Mein bester Feind von miss_nerd ================================================================================ Kapitel 3: Homosexualität oder Was heißt hier Stiefvater?!? ----------------------------------------------------------- Vor ein paar Tagen habe ich Dinge erfahren, welche meine naive Welt erschütterten... Das soll nicht heißen, dass es sich dabei um enorm schlimme Dinge handelt. Nein, ich war darauf einfach nicht so ganz vorbereitet. Ich denke, ich bin einfach zu behütet aufgewachsen... Aber es wird wohl besser sein, wenn ich es jetzt einfach erzähle! Ich saß mit meiner Freundin Lena in der Mensa und wir aßen... Ich denke, das macht man normalerweise auch in einer Mensa. Naja, zumindest erzählte sie mir währenddessen von einem freiwilligem Workshop am nächsten Samstag. "Sag mal, hast du auch die Email bekommen wegen diesem Workshop am Wochenende?" "Email? Waf füa ne Email?" Mit vollgestopften Mund brabbelte ich rücksichtslos vor mich hin. "Ich hab letzte Woche eine bekommen, da ging's eben um einen Workshop am Samstag in dem man das Thema behandelt, wie man als Pädagoge mit Homosexuellen umgeht." "Homofekfuellen?" Ich schluckte erst mal alles hinunter, bevor ich weiter sprach. "Klingt ja interessant. Das wär vielleicht was für mich. Ich hab nämlich keine Ahnung, wie man sich homosexuellen Menschen gegenüber verhält. Das liegt wohl einfach daran, dass ich keine kenne... Ich hätte dann ständig Angst was falsches zu sagen oder sie blöd anzustarren... Hab ich da was zwischen den Zähnen?" Ich hob meine Lippen an und zeigte Lena mein strahlenstes Spinatlächeln. "Warum solltest du sie blöd anstarren? Sind doch auch nur normale Menschen. Nein, da ist nichts." "Gut. Spinat bleibt ja immer überall hängen... Naja, ich weiß nicht. Vielleicht einfach aus dem Grund, weil es für mich etwas Neues und Unbekanntes wäre, wenn ich einem Homosexuellen gegenüber stehen würde. Und bei Lesben wär es bestimmt noch schlimmer als bei Schwulen." "Wieso das denn? Wo ist da der Unterschied?" Lena fuchtelte verständnislos mit ihrer Gabel vor meinem Gesicht herum. "Naja, ich denk mir halt, bei einem Schwulen, der steht ja auf Männer und interessiert sich nicht für mich. Bei einer Lesbe dagegen kommt leider auch in mir diese Angst raus, dass die gleich auf mich stehen würde. Was ja eigentlich totaler Quatsch ist, weil nur weil jemand lesbisch ist, heißt das ja noch lange nicht, dass diese Person dann auf jede andere Frau auf der Welt steht!" "Eben. Aber, wenn du das doch eh weißt, worüber machst du dir denn dann solche Gedanken?" "Hm... theoretisch weiß ich viel, aber wie ich in der Praxis reagiere weiß ich halt nicht. Versteh mich nicht falsch. Ich bin der Meinung, dass man jegliche sexuelle Orientierung akzeptieren sollte, außer zwischen Mensch und Tier, das ist ja wohl total eklig... aber ich habe einfach noch nie Erfahrungen mit Homosexuellen gemacht." "Stimmt nicht." "Hä?" "Der Markus ist schwul." "Der Markus? Unser Markus?" "Ja, der hat sogar einen Freund." "Oh, wow! Ich hatte ja schon irgendwie eine Vorahnung, aber ich war mir nie hundertprozentig sicher." Nachdenklich stocherte ich in meinem Spinat herum. Ich versuchte mit aller Kraft mir meinen Schockzustand nicht anmerken zu lassen. Sofort schossen Tausend Bilder in meinen Kopf, in denen ich Markus mit einem anderen Mann in eindeutigen Posen zu sehen bekam. >Ich wusste, dass mich meine Sucht nach Shonen-ai-Mangas irgendwann bestrafen würde... Arrrgh! Hinweg, ihr Bilder!!!< Das Gestochere wurde lauter und ein paar Tischnachbaren schauten bereits verwundert zu mir herüber. "Dieser Spinat ist bereits tot. Du brauchst ihn nicht noch weiter zu quälen.", kicherte es auf der anderen Seite des Tisches. Sogleich zog ich die Gabel zurück und ließ das Grünzeug in Frieden. "Um wieviel Uhr ist dieser Workshop denn?" "Ich schau zu Hause noch mal nach, dann kann ich's dir Morgen in der Vorlesung sagen." Ich nickte. Als ich an diesem Tag nach Hause kam, saß vor meiner Haustür ein etwas mürrischer Ben. "Wo warst du denn so lange?" Er funkelte mich böse an. "Uni. Schon vergessen? Im Gegensatz zu dir besteht mein Leben nicht nur aus unsichtbarem Herumgestreune." "Sperr endlich die Tür auf!", zischte Ben. Ich tat wie mir befohlen und der große Kerl schlich mir hinterher. Mir war klar, dass er mit mir über letztes Wochenende reden wollte, da ich, als ich betrunken in seinen Armen lag wohl so einiges vor mich hin gesagt hatte, was er wohl falsch verstanden hatte. In der Wohnung angekommen ließ Ben auch nicht lange auf sich warten. Er holte tief Luft, bevor er mir eine etwas eigenartige Frage stellte: "Wurdest du adoptiert?" "Bitte?!?" Ich hatte mich wohl getäuscht. Was will er denn jetzt auf einmal...?< "Du hast genau verstanden was ich gesagt habe!" Aufgeregt fuchtelte er mir mit seinem Finger vor der Nase herum. "Verstanden schon, aber ich wüsste gerne wie du auf so eine absurde Frage kommst?" Mit einem schnellen Handgriff packte ich seinen Finger und drückte seine Hand von mir weg. Ben entriss mir hastig seine Hand. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich darum kümmern werde heraus zu finden, warum du mich sehen kannst." "Aha... Ich würde vorher gerne noch herausfinden, in welche Anstalt ich dich zurückbringen muss, bevor man dich dort vermisst." "Du glaubst mir immer noch nicht, oder?" "Ganz ehrlich? Nein! Du wolltest es mir doch beweisen, aber da du das immer noch nicht getan hast, kann ich dir das einfach nicht glauben." "Das hab ich doch." Ben's Gesichtsausdruck wurde immer ernster. Es war ihm deutlich anzusehen, wie genervt er von meiner Widerspenstigkeit war. "Was??? Wann?" "Na, am Wochenende. Weißt du denn überhaupt noch irgendetwas von dem Abend?" "Eeeeeh... Ich befürchte fast, dass mein Erinnerungsspeicher an diesem Abend einen kleinen Aussetzer hatte." Ich grinste verlegen, während sich Ben's Gesichtsausdruck von regungslos in versteinert wandelte. "Na gut, setz dich hin und schließ die Augen." Ben drückte mich auf die Bank in meinem Wohnzimmer. "Was hast du denn jetzt schon wieder vor?" "Mach einfach mal was ich dir sage!" Ich brummte kurz vor mich hin, schloss dann aber brav die Augen und wartete. "Ich werde dir jetzt erzählen, was am Wochenende passiert ist und du versuchst dich daran zu erinnern, ok?" "Ok." Anhand von Ben's Stimme konnte ich erkennen, dass er sich neben mich gesetzt hatte. "Also..." Am Samstag Abend war ich mit einer Freundin und zwei guten Bekannten in einer Bar auf ein paar Cocktails. Aus ein paar wurden mehrere und das Resultat aus dem Ganzen war eine recht stark angetrunkene Mia. Als wir die Bar verließen, traf ich auf Ben. Ja, soweit ist die Geschichte bekannt. Doch was geschah dann. Ben hatte mich auf den Rücken genommen und wir sind in einer Straßenbahn nach Hause gefahren. Unterwegs begegneten wir einem Kontrolleur. "Mia? Bist du wach?" "Jajaja..." "Da vorne kommt ein Kontroleur. Hast du eine Fahrkarte?" "Ja, inmeinmGebbeudl. Schdudendenausweis. DergildalsFahrkahde...", lallte ich fast unverständlich vor mich hin. Ganze zusammenhängende Sätze waren in diesem Moment nicht gerade meine Stärke. "Mia, hör mir mal zu. Ich werde dir jetzt beweisen, dass ich mich vor Anderen unsichtbar machen kann, wenn ich will. Also, pass auf." "Jajaja, schongud." Der Kontrolleur näherte sich und ich streckte ihm zufrieden meinen Ausweis entgegen. "Danke.", meinte dieser und wollte weitergehen. Überrascht setzte ich mich auf. Ich sah Ben an und dann zum Kontrolleur, als ich sagte: "Heysie, HerrKondrodingsda! Dendamüssensefeischoaukondrollian!" Der Mann sah mich verständnislos an, seufzte kurz auf und ließ sich schließlich doch zu einer Antwort verleiten: "Mein liebes Fräulein. Sie haben wohl zu viel getrunken. Da ist doch niemand." Den Kopf schüttelnd ging er zu den nächsten Fahrgästen, welche mich bereits mit abwertenden Blicken löcherten. Leise flüsterte ich zu Ben: "Wasisdennmitdenenlossss... Dieguggnallesogomisch..." "Das liegt daran, dass mich niemand sieht und du dich hier aufführst wie die letzte Pennerin!" "Achwassss, duhasdochkeineAhnung." Mit diesen Worten kippte ich zur Seite um und schlief an die Fensterscheibe gelehnt ein. Ben muss mich dann wohl bis in meine Wohnung getragen haben, denn als ich wieder zu mir kam, lag ich in meinem Bett und Ben lag neben mir. Er beobachtete mich. "Was is hier los?", stammelte ich immer noch gut angetrunken. "Nichts. Nichts. Schlaf weiter." "Hmmm, willst du auch hier in meinem Bett schlafen?" "Nein, ich werde gehen, sobald es dir etwas besser geht, du Alkoholikerin!" "Ich bin keine Aloholikerin..." Weiter kam ich mit meinem Protest nicht. Ich spürte nur noch, wie mir eine Hand sanft ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht strich und eine Stimme sagte: "Ich werde mich mal ein wenig umhören. Vielleicht finde ich heraus, was das hier alles zu bedeuten hat." Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich wieder alleine. Alleine mit meinen Kopfschmerzen und einem großen Schrecken. Ich hatte nur noch ein übergroßes T-Shirt und meine Schlafanzughose an. "Uah! Er hat mich ausgezogen!?! Dieser perverse Mistkerl!!! Was bildet der sich eigentlich ein?!? Und wem gehört das Shirt?" "Na, fällt es dir jetzt langsam wieder ein?" Der Schlag gegen seine Schulter und mein hochroter Kopf sollten als Antwort gereicht haben, denn er sprang sofort auf und brachte schnell ein paar Meter zwischen uns. „Du hast mich ausgezogen, du kleiner Perversling!“ Mit dem Taschentuchpäckchen, welches auf dem Tisch lag, landete ich einen gezielten, aber eher wirkungslosen Treffer. „Ich hab das nur getan, weil du mir die ganze Zeit die Ohren voll gejammert hast! Mir ist so heiß! Mir ist so heiß!“ Mit erhöhter Stimmlage äffte mich dieser ungehobelte Streuner nach, woraufhin ich einen Stift nach ihm warf, jedoch reagierte er dieses Mal schneller und wich aus. „Das ist noch lange kein Grund mich auszuziehen!“ „Ich hab ja gar nichts gesehen. Ehrlich! Ich hab die Augen dabei geschlossen gehalten, als ich dir die Sachen ausgezogen habe. Dann konnte ich nur deine Schlafanzughose finden, aber kein Oberteil, also hab ich schnell mein Shirt ausgezogen und es dir übergestülpt. Ich hab wirklicg nichts gesehen! Glaub mir!“ Ich starrte ihn böse an, doch an seinem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er mich nicht anlog. Er versuchte so verzweifelt sich zu rechtfertigen, dass er fast schon ein wenig niedlich war. „Na gut. Also, was hast du herausgefunden?“ „Nicht besonders viel. Nur eine theoretische Möglichkeit, aber mehr kann ich dir jetzt noch nicht sagen. Deswegen würde ich dich bitten, dass du erst einmal in Erfahrung bringst, ob du adoptiert wurdest oder ob dein Vater eventuell nur dein Stiefvater sein könnte.“ „Stiefvater? Was heißt hier Stiefvater?!?“ „Das erkläre ich dir, wenn du es heraus gefunden hast und sich meine Vermutung bestätigt. Bitte! Das ist sehr wichtig. Nicht nur für mich, sondern, wenn sich alles bewahrheitet, auch für dich!“ „Eeeeeh, ich versteh wirklich nicht so genau, was du von mir willst, aber gut. Ich werde meine Mutter mal fragen. Aber nur, weil es mich auch betreffen könnte. Glaub nicht, dass ich das für dich mache, du Lustmolch!“ Schmollend verschränkte ich die Arme vor der Brust und beobachtete den zufrieden drein blickenden Ben. „Danke!“ Am nächsten Tag saß ich in meiner Vorlesung zusammen mit Lena und unserer Freundin Sara. „Also, Mia, dieser Workshop am Samstag geht von 14 Uhr bis 17 Uhr.“ „Ah, ok. Ja, dann werd ich hin gehen, denk ich.“ „Der Workshop am Samstag? Meint ihr den, bei dem es um Homosexualität geht?“, mischte sich Sara ein. „Ja, willst du mitkommen?“ Die beiden unterhielten sich jetzt über mich hinweg. „Ja, gern. Das is bestimmt recht interessant! Vielleicht trifft man da dann mal auf ein paar andere Schwule und Lesben. Ich sag's euch nämlich gleich. Ich bin bi.“ Mit diesen Worten schwoll mein Kopf zu einem riesigen Heißluftballon an. Er wuchs und wuchs und wuchs... bis er mit einem lautem Knall platzte und im ganzen Raum Gehirnmasse verteilte. Zumindest war das die Reaktion, die man zu sehen bekommen hätte, wenn wir hier in einem Cartoon wären, aber in Wirklichkeit, versuchte ich mir meinen überraschten und leicht schockierten Gesichtsausdruck so gut es ging zu verdrücken. Ich habe wirklich kein Problem mit der sexuellen Orientierung Anderer, aber es ist jedes Mal wieder eine ungewohnte Erfahrung. Mami, Papi, ihr hättet mich schon früher mit Homosexuellen bekannt machen müssen. Dann wäre es jetzt nicht immer so peinlich, wie ich reagiere! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)