmo zuwandte, wurde er auf der Stelle bleich. Der Bassist sah ihn aus fast schon toten Augen an und richtete einen Revolver auf ihn. Jonne neben ihm machte im Thema Verlust der Gesichtsfarbe Manus Vater starke Konkurrenz. Er brachte keinen Ton mehr heraus, genauso ging es Antti und Janni. „Junge… Nimm das Ding runter!“, sagte der Mann in der Tür kalt. „Ich wiederhole nur noch einmal: Sie sollen die Flasche fallen lassen, und dann entfernen Sie sich von meinem Freund!“, meinte der Halbfinne mit harter Stimme und richtete den Lauf der Waffe weiterhin auf den Mann. „Das ist doch ein Fake. Das Ding ist nie im Leben scharf! Nimm es weg!“, meinte dieser höhnisch. „Nicht scharf?“, Jarmo lachte leicht und kühl auf und richtete die Waffe nur ein kleines Stück neben den Mann auf den Türrahmen. Innerhalb von einer Sekunde entsicherte er und drückte ab. Die Kugel schlug mit lautem Krachen in das Holz und hinterließ ein tiefes, schwarzes Loch. „Ich glaube, sie ist sehr wohl scharf…“, meinte Jarmo und richtete den Lauf wieder auf Manus Vater. Dieser lachte, jetzt jedoch nicht mehr gehässig, sondern sehr nervös: „Du… Du bluffst nur… Du würdest nie auf einen Menschen feuern…“ Der Ausdruck in Jarmos Augen wurde Angst einflößend kalt: „Ich habe auf Menschen geschossen, die es viel weniger verdient hätten als Sie. Also halten Sie die Klappe und tun Sie was ich gesagt habe! Noch einmal, wiederhole ich mich nicht!“ Die Luft schien noch kälter zu sein, als sie an diesem Novembertag ohnehin schon war und auch Jarmo fühlte etwas Kaltes in sich, etwas, das er hasste, aber genauso sehr etwas, gegen das er sich in diesem Moment nicht wehren konnte… „Sollten Sie nicht bald auf meine Aufforderung reagieren, sehe ich mich gezwungen zu schießen und bei Gott; Legen Sie es nicht darauf an! Ich bin nicht stolz drauf, aber durch diese Adern fließt immer noch genug dreckiges, amerikanisches Blut um so etwas zu tun!“ Einen Moment lang starrten sich die zwei nur an, dann ließ der alte Mann die Flasche fallen. „Verlasst mein Grundstück“, knurrte er mit letzter Kraft, dann drehte er sich schnell und knallte hinter sich die Tür zu. „Oh mein Gott, Jarmo…“, murmelte Jonne erschrocken, „Das war…“ „Unglaublich!“, unterbrach Janni ihn völlig begeistert und ging staunend auf den Bassisten zu. „Das war nicht das, was ich sagen wollte…“, sagte Jonne seufzend. „Ich versteh schon…“, murmelte Jarmo, sicherte den Revolver wieder und verstaute ihn in seiner Jacke. „Wo zum Teufel hast du das Ding her?“, fragte Antti ihn ernst. Der Halbfinne seufzte tief: „Ich war Berufssoldat in Amerika. Als sie mir meine Ausrüstung wegnahmen, müssen sie die hier wohl vergessen haben…“ Er verzog das Gesicht kurz und zuckte dann mit den Schultern. „Warum hast du aufgehört? Das ist so… unglaublich stark!“, Janni sah ihn aus großen Augen an. Jarmos Blick schien leer: „Krieg ist nicht so lustig wie Krieg spielen…“, murmelte er und wendete sich ab, dann blickte er über die Schulter zurück zu dem Drummer und seine Augen waren ein letztes Mal eiskalt: „Ich hoffe das reicht dir als Rache… Ich mache das nämlich nicht noch mal mit. Mit so einem kannst du nicht reden oder kämpfen. Das hier war der größte Sieg, den du davon tragen kannst, versuch das einfach zu begreifen und belass es dabei…“ Kapitel 28: V2: 2. Elokuu ------------------------- Stand, 2. August, Tampere, Finnland „Ich? Mein Name ist Manu… Ich bin 14 Jahre alt. Und ich habe meinen ersten Freund… Also meinen ersten richtigen… neben meiner Gitarre, meine ich… Also, na ja… Das ist toll, ich habe irgendwie das Gefühl, dass es langsam bergauf geht… Auch wenn Janni schon komisch ist, so ist er ein wirklich netter Typ… Und ich habe einen Freund… Ich bin nicht mehr allein… Das… Das macht mich im Moment glücklich…“ „Ich? Ich bin Janni, 16 Jahre alt. Ja, mein Leben geht so. Ganz normal, alles cool. Ich hab vor einiger Zeit diesen Typen kennen gelernt. Manu… Ja, wir sind Freunde geworden. Er ist anders als meine anderen Freunde, aber er ist ein guter Typ. Ich mag ihn irgendwie. Und zwar nicht nur, weil ich Angst habe, dass er mich verpfeifen könnte… So einer würde das nicht tun, da hab ich keine Angst. Nein, ich denke, ich mag ihn wirklich. Freundschaftlich versteht sich…“ „Ich? Mein Name ist Mina und ich… hasse meine Mutter! Sie ist… ganz einfach die schlimmste Frau der Welt! Sie ist das Böse! Ein Monster, Ungeheuer, eine hundsgemeine Diktatorin! Ich hasse sie… Warum? Warum nur… Warum tut sie mir das an? Wieso? Wie kann sie nur? Wie kann sie das ihrer einzigen Tochter antun? Ich verstehe das nicht… Es geht nicht in meinen Kopf! Warum? Warum gönnt sie mir nicht glücklich zu sein? Sie ist ein bösartiges Monster…“ (Stand, 2.August, New York, USA) „Ich? Mein Name ist Jarmo. Meine Mutter ist in Finnland gestorben. Seitdem lebe ich bei meinem Vater in Amerika. Er nennt mich nicht Jarmo, er mag meinen finnischen Namen nicht. Er sagt immer Dan zu mir. Das ist der Name, den er mir gegeben hat… Seit Mama tot ist, habe ich immer mehr das Gefühl, dass der finnische Teil in mir auch stirbt… Das ist traurig. Ich mochte ihn mehr als den amerikanischen. Ich bin gerade dabei mich zu verabschieden, von meinem Zimmer und all meinen Sachen. Mein Vater schickt mich nämlich zur Ausbildung zum Berufssoldaten. Ich werde lange Zeit nicht nach Hause kommen…“ „Ich? Ich bin Maila und mein Leben? Es läuft halt so wie es läuft. Und manchmal rennt man eben einfach hinterher. Na und? Gott hat Rückschläge erfunden um uns stärker zu machen… So… Oder so ähnlich hat meine Mutter auf jeden Fall mal gesagt… Na ja, ist ja auch nicht so wichtig. Es läuft, wie es läuft, warum sollte ich traurig sein, nur weil es gerade schlecht läuft? Weil das jeder tut? Weil das normal ist? Ich sag euch mal was; normal ist langweilig und ich bin alles, aber ganz bestimmt nicht langweilig!“ V2: 2. Elokuu „Maila, kannst du dir vorstellen, warum du hier bist?“ Seine Augen… Seine Augen machten sie fast verrückt – und das war wahrscheinlich das absurde an dieser Situation. Sie waren so anders. Nie hatte das Mädchen solche Augen gesehen. Braun und warm. Es machte ihr Angst. Seine ganze Körperhaltung schüchterte sie ein. Sie war so untypisch für einen Mann; nicht erhoben, nicht stolz, nicht richtend. Er trug die Schultern und das Kinn nicht nach oben so wie Mailas Onkel oder ihr Vater… oder Juha… Er war so völlig anders. Diese Haltung, die Sicherheit, die er ausstrahlte, das alles machte sie fertig, sie wusste einfach nicht, was sie damit anfangen sollte. „Ich tippe, weil ich gestern Mittag beim Essen für einen Moment nicht gelächelt habe…“, sagte sie trocken und starrte den Mann stur an. Er lächelte sanft: „Du hast viel Phantasie.“ „Daran kann es natürlich auch liegen…“ „Maila, ich denke nicht, dass du hier bist, weil du nicht gelächelt hast…“ „Es stimmt aber. Meine Mutter hat das sicher verwirrt. Ich lächele nämlich sonst immer“, meinte das Mädchen und blickte ihn an, „Aber vielleicht haben sie auch Recht und es liegt eher daran, dass ich versucht habe meine Haare mit Spinnenblut zu färben.“ „Mit Spinnenblut?“, ihr Gegenüber zog die Augenbrauen hoch. „Ja, sie wissen schon, es ist grün. Manche glauben, Spinnenblut sei durchsichtig, weil, wenn man sie zerdrückt, manchmal so eine durchsichtige Flüssigkeit raus kommt, aber das ist nur ein Schutzmechanismus, sie sind dann nicht wirklich tot, sondern stellen sich nur tot“, erklärte Maila mit einem leicht abgedrehten Lächeln. Der Mann sah sie erstaunt an. Daraufhin seufzte sie: „Wissen Sie, ich wollte schon immer grüne Haare haben… aber das steht mir nicht, ich hab nicht das Gesicht dafür…“ „Maila…“ „Müssen Sie immer meinen Namen nennen?“ „Natürlich nicht. Also. Grün? Das ist die Komplementärfarbe von Rot.“ Für einen Moment wurde Maila bleich und dachte an Juhas Haare… „Warum… sagen Sie mir das?“ „Manchmal hat selbst so etwas, etwas zu bedeuten“, seine Stimme klang so freundlich und so ruhig, „Außerdem dachte ich, wir unterhalten uns ein bisschen.“ Maila schnaubte leicht: „Tun Sie das mit allen Irren?“ „Ich würde dich nicht als irre bezeichnen, Maila…“ „Wenn Sie meinen…“; murmelte sie und seufzte. „Kommen wir noch mal zu dem Spinnenblut zurück…“ „Zu was?“ „Das mit dem du deine Haare färben wolltest!“ Sie sah ihn einen Moment lang verwirrt an, dann nickte sie: „Ach ja… Ja, natürlich…“ „Maila, ich möchte gerne mit der echten Maila reden“, sagte der Mann und sah ihr tief in die Augen. „Der echten Maila? Halten Sie mich für schizophren? Herr Psychologe?“, skeptisch betrachtete sie ihn, „Das wäre allerdings mal was Neues. ‚Maila ist schizo…‘ Das klingt gar nicht übel, gefällt mir. Aber ich glaube, meinen Eltern wird das nicht so gefallen, und immerhin werden Sie von denen bezahlt, also sollten sie sich das Urteil noch einmal genau überlegen.“ Der Mann seufzte: „So meine ich das nicht. Maila, ich halte dich nicht für verrückt und auch nicht für schizophren. Du musst mir nichts vorspielen, und erst Recht nicht die Verrückte. Du kannst hier du selbst sein, du musst mir keine Rolle vormachen.“ „Eine… Rolle?“, Maila legte den Kopf schief, „Das wollen Sie also meinen Eltern sagen?“ „Es geht hier nicht darum, was ich deinen Eltern sage… Ich möchte die echten Maila finden…“ Das Mädchen seufzte. „Es geht also doch darum, dass ich nicht gelächelt habe… Darum, dass ich nicht die glückliche Tochter war. Gut, dann hören Sie mir mal zu…“ „Na, komm schon!“, rief Janni und packte Manu am Arm. „Nein… nein… Ist schon gut, Janni… Ich… sollte jetzt wirklich nach Hause gehen…“, stotterte der Braunhaarige. „Bist du blöd? Es ist Freitagnachmittag! Da kannst du doch wohl mal länger weg bleiben, oder?“, lachte der Blonde und zog seinen Freund zum Haus. „Eigentlich nicht…“, flüsterte Manu, aber er schaffte es nicht sich gegen Janni zu wehren. Dieser war schon an der Tür angekommen und kramte in seinen Hosentaschen nach dem Schlüssel. „Ach sei nicht so! Ich stelle dir meine Mutter vor. Sie nervt zwar extrem, aber sie kann super kochen!“, erklärte Janni lachend. „Aber…“, stotterte der Jüngere, doch da wurde er bereits in das Haus gezogen. „Mum! Ich bin wieder da und ich habe jemanden mitgebracht!“, schrie der Blonde durch das Haus und trat seine Turnschuhe in eine Ecke des Flures. Zögerlich zog Manu seine Schuhe aus und betrachtete seinen Freund skeptisch. „Oh Janni, nein! Bist du denn des Wahnsinns, Junge!“, rief eine Frauenstimme aus dem Inneren der Wohnung, „Wenn du jeden Tag in der Woche deine Freund mitbringst, werden wir arm! Nicht nur, dass du so viel frisst, die eifern dir ja auch noch alle nach!“, schimpfend kam eine blonde Frau mittleren Alters in den Flur, in der rechten Hand hielt sie einen Kochlöffel. Als sie Manu erblickte wurde sie rot. „Das ist dein Freund?“ „Ja, genau“, meinte Janni grinsend. „Ich… Ich werde… sicher nicht zu viel essen… wenn… ich zum Essen bleiben dürfte“, stotterte Manu und sah die Frau aus großen Augen an. „Der… ist ja richtig süß…“, murmelte Jannis Mutter, „Ähm… Wenn das so ist… Natürlich darfst du mitessen, Kleiner… Es tut mir leid, ich dachte du seiest mal wieder einer von Jannis Chaoten“, sie lächelte ihn sanft an. Ihr Sohn verdrehte die Augen. „Du redest über meine Freunde…“, murmelte er genervt und blickte zu Manu, „Keine Sorge, so abgedreht ist die immer drauf…“ „Schatz…“ „Raus!“, schrie Mina, sie lag auf ihrem Bett und drückte ihr Gesicht ins Kissen. „Ich bin noch gar nicht in deinem Zimmer, Kleine.“ „Trotzdem!“, die Tränen flossen ihr Gesicht herunter und verschmierten das Kissen weiter. „Aber Schätzchen…“, unter leisem Knarren öffnete sich die Tür. „Nein!“, kreischte Mina, „Lass mich allein!“ „Erst, wenn du mir gesagt hast, was hier los…“ Das Mädchen hob den Kopf und sah ihren Vater aus verheulten Augen an. „Mama!“, fauchte sie, wie eine geschlagene Katze. Der Mann seufzte und ging langsam auf ihr Bett zu. „Was hat deine Mutter nun schon wieder getan?“ „Sie… Sie… Torsti…“, die Tränen unterdrückten ihre Stimme, „Tu irgendwas!“ Mit sanften Augen sah er sie an. „Mina, Schatz, beruhige dich, was ist denn los?“ Sie atmete tief durch, starrte ihn gerade heraus an und schüttelte dann den Kopf. „Ach vergiss es, du hältst doch eh zu ihr! Und jetzt kann man sowieso nichts mehr ändern!“ „Mina…“, er seufzte und legte die Arme um sie, „Was ist passiert?“ „Torsti… Und ich sind keine Freunde mehr…“, schniefte sie und legteihren Kopf an seine Brust. „Hat deine Mutter etwas damit zu tun?“, ernst blickte er sie an. Weinend nickte sie. „Ich werde mit ihr reden. In Freundschaft mischt man sich nicht ein!“ „Aber… Papa…“, zitternd blickte Mina ihn an, „Torsti ist trotzdem verloren…“ Ihr Vater lächelte, drückte sie noch einmal sanft an sich und sagte dann bevor er ging: „Gib nicht auf…“ Doch er wusste nicht, was sie wusste. Dass sie schuld daran war. Ihre Mutter hatte ihr zwar Druck und Angst gemacht, doch Mina hatte ihm gesagt, dass sie ihn nicht mehr sehen wollte. Es hatte ihr das Herz gebrochen, doch sie hatte ihm das Herz gebrochen. Es gab keine Chance, und da sollte man nicht aufgeben? Mina ließ den Kopf hängen, schmiss sich wieder auf ihr Bett und weinte… Und sie weinte noch einige Stunden später, bis ihre feuchten Augen schließlich vor Erschöpfung zufielen… Jarmo hasste Amerika. Er hasste alles, was damit zu tun hatte. Angefangen mit seinem Vater. Doch eben dieser schickte ihn nun zu etwas, das Jarmo noch mehr hasste als Amerika, denn es vereinte gleich zwei Sachen, die er verabscheute. Gewalt und Amerika. In Jarmos Augen passte das, jedoch nicht zu ihm. Er sah in jedem Moment die unglaubliche Sinnlosigkeit, die in ihm steckte, und die verschwendete Zeit. Seufzend stand er zwischen jungen Amerikaner, die ganz anders dachten als er… Er fühlte sich unwohl und unbeschreiblich fehl am Platz. „Sie sprechen nur, wenn sie aufgefordert werden!“, die Stimme des Ausbilders klang so bellend, dass ein echter Hund schlecht gegen ihn abgeschnitten hätte, „Und sie beginnen ihre Sätze mit ‚Sir‘ und sie beenden sie auch damit!“ Er stand direkt vor Jarmo und seine kalten, sturen Augen stierten ihn an. „Verstanden?“, brüllte er dem Halbfinnen ins Gesicht. Dieser seufzte. „Sir… Ja, Sir.“ Skeptisch betrachtete der Amerikaner ihn. „Name?“, schrie er. Jarmo seufzte erneut und bewegte den Kopf leicht: „Sir, Jarmo Dan Smith, Sir.“ „Was ist Jarmo für ein bescheuerter Name?“, bellte der Ausbilder. „Sir, ein finnischer, Sir.“, Jarmo erwiderte den festen Blick mit Gelassenheit. „Finnisch…“; murmelte der Mann vor ihm, dann fing er wieder an zu schreien, „Und warum sprechen sie so leise, Privat?“ „Sir…“, der Finne musste leicht grinsen, „Schreien ist ein Zeichen von Schwäche. Menschen, die Unrecht haben, schreien immer, Sir.“ Das Gesicht des Amerikaners färbte sich purpurn, doch Jarmo zeigte keine Reaktion. „Hören sie gut zu, Privat, dies ist die Welt des Krieges! Wenn sie nicht kämpfen, sind sie schwach und wenn sie nicht schreien, sind sie es auch, das sind die Regeln! Wenn sie sich nicht an diese Regeln halten, sind sie entweder ein Deserteur oder eine Schwuchtel! Privat, sind sie ein Deserteur?“, bei diesen Worten kam der Mann Jarmo unangenehm nahe… „Sir…“, antwortete der Finne ruhig, „Ich bin hier, Sir.“ „Gute Antwort! Dann gehe ich davon aus, dass sie eine Schwuchtel sind! Privat Smith, sie sind von nun an Privat Schwuchtel!“ „Toll…“ „Was war das?“ „Sir, ich sagte: Toll, Sir.“ „Sie müssen Respekt lernen, Privat Schwuchtel: Hundert Liegestütze! Sofort!“, schrie der Ausbilder. Jarmo seufzte tief. Wie sinnlos diese Zeit doch war… „Sir, ja, Sir.“ Manu kam am frühen Abend nach Hause, er öffnete die Tür so leise wie möglich und schlich in den Flur, doch es war alles umsonst… „Manu!“, wie das laute Krachen des Donners schlug die Stimme seines Vaters ihm entgegen. Er zitterte. „Ja“, sagte er leise. „Wo warst du so lange?“ Der braunhaarige Junge zitterte am ganzen Körper und blieb nah an der Tür stehen, sein Vater klang wirklich unglaublich wütend. „Manu! Komm jetzt her!“ Ängstlich gehorchte er und ging zitternd ins Wohnzimmer. Sein Vater saß in seinem Sessel und sah ihn an. „Jetzt rede schon!“ „Ich… Ich war noch… unterwegs…“ „Unterwegs?“, der Mann stand auf und starrte mit voller Größe auf ihn herab, „Was habe ich dir gesagt?“ „Ich…“, stotterte er, „Ich soll… nicht so lange draußen sein…“ Der Mann grinste: „Richtig und was hast du gemacht?“ „Ich…“, der Braunhaarige hatte Angst, Angst davor seinem Vater zu gestehen, dass er einen Freund hatte, Angst, das Haus dann nie wieder verlassen zu dürfen… „Ich habe… die Zeit vergessen… in der Schule…“ „Du lügst mich an“, knurrte sein Vater ihn an. „Nein!“, sagte Manu schnell, doch da hatte sein Vater bereits zugeschlagen. „Verschwinde! Auf dein Zimmer!“, schrie er ihn an. Zitternd lief er aus dem Wohnzimmer. Tränen liefen sein Gesicht hinab… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)