Kurzgeschichten von FroZnShiva ================================================================================ Kapitel 1: Kirschblüte ---------------------- Alles begann mit einem Traum, bei dem man nicht weiter schlafen will. Ein Traum aus dem man lieber herausgerissen wird um der wesentlich erträglicheren Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Diese Wahrheit ist nicht immer schön. Dennoch wird sie besser als dieser Traum und auch besser als alle Träume dieser Art sein. Keine Mutter sollte solche Träume haben. Dies beschloß eine 35-jährige Frau und brach mit Zuversicht die Dunkelheit vor ihren Augen entzwei und öffnete ihre Augen einen Spalt breit… Weißes grelles Licht blendete ihre Augen und sie konnte nichts erkennen. Das blendende Licht stach so sehr in ihren Augen, dass sie diese unmittelbar wieder schließen musste. ›So lange kann ich niemals geschlafen haben, dass sich meine Augen derart an das Licht gewöhnen müssen. Hoffentlich haben wir die Haltestelle nicht verpasst.‹ Sie riss erneut die Augen auf und setzte sich auf. ›Warum lag ich?‹ – auf die Antwort dieser Frage musste sie nicht lange warten. Sie erkannte, um sich herum allerlei Gerätschaften und einige laute Piepser drangen von der Seite in ihr Ohr. Sie war in einem Krankenhaus. »Wo ist meine Tochter? Geht es ihr gut?« fragte sie, ohne sich umzublicken ob jemand in der Nähe war. Erneut überkam sie eine plötzliche Ohnmacht. »Ich glaube sie ist wach. Überprüfen Sie ihr Befinden Schwester.« – »Ok Doktor.« Diese Stimmen kamen ihr seltsam vertraut vor. Sie schlug erneut ihre Augen auf, blieb aber diesmal liegen. »Sie scheint unversehrt zu sein, sie überkam wohl nur eine plötzliche Ohnmacht.« Sagte die Krankenschwester. »Lassen Sie uns bitte alleine und benachrichtigen Sie die Polizei über ihr Erwachen.« Der Doktor wendete sich nun seiner Patientin zu. »Sie haben mir aber einen großen Schrecken eingejagt. Selten muss ich eine meiner Krankenschwestern hier behandeln, wenn ich darüber nachdenke habe ich das noch nie getan, aber ich bin schon lange Arzt und kann mich sicher nicht an jeden einzelnen Angestellten und erst recht nicht an jeden einzelnen Patienten erinnern. Wie geht es Ihnen?« Sie erkannte ihn, er war ihr Chef. »Wo ist meine Tochter?«, mehr wollte sie im Moment nicht wissen. Es gab nichts was sie mehr interessierte. Es gab einfach niemanden der ihr wichtiger war. »Doktor! Wissen Sie es nicht oder wollen Sie mir nicht antworten?« sagte sie nun in einem strengerem Tonfall. Er holte tief Luft, schluckte und versuchte seine Worte im Kopf zurecht zu legen. »Sie wurde noch nicht gefunden. Die Rettungsmannschaften suchen weiter nach ihr.« – »Rettungsmannschaften? Erledigt das nicht normalerweise die Polizei? …Moment, welchen Tag haben wir heute? Wie lange war ich bewusstlos?« Sie setzte sich auf und wollte aus dem Bett springen. »Beruhigen Sie sich. Sie können jetzt nicht dort hin. Es ist noch alles voller Rauch und Feuer. In den Trümmern würden Sie niemanden finden, Sie würden sich nur verletzen und die Rettungsmannschaften von ihrer Arbeit abhalten.« – »Trümmer?« unterbrach sie ihn. »Sie waren nicht mehr bei Bewusstsein, als es passiert ist?« fragte der Arzt deutlich verwundert. »Als was passiert ist? Was meinen Sie damit, erzählen Sie mir bitte was los ist. Sagen Sie mir wo meine Tochter ist!« – »Ihr Zug mit dem sie gefahren sind,« er schluckte erneut, »er ist in Flammen aufgegangen und daraufhin entgleist. Sie sind bisher die Einzige die man dort gefunden hat. Nach weiteren Überlebenden wird gesucht, sowie nach den Ursachen des Feuers. Es besteht allerdings reichlich wenig Hoffnung.« Er legte seine Hand auf ihre Schulter, »Sie wurden als einzige gefunden. Damit mein ich nicht als einzige Überlebende, sondern als einzige. Es gab keine verbrannten Körper oder andere Zeichen auf die Anwesenheit weiterer Personen in diesem Zug.« Er holte tief Luft, »…und Sie haben nicht einmal einen Kratzer. Sie sind komplett unversehrt! Das hatte zunächst den Hilfskräften Hoffnung gemacht. Als sie allerdings nach weiteren Stunden ihrer Suche auf keine weiteren Anzeichen gestoßen waren und sie auch nicht das Feuer besiegen konnten wurde die Suche abgebrochen. Es suchen nun noch einige Freiwillige weiter, aber bisher auch ohne Erfolg. Es tut mir Leid, Sie sollten etwas zu sich nehmen, dann können Sie selbst entscheiden ob Sie sich dazu in der Lage fühlen sich mit den Behörden auseinander zu setzen.« Neben ihrem Bett auf einem kleinen Tisch stand ein Tablett mit ein paar hastig belegten Broten und ein Glas Orangensaft. »Darf ich die mitnehmen? Ich will gleich mit den Beamten sprechen wenn es geht. Meine Tochter muss da noch irgendwo sein. Sie saß neben mir im Zug.« – »Essen Sie es gleich hier und warten Sie einen Moment. Jemand von der Polizei wird Sie gleich abholen kommen.« Sie bedankte sich bei dem Doktor und griff nach einem der Brote. Eigentlich hatte sie keinen Hunger, da sie sich sehr um ihre Tochter sorgte. Andererseits wusste sie genau, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als ein paar Bisse zu nehmen, da sie sonst sicherlich nicht lange bei Sinnen bleiben würde und auf der Suche nach ihrer Tochter somit auch keine Hilfe mehr wäre. »Guten Tag, fühlen Sie sich einigermaßen?« Ein junger Polizist kam in ihr Zimmer. »Sind Sie bereit mit mir zum Präsidium zu fahren? Es gibt da einiges zu klären.« Er zwinkerte ihr freundlich zu und machte ihr einen recht sympathischen Eindruck. Sie nickte und stand auf. Ihre Glieder fühlten sich sehr erschöpft an, als hätte sie am Tag zuvor viel Sport getrieben und die Anstrengung wäre in den Muskeln und Gelenken hängen geblieben. Doch ließ sie sich nichts anmerken und fragte, »Darf ich mich vorher bitte noch umziehen? Wo sind meine Sachen?« Es war ihr Chef der antwortete. »Ihre Sachen sind ebenfalls verbrannt. Keine Anzeichen deren Existenz konnte ausgemacht werden. Ich begleite Sie noch bis Draußen, dann kann ich ihnen an der Garderobe meine Jacke geben oder haben Sie in ihrem Schließfach noch Wechselsachen?« – »Ja dort habe ich noch etwas, allerdings trug ich den Schlüssel mit an meinem Schlüsselbund und der war in meiner Handtasche.« Der Doktor versicherte ihr, dass dies kein Problem darstellen wird und sie verliessen den Raum. Als sie noch einmal zurück blickte fiel ihr Blick durch das Fenster, wo der kleine Kirschbaum zu sehen war, der gerade seine Blüten öffnete. Nachdem sie sich umgezogen und vom Doktor verabschiedet hatte ging sie mit dem Polizisten nach draußen, sie stiegen in seinen Wagen ein und fuhren eine ganze Weile bis zum Präsidium. Die vielen Blicke die auf sie geworfen wurden, als sie dem Polizisten durch das Präsidium zu seinem Büro folge, bemerkte sie garnicht. Es war ein kleiner ungemütlicher und unordentlicher Raum, wie sie es aus verschiedenen Fernsehserien kannte. »Erzählen Sie mir bitte alles an das Sie sich erinnern können. Es ist egal wie absurd es vielleicht auch sein mag. Alles was mit ihrer Zugfahrt zu tun hat. Danach können Sie mir gerne ein paar Fragen stellen.« Seine plötzlich strenge Art erschreckte sie ein wenig, sie begann jedoch zu erzählen. »Ich kann mich an nichts Ungewöhnliches erinnern. Wir lösten ein Ticket und stiegen ein. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, weiß ich nicht einmal mehr wohin wir eigentlich fahren wollten. Sie müssen verstehen, ich bin in Sorge wegen meiner Tochter, wie soll ich mich da richtig konzentrieren?« Er seufzte nur und sagte nach einer kleinen Weile, »Ich dachte Sie können mir vielleicht irgendwie weiterhelfen. Die ganzen Umstände sind so absurd, alles sieht danach aus, als wären Sie alleine und nackt in diesem Zug gewesen. Nicht einmal den Zugführer konnten wir entdecken oder Hinweise darauf, dass es ihn gegeben hat. Als Sie sich umgezogen haben, erzählte mir der Arzt was er ihnen bereits berichtet hatte, ich muss seine Aussagen leider bestätigen. Er hat mir auch von Ihrer Tochter erzählt und davon, dass Sie schon vor der Entzündung der Flammen bewusstlos waren.« Er kratzte sich am Kinn, grübelte eine Weile vor sich hin und schlürfte hin und wieder an dem Kaffee, den er sich aus einer Thermoskanne in einen kleinen Becher gekippt hatte. »Was kam Ihnen denn als erstes in den Sinn, als Sie ihr Bewusstsein wiedererlangt haben? Ich bin kein Psychiater, aber…« – »Ah!« unterbrach sie ihn, »Ich dachte ich wäre im Zug eingeschlafen. Ich hatte einen schlimmen Traum, den hatte ich vor Aufregung wegen meiner Tochter völlig verdrängt gehabt.« – »Worum ging es in diesem Traum?« frage er, seine Neugier sichtlich erweckt. Sie dachte einige Minuten nach. »Es ging um meine Tochter. Wir saßen im Zug, genau wie es auch wirklich war. Aber ich musste dringend auf die Toilette und habe sie gebeten kurz auf mich zu warten, da die Zugtoilette ganz in der Nähe von unserem Sitz war. Als ich, nachdem ich fertig war, die Tür wieder hinter mir schloß und mich wieder zu den Sitzplätzen begab, lief dort durch die Reihen ein Mann. Er blieb bei der Reihe wo auch meine Sachen noch zu erkennen waren und wo meine Tochter gesessen hat stehen und beugte sich über den Sitz wo ich gesessen hab zu meiner Tochter herunter. Ich konnte mich nicht rühren so sehr ich es versucht habe, so sehr ich es auch wollte. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, richtete sich danach wieder auf und kam auf mich zu. Er hat mir die ganze Zeit in die Augen gesehen, es kam mir vor, als hätte er mich mit seinem eisigem Blick an Ort und Stelle geheftet. Er ging an mir vorbei Streifte meine Schulter und verschwand hinter mir. Als er aus meinem Blickfeld verschwunden war, konnte ich mich wieder rühren, ich blickte mich nicht um, sondern ging schnellstens zu meiner Tochter. Doch sie saß nicht auf ihrem Platz. Ich wollte dem Mann hinterher doch als ich mich umgedreht hatte, stand da meine Tochter genau da, wo ich auch gestanden hatte. Doch das schlimmste war ihr Blick. Sie hatte die gleichen eisigen Blick wie der Mann… Dann bin ich aufgewacht und befand mich im Krankenhaus. Wie dumm von mir, dass mein erster Gedanke war, ob ich denn unsere Haltestelle verpasst hab und nun weiß ich nicht einmal mehr wo wir aussteigen wollten. Ich kann mich auch sonst an nichts erinnern. Ich will einfach nur meine Tochter wiederhaben!« – »Herr Inspektor,« sagte eine Frauenstimme auf einmal hinter ihr, »Sie haben endlich die Feuer gelöscht.« Die Frau verschwand wieder und der junge Polizist stand auf. »Ich muss jetzt noch einmal zum Unfallort. Sie können mich gerne begleiten, vielleicht fällt Ihnen ja dort wieder etwas ein, aber machen Sie nichts Unüberlegtes!« Sie nickte nur und stand ebenfalls auf. Tränen liefen ihr aus den Augen, als sie den Unfallort sah. Sie haben schon vom Auto aus viele Trümmerteile entlang den Schienen neben der Strasse gesehen, aber der Ort wo die Einsatzkräfte hauptsächlich beschäftigt waren sah aus wie ein Schlachtfeld. Die Straße war aufgerissen und es war unmöglich mit dem Auto auf die andere Straßenseite zu kommen, ohne über Trümmerberge zu klettern. Der Zug muss nach dem entgleisen gegen den Damm gedonnert sein, auf dem die Straße verlief. Der Russ auf der Straße, auf den Schienen und überall dort wo einmal Gras war zeugte noch von dem Schlimmen Brand, der bis vor Kurzem noch tobte. Es lag jedoch kein Geruch von gebratenem Fleisch in der Luft, es stank widerlich nach verbrannter Elektronik. Ein kleiner stämmiger Mann kam auf sie zu. Er gehörte wohl zu den Rettungstrupp der bis eben noch versucht hatte die Feuer zu löschen. »Herr Inspektor, die Spurensicherung war bereits hier und hat einige Proben mitgenommen. Wir konnten ja nicht herausfinden warum der Zug in Flammen aufgegangen ist und was dort eigentlich gebrannt hat. Es war so verdammt schwer zu löschen. Wissen Sie inzwischen was von den Vermissten? Haben Sie schon Leute auf Ihre These angesetzt?« Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und schaute den Polizisten an, »These? Was für eine These?« – »Ich würde eine Entführung nicht ausschließen.« Entgegnete ihr der Inspektor. »Wir haben keine Anzeichen auf Personen im Zug gefunden, bis auf Sie, also gehe ich davon aus, dass die Personen vorher den Zug verlassen haben. Ich glaube nicht, dass Sie allein in dem Zug waren, da Sie diesen nicht einmal hätten starten können. Augenzeugen die vorher ausgestiegen sind berichten uns, dass sich im Zug Personen befunden haben und niemanden ist etwas Ungewöhnliches aufgefallen. Vierzig Personen, inklusive Ihnen 41 Personen können wir auf einer Liste verzeichnen, doch die Dunkelziffer wird um Einiges darüber liegen. Wir schätzen die Anzahl der Reisenden auf 120 Personen.« – »Aber Herr Inspektor,« warf der stämmige Kerl ein, »es können niemals 120 Personen auf dem Stück von der letzten Haltestelle hierher entführt worden sein. Wir wissen nicht einmal wie es möglich war den Zug so stark zu beschleunigen, dass dieser den kompletten Damm mitreißen konnte.« – »Es ist nur eine These die momentan leider noch mehr auf Hoffnung, als auf Fakten beruht. Bei einer Entführung können wir immerhin noch auf Überlebende hoffen. Vielleicht sind auch alle unversehrt. Wie Sie überleben konnten wird uns wohl weiterhin ein Rätsel bleiben.« Den letzten Satz wendete er an die Frau, der wieder die Tränen in den Augen standen. »Sie können uns jetzt nicht weiter helfen. Ich bringe Sie nach Hause und lasse Sie es als Erste wissen, wenn wir Neuigkeiten über Ihre Tochter haben. Seien es nun gute oder schlechte.« Der Inspektor begleitete sie zurück zum Wagen und öffnete ihr die Beifahrertür. Im Wagen nahm er ihre Personalien auf und sie ließ sich seine Handynummer geben, falls ihr doch noch etwas einfallen sollte. Er ließ sie direkt vor ihrer Haustür aussteigen. Es war noch Nachmittag, trotz dass so viel an diesem Tag geschehen war, ist die Zeit nicht schnell vergangen. Die Treppe hinauf zur Eingangstür war übersäht mit Kirschblüten die von dem Baum nahe der Strasse herabfielen wie Schnee. Zum Glück hatte sie ihren Ersatzschlüssel in ihrem Schließfach im Krankenhaus. Sie wusste, dass man sie im Notfall dort auch ohne ihren Schlüssel hereinlassen würde. Doch nie hätte sie gedacht es unter solchen Umständen zu brauchen. Während sie die vielen Treppen nach oben stieg kam ihr die Welt so unwirklich, ja sogar sinnlos vor. ›Wo ist meine Tochter? Was soll ich nur ohne sie machen?‹ Immer wieder dachte sie über diese beiden Fragen nach, auf die sie keine Antwort fand. Der Weg die Treppen rauf zu ihrer Wohnung kam ihr so unendlich lang vor, dass sie sich zwischendurch auf die Treppe setzen musste um eine Pause einzulegen. Oben angekommen steckte sie ihren Wohnungsschlüssel in die Tür und drehte ihn. Sie drehte ihn ganz langsam aus Angst davor in eine leere Wohnung zu treten wo normalerweise ihre Tochter auf sie wartet. Wo sie darauf wartet, dass ihre Mutter heim kommt um ihr bei dem Rest ihrer Hausaufgaben zu helfen, die sie nicht verstanden hat… Tränen schossen ihr erneut aus den Augen und sie öffnete die Tür. Dort stand sie. Im Rahmen der Küchentür, genau gegenüber der Wohnungstür. Ihre Tochter. Die Kleine hatte noch immer den eisigen Blick, den sie auf ihre Mutter richtete. Diese jedoch fiel vor ihrer Tochter auf die Knie und nahm sie in den Arm. »Wo hast du nur gesteckt? Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt - weißt du das?« Doch die Tochter sagte nichts und rührte sich auch nicht. Nach ein paar Minuten ließ die Mutter ihre Umarmung locker, blieb jedoch auf dem Boden vor ihrer Tochter gekniet. »Was ist los mit dir?« Beide blickten sich direkt in die Augen. Die Kleine wendete ohne ihren nichtssagenden Gesichtsausdruck zu verändern den Blick ab, ging an ihrer Mutter vorbei und setzte sich an den Esstisch im Wohnzimmer. ›Vielleicht steht sie unter Schock, aber wie ist sie hier her gekommen? War es doch kein Traum, hat der Kerl im Zug sie hergebracht? War er der Entführer? Ist derjenige vielleicht noch in der Wohnung?‹ Sie stellte sich viele Fragen auf einmal. Eine seltsamer als die andere. Es waren keine Einbruchsspuren zu entdecken, ebensowenig ein Entführer, so sehr sie die ganze Wohnung auch untersuchte. »Hast du Hunger meine Kleine?« fragte sie, doch wieder zeigte ihre Tochter keinerlei Reaktion. »Ich mach dir etwas schnelles, wir sollten uns heute zeitig ins Bett legen, es war ein harter Tag.« Sie ging in die Küche und setzte einen Topf mit Wasser auf. Währendessen ging sie zum Telefon und wählte die Nummer des Inspektors. Als dieser keuchend abnahm hörte man Schreie im Hintergrund. »Herr Inspektor,« brach aus ihr direkt heraus ohne abzuwarten wer sich meldet »meine Tochter ist hier. Sie war hier bei mir in der Wohnung.« – »Gott sei dank. Wie geht es ihr?« fragte der Inspektor, »Ihr geht es gut, ich kann keine Verletzungen finden. Selbst ihr rosa Kleid ist sauber und es scheint ganz zu sein. Sie benimmt sich nur etwas komisch, aber ich denke das es wird morgen wieder besser sein. Was sind das für Schreie im Hintergrund? Ist bei Ihnen alles in Ordnung, haben Sie Neuigkeiten?« – »Ich wollte Sie eben anrufen. Wir haben etwas Schreckliches erhalten. Über dem Zug flog ein Hubschrauber der Presse, die den Vorfall aufgenommen hatten. Sie wollen es heute Abend noch in den Nachrichten bringen. Deswegen haben sie die Bänder erst so spät rausgerückt. Es ist grauenvoll. Alle sind verbrannt. Komplett! Es ist nichts von ihnen übrig geblieben. Wir haben die Videos noch nicht komplett durchgearbeitet, sie sind sehr unscharf. Leider können wir nichts dagegen unternehmen und sie werden heute Abend auf Sendung sein. Wahrscheinlich die darauf folgende Woche ebenfalls.« Vor Schreck ließ sie das Telefon fallen und sie atmete ganz flach. Im Hintergrund hörte sie das Wasser aus der Küche kochen. Sie hob den Hörer auf, »Herr Inspektor, danke für Ihre Hilfe, ich denke ich werde mich morgen noch einmal melden, aber ich brauch jetzt erst einmal meine Ruhe, vielleicht brauchen Sie meine Hilfe bei den Videoband. Vielleicht erinnere ich mich ja wieder an etwas. Ich werde jetzt mit meiner Tochter noch etwas essen und dann legen wir uns schlafen, dann habe ich morgen hoffentlich einen klaren Kopf.« – »Ok, das klingt vernünftig. Melden Sie sich morgen, wenn Sie sich dazu bereit fühlen. Ihre Hilfe ist uns sehr willkommen.« Sie beendete das Gespräch und ging in die Küche und schüttete den Inhalt einer Tüte in den Topf. Fertignudelsuppe, nichts besonderes, aber für Tage wie heute einfach unentbehrlich. Als die Suppe fertig war, setzte sie sich mit zwei vollen Tellern und zwei Löffeln zu ihrer Tochter. Sie schien die ganze Zeit regungslos dort gesessen zu haben. Stillschweigend, machten sich beide über die Suppe her, gingen ins Bad und dann zu Bett. Zusammen, Hand in Hand mit ihrer Tochter, rannten sie durch einen Park. Die Sonne prasselt auf die Erde herab und erwärmt jeden Fleck auf den sie trifft. Sie hält kurz an um eine Pause zu machen, doch ihre Tochter rennt weiter. Circa Zehn Meter vor ihr bleibt sie unter einem Kirschbaum stehen. Die Blüten schneien um sie herum, regnen auf sie herab, bilden einen Teppich unter ihr und um sie herum. Die Szene war einer Prinzessin würdig, jedoch war der Blick der Kleinen vernichtend und traf ihre Mutter direkt in die Augen. Sie wachte auf. Schon wieder so ein seltsamer schrecklicher Traum. Warum hatte ihre Tochter diesen kalten Blick? Am Abend zuvor war das auch so, aber ihre Tochter war am Leben und unversehrt. Das war alles was zählt. Sie stieg aus ihrem Bett, öffnete die Vorhänge und ging zur Tür. Normalerweise steht die Tür über Nacht offen, wahrscheinlich hatte sie diese letzte Nacht in ihrer Verwirrung geschlossen. Sie öffnete die Tür und vor ihr, mitten im Flur, stand ihre Tochter. Sie hielt eines der Küchenmesser in ihren Händen und Blut bedeckte den Fussboden. Hinter ihrer Kleinen stand der Mann aus dem Zug und machte sie mit seinem Blick bewegungsunfähig. Es war sein Blut auf dem Boden, seine Sachen waren damit durchweicht und in der Magengegend hatte er eine stark blutende Verletzung. Er sagte mit einer Stimme, die der Frau ins Mark ging: »Warum erntet man die Kirsche, wenn die Blüten doch viel schöner sind?« dann sackte er zusammen. Ihre Tochter hatte ihn einen tödlichen Stich versetzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)