Würfelzucker von nande („Ein guter Detektiv lässt sich nicht von seinen Emotionen leiten. Er lebt für seine Arbeit und erlaubt sich keine Subjektivität“) ================================================================================ Kapitel 25: Rückweg ins Krankenhaus ----------------------------------- „Trotzdem werde ich mir etwas überlegen“, gab L von sich. Wenige Sekunden danach griff auch er wieder nach der Gabel und aß in Ruhe weiter. Etwas überlegen? Was meinte er damit? Near fragte sich, ob er sein mentales Freundschaftsbekenntnis wieder zurückziehen sollte. Dieser Mann machte ihn wahnsinnig. Er fühlte sich wie eine Hausfrau, die die Wohnung gerade vom gesamten Schmutz einer Überschwemmung säuberte und sich nachfolgend kurz auf dem Sofa ausruhen wollte, bis allerdings ihr Mann mit dreckigen Schuhen durch den Flur stieg. Denn genau dasselbe passierte hier gerade. Kaum fühlte Near sich sicher, L gelesen zu haben, schon gab er etwas von sich, was Rätsel hinterließ. Es gab so viele Dinge, die er damit meinen hätte können. Noch dazu war die Aussage so zusammenhanglos. ‚Sie müssen sich keine Sorgen machen.’ – ‚Trotzdem werde ich mir etwas überlegen.’ Meinte er vielleicht, als Wiedergutmachung? Near schüttelte dezent seinen Kopf. Weswegen machte er sich darüber überhaupt Gedanken? Diese Aussage, wie belanglos sie doch eigentlich war, vollkommen uninteressant. Wo er doch gerade etwas Gravierendes über den Meisterdetektiv herausgefunden hatte. Deswegen entschied er sich symbolisch über diese Schmutzspuren hinwegzusehen und darauf zu warten, dass L sie selbst vom Fußboden entfernen würde. Der Junge versuchte klare Gedanken zu fassen und fuhr mit dem Essen fort. Es dauerte nicht, lange, da hatten beide den gemeinsamen Kuchen komplett aufgegessen. Daraufhin widmete Near sich wieder der Esther-Házy Torte, bis er sich schließlich eingestehen musste, dass er einfach nicht mehr konnte. Er entschloss sich dazu einfach zu warten, bis L fertig war, auch wenn in den Sternen stand, wann das sein würde. Near beobachtete den Schwarzhaarigen bei der Lebensmittelzufuhr und musste sich eingestehen, dass einige seiner Mimiken etwas Kindliches hatten, was in diesem Fall ein Geheimcode für ‚niedlich’ war. »Wo wir gerade dabei sind.. Wie alt er wohl ist?« Er schätze ihn auf Ende zwanzig ein, womit er eigentlich ziemlich richtig lag, wenn man bedachte, dass L sich gerade in seinem achtundzwanzigsten Lebensjahr befand. Während der Junge gerade über Ls Alter sinnierte und dabei einige Schlucke von seinem Wasser machte, blickte dieser beiläufig auf die Uhr. Er machte einen letzten Bissen von der Malakoffschnitte, die er sich zuvor vom Servierwagen nahm und stand daraufhin auf. „Wir liegen gut in der Zeit, trotzdem wäre es besser jetzt zu gehen“, meinte er schließlich und fasste mit der bloßen Hand nach dem restlichen Stück des Desserts. Es dauerte einige Sekunden bis Near realisierte, dass L gerade aufgestanden war, zu sehr war er damit beschäftigt ihn zu beäugen. Natürlich ließ er sich davon aber kaum etwas anmerken und erhob sich darauf folgend auch gleich. Ohne ein Wort zu sagen folgte er dem leicht gebückten Mann und sah sich erneut in der Konditorei um. »Scheint so, als ob es ihm tatsächlich gehören würde. Er zahlt nicht und wird sofort vor allen anderen empfangen, wenn er kommt...« Als die beiden das Gebäude verließen sprachen sie nichts miteinander, stattdessen stopfte L sich sein Mitbringsel genüsslich in den Mund. Außerhalb des Betriebs wartete Watari neben der Limousine und Near fragte sich, ob er die ganze Zeit über dort verharrte. Er öffnete die Wagentüre, die an den Gehsteig grenzte, wo schließlich auch alle zwei einstiegen. Innerhalb des Wagens wischte L sich seine Hände mit einer Art Taschentuch ab und warf dieses in ein Seitenfach, das ein Mülleimer zu sein schien. Near schenkte dem Szenario nicht viel Beachtung und vertrieb sich die Zeit lieber damit, sich eine Locke seines Haars einzudrehen. Schließlich startete Watari das Gefährt und Near kam in Gedanken wieder auf die Aussage Ls zurück, dass er sich noch etwas überlegen wolle. Schnell aber verwarf er das Gegrübel wieder, schließlich würde er zu diesem Zeitpunkt ja doch nicht darauf kommen, was er damit meinte. Deswegen entschloss er sich dazu, sich über angenehmere Dinge den Kopf zu zerbrechen, zum Beispiel darüber, ob er gleich nach Ankunft mit dem Puzzle beginnen sollte, das L ihm zuvor schenkte, oder ob er sich zuerst hinlegen sollte. Ganz ehrlich, diese Frage war nicht leicht zu beantworten. Der Rückweg zum Krankenhaus dauerte eindeutig nicht so lange wie der Hinweg zur Konditorei, da Near viel weniger als zuvor dachte, sie aber trotzdem schon ankamen. Erneut öffnete der ältere Herr die Wagentüre für die beiden Insassen, wartete bis sie ausstiegen und schloss sie sogleich auch wieder. Der Junge entschied sich dazu, nicht weiter darüber nachzudenken, inwiefern Watari sich L zuschrieb, da er sich nicht vorstellen konnte, jemals selbst diese schon baldige Sklavenarbeit zu vollrichten. Wieder schwiegen die zwei als sie das Krankenhaus durchquerten. Diesmal jedoch fand sogar der sonst so rationale und wortkarge Near die Stille etwas erdrückend. Er wollte einfach nur noch in sein Krankenzimmer und sich ausruhen, selbst wenn nicht so viel geschehen war. Nachdem die Lifttüre sich öffnete, wäre er am liebsten schnell in den für ihn vorgesehenen Raum und dessen Türe abschließen, auch wenn er selbst nicht so recht wusste, weswegen er so fühlte. L schritt voran, blieb kurz bei einer Krankenschwester stehen und bat Near darum, schon vorauszugehen. »Nichts lieber als das«, dachte er sich und tat wie ihm Befehl. Er setzte sich auf sein Bett, wartete aber nicht lange auf den Schwarzhaarigen. Vermutlich wollte er nur kundgeben, dass sie wieder zurückkehrten. Der Junge sah wie sein Gegenüber sich ihm mehr und mehr näherte und ab einem gewissen Abstand wurde ihm etwas mulmig Zumute. Es blieb ihm allerdings erspart, sich länger diesem Gefühl auszusetzen, da er bereits von zwei Armen umschlungen wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)