Denn man sieht nur mit dem Herzen gut von Wo_Ai_Ni (Und manchmal ist alles erschreckend normal) ================================================================================ Kapitel 3: Programmieren "leicht" gemacht ----------------------------------------- „Reimi, bitte öffne endlich die Tür. Du warst seit drei Tagen nicht in der Schule, was ist denn los?“ Besorgt klopfte Reimis Mutter immer wieder an die Tür der 18jährigen. Da sie immer früh raus musste, bekam sie nicht mit, wann ihre Töchter das Haus verließen. Doch Kanako hatte ihr an diesem Tag gesagt, dass Reimi sich die letzten drei Tage nicht hatte in der Schule blicke lassen. Miyuki Yanagiwara war ein hübsche Frau mittleren Alters. Sie arbeitete in einer Werbeagentur als Sekretärin und war von früh morgens bis spät abends unterwegs. Sie konnte ihren Töchtern zwar nicht viel bieten, aber sie liebte sie dafür umso mehr. Sie wusste, dass Reimi seit ihrer Kindheit in Computer verliebt war, aber sie empfand dieses Hobby eigentlich als zu extrem. Immer wieder klopfte sie besorgt an Reimis Zimmertür. „Bitte Reimi, mach auf!“, sagte nun auch Kanako, die neben ihrer Mutter stand. Endlich hörte man den Schlüssel im Schloss herumdrehen. Die Tür öffnete sich und zum Vorschein kam eine mit schwarzen Augenringen versehen, völlig fertig aussehende Reimi. „Oh Gott, Mädchen, was ist denn los?“, fragte ihre Mutter erschrocken, während sie einen Blick in Reimis Zimmer warf. Alle Rolläden waren herunter gelassen und das einzige Licht des Raumes kam von einem von Reimis drei Computern. „Bist du jetzt zu einem Hikikomori (Anmerkung: ein Hikikomori ist eine Person, die aus Furcht vor der Außenwelt, sich in seiner Wohnung einschließt und nur des Nachts hinaus geht, sonst aber jeglichen Kontakt mit der Außenwelt verweigert.) geworden?“, fragte Kanako etwas neckisch, aber auch besorgt. „Ich habe keine Zeit. Ich muss ein Programm schreiben.“ Reimis Stimme war rau und kratzig. Sie aß kaum und trinken vermied sie auch. „Ein Programm? Wovon redest du?“ Im Gegensatz zu Reimi kannte ihre Mutter sich kaum mit Computern aus. Sie war schon froh, dass sie mit der wenigen Computerarbeit an ihrem Arbeitsplatz einigermaßen zurecht kam. „Du entwickelst ein Programm? Wofür denn?“, harkte nun auch Kanako nach. „Ich habe einen Deal mit Seto Kaiba. Ich schreibe ihm ein Kampfsystem, dafür hilft er mir bei der Lyrik.“ Erschöpft legte Reime ihren Kopf gegen den Türrahmen. „Einen Deal mit Seto Kaiba? Doch nicht etwa der Seto Kaiba?“ Ungläubig sah Miyuki ihre Tochter an. „Doch und ich brauche seine Hilfe, sonst bleib ich sitzen.“ „Was? Warum weiß ich davon nichts?“ Reimis und Kanakos Mutter wurde langsam wütend. Sie mochte es gar nicht, wenn ihre Töchter ihr etwas verheimlichten. Zwar wusste sie, dass sie das nur taten, um sie, die sowieso ständig gestresst war, nicht noch mehr aufzuregen, aber eigentlich wollte Miyuki keine Geheimnisse von ihren Töchtern. Sie versuchte ja doch so gut es ging für sie da zu sein. „Ja, ich hätte es dir erzählen sollen, aber ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Aber keine Angst, ich bleibe nicht sitzen. Kaiba wird mir helfen, denn ich schreibe ihm das beste Programm, dass er je gesehen hat.“ Ungläubig betrachteten Kanako und ihre Mutter die schon fast schlafende Reimi. „Mag ja sein, aber du musst trotzdem essen und schlafen und zur Schule gehen.“ „Dann hab ich aber nicht genug Zeit.“ „Wenn dieser Seto Kaiba dich so unter Druck setzt, und noch dazu erpresst, solltest du das nicht tun. Wenn er noch einen Vater hätte, würde ich mit diesem mal ein ernstes Wort reden.“ Miyuki war nun wirklich wütend, jedoch nicht mehr auf ihre Tochter, sondern auf Seto Kaiba. „Ach lass gut sein. Ich schaff das schon.“ „Aber du gehst ab sofort wieder zur Schule, sonst bleibst du erst recht sitzen“, ermahnte sie nun auch Kanako. „Jaja“, war Reimis Antwort, als sie die Tür hinter sich wieder verschloss. Da saß sie also wieder in ihrer dunklen Kammer. Die Augen schmerzten ihr. Natürlich würde sie es nicht schaffen ein Kampfsystem in sieben Tagen zu entwickeln. Andere benötigten dafür Monate und es arbeiteten mehrere Leute daran. Was hatte sie sich nur dabei gedacht auf Kaibas Deal einzugehen? Sie hatte eine viel zu große Klappe gehabt. Aber eigentlich musste auch Kaiba wissen, dass es unmöglich war allein ein Kampfsystem in so kurzer Zeit zu entwickeln. „Dieser Mistkerl! Das hat er absichtlich getan. Er weiß genau, dass ich das unmöglich schaffe. Dann stehe ich bewiesen als Versager vor ihm und er muss mir nicht mehr helfen“, sagte Reimi sich selbst. Und genau so war es anscheinend auch. Wie hätte sie auch annehmen können, dass Kaiba ihr Können wirklich zu schätzen wüsste. Dieser Mistkerl wollte sie nur blamieren. Schließlich hatte sie sich in seine Arbeit eingemischt. Doch sollte sie jetzt einfach aufgeben? „Nein, ich werde nicht aufgeben. Dann entwickele ich einfach nur einen Entwurf. Jedenfalls werde ich mir nicht die Blöße geben, mit leeren Händen vor ihm zu stehen. Ich kann nichts anderes als mit Computern arbeiten. Und diese einzige Begabung lass ich mir nicht von so einem absprechen.“ Voller Tatendrang stürzte Reimi sich wieder an die Arbeit. Tatsächlich ging sie am nächsten Tag wieder zur Schule und sie aß und trank auch wieder. Im Gegensatz dazu tauchte Seto Kaiba jedoch die ganze Woche nicht in der Schule auf. Reimi fragte sich schon, ob er wieder mit Yugi und den anderen die Welt rettete, doch diese waren anwesend. Schließlich war der letzte Tag der Frist gekommen, und es schien, als habe Reimi es tatsächlich geschafft, den Entwurf rechtzeitig fertig zu bekommen. „Puh...also das ist wirklich meine Meisterarbeit. Er kann sich wohl kaum beschweren. Es ist zwar nur ein Entwurf, aber er weiß genau, dass es unmöglich ist in so kurzer Zeit ein komplettes Kampfsystem zu entwickeln“, lobte Reimi sich selbst. Sie glaubte, nein, sie hoffte, dass Kaiba der Entwurf genügen würde. In ihrem Zimmer herrschte immer noch völlige Dunkelheit, sodass Reimi oft völlig das Zeitgefühl verlor. Doch es konnte noch nicht so spät sein, Seto würde sicher noch in der Firma sein. Sie blickte auf die Uhr ihres PCs und erschrak fürchterlich. „Was, schon fast 23 Uhr? Er ist bestimmt nicht mehr in der Firma, verdammt.“ Hektisch kramte Reimi ihre Sachen zusammen, klemmte sich den Stick mit dem Programm zwischen die Zähne und flüchtete aus ihrem Zimmer. „Reimi, was machst du da?“, fragte ihre Mutter, als sie Reimi hektisch ihre Schuhe anziehen sah. „Du willst doch jetzt nicht mehr raus?“ „Doch ich muss, ich muss ihm mein Programm zeigen, sonst hab ich verloren“, antwortete Reimi hastig. Und noch ehe ihre Mutter noch etwas sagen konnte, war Reimi aus der Tür verschwunden. Um diese Uhrzeit fuhr leider kein Bus mehr, also musste Reimi laufen. Zum Glück lag die Firma nicht so weit von ihrem Zuhause weg. Sie sprintete so schnell sie konnte. Sie dachte sich, dass Seto Kaiba, der so oft in der Schule fehlte, wegen seiner Firma, vielleicht hin und wieder Überstunden machte. Nein sie hoffte inständig, dass er noch da war. Die Puste ging ihr auch, doch sie durfte nicht anhalten. Völlig außer Atem kam sie um Punkt 11 Uhr am Gebäude der KC an. Sie lief zu den Türen und tatsächlich öffneten diese sich noch, doch die Empfangshalle war völlig leer. „Dann werde ich wohl unangemeldet bei ihm rein schneien“, entschied Reimi und lief zu den Fahrstühlen. In der 7. Etage angekommen, ging sie schnurstracks auf die riesige Eichentür zu und klopfte. Nichts geschah. Reimi befürchtete schon, dass er gegangen sei, als plötzlich die Tür geöffnet wurde. „Sieh mal an, wen haben wir denn da?“, meinte Kaiba hämisch grinsend. „Du bist spät. Hast du das Programm dabei?“ „Ja, was denkst du denn.“ „Gut, dann sehe ich es mir gleich an.“ Sofort nahm er Reimi den Stick ab und steckte ihn in seinen Laptop. Reimi, die immer noch an der Tür stand, trat entschieden näher. „Das ist aber nur ein Entwurf.“ Kaiba sah sie durchdringend an. „Ich weiß, aber du weißt genauso gut wie ich, dass es für eine einzelne Person in so kurzer Zeit unmöglich ist ein fertiges Programm zu entwickeln.“ Kampfbereit blickte sie zurück. „Wir hatten aber ein fertiges Programm ausgemacht. Wenn du dazu nicht fähig bist, solltest du deine Klappe nicht so groß aufreißen.“ „Red keinen Scheiß, Kaiba. Der Entwurf ist tadellos. Du weißt, dass ich gute Arbeit geleistet habe, also hör auf damit.“ „Nein, du hast deine Aufgabe nicht erfüllt, also ist der Deal geplatzt.“ „Aber...Ach vergiss es. Ich habe mein ganzes Können darin investiert. Wenn es dir nicht reicht, hast du Pech gehabt. Nochmal lass ich mich von dir nicht verarschen.“ Reimi drehte sich wütend um und wollte gerade den Raum verlassen, als Kaiba wieder das Wort ergriff. „Warte. Du meinst also, dass du diesen Entwurf mit mehr Zeit und einigen Helfern in ein perfektes Kampfsystem umsetzten kannst?“ Überrascht drehte Reimi sich wieder zu Kaiba. „Ich denke schon, aber was meinst du damit?“ „Ok, du bist eingestellt.“ „Was? Eingestellt, was meinst du damit? Ich hab mich überhaupt nicht für einen Job beworben, also wieso glaubst du, mich einstellen zu können?“ „Ganz einfach, weil du immer noch meine Hilfe benötigst.“ Reimi fiel dazu nichts mehr ein. Natürlich hatte er Recht, aber für Seto Kaiba arbeiten? „Gut dann wäre das geklärt. Du kannst morgen anfangen.“ „Moment ich habe noch nicht ja gesagt. Wieso denkst du, dass ich für dich arbeiten wollte? Schon vergessen, vor kurzem wolltest du mich noch zusammen schlagen. Ich habe keine Lust mein Leben zu riskieren, falls du wieder auf mich los gehst.“ „Provozier mich einfach nicht, dann musst du dir auch keine Sorgen machen.“ Reimi fiel fast der Unterkiefer herunter. Was glaubte dieser Kerl, wer er ist? „Du hast ja Nerven. Findest du es richtig einem Mädchen zu drohen, oder gar wirklich zusammen zu schlagen? Ich fass es nicht.“ Gespannt wartete sie Kaibas Antwort ab, der sie mit seinem Blick durchbohrte. „Einem Mädchen würde ich das auch nicht androhen, aber du bist vielmehr ein Freak.“ Reimi blieb der Atem weg. Erinnerungen kamen augenblicklich in ihr hoch. Das letzte Mal, dass ihr das jemand sagte, war von dem Jungen, in den sie damals verliebt war. Von da an hatte sie ihre Fähigkeiten verborgen. Doch diese Bezeichnung schon wieder zu hören, und das auch noch von diesem menschlichen Versager, das war zu viel. „Du...du elender Scheißkerl! Was bildest du dir ein?“ Rot vor Zorn ging sie auf Kaiba zu, zögerte keinen Moment und holte mit ihrer rechten Faust aus. Doch sie traf nicht, stattdessen hatte Kaiba ihre Faust gepackt und hielt sie fest. Reimi konnte nicht glauben, was für eine Kraft er besaß. Sie konnte ihren Arm kaum bewegen, geschweige denn ihr Vorhaben in die Tat umsetzen. Wütend versuchte sie sich aus Kaibas Griff zu befreien. „Verdammt lass mich los!“ „Du bist wirklich ein Freak“, antwortete Kaiba immer noch grinsend. Reimi holte mit ihrer linken Faust aus, doch auch dieses Mal war Kaiba schneller. Nun hatte er ihre beiden Hände, und sie konnte sich überhaupt nicht mehr bewegen. „Verdammt, lass mich endlich los“, schrie sie erneut. Doch Kaiba machte keine Anstalten sie los zu lassen. Langsam wich die Wut Tränen und die Kraft in ihren Armen schwand. Als Seto bemerkte, dass sie sich zu beruhigen schien, ließ er sie los. Erschöpft sank Reimi in die Knie. Sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. „Ihr seid doch zum Kotzen. Wenn eine Frau nur einmal etwas gut kann in einem Bereich, der normalerweise von Männern beherrscht wird, ist sie gleich ein Freak“, schluchzte sie immer noch wütend. Kaibas Grinsen war verschwunden, stattdessen sah er fast schon gleichgültig auf sie herab. Reimi schluchzte immer noch, doch eine Antwort erhielt sie nicht. Stattdessen bemerkte sie, wie Kaiba an ihr vorbei zu seinem Schreibtisch ging. „Also, du kannst morgen anfangen“, sagte er. Reimi schwieg. Sie rappelte sich wieder auf, drehte Kaiba den Rücken zu und verließ das Büro durch die große Eichentür. Erst vor dem Gebäude der KC blieb sie stehen, sank auf die Stufen und atmete tief durch. „Irgendwie habe ich das Gefühl, das wird noch ein harter Kampf mit diesem Kerl.“ Sie wandte sich um und schaute an dem großen Gebäude hoch. Nun hatte sie die ganze Zeit in der Oberschule eine Klasse mit ihm geteilt, und nie ein Wort mit ihm gesprochen, und jetzt hatte sie in wenigen Tagen ein Programm für ihn geschrieben und arbeitete jetzt sogar für ihn. Diese Welt war einfach nur verrückt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)