Visual Kei One Shots von Scarlet_Phoenix (Eine OS-Sammlung rund um das Thema Visual Kei und ihre Bands~) ================================================================================ Kapitel 1: Your Smile that I hold on to --------------------------------------- Es gab Tage, an denen man einfach nicht vermochte, das Bett zu verlassen, und sich sehnlichst wünschte, dieser Tag möge doch bereits zu Ende sein. Heute war ein solcher Tag. Als der Wecker klingelte, und das Klingeln wollte einfach nicht aufhören, da schlug der Schwarzhaarige einfach nur müde seine Augen auf und tastete nach dem nervtötenden Gerät. Nachdem er dieses zu fassen gekriegt hatte, drückte er auf den Aus-Knopf und zog die Decke wieder weit hoch, um weiterzuschlafen. Doch dazu kam er gar nicht, denn in diesem Augenblick vernahm er die Melodie seines Handyklingeltons. Seufzend richtete er sich in seinem Bett auf, griff nach dem Telefon und nahm mit verschlafener Stimme ab: „Hallo?“ Sogleich bereute er es, abgenommen zu haben, ohne auf das Display geachtet zu haben. Denn wer konnte ihn in so einer Herrgottsfrühe anrufen? Natürlich, es war kein Anderer als sein Leader. Von diesem wurde er sogleich fröhlich begrüsst und freundlichst darauf hingewiesen, dass die Proben heute noch anstünden und er erscheinen müsse, weil es unglaublich wichtig wäre. Seufzend versicherte er seinem Leader, dass er pünktlich sein würde, und legte schliesslich auf. Soviel zu dem Tag, der so schnell wie möglich vorbei sein solle, weil er keine Lust hat aufzustehen. Leicht murrend schlug er die Decke zurück und verschwand ins Bad, um sich umzuziehen und frisch zu machen. Nachdem alles erledigt worden war, zündete er sich eine Zigarette an, zog seine Jacke an, schulterte seine Gitarre und verliess die Wohnung in Richtung PSC Gebäude. Unterwegs machte er einen kurzen Abstecher in einen Starbucks, um sich einen Kaffee zu holen. So war er wenigstens halbwegs zu etwas zu gebrauchen. Als er sein Auto in der Garage abgestellt hatte und nun im Begriff war, in den Aufzug einzusteigen, der ihn auf die Etage bringen sollte, auf der sich ihr Proberaum befand, vernahm er schnelle Schritte und eine Stimme, die ihm so vertraut war: „Warte bitte auf mich! Der Aufzug braucht eine Ewigkeit. Und so lange habe ich keine Lust zu warten.“ Innerhalb kürzester Zeit war die Person, von der das Gerufene stammte, auch schon im Aufzug und schnappte nun nach Luft. Ein spöttisches Lächeln umspielte die Lippen des Älteren, als er auf den Knopf drückte und der Lift sich sogleich in Bewegung setzte. „Dir auch guten Morgen, Uruha“, begrüsste er den Leadgitarristen dann in einem genauso spöttischen Ton und kassierte sogleich dessen beinahe tödlichen Blick. „Nicht so viel Spott auf einmal, bitte. Und schon gar nicht am frühen Morgen!“, knurrte der Jüngere leise und strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. „Schlecht geschlafen?“ „Eher zu wenig...“, kam es murrend als Antwort. „Kai kann manchmal ein wahrer Sklaventreiber sein.“ „Wem sagst du das?“, erwiderte Aoi seufzend. Das PLING-Geräusch, das folgte, signalisierte den beiden Gitarristen, dass sie in ihrem Stockwerk angekommen waren. Schweigend gingen sie nebeneinander zu ihrem Proberaum und wurden sogleich von Kais immerwährendem 1000-Watt-Lächeln begrüsst. „Guten Morgen ihr beiden!“, kam es vom Drummer und ein doppelt gemurmeltes ‚Guten Morgen‘ war die Antwort. Die beiden machten sich daran, ihre Gitarren auszupacken, anzuschliessen und sie zu stimmen. Nachdem dies getan war, liess sich Uruha aufs Sofa fallen und die Anwesenden an seinem missmutigen Gemurmel teilhaben: „Unglaublich. Wir müssen bereits hier sein und die anderen dürfen zu spät kommen? Das ist ungerecht und schreit geradezu danach, behoben zu werden.“ Es ging in diesem Schema weiter, bis der sonst immer geduldige Leader das nicht mehr aushielt und den Leadgitarristen mit freundlicher Stimme und einem genauso freundlichen Lächeln bat, damit aufzuhören. Aber Uruha wäre nicht Uruha, hätte er tatsächlich sofort aufgehört. Also ertrugen die beiden Schwarzhaarigen dessen schlechte Laune weitere fünf Minuten lang, bis er von sich aus verstummte. „Welch ein Glück, dass du so viel Güte hast, unsere Ohren zu schonen“, meinte der Älteste der Anwesenden und konnte ein geschnaubtes ‚Ach, sei doch still‘ einstecken, was ihn nicht sonderlich kratzte. Vielmehr fragte er sich inzwischen ernsthaft, wo Ruki und Reita blieben. Dass der Bassist fehlte, war nicht weiter verwunderlich. Dieser hatte immer einen Hang dazu, zu spät zur Probe zu erscheinen. Aber dass von ihrem Sänger ebenfalls keine Spur zu sehen war, war doch etwas Seltsames, beinahe Besorgniserregendes. „Vielleicht sind die unterwegs gestorben oder so...“ „Aoi!“, rief Uruha empört aus, „Denk gar nicht erst daran!“ Ein Seufzer, ehe der Schwarzhaarige antwortete: „Du solltest mich inzwischen gut genug kennen, dass ich ihnen so etwas nicht wünschen würde oder dergleichen. Schon mal etwas von schwarzem Humor gehört?“ „Trotzdem, das geht zu weit, Aoi“, mischte sich nun auch Kai ein und dem Angesprochenen entwich abermals ein Seufzen. „Meinetwegen. Aber beklag dich nicht. Schliesslich warst du es, der mich heute hierher bestellt hat. An manchen Tagen bin ich einfach so.“ Der Gitarrist zuckte kurz mit den Schultern und verliess dann den Proberaum mit den Worten, dass er kurz eine rauchen würde. Im Hinterhof angekommen, zündete er sich eine Zigarette an und zog genüsslich an dieser, inhalierte den Rauch, nur um ihn kurz darauf wieder auszuatmen. Mit geschlossenen Augen hatte er sich gegen die Hausmauer gelehnt und hing seinen Gedanken nach. Seine Bandkollegen hatten ja Recht: Er hatte wirklich übertrieben mit dem, was er gerade von sich gegeben hatte. Deswegen wünschte er sich ja, dass ein solcher Tag, an dem er nur von Sarkasmus und dunkler Ironie umhüllt war, so schnell es ging, enden würde. Er wollte seine Freunde nicht mit dieser unerträglichen Seite an ihm verärgern. Doch der Tag hatte gerade erst begonnen und es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis er ganz vorbei war. „Hey, Aoi, alles in Ordnung?“, ertönte eine Stimme zu seiner Rechten und er schlug die Augen wieder auf, um die Person zu sehen, die ihm gefolgt war. „Hm...“, war alles, was er von sich gab, ehe er wieder an seiner Zigarette zog. Kai kaufte ihm die Antwort wohl nicht ganz ab, denn er blieb direkt vor ihm stehen und bedachte ihn immer noch mit einem besorgten Blick. „Es ist wirklich alles in Ordnung. Mach dir nicht immer gleich so viele Sorgen“, beteuerte Aoi seufzend und schloss wieder die Augen. Er hatte sich hierhin zurückgezogen, damit er niemanden belästigen konnte, aber das war in dem Moment gründlich schief gegangen, als es Kai war, der nach ihm sehen wollte. Kai, der immer fröhlich aufgelegt war, der in jeder Situation Rat wusste und jedem helfen wollte, der Streit aus dem Weg ging und schlichtete, der die gesamten Bandaktivitäten organisierte, die Ansprechperson in allen Angelegenheiten war, der nie schlecht gelaunt und beinahe nie wütend war, ... und der dauernd lächelte. Ein Lächeln, das so unschuldig, so liebenswürdig war, dass selbst das kälteste Herz dabei auftauen würde. Genau dieses Lächeln liebte er an Kai, schätzte es mehr als alles andere auf dieser Welt. Dieses Lächeln gab ihm Halt, wann immer er welchen brauchte, hielt ihn auf dem richtigen Pfad, zog ihn zurück auf die richtige Spur, falls er sich verlieren sollte, beruhigte ihn mit seiner von Unschuld gezeichneten Note. Denn genau das war Kai in seinen Augen: die Unschuld in Person, eine engelsgleiche Gestalt. Aoi drückte seine Zigarette aus und hing weiterhin seinen Gedanken nach. Er ertrug es nicht, dass diese Person sich um ihn sorgte, wo er doch an der ganzen Sache selber schuld war. „Wenn du dich nicht wohl fühlst, hättest du es doch nur am Telefon zu sagen brauchen. Ich hätte dich schon nicht verurteilt, wärst du nicht zur Probe erschienen“, meinte der Drummer in einer fürsorglichen Tonlage und veranlasste, dass der Ältere die Augen wieder aufschlug und seinen Blick auf ihn richtete. „Ich bin nicht krank“, beteuerte der Gitarrist leise, schüttelte dabei den Kopf. „Ich bin nur heute mit dem falschen Fuss aufgestanden, das ist alles.“ Eher überhaupt nicht aufgestanden, sondern vielmehr aus dem Bett geworfen worden, aber das musste nicht erwähnt werden. „Wenn wirklich alles in Ordnung ist, dann gehe ich zurück, okay? Also, wenn du noch etwas allein sein möchtest, dann kann ich auch allein nachsehen, ob Reita und Ruki inzwischen angekommen sind.“ Der Leader lächelte nun wieder und wollte sich gerade abwenden, als Aoi mit den Schultern zuckte. „Ich kann auch mitkommen und mich selbst davon überzeugen, dass die beiden noch am Leben sind.“ Schon wieder war es ihm passiert, doch dieses Mal kam kein Vorwurf, sondern nur ein witzelnder Kommentar von Seiten des Jüngeren: „Vielleicht sollten wir schon mal einen Suchtrupp nach ihnen losschicken. Nur um sicherzugehen, dass die beiden wirklich nicht tot sind.“ Er konnte nicht anders, als leicht zu schmunzeln, nachdem er die Worte vernommen hatte. Wenigstens war ihm Kai wegen seiner gewöhnungsbedürftigen Laune nicht böse. Im Proberaum war immer noch keine Spur von ihren fehlenden Bandkollegen. Sie fanden lediglich einen äusserst schlecht gelaunten Uruha vor, der missmutig an seiner Gitarre zupfte. „Was ist passiert? Ist dir der Himmel auf den Kopf gefallen oder hat dir jemand deine gute Laune gestohlen?“, fragte der schwarzhaarige Gitarrist sogleich, als er den Anderen erblickte, und konnte nicht verhindern, dass sich abermals ein spöttisches Lächeln auf seine Gesichtszüge legte und der ironische Unterton deutlich zu hören war. Wie nicht anders zu erwarten, schlug ihm gleich der giftige Blick des Leadgitarristen entgegen und er konnte auch den Grund für dessen schlechte Laune in Erfahrung bringen: „Spar dir deine Kommentare. Reita ist nach Kais Anruf wieder friedlich eingeschlafen und Ruki hat aus Versehen die falsche U-Bahn genommen. Wir können hier also noch gut eine halbe Stunde, wenn nicht gar eine ganze Stunde warten, bis wir mit den Proben beginnen können.“ Der Brünette blies sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und setzte einen Schmollmund auf. Dass dieser es hasste, warten zu müssen, war den Anwesenden klar. Vor allem, wenn er früh aus dem Bett geklingelt wurde, während andere friedlich weiterschliefen. „Und jetzt geht die Welt unter, was ja wirklich schade ist. So kann niemand deinen Gesichtsausdruck bewundern.“ „A-O-I!“ „Ich weiss, dass ich so heisse und sogar, wie ich meinen Namen zu buchstabieren habe. Trotzdem danke für den Hinweis.“ „Hör auf damit!“ „Womit?“ „Na, damit!“ „Ich muss sagen, du überraschst mich immer wieder. So treffend hast du dich wahrlich noch nie ausgedrückt.“ Uruha verdrehte nur sichtlich genervt die Augen, erwiderte aber nichts mehr darauf, weil dies sowieso keinen Sinn hatte. Doch das änderte nichts daran, dass der Jüngere drauf und dran war, seinem Gegenüber an die Kehle zu springen. So schaltete sich der Leader ein, der bis dahin den kameradschaftlichen Disput nur schweigend und grinsend verfolgt hatte: „Nun kriegt euch mal wieder ein. Uruha, du frisst ihm doch geradezu aus der Hand, wenn du dich so provozieren lässt. Und Aoi, lass es bleiben, ihn zu triezen. Du weisst genau, dass er dir unterlegen ist.“ Soviel zu Kais Dasein als Unschuld in Person. „Jetzt bist du auch noch auf seiner Seite? Danke vielmals, Kai, ich dachte, du seist unparteiisch?“, beschwerte sich der Brünette, blies die Backen auf und wandte sich nun endgültig beleidigt von seinen beiden Bandkollegen ab. „Sei nicht gleich so beleidigt. Fühlst du dich missverstanden? Dann musst du dich halt nur etwas deutlicher ausdrücken, Uru-chan~“, spöttelte der Zweitgitarrist und goss nur noch mehr Öl ins Feuer, was ihm durchaus bewusst war. Schon waren die beiden wieder in eine heftige Diskussion verwickelt, in der Aoi deutlich der Stärkere war, während Kai dem nur seufzend zusah. Nach einer dreistündigen Probe – Reita und Ruki waren wie vorausgesehen mit einer einstündigen Verspätung eingetroffen und hatten sich über die schlechte Laune Uruhas gewundert, auf Aois bedeutsamen Blick hin jedoch nicht nachgefragt – setzte Kai die Mittagspause an und erleichtert stellte die Band ihre Instrumente beiseite und ging gemeinsam hinunter in die Kantine. Dort trennten sie sich, schliesslich waren sie zwar Freunde und eine Band, sassen dennoch nicht vierundzwanzig Stunden am Tag aufeinander. Das würde sich auf die Dauer wahrscheinlich auch negativ auf ihre Freundschaft auswirken. Der Sänger setzte sich zu Kra, der Leadgitarrist und Bassist unterhielten sich lieber mit Tora und Saga, der Drummer suchte sich ein Plätzchen neben Izumi – wahrscheinlich ein typisches Gespräch unter Leadern – und der Gitarrist blieb allein in einer Ecke sitzen, was nicht weiter verwunderlich war, wenn er durch seine unnahbare Art gleich alle verscheuchte, die sich ihm womöglich noch nähern wollten. Ihm war das nur Recht so. Denn auf diese Weise konnte er niemandem etwas sagen, das er im nächsten Moment doch lieber zurückgenommen hätte, und es würde zu keiner Fehlkommunikation kommen. Schweigend und in seine Notenblätter vertieft, ass er zu Mittag und bemerkte nicht einmal, dass sich ihm jemand genähert und sich sogar neben ihm niedergelassen hatte, bis dieser jemand sich vernehmlich räusperte und ihn dazu brachte, aufzusehen. „Du warst so in deinen Gitarrenpart vertieft, da wollte ich dich eigentlich nicht stören. Doch nun sitze ich bereits seit gut einer Viertelstunde hier und wollte dir eigentlich nur eine Nachricht übermitteln, die dich nur eine Minute kosten würde.“ Der Leader lächelte ihn fortwährend an und schaffte es dadurch, dass sich ebenfalls ein leichtes Lächeln auf Aois Gesicht schlich. „Dann schiess mal los. Denn meine kostbare Minute läuft bereits ab“, entgegnete er nur schmunzelnd auf die Aussage des Jüngeren. „Ich wollte dich fragen, ob du etwas dagegen hättest, falls die Proben heute länger gehen. Ich wäre nämlich froh, wenn wir das Lied heute noch abschliessen könnten. Aber ich würde es auch verstehen, wenn du nicht bleiben möchtest. Schliesslich geht es dir nicht gerade besonders gut.“ Der Angesprochene seufzte nur leise und schüttelte den Kopf. „Ist schon gut. Ich habe dir bereits gesagt, dass es mir an nichts fehlt. Ich habe nur nicht gut geschlafen, das ist alles. Meinetwegen kannst du die Probe verlängern. Ich habe nichts dagegen.“ „Ehrlich? Du lügst mich jetzt nicht gerade an, oder?“ Der Gitarrist verdrehte die Augen. „Ehrlich und nein, ich lüge dich gerade nicht an. Das ist nicht einmal ironisch gemeint.“ Er sah dem Drummer an, wie diesen die Erleichterung durchflutete, als er die Antwort erhielt. „Na dann bleibt nichts mehr zu tun, ausser es Uruha schonend beizubringen und Reita und Ruki eine ‚Strafe‘ zu verpassen. Danke für die Minute.“ Nochmals ein Lächeln, dann hatte sich der Schwarzhaarige bereits wieder erhoben, um die Information den anderen Bandmitgliedern mitzuteilen. Kurz nachdem Kai den Tisch verlassen hatte, liess der Gitarrist seinen Kopf hängen und ihm entwich ein Seufzen. Er hatte es nicht verdient, dass sich der Jüngere solche Sorgen um ihn machte. Schliesslich hatte er einfach nur einen schlechten Tag und war selber schuld an der ganzen Sache. Er wollte nicht, dass die Person, deren Lächeln er bewahren wollte, sich seinetwegen solche Sorgen machte. Jeden Tag aufs Neue gab er sich Mühe, sich zusammenzureissen und zu beherrschen, seiner Sehnsucht nicht nachzugeben. Es fiel ihm sonst schon sehr schwer, weil er schon oft kurz davor war, seinen Gefühlen nicht zu erliegen und dem anderen alles zu gestehen, was ihm auf dem Herzen lag, ihm zu offenbaren, dass er ihn liebte. Und an Tagen wie diesen, fiel es ihm gleich doppelt so schwer, sich im Zaum zu halten. Er konnte, nein, er durfte nicht zulassen, dass der Drummer jemals von seinen Gefühlen erfuhr. Niemand ahnte etwas von seinen inneren Unruhen, am allerwenigsten besagte Person, und so sollte es auch bleiben. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn es jemand herausfände. Ihr Vertrauen zueinander würde abnehmen, ihre Freundschaft womöglich zerbrechen und ihre Band auseinander gehen. Doch am allerschlimmsten wäre es, wenn das Lächeln verblassen würde. Kai gab nie anderen Leuten die Schuld, nur immer sich selbst. So würde er auch die Schuld bei sich suchen, seine Gefühle nicht erwidern zu können. Und das konnte er nicht zulassen. Nie im Leben würde er es zulassen, dass das Lächeln des Jüngeren verschwand, dafür war es einfach zu kostbar. Da er es inzwischen nicht mehr in der Kantine aushielt und die Pause noch gut eine halbe Stunde dauerte, beschloss Aoi, hinauszugehen und kurz zu rauchen. Er nahm seine Noten mit und betrat kurze Zeit später den Hinterhof. Ein kühler Herbstwind wehte ihm entgegen und brachte ihn leicht zum Frösteln. Die Blätter, die noch farbenprächtig an den Bäumen hingen, rauschten unter dem leichten Wind und einige wurden sogar auf die Reise ins Unbekannte mitgenommen. Er liess sich auf einem Laubhaufen aus roten, gelben und goldbraunen Blättern nieder und schloss die Augen. Sein eben erst gefasstes Vorhaben zu rauchen war schon wieder vergessen. Im Moment beschäftigten ihn seine Gedanken weitaus mehr. Wann hatte er angefangen, Kai zu lieben? Genau, seit ihrem ersten Zusammentreffen. Wann hatte er begonnen, zu seinen Gefühlen zu stehen? Erst vor gut einem halben Jahr. Wann hatte er sie schliesslich akzeptiert? Bis heute noch nicht. Wieso konnte er seinen Leader nicht einfach als guten Freund und Bandkollegen sehen? Warum musste er sich in ihn verlieben? Denn dadurch gefährdete er alles: seine Freundschaft zu Kai, seine Freundschaft zu den anderen dreien und den Zusammenhalt der Band. Er spielte damit, alle und alles auf ewig zu verlieren. All die Dinge zu verlieren, die ihm so am Herzen lagen, die ihm so wichtig waren, wie ihm nichts zuvor wichtig gewesen war. Die ganze Sache war einfach nur zum Haareraufen. Nichts lief so, wie es laufen sollte. „Schläfst du?“, fragte eine ihm bekannte Stimme und liess ihn von den Gedanken loskommen. „Nein, und selbst wenn, wäre ich spätestens jetzt wieder wach, Ruki“, gab der Ältere seufzend als Antwort und erachtete es nicht einmal als nötig, seine Augen zu öffnen. „Wow... Ich dachte Uruha übertrieb wieder mal masslos, als er meinte, du seist heute überaus bissig drauf und man müsse sich vor dir fernhalten. Aber er hatte wirklich Recht. Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“ Auch ohne die Augen zu öffnen, wusste Aoi, dass der Sänger sich gerade eine Zigarette anzündete, was unschwer am Knipsgeräusch des Feuerzeugs zu erraten war. Abermals seufzend antwortete der Schwarzhaarige: „Nichts weiter. Habe nur schlecht geschlafen, bin blöd geweckt worden und demzufolge miserabel aufgestanden. Wahrscheinlich zu wenig Kaffee...“ „Oder du brauchst einfach Ruhe. Und dann setzt Kai noch Überstunden an. Du solltest wirklich nach Hause.“ „Danke, dass du mich so sehr loswerden möchtest. Ich hab dich auch unglaublich lieb, Ruki.“ „So habe ich das nicht gemeint.“ „Ach nein, wirklich?“ „Ich gebe auf. Bevor ich noch so fertig gemacht werde, wie Uruha erzählte, dass er fertig gemacht wurde.“ „Weise Entscheidung.“ Daraufhin schwiegen die beide eine Weile lang, bis der Blonde das Wort wieder ergriff: „Du weisst, dass du dich an mich wenden kannst, wenn du über etwas reden möchtest?“ Der Angesprochene nickte nur leicht. „Ja... Danke.“ Als die Pause dann vorüber war, kehrten sie zurück in ihren Proberaum. Es war draussen bereits dunkel, als sie kurz nach sechs Uhr ihre heutige Probe zufrieden und mit Kais Segen beenden konnten. Gemächlich packten sie ihre Instrumente beisammen, machten noch ab, wann die morgige Probe beginnen und enden sollte, und besprachen noch einige Termine, die in ferner Zukunft noch anstanden. „Vergesst nicht, dass wir nächste Woche ein Fotoshooting und ein Interview haben. Und in zwei Wochen drehen wir das Video zu Cassis“, erinnerte der Leader seine Band an die wichtigen Termine und von Reita kam ein leichtes Kopfschütteln. „Wie schnell die Zeit doch vergeht. Mir kommt es vor, als wäre es erst gestern gewesen, als wir Cassis zu komponieren begonnen haben.“ „Du wirst ja richtig nostalgisch.“ „Okay, Aoi, ich hoffe, du bist morgen etwas besser gelaunt und weniger angriffslustig. Nicht, dass es mir etwas ausmachen würde, aber na ja... Schönen Abend noch.“ Der Bassist verliess den Proberaum zusammen mit seinem besten Freund, der Sänger folgte ihnen kurz darauf. „Dann gehe ich auch mal. Bis morgen, Kai“, verabschiedete sich auch Aoi und wollte gerade gehen, als der Jüngere ihn zurückhielt. „Wartest du noch einen Augenblick?“ Ein unschuldiges Lächeln folgte der Frage und so nickte er nur und wartete im Türrahmen darauf, dass sein Bandkollege alles eingepackt hatte, nun mit ihm den Raum verliess und diesen kurz darauf abschloss. Sie gingen mehr schweigend als gesprächig zum Lift, fuhren mit diesem runter in die Garage und steuerten ihre Autos an. „Dich scheint etwas zu bedrücken. Über was denkst du so viel nach?“, unterbrach der Drummer schliesslich die Stille und war stehen geblieben, um den Gitarristen genau mustern zu können. Diesem blieben zwei Optionen: Lügen, doch das würde sein Gegenüber schnell merken, oder die Wahrheit sagen, was auch nicht besser war. So entschloss er sich zu einer Ausweichtaktik: „Ich mag im Moment nicht darüber reden.“ „Hm...“ Nachdenklich legte Kai den Kopf schief und seufzte schliesslich, weil er einsah, dass es nichts brachte, weiter nachzubohren. „Meinetwegen. Erzählst du es mir aber irgendwann?“ „Sicher.“ „Gut. Ich werde es nicht vergessen.“ Der Jüngere zwinkerte ihm noch kurz zu, ehe er ihm einen schönen Abend wünschte und anschliessend zu seinem Wagen ging, um nach Hause zu fahren. Kaum zu Hause angekommen, legte Aoi seine Gitarre beiseite, zog seine Jacke aus und liess sich gleich im Wohnzimmer auf die Couch fallen. Was hatte er da bloss für ein Versprechen gegeben? Eines, das er sicher nicht einhalten konnte. Er würde Kai niemals sagen können, was er für diesen empfand. Nicht, wenn er ihre Freundschaft so wertschätzte und sie unter keinen Umständen gefährden wollte. Ihm war zum Heulen zumute und doch fand keine einzige Träne ihren Weg über sein Gesicht. An solchen Tagen wollte er nicht aufstehen. Denn an Tagen wie diesen brach einfach alles über ihm zusammen. An derartigen Tagen litt er... und niemand konnte es sehen. All die bissigen Kommentare, die abweisende Art, die Angriffslustigkeit waren nur Mittel zum Zweck: Sie verhinderten, dass jemand hinter sein gut gehütetes Geheimnis kam. Irgendwann war auch er zu müde, um weiter darüber nachzudenken. Es hatte sowieso keinen Sinn, denn er würde nur immer zum gleichen Punkt zurückkommen. So beschloss er, diesen Tag zu beenden und schlafen zu gehen. Bevor er einschlief, nahm sich der Schwarzhaarige noch vor, das nächste Mal, wenn ein solcher Tag bevorstand, einfach im Bett zu bleiben. Und sollte die Welt dabei untergehen... Am nächsten Morgen erschien Aoi ziemlich gut gelaunt zur Probe. Uruha, der ihn heute Morgen eher vorsichtig begrüsst hatte, was nach dem gestrigen Vorfall auch nicht weiter verwunderlich war, staunte nicht schlecht, als kein sarkastischer Kommentar, nicht einmal der geringste Spott, zurückkam, sondern nur ein ebenso freundlich gemeinter Gruss. Der Gitarrist alberte herum, lachte mit den anderen mit, wenn etwas Witziges passiert war, und war einfach fröhlich aufgelegt, so wie immer eigentlich. Sie konnten sich ausgelassen unterhalten und brachten es sogar fertig, die Probe so gut zu bewerkstelligen, dass Kai sie heute früher nach Hause gehen liess und sie ihr Wochenende so in vollen Zügen geniessen konnten. Während er zusammenpackte, fiel sein Blick auf den Drummer, der sich gerade mit Ruki über den Gesangspart unterhielt. Es dauerte nicht lange, da bemerkte dieser anscheinend, dass er beobachte wurde, und blickte auf. Sein Lächeln, das er daraufhin aufsetzte, galt, in den Augen des Gitarristen, nur ihm selbst. Er erwiderte das Lächeln und verliess daraufhin, unter Verabschiedung von seinen Bandkollegen, den Proberaum. Zumindest hatten sie jetzt etwas, das sie miteinander verband, auch wenn es nicht die Art von Bindung war, die er sich vorgestellt hatte: Das Versprechen, das er Kai gestern gegeben hatte, würde er anscheinend doch irgendwann einlösen können. Und dann würde er bereit sein, bereit für alles, was diese Offenbarung mit sich brachte, sei es Freude, sei es Trauer. Doch bis Aoi das ernst gemeinte Versprechen einlösen konnte, bis dahin würde viel Zeit vergehen. Und während dieser Zeit würde er alles daran setzen, das Lächeln zu bewahren, das ihm so kostbar war, wie nichts auf Erden. Kapitel 2: It's just our little Secret -------------------------------------- Das dunkle Zimmer wurde lediglich durch das gedimmte Licht beleuchtet und befand sich so in einem ziemlich düsteren Zustand, doch das kümmerte die beiden Personen, die sich im Zimmer befanden, herzlich wenig. Im Gegenteil, er empfand es sogar als äusserst angenehm, dass das Licht nicht so grell war. Während der Körper in seinen Armen zu Wachs wurde, wisperte er verruchte Dinge in das Ohr des Älteren, der daraufhin sinnlich stöhnte. Das war noch schöner als Musik in seinen Ohren und seine Lippen bogen sich zu einem Lächeln, während er mit diesen über den sich ihm darbietenden Hals fuhr und jeden Zentimeter der samtig weichen Haut liebkoste. Seine rechte Hand befand sich zwischen den Beinen des anderen und bescherte diesem gerade unheimliche Lust, wobei er seinen anderen Arm um den Oberkörper des Grösseren geschlungen hatte und ihn so festhielt, damit er nicht gleich zu Boden glitt, da dessen Beine ihn nicht mehr so recht tragen wollten. Verständlich, angesichts der Tatsache, dass der andere von ihm in den siebten Himmel befördert wurde. Die linke Hand des Brünetten glitt leicht über die Brust nach unten und verschwand nun unter dem Shirt, ehe sie sich wieder hocharbeitete und nun die Brustwarzen umspielte, was den Älteren dazu verleitete, lustvoll aufzustöhnen. Der Kleinere war stolz auf seine Selbstbeherrschung, denn hätte er sie nicht gehabt, wäre er spätestens beim nächsten Stöhnen über seinen Bandkollegen hergefallen. Aber so blieb er nur still lächelnd hinter ihm stehen und stützte den Körper, der sich gegen ihn gelehnt hatte und unglaublich erhitzt war. Als er spürte, wie sich der Grössere langsam seinem Höhepunkt näherte, begann er mit der Zunge über den unbedeckten Hals zu fahren, biss leicht in die weiche Haut und übte zeitgleich etwas mehr Druck mit seiner rechten Hand aus. Es dauerte nicht mehr lange, bis der andere heiser keuchte und sich in seiner Hand ergoss, während sein schlanker Körper zitternd gegen ihn sank. Immer noch unbeirrt lächelnd entfernte der ‚Gönner‘ seine Hand aus der Hose und setzte sich auf das weiche Bett. Dabei hielt er seinen immer noch bebenden Bandkollegen immer noch fest und zog ihn auf seinen Schoss. Grinsend fuhr er mit der Zunge jeden einzelnen Finger nach, konnte es dabei nicht lassen, dies so demonstrativ verführerisch zu machen, dass sich der Ältere leicht über die Lippen lecken musste. „Und? Schmecke ich gut?“ „Mhm~ Unglaublich deliziös~“, schnurrte der Jüngere und setzte ein anziehendes Lächeln auf. „Lass mich probieren.“ Er konnte gar nicht schnell genug reagieren, weil ihn die Worte des Sängers nun so überrascht hatten, da hatte sich dieser auch schon so umgedreht, dass er nun rittlings auf ihm sass und ihn ungehindert küssen konnte. Er wäre wahrlich ein Idiot gewesen, wenn er den Kuss nicht erwidert hätte. Genüsslich ging er auf das Zungenspiel ein, zu dem ihn der Ältere einlud, und seufzte zufrieden in den Kuss hinein, während sich seine Hand in dessen Nacken legte und ihn etwas näher zu sich zog, um den Kuss zu vertiefen. Sanft wurde er hierbei nach hinten gedrängt und lag nun auf dem weichen Bett, auf welchem er nun weiterhin geküsst wurde. Nach einer schier endlos langen Weile lösten sich ihre Lippen voneinander und der Jüngere musste leicht grinsen. „Was ist jetzt? Teilst du meine Meinung?“ „Ich weiss nicht. Ich weiss lediglich, dass es in Verbindung mit dir unglaublich unwiderstehlich ist.“ Der Bassist lachte daraufhin nur leise und liess widerstandslos zu, dass der Ältere ihm seine Hände über dem Kopf festhielt, währenddessen er ihn mit seinen Augen fixierte. „Was soll das werden, Süsser?“, säuselte der Brünette mit anrüchiger Stimme und setzte nur ein verführerisches Lächeln auf. „Du gehörst definitiv verboten...“, war die leise Antwort des Grösseren. „Dann hat doch niemand etwas davon, Shou~“ „So wie du hier liegst, siehst du aus, als wärst du die pure Sünde selbst, Saga.“ „Ich könnte mich mit dem Gedanken anfreunden. Ich liebe es zu sündigen.“ Sein Bandkollege seufzte nur leise und verschloss seine Lippen wieder mit einem atemberaubenden Kuss. Er konnte so dermassen gut küssen, was man ihm aber nicht zutrauen würde, wenn man nach seinem fast schon unschuldigen Aussehen ging. Der Kleinere wehrte sich nicht und erwiderte den Kuss einfach nur mit voller Hingabe, obwohl ihm seine momentane Position doch etwas unbequem war. Es verging eine Weile, ehe sie den Kuss beendeten und der Ältere schliesslich aufstand und sich seufzend seine Hose wieder anzog. „Ich sollte wohl zurück.“ Saga nickte nur leicht und stützte sich auf seine Unterarme, um den anderen mustern zu können. „Du bist befriedigt?“ „Das fragst du noch?“ Der Jüngere grinste nur bei dem fast schon entgeisterten Tonfall in Shous Stimme. „Ich wollte nur sicher gehen. Aber wenn das ja der Fall ist, kann ich ja heute Abend beruhigt einschlafen.“ „Du perverser Bastard.“ „Hey, ich musste mich wehren. Du bist schliesslich wie eine Furie in mein Zimmer gestürmt und hättest mich getötet, wenn ich mich nicht verteidigt hätte.“ „So schlimm war es nicht.“ „Nein… Ich übertreibe ja masslos.“ Der Sarkasmus war überdeutlich aus seiner Stimme herauszuhören, was dazu führte, dass sein Gegenüber die Augen verdrehte. „Gute Nacht, Kazamasa.“ Der Kleinere sagte dies mit einer solch sanften Stimme, dass sein Bandkollege für einen kurzen Augenblick irritiert war, ehe er ihn anlächelte. „Schlaf gut, Takashi.“ Dann drehte sich der Sänger um und verliess das Zimmer. Nachdem die Tür hinter dem Braunhaarigen ins Schloss gefallen war, legte sich der Bassist zurück aufs Bett und blickte an die Decke. Seine Gedanken kreisten um das eben Geschehene, während er sich aufrichtete und ins Bad ging, um noch kurz zu duschen, bevor er schlafen gehen würde. Unter dem warmen Wasserstrahl schloss er die Augen und seufzte schliesslich leise. „Ich frage mich, wer die grössere Sünde ist, Kazamasa…“, murmelte er nach einer Weile leise vor sich hin. Schliesslich verliess er die Dusche, trocknete sich ab und zog sich noch kurz etwas über, bevor er zu seinem Bett ging und sich darauf fallen liess. Es dauerte nicht lange, bis er eingeschlafen war. Am nächsten Morgen verlief ihre Abreise gänzlich unspektakulär. Ihr Gepäck wurde zusammen mit ihren Instrumenten in einem Kleinbus transportiert, während die Band in den Van einstieg. Saga war mit Tora zusammen nach hinten gestiegen und blickte nun leicht gelangweilt aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Häuser. Als vor ihm das Fenster aufging, wehte ihm der Duft einer gewissen Person entgegen, den er unter vielen anderen problemlos wiedererkennen könnte. Erst jetzt fiel dem Bassisten auf, dass es Shou war, der direkt vor ihm sass. Leicht lächelnd streckte der Jüngere nun die Hand nach seinem Bandkollegen aus, um mit dieser durch das weiche Haar zu streichen. Das lautstarke Gespräch zwischen Hiroto, Tora und Nao, die neben ihm stattfand und in der es darum ging, wer was am Zielort mit seiner freien Zeit anstellen würde, nahm er gar nicht wirklich wahr. „Was wird das, wenn es fertig ist?“, fragte der Sänger leicht belustigt, schmiegte sich zur gleichen Zeit aber den Berührungen, die er empfing, entgegen. „Nichts. Ich wollte mich nur wieder davon überzeugen, dass du schönes Haar besitzt“, säuselte der Kleinere als Antwort. Der vor ihm Sitzende lachte nur leise. „Danke für das Kompliment.“ „Gerne doch~“ Schweigend fuhr der Brünette weiterhin über das lockere Haar und war in seinen eigenen Gedanken versunken, bis er aufschreckte, da er einen Ellbogen in seiner Seite gespürt hatte, und aus grossen Augen zu dem Gitarristen neben ihm blickte. „Ja?“ Die eben noch geweiteten Augen verengten sich nun zu Schlitzen. „Jetzt sei nicht gleich so bissig. Du hast mich doch ignoriert.“ „Ich habe dich nicht ignoriert, ich habe dich nur nicht gehört, weil ich über etwas nachgedacht habe. Das ist ein riesiger Unterschied, Tora.“ „Wie auch immer. Ich habe dich gefragt, was du in Nagoya machen wirst.“ Der angesprochene Bassist verdrehte leicht die Augen, zog seine Hand wieder zu sich und lehnte sich zurück in seinen Sitz. „Weiss nicht. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Vielleicht durch die Strassen schlendern.“ „Shoppen! Da bin ich dabei~. Ich darf doch mitkommen, oder, Saga-sama?“ Der Sänger hatte sich umgedreht und liebäugelte ihn an, sodass der Jüngere zunächst grinsen und dann lachen musste. „Aber klar doch. Ich brauche schliesslich jemanden, der meine Einkaufstaschen trägt.“ Der Grössere sah ihn zunächst entgeistert an, blies die Backen anschliessend jedoch beleidigt auf. „Ich bin doch nicht dein Dienstmädchen!“ „Nein, nur mein Laufbursche.“ Dem Schlag, den Shou ihm verpassen wollte, konnte der Kleinere gerade noch so ausweichen, indem er sich in seinem Sitz leicht nach unten gleiten liess. „Daneben~“ „Na warte, du kannst dich nicht ewig vor mir verstecken!“ „Könntet ihr beide bitte aufhören, euch wie Kleinkinder zu benehmen? Setz dich wieder richtig hin, Shou. Wir fahren!“, kam es tadelnd von ihrem Leader, der aber zeitgleich über das Geschehen vor seinen Augen schmunzeln musste. Es folgte ein finsterer Blick von dem Sänger, bevor sich dieser wieder umdrehte und vorschriftsgemäss hinsetzte. Der Jüngere lächelte nur und blickte anschliessend wieder aus dem Fenster. Die erhitzten Gespräche um ihn herum blendete er wieder aus und zusammen mit der vorbeiziehenden, ziemlich eintönigen Landschaft, fielen ihm die Augen langsam zu und er nickte ein. Ein vorsichtiges Rütteln an seiner Schulter, gefolgt von leisem Kichern veranlasste den Brünetten schliesslich dazu, seine Augen wieder aufzuschlagen. Leicht verwirrt blickte er seine Bandkollegen an, die allesamt grinsten oder zumindest lächelten. „Du siehst unglaublich süss aus, wenn du schläfst, wusstest du das?“ Er murrte nur leise auf die Aussage Hirotos hin und strich sich einige verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Da könnte man glatt denken, dass unser grosser Saga-sama geradezu unschuldig ist.“ „Unschuldig? Bei dir ist wohl eine Schraube Locker, Nao. Saga ist alles, aber nicht unschuldig!“ „Nett, dass du ein solches Bild von mir hast, Tora. Ich fühle mich geradezu geehrt“, entgegnete der Bassist nur mit einem betont ironischen Unterton in seiner Stimme. „Wieso hast du mich geweckt?“ „Ach, das fragst du dich auch schon? Wir machen eine Rastpause und ich dachte mir, du könntest auch etwas frische Luft vertragen und deine Beine vertreten wollen. Die anderen meinten zwar, ich solle dich weiterschlafen lassen.“ Saga zog bei der Antwort des Gitarristen eine Augenbraue in die Höhe, sagte aber zunächst nichts, ehe er lächelte. „Und wieso sitzt ihr immer noch im Auto? Steigt aus, damit wir auch noch rauskommen und die kurze Zeit sinnvoll nutzen können.“ Kurz darauf waren alle aus dem Auto gestiegen und gingen gemeinsam zu dem kleinen Imbiss dieser Raststätte. Auf dem Weg dorthin zündete sich der Brünette eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Während seine Freunde reingingen, um etwas zu kaufen, blieb er draussen stehen und genoss die sanfte Brise, die mit seinem Haar spielte. „Was ist heute mit dir los? Du bist sonst nie so gedankenverloren und geistesabwesend.“ Der Angesprochene blickte zur Seite und musterte das nachdenkliche Gesicht seines schwarzhaarigen Bandkollegen. „Mir geht’s gut. Es ist nichts.“ „Mhm…“ „Denkst du, ich lüge dich an?“ „Nein, aber du sagst auch nicht gerade die Wahrheit.“ Der Jüngere seufzte leise. „Du bist hartnäckig. Und viel zu neugierig.“ „Ach, so bezeichnet man seit Neuestem die Sorge um einen Freund?“ Der Grössere blickte ihn mit Skepsis in der Miene an, was den Bassisten zum Schmunzeln brachte. „Du musst dir wirklich keine Sorgen machen, Shinji. Mir geht’s wirklich gut. Bin nur etwas nachdenklich, was die letzte Nacht angeht…“ „Letzte Nacht?“ „Ich habe Shou einen runtergeholt.“ „Aha…“, gab der Ältere nur von sich, während der Kleinere durch die Glastür nach innen blickte und ihre Bandkollegen beobachtete. Plötzlich weiteten sich die Augen des Gitarristen, dem die Zigarettenpackung, die er sich gerade aus seiner Jackentasche geangelt hatte, zu Boden fiel, als er die ganze Bedeutung der eben gehörten Antwort begriff. „Du hast was?!“, fragte Tora entgeistert und blickte ihn ungläubig an. „Du hast mich schon verstanden. Oder wurdest du etwa nie aufgeklärt, Tigerchen?“ „Lenk nicht ab! Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“ „Ich lenke überhaupt nicht ab, und doch, es ist mein voller Ernst. Du wolltest die Wahrheit und nun hast du sie.“ Anschliessend rauchte Saga seine Zigarette zu Ende und drückte die Kippe im Aschenbecher aus, während eine leicht bedrückende Stille zwischen ihnen herrschte. Der Schwarzhaarige war immer noch dabei, das Gesagte zu verarbeiten, sodass er gar noch nicht dazu gekommen war, die zu Boden gefallene Zigarettenpackung wieder aufzuheben. Das übernahm der Jüngere freundlicherweise für ihn und hielt ihm diese nun wieder hin. Sein Bandkollege nahm diese nur wortlos entgegen und sah ihn immer noch so an, als hätte er einen Geist vor sich. „Und wieso hast du das getan?“ „Hat sich einfach so ergeben.“ „Bitte was? Hat sich einfach so ergeben? Spinnst du?“ „Nein, ich spinne nicht. Er ist, weiss Gott nicht wieso, einfach in mein Zimmer gestürmt und war dermassen in Rage gewesen, dass ich für einen Moment mit meinem Leben abgeschlossen hatte. Und um dieser Tragödie entgegen zu wirken habe ich einfach das Erstbeste getan, das mir in den Sinn gekommen war.“ „Und das war ausgerechnet die Idee, unseren Sänger sexuell zu befriedigen?!“ „Du hast es erfasst.“ „Warum?“ „Ich hab dir den Grund doch gerade erst erklärt.“ Ein langgezogener Seufzer kam von dem Bassisten. „Der ist aber nicht plausibel. Egal, wie du es drehst und wendest, dein Grund begründet gar nichts, Saga.“ Der Kleinere seufzte abermals und blickte wieder in den Laden, wo ihre Freunde nun an der Kasse bezahlten. „Lass uns heute Abend in Nagoya etwas trinken gehen. Dann kann ich dir in Ruhe alles erzählen, einverstanden?“, schlug er vor und blickte Tora an. Dieser gab sich zwar nicht wirklich damit zufrieden, nickte aber dennoch. So liessen sie das Thema vorübergehend ruhen und kehrten schliesslich mit ihren Bandkollegen, die nun aus dem Laden kamen, zurück zum Van, damit ihre Reise weitergehen konnte. Sie kamen gegen Mittag in Nagoya an und bezogen erst einmal ihre Zimmer, nachdem sie ihr Gepäck und ihre Instrumente aus dem Kleinbus geholt hatten. Hier konnten sie keine Einzelzimmer für jeden Member beziehen, sondern nur ein einziges, sodass sie sich darauf einigten, wer mit wem ein Zimmer teilen musste. Nao als Leader und Ältester gebührte das Einzelzimmer; das war allen von vornherein klar gewesen. „Ich will mit Hiropon in ein Zimmer!“, gab Shou strahlend von sich und umarmte den kleineren Gitarristen auch gleich. „Dann nehme ich wohl mit Saga vorlieb…“ „Tu nicht so, als wäre ich eine Plage.“ „Beleidigt?“ „Kein bisschen. Dafür musst du dich noch ein wenig mehr anstrengen, Kätzchen~“ Der Bassist grinste schelmisch, während seine Bandkollegen angefangen hatten zu lachen, was bei Toras entgeistertem Gesichtsausdruck nicht weiter verwunderlich war. Hatte er schon mal erwähnt, dass er es liebte, seine Bandkollegen und Freunde zu triezen? „Dafür büsst du, Kleiner“, knurrte der Schwarzhaarige schliesslich nach einer weiteren Schreckenssekunde. „Jetzt fürchte ich mich aber, oh grosser Tora~“, schnurrte der Jüngere nur, als er nach dem Zimmerschlüssel griff und sich schliesslich zum Aufzug begab. „Ausserdem habe ich das schon so oft gehört. Ihr solltet endlich mal handeln, meine Lieben. Sonst könnt ihr mich ja nie stürzen.“ Von dem Grössten kam nur ein Schnauben, während sich die Band ebenfalls in Bewegung setzte. Die fünf Musiker gelangten anschliessend mit dem Lift auf ihr Stockwerk und trennten sich danach, um auf ihre jeweiligen Zimmer zu gehen. „Also? Ich bin ganz Ohr.“ Saga seufzte leise, denn er war gerade dabei, seinen Koffer auszupacken, ehe er sich seinem Bass widmen wollte. „Soweit ich das sehe, ist es erst Mittag…“ „Weiss ich auch. Aber du kannst nicht so etwas sagen und dabei erwarten, dass ich geduldig bis zum Abend warte. Ausserdem war es nicht vorhergesehen gewesen, dass wir das Zimmer teilen. So kannst du auch gleich mit der Sprache rausrücken.“ Der Gitarrist blickte den Jüngeren mit einem Blick an, der keine Widerrede duldete, was dem Brünetten einen fast genervten Laut entlockte. „Ehrlich gesagt weiss ich selbst nicht, wieso es passiert ist“, murmelte er, während er sich wieder aufrichtete und mit den Notenblättern und seinem Instrument zum Bett lief, um sich darauf niederzulassen. „Ich war nur kurz eingenickt, als es plötzlich an der Tür klopfte. Ich stand auf, um zu sehen, wer ziemlich geräuschvoll an meiner Tür hämmerte. Kaum hatte ich geöffnet, stürmte Shou in mein Zimmer und regte sich tierisch auf. Er war wirklich kurz davor gewesen, mir den Hals umzudrehen.“ „Aus welchem Grund?“, fragte der Grössere äusserst verwirrt. „Wenn ich das wüsste. Aber ich kriegte zu hören, dass ich unseren Fanservice beim gestrigen Konzert vermasselt und ruiniert hätte.“ „Und das hat deinen Stolz verletzt…“ „Unter anderem, ja, weil ich genau wusste, dass dem nicht so war.“ Der Kleinere hatte das Gesicht daraufhin leicht gekränkt verzogen. „Aber das erklärt nicht -“, begann Tora, wurde aber von seinem Bandkollegen unterbrochen. „Keine Ahnung, wie es dazu gekommen ist. Plötzlich hatte ich eine Kurzschlussreaktion, drückte Shou gegen die nächstbeste Wand und küsste ihn. Vielleicht war es auch purer Eigennutz.“ Der Brünette brach ab und seufzte leise. „Eigennutz?“ „Ja! Shou macht mich noch wahnsinnig. Jedes Mal, wenn wir auf der Bühne eine Show abziehen, reisse ich mich unglaublich zusammen, damit es nicht noch mehr wird als Show.“ „Dann warst du derjenige gewesen, der sexuell gefrustet war.“ „Nein, das nicht, aber vielleicht war Shou nicht der Einzige gewesen, der Befriedigung brauchte. Jedenfalls wurde er ganz handzahm und danach konnten wir sogar wieder normal reden. Und was heute ist, hast du ja gesehen.“ „Mhm…“ „Was ‚mhm…‘?“ „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du hast dich in Shou verguckt.“ Der Kleinere, der gerade einige Akkorde auf seinem Bass gezupft hatte, verspielte sich prompt und starrte daraufhin seinen Bandkollegen aus grossen Augen an. „Ich? Verliebt? In Shou?!“ „Ja, du hast dich nicht verhört.“ Ein leichtes Grinsen legte sich auf Toras Lippen. „Und das weisst du so genau, weil…?“ „Selbst wenn es nicht Verliebtheit wäre, kannst du nicht leugnen, dass du dich zumindest zu ihm hingezogen fühlst. Sonst hättest du nicht so notgeil gehandelt.“ Entrüstet sah Saga den Älteren an. „Danke auch, dass du ein solches Bild von mir hast. Aber ich bin weder notgeil noch habe ich so gehandelt, ansonsten wäre wesentlich mehr passiert als das von gestern Abend.“ „Dann gib zu, dass ich Recht habe.“ „Ich gebe nichts zu, das nicht stimmt. Shou und ich sind nur Freunde, mehr nicht.“ „Und ich bin der Kaiser. Ich hab‘s kapiert, Saga.“ „Du - “ Weiter kam der Bassist mit seinem Protest nicht, denn es klopfte an der Tür. Der Gitarrist ging in den Flur und kurz darauf konnte der auf dem Bett Sitzende das Öffnen der Türe hören, gefolgt von der fröhlichen Stimme einer gewissen Person, die wenig später ins Zimmer trat und den Kleinsten im Raum fast schon ansprang. „Mein Bass geht noch kaputt, Shou. Und wenn das passiert, dann gnade dir Gott.“ „Saga~ Ich hab dich ja auch so lieb!“, kam es nur kichernd von dem Sänger, ehe er sich wieder aufrichtete und den Jüngeren anlächelte. „Lass uns essen gehen. Und dann gehen wir zwei shoppen, einverstanden?“ Das Lächeln, das auf diesen Vorschlag folgte, warf den Jüngeren beinahe um, doch er riss sich zusammen und erwiderte das Lächeln ebenfalls. „Du hast dich entschlossen, mein Packesel zu sein?“ Sein Gegenüber rollte mit den Augen. „Lasst uns gehen. Die anderen warten schon.“ „Shou?“ „Ja?“ „Ich freue mich auf nachher.“ Ein ehrliches Lächeln folgte dem Gesagten, als der Brünette sein Instrument und die Noten aufs Bett legte und anschliessend aufstand. „Ich mich auch.“ Dann packte ihn der leicht Grössere auch schon am Arm und zog ihn aus dem Zimmer. Unterwegs lasen sie noch den Schwarzhaarigen auf und schoben ihn auch nach draussen, bevor sie nach unten gingen, um sich zu Nao und Hiroto zu gesellen. Kaum hatte das Mittagessen geendet, trennten sich ihre Wege für den Nachmittag. Die beiden Gitarristen und ihr Leader wollten Nagoya besichtigen und anschliessend auswärts essen gehen, während er und Shou sich dazu entschlossen hatten, shoppen zu gehen. Sie verabredeten sich jedoch für den Abend, um gemeinsam in eine Bar zu gehen. Das taten sie sowieso immer, wenn ihnen während der Tour ein freier Tag gegönnt wurde. Der Sänger sah sich gerade einige Kleidungsstücke an, während Saga sein Spiegelbild im Schaufenster betrachtete und sich einige lose Haarsträhnen aus dem Gesicht strich, ehe er seine Sonnenbrille richtete und zu dem anderen blickte, als dieser ihn rief. „Takashi!“ „Hm?“ „Schau dir das mal an.“ Der Bassist leistete der Aufforderung Folge und trat an den Älteren heran, um sich das Shirt, das dieser in die Höhe hielt, genauer anzusehen. „Sieht gut aus. Probier es doch an.“ „Und du?“ „Ich schau noch…“ „Und kommst nach?“ Der Kleinere lachte leise, denn sein Bandkollege sah ihn bedrohlich an. „Ja, ich komme nach. Schliesslich will ich auch shoppen und nicht nur dir dabei zusehen.“ Zufrieden grinste nun auch der Braunhaarige und wandte sich ab, um zu den Umkleidekabinen zu gehen. Währenddessen suchte sich Saga einige Kleidungsstücke aus und folgte dem Grösseren kurze Zeit später. Sie verbrachten alles in allem gemeinsam einen recht vergnüglichen Nachmittag gemeinsam damit, einen Laden nach dem anderen abzuklappern, bis sie am Ende, als sie zusammen in ein kleines Lokal gingen, um etwas zu essen, so viele Taschen beisammen hatten, dass sie kaum wussten, wohin sie diese stellen sollten. Lachend und äusserst vergnügt bestellten die beiden Musiker ihr Essen und unterhielten sich prächtig dabei. Saga hatte aber das Gefühl, dass irgendetwas ihre Stimmung belastete, weswegen er den Sänger auch gleich darauf ansprach. „Kazamasa?“ „Ja?“ „Stimmt was nicht? Du wirkst leicht gedankenverloren.“ „Tu ich das? Ich habe eher das Gefühl, dass du nicht ganz bei der Sache bist. Normalerweise bist du ziemlich gesprächig.“ Sie blickten einander schweigend an, bis es der Jüngere war, der das Schweigen brach. „Ich denke über letzte Nacht nach.“ Der Ältere nickte nur leicht und seufzte schliesslich leise. „Geht mir genauso. Irgendwie hat sich seitdem etwas verändert…“ Vielleicht war es doch etwas zu voreilig gewesen, Tora zu sagen, dass zwischen ihm und Shou alles in Ordnung war. Natürlich war nach so einer Sache nicht einfach alles in Ordnung. „Lass uns heute Abend darüber reden, okay? Ich will ehrlich gesagt nicht, dass wir das einfach so, wie es jetzt ist, im Raum stehen lassen. Und die Umgebung ist auch nicht gerade dafür geeignet, um darüber zu reden.“ Der Bassist seufzte leise und nickte dann zustimmend. „Dir ist bewusst, dass wir heute Abend mit den anderen ausgehen?“ „Na und? Danach ist immer noch Zeit oder willst du mir etwa sagen, dass du früh ins Bett gehst?“ „Nein, aber wir teilen unsere Zimmer mit jemand anderem.“ „So wie ich Shinji kenne, wird der nachher nichts mehr mitbekommen.“ „Auch wieder wahr… Gut, dann machen wir das so.“ Der Grössere lächelte leicht und lehnte sich etwas in seinem Sitz zurück. „Ich bin dir übrigens nicht böse… Ausserdem bereue ich den gestrigen Abend kein bisschen. Du etwa?“ Der Brünette schüttelte nur den Kopf. „Nicht im Geringsten.“ Sie verbrachten einen angenehmen Abend mit ihren Bandkollegen und kehrten noch vor Mitternacht zurück in ihr Hotel, wo Shou sich von Hiroto trennte und meinte, dass dieser schon schlafen sollte, wenn er müde war. Saga betrat daraufhin mit dem Sänger und Tora sein eigenes Zimmer und setzte sich auf sein Bett, nachdem er seinen Bass und die Noten zusammengepackt und beiseite gelegt hatte. Der Gitarrist verzog sich nur kurz ins Bad und liess sich dann aufs Bett fallen, ehe er daraufhin auch schon einschlief. „Interessant… Alkohol macht ihn immer noch müde.“ „Das war schon bei Givuss so, das wird sich auch nie ändern.“ Der Bassist grinste leicht. „Du musst es ja wissen, schliesslich kennst du ihn länger als wir.“ „Aber ob ich ihn besser kenne, ist eine andere Sache. So viel Zeit wie du mit ihm verbringst…“ Der Ältere grinste ebenfalls und setzte sich neben seinen wachen Bandkollegen auf dessen Bett und liess sich dann nach hinten fallen, wobei er den Blick des Brünetten auf sich zog. „Reden wir jetzt?“ Der angesprochene Sänger nickte kurz, ehe er den Blick des Jüngeren erwiderte und nun leicht lächelte. „Fragt sich, wie wir das klären wollen.“ „Am besten wäre es natürlich, wenn du mir erklären könntest, weswegen du gestern Abend so fuchsteufelswild in mein Zimmer gestürmt bist. Ich denke, wenn wir die ganze Sache von Beginn an aufrollen, kommen wir noch eher zu einer plausiblen Erklärung, wie das, was anschliessend folgte, passieren konnte.“ Der Grössere nickte nur leicht und seufzte leise, ehe er die Augen schloss und erst einmal schwieg. Der Bassist sagte ebenfalls nichts, sondern wartete geduldig auf die Antwort. „Ich war wütend…“ „Das habe ich gemerkt.“ „… und zeitgleich mehr als nur verwirrt. Ich denke, aufgewühlt trifft es sogar noch besser.“ Shou schlug seine Augen wieder auf und blickte in die tiefbraunen Iriden seines Bandkollegen. „Ich war wirklich wegen des Fanservices wütend, zumindest indirekt. Allem voran war ich irritiert gewesen.“ Saga zog eine Augenbraue in die Höhe. Irritiert? Gerade als er ansetzen wollte, etwas zu sagen, fuhr der Ältere auch schon fort: „Ja, irritiert. Anders als sonst hatte ich gestern ein seltsames Gefühl. Normalerweise fühle ich nicht viel dabei, wenn wir uns auf der Bühne küssen, schliesslich ist das nicht mehr als blosser Fanservice. Aber gestern kam ein Kribbeln hinzu, das ich nicht beschreiben kann.“ Standhaft hielt der etwas Grössere dem verwirrten Blick des Brünetten stand. „Shinji meinte, das läge daran, dass ich dich attraktiv finde.“ In dem Moment, in dem der Bassist hörte, was der neben ihm Liegende gesagt hatte, klappte ihm der Mund unwillkürlich auf. „Shinji? Dieser elende Heuchler. Mir spielt er vor, als wisse er von nichts und jetzt das?“ Empört blickte der Jüngste im Raum auf den Schwarzhaarigen und schüttelte anschliessend leicht den Kopf, bevor er sich wieder dem anderen zuwandte. „Und daraufhin bist du in mein Zimmer gekommen und wolltest mich töten.“ „Ich wollte dich nicht töten. Ich wollte ihm nur beweisen, dass er falsch lag.“ „Indem du mich tötest. Wirklich gut überlegt, Kazamasa, ich muss schon sagen.“ Der Sänger rollte mit den Augen und stützte sich leicht auf seine Unterarme, um sich etwas aufzurichten. „Ende meiner Geschichte. Wieso hast du mich dann gegen die Wand gedrückt und geküsst? Übrigens, der Kuss hat mir äusserst gefallen. Und das, was darauf folgte, noch mehr~“ Ein verschmitztes Lächeln legte sich auf die Lippen des Braunhaarigen und Saga musste bei dem Anblick ebenfalls leicht lächeln. „Ich musste mich wehren, das hab ich dir doch schon gesagt. Aber ehrlich gesagt war es eine Kurzschlussreaktion gewesen. Habe nicht im Geringsten eine Ahnung, weswegen ich das getan habe. Vielleicht ein insgeheimer Wunsch.“ „Insgeheimer Wunsch?“ Shou runzelte leicht die Stirn und fixierte den Jüngeren mit einem festen Blick. „Das Kribbeln, das du beschrieben hast, fühle ich jedes Mal, wenn wir eine riesige Show auf der Bühne abziehen.“ Der Brünette lehnte sich nun zwar auch nach hinten, drehte sich aber so, dass er nun direkt über seinem Bandkollegen war, und blickte ihn jetzt aus dunklen Augen an. „Du bist die viel grössere Sünde von uns beiden~“, wisperte der Bassist leise und näherte sich wieder den Lippen des anderen, blieb jedoch beharrlich vor ihnen stehen. Es war der Ältere, der die Distanz überwand und ihre Lippen miteinander verschmelzen liess. Ein leidenschaftlicher Kuss entbrannte zwischen den beiden Musikern, bevor sich der Grössere wieder nach hinten sinken liess und seine Arme um den Jüngeren legte, um diesen mitzuziehen, sodass dieser mehr oder weniger auf ihm lag und sich auf seine Arme stützen musste, um ihm nicht sein gesamtes Gewicht aufzuerlegen. Sie lösten sich erst nach einer Weile wieder voneinander und beruhigten erst einmal ihrer beider Atem, ehe einer von ihnen die Stille durchbrach. „Wir haben die Sache immer noch nicht geklärt…“ „Mhm… aber irgendwie will ich das auch gar nicht klären. Das kann nicht für die Ewigkeit sein.“ „Meinst du? Wieso bist du dir so sicher?“ „Das sagt mein Gefühl, Takashi. Und wenn es doch etwas sein sollte, das nicht so schnell enden wird, dann reden wir dort weiter.“ Shou zog den Kleineren zu sich runter und verschloss dessen sündigen Mund abermals. „Was sind wir jetzt? Freunde? Eine Affäre? Liebhaber?“, fragte der Bassist, nachdem sie den Kuss wieder gelöst hatten. „Wieso stellst du so viele Fragen? Sünden stellen keine Fragen, sie tun einfach, wie es ihnen beliebt.“ Der Sänger grinste auf seine eigenen Worte hin und löste seine Arme wieder von der sich über ihm befindenden Person, um mit der Hand über dessen Wange zu fahren. „Ich bevorzuge Freunde… Freunde, die hin und wieder einmal übereinander herfallen… Freunde, die auch gerne mal miteinander eine Affäre haben dürfen.“ Der Bassist lachte daraufhin leise und rollte sich zur Seite, wo er neben dem Älteren liegen blieb. „Und du denkst wirklich, dass das so funktioniert? Dass wir uns nicht irgendwann einmal so sehr streiten, dass womöglich die Band darunter leiden könnte? Wichtiger noch, dass unsere Freundschaft darunter leiden könnte? Das ist das Letzte, das ich möchte. Ich schätze dich als Freund viel zu sehr, als dass ich das aufs Spiel setzen könnte und wollte.“ Es herrschte abermals ein recht bedrückendes Schweigen zwischen ihnen, ehe sich der Grössere leicht regte, sich aufrichtete und es nun er war, der sich über den Jüngeren beugte. Die braunen Haare fielen ihm frech ins Gesicht und umspielten dieses dennoch anmutig, als das sanfte Lächeln auf den Lippen erschien. „Denkst du wirklich, unsere Freundschaft könnte darunter leiden, wenn wir immer ehrlich zueinander sind? Wir binden uns ja nicht aneinander, sind erst recht kein Paar. Wir sind nur zwei offene Individuen, die sich hin und wieder -“ „Gegenseitig ausnutzen?“ Nun war es Shou, der leise lachen musste. „Nein, die sich hin und wieder einander hingeben… Ich verfalle dir, wenn du mich so küsst. Und wie ich deinen Worten entnehmen konnte, ergeht es dir nicht anders, Takashi.“ Wieder fuhren die Finger sanft über die weiche Haut seines Gesichtes und Saga schloss die Augen, um sich den Berührungen völlig hinzugeben. „Ich bezweifle, dass es nicht irgendwann zu mehr kommt…“ Der Ältere seufzte leise und drückte den Lippen abermals einen Kuss auf, der dieses Mal aber ziemlich kurz war. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Wenn es doch mehr werden sollte, werden wir darüber reden. Abgemacht?“ Ohne ein Wort zu sagen, öffnete der Bassist seine Augen wieder und blickte in die des anderen. Eine Weile dachte er nach, ehe er lächelte und schlussendlich leicht nickte. Seinem Bandkollegen war dies anscheinend Antwort genug, denn das Lächeln wurde etwas strahlender und der darauffolgende Kuss war so intensiv, dass ihm die Luft zum Atmen fehlte. Dass noch eine andere Person im Raum war und dass einer von ihnen noch in sein eigenes Zimmer zurückkehren sollte, hatten beide für den Moment vergessen, doch es kümmerte sie auch herzlich wenig. Für Saga zählte sowieso der jetzige Moment mehr als alles andere. Wer wusste, wie lange das noch so bleiben würde? Und bis zur endgültigen Klärung wollte er alles geniessen, was Shou ihm gab. Ein Geheimnis wie nichts Anderes auf dieser Welt… und doch schaffte es dieses kleine Geheimnis, sie für unbestimmte Zeit aneinander zu binden. Bis hin zu dem Tag, an dem sich herausstellen würde, ob sie beide mehr füreinander empfanden. Kapitel 3: Something between You and Me --------------------------------------- Heute Morgen war er unsanft von seinem Wecker aus dem Schlaf gerissen worden, doch nachdem er diesen lästigen Gegenstand wieder ausgeschaltet hatte, wurde ihm auch schon die Decke weggezogen und ein warmer Körper schmiegte sich wie als Entschuldigung an seinen eigenen. Der Braunhaarige kam nicht umhin zu lächeln, ehe er auch schon die Augen aufschlug und in die unschuldig drein blickenden Augen seines Freundes sah. „Jetzt tu nicht so unbeteiligt, nachdem du erst gerade so gemein zu mir gewesen bist.“ „Gemein? Ich habe dich nur wecken wollen. Du weisst, dass die anderen gewaltig etwas dagegen haben werden, wenn du zu spät aufkreuzt.“ Der Kleinere grinste verschmitzt, hauchte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen und stand schliesslich wieder auf. Dem Älteren entwich ein Murren, weil ihm nun auch noch die letzte Wärmequelle genommen wurde, und er musste wohl oder übel aufstehen. Im Schnelldurchlauf hatte er sich im Bad fertig gemacht und umgezogen, bevor er in die Küche ging, wo bereits eine dampfende Tasse Kaffee auf ihn wartete. Das Frühstück verlief ziemlich schweigsam und dann brachen die beiden auch schon auf, um pünktlich in ihrem Proberaum zu erscheinen. „Morgen~“, begrüsste der Drummer mit fröhlicher Stimme seine Bandkollegen, die durch die plötzliche Begrüssung entweder überrascht zusammenzuckten oder nur skeptisch eine Augenbraue hoben. „Wieso bist du jeden Tag so gut gelaunt?“ „Weswegen sollte ich das nicht sein? Draussen scheint die Sonne, das Laub hat schon damit angefangen, die schönsten Herbstfarben anzunehmen… Alles in allem doch ein wunderbarer Tag heute, nicht?“ Ryouga seufzte leise und schüttelte leicht den Kopf. „Jetzt lass ihm doch seine gute Laune, Ryouga. Ist doch niedlich, wie er sich so freut~“, mischte sich nun auch IV, der auf der Couch sass, ein und grinste, als der Angesprochene die Augen leicht verdrehte. Shin, der neben ihm sass, schmunzelte nur und drehte sich zu den eben Angekommenen um. „Ach, Leader-sama, wie hast denn du es geschafft, pünktlich hier zu erscheinen?“, fragte der Sänger und war sichtlich amüsiert. „Bestimmt hat ihn Ko-ki aus dem Bett geworfen.“ „Das ist nicht wahr, IV. Ich habe ihn ganz human geweckt…“ Der leicht Grössere blies beleidigt die Backen auf und drehte sich zu dem Leadgitarristen. „Sag ihnen, dass es so war.“ „Wenn du es als human definierst, mir die Decke wegzuziehen…“, fing Reno an und wurde hierfür gleich in die Seite geboxt, was ihm nur ein Grinsen entlockte. „So, um meiner Autorität als Leader gerecht zu werden, sage ich jetzt mal, dass wir genug herumgealbert haben. Die Proben sollten schliesslich auch irgendwann mal beginnen. Ich pack noch schnell meine Gitarre aus, du gehst zu deinem Schlagzeug und dann können wir anfangen“, meinte der Leader nur und wirkte sogar ziemlich ernst und seriös. Die anderen begaben sich auch ohne Aufforderung auf ihre jeweiligen Positionen und schon konnte es mit den Proben losgehen. In ihrer Mittagspause befanden sich die fünf in der Kantine und unterhielten sich ausgelassen. Während die anderen in ein Gespräch vertieft waren, liess der Grösste am Tisch seinen Blick im Raum umherschweifen, welcher an der Tür hängen blieb, durch die gerade die Member von Kagrra, traten. Isshi schien als Einziger seinen leicht musternden Blick bemerkt zu haben, denn er sah in seine Richtung und für einen kurzen Augenblick war ein Lächeln auf dessen Gesicht zu sehen, ehe er dieses wieder abwandte. „Kagrra, hatte wohl Fotoshooting, wie es aussieht“, stellte Ko-ki, der neben ihm sass, fest und holte Reno mit diesen Worten aus seinen Gedanken. „Ja, scheint so“, entgegnete der Leader nur murmelnd und blickte zurück zu seinen Bandkollegen. Keine Ahnung weswegen, aber dieses Lächeln gerade eben hatte ihn ziemlich irritiert. „Wo wir schon bei Fotoshooting sind… Wir haben in zwei Tagen ja eins. Kommt bitte alle pünktlich.“ „Müssen wir uns von dir anhören, wo du am meisten von uns allen zu spät kommst?“, kam es angriffslustig von dem Zweitgitarristen. „Du solltest lieber darauf achten, pünktlich zu erscheinen.“ „Habe verstanden, Ryouga. Kein Grund, so bissig zu werden.“ „Wirst du gerade frech, Leader-sama?“ „Aber nicht doch, Ryouga Schatz. Wie käme ich bloss auf so eine Idee?“ Der Sarkasmus in der Stimme des Leadgitarristen war nicht zu überhören, weswegen sein Gegenüber auch nur die Augen verdrehte. Die anderen am Tisch kicherten nur oder wandten sich zum Lachen ab. Bevor der Gitarrist jedoch mit einem passenden Kommentar erwidern konnte, sah der Grössere zur Seite und schien den anderen ignorieren zu wollen. Ryoga blickte ihn nur verwirrt an, drehte den Kopf aber ebenfalls zur Seite, nur um zu sehen, wie sich Uruha und Reita ihnen näherten. „Hey~“, begrüsste sie der blonde Leadgitarrist beinahe schon strahlend, während der leicht Kleinere neben ihm nur kurz zur Begrüssung nickte. ViViD grüsste zurück, doch es war Ryouga, der schliesslich das Wort ergriff: „Ehm, was gibt’s?“ „Uruha hatte die bescheuerte Idee, eine Überraschungsparty für Tora zu organisieren, der ja nächste Woche Geburtstag hat.“ „Die Idee ist nicht bescheuert. Sie ist toll!“, knurrte der Grössere und funkelte den anderen beleidigt an. „Kein Kommentar.“ „Was bist du bloss für ein miserabler bester Freund, dass du mich so hintergehst?“ „Ich sage nur die Wahrheit.“ „Reita, du…“ „Ehm, Uruha-san? Könnten wir vielleicht zurück zum Thema kommen?“, fragte Shin vorsichtig und lächelte entschuldigend, da er sich frecherweise eingemischt hatte. „Uruha-san? Wir sind immer noch so förmlich zueinander? Ihr seid doch schon seit bald einem halben Jahr hier. Gewöhnt euch daran, uns auch ohne Formalitäten anzureden. Wir beissen ja nicht.“ „Bei dir wäre ich mir da nicht so sicher…“ „Reita!“ Ko-ki, der die ganze Diskussion schweigend beobachtet hatte, lachte nur leise und IV tat es ihm gleich, während Reno grinsend zusah, Shin kaum hörbar seufzte und Ryouga den Kopf leicht schüttelte. „Zurück zum Thema. Ich wollte Tora überraschen, aber da das allein zu langweilig wäre, habe ich mich kurzerhand dazu entschlossen, den Rest der PSC zu fragen, ob sie mitmacht. Ist sowieso schon eine Weile her, seit wir zusammen etwas unternommen haben. Das letzte Mal war es, als Miyavi das Label verlassen und eine Abschiedsparty gehalten hatte.“ Uruha seufzte leise, denn noch immer schien er es zu vermissen, jeden Tag mit dem grossen Sänger ausgelassen zu reden. Klar, sie hatten immer noch Kontakt zueinander, aber es war einfach nicht mehr dasselbe. „Natürlich ist ViViD dabei~. Wenn es um Partys geht doch immer, Uruha~“, entgegnete Reno und lächelte den älteren Leadgitarristen verführerisch an. Dieser ging auf der Stelle auf sein ‚Spielchen‘ ein und legte eine Hand an sein Kinn, ehe er sich zu ihm beugte, ihm somit sehr nahe kam. „Schön zu sehen, dass jemand genauso tickt wie ich“, schnurrte der minim Kleinere und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Nur einen Moment später wurden die beiden Gitarristen jedoch voneinander getrennt; Reita hatte seinen besten Freund am Kragen gepackt und mit den Worten ‚Lass die jungen Dinger in Ruhe oder ich erzähl das Kai.‘ zurückgezogen, während Ko-ki seinen Leader besitzergreifend umarmt hatte und spitzbübisch grinste. „Tja, Uruha, du bist leider zu spät. Reno Schatz gehört bereits mir~“, säuselte der Drummer und schmiegte sich vertrauensvoll an seinen Freund. Der Kleinste am Tisch kicherte leise, während sich der Sänger an seinen Bandkollegen wandte: „Seit wann entscheidest du allein, was wir alle zusammen machen?“ „Vielleicht seit ich euer Leader bin?“ „Ein Leader, der keinerlei Verantwortungsbewusstsein besitzt und fast immer zu spät zu den Proben erscheint.“ „Ryouga, nicht protestieren, sondern einfach stumm akzeptieren~.“ „Hättest du wohl gerne.“ „Ach, ich hätte noch ziemlich viele andere Dinge gerne, zum Beispiel…“ Der Grössere kam gar nicht mehr dazu, alle Sachen aufzuzählen, weil ihm Uruha ins Wort fiel: „Ich will ihn als Leader! Er tickt genau wie ich, das ist perfekt!“ „Gib dich mit dem zufrieden, was du hast. Kai ist ein perfekter Leader. Niemand sonst hätte dich so gut im Griff.“ „Reita, du bist…“ „Streitet ihr euch schon wieder? Sagt mal, wie habt ihr es eigentlich bisher geschafft, eure Freundschaft aufrecht zu halten?“, erklang auf einmal eine Stimme hinter den beiden, die alle zusammenzucken liess, denn niemand hatte mit ihr gerechnet. Rasch wirbelte der Grössere der beiden the GazettE Mitglieder herum und nach dem ersten Moment erschien ein strahlendes Lächeln auf seinen Lippen. „Aoi~, Reita ist gemein zu mir“, gab er sogleich von sich und klammerte sich an den Gitarristen, der nur theatralisch seufzte, bevor er anfing zu grinsen und seinem Bandkollegen sachte den Kopf tätschelte. „Wenn er dich aufzieht, hast du es bestimmt nicht anders verdient, oder?“ „Auf wessen Seite stehst du eigentlich?!“, kam es beleidigt vom Jüngeren. „Hackt ihr alle auf unserem wehrlosen Leadgitarristen herum? Sagt mal, schämt ihr euch eigentlich nicht?“ „Ach Ruki, lass ihnen doch ihren Spass. Ausserdem ist Uruha schon gross und wird sich wohl zur Wehr setzen können.“ „Deinen Sarkasmus kannst du dir sparen, Ruki. Und Kai, hör auf so unschuldig zu lächeln!“, protestierte der Blonde und setzte einen Schmollmund auf. Reno, der das ganze Szenario nur schweigend beobachtet hatte, drehte sich leicht zur Seite und verbarg sein Gesicht an Ko-kis Schulter, damit sein Lachen nicht gesehen werden konnte. Der Drummer unterdessen verbiss sich mit Müh und Not ein Lachen, IV grinste, Shin kicherte leise und selbst Ryouga musste schmunzeln. „Ihr macht definitiv zu viel Lärm, wisst ihr das?“, sprach eine Person, die sich ihnen unauffällig genähert hatte. „Ach, Isshi, du solltest langsam wissen, dass das the GazettE ist. Aufmerksamkeitsgeil bis zum geht-nicht-mehr“, meinte Izumi nur und grinste. „Klappt doch alles. Jetzt ist sogar Kagrra, hier bei uns. Wir fühlen uns wahrlich geehrt.“ Die Aussage Uruhas triefte nur vor Sarkasmus. „Ich habe etwas von einer Party gehört. Ich lade mich mal spontan selbst ein“, sagte Nao und strahlte alle an. „Musst du nicht, die Einladung gilt für alle, die sie gehört oder auch nicht gehört haben.“ „Wie grosszügig von dir, Uruha-sama.“ „Hach, ich weiss, dass ich wunderbar bin, doch dein Kompliment nehme ich dennoch gerne entgegen.“ „Bitte nicht… Pusht sein Ego noch mehr und bald passt er nicht mehr in unseren Proberaum…“ „R-E-I-T-A!“ Allgemeines Gelächter setzte daraufhin ein, doch der Leader von ViViD hatte seine Aufmerksamkeit nach einem kurzen Moment schon wieder Isshi zugewendet. Aus irgendeinem ihm unerklärlichen Grund beschäftigte ihn der Sänger von Kagrra,. Das Seltsame war, dass er sich vorher nie wirklich mit ihm beschäftigt hatte. Wieso also genau jetzt? „Reno~, wohin schaust du denn?“, schnurrte eine Stimme dicht an seinem Ohr. „Wie?“ So plötzlich aus den Gedanken gerissen, war er leicht verwirrt und blickte Ko-ki auch dementsprechend an. „Ist was?“ Der andere legte den Kopf leicht schief und der Leadgitarrist schüttelte rasch den Kopf. „Nein, alles in Ordnung. Wirklich.“ Sein Freund musste nicht darüber Bescheid wissen. Sie erzählten sich zwar sonst alles, aber das war im Moment nicht nötig. Es würde nur unnötige Unruhen mit sich bringen und die waren sowohl unangebracht wie unbegründet. Der Kleinere legte den Kopf leicht schief, glaubte ihm aber und stand schliesslich auf. Die anderen taten es ihm gleich. „Also, wir sollten zurück zu unserem Proberaum. Kagrra, und the GazettE entschuldigen uns sicherlich, nicht wahr~?“, säuselte Reno grinsend und begab sich dann mit seiner Band zum Ausgang der Kantine, nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, um ordnungsgemäss mit ihren Proben fortzufahren. Eine Woche später Alle Bands der PS Company befanden sich in einer grossen Halle, die Uruha zu diesem Zweck gemietet hatte, und waren bereits dabei, sich ausgelassen zu unterhalten. Tora hatte sie nach seiner Ankunft alle als Vollidioten beschimpft und seine Bandkollegen als Lügner abgestempelt, denen er nie mehr glauben würde, doch nachdem alle in Gelächter ausgebrochen waren, hatte sich die Sache wieder gelegt. Sie wussten schliesslich alle, dass sich der andere lediglich über diese gut gelungene Überraschung freute. Der Abend verlief recht ereignislos; das hiess, abgesehen davon, dass Reita von Uruha abgefüllt wurde und bald Dinge anstellte, die er am nächsten Morgen sicherlich bereuen würde, gab es nichts Spektakuläres. Reno nippte an seinem Drink, während er seinen Freund auf seinem Schoss hatte und diesen liebevoll festhielt. Schon irgendwie interessant, dass sie das einzige Paar innerhalb der PSC waren… zumindest offiziell. Ob es irgendwelche inoffiziellen Pärchen gab, das wusste er natürlich nicht. Irgendwann hatte der Drummer wohl ein Glas zu viel getrunken, denn dieser war beinahe überhaupt nicht mehr ansprechbar. Da sich der Grössere Sorgen um Ko-ki machte und der Meinung war, dass dieser jetzt am besten auf schnellstem Wege nach Hause sollte, erhob er sich von seinem Platz und verabschiedete sich von seinen Bandkollegen, ehe er mit dem Kleineren die Halle verliess und sein Auto ansteuerte. Dabei fiel ihm jedoch auf, dass er die Promillegrenze selbst bereits überschritten hatte und eigentlich nicht mehr Auto fahren sollte. Seufzend verfrachtete er den Jüngeren, der nun bereits leicht vor sich hin döste, auf die Rückbank und schnallte diesen vorsorglich an. Dann dachte er kurz nach. Ob es wohl jemanden in der Halle gab, der nicht oder nur sehr wenig getrunken hatte? Vielleicht sollte er zurückgehen und nachfragen. In diesem Moment ging die Tür der Halle auf und heraus kamen die Kagrra,-Mitglieder, die wohl ebenfalls nach Hause wollten. Hierbei schien Isshi sie zu bemerken, denn er löste sich von seiner Band und kam schliesslich auf ihn zu. „Ist irgendetwas?“, fragte er dann freundlich nach und der Angesprochene lächelte nur etwas schief. „Ko-ki ist völlig betrunken und ich möchte ihn eigentlich nach Hause bringen, habe aber selbst schon einiges getrunken…“ Der Sänger schüttelte leicht den Kopf und drehte sich dann zu seinen Freunden um, denen er nur kurz etwas zurief. Es war Shin, der leicht nickte, bevor sich die ganze Gruppe abwandte und in eine andere Richtung ging. „Ich fahre dich, wenn du mich an dein Auto lässt.“ „Und wie kommst du nach Hause?“ „Hm… ich lasse mir ein Taxi kommen.“ Der Grössere weitete leicht die Augen und schüttelte bestimmt den Kopf. „Kommt gar nicht in Frage. Deine Wohnung liegt in der völlig entgegengesetzten Richtung von meiner. Die Taxikosten werden enorm hoch.“ „Macht mir nichts aus. Immer noch besser als dass du betrunken am Steuer erwischt wirst, nicht?“ Der Braunhaarige konnte darauf nichts erwidern, seufzte aber schliesslich leise. „Übernachte doch bei mir. Du kannst morgen mit der U-Bahn nach Hause, wenn es dir nichts ausmacht. Oder ich fahr dich nach Hause“, schlug er dann vor und Isshi dachte kurz nach, ehe er nickte. „Wieso nicht… Wenn ich dir keine Umstände bereite?“ „Überhaupt nicht. Ich muss dir danken, dass du mir hilfst.“ „Keine Ursache. Dafür sind Freunde doch da, nicht wahr?“ Der Ältere lächelte ihn nur an und nahm anschliessend den Schlüssel entgegen, den Reno diesem hinhielt. Wenig später wurde auch schon das Auto gestartet und sie kamen auf die Strasse. Eine gute halbe Stunde später kamen sie in der Wohngegend an, in welcher die beiden ViViD-Mitglieder wohnten, und der Leader dieser Band wies seinen Labelkollegen dazu an, auf jenem bestimmten Parkplatz, der ihnen gehörte, das Auto abzustellen. Nachdem der Wagen geparkt war, stiegen sie aus und Reno trug seinen Freund daraufhin hoch in die Wohnung. Gleich nachdem er aufgeschlossen und seine Wohnung betreten hatte, brachte er den schlafenden Drummer ins Schlafzimmer, wo er ihm nur die nötigsten Kleidungsstücke vom Körper streifte und ihn anschliessend liebevoll und gut zudeckte. Dann schloss er die Schlafzimmertür sachte hinter sich und kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo er sich seiner Jacke entledigte und sich zu Isshi gesellte, der sich auf der Couch niedergelassen hatte. „Ich mach dir gleich das Gästezimmer bereit.“ „Musst du nicht. Gib mir eine Decke und ein Kissen und ich kann es mir hier bequem machen.“ „Geht’s noch? Kommt gar nicht in Frage. Du sollst dich schliesslich auch noch ausruhen können.“ Der andere lachte daraufhin leise und schüttelte nur leicht den Kopf. „Wenn du so darauf bestehst…“ Sie unterhielten sich noch eine Weile und zwischendurch hatte der Jüngere aus der Küche etwas zu trinken herausgeholt und es auf den Tisch gestellt. Erst nach einiger Zeit konnte er sich losreissen, damit er sich um das Herrichten des Zimmers kümmern konnte. Nachdenklich machte Reno alles bereit und schüttelte das Kissen auf, während er in Gedanken versunken war. Es war seltsam, wie er sich in der Gegenwart des Sängers fühlte. Das war doch nicht mehr normal. Er liebte Ko-ki, daran bestand kein Zweifel, aber wieso war er auf einer Art so von dem anderen angezogen? Ein leises Seufzen entwich ihm und er schüttelte leicht den Kopf, ehe er das Zimmer wieder verliess, um seinem Gast mitzuteilen, dass er sich schlafen legen konnte, wenn er wollte. Dieser nahm es nur dankend zur Kenntnis und meinte, dass sie sich noch ein wenig länger unterhalten konnten, wenn es ihm nichts ausmachte. Der Leadgitarrist schüttelte nur den Kopf und liess sich auf dem Sessel nieder. Ihn stimmte sein eigenes Verhalten nachdenklich und sein eigener Körper war ihm ein Rätsel geworden. Gut, Isshi war gutaussehend, daran gab es nichts auszusetzen, aber er hatte noch nie wirklich viel mit ihm zu tun gehabt; auch sonst hätte ihm so eine seltsame Reaktion bereits früher auffallen müssen. Warum also jetzt? Wieso überhaupt? „Hm… ich denke, ich gehe jetzt mal schlafen. Bin doch ziemlich müde“, meinte sein Gegenüber leicht gähnend, nachdem Mitternacht schon lange vergangen war, und erhob sich daraufhin. „Ist gut. Wenn du morgen früher als ich wach bist, dann nimm dir das Frühstück einfach aus den Schränken. Wirst dich ziemlich schnell zurecht finden, denke ich“, entgegnete der Braunhaarige lächelnd und stand ebenfalls auf. „Ich werde sehen. Aber ich gelte als Langschläfer.“ „Welch Zufall, ich auch.“ Sie lachten daraufhin vergnügt und gingen noch gemeinsam in den Flur, bevor sie sich voneinander trennten und die jeweiligen Zimmer ansteuerten, nachdem sie sich gegenseitig noch eine gute Nacht gewünscht hatten. So leise wie möglich betrat er den Raum und legte sich vorsichtig neben den Schlafenden, um ihn nicht aufzuwecken. Obwohl er noch weiter hatte nachdenken wollen, schaffte er es nicht mehr, denn ihm fielen die Augen wie von selbst zu, als ihn die Müdigkeit einholte. Morgen war auch noch ein Tag… Montagmorgen in der PS Company Als er am ersten Tag nach dem Wochenende wieder in seinem Proberaum ankam, war er mit seinen Gedanken völlig woanders. Er ging nicht einmal auf die Neckereien seiner Bandkollegen ein, die ihn damit aufzogen, dass er ja auch pünktlich erscheinen konnte. Ko-ki fand sein Verhalten bereits ziemlich seltsam, aber er beruhigte ihn immer damit, dass es ihm gut ging. Doch es war überhaupt nichts in Ordnung. Im Gegenteil, Reno schaffte es nicht einmal mehr, seinem Freund in die Augen zu blicken. Und heute hatte er nur darauf geachtet, dass er, wenn möglich, nicht einem gewissen Sänger über den Weg lief. Weiche Hände, die über seine Haut glitten und ihn an seinen empfindlichen Stellen liebkosten. Der Leadgitarrist schüttelte leicht den Kopf, als hoffe er darauf, dass diese Gedanken endlich verschwanden. Seit dem Sonntag war nichts mehr normal. Irgendetwas stimmte mit ihm und seinem Körper nicht, davon war er nun fest überzeugt. Zarte Lippen, die sich mit seinen verschlossen hatten und ihm ein Zungenspiel bescherten, das er niemals vergessen würde. Wieso bloss verriet ihn sein Körper dermassen? Für ihn hatte es immer nur den Drummer gegeben, den er über alles liebte, und niemand anderes. Doch jetzt auf einmal, nach fast einem halben Jahr, seit sie beim Label unterzeichnet waren, interessierte er sich für Isshi? Er hatte ihm doch sonst nie sonderlich viel Beachtung geschenkt. Diese heisse Enge, die seine Erektion gefangen hielt, das sinnliche Stöhnen, das seine Nackenhärchen sich aufstellen liess, diese vor Lust völlig verdunkelten Augen… Mehr routiniert als sich überhaupt darüber bewusst, was er tat, legte er seine Gitarre ab und setzte sich auf das Sofa, nachdem er seine Band in die Pause geschickt hatte. Er wusste nicht, was los war, und das regte ihn am meisten auf. Wenn er zumindest eine Begründung für diese Empfindungen hätte, wäre er nicht so zerknirscht, aber er hatte gar nichts. Völlig frustriert legte er seinen Kopf auf die Lehne des kleinen Sofas und schloss die Augen, um nachzudenken. Nach diesem äusserst genauen Traum, der nicht nur seinem Selbst in der Traumwelt Wogen voller Lust beschert hatte, war er am Sonntagmorgen fast erschreckt aufgewacht und hatte sich sogleich ins Bad zurückgezogen, um sich seines kleinen Problems zu entledigen. Wie gut, dass Ko-ki dort noch tief und fest geschlafen hatte und ihm somit nicht hatte unangenehme Fragen stellen können. Er hätte nicht gewusst, was er darauf hätte antworten sollen. Etwa ‚Ehm, das? Ich habe einen Ständer bekommen, weil ich von einer heissen Nacht mit Isshi geträumt habe.‘? Unmöglich. Der gesamte Sonntag war dann ziemlich seltsam verlaufen, weil er keinem seiner beiden Freunde hatte in die Augen blicken können und am liebsten einfach nur im Erdboden versunken wäre. Selbst jetzt war er noch tief in Gedanken versunken und wusste überhaupt nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte. Wenn er nicht bald eine Lösung für dieses gravierende Problem fand, dann würde er seine Beziehung mit dem kleinen Drummer aufs Spiel setzen. Das wollte er nicht. Unter keinen Umständen wollte er ihre Beziehung gefährden. Niemals. „RENO!“ Zutiefst erschrocken fuhr der Leadgitarrist hoch und starrte aus weit aufgerissenen Augen seinen Bandkollegen an, der vor ihm stand und ihn skeptisch ansah. „Gott, erschreck mich nicht so! Was fällt dir ein, mich so anzuschreien?“, beschwerte sich der Angesprochene sogleich und versuchte seinen rasenden Puls unter Kontrolle zu bringen, während er den ‚Übeltäter‘ aus funkelnden Augen ansah. „Reg dich ab… Entspann dich… Weswegen schreist du? Du hast doch nicht darauf reagiert, als ich dich mindestens fünf Mal angesprochen habe“, entgegnete Ryoga und schüttelte den Kopf. Zähneknirschend wandte sich der Leader ab und gab kein Wort von sich, während er sich wieder zu beruhigen versuchte. „Was ist überhaupt mit dir los? Du bist schon den ganzen Tag so abwesend. Ko-ki macht sich bereits Sorgen; wir übrigens auch.“ Der Grössere presste die Lippen fest aufeinander und senkte den Kopf. Auch das noch. Jetzt bereitete er dem Drummer sogar schon Sorgen. „Ich weiss nicht… Ich bin völlig durcheinander…“ „Magst du reden?“ Verwundert hob er den Kopf wieder und sah den anderen eine Weile lang schweigend an, ehe er den Vorschlag mit einem Nicken annahm. „Ich… Es ist doch nicht normal, dass man in einer glücklichen Beziehung plötzlich das Verlangen nach jemand anderem verspürt, nicht wahr?“, fragte der Leadgitarrist nun leise und wagte es gar nicht, sein Gegenüber anzusehen. Dieser schwieg nur eine Weile lang und er konnte dessen skeptischen Blick auf sich spüren. „Nein… Willst du damit etwa sagen, dass du Ko-ki verlassen willst?“ „Das habe ich mit keinem Wort gesagt. Ich liebe den Kleinen, wieso sollte ich ihn verlassen wollen?“ „Und weswegen verspürst du dann dieses Verlangen?“ „Wenn ich das wüsste…“ Es herrschte für einen kurzen Augenblick Schweigen zwischen ihnen. „Meinst du, ich sollte es ihm sagen?“ Unsicher sah Reno auf. „Ich an deiner Stelle würde das nicht tun, sondern stattdessen versuchen, das allein zu überwinden. Er vertraut dir bedingungslos und liebt dich über alles. Du würdest ihn damit nur verletzen, wenn es lediglich etwas Vorübergehendes ist. Setz die Beziehung nicht aufs Spiel, wenn sie dir etwas bedeutet.“ Der Betroffene senkte wieder den Kopf und seufzte schwer. Er wollte nicht, dass es seinem Freund seinetwegen schlecht ging. Noch weniger wollte er ihn in irgendeiner Art und Weise verletzen. Das hatte er nicht verdient. „Meinst du, das geht vorbei?“ „Ich hoffe es schwer für dich… Er hat nichts als deine Liebe verdient.“ Den Rest ihrer Pause hatten die beiden Gitarristen kein Wort mehr miteinander gewechselt und so herrschte immer noch Stille, als der Rest der Band in den Proberaum kam und sie mit ihren Proben fortfahren konnten. Am Ende des Tages entliess der Leader alle in den wohlverdienten Feierabend und packte seine Gitarre zusammen. Ko-ki wartete geduldig darauf, dass er fertig war, sodass sie gemeinsam nach Hause konnten. „Reno? Du verhältst dich seit gestern so seltsam… Geht’s dir nicht gut?“ Der Angesprochene hob den Kopf und blickte den Jüngeren an, der ihn besorgt musterte. „Nein, ich denke nur über dieses und jenes nach…“ „Wenn du Geheimnisse hast, musst du mir diese natürlich nicht erzählen… Aber ich würde dir jederzeit bim Lösen deiner Probleme helfen.“ „Ich weiss… Dafür bin ich dir auch dankbar.“ Er trat zu seinem Freund und küsste ihn kurz und liebevoll. „Du vertraust mir doch, oder?“ „Bedingungslos, das weisst du doch… Wieso fragst du?“ Unsicher sah ihn der Drummer an und er konnte die Angst in dessen Augen erkennen. „Verlässt du mich etwa?“, folgte die leise Frage, die ihm das Herz in seiner Brust zusammenschnürte. „Nein, niemals… Dafür bedeutest du mir viel zu viel, Liebster“, antwortete der Ältere nach einer Weile ebenfalls leise. Er sah, wie die Anspannung von dem Kleineren fiel und er erleichtert aufatmete. Als dieser ihn dann mit diesem warmen Lächeln bedachte und diese sanftmütigen Augen auf ihn richtete, wusste er, dass er ihn niemals verlassen wollte. Diese Sache mit Isshi, die er sich selbst nicht erklären konnte, war etwas Vorübergehendes, dessen war er sich sicher. Deswegen musste er Ryoga wohl zustimmen. Es wäre besser, wenn Ko-ki nichts davon erfuhr, denn es würde vergehen und konnte sie eigentlich nur fester aneinander schweissen, sobald es vorüber war. Er war glücklich mit seinem Freund und liebte ihn wirklich von ganzem Herzen. Sie hatten Zeit gebraucht, um zueinander finden, und das wollte er jetzt unter keinen Umständen aufs Spiel setzen. Reno war sich sicher, dass er es schaffen würde, dieses Problem zu beseitigen, denn er wollte nichts anderes als den Drummer glücklich zu wissen. Er würde es schaffen… irgendwie würde alles klappen und dann würde nichts mehr zwischen ihnen stehen. Rein gar nichts. Kapitel 4: You've been the first and only one to Me --------------------------------------------------- „Verschwinde! Ich will dich nicht mehr sehen!“, schrie ihn der Jüngere an und schmiss eines seiner Sofakissen nach ihm. Jetzt, wo ihn der Gegenstand am Kopf traf, riss ihm aber der Geduldsfaden, der bereits äusserst seiden gewesen war. Was fiel dem Brünetten eigentlich ein, ihn aus seiner eigenen Wohnung zu schmeissen?! Wenn er ihn schon nicht sehen wollte, sollte er doch selbst gehen. „Dann geh bitte! Ich werde dich nicht daran hindern, wenn du aus meiner Wohnung gehst!“, entgegnete der Ältere nicht weniger laut und in seinen Augen funkelte es gefährlich. Der Angesprochene verengte seine Augen nur zu dünnen Schlitzen, packte seine Tasche und griff sich seine Jacke, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und zur Tür schritt, aber nicht ohne dem Grösseren einen wütenden Blick zuzuwerfen. „Fein, mich siehst du nie wieder, du verlogener Hund! Schreib mich einfach ab und streich mich aus deinem Leben!“, brüllte der Bassist noch in die Wohnung, ehe die Haustür auch schon äusserst geräuschvoll mit einem lauten Knall ins Schloss fiel. Stille. Saga war weg und würde nicht mehr wiederkommen. Der Braunhaarige liess sich schwer aufs Sofa fallen und schnappte sich die Zigarettenpackung, die auf dem Tisch lag. Das Nikotin würde ihn schon beruhigen. Er inhalierte den Rauch und entliess ihn später wieder in die Luft. Nun, da er etwas ruhiger geworden war, drang das eben Geschehene tief in seinen Kopf und die Folge davon wurde ihm schrecklich bewusst. Die ihm wertvollste Person, sein Freund und Geliebter, war weg und würde auch weg bleiben… „Was habe ich bloss angerichtet?“, fragte sich der Alleingelassene murmelnd und verbarg das Gesicht in seiner freien Hand. Er war ein Idiot, ein riesiger Idiot. Was mochte der andere wohl jetzt von ihm denken? Wie hatte die ganze Sache bloss so eskalieren können, wo es doch vor gut einem Monat so harmlos begonnen hatte? Während Uruha sich diese Fragen stellte, löste sich ohne sein Zutun aus seinem Augenwinkel eine Träne. Nun war es zu spät; alles war zerstört, rettungslos verloren… Flashback ... you… Kou… Kouyou… Verwirrt hielt er inne und sah sich kurz um, entdeckte jedoch niemanden. „Was ist?“, fragte Reita verwundert und blieb ebenfalls stehen, um seinen besten Freund anzusehen. Der Angesprochene sah nochmals einen Moment um sich und schüttelte dann den Kopf. „Ist schon gut. Lass uns zurückgehen“, antwortete er dann und zeigte anschliessend in Richtung ihres Sitzplatzes. Der Blonde nickte nur und sie gingen zu zweit zurück, wo sie sich sofort hinsetzten und nach ihren Getränken griffen. Wie gut, dass sie sich gleich nach Betreten des Clubs einen Platz ausgesucht hatten, an dem die Musik nicht so laut war, sodass sie jetzt in einer angenehmen Lautstärke miteinander reden konnten, ohne sich, wie vorhin auf der Tanzfläche, gegenseitig anschreien zu müssen. „Also los, was ist gerade passiert?“, gab sein Gegenüber zwischen zwei Schlucken von sich und musterte ihn mit halbernster Miene. „Nichts, ich dachte nur, ich hätte gehört, wie jemand nach mir gerufen hat.“ Der ihm gegenüber Sitzende hob nur eine Augenbraue, sagte dann jedoch nichts mehr, sondern nahm nur stumm einen weiteren Schluck aus seinem Glas. Auf einmal hielt dieser plötzlich in seiner Bewegung inne, was Uruha dazu veranlasste, verwundert zu ihm zu sehen. „Dich hat tatsächlich jemand gerufen…“, murmelte sein bester Freund nur. Einen Augenblick später spürte er die Hand auf seiner Schulter, woraufhin er sich überrascht umdrehte, nur um in ein ihm bekanntes Gesicht zu blicken. Sofort machte sich ein leichtes Kribbeln in ihm breit. „Kouyou, Akira! Welch ein Zufall, euch hier zu treffen“, begrüsste sie der andere sogleich strahlend und umarmte ihn prompt. „Mitsuo… Wow, ich hätte nicht gedacht, dass ich dich ausgerechnet hier wiedersehen würde. Was machst du hier in Tokyo?“, gab der Braunhaarige erstaunt von sich. „Ich bin beruflich hier, für genau drei Monate. Das ist mein dritter Monat hier. Ich freue mich, euch zu sehen!“ Der Angesprochene war verwundert, doch dann lächelte er leicht. „Die Freude ist ganz meinerseits.“ Reita und er machten etwas Platz, sodass der andere sich auch noch zu ihnen setzen konnte. In der High School hatten sie zu dritt ziemlich viel miteinander unternommen, aber nachdem sie beide nach Tokyo gegangen waren, war der Kontakt völlig abgebrochen. Sie knüpften an alte Zeiten an und unterhielten sich ausgelassen über dieses und jenes. Als die Nacht schon weit vorangeschritten war, meinte Mitsuo, dass sie zu ihm gehen sollten. Die beiden Musiker hatten nichts dagegen und nahmen das Angebot gerne an. Der blonde Bassist, der durch Alkohol zumeist müde wurde, ging gleich nach der Ankunft in das ihm angebotene Schlafzimmer und driftete sogleich in den Schlaf ab. Uruha blieb jedoch mit Mitsuo im Wohnzimmer. „Mitsuo, das in der High School…“ „Du meinst, wo wir eine Affäre miteinander hatten?“ „Ja…“ „Wenn es nach mir ginge, können wir gerne wieder daran anknüpfen. Ich habe jede Sekunde unseres Beisammenseins genossen, Kouyou“, kam es murmelnd von seinem Gegenüber. Der Braunhaarige schüttelte den Kopf und seufzte leise. „Nein, wir können nicht daran anknüpfen. Ich mag dich und würde mich freuen, wenn wir den Kontakt zueinander wieder aufbauen könnten, aber dasselbe wie in der High School wird es nicht mehr werden, Mitsuo. Ich habe jetzt einen Freund… und diese Beziehung möchte ich nicht zerstören.“ „Verstehe… mir macht’s nichts aus. Aber… du hast dich gebunden? Wie war das damals noch, von wegen du wollest dich niemals binden, weil Beziehungen nur Probleme mit sich bringen?“, neckte ihn der Schwarzhaarige und sie mussten beide daraufhin lachen. „Er ist anders… Bei ihm musste ich eine Ausnahme machen. Es ging einfach nicht anders.“ „Bist du glücklich?“ Bei dieser Frage musste der Leadgitarrist nicht einmal überlegen. „Ich liebe ihn und ja, ich bin glücklich.“ „Dann bin ich froh.“ Sie redeten noch eine Weile lang weiter, bis die Nacht bereits ziemlich fortgeschritten war. Schliesslich entschieden sie sich dafür, sich nun auch schlafen zu legen. Am nächsten Morgen gingen sein bester Freund und er wieder nach Hause. Er betrat seine Wohnung äusserst leise, da er nicht wusste, ob Saga womöglich noch schlief. Sein Freund war zwar normalerweise kein Langschläfer, aber es kam doch ab und an mal vor, dass dieser an Sonntagen länger als sonst im Bett blieb. Heute war das anscheinend wieder der Fall, denn die Rollläden in seiner Wohnung waren alle noch nicht hochgezogen worden, sodass es im Innern immer noch dunkel war. Auf leisen Sohlen begab er sich in sein Schlafzimmer, wo er den Bassisten mit einem friedlichen Ausdruck in seinem Bett liegen sah. Lächelnd näherte sich Uruha dem Schlafenden, liess sich neben diesem auf der Bettkante nieder und hauchte einen sanften Kuss auf die geschlossenen Lippen. Sekunden darauf schlug der Brünette langsam seine Augen auf und sah ihn schlaftrunken an. „Guten Morgen, Liebster“, grüsste er den Jüngeren und lächelte ihn sanft an. „Morgen… Du bist gestern nicht mehr nach Hause gekommen…“, murmelte der Liegende nur verschlafen. „Tut mir leid. Ich hab vergessen, dir eine Nachricht zukommen zu lassen.“ „Schon gut… daran habe ich mich ja inzwischen gewöhnt… an deine Schusseligkeit meine ich…“ Empört blies er seine Backen auf. „Ich bin nicht schusselig!“, protestierte er daraufhin, aber der Kleinere liess sich nicht davon beeindrucken. „Jaja, wie auch immer… Lass mich weiterschlafen“, entgegnete dieser daraufhin lediglich, bevor er die Decke wieder ganz hochzog. „Es ist schon bald Mittag…“ „…und morgen habe ich keine Proben, weil Nao ein Einzelfotoshooting, inklusive Interview, hat. Passt doch.“ Der Leadgitarrist konnte daraufhin nur leise lachen. „Du bist niedlich.“ „Bin ich nicht…“, kam es sogleich murrend von seinem Freund. „Hast du noch etwas, das du loswerden möchtest, oder willst du mich einfach nicht schlafen lassen?“ „Hm…“ Nachdenklich streichelte er dem anderen, der die Augen wieder geschlossen hatte, durch die weichen Haare. „Ich habe gestern jemanden wiedergetroffen, den ich aus der High School kenne… einen guten Freund und… eine ehemalige Liebschaft.“ Auf der Stelle schlug Saga die Augen wieder auf und sah ihn mit einem undefinierbaren Blick an, sagte jedoch nichts. „Da wir uns früher ziemlich gut verstanden haben, habe ich vor, ihn die Zeit über, in der er noch hier sein wird, zu treffen. Macht dir das etwas aus?“ „Nein, wieso sollte es? Ich vertraue dir und du wirst mir auch nicht untreu sein… oder?“, antwortete ihm der Brünette nach einer Weile und lächelte ihn gleich darauf warm an. „Wieso sollte ich dir nicht mehr treu sein? Du bist der Einzige für mich...“ „Dann muss ich ja keine Bedenken haben, nicht wahr?“ „Danke für dein Vertrauen, Takashi.“ Er beugte sich nach diesen Worten vor, um den nach wie vor Liegenden sanft zu küssen. „So, und jetzt lass mich wieder schlafen. Ich bin gestern deinetwegen lange wachgeblieben, weil ich dachte, du würdest noch wiederkommen. Jetzt bin ich todmüde. Wecke mich nicht vor zwei oder drei Uhr. Solltest du es doch wagen, schliesse schon mal mit deinem Leben ab.“ Kaum waren diese Worte verklungen, zog sich der Bassist die Decke bereits über den Kopf. Uruha lachte leise und streichelte ein letztes Mal über den Kopf des Jüngeren, ehe er aufstand, das Zimmer verliess und behutsam die Tür hinter sich zuzog, um den anderen schlafen zu lassen. Im Verlauf der nächsten Woche traf er sich ziemlich oft mit Mitsuo und sie unternahmen viel gemeinsam. Entweder sie besuchten ein Café, gingen einfach so in den Park oder machten eine kleine Shoppingtour. Natürlich achtete der Braunhaarige darauf, dass sein eigener Freund hierbei nicht zu kurz kam, aber dieser hatte anscheinend gar nicht so ein Problem damit. Er war sicher auch froh, wenn er etwas mit seinen Freunden unternehmen konnte und ihnen nicht ständig absagen musste. Eines Abends verabredeten sie sich, um gemeinsam in einen Club zu gehen. Da der Bassist ein Konzert hatte und sich nach diesem eigentlich nur noch am liebsten im Bett verkriechen wollte, kam dieser nicht mit, obwohl sich der Ältere darauf gefreut hätte, wieder einmal mit seinem Geliebten in einen Club zu gehen, um diesen so richtig einzuheizen. So mussten sie es jedoch wohl auf ein anderes Mal verschieben. So kam es, dass er mit dem Schwarzhaarigen allein in einen Nachtclub ging, weil auch Reita hatte absagen müssen, da sich dieser bereits mit jemandem verabredet hatte. „Wie gut, dass ich fahre. Bei deinem Alkoholkonsum müsste man ja um sein Leben bangen.“ „Wie gemein! Ich habe mich ganz gut unter Kontrolle. Und wenn ich fahren müsste, würde ich mich schon zurückhalten, keine Sorge“, entgegnete der Ältere entrüstet, als er in das lachende Gesicht seines Gegenübers blickte, der sich gerade über ihn lustig gemacht hatte. „Weiss ich doch.“ „Und trotzdem ziehst du mich damit auf?“ „Du hast dich kaum verändert seit der High School.“ „Hab ich mich wohl!“ „Wie auch immer.“ Sie sahen sich kurz an, ehe sie in fröhliches Gelächter ausbrachen. Der Abend verlief ganz nett und kam schneller zu einem Ende als er gedacht hätte. Uruha hatte doch schon einiges an Alkohol intus, aber er hatte seinen Körper nach wie vor unter Kontrolle und kam sogar ohne Probleme zum Auto seines Begleiters. Als ihn dieser nach dem Weg zu seiner Wohnung fragte, hatte er schon eher Probleme, auf diese Frage zu antworten, denn sein Orientierungssinn liess ihn ausgerechnet in diesem Augenblick im Stich. „Kouyou? Alles in Ordnung?“ „Schon gut… hab nur leichte Kopfschmerzen…“ „Dann sag mir schon, wohin ich fahren muss, damit du so schnell wie möglich ins Bett kommst.“ „Ich… könnte dir im Moment nur die Adresse geben.“ „Bringt mir wenig, da ich mich in Tokyo nicht auskenne. Wie du weisst, bin ich nur vorübergehend hier. In den zwei Monaten, die ich hier bereits verbracht habe, lernt man das Strassensystem hier nicht auswendig.“ Daraufhin schwieg der Angesprochene nur und versuchte auf eine Lösung dieses Problems zu kommen. „Schreib deinem Freund am besten, dass du erst morgen nach Hause gehst. Ich bringe dich zu mir. Das ist die momentan beste Lösung.“ Der Grössere konnte daraufhin nichts erwidern, sondern nahm den Entschluss Mitsuos stumm zur Kenntnis. Mühsam nahm er sein Handy hervor und tippte einige kurze Zeilen ein, ehe er die Nachricht an Saga abschickte. Genauso umständlich verstaute er sein Mobiltelefon wieder und verfluchte sich innerlich dafür, dass er seine Alkoholverträglichkeit überschätzt hatte. Vielleicht sollte er öfter auf seine Freunde hören… oder sich selbst weniger vertrauen. Kaum kamen sie bei der Wohnung, in welcher sein alter Schulfreund bis Ende des Monats wohnte, an, half ihm dieser aus dem Auto und stützte ihn den Weg die Treppen zur Wohnung hinauf. Dort wurde er sogleich ins Zimmer gebracht, wo er erschöpft ins Bett fiel. Müde verbarg er sein Gesicht im Kissen und regte sich erneut über sich selbst auf. „Du wirst morgen ziemlich verkatert sein…“ „Erinnere mich nicht daran…“, gab der Angesprochene nur ächzend von sich und drehte sich leicht zur Seite, damit er den Kleineren ansehen konnte. Dieser schaute ihn aus besorgten Augen an und streichelte ihm jetzt sogar sanft über den Kopf. Die Berührungen fühlten sich angenehm an, dachte sich der Leadgitarrist und schloss zufrieden die Augen. Auf einmal spürte er ein Paar Lippen auf seinen eigenen und öffnete seine Augen wieder, um verwundert auf Mitsuo zu sehen, der sich nun wieder von ihm gelöst hatte und ihn mit einem undefinierbaren Blick anschaute. „Mitsuo?“, gab Uruha leise von sich und wusste nicht recht, was das sollte, aber es fühlte sich nicht… falsch an. „Du solltest schlafen… Ich mache es mir im Wohnzimmer bequem. Gute Nacht, Kouyou“, wisperte sein Freund leise und wollte sich zum Gehen abwenden, aber die Hand des Braunhaarigen war hervor geschnellt und griff nach dem Handgelenk des anderen. „Bleib…“, flüsterte der Ältere mit leiser Stimme und richtete sich etwas auf. Eine Weile lang sahen sie sich nur schweigend an, doch dann passierte etwas, was er am nächsten Morgen bereuen sollte… Im Moment aber verschwanden seine Bedenken und sonstige negative Gedanken, nur die Lust blieb… Als Uruha am nächsten Morgen aufwachte, stöhnte er nur gequält und richtete sich langsam auf. Verwundert stellte er fest, dass er keine Kleider mehr anhatte und dies nicht seine Wohnung war, erst recht nicht sein Schlafzimmer. Etwas Warmes lag neben ihm, weswegen er auch seinen Kopf so drehte, dass er sehen konnte, wer es war, der neben ihm lag. Er sah in das schlafende Gesicht Mitsuos und verstand nicht, weswegen dieser da war. Angestrengt versuchte er, den gestrigen Abend zu rekonstruieren, aber abgesehen davon, dass er sich daran erinnerte, viel zu viel getrunken zu haben, wollte ihm nicht mehr einfallen, was danach passiert war. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen… Augenblicklich wurde der Braunhaarige kreidebleich im Gesicht. Das konnte doch nicht wahr sein… Was für eine Idiotie hatte er bloss begangen? Saga würde ihn dafür töten… Verständlich, schliesslich hatte er dessen Vertrauen mit dem, was er letzte Nacht getan hatte, mehr als nur missbraucht. Der Körper neben ihm regte sich leicht und wenig später sah er in die verschlafenen Augen des Jüngeren, der ihn eine Weile lang stumm ansah, ehe er sich aufrichtete und eine Hand an seine Wange legte, während er ihn mitleidig ansah. „Ich hätte es nicht tun sollen…“, hörte er den anderen leise flüstern und die Reue, die in dessen Stimme lag, kam nur zu deutlich zum Vorschein. „Was soll ich jetzt tun…?“, entgegnete der Ältere nur leise und ging gar nicht erst auf die Entschuldigung ein, weil ihn jetzt mehr interessierte, wie er dem Bassisten nun gegenüber treten sollte. „Du solltest es ihm sagen… Besser, er hört es aus deinem Mund als dass er es selbst herausfindet. Klar, er wird sicherlich enttäuscht und verletzt sein… aber so verliert er wenigstens nicht völlig sein Vertrauen in dich, Kouyou…“ Er sollte es beichten? Er war sich nicht sicher, ob das wirklich der richtige Weg war… Gut, es war womöglich nicht der einzige, aber der beste, zumindest in Anbetracht seiner momentanen Situation. Wie hatte er es bloss so weit kommen lassen können? „Bist du mir böse?“ Der Grössere drehte seinen Kopf und sah nun den Schwarzhaarigen an, der ihn unsicher ansah. War er ihm böse? Sollte er wütend auf ihn sein, weil er sich ihm nicht entzogen hatte? Nein, er konnte die Schuld nicht auf jemand anderes schieben… „Nicht wirklich… Ich bin nur enttäuscht von meinem eigenen Verhalten. Das hätte niemals passieren dürfen…“ Sie schwiegen einander an, doch dann entschied sich der Musiker dafür, endlich aufzustehen, damit er so schnell wie möglich nach Hause konnte, um diese Angelegenheit mit einem gewissen Jemand zu besprechen, der wahrscheinlich überhaupt nicht erfreut sein würde… Ziemlich schnell war Uruha bei sich zu Hause angekommen und musste sogleich feststellen, dass der Bassist bereits da war. Dieser wohnte nicht richtig hier, hatte immer noch seine eigene Wohnung, aber dennoch war er mehr hier als in seinem eigenen Heim. Sie waren beide der Meinung, so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen zu müssen. Vorsichtig betrat der Braunhaarige seine Wohnung und schloss die Tür lautlos hinter sich. Ihm war unbehaglich zumute. Wie würde der Jüngere wohl reagieren? Würde er ihn anschreien? Mit Nichtbeachtung strafen? In Tränen ausbrechen? … Gut, das letzte Szenario konnte er sich am wenigsten vorstellen, aber er wollte auf alles gefasst sein. „Kouyou?“, erklang die Stimme, die ihm so vertraut war wie nichts anderes, aus dem Wohnzimmer. Dann vernahm er Schritte, die sich ihm näherten, und kurz darauf stand der Kleinere direkt vor ihm und lächelte ihn an. „Du bist es ja doch. Wieso antwortest du mir nicht?“, fragte ihn sein Gegenüber und umarmte ihn nun, ehe er ihm einen sachten Kuss aufdrückte. „Du hast mir gefehlt…“ Der Grössere schluckte trocken und legte seine Arme einfach nur stumm um den anderen, dem sein seltsames Verhalten zwar aufzufallen schien, der aber nichts dazu sagte, und zog ihn ganz nah an sich. Sein schlechtes Gewissen wuchs mit jeder Sekunde. Wie hatte er nur diese wunderbare Person betrügen können, die nicht einmal im Geringsten etwas von seiner Tat ahnte? „Stimmt was nicht?“, fragte ihn Saga nun leicht besorgt und wollte sich aus der Umarmung lösen, aber Uruha liess es nicht zu, sondern zog ihn stattdessen noch etwas näher zu sich, falls das denn überhaupt noch möglich war. Der Brünette war immer noch verwirrt, sagte aber nichts mehr, sondern schmiegte sich nur in die Umarmung. So blieben sie eine Weile lang stehen, ehe der Ältere das Wort erhob. „Takashi… Ich… Es ist…“, fing er an, aber er brachte keinen vernünftigen Satz zustande, weil er sich so schuldig fühlte. Er wollte seinen Freund nicht verlieren, aber er musste es sagen, wenn er nicht riskieren wollte, dass ihm nie mehr vertraut werden würde. Zögernd löste er die Umarmung und ging schweigend mit dem anderen ins Wohnzimmer. „Wie ist dein Abend mit Mitsuo gewesen? Ich hoffe, er ist ohne Zwischenfälle verlaufen… Wenn man von der Tatsache absieht, dass du wieder einmal einen über den Durst getrunken hast…“, versuchte der Bassist sogleich das Gespräch in eine andere Richtung zu lotsen, weil er wohl gespürt hatte, dass ihm diese Stille unangenehm war. Unbewusst jedoch hatte er das Gespräch genau in die Richtung gelenkt, die zwar richtig war, aber ihm nun keinerlei Möglichkeiten mehr gab, auszuweichen. „Es ist etwas passiert…“, flüsterte Uruha leise und sah verschüchtert in die Augen seines Freundes. „Ich… Mitsuo und ich… Wir haben miteinander geschlafen…“, fügte er nun an und er sah, wie der Jüngere zusammenzuckte und sich dessen Augen stark weiteten. „Takashi, bitte hör mir zu… Es… Ich war völlig im Rausch… Ich weiss, das ist keine Entschuldigung und ich will meine Tat auch nicht abstreiten, aber… Bitte glaube mir, dass es unabsichtlich passiert ist…“ Der Angesprochene starrte ihn immer noch aus vor Schock geweiteten Augen an und wich unbewusst etwas vor ihm zurück. „Ich wollte das nicht… Ich wollte das wirklich nicht, Takashi… Bitte glaub mir das…“, fügte der Leadgitarrist an, schaute aus schulderfüllten Augen zu seinem Geliebten, der sich nach wie vor nicht regte und noch immer kein Wort von sich gegeben hatte. Der Braunhaarige wusste nicht, was er davon halten sollte, er wusste nur, dass er sein Gegenüber nicht verlieren wollte, unter keinen Umständen, und hoffte deswegen, dass ihm dieser noch eine Chance gab… eine einzige. Nach einer schier endlos langen Weile gab ihm der andere schliesslich eine Antwort, oder besser gesagt, er äusserte sich endlich dazu: „Du hast es wirklich nicht beabsichtigt…“ „Wirklich nicht, das musst du mir glauben, Takashi. Bitte.“ „Als du mir letzte Woche gesagt hast, dass du dich mit ihm treffen möchtest, geschah das ohne Hintergedanken.“ „Es ist wirklich so gewesen. Bitte glaub mir. Ich lüge dich nicht an…“, gab Uruha ziemlich kleinlaut von sich und sah aus wie ein getretener Hund. Der Brünette sagte daraufhin nichts mehr, doch der Blick aus seinen dunklen Augen sagte mehr als tausend Worte. Der Schmerz war unverkennbar zu sehen, was den Älteren nur in seinem Schuldbewusstsein bestärkte. Das hatte er nicht gewollt, nie war das in seinem Sinn gewesen. „Es tut mir unglaublich leid, Takashi… Ich wollte dich nicht so verletzen…“, flüsterte der Braunhaarige leise und trat näher an seinen Freund heran, dem er zunächst nur zögerlich die Hand hinstreckte, ihn aber anschliessend, als Saga seine Hand langsam ergriffen hatte, in eine sanfte Umarmung gezogen. „Verzeih mir bitte… Es kommt nie wieder vor. Ich missbrauche dein Vertrauen nicht nochmals…“, hauchte der Leadgitarrist leise. Der Kleinere, der an ihm lehnte, legte seine Arme nun zögernd um ihn. „Ich nehme dich beim Wort… Mach das nicht nochmals, Kouyou…“, wisperte Saga noch leise. Eine Weile lang standen sie einfach nur stumm beieinander, liessen aber diesen zweisamen Moment auf sich einwirken, während jeder von ihnen darauf hoffte, dass ihre Beziehung durch das Geschehene nicht zu Bruch ging. Obwohl ihre Beziehung leicht durch diese Nacht zerrüttet worden war, verbat es ihm der Brünette dennoch nicht, dass er sich weiterhin mit Mitsuo traf. Doch wenn anfangs noch das Interesse vorhanden gewesen war, seinen Schulfreund zu treffen, war dieses nun verschwunden. Saga liess es zwar zu, dass er sich bis zum Monatsende mit dem Schwarzhaarigen treffen konnte, aber er wollte einfach nichts mit ihm zu tun haben. Der Leadgitarrist fand es zwar schade, dass sein Geliebter nun diese Einstellung vertrat, aber verübeln konnte er es ihm schliesslich auch wieder nicht. Gleich bei ihrem ersten Treffen nach dieser unheilvollen Nacht hatte der Musiker seinem jüngeren Freund klar gemacht, dass sich so etwas unter keinen Umständen wiederholen durfte, und der andere hatte es verstehend zur Kenntnis genommen. Diesem tat es auch leid, was passiert war, und er wünschte sich nichts Sehnlicheres, als dass es nie passiert wäre, da das heissen würde, dass niemals etwas die Beziehung zwischen Saga und Uruha hätte bedrohen können. Der Bassist war dem Braunhaarigen gegenüber immer noch leicht misstrauisch, aber nach und nach fasste er wieder Vertrauen zu ihm, sodass sie wieder fast so gut miteinander auskamen wie vor dem ganzen Vorfall. Das gab dem Älteren die Hoffnung, dass doch noch alles wieder gut werden würde, solange er sich nur fest genug anstrengte und nichts mehr tat, was das Vertrauen seines Freundes zerstören könnte. Der Monat verging ziemlich schnell und schlussendlich war der Tag vor der Abreise Mitsuos gekommen. An diesem Tag hatte er diesen zu sich nach Hause eingeladen, damit sie nochmals ausgelassen über alles reden und Telefonnummern und Adressen austauschen konnten, damit der Kontakt nicht wieder abbrach. Dass er den Jüngeren zu sich eingeladen hatte, kam nur daher, dass ihm sein Geliebter gesagt hatte, dass er heute, obwohl schon Freitag war und sie die Wochenenden generell miteinander verbrachten, nicht vorbeikommen würde, weil er stattdessen zu Hause komponieren musste. „Ich würde mich freuen, wenn du mich mal besuchen könntest.“ „Ich werde sicher daran denken, wenn ich mal bei einer Tour bei dir vorbeikomme. Oder ich statte dir einen Spontanbesuch ab.“ Der Schwarzhaarige lächelte ihn warm an und nickte erfreut. „Ich wünschte, ich hätte dich gleich zu Beginn meines Aufenthalts getroffen. Das wären amüsante drei Monate geworden.“ „In der Tat… Aber wenigstens haben wir einen Monat gemeinsam verbracht, nicht wahr?“ Der Leadgitarrist lächelte seinen Schulfreund freundlich an und schwieg dann, als sich dieser erhob, weil er gehen wollte. „Wirst du morgen zum Bahnhof kommen?“, fragte ihn dieser, während er sich seine Jacke anzog. „Na klar. Ich muss dich schliesslich verabschieden, nicht wahr?“ Nun stand auch der Grössere auf, weil er den anderen noch zur Tür begleiten wollte. Dieser stand auf einmal so nah bei ihm und blickte ihn wieder mit diesen undefinierbar glänzenden Augen an. „Dein Freund kann sich wirklich glücklich schätzen… Ich wünschte, ich könnte an seiner Stelle sein… So wie er von dir geliebt wird…“ Uruha brauchte eine Weile, bis er den Sinn dieser Worte verstanden hatte, weil er überhaupt nicht damit gerechnet hatte. Nun wurde ihm jedoch alles klar und fassungslos sah er sein Gegenüber an, der ihn nur traurig anlächelte. „Mitsuo, du…“, fing er bestürzt an, wurde aber sogleich unterbrochen. „Mach dir keine Vorwürfe. Du kannst nichts dafür, dass ich Gefühle für dich hege. Mach deinen Freund einfach nicht unglücklich… Ich könnte dir das sonst nämlich niemals verzeihen. Ich gebe dich auf, weil eure Gefühle füreinander echt sind… Also enttäusche mich nicht, Kouyou.“ Dieses traurige Lächeln, das sich auf den Mundwinkeln des Kleineren abzeichnete, stimmte ihn selbst traurig. Das hatte er nicht gewusst… Aber hätte es einen Unterschied gemacht, wenn er es gewusst hätte? Weiter konnte er seine Gedanken jedoch nicht mehr spinnen, weil sein Schulfreund die letzte Distanz zwischen ihnen überwunden hatte, indem er zu ihm getreten war, und küsste ihn nun äusserst gefühlvoll. Im ersten Augenblick wollte er ihn wegstossen, doch dann spürte er diese Sehnsucht und Liebe durch den Kuss hindurch und liess sich zu der innigen Verbindung hinreissen. Es würde bei einem Kuss bleiben… diesen Gefallen wollte er dem sich Aufopfernden geben. Sie lösten den Kuss nach einer Weile und blickte einander nur stumm an, bevor die Stille durchbrochen wurde. „Ich liebe dich, Kouyou…“ Dieser Moment voller Zweisamkeit wurde just unterbrochen, als ein Klimpern ertönte. Beide wirbelten herum und sahen in die Richtung, aus welcher das Geräusch gekommen war. Die Augen des Leadgitarristen weiteten sich schlagartig und Mitsuo wurde rasch aschfahl im Gesicht. Das Klimpern kam daher, da ein Schlüsselbund zu Boden gefallen war. Und der Schlüsselbund gehörte niemand anderem als Saga, der sie beide mit einem ungläubigen Ausdruck im Gesicht ansah. Er wirkte wie zu Stein erstarrt und rührte sich keinen Zentimeter. Der Schmerz war unverkennbar in diesen dunkelbraunen Iriden zu sehen, vermischt mit der Enttäuschung, die sich in ihnen breit machte. „Takashi…“, fing der Braunhaarige an und wollte zu seinem Geliebten treten, der jedoch beim Klang seiner Stimme zusammengezuckt war. Als hätte das einen Schalter in seinem Innern umgelegt, zeichnete sich nun die Wut auf seinem Gesicht ab und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Es kommt nie wieder vor und du wirst mein Vertrauen kein zweites Mal missbrauchen…“, zischelte der Jüngere leise und kaum hörbar, ehe er sich abwandte und zum Schlafzimmer schritt. Der Schwarzhaarige schien wohl gemerkt zu haben, dass er besser gehen sollte, denn er verschwand sogleich aus der Wohnung. Völlig bestürzt war Uruha in sein Schlafzimmer gegangen und versuchte mit seinem Freund zu reden. „Ich will nichts hören, wenn es sowieso nur Lügen sind, die aus deinem Mund kommen!“, fauchte der Kleinere, der völlig in Rage war und seine Tasche packte. „Takashi, bitte handle nicht so überstürzt… Lass uns bitte reden.“ „Wieso sollte ich? Wann warst du jemals ehrlich zu mir, Kouyou? Deine Gefühle… Waren die echt oder hast du nur mit mir gespielt?!“ „Wie kannst du so etwas glauben? Natürlich habe ich dich geliebt. Ich liebe dich immer noch.“ „Ja, das habe ich eben mit eigenen Augen feststellen müssen. Ich bin doch nicht völlig blind! Das vorhin war mehr als ein normales Gespräch zwischen zwei Freunden gewesen…“ „Lass mich das doch bitte erklären, Takashi…“ „Was gibt’s zu erklären? Du hast mein Vertrauen missbraucht und auf meinen Gefühlen herumgetrampelt. Viel mehr als das gibt es nicht zu erklären!“ „Das ist nicht wahr! Das habe ich nicht getan!“, entgegnete der Leadgitarrist nun etwas lauter, da er es nicht hinnehmen konnte, dass ihm so etwas unterstellt wurde. „Ach nein? Ich hätte auf die anderen hören sollen… gleich von Beginn an. Ich würde nur enttäuscht werden und derjenige sein, der am Ende verletzt wird, wenn ich mit dir ausgehe. Von Anfang an war unsere Beziehung zum Scheitern verurteilt gewesen!“ Nun war Saga mit dem Packen fertig geworden und rauschte sogleich aus dem Schlafzimmer, um die Wohnung zu verlassen. Der Grössere wusste, dass er ihn ganz verlieren würde, wenn er ihn jetzt nicht aufhalten würde. Schnellen Schrittes folgte er dem Brünetten und hielt ihn im Wohnzimmer auf, indem er ihn am Handgelenk packte und ihn zu sich umdrehte, wodurch die Tasche zu Boden fiel. Da er nicht wusste, was er in seiner Verzweiflung tun sollte, zog er den anderen zu sich und küsste ihn einen Sekundenbruchteil später. Er spürte, wie sich der Körper des Bassisten augenblicklich verspannte, sich dann jedoch sofort wieder entspannte, bevor er auch schon mit aller Kraft von dem anderen weggestossen und aus unendlich enttäuschten Augen angesehen wurde. Flashback Ende Nun sass er also hier, allein in seinem Wohnzimmer. Die leise Hoffnung, dass Saga zurückkommen würde, wollte er nicht begraben, obwohl er nur zu genau wusste, dass sie sich nicht bewahrheiten würde. Dafür war der Bassist zu verletzt gewesen, zu enttäuscht von der ganzen Situation. War er wirklich so unvertrauenswürdig, dass sogar seine eigenen Freunde hinter seinem Rücken gesagt hatten, seine Beziehung mit dem Jüngeren sei zum Scheitern verurteilt gewesen? Nein, es war nicht hinter seinem Rücken geschehen… Er hatte oft genug von Tora gehört, dass er dessen Bandkollegen unter keinen Umständen verletzen solle. Von Nao hatte er die eine oder andere Mahnung erhalten und sogar Reita hatte ihn zu Beginn davor gewarnt, mit jemandem aus ihrem engeren Freundeskreis eine Beziehung anzufangen, wenn es ihm nicht ernst war. Ja, er konnte nicht leugnen, dass er früher oft nur mit seinen Bettgefährten gespielt hatte… Aber die Sache mit dem Brünetten war etwas Ernstes gewesen… Sie hatte ihn verändert; er war glücklich gewesen. Für ihn war sein Geliebter jemand äusserst Wichtiges gewesen; er hatte ihn unter keinen Umständen verlieren wollen… erst recht nicht so, auf diese Art und Weise. Doch das liess sich nun nicht mehr rückgängig machen… Er hatte eine Dummheit nach der anderen begangen und ihm würde wahrscheinlich niemals verziehen werden. Er verzieh sich ja selbst nicht, wie sollte das jemand anderes können? Träge erhob er sich von seinem Sofa und ging anschliessend ins Schlafzimmer, wo er sich sogleich auf sein Bett fallen liess und die Augen schloss. Er wollte eigentlich nicht schlafen, aber dennoch fühlte er sich unglaublich müde. Er zog das Kissen, das den Duft Sagas äusserst intensiv auf sich trug, nah an sich und vergrub sein Gesicht darin. Es schmerzte so sehr zu wissen, dass nichts mehr wieder wie früher sein würde… Am nächsten Morgen Am nächsten Tag war er kaum aus dem Bett gekommen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre er gleich liegen geblieben und am liebsten gar nie mehr aufgestanden. Er wollte der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen. Der Wahrheit, die besagte, dass er nie wieder so vertraut mit dem Bassisten zusammen sein konnte wie es davor der Fall gewesen war. Ihre Beziehung, die bald ein Jahr alt geworden wäre… In wenigen Tagen hätten sie auf ihre einjährige Beziehung zurückblicken können, aber das würde jetzt wohl nur Wunschdenken bleiben… Völlig lustlos hatte er sich für den Tag bereit gemacht und dann seine Wohnung verlassen, um zum Bahnhof zu gehen, weil er Mitsuo schliesslich versprochen hatte, ihn zu verabschieden. Mitsuo… Nein, es wäre unfair, ihm die Schuld zuzuschieben; unfair und feige. Natürlich trug er wahrscheinlich einen Teil der Schuld, aber nicht alle, denn er hätte sich selbst auch etwas mehr am Riemen reissen können, um zu verhindern, was schlussendlich doch eingetroffen war. Immer wieder holten ihn diese Gedanken ein, die Gedanken, die seine Trauer verursachten… Nach einer geschlagenen halben Stunde kam der Leadgitarrist beim Bahnhof an und erblickte sogleich seinen Freund, der dort bereits auf ihn zu warten schien. Sofort näherte sich ihm dieser und blieb dann etwas unschlüssig vor ihm stehen. „Ich hätte nicht gedacht, dass du noch kommst…“ „Versprochen ist versprochen…“ Sie begrüssten sich nur knapp und versanken dann beide in tiefes Schweigen. Dass ihr Abschied so ausfallen würde, hätte keiner von ihnen gedacht, vor allem auch nicht gewollt. Kein Abschied sollte so katastrophal sein. „Es tut mir leid… Ich wollte nicht, dass so etwas passiert. Ich hätte mich besser unter Kontrolle haben müssen, viel mehr… Dann wäre es niemals so weit gekommen…“, entschuldigte sich sein Gegenüber schliesslich und sah ihn äusserst bedrückt an. Die Reue in seinen Augen zeugte davon, dass es ihm wirklich leid tat und es tatsächlich nicht in seinem Interesse gewesen war, seine Beziehung zu zerstören. „Ich bin mitschuldig… Wenn ich mich besser beherrscht hätte, dann wäre Takashi…“, begann Uruha, aber er konnte es nicht aussprechen. Diese doch offensichtliche Tatsache auszusprechen schmerzte weitaus mehr, als er es sich vorgestellt hätte, und erwies sich als ziemlich schwierig. „Ich wollte nur, dass du glücklich bist… Ich wollte dich ihm nicht wegnehmen… Er scheint dich schliesslich sehr zu lieben…“ Diese Worte führten ihm wieder vor Augen, dass er die Person verloren hatte, die er gar nicht verdient hatte. „Lassen wir das Thema ruhen… Ich komme schon irgendwie klar…“ „Du kannst jederzeit anrufen, wenn du willst… Und Akira ist auch noch für dich da.“ „Ja… Danke…“ Danach herrschte wieder Schweigen zwischen ihnen, ehe der Blick des Grösseren zufällig auf die grosse Bahnhofsuhr fiel. „Du solltest gehen… Dein Zug fährt sonst noch ohne dich ab…“ Der Schwarzhaarige nickte nur und schulterte seine Tasche, bevor er den Älteren kurz umarmte und sich dann zum Gehen abwandte. „Alles Gute weiterhin, Kouyou…“ Der Angesprochene nickte nur kaum merklich und sah seinem ehemaligen Schulkameraden hinterher, bis dieser in der Menge verschwunden und nicht mehr zu erspähen war. Jetzt wandte er sich ebenfalls ab und kehrte zu seinem Auto zurück, um nach Hause zu fahren. Andererseits… vielleicht sollte er zu Reita, seinem besten Freund. Mit etwas Glück wusste dieser Rat, aber er war sich gleichzeitig sicher, dass er eine Schelte für sein hirnloses Verhalten erhalten würde. Verdient hatte er’s ja… Mehr als eine Woche später Die Tage in der PS Company nach diesem Schlamassel waren fast schon eine Tortur gewesen. Alice Nine hatte nichts von ihm wissen wollen, obwohl er sich sicher war, dass Saga kein Wort darüber hatte verlauten lassen, was wirklich passiert war. Doch natürlich waren seine Bandkollegen keineswegs auf den Kopf gefallen und hatten sich schnell zusammenreimen können, was vorgefallen war, als sie ihren Bassisten so niedergeschlagen im Proberaum hatten ankommen sehen. Von seinem besten Freund war er tatsächlich für sein idiotisches Handeln getadelt worden, doch gleichzeitig hatte ihm dieser Halt gegeben, auch wenn er böse auf ihn gewesen war. Und was hatte die betroffene Person selbst getan? Der Brünette grüsste ihn zwar, wenn sie sich im PSC Gebäude über den Weg liefen – was sie noch oft taten, da ihre beiden Bands dort ihre Proben hielten und sie sich in den Pausen nun einmal über den Weg liefen. Doch zu mehr kam es nicht. Kein Lächeln, keine freundlichen Worte, kein gar nichts. Es war fast so, als wäre er für den anderen Luft geworden. Auf irgendeine Art und Weise schmerzte das wesentlich mehr als die Tatsache, angeschrien oder gehasst zu werden. Diese Kälte… Mit ihr konnte er weniger umgehen als mit dem Zorn seines ehemaligen Geliebten. Heute Abend war er bis kurz vor Mitternacht aus gewesen, da ihn zu Hause nur die Einsamkeit einhüllte, die er nicht spüren wollte. Eigentlich hatte er noch länger wegbleiben wollen, doch Reita hatte darauf bestanden, ihn nach Hause zu fahren, da er nicht wollte, dass er sich womöglich noch sinnlos betrank; erst recht nicht heute. Mit gesenktem Kopf stand der Leadgitarrist also an der grossen Tür, die ins Innere des Hochhauses führte, in welchem er wohnte, und kramte nach seinem Schlüssel, nachdem er seinem besten Freund noch nachgesehen hatte, als dieser losgefahren war. Sie würden sich später am Tag noch treffen, aber ehrlich gesagt hatte er gar keine Lust darauf. Was gab es schon gross zu feiern? Die automatische Glastür schloss sich hinter ihm und er ging langsamen Schrittes zum Aufzug, um hochzufahren, weil er nur noch in sein Bett wollte; ob er jedoch schlafen konnte, wäre mal dahingestellt. Plötzlich hob er den Kopf, als er von Weitem eine Kirchenglocke läuten hörte. Es war also Mitternacht. Um sich nochmals zu vergewissern, dass dies tatsächlich der Fall war, kramte er sein Handy aus der Hosentasche hervor und schaute auf das Display. Dienstag, 2009.06.09 – 00.00 Uhr Bedrückt liess der Braunhaarige seine Hand wieder sinken und wollte sein Handy wieder in seiner Tasche verschwinden lassen. Just in diesem Moment vibrierte es in seiner Hand und der Ton signalisierte ihm den Erhalt einer neuen Nachricht. Eigentlich hatte er vorgehabt, die SMS einfach zu ignorieren, weil er sich halbwegs denken konnte, wer ihm schreiben würde. Doch als sein Blick eher zufällig auf den Bildschirm fiel, weiteten sich seine Augen schlagartig, als er sah, wer der Absender war. Saga. Hastig öffnete Uruha die eben angekommene Nachricht, um zu sehen, was deren Inhalt war. Alles Gute zum Geburtstag. Ich vermute mal, dass du sicher auf 28 erfolgreiche Jahre mit vielen Höhen und Tiefen zurückblicken kannst… Wahrscheinlich hast du gar nicht bemerkt, dass in deinem Briefkasten etwas liegt. Deswegen weise ich dich hiermit mal darauf hin. Bei diesem Satz hob er auf der Stelle seinen Kopf und lief zu den Briefkästen, wo er sogleich seinen eigenen ansteuerte und die kleine Türe beinahe schon aufriss. Im dunklen Innern, in das nun das Licht der Eingangshalle drang, erblickte er zunächst etwas, das ihn unglaublich traurig stimmte. Der Schlüssel zu seiner Wohnung… Das war der Schlüssel, den er für den Bassisten hatte anfertigen lassen, und nun lag er hier. Der letzte Funken Hoffnung darauf, dass ihre Beziehung noch hätte gerettet werden können, zerbrach in diesem Moment. Zaghaft und mit äusserst mulmigem Gefühl griff er nach dem Schlüssel und drehte ihn anschliessend unschlüssig in seiner Hand. In derselben Sekunde fiel ihm auf, dass noch etwas Anderes in seinem Fach lag. Unsicher langte er nach dem kleinen Päckchen und holte es heraus. Es war eine kleine weisse Schachtel, um die eine Schleife gebunden war. Zögerlich löste er die Schleife und nahm vorsichtig den Deckel ab. Schön in Samt gelegt befand sich eine glänzende Silberkette darin, die im Licht wundervoll glänzte. Der Braunhaarige war völlig verwirrt. Weswegen kriegte er zum Geburtstag etwas von derjenigen Person, die doch sowieso nichts mehr von ihm wissen wollte, die er so verletzt hatte? Da er allein auf keine Antwort kam, nahm er nochmals sein Handy zur Hand und schaute nach, ob in der Nachricht womöglich noch etwas stand. Tatsächlich befanden sich weitere Zeilen in der SMS, sobald er weiter nach unten scrollte. Wahrscheinlich wirst du dich fragen, weswegen du ein Geschenk von mir erhältst… Ich habe die Kette gekauft, lange bevor irgendetwas zwischen uns gestanden hatte. Dir das vorzuenthalten wäre nicht richtig gewesen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, dir die Kette persönlich zu überreichen, aber da ich wohl doch zu feige dazu bin, kann ich dir nur aus der Ferne zuschauen… Aus der Ferne zuschauen? Der Brünette war hier? Das war doch nicht echt, oder? Er hob seinen Kopf und schaute durch die Glastür hindurch nach draussen, wo er kurz darauf tatsächlich eine Gestalt unter der Strassenlampe stehen sah. Er konnte nur einen Schatten sehen, aber er war sich vollkommen sicher, dass die Person, die sich auf der gegenüberliegenden Seite befand, niemand anderes war als diejenige Person, die ihm so viel bedeutete. Uruha widerstand zwar dem Drang, nach draussen zu gehen, damit er mit dem anderen reden konnte, weil er die leise Ahnung hatte, dass dieser dann auf der Stelle die Flucht ergreifen würde, sobald er sich ihm näherte. Aber er konnte sich nicht davon abbringen, die Nummer des Jüngeren in sein Handy einzutippen. Mit leicht zittriger Hand führte er das Mobiltelefon an sein Ohr und betete dafür, dass Saga rangehen würde. Er musste mit ihm reden, unbedingt. Er konnte sehen, wie sich die Gestalt unter der Strassenlampe regte und nun etwas aus der Jackentasche nahm, nur um es eine Weile lang in der Hand zu halten. Der Grössere hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, dass er durchkommen würde, doch dann vernahm er ein Piepen an seinem Ohr und konnte gleichzeitig beobachten, wie der Schatten die Hand hob und das Telefon ans Ohr führte. „Takashi?“, fragte er leise und seine Stimme klang seltsam schwach. „Wer sollte ich sonst sein… Idiot…“ In jeder anderen Situation hätte er gelacht, aber ihm war jetzt nicht nach Lachen zumute. „Das Geschenk… Wieso…?“ Uruha versagte die Stimme mitten im Satz, denn er konnte im Moment nur noch knapp die Tränen zurückhalten; wahrscheinlich hörte man es ihm auch an. „Habe ich dir doch geschrieben… Das Geschenk befand sich seit einiger Zeit in meinem Besitz. Ich habe es für heute aufgespart… Wer hätte gedacht, dass es nicht so herausgekommen ist, wie ich es mir eigentlich vorgestellt habe…“ Ihm wurde bei diesen Worten ganz schwer ums Herz. Er hatte ihn verloren… Das wurde ihm gerade aufs Neue schmerzlich bewusst. Das Schlimme war, dass er selbst das Ganze überhaupt verschuldet hatte. Er konnte aufgrund der Trauer, die ihn gerade übermannte, kein Wort äussern und auch am anderen Ende der Leitung gab man keinen einzigen Laut von sich. „Ich hätte gerne mit dir zusammen heute auf unsere einjährige Beziehung zurückgeschaut… und dich mithilfe dieser Kette für immer an mich gebunden… Ich wollte dich niemals verlieren…“ Diese Worte liessen sein Schuldbewusstsein noch weiter anwachsen und ihm rannen tatsächlich die ersten Tränen über die Wange. Ja… heute vor einem Jahr waren sie zusammengekommen. Sie beide hatten sich niemals ihre Liebe zueinander eingestehen wollen, aber vor genau einem Jahr, an genau diesem Ort und zu ungefähr dieser Uhrzeit war Saga zu ihm gekommen und hatte ihm seine Liebe gestanden. Der Leadgitarrist hatte diesen Tag auf ewig als den glücklichsten Tag seines Lebens in Erinnerung behalten wollen. Auch er hatte gewollt, dass sie den heutigen Tag, der was Besonderes für sie beide war, hätten zusammen verbringen können. „Du solltest die Kette zurücknehmen… Ich habe sie nicht verdient…“, flüsterte er leise in den Hörer und verbarg sein Gesicht in seiner freien Hand, nachdem er die Dinge, die sich vorhin darin befunden hatten, auf den Briefkasten gelegt hatte. „Sollte ich das? Du bist derjenige, dem sie gilt, Kouyou… Was für einen Sinn hätte es, wenn ich sie bei mir behalte?“, stellte ihm der Jüngere die Gegenfrage und man hörte seiner Stimme an, dass er unglaubliche Trauer empfand. „Aber… wir sind ja nicht mehr zusammen… und du wirst mir auch nicht verzeihen…“, gab er mit leiser, beinahe schon tränenerstickter Stimme von sich, denn es tat weh, das Offensichtliche auszusprechen. Es schmerzte, der Tatsache ins Gesicht sehen zu müssen. „Bist du dir sicher?“ Es war ein Hauchen, das der Braunhaarige an seinem Ohr vernahm, aber er war sich sicher, dass er das gehört hatte. „Ich bin verletzt, das will ich nicht leugnen… Dennoch bedeutest du mir noch so viel, dass ich dich nicht aufgeben möchte… Würde ich dir tatsächlich nicht verzeihen wollen, hätte ich die Kette tatsächlich behalten, Kouyou…“ „Takashi, du…“ „Ich kann dir im Moment nicht vertrauen… Ob ich es jemals wieder kann, liegt ganz und gar in deiner Hand…“ Es herrschte Stille nach diesen Worten, denn keiner von ihnen schien zu wagen, etwas Weiteres zu sagen. „Kannst du warten?“ Auf diese Frage musste sich der Grössere gar keine Antwort überlegen, denn sie lag klar und deutlich vor ihm. „Ja… Wenn es du bist, auf den ich warten muss…“ Obwohl er seinen ehemaligen Geliebten nicht sehen konnte, ahnte er, dass dieser in diesem Augenblick wohl lächelte. „Dann bleib weiterhin geduldig… und irgendwann werde ich in der Lage sein, dir mein Vertrauen zu schenken…“ „Vielleicht sind wir in einem Jahr wieder zusammen und können deinen Geburtstag dann gemeinsam verbringen…“, fügte Saga nach einer kleinen Pause noch hinzu. „Wenn es sein muss, werde ich immer warten… Denn ich will dich nicht aufgeben, Takashi…“ „Ich weiss… Ich dich ja auch nicht…“ Eine Weile lang sagte keiner von ihnen ein Wort und sie lauschten nur ihrer beider Atem, die regelmässig gingen. „Du solltest hoch… Es ist schon spät…“, kam es von dem Bassisten, der sich nun von dem Pfosten der Strassenlampe abstiess, an welchem er bis eben noch gelehnt hatte. „Gehst du?“ Auch wenn der andere nicht antwortete, wusste er doch, dass das in dessen Sinn lag. „Gute Nacht, Kouyou...“ „Schlaf schön, Takashi…“ „Happy Birthday.“ Mit diesen Worten legte der Jüngere auf. Uruha legte ebenfalls auf und sah weiterhin nach draussen, wo die Gestalt unter dem dämmrigen Licht noch eine Weile stehen blieb, ehe sie sich abwandte und in der Dunkelheit der Nacht verschwand. Langsam drehte sich auch der Braunhaarige um, griff nach der kleinen Schachtel und dem Schlüssel, ehe er sich zurück zum Aufzug begab, um nun hochzufahren. In seiner Wohnung angekommen ging er geradewegs in sein Schlafzimmer und legte sich auf sein Bett. Er packte die silberne Kette aus und liess sie durch seine Finger gleiten. Nach kurzem Überlegen entschied er sich dazu, diese anzuziehen. Sogleich erhob er sich wieder, um zum Spiegel zu gehen, damit er sehen konnte, wie es aussah. Der Bassist hatte wirklich einen guten Geschmack… Die Kette war wunderschön. In seinen Gedanken versunken kehrte er zum Bett zurück, wo er nach seinem Handy griff, um die Nachricht nochmals durchzulesen. Als er an derselben Stelle angekommen war, wo er realisiert hatte, dass sich der Brünette in der Nähe befunden hatte, stoppte er kurz. Die SMS ging noch weiter. Ich will, dass du weisst, dass ich niemals von dir hatte getrennt werden wollen… Du bedeutest mir viel. Deswegen habe ich auch alles ignoriert, was um mich herum über dich gesagt wurde… Ich kenne dich anders und weiss, was sich in deinem Inneren verbirgt. Verliere das bitte niemals… und vergiss unsere gemeinsame Zeit nicht… Das eben Gelesene erfüllte sein Inneres mit Wärme; einer angenehmen Wärme, wie er sie sonst nur in der Gegenwart Sagas gefühlt hatte. Diese Nachricht und das eben geführte Telefonat gaben ihm wieder die Hoffnung, dass doch noch alles wieder gut werden würde, wenn auch nicht so normal, wie es vor der ganzen Krise gewesen war. Er würde dem anderen so viel Zeit geben, wie er sie brauchen würde. Gleichzeitig würde er sich darum bemühen, ihm zu zeigen, dass er ihm wieder vertrauen konnte und sich das Geschehene nicht wieder wiederholen würde. Seine Gefühle waren echt und es hatte nie jemand anderes Platz in seinem Herzen gehabt, ausser dem Bassisten. Nur er allein war für sein Glück verantwortlich gewesen. Nach kurzem Überlegen tippte er einige Zeilen ein, die er anschliessend ohne weiteres Überlegen abschickte. Du warst der Erste… Der Erste, der zu mir durchgedrungen war... und der Einzige für mich. Der Einzige, der in meinem Herzen einen Platz eingenommen hatte… Lass dir gesagt sein, dass du es auch immer bleiben wirst. Ich sehe dem Tag entgegen, an welchem wir wieder zusammen sein können… Und wenn er da ist, werde ich ihn mit offenen Armen empfangen, dich gleichzeitig nie mehr gehen lassend… Sein Handy landete daraufhin neben ihm auf dem Kissen, in welches er sich nun kuschelte, bevor er die Augen schloss. Erst jetzt merkte er, wie müde er eigentlich war. Wahrscheinlich lag das daran, dass er in letzter Zeit ziemlich schlecht geschlafen hatte. Es kümmerte ihn nicht, dass er noch angezogen war, denn er driftete bereits langsam in einen leichten Schlaf ab, kaum dass er die Augen geschlossen hatte. Sowohl den Signalton, dass eine Nachricht eingetrudelt war, wie auch das Vibrieren des Handys nahm er schon gar nicht mehr wahr, denn er fiel immer tiefer in den Schlaf. Bilder aus der Zeit, in welcher seine Beziehung noch glücklich und problemlos verlaufen war, waren in seinem Traum zu sehen. Bilder von schönen Zeiten, die ihn mit Saga zusammen zeigten. Die vorhin geführte Telefonunterhaltung und das wundervolle Geschenk des Brünetten, das er von nun an immer tragen würde, gaben ihm die Hoffnung zurück, dass sie in ferner Zukunft vielleicht doch wieder zusammen sein konnten. Er wünschte es sich so sehr… Ohne es zu wissen, war er dem Bassisten heillos verfallen. Sein Handy klingelte nochmals, da eine zweite Nachricht eingetroffen war, aber Uruha hörte dies schon gar nicht mehr. Lass uns gemeinsam diesem Tag entgegensehen… Dem Tag unserer erneuten Zusammenkunft… Dem Tag, der verkündet, dass alles wieder in Ordnung sein wird… Diesem einen Tag… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)