Mila Superstar - Wiedersehen in Fujimigahara von lachende_goettin (Reuinion 2000) ================================================================================ Kapitel 3: Das, was du erwartest -------------------------------- - ,,Die werden Augen machen! Die glaubten schon nicht mehr daran, dass es mir wirklich gelingt, dich hierher zu kriegen," frohlockte Midori, während sie ihre alte Freundin auf den Schulhof geleitete. Ihr entging dabei nicht Milas melancholischer Blick, dem sie dem Taxi zuwarf, welches nun wieder durch das Schultor abbog und bald außer Sichtweite war. - „Nun komm schon Mila“, sagte Midori fast enttäuscht. –„Sei keine Spielverderberin. Du siehst ja aus, als hätte ich dich für den Schafott abgeholt. Freust du dich nicht, deine alten Freundinnen wiederzusehen?“ - „Doch, schon…“, sagte Mila mutlos. „Ich bin eben etwas nervös. Lass uns reingehen, das Wetter ist schrecklich.“ Midori wurde allerdings das Gefühl nicht los, dass es etwas Anderes war, das ihre Freundin quälte. Mila war in den letzten Jahren sehr viel verschwiegener und introvertierter geworden. Lediglich auf dem Spielfeld, als Volleyballtrainern, vermochte sie aus sich herauszukommen. Das ist nichts Neues, erinnerte sich Midori. Denn wenn sie ehrlich war, musste sie schon damals, als die beiden sich Seite an Seite an die Weltspitze gekämpft hatten, passen, wenn sie jemand bat, Milas Vorlieben und Charakter etwas besser zu beschreiben. Das war ihr zum ersten Mal selbst aufgefallen, als die vielen Reporter der Frauen- und Sportmagazine damals, kurz nach dem Sieg über Schlenina, vor der Schule aufgetaucht waren und jede Menge Fragen gestellt hatten. Dieser merkwürdige Umstand, Mila nie ganz zu kennen, obwohl sie ihr doch ganz nahe war, hatte sich im Laufe der Jahre nie geändert und war Midori immer ein Rätsel geblieben. Die anderen unterschieden sich sehr von ihrer ehemaligen Teamchefin. Jeder schien etwas im Leben zu haben, das wichtiger war als Volleyball – nur Mila nicht. Doch woher kam diese Nervosität? Schüchtern und auf den Mund gefallen war Mila nicht; sie hatte schon damals gesagt, was sie dachte – auch Trainern und Lehrern, die manche für die reinsten Teufel hielten. Und jetzt sollte sie Angst haben vor ein paar „alten Mädchen“, wie das alte Team von damals sich nun scherzhaft nannte? Nein, das konnte sie nicht nachvollziehen. Midori überlegte, ob es wohl etwas mit der schlechten Presse zu tun hatte. Gelegentlich waren in den etwas einschlägigeren Zeitungen Artikel aufgetaucht, die Mila in ein sehr schlechtes Licht rückten; unerträglich harte Trainingsmethoden wurden angemahnt. Dann noch der Skandal vor zwei Jahren, der es bis in die Boulevardnachrichten geschafft hatte: Drei Mitglieder der Nationalmannschaft, die Mila auf Hokkaido trainierte, waren über Nacht ausgerissen und mit der Behauptung dahergekommen, zum Training mit aneinander geketteten Handgelenken und Medizinbällen gezwungen worden zu sein. Obwohl die Abbildungen ihrer Verletzungen recht eindeutig waren und die Zeitung sogar die Aussagen eines berühmten Sportarztes dazu heranzog (der allerdings unter Kennern als Quacksalber bekannt war), weigerte Midori sich, daran endgültig zu glauben – wenn sie auch wusste, dass Mila für den Erfolg alles tat. Vielleicht zu viel. Mila hatte den Anschuldigungen niemals öffentlichen Raum gegeben. Sie verweigerte jede Aussage dazu. Daher hielt Midori es für das Beste, diese Geschehnisse nicht zu kommentieren und hoffte, dass die anderen sich auch an die Vereinbarung hielten, dies nicht zu tun. Schon aus der Ferne leuchtete ihnen das alte Clubhaus wie eine wohlig warme Hütte inmitten eines finsteren Waldes entgegen. Das ehemalige Vereinsheim des Volleyballclubs wurde heute überwiegend für den Baseballclub genutzt. Mila erkannte es aber noch sehr gut. Wie oft hatten sie hier gesessen und Kriegsrat gehalten? Es war das Geburtshaus aller kluger Theorien und Ideen sowie Bastelschmiede für Strategien gegen all die Mannschaften, mit denen sie es im Laufe der Zeit zu tun hatten. Als die beiden Frauen sich durch den Regen und Sturm auf das Clubhaus zu kämpften, spürte plötzlich auch Midori Nervosität in sich aufsteigen. Wie würden die andere reagieren, wenn Mila kaum einen Ton herausbrachte? Sie erwarteten zweifelsohne ihre Heldin aus alten Tagen. Was würden sie sagen, wenn offensichtlich wurde, dass Mila ohnehin nur gekommen war, um ihre alte Gegnerin Schlenina, Milas Nemesis über viele Jahre, aber gleichzeitig auch wohl größte Seelenverwandte, wiederzusehen? Zumindest war Midori sich sicher, dass Mila sich nur deswegen hatte durchringen können, zu kommen. Immerhin hatte sie Schlenina eingeladen, und Mila hatte den Köder sofort geschluckt. Fröhliches Gelächter schlug den beiden entgegen, als die Tür schon in Spuckweite gekommen war. Mila hielt plötzlich an. - „Was ist? Was quält dich, Mila?“ - „Sag, Midori, wer genau ist alles da?“ fragte Mila tonlos. Ihr Gesicht war kreidebleich und leuchtete in der Dunkelheit des Unwetters. - „Gekommen sind Kakinouchi, Ishimatsu, Nakazawa und außerdem Kaori Yagisawa und Sanyo, auch wenn sie nicht zum Team gehört haben. Und natürlich Schlenina, aber die wird eintreffen, sobald ihre Tupulev gelandet ist.“ Mila packte vielleicht etwas zu fest Midoris Hand, was ihre Freundin verblüffte. Beinahe ängstigte sie Milas bohrender Blick. –„Und du bist dir sicher, dass keine Trainer von damals hier auftauchen?“ Midori schüttelte betreten den Kopf. – „Nein, keine Trainer. Herr Hongo ist nicht aufzutreiben und Herr Inokuma ist schon seit einigen Jahren verstorben. Frau Shimizus Spuren haben sich ebenfalls verloren.“ Midori riss sich los und fügte an. „Das wüsste man, wenn man öfters mal einen Fuß in die Heimat setzen würde.“ Der unheimliche Ausdruck wisch aus Milas Augen, als hätte sie ein böser Geist verlassen. –„Es tut mir leid, Midori. Lass uns einfach reingehen.“ Mila senkte den Kopf. Nicht alle Namen, die Midori da genannt hatte, sagten ihr noch etwas. Und da riss Midori die Tür auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)