Ein Tag wie jeder andere von kono ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war ein grauer Tag. Die Wolken hingen schwer und genauso war auch meine Gemütslage. Ich zog mir ein Eis aus dem Automaten und warf die Verpackung in den Müll. Es war ein Eis am Stiel. Ich war in der Schule. Gerade war Pause. Die ersten beiden Stunden waren vorbei, uns wurde gesagt, dass ein neuer in zu uns kam. Dies war nichts Besonderes. Die Schüler kamen und gingen wie welkes Laub. Ich interessierte mich nicht dafür. Eigentlich interessierte mich an dieser Schule recht wenig. Langsam ging ich in meine Klasse. Ich knabberte an meinem Eis. Den Stiel warf ich dann in den Müll. Ich setzte mich auf meinen Platz. Gelangweilt tippte ich auf den Tisch. Mein ausdrucksloser leerer Blick richtet sich zum Fenster. Draußen zogen die grauen Wolken vorbei. Es war monoton grau. Das wenige Grün der Wiese hatte keine Wirkung auf mich, ich wusste, auch es würde bald Grau werden. So würde alles grau in grau sein, so wie ich. Dann glitt mein Blick zur Tafel, dann zur Wand. An der Wand hing ein Poster. Auf diesem war die Welt zu sehen. Die Welt blieb immer gleich, so wie ich. Es klingelte. Doch war es nicht das Klingeln zum Unterrichtsbeginn, sonder das davor. Keiner beachtete es. Mich interessierte es ebenfalls nicht. Auch die anderen waren nicht für mich interessant. Nie hatte ich mit ihnen ein Wort gewechselt. Nie wollten sie etwas von mir wissen. Vielleicht nahmen sie mich war, vielleicht auch nicht. Noch einmal sah ich vom Fenster über die Tafel zur Wand. Als es wieder klingelte, diesmal zum Pausenende. Alle huschten auf ihre Plätze und versuchten ruhiger zu werden. Der Lehrer kam herein, ihm folgte der Neue. Doch war es für mich nicht von Belang. Was ging es mich an? Was sollte ich von dem Neuen wollen? Er war sicher genauso wie die anderen, langweilig. Er redete. Seine Stimme war hell, klar und fröhlich. Sie passte nicht zu dieser Schule. Die Schule verband ich mit Langeweile, Freudlosigkeit und einer geistigen und seelischen Leere. Doch er klang fröhlich. Es war für mich befremdlich. Ich sah nicht zu ihm, ich wollte nicht, sah darin keinen wirklichen Grund. Doch stellte ich mir den Körper zu der Stimme vor. Ein schlaksiger, dürrer Typ mit blonden, am besten Wasserstoffblonden glatten Haaren und blauen Augen so groß wie Wagenräder. Es war fast ein belustigendes Bild, aber auch nur fast, es lockte mir keine mimische Regung hervor. Doch irgendetwas reizte meine Ohren bei dieser Stimme. Dieses Eigenartige, Unbekannte etwas in diesem trostlosen Gemäuer schien mich zu locken. Etwas zog meinen Blick in seinen Bann, zwang mich, mich zu ihn zu wenden, ihn zu betrachten. Was war diese Verführung, war es die Fröhlichkeit und Leichtigkeit seiner Stimme? Doch schockierte es mich, was ich da sah. Es wollte nicht recht passen. Seine Haare waren nicht blond, sie waren dunkel, die Augen waren nicht so groß wie Wagenräder. Das Gesicht war maskulin. Das Kreuz fast doppelt so breit wie meines. Das braune Shirt hing über der starken Brust und schien straf runter zufallen, als gäbe es darunter nichts mehr zu verdecken. Die Beine sahen so aus wie stämmige Edelstahlrohre, nur glänzten sie nicht, da schwarzer Jeansstoff darüber gespannt war. Er machte einen sportlichen Eindruck. Der Fremde trug dazu weiße Turnschuhe. Sie passten nicht zu der Kleidung. Nichts passte bei diesem Kerl. Der Kleidung nicht zueinander, der Körper nicht zu der Stimme und die Stimme nicht zur Schule. Und dennoch faszinierte er mich. Warum? Dann tat ich etwas Merkwürdiges. Als es darum ging, dass er sich einen Platz suchen sollte, hob ich meinen Arm. Ich dirigierte ihn damit zu meinem freien Platz neben mir. Meinen freien Platz, welchen ich hart erkämpft hatte, Anstrengendes überwacht, der Platz, den ich für mich, nur für mich freihielt. Zu diesem freien Platz neben mir lotste ich ihn, führte ihn mit meiner Gestik hin, bis er sich setzte. Er lächelte mich an. Es war ein schönes Lächeln, die Lippen passten gut in dieses Gesicht. Wieso lächelte er mich an? Der Lehrer fing mit seinem Unterricht an. Der Neue fing an, mir sein Leben zu erzählen. Warum er das tat, wusste ich nicht. Wieso sagte er mir das? Wieso sollte ich wissen wollen, dass er einen Hund hat, dass seine Schwester halb so alt ist wie er, seine Mutter kaum doppelt so alt, wie er und sein Vater fast sein Großvater sein konnte. Weshalb verriet er das? Was bezweckte er nur damit? Doch ich hörte ihn zu. Ich hörte ihn, erstaunlicher weise, so zu, wie ich jemanden noch nie zugehört hatte. Selbst den Lehrer zollte ich nur die Aufmerksamkeit, die ich zum Guten bestehen brauchte. Aber dem Neuen neben mir hörte ich zu, als ob ich wirklich interessiert sei. War ich das? Interessierte mich es wirklich? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Dann machte er etwas Eigenartiges, etwas, was mich überraschte, übertölpelte, worauf ich nicht gefasst war. Er tat etwas, was niemand zuvor je getan hatte in meinen Leben an dieser Schule. Er fragte mich etwas. Er fragte: „Und was machst du so?“ Ich sah ihn an. Mein Blick war fast leer, aber nur fast, eine kleine Spur an Erstaunen und Verwunderung war darin zu erkennen. Ich antwortet nicht. Doch er hörte nicht auf. Er fragte wieder: „Und was machst du so?“ Diesmal musste ich antworten. Er fragte mich schon zum zweiten Mal die gleiche Frage. Ich wollte zwar blasiert, träge, wortkarg und müde wirken, aber nicht unhöflich. Nein, unhöflich wollte ich nie sein. Deswegen musste ich ihn antworten. Doch wusste ich nicht was. Nie wurde ich so etwas gefragt. Nie verlangte jemand eine solche Antwort. Ich sah ihn an. Dann sagte ich: „Das Übliche!“ Er lachte. Er lachte zwar nicht so laut, dass der Lehrer oder die Schüler es hörten oder wahrnehmen wollten, aber er lachte. Mit einer Hand hielt er sich den Bauch, mit der anderen den Mund vorlachen, und sah mich mit seinen Augen belustigt an. Ich blinzelte nur verwundert zurück. Dann sagte er: „Das Übliche? Was ist das Übliche? Ist das Übliche das, wenn du vor dich hinstarrst, nur ein wenig zuhörst, die langweilst und du dich fragst, was das alles hier soll. Oder ist das Übliche das, wenn du jemanden so tief in die Augen schaust, dass man Angst haben muss, dass du darin versinkst?“, er lächelte. Es war ein liebevolles, warmes Lächeln. Ich war schockiert. Denn er hatte recht, seit er mit mir geredet hatte, sah ich ihn in die Augen. Nicht dass sein Gesicht nicht schön gewesen wäre, nein, aber die Augen schienen mich völlig in sich eingefangen zu haben, ich konnte nicht einmal wegschauen. Es klingelte. Wieder war eine Pause. Alle standen auf, der Lehrer packte zusammen, die Schüler packten zusammen. Der Lehrer verlies das Zimmer, die Schüler strömten aus dem Zimmer. Nur ich und er saßen noch da. Bis dann der Großteil der Schüler gegangen war, dann stand auch er auf, packte zusammen und wartete auf mich. Noch nie hatte jemand auf mich gewartet. Als er stand, packte auch ich schnell ein. Als ich einpackte, ging er zur Tür. Schnell folgte ich ihm zur Tür und als ich mit ihm durch diese ging, sah er mich lächelnd und freundlich an und fragte: „Und was machst du so?“ Und ich antwortete: „Das Übliche!“, doch diesmal lächelte ich dabei. von 2008 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)