C'era una volta... von Pads (Oder ein Schal auf Schatzsuche) ================================================================================ Kapitel 25: Würdige den Moment – es ist nicht gesagt, dass ein weiterer folgen wird! ------------------------------------------------------------------------------------ Man sagt ja immer so schlau, ein Unglück kommt selten allein. Ich überlegte ernsthaft eine Art Prioritätenliste zu führen, sobald ich vernünftig schreiben gelernt haben würde. An erster Stelle würde natürlich Scarf stehen, der mich nun zu einer mehr als undankbare Schülerrolle verdammt hatte. Was es nicht nur unerträglich machte, dass er mir in der Lehrerrolle eh schon überlegen war, nein! Er war einfach der unübertroffene Herrscher der Klugscheißer! Ich gab es nicht gerne zu, aber er war ein durchaus fähiger Lehrer. Zwar behandelte er mich ab und an bei unseren Lesestunden, als würde er einen 6-jährigen unterrichten, aber ich schob diesen Umstand einfach auf die Tatsache, dass er immer wieder vor sich hin fieberte. Es war gleichermaßen merkwürdig wie gruselig, aber die Verfassung des Captains spiegelte den Zustand unseres Schrottkahns wieder. Nach dem Sturm dümpelten wir mit verhedderten Tauen und gebrochenen Masten mitten in einem Windloch, es gab kein Vor und kein Zurück. Scarf war, dank meiner lobenswerten Fleißarbeit, an das Bett gefesselt. Wofür ich ihn dann noch mehr verabscheute. Aber wenn er da so in seinem aufgerüschten Bett saß, bleich wie sein Laken, von Schüttelfrost schwitzend und bibbernd sowie abwechselnd Blut und Schleim spuckend, da gab mir mein schlechtes Gewissen dann doch ab und an mal den Gedanken ein, das ich an diesem Elend schuld war. Nicht, dass die ganze Situation einfach nur zum Kotzen war, von wegen! Am schlimmsten war die Tatsache, dass der Querkopf mir dennoch vertraute. Dass er seine dämlichen, höchstwahrscheinlich unnützen Schatzkarten offen für meine Augen herumliegen ließ, wohl wissend, dass ich nur zu gerne einen Blick drauf werfen, es mir aber zeitgleich nicht erlauben würde. In mir entbrannte immer mehr der Wunsch das Rätsel zu lösen, an dem Scarf scheiterte. Aber ich wollte der Neugier in mir nicht nachgeben, denn ich wusste genau, das Scarf sich viel von meiner Schwäche erhoffte. Abgesehen davon war einzig und allein meine verdammte Neugierde schuld an meiner Anwesenheit hier. Und diese Blöße konnte ich mir selbstverständlich kaum ein weiteres Mal geben. Aber ich nahm mir fest vor, diesem Idioten eins auszuwischen und so lernte ich mit größter Mühe Lesen und auch etwas später Schreiben. Um mir selbst etwas zu beweisen oder ihm, mittlerweile weiß ich es nicht mehr so genau. Fest stand, ich verbrachte recht viel Zeit mit Scarf, genaugenommen alle Zeit, die ich neben meinen Strafaufgaben erübrigen konnte. Natürlich war das Vertrimmen des Captains nicht ohne Folge geblieben, obwohl es bewiesenermaßen verdient gewesen war. Bronson war für meine Sicht der Dinge nicht sehr empfänglich und ließ knurrend verlauten, dass Scarf viel zu nachsichtig mit mir umgehen würde. Aber mich fragte keiner! Nein, stattdessen durfte ich als Bronsons Laufjunge herhalten, das arg angekratzte Deck schrubben, Taue entheddern und Segel stopfen. Alles in allem eigentlich völlig normale Aufgaben nach einem Sturm, aber es nervte mich tierisch, dass ich damit „bestraft“ wurde. Ich hätte es ja auch so alles getan, immerhin wollte die ganze Mannschaft unser Schrottschiff so schnell wie möglich wieder seetüchtig sehen. Wir trieben immerhin irgendwo abseits unseres eigentlichen Kurses sonst wo auf den Gewässern herum, unfähig zu navigieren und den Kurs zu beeinflussen. Zu allem Übel hatte sich das Ruder verkantet, was auf offener See ein wirklich großes Problem darstellte. Um auf Bronsons Befehl hin dieses Hindernis mit Scarf zu besprechen, suchte ich ihn unangekündigt in seiner Kammer auf. Ohne zu klopfen trat ich ein und erwischte ihn außerhalb des verordneten Bettes an seinem Schreibtisch. Ertappt sah Scarf mich an, keine Spur von Schuld auf seinen blassen Zügen. „Sag Bronson nichts...“ „Ich sag ihm nichts, wenn ich deine blöde Hausaufgabe nicht machen muss.“ „Doch, du musst das Gedicht lesen und mir den Inhalt darlegen! Immerhin willst du Lesen lernen, oder nicht?“ „Und du willst gesund werden, oder nicht?“ Ich hockte mich eher verstimmt auf das Bett und starrte ihn missmutig an. Er erwiderte den Blick ausdruckslos, zuckte die Schultern. „Fein, dann lass es sein.“ „Gedichte stinken!“ „Marco, Prosa ist der Weg zu einem Mädchenherz.“ Ich schnaubte angesichts dieser Quacksalberei. „Bisher hat dafür auch mein blanker Hintern gereicht.“ Scarf schnaubte verhalten und zuckte beinahe gekränkt die Schultern. „Die Poesie deines Gesäßes. Ich bin völlig begeistert. Am liebsten würde ich Reime dazu verfassen.“ Sprachs und begann in sein Buch zu kritzeln. Ich langte nach vorn und versuchte ihm den Stift abzunehmen, was Scarf ein gepeinigtes Aufstöhnen ab rang. „Du schreibst kein Gedicht über meinen Hintern, du Irrer!“ „Wollt ich nicht...“, kam krächzend die Antwort und mein schlechtes Gewissen meldete sich erneut bei seinem spontanen Erbleichen bis zu einem ungesunden Ton leicht grünlicher Milch. Ich konnte zusehen, wie die Farbe aus den Stellen seines Gesichtes wich, die nicht durch meine Schläge bunt verfärbt waren. Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn und er begann zu schwanken. „Du solltest zwischendurch atmen.“ Ich muss an dieser Stelle einräumen, dass ich bei Notsituationen nicht unbedingt verbal glänze. Aber dieser Satz entlockte Scarf trotz seiner schlechten Verfassung ein kurzes Grinsen, was mich wiederum beruhigte. „Ich helfe dir zum Bett, du hast dir mal wieder ne Auszeit verdient, großer Captain!“ So behutsam wie möglich verfrachtete ich Scarf zurück auf sein weiches Lager, wo er schweigend und kreidebleich in seine Kissen zurück sank. Erst langsam schien er sich zu entspannen, seine beinahe übliche Gesichtsfarbe kehrte allmählich zurück und das leise Rasseln seiner Atmung wurde stetiger. Das Geräusch an sich war wenig beruhigend, aber wenn es lauter rasselte, dann atmete Scarf auch tiefer. Ob das nun gut war, war eine ganz andere Sache. „Soll ich den Arzt holen?“ „Nein. Geht schon fast wieder.“ „Wie du meinst.“ Ich hatte nicht die Lust gegen seinen offensichtlichen Dickkopf anzukämpfen. Ehrlich gesagt, war ich durch die anhaltenden Reparaturarbeiten ziemlich geschafft und gereizt wie ein Franzose, dem man sein Baguette in Tee getränkt hatte. Ich angelte mir also eines der Märchenbücher und schlug wahllos eine Seite auf. Als ich den Blick hob, begegnete ich Scarfs erwartungsvollen Blick und seufzte. „Eigentlich sollte ich dich fragen, was wir angesichts des blockierten Ruders machen sollen, aber stattdessen spiele ich den Märchenonkel.“ „Nun, du hast es mir soeben gesagt, ich arbeite daran. Und das mache ich, während du liest. Also bitte.“ Letztendlich wurde es natürlich meine Aufgabe irgendwie an einem Seil befestigt immer wieder unter Wasser zu tauchen und das Ruder wieder funktionstüchtig zu machen. Den Göttern sei Dank hatte sich nur ein Stück Holz in dem ganzen Muschelschlick verkantet und war recht problemlos zu entfernen. Aber ich gewann den Eindruck, dass ich der Einzige an Bord war, der tauchen konnte. Gut, die wenigsten Seemänner können schwimmen, aber es wunderte mich dennoch ein wenig. Nach getaner Arbeit ging ich zu Scarf um ihm von dem kurzweiligen Erfolg zu berichten. „Du stinkst wie eine alte Fischverkäuferin.“ „Ich weiß.“ „Du stinkst so übel, dass ich das trotz meiner gebrochenen Nase rieche.“ „Ich weiß.“ „Das ist schon kein Stinken mehr, das ist eine neue Lebensform...“ „Wenn du nicht gleich die Fresse hältst, dann breche ich dir auch noch den Kiefer!“ Mein schlechtes Gewissen hielt mich nur in Maßen davon ab, Scarf mit körperlicher Gewalt zu drohen. Ich knurrte angewidert, denn leider entsprachen seine Nettigkeiten der Wahrheit. „Sag mal, bist du etwas stinkig drauf?“ Vom Bett her kam ein leises Glucksen. „Es reicht!“ Ich machte mir nicht mehr die Mühe einfach nur bedrohlich zu klingen, ich brüllte lieber. „Ist ja gut.“ Scarf grinste mich wenig überzeugend an. „Also sind wir nun wieder in der Lage weiter zu segeln, ja?“ Ich nickte mies gelaunt und er begann heller zu strahlen als der Vollmond. „Sehr gut! Ich muss Bronson den Kurs durchgeben.“ „Du bleibst verdammt noch mal liegen, ist das klar?“, knurrte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch und begann seinen Kompass, die Karten und allen möglichen anderen Firlefanz zum Bett zu schleppen. „Ich kann sehr wohl aufstehen...“ Er klang etwas beleidigt, aber es schwang nach wie vor ein Rasseln in seiner Atmung mit. „So wie vorhin, ja? Solange du noch Blut rotzt, bleibst du liegen.“ Einfühlsam, ich weiß. „Ja... danke auch. Reichst du mir dann freundlicherweise das Lineal. Nein, das andere. Genau. Dann bräuchte ich noch den Kohlestift, nein, nicht den! Den auch nicht, den... nein, das ist ein Pinsel, du Stinktier!“ Und dann traf der Pinsel Scarf an die Stirn. Ich kochte vor mich hin, versuchte aber doch nach Kräften mein Temperament im Zaum zu halten. „Das machst du doch mit Absicht.“ „So offensichtlich? Schande über mich.“ Scarf strahlte gut gelaunt vor sich hin und massierte den roten Fleck an seiner Stirn eher beiläufig. „Und nun setze dich bitte zu mir, damit ich...“ Er würgte kurz. „Hab's mir anders überlegt. Geh dich bitte erst waschen.“ Ich schwöre, dass ich diesen Bastard kichern hörte, als ich wutschnaubend die Tür hinter mir ins Schloss schmiss und an Deck stapfte. So schlecht konnte es ihm also gar nicht gegangen sein. Auszug aus dem Tagebuch des Captain Scarf Jetzt, da Marco das schlechte Gewissen plagt, ist es noch viel einfacher ihn aus der Fassung zu bringen. Und auszunutzen. Er würde es sich selbst gegenüber niemals zugeben, aber mein Anblick schlägt ihm aufs Gemüt. Und weil es ihm leid tut, hält er sich viel in meiner Nähe auf statt zu fliehen. Worüber ich sehr froh bin, es ist sterbenslangweilig hier. Und wann immer ich allein bin, beginne ich zu grübeln. Ich habe zwei Blatt Papier mit schwarzen Würmern drauf. Irgendwie ergeben sie eine verfluchte Schatzkarte, aber ich weiß nicht wie. Ich habe sie übereinander gelegt, in alle Richtungen und Möglichkeiten geschoben, aber nichts, rein gar nichts kommt dabei herum. Ich hab so viel über die Verschlüsselungscodes der bekanntesten Größen der See gelesen, aber warum musste sich dieser elende Haudegen von einem Großvater einen ganz neuen ausdenken? Ich wage fast zu denken, dass sein Alter ihn leichtsinnig gemacht hat. Gelangweilt. Und kreativ. Ich kann ihn nur zu gut verstehen, aber verdammt! Es nervt mich so an das Bett gefesselt zu sein. Ich fühle mich rastlos, mir rennt die Zeit davon. Einerseits genieße ich es ja auch mit Marco zu flachsen, ihn zu ärgern. Aber es steht zu viel auf dem Spiel, gerade jetzt wo es in die Endphase geht. Immerhin ist das Schiff wieder einigermaßen flott und wir können wieder auf Kurs gehen. Das Ziel ist mir bekannt. Ich weiß genau, welche Insel wir ansteuern müssen um dort den Schatz zu finden. Das Problem an der Suche ist das unterirdische Höhlenlabyrinth. So stereotypisch es auch klingen mag, ich war einmal da drin und bin nur mit viel Glück gerade eben wieder lebendig aus der endlosen Schwärze entkommen. Also steht das Enträtseln der komischen Kartenwürmer auf meiner Liste ganz weit oben. Und da komme ich nicht weiter. Vielleicht wird es langsam wirklich Zeit Marco um Rat anzubetteln...? Natürlich geschickt, aber ich denke, es brennt dem kleinen Haudegen schon von ganz alleine unter den Nägeln. An Bord ist es gerade mal möglich einen Eimer Meerwasser an Deck zu ziehen und sich damit bestmöglich zu reinigen. Natürlich bestand die Option ein Stück Seife zu Hilfe zu nehmen, aber richtige Männer stinken nun mal mit Würde. Scarf, das verweichlichte Muttersöhnchen, hatte selbstverständlich keine Ahnung davon, wen wunderte es noch? Mich jedenfalls nicht. Ich verzichtete bei dem Waschgang bewusst auf die Wohlgerüche der Seife und kehrte triefend und nach Meerwasser stinkend in die Kajüte zurück. Wäre ja gelacht gewesen, hätte ich klein bei gegeben. Um so erstaunter war ich, Scarf aufrecht sitzend und grübelnd in seinem Bett vorzufinden. Das machte mir schlagartig schlechte Laune, immerhin neigte der Querkopf dazu sich in solchen Situationen irgendwelchen Schwachsinn auszudenken, welcher später garantiert zu meinen Lasten ging. „Bin wieder da.“ „Hmmm..“ Scarf hob nicht einmal den Kopf, vielmehr strafte er mich mit einem Mal mit Desinteresse. Zwar war der Gedanke kindisch, aber es wurmte mich, dass er meine Trotz-Waschverweigerung nicht bemerkte. Ich blieb demonstrativ vor der Tür stehen und starrte ihn an. „Wie lange machst du das jetzt?“ „Was genau?“ Seine Stimme klang nach wie vor eher gelangweilt, er malte mit dem Finger Muster auf die Decke. „Die Wand anstarren?“ „Stört es dich?“ „Wohl kaum, du hälst ja endlich mal dein Maul.“ „Na dann...“ Und damit schwieg Scarf wieder. Ich wartete. Und wartete länger. Währenddessen überlegte ich angestrengt, ob ich ihn nicht doch endlich umbringen sollte. Ich entschied mich aber dann dazu mich an den Schreibtisch begeben und ihn meinerseits zu ignorieren. Einige wenige Übungen ohne irgendwelche bescheuerten hochmütigen Verbesserungen taten mir zur Abwechslung mal ganz gut, denn mein nicht gerade sehr entspannter Geist reagierte da immer recht empfindlich und unkonzentriert drauf. Auf dem Schreibtisch lag ein Wust aus Papier, ich feixte überdeutlich. „Du bist aufgestanden... Mal wieder. Bronson wird alles andere als begeistert sein.“ „Bronson ist nicht meine Mutter, das wäre grotesk. Ich sehe ihm kein Stückchen ähnlich.“ Scarf schüttelte sich leicht, ächzte dann aber dank der Bewegung auf und hielt sich die Rippen. Das ersparte mir wenigstens die nötige Handgreiflichkeit. Stattdessen fegte ich mit einer einzigen Handbewegung den Stapel Papier von der Platte und knurrte angefressen. „Witzig, wirklich witzig.“ Scarf sah beinahe gelangweilt zu, wie die Blätter langsam zu Boden trudelten, dazwischen das dicke Pergament der von Scarfs Findelkind gezeichneten Schatzkarten. Ich folgte seinem Blick und schnappte nach Luft. Die Erkenntnis traf mich wie der sprichwörtliche Blitz. „Das ist es!“ Scarf saß aufrecht im Bett, nun völlig gespannt. Beinahe, als wäre etwas eingetroffen, auf das er insgeheim spekuliert hatte. „Ah ja?“ „Die Lösung des Rätsels!“ Ich hob beide Blätter so hoch, wie sie dort gelegen hatten und grinste meinen Möchtegerncaptain triumphierend an. „Ich kann die Karte lösen...“ Arrrrrr.... ich werde lahm! Dafür habe ich, statt hier weiterzuschreiben, meinem Captain Scarfs Schatzkarten nachgemacht und ich warte noch immer darauf, ob sie lösbar sind. Muhahaahhha... Also, meine Landratten, auf zur Schatzsuche, oder so! Arrr! Btw. ist heute der "Talk like a pirate-Day". Sehr schöner Tag, muss ich schon sagen! XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)