Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 45: Riolus Wille ------------------------ Faith hatte aufgehört auf ihre Umgebung zu achten. Sie war zu sehr damit beschäftigt den Menschen auf den Straßen auszuweichen und dabei Riolus blaue Silhouette im Auge zu behalten. Dennoch wurde der Abstand zu dem kleinen Kampfpokémon immer größer, bis sie ihr Riolu aus den Augen verlor und sich mit rasendem Herzen keuchend gegen eine Hauswand lehnte. Einer der Pokébälle an ihrem Gürtel wackelte und Bibor befreite sich, sodass es direkt vor ihr Gestalt annahm und sie anblickte. In seinen roten Insektenaugen konnte man Sorge lesen, was Faiths Herz ein wenig erwärmte. „Du hast gespürt, dass ich verzweifelt bin und Hilfe gebrauchen könnte, hm?“ „Bibor“, entgegnete ihr Startpokémon und tätschelte mit einer der dicken Lanzen vorsichtig die Schulter seiner Trainerin. Anschließend erhob es sich mit surrenden Flügeln in die Luft und schwebte einen knappen Meter über dem Boden. „Bor?“ „Du hast recht, wir sollten weitersuchen. Riolu kann zwar weglaufen, aber ich habe Rocko versprochen, dass ich… Rocko! Genau, das ist es! Vielleicht ist Riolu zu ihm ins Hotel gelaufen.“ Bibor schien nicht wirklich nachvollziehen zu können, was Faith von sich gab, aber es flog treu an ihrer Seite, als sie im Schritttempo zurück zu der großen Einkaufspassage ging und den Weg zum Hotel einschlug. Einige Passanten starrten Faith missmutig an, als sie die Wespe an ihrer Seite erkannten. Bibor schien kein Pokémon zu sein, das sich einer breiten Fanbasis bedienen konnte, doch das war Faith im Moment wirklich vollkommen egal. Sie musste Riolu finden und irgendwie dafür sorgen, dass die Dinge zwischen ihnen geklärt wurden. „Bi.“ „Hm? Hast du was gesagt?“ „Bibor.“ Bibor deutete an einer Kreuzung in die Seitenstraße, in der gerade ein brauner Haarschopf von drei Jungen umlagert wurde. Trixi. Faith verzog die Mundwinkel zu einem schmalen Strich, doch ihre Beine setzten sich bereits in Bewegung und sie überquerte den Zebrastreifen, um direkt auf Trixi und ihre Verehrer zugehen zu können. Damit sie nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zog, holte sie zudem Bibor wieder zurück in den Pokéball, bedankte sich aber für die Hilfe bei der Suche. Trixi machte einen sichtlich gelangweilten Eindruck, als ein blondhaariger, junger Mann ihr schüchtern eine rote Rose in die Hand drückte und nervös ein Kompliment für ihre Schönheit stammelte. Sie winkte ab, steckte die Rose ein und entdeckte in diesem Moment Faith, weshalb sie die drei Männer einfach stehen ließ und auf sie zukam. „Faith.“ Ein kurzes Nicken musste ihrer Meinung wohl als Begrüßung ausreichen. „Trixi, hallo.“ Als Faith vor ihr stehen blieb, atmete sie tief durch und warf den drei Verehrern einen genervten Blick zu, woraufhin diese fortgingen. „Wo du bist, ist dein Bruder doch nicht weit.“ „Du suchst nach Joel?“ Interessiert hob Trixi eine Augenbraue an, doch ihr Gesicht zeigte ansonsten keine Reaktion. „Genauer gesagt suche ich Riolu, es ist mir entwischt und wenn Joel und du hier in der Gegend sind, könnte es ja sein, dass er Riolu gesehen hat. Also, wo ist Joel?“ Trixi ließ ihre Augenbraue wieder sinken, warf die Rose in einen Mülleimer am Straßenrand und klimperte dabei mit ihren goldenen Armreifen. „Er ist, wie du sehen kannst, nicht bei mir.“ Mittlerweile war Faith richtig genervt von Trixis ausweichenden Antworten und packte die Koordinatorin grob am Arm. „Ich will wissen, wo dein Bruder ist. Es geht hier um mein Pokémon.“ Augenblicklich verhärtete sich Trixis Blick und sie pflückte Faiths Finger mit einem Schraubstockgriff von ihrem Arm. „Wage es nicht, so mit mir zu reden, Faith. Du hältst dich vielleicht für eine gute Trainerin, aber du bist ein Nichts. Wer kennt bitteschön deinen Namen? Ich hingegen bin Trixi Light, Tochter der berühmten Koordinatorin Susan Light, meinen Namen wird man im ganzen Land kennen.“ „Ladies, bitte.“ Joel war ein wenig mulmig gewesen, als er den Zwist der beiden Mädchen gesehen hatte. „Wo ist hier das Problem, ich bin doch da.“ Faith drehte sich sofort zu Joel um und erstarrte mitten in der Bewegung, als sie ihr Riolu mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck dicht an Joels Bein stehen sah. „Riolu…“, murmelte sie und begriff bei diesem Anblick, dass der Wildhund seine Entscheidung tatsächlich selbst getroffen hatte. „Scheinbar will es mich wirklich nicht als Trainerin haben…“ „Es ist mir gerade eben zugelaufen und da dachte ich mir, dass du nicht weit weg bist. Also, was wirst du jetzt wegen Riolu unternehmen?“ Auf Joels Frage hin umklammerte Riolu augenblicklich Joels Bein und mit seiner ganzen Körperhaltung flehte es Faith an, dass es bei ihm bleiben durfte. Faith wusste, dass es falsch war, wenn sie Riolu jetzt mitnehmen würde, daher seufzte sie traurig und reichte Joel den Pokéball von Riolu. „Ich sehe ein, dass es dich als Trainer will. Pass bitte gut auf Riolu auf. Ich werde Matt sagen, dass er Rocko wegen Riolu Bescheid gibt, er wird es sicher verstehen.“ Joel wirkte überrascht, nahm den Pokéball jedoch ohne zu zögern an und steckte ihn an seinen Gürtel. Im Gegenzug reichte er Faith einen leeren Ball. „Riolu und ich werden harte Gegner für dich sein.“ „Du bist doch jetzt schon mein härtester Gegner.“ Noch immer traurig zwang Faith sich zu einem Lächeln und trat einen Schritt zurück, als Riolu hell zu leuchten begann und wuchs. Es entwickelte sich, also schien es Joel wirklich zu akzeptieren, was Faith endlich Beweis genug war. „Lucario!“, stieß das Pokémon aus und klopfte sich auf die Brust. „Luca!“ Stolz blickte es seinen neuen Trainer an und nickte anschließend Faith dankbar zu. Mehr Dank würde sie jedoch nicht von dem stolzen Wesen erwarten können. „Man sieht sich.“ Nach einer zügigen Verabschiedung, bei der sie es vermied Lucario anzusehen, schlenderte Faith zurück ins Pokémoncenter und hing dabei ihren Gedanken nach. „Faith, ist alles in Ordnung?“ Mira kam aus dem Garten ins Foyer und lächelte Faith an. „Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht. Itsuki auch, glaube ich, er spricht ja nicht viel über solche Dinge.“ „Ja, alles bestens. Riolu hat sich zu Lucario entwickelt, ich habe es Joel überlassen. Es ist bei ihm besser aufgehoben als bei mir.“ „Eine weise Entscheidung.“ Kurz drückte Mira ihre Freundin, dann machte sie Platz für Itsuki, der ebenfalls ins Foyer kam, in der Hand ein leeres Cocktail-Glas. „Du hast es ihm also gegeben?“ „Ja.“ Itsuki nickte, sagte aber nichts weiter, sondern schaute aus dem Fenster nach draußen. Da sie bald wieder aufbrechen würden, wollte Faith trotz ihrer momentanen Erschöpfung das Stadtflair genießen. „Ich muss jetzt auf andere Gedanken kommen. Hat jemand Lust auf Kino? Ich bezahle auch die Karten für euch.“ „Kino?“ Mira lächelte fröhlich. „Das klingt gut, ich bin dabei.“ „Wenn es denn sein muss“, erwiderte Itsuki kühl wie immer. Am Himmel staute sich eine große, dunkle Gewitterfront an, die ihren dunklen Schatten auf Nautica City warf. Sie würde mehr bringen als nur ein normales Gewitter. Regentropfen begannen wie dicke Tränen auf die Erde zu fallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)