Bora, Stein der Winde von Scarla ================================================================================ Kapitel 33: Fremde Gedanken --------------------------- Bist du wach?“, erkundigte sich die vertraute Stimmte Moritz’. Justin stöhnte leise, denn nicht nur sein Bewusstsein war zurückgekehrt, sondern auch der Schmerz und doch war er nicht einmal halb so stark, wie er einst gewesen war. „Ja, ich bin wach“, antwortete er und setzte sich langsam auf. Wieder griff die Schwärze nach ihm, wollte ihn ein weiteres mal in die Bewusstlosigkeit ziehen, doch er widerstand und bleib wach. Doch obwohl er der Sieger dieses Kampfes war, legte er sich wieder hin. Er wollte seine Kräfte schonen für die Stunde, an der er sie bitter nötig haben würde und die würde kommen, das war gewiss. „Geht es wieder?”, fragte die sorgenvoll Stimmte Melodys. Sie stand außerhalb seines Gesichtsfeldes, doch er wusste, dass sie da war. Er nickte schwach. „Was war los?”, fragte Moritz und betrachtete seinen Sohn voll Sorge, doch der zuckte nur mit den Schultern, soweit dies im liegen möglich war. „Ich weiß nicht, was los war, aber jetzt ist es weg“, erklärte er. „War dass das erste mal, das so etwas geschehen ist?“, fragte sein Vater gleich weiter. „Ja, es war das erste mal“, antwortete Justin, in Gedanken jedoch schon wieder ganz woanders. „Nein, es war nicht das erste mal. Du vergisst den Abend unserer Ankunft”, erinnerte Timo. „Wie meinst du das?”, fragte Melody sogleich alarmiert, doch sie bekam keine Antwort. „Stimmt, dann war es ist nicht das erste mal. Seid wann hast du das, Justin?”, wollte Moritz von seinem Sohn wissen. „Die Visionen, oder das ich Schmerz dabei spüre?“ „Das du es fühlst“ „Seid dem Tag, als ich die erste Vision hatte. Die erste, die ich hatte, wenn ich wach war. Seitdem ich ihn einmal gesehen habe. Anfangs war es noch sehr schwach, kaum wahrnehmbar. Ein kalter Hauch während ich in der Sonne stand, oder das plötzliche, leichte Aufflackern von Wut. Es ist mit den Monaten immer stärker geworden, doch so stark wie eben war es noch nie“, überlegte Justin. „Eben? Du warst drei Tage lang bewusstlos“, stellte Timo richtig. „Drei Tage lang? Mir kommt es vor, als wären nur wenige Stunden vergangen“, meinte Justin. „Nein, Tage ist es her. Aber erzähl mir bitte ein bisschen mehr von diesem Gefühlen, die nicht die deine zu sein scheinen und die du dennoch hast“, bat Moritz und ein seltsamer Ausdruck trat in seine Augen. Justin wusste nicht, was er bedeuten mochte, aber er gefiel ihm nicht, denn er deutete Geheimnis, und er wollte einfach nicht, dass Moritz ein Geheimnis vor ihm hatte, zumindest nicht solch eines. „Na ja, was soll ich erzählen“, antwortete er mit einigen Sekunden Verspätung, „Es ist so, das ich manchmal Dinge weiß, die ich eigentlich nicht wissen kann oder Geschichten, Landschaften, Gesichter, sie kommen mir bekannt vor, obwohl ich sicher bin, diese Personen nie zuvor gesehen zu haben. Und dann habe ich auch immer und immer wieder Gedanken, die nicht meine sind. Es ist so, als würde mich ein anders Wesen… fernsteuern, jeden Schritt lenken, den ich tue, jeden Gedanken, den ich zu denken habe, mir erst einmal vorsagen, aber zugleich weiß ich, was diese Person, die mich fernsteuern versucht, was sie denkt, was sie fühlt. Ich habe manchmal auch das Gefühl, das ich weiß, wo sie ist, das ich, wenn jemand eine Karte vor mir ausbreiten würde, das ich ganz genau sagen könnte, an welchem Ort er ist. Anfangs war es, wie gesagt, immer nur schwach, der Hauch von etwas, das da ist, aber es wird stärker. Und bald wird dieses fremde Bewusstsein mich ebenso sehr beeinflussen können, wie mein eigenes Bewusstsein es im Moment tut, das weiß ich. Aber dieses wissen macht mir keine Angst, obwohl sie es tun sollte.“ Justin schaute aus einem der Fenster. Erst eben, beim erzählen war ihm aufgefallen, das er in seinem Turmzimmer in der Elbenfeste lag, und nicht unten, in einem der Säle. Moritz derweil nickte, als würde er verstehen. „Weist du, was das zu bedeuten hat?”, wollte Timo auch sogleich wissen. „Sagen wir es so: ich habe eine Vermutung, aber sie muss nicht wahr sein. Es muss nicht so sein, wie ich denke, genau genommen ist es sogar fast unmöglich, dass es so ist. Ich brauche Gewissheit, bevor ich euch davon erzählen kann, sonst beschwöre ich etwas herauf, was lieber im verborgenem verweilen sollte”, erklärte er. Keiner sagte etwas dazu. „Ich denke, wir sollten schlafen gehen”, fand Falko plötzlich und deutete nach draußen. Die Sonne schien zwar, aber sie stand sehr niedrig, es musste also schon eine späte Stunde sein, bei der sie alle beisammen saßen. „Ich weiß nicht, können wir Justin alleine lassen? Ich meine, falls noch einmal so etwas ist”, überlegte Shadow besorgt. „Selbst wenn, ihr könntet dann auch nichts tun”, antwortete Justin. „Da hast du zwar recht, aber ich kann bestimmt nicht schlafen, wenn ich weiß, das du in deinem Bett liegst und dich dort quälst, also irgendwer sollte wirklich bei dir bleiben”, widersprach Moritz. „Ich bleibe heute Nacht hier”, meinte Melody plötzlich. Shadow und Timo warfen sich einen kurzen, vielsagenden Blick zu, dann lachten sie. „Ich weiß nicht, was grad so lustig ist”, knurrte Moritz. „Siehst du Melodys Blick nicht?”, wollte Timo wissen. „Doch, aber ich verstehe nicht, was daran so lustig ist“, antwortete der während Melody rot wurde. Sie verstand, worauf Timo hinaus wollte. „Nun ja, Melody scheint etwas anderes unter „Aufpassen“ zu verstehen, als wir”, erklärte Falko mit einem breiten Grinsen, denn auch er hatte verstanden. Nun verstand auch Justins Vater, was gemeint war und bedachte seinen Sohn und Melody mit einem vielsagenden Blick. „Dann sollten wir aber nicht weiter stören, sondern auch schlafen gehen“, meinte er, nun auch breit grinsend und stand auf. Nacheinander scheuchte er alle aus dem Zimmer, außer Melody und Justin natürlich, denn den Beiden wünschte er mit einem sanften lächeln und einem deutlich belustetem Funkeln in den Augen, eine gute Nacht… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)