Würfelzucker von nande („Ein guter Detektiv lässt sich nicht von seinen Emotionen leiten. Er lebt für seine Arbeit und erlaubt sich keine Subjektivität“) ================================================================================ Kapitel 3: Zum Flughafen ------------------------ Um sieben Uhr wurde Near zum Flughafen gebracht. Roger war mit, um ihn bis zum Schluss zu begleiten, schließlich war das Nears erster Flug und er wollte auf Nummer sicher gehen, dass auch alles glatt laufen würde. Während der ganzen Fahrt starrte Near aus dem Fenster, mit dem Wissen, dass jede Sekunde ihn einem Treffen mit L näher bringen würde. Er fühlte seinen Herzschlag im Hals und fragte sich, ob er beim ersten Treffen einen Schwindelanfall bekommen würde. Oder ob er plötzlich nicht sprechen könnte. Gut, er war sich sicher, dass ihm nicht schwarz vor Augen werden würde, aber er machte sich tatsächlich Sorgen darum, dass sein Hals möglicherweise austrocknen könnte. Er mochte es nicht, sich emotional zu geben, nichts war ihm mehr zuwider, doch was sollte er dagegen tun, falls es dann doch passieren würde? Darüber wollte er erst gar nicht nachdenken, denn umso mehr Angst er davor hatte, desto wahrscheinlicher wäre es, dass es passiert. Deswegen versuchte er diese Gedanken zu verdrängen, versuchte sich irgendwie abzulenken. ... Wie L wohl aussehen mag? Bisher hatte ja immer nur seine Stimme gehört. Plötzlich drehte Near sich nach links. „Roger, weißt du was für eine Art Fall das ist, an dem L gerade arbeitet?“ „Es geht um einen Brandstifter der sich scheinbar auf Kindergärten konzentriert. Mehr wurde mir nicht mitgeteilt“, sagte Roger mit ernster Miene. Near sah ihn kurz an und nickte danach. „Verstanden“ Deswegen war Near Rogers Lieblingswaise. Er war ruhig, er schrie nie und schwierig war er schon gar nicht. Er machte was man ihm sagte und brachte immer die besten Leistungen. Manchmal hörte Roger wie einige Betreuer davon sprachen, dass Near ihnen leid täte, da er doch keine Freunde habe. Roger aber sah das anders. Es gab nun mal die Leute, die ohne soziale Kontakte nicht leben konnten und die, die sehr wohl dazu fähig waren. Und Near, das wusste er, gehörte zu der zweiten Kategorie, welche auch viel seltener anzutreffen war. Die Fahrt zum Fughafen dauerte zirka eine halbe Stunde. Träge wankte Near aus dem Wagen und schleifte sich zum Kofferraum um sein Gepäck zu holen, doch Roger kam ihm zuvor. „Ich nehme es schon“, sagte er flüchtig. Near kuckte ihn still an, er wollte etwas sagen, was aber, das wusste er nicht, deswegen drehte er sich einfach um und betrat das Gebäude. Nach dem ersten Schritt hielt er für kurze Zeit den Atem an. So eine riesige Architektur hatte er noch nie zuvor gesehen, geschweige denn so viele Menschen gleichzeitig an einem Ort. Roger eilte an ihm vorbei, wodurch er schlussendlich aus seinen Gedanken gerissen wurde. Er hatte Angst den Mann aus den Augen zu verlieren, deswegen folgte er ihm so schnell er konnte, obwohl er lieber langsamer gegangen wäre. Die beiden blieben dann bei einem Schalter stehen wo Roger ein Ticket aus der Tasche zog. Danach ging alles unerwartet schnell. Nears Koffer wurde abgegeben, er ging durch einige Passagen und schließlich fand er sich auch schon im Flugzeug wieder und das ganz alleine. Nicht, dass es ihm etwas ausmachte keine Gesellschaft zu haben, es war nur so, dass er zwar höchstintelligent war, sich im Leben allerdings rein gar nicht zurechtfand. Wenigstens saß niemand neben ihm, so dachte er, doch er wurde eines besseren belehrt. Near wusste nicht, ob er sein Leben als ‚glücklich’ beschreiben würde. Nun, er war zwar in einem Waisenhaus, doch es fiel ihm so einiges viel leichter als manch anderen und für gewöhnlich stand man ihm auch immer zur Seite. Freunde hätte er auch viele haben können, doch er hatte sich dagegen entschieden. Und nun wurde er sogar von L persönlich eingeladen ihm zu helfen. Alles in allem lief eigentlich so wie er es sich vorstellte, bis zu diesem Augenblick. ... Bis zu dem Augenblick wo sich dieser schmierige Typ neben ihn setzte. Es war zwar nicht Nears Art, Leute nach ihrem Aussehen zu bewerten, doch bei diesem Mann war er sich sicher zu wissen, was für eine Art Mensch er war. Anfangs saß er außen. Doch nachdem das Flugzeug startete setzte er sich in die Mitte. Und in die Mitte bedeutete neben Near. Dieser kuckte kurz zu ihm rüber und sah dabei ein ekliges Gesicht, das ihn mit den Blicken auszog. Um ehrlich zu sein, er fand es widerlich. Er wusste zwar, dass es solche Menschen gab, aber musste sich noch nie mit ihnen abgeben. Deshalb entschied er sich einfach aus dem Fenster zu kucken. Ganze zwölf Stunden lang. Nicht, dass es ihm was ausmachte so lange vor sich hinzustarren, es war vielmehr die Tatsache, dass er nun einen halben Tag neben diesem Kerl verbringen musste. Das einzige was ihn beruhigte war, dass er angeschnallt war. Und dass dieses Etwas angeschnallt war. Und dass dutzende Menschen um die beiden herumsaßen. Manchmal stellte der Typ ihm fragen, die Near allerdings gekonnt ignorierte. Oftmals waren auch anstößige, unterschwellige Bemerkungen dabei, wofür der Junge ihn am liebsten angeklagt hätte. Einige Male kam er ihm mit dem Gesicht beängstigend nahe. Was dachte er sich eigentlich? Wenn er 5 Stunden lang nicht hinkuckte, wird er es später auch nicht tun. War er so dumm oder tat er nur so? Wohl gehörte er einfach nur zu den Menschen, die es als erregend empfanden, wenn andere von ihnen angewidert waren. Jedenfalls hätte Near es sich nicht anders erklären können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)