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Schicksal

Hochsaison im Zombie-Sektor
von

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Einmal Feldweg und Retour

Eine weitere Original Ficiton, die meinem kranken, eigentlich zum Schreiben viel zu beschäftigten, Hirn entsprungen ist.

Ich hoffe sie unterhält und gefällt.
 

Kapitel 1: Einmal Feldweg und Retour
 

„Glaubst du eigentlich an das Schicksal?“

Verwirrt blickte Jenny von ihrer Zeitung auf.

„Wie kommst du jetzt auf Schicksal, Steve?“ Ihr Partner konnte manchmal ziemlich seltsam sein. Vor allem für jemand in seinem Alter. Welcher 21-jährige stellte schon solche Fragen?

„Naja, letzte Nacht, als das Dutzend Untote in der Sackgasse auf uns zukam, da musste ich darüber nachdenken ob schon irgendwo geschrieben steht, was mal mit uns passieren wird.“ Steve wirkte nervös. Anscheinend lag ihm dieses Thema am Herzen, aber es fiel ihm sichtlich schwer darüber zu reden.

„Wenn du weniger an dein Schicksal und mehr an die Gegenwart denken würdest, dann wäre es gestern nicht so knapp gewesen“, meinte Jenny. Sie hatte wirklich keine Lust diese Sache jetzt zu diskutieren. Eigentlich verspürte sie auch kein Bedürfnis dieses Thema irgendwann zu diskutieren. Für sowas musste er sich jemand anders suchen. Sie hatte andere Sorgen.

Es war Herbst. Die Blätter waren schon lange braun geworden. Vor-Halloween-Zeit. Die anstrengendste Saison des Jahres, wenn man im Zombie-Sektor arbeitete. Zwar hatte sie keine Ahnung warum gerade zu dieser Zeit das Wachstum der Untotenpopulation förmlich exponentiell erschien, aber dass es so war, war eine Tatsache und es war anstrengend. Vor allem, wenn man der Außenwelt dann noch verheimlichen musste, was man tat, nichts dabei verdiente und deshalb einen schlecht bezahlten Zweitjob übernahm. Steve hatte es da einfacher. Er hatte von seinen Alten so viel Kohle geerbt, dass er sich darum nicht kümmern musste.

Dafür waren seine Eltern tot. Von Untoten zerrissen, als er gerade mal 17 Jahre alt gewesen war.

Das Firmenimperium, dass sie ihm hinterlassen hatten, einen Pharmakonzern, verwalteten seit dem irgendwelche entfernten Verwandten. Das war dem Jungen nur Recht gewesen und daran hatte sich bis heute nichts geändert. Er zeigte keine Ambitionen sich in die Leitung einzumischen und überließ alles Onkeln und Cousines fünfhundersten Grades. Steve war am Gewinn beteiligt, so dass er sein Leben lang einen höheren Standard genießen konnte, als ein gut verdienendes Schönheitschirurgenpaar in Los Angeles. Dafür hatte das Testament gesorgt. Es war niemals angefochten worden. Alle Beteiligten schienen mit der Situation zufrieden zu sein.

„Denkst du etwa nie über sowas nach?“, fragte er verwirrt.

„Selten. Auf jeden Fall nicht wenn es sich vermeiden lässt“, war Jennys knappe Antwort. „Und wenn, dann hilft eine gute Flasche Single Malt“, fügte sie gedanklich hinzu. Auch sie war nicht zu diesem Job gekommen, weil sie in einer rosaroten Wattebauschwelt lebte. Ihr Gesichtsausdruck musste Bände sprechen.

Steve kannte sie lange genug um zu wissen, dass das Gespräch für Jenny jetzt beendet war. So begnügte er sich damit, sich ebenfalls eine Zeitung zu nehmen und lustlos die Schlagzeilen zu überfliegen.

Die heutigen Tagesblätter gaben nicht viel Information Preis. Zumindest, wenn man die Brustvergrößerungen und Beziehungskrisen einiger bekannter Personen und die neue Initiative des Präsidenten für mehr moderne Kunst nicht unter den Begriff „Informationen“ einordnete. Aber diesen Armleuchter von Präsidenten würde sie nicht wieder wählen. Auch die Wirtschaftskrise interessierte die beiden wenig. Sport viel ebenso aus dem Raster wie die Klatschspalte.
 

Beim Überfliegen stieß Jenny jedoch wie so oft auf eine brauchbare Meldung. Klein zwischen „Bürgermeisterhund rettet Nachbarskatze“ und „Amerikanerin mit drei Eierstöcken“ wurde von einem Leichenfund berichtet. Teile eines Körpers waren neben einem Feldweg in der Nähe der Vorstadt gefunden worden. Aufgrund der blanken Knochen und den Fraßspuren gingen die Gerichtsmediziner davon aus, dass es sich um einen Todesfall handeln musste, der schon sehr lange zurücklag. Wilde Tiere hätten die Knochen abgenagt, die Zeit hätte sie ausgebleicht, schrieben sie.

Klang einleuchtend. Außer man sah das, was Jenny und Steve so oft sehen mussten.

„Hey Steve, sieh dir das mal an!“, forderte sie den Jüngeren auf und gab ihm die betreffende Seite.

„Behörden gehen davon aus, dass es sich um einen verunglückten Wanderer von vor 15 Jahren handelt“, las er murmelnd. „Klingt nach Arbeit.“

„Dachte ich mir auch. Hast du mitbekommen, ob zurzeit jemand als vermisst gemeldet worden ist?“

Steve überlegte kurz und ging gedanklich die Meldungen des letzten Monats durch.

„Vor zwei Wochen war doch ein Artikel über den verschwundenen Tankstellenangestellten.“

Mit einem Seufzen warf Jenny den Rest der Zeitung in den überquellenden Mülleimer.

„Und dabei wollte ich eigentlich mal sauber machen…“ Tatsächlich war dies dringend notwendig. Die Wohnung war sowieso nicht die schönste, aber schmutzige Teller garniert mit einer dicken Staubschicht auf dem Fensterbrett ließen die Zwei-Zimmer-Unterkunft nicht gemütlicher aussehen. „Wehe du lässt jetzt einen Spruch ab!“, stoppte sie ihren Kollegen, noch bevor er den Mund ganz geöffnet hatte um zu spotten. „Geh‘ lieber nach Hause und leg‘ dich hin. Ich will pünktlich um 23 Uhr beim Fundort der Leiche sein.“
 

Als die Tür hinter Steve ins Schloss fiel ließ Jenny ihren Blick durch die Wohnung schweifen. Den Staubsauger, den sie bereits in die Ecke gestellt hatte, räumte sie wieder in den Schrank. Heute würde sie ja doch nicht zum Sauber machen kommen. Anzufangen würde sich jetzt auch nicht mehr lohnen. Stattdessen ging sie daran ihre Ausrüstung für die Nacht zusammenzustellen. Gute Vorbereitung war überlebenswichtig.

Eine dicke kugelsichere Weste, ein Armeemesser und eine Walther PPK – es hatte Vorteile, wenn man Menschen in den richtigen Positionen kannte. Vor allem die Weste, ein Stück, an das man ohne Verbindungen keinesfalls kam, hatte ihr schon mehr als einmal das Leben gerettet. Nicht, dass Untote auf sie schießen würden, aber ihr Speichel war hochinfektiös. Doch durch diese Weste drangen auch Zombiezähne nicht. Der Speichel hatte noch andere „nette“ Eigenschaften. Er neigte dazu Menschenfleisch zu zersetzen und es so vorzuverdauen. Dies ließ die Knochen, die, sowie die des Tankstellenmitarbeiters, gefunden wurden, wesentlich älter erscheinen, als sie es tatsächlich waren. Eine gute Tarnung.
 

Schon oft hatte sich Jenny gefragt, wie zur Hölle diese Zombies weitgehend unerkannt bleiben konnten. Doch die simplen, tierischen Instinkte waren, zusammen mit der Biologie der Monster, perfekt dazu geeignet nicht aufzufallen. Und die, die doch einmal eines dieser Wesen zu Gesicht bekamen, konnten nachher im Normalfall nicht mehr davon berichten. Und wenn – wer glaubt schon einem Spinner, der etwas von Zombies faselte?

Überhaupt gab es kaum brauchbare Informationen. Keiner wusste, wo die Dinger herkamen, keiner wusste wie sie sich entwickelten. Nur, dass sie von Jahr zu Jahr gefährlicher und effizienter wurden.

Dies beunruhigte Jenny am meisten. Sie jagte die Untoten seit mehr als einem Jahrzehnt. Irgendwann würde es nicht mehr auf diese Weise funktionieren, weil es zu gefährlich wurde. Konnte man noch vor zehn Jahren alleine losziehen so war dies heute reiner Selbstmord.

Jenny wusste um die Existenz von noch mindestens vier anderen Gruppen, die sich in diesem Teil des Landes um die Plage kümmerten. Die wenigen, die sie jemals getroffen hatten, waren ebenfalls immer mindestens zu zweit unterwegs gewesen.

Sie fuhr sich durch die kurzen Haare. Vielleicht wäre es auch besser irgendwann mit der Jagd aufzuhören. Ruhestand vom Monstertöten.

Schon jetzt hatte sie manchmal das Gefühl ihr Leben nicht mehr auf die Reihe zu kriegen. Vor einer Stunde erst war sie aus der Kanzlei gekommen, in fünf würde sie wieder durch die Nacht streifen und schlafen sollte sie auch noch.

Wenn man wenigstens fürs Zombieschlachten bezahlt werden würde… Dann müsste sie sich auch keine Sorgen machen, dass es nicht genügend Jäger für die wachsenden Monsterzahlen gab.

Dann könnte sie sich eine Putzfrau leisten und müsste nicht regelmäßig überlegen, ob ihr Zuhause nicht schon mehr einem Labor für biologische Kampfstoffe als einem Heim ähnelte.
 


 

Völlig abgehetzt, aber pünktlich, erreichte Jenny den Treffpunkt. Im Gegensatz zu Steve. Sie hasste diese Angewohnheit von ihm. Der einzige Grund, warum sie noch mit ihm arbeitete war der, dass man sich sonst in jedem Belang auf ihn verlassen konnte. Eine seltene Eigenschaft in der heutigen Zeit. Dennoch wartete sie nicht gerne nachts um 23 Uhr in einem Gebiet in dem sich höchstwahrscheinlich Untote aufhielten. Ein Ziel das sich nicht bewegte war das perfekte Opfer. Der Geruchssinn war der, bei den Zombies, am besten ausgeprägteste Sinn. Der Wind würde Jennys Duft unweigerlich in die Nasen eines jeden treiben, der sich hier womöglich aufhielt. Mit dreien oder vieren konnte sie es aufnehmen. Bei mehreren sanken ihre Chancen und es könnte passieren, dass der Spieß umgedreht wurde, dass sie die Gejagte war und ihre Beute die Jäger.

Jenny zündete sich nach zehn Minuten genervt eine Zigarette an. Dies war zu diesem Zeitpunkt auch schon egal, nachdem ihr Geruch sich über das gesamte Areal verbreitet hatte. Das Nikotin beruhigte sie etwas und die Zigarette gab ihren Fingern eine Beschäftigung.

Als Steve endlich in Sicht kam war eine geschlagene Viertelstunde vergangen. Mit einem Gesicht, als wüsste er nicht ganz genau wie spät er dran war, bog er um die Ecke. Man konnte ihn mit einem Hundewelpen vergleichen. Wenn er nicht so nett wäre, müsste man ihn manchmal für sein Verhalten erschlagen oder ihm zumindest eins mit der Zeitung überziehen.

Kommentarlos machten sie sich im Unterholz das den Feldweg umgab auf die Suche nach Hinweisen. Steve hatte die Taschenlampe aufgedreht und suchte und Jenny hielt ihm dabei den Rücken frei.

Dort wo die Spurensammlung zuvor vergebens Spuren eines potentiellen Täters gesucht hatte, wurde der junge Mann schnell fündig.

„Hier ist was“, rief Steve.

„Was denn?“

„Ein Fetzen totes Gewebe. Nicht groß, aber es kleben eine Menge Maden dran. Muss vor ein paar Tagen noch viel größer gewesen sein, aber die Biester haben sich vollgefressen. Da liegen auch ein paar verpuppte rum.“

Es war eine typische Spur. Außer abgestorbenem Gewebe, gelegentlich Portionen von halbgeronnenem Blut und abgebrochenen Ästen oder beschädigten Gegenständen, die der schlechten Motorik der Biester zu verdanken waren, hinterließen sie kaum Hinweise auf ihre Anwesenheit.

„Denkst du, sie treiben sich noch hier in der Gegend rum?“, fragte Steve als er wieder aus dem Unterholz heraustrat.

„Ich denke nicht. Scheint kein sehr ergiebiges Jagdrevier zu sein. Außerdem stehen wir, oder zumindest ich" sie warf ihm einen bösen Seitenblick zu, "hier schon eine Weile rum. Wenn welche da wären, hätten sie das schon gerochen“, gab Jenny ihre Einschätzung der Situation ab.

„Na toll, das heißt mal wieder umsonst eine Nacht um die Ohren gehauen.“ Genervt trat er gegen einen großen Ast der am Weg lag. Nicht nur Jennys Rumgemotze ärgerte ihn, sondern auch die Tatsache, dass sie wohl oder übel auf ein nächstes Opfer warten mussten um den Aufenthaltsort der Zombies herauszufinden.

„Du kannst morgen wenigstens ausschlafen, mein Lieber…“ Jenny war ebenfalls gereizt.

„Du weißt, dass du diesen dämlichen Job nicht machen musst. Ich habe dir schon oft genug angeboten…“

„Ich nehme dein Geld nicht. Ich dachte das hätten wir schon geklärt.“

Steve schüttelte den Kopf.

„Dann reg‘ dich auch nicht drüber auf, dass du in die Kanzlei musst“, murmelte er verhalten.
 

Für den Rest des Heimwegs herrschte eisiges Schweigen.

Monstermatsch und Antworten

Getippt um 00:30 - seid nachsichtig, ich komme zwischen dem Stress vom Notenschluss, Maturavorbereitung und dem anderen Käse nicht dazu, zu menschlichen Zeiten zu schreiben. Weiters könnten durch den schulischen Terror irreparable Schäden im Ausdruck und an der Kreativität entstanden sein. Beschwerden bitte zur Hälfte an meine Schule, zur anderen an mich. Ich bin schlecht bei Actionszenen.
 


 

Kapitel 2: Monstermatsch und Antworten:
 

„Verdammte Scheiße - Hinter dir!“

Gerade noch rechtzeitig drehte sich Steve um. Einen Moment später und der Zombie hätte seine Zähne in den Unterarm des jungen Mannes gejagt. Nur Jennys Ruf hatte ihn davor bewahrt das Abendessen der Kreatur zu werden.

So wich er aus und verpasste seinem Gegner einen so heftigen Schlag mit der Kante seiner Waffe, dass sein Kopf in hohem Bogen durch die Nacht segelte und einige Schritte weiter entfernt im Gras landete. Steve hatte keine Zeit um den gelungenen Schlag zu bewundern. Zu viele Untote drangen auf die beiden ein. Mittlerweile kamen sie von allen Seiten. Das Terrain auf dem sie sich befanden war perfekt für die Jagdstrategie der Zombies. Die kleine Wiese war begrenzt von Unterholz, in einiger Entfernung befand sich ein verlassener Schuppen, der den wandelnden Leichen wohl als Schlafplatz während des Tages diente. Dafür sprach zumindest der Geruch, den die beiden bei ihrer Ankunft an dem Gebäude, das man ohne beleidigend zu sein, schon als Bretterhaufen bezeichnen konnte, wahrgenommen hatten.

Seit dem letzten Vorfall waren nur wenige Tage vergangen. Ein neuer Mord war nötig gewesen um Jenny und Steve auf die richtige Fährte zu bringen.

Aber mit so vielen Gegnern hatte auch die erfahrende Jenny nicht gerechnet. Sie selbst hatte ebenfalls alle Hände voll zu tun, um nicht angeknabbert zu werden. Mittlerweile war auch sie zu kraftvollen Schlägen mit ihrer Waffe übergegangen. Zwar war sie geübt und auch schnell, doch das leere Magazin zu wechseln würde zu lange dauern. Die Sekunden, die dafür nötig wären, konnten über Leben und Tod entscheiden. Einmal mehr wünschte sie sich ein Gewehr. Damit könnte sie die Biester besser auf Abstand halten, doch diese langen Waffen hatten sich bereits in der Vergangenheit als zu unpraktisch für gewisse Situationen herausgestellt.

Während Steve es schaffte, sich auf der einen Seite des Zombiehaufens einen Weg an den Rand des Getümmels zu bahnen, musste sie notgedrungen mit der anderen Seite vorlieb nehmen. Sich zu trennen war gefährlich, aber notwendig.

Jenny hoffte, dass Steve in diesem Moment an ihren Notfallplan für Situationen wie diese dachte.

Schlagend und tretend wurde sie immer weiter von ihrem Partner weggetrieben.

Es war nicht das erste Mal, dass sie einer derartigen Masse gegenüberstanden, aber Routine war so ein Einsatz keinesfalls. Schon ziemlich in Bedrängnis geraten täuschte sie einen Fluchtversuch nach links vor, längst hatte sie keinen Überblick mehr über die Himmelsrichtungen und konnte so nur mehr von ihrem Standpunkt aus die Richtung beschreiben. Statt tatsächlich nach links zu laufen, ging ihr Fluchtversuch genau in die entgegengesetzte Richtung. Das war ein Vorteil an diesen Kreaturen, die Hellsten waren sie nicht gerade.

„Steve! Hörst du mich?“, brüllte sie, ohne sich großartige Hoffnungen auf eine Antwort zu machen.

Entweder war er zu weit weg und an die andere Möglichkeit wollte sie gar nicht denken. Es war mehr ein Reflex nach ihm zu rufen.

Das Geräusch eines sich nähernden Autos ertönte. Scheinwerferlicht blendete Jenny und ihre Kontrahenten. Für einen Moment war das Geschehen wie eingefroren. Wie erschrockene Rehe verharrten die Beteiligten in ihren Positionen.

Erst als die ersten Untoten unter die Räder kam, kam wieder Leben in die Masse. Für einen Moment dachte Jenny, dass sie es nicht schaffen würde. Der Wagen hielt direkt auf sie zu. Womöglich würde der Fahrer nicht erkennen, dass sich in der Menge jemand befand, dessen Herz noch schlug. Warum hier überhaupt ein Auto auftauchte und der Fahrer sich gegen die Zombies richtete, darüber machte sie sich keine Gedanken. Sie wusste nur, dass es nicht ihr Wagen war.

Mit einem Quietschen, das in den Ohren nachklang schaffte es der Lenker zwei Meter vor ihr anzuhalten. Ein Unterfangen für das sie ihn später loben würde, denn auf der nassen Wiese war dies ein Stück höchster Fahrkunst. Die Beifahrertür wurde aufgestoßen.

„Hey. Schwing‘ deinen Arsch hier rein, wenn er nicht bald so kalt sein soll, wie die anderen Ärsche hier!“. Wurde sie wenig höflich „angesprochen“. Viel mehr war es ein Brüllen. Sie fackelte nicht lange.

Mit einigen wenigen Schritten und einem beherzten Sprung befand sie sich in dem Fahrzeug.

„Hi!“, grüßte der Fahrer, „schöne Nacht für einen Ausflug, hm?“

„Ja, toll“, antwortete sie wenig begeistert. „Ich bin nicht alleine hergekommen. Irgendwo muss hier noch mein Partner rumlaufen. Ich weiß nicht, ob er es zu unserem Wagen geschafft hat.“ Nervös strich sie sich eine imaginäre Strähne hinters Ohr. Ihre dunkelbraunen Haare waren seit einiger Zeit fiel zu kurz, als dass dies möglich gewesen wäre, doch in Situationen wie dieser, fiel sie in alte Verhaltensmuster.

„Na, dann werden wir den auch noch aufgabeln.“ Der Mann grinste, „Wenn er noch lebt.“

Jenny war kein Kind von Traurigkeit, hätte es sich nicht um Steve gehandelt, hätte sie auf diese Bemerkung hin vielleicht sogar gelächelt. Doch so bildete sich eher ein Kloß in ihrem Hals. Es war nicht der richtige Moment für den sonst allgegenwärtigen Galgenhumor.

„Wo steht denn euer Auto?“, kam nach einigen Sekunden der Stille die Frage ihres Fahrers. Als sie ihm antwortete sah sie ihn zum ersten Mal genauer an. Zumindest so weit es bei diesen Lichtverhältnissen möglich war. Er war von mittlerer Statur, wahrscheinlich etwa einen Kopf größer als sie selbst. Eine Kapuze hing ihm weit ins Gesicht. Lediglich, dass er einen Dreitagebart trug konnte sie erkennen.

Dann blickte sie aus dem Fenster und versucht dadurch einen Überblick über das Terrain zu bekommen.

„Nach links. Es kann nicht weit sein, dann müssten wir es sehen“, antwortete sie.

„Zu Befehl, Ma’am.“

Auf dem Weg wurden noch weitere Untote von den Reifen zermalmt. Ein unschönes Knirschen und Spritzer von zähen Körperflüssigkeiten am Wagen, waren die Folge. Ein Schopf hob sich aus der Menge ab.

„Halt an! Da ist Steve!“, schrie Jenny aufgeregt und vergas vollkommen ihrem Fahrer die Richtung mitzuteilen. Dieser schaffte es, mehr aus einer Emotion heraus, geistesgegenwärtig trotzdem den richtigen Weg einzuschlagen. Steve schien es genauso wenig fassen können, wie seine Partnerin kurz zuvor. Sie ließ das Fenster hinunter und schrie ihn an.

„Steve! Komm‘ her!“

Einen Moment noch sah er aus, als wäre dies viel zu schön um es zu glauben, dann stieß auch er zu Jenny und ihrem Retter ohne Namen.

„Seit ihr zwei alleine gekommen, oder muss ich noch ein paar Verrückte einsammeln, bevor ich diesen Haufen hier in die Luft jage?“

Steve warf Jenny von der Rückbank einen fragenden Seitenblick zu. Sie zuckte nur mit den Schultern.

„Wir sind die Einzigen“, antwortete sie schließlich.

„Gut, das erspart Zeit.“ Der Kerl wirkte äußerst zufrieden mit sich selbst.

„Wer zur Hölle bist du?“, stellte Steve schließlich die entscheidende Frage.

Der Fahrer lenkte den Wagen weg von der Wiese. Dass er dabei durch ein Stück, nicht all zu dichtes Unterholz fuhr, schien ihn nicht zu stören. Das Auto war ein qualitativ hochwertiges Fabrikat und für den Einsatz im Gelände gebaut worden, trotzdem war vor allem Steve von diesem Fahrstil etwas vor den Kopf gestoßen. Das Durchrütteln, das er spürte machte dieses Gefühl nicht gerade unbedeutender.

„Mein Name ist Max. Ich denke, dass müsste ausreichen. Oder wollt ihr alles inklusive Lebenslauf und Kontonummer?“

„Du machst das nicht zum ersten Mal.“

„Gut erkannt, Grünschnabel.“

Steve zog hörbar Luft ein.

„Wie haben Sie mich gerade genannt?“

„Grünschnabel, Grünschnabel – und „du“ reicht. Oder ist es seit neuestem in dieser Branche üblich, Förmlichkeiten zu wahren?“ Wieder grinste er breit.

Der Wagen kam zum Stehen. „Endstation, bitte alle aussteigen!“, ahmte Max die einschläfernde Stimme nach, die in den hiesigen öffentlichen Verkehrsmitteln die Stationen ankündigte.

Noch bevor einer der beiden die Chance hatte, zu fragen, warum sie hier mitten in der Pampa hielten, war der Mann auch schon ausgestiegen. Verdammt schnell war er an der anderen Seite des Wagens und öffnete die Tür für Jenny. Verblüfft darüber, stieg sie aus. Auch ihr Partner verließ, wenn auch zögerlicher, das Auto. Würde der Kerl, der sich Max nannte, sie hier etwa einfach so stehen lassen.

„Was…“ Die Frage wurde nicht zu Ende gestellt.

Max hatte ein Handy aus seiner Hosentasche gefischt und mit Kurzwahl eine Nummer gewählt.

„Hier Max.“, sprach er in das Gerät, „auf dem Gelände befindet sich kein Lebender mehr. Wir können den Plan wie besprochen weiterführen.“ Dann legte er auf. „Musste meinen Kumpels Bescheid geben“, erklärte er den Wartenden.

„Und wie sieht euer Plan aus?“

„Wenn ich dir das sagen müsste, bezaubernde Lady, dann müsste ich dich töten.“ Jenny verdrehte die Augen. Dies war nicht die Sorte Mann, die sie längerfristig ertragen konnte, ohne sich aufzuregen. Aus seinen ausgebeulten Hosentaschen beförderte Max nun auch noch eine zerdrückte Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug. Im Schein der kleinen Flamme konnte man sein Gesicht nun besser erkennen. Unter der Kapuze trug er eine Kappe. Dichte Augenbrauen warfen einen Schatten auf seine hellen Augen. Er musste auch eine helle Haut und wahrscheinlich blonde Haare haben, doch dies würde nur im Tageslicht ausnehmbar sein.

„Nein, ich veräpple euch nur. Ihr werdet es gleich selber sehen… Achja, haltet euch lieber eure entzückenden Öhrchen zu“, meinte er, während er versuchte die Spitze des Glimmstängels zum Glühen zu bekommen.

Die beiden waren geistesgegenwärtig genug seinen Rat zu befolgen. Diese Maßnahme lohnte sich, als wenige Sekunden später eine gewaltige Explosion den Nachthimmel erhellte. Die Druckwelle und der Schall, der das Medium des ohrenbetäubenden Knalls war, trafen erst später ein. Das hohe Gras wurde nach hinten geknickt, richtete sich aber gleich wieder auf. Nur die Flamme des Feuerzeugs verlosch.

„Dämliche Kippen. Die brennen einfach beschissen, wenn sie nass geworden sind.“ Er steckte Zigarette und Feuerzeug wieder ein.

Jenny hatte sich wieder gefasst, aber Steve starrte den Älteren immer noch ungläubig an.

„Wie viel Sprengstoff war das?!“, brachte er mühsam hervor.

„Genug um die ganze Wiese, das angrenzende Gestrüpp und diesen Haufen Bretter dort hinten vom Ungeziefer zu befreien. Da rührt sich so schnell erstmal nichts mehr.“

Max wirkte selbstzufrieden. „Wie viel genau von dem Zeug da draußen ausgebracht ist, weiß ich nicht. Ist nicht mein Job. Das erledigen andere aus meinem Team.“
 

„Ihr habt also tatsächlich einen Anhaltspunkt, wie diese Biester entstanden sein könnten?“

Jenny beugte sich unwillkürlich etwas weiter nach vorne und stützte sich an der Tischplatte ab.

Ihr gegenüber, an einem runden Tisch, saßen noch fünf andere. Steve befand sich zu ihrer Rechten. Ihr direkt gegenüber lümmelte Max. Er schien wirklich so etwas wie der Anführer des Haufens zu sein. Allen anderen an diesem Tisch, ihren Partner eingeschlossen, war anzusehen, dass sie sein Auftreten bewunderten.

„Ja, einen Anhaltspunkt. Es ist zu früh um etwas Konkretes zu sagen“, meldete sich die Frau links von Jenny zu Wort. Sie hatte sich als Amy vorgestellt. Der Name passte nicht zu ihr. Unter „Amy“ hatte sich Jenny immer das nette Mädchen von nebenan vorgestellt – keine Sprengstoffexpertin, die illegal nachts hektargroße Flächen von allem, was darauf lebte, befreite.

Jacob, der Junge, der neben Max saß, wohl kaum zwanzig Jahre alt und offensichtlich darauf bedacht, so cool zu wirken wie sein Vorbild, räusperte sich.

„Naja. Das was wir in den letzten Monaten zusammengetragen haben, ist doch schon aussagekräftig.“

„Halt die Klappe, Kleiner!“ Der Umgangston hier war rau. In etwa so rau, wie auch die Wände des scheinbar verlassenen Gutshofes, in dem diese Versammlung stattfand. Ungewöhnlich viele Zombiejäger hatten sich hier getroffen. Alle gehörten sie zu Max Gruppe – und Steve und Jenny waren sich nicht einmal sicher, ob da nicht noch mehr waren. Nach kurzer Diskussion hatten diese Leute die Geretteten mitgenommen. Offensichtlich waren sie dabei andere für sich zu gewinnen und sie hatten überzeugende Argumente.

„Wir haben die Spur der Dinger jedes Mal zurückverfolgt so weit es ging. Meist sind wir bei neuen Ausbrüchen nur zu dem Schluss gekommen, dass sich vereinzelte Exemplare anderer Ausbrüche retten konnten und so die ganze Geschichte weiter transportiert haben. Selten, aber doch sind wir aber auch Hinweise gestoßen, die menschliches Eingreifen nicht unwahrscheinlich erscheinen lassen. Mehr darf ich euch nicht sagen. Wir wollen erst wissen, ob ihr es Wert seid, unser Vertrauen zu genießen“, kündigte Amy an.

Jenny brannte darauf etwas über den Ursprung ihrer Beute zu erfahren. Sie spielte hoch in diesem Spiel.

„Und wie sollen wir euch zeigen, dass ihr uns vertrauen könnt? Mutproben?“

Ein leicht spöttelnder Ton hatte sich in die Klangfarbe ihrer Stimme geschlichen.

„Immer mit der Ruhe. Eile hat schon zu viele Talente hinweggerafft“, mischte sich nun auch der Letzte am Tisch ein. Er war deutlich älter als die anderen. Seine Haare wiesen deutlich mehr graue Strähnen auf, als schwarze. Doch dies mochte über sein wahres Alter hinwegtäuschen. Von seinen Augenwinkeln schloss Jenny, dass er wohl noch eine Spur länger gelebt hatte, als es die wenigen schwarzen Haare erahnen ließen. Sie selbst kannte einen anderen Mann, der noch mit über 85 Jahren, an einigen Stellen tiefschwarze Strähnen hatte. Sie würde ihre Wohnung verwetten, dass dies hier auch der Fall war. Aber ihre Wohnung war kein hoher Einsatz.

Der alte Mann hatte sich nicht vorgestellt. Trotzdem wusste Jenny schon so einiges über ihn. Er schien in der Rangfolge an zweiter Stelle zu stehen. Die direkten Ansagen kamen von Max. Dennoch nahmen alle, das, was der "weise Greis", wie sie ihn gedanklich getauft hatte, sagte, ernst.
 

„Also mir würden da schon ein paar Dinge einfallen…“

Max sah ihr auffordernd direkt in die Augen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Votani
2009-04-20T03:27:19+00:00 20.04.2009 05:27
Hey,

Frag' mich nicht, wie ich mich um diese Zeit hierher verirrt habe, denn ich weiss es schon gar nicht mehr. XD Ist auch nicht so wichtig, schaetz ich.

Auf jeden Fall mag ich die Idee mit dem Zombies und dem Sektor. :3 Ist mal was anderes und die Charakter kamen irgendwie auch gut. Ich mag Steve und wie Jenny sein Geld nicht annimmt und stattdessen einen "Zweitjob" hat. Ingesamt fand ich die Idee von zwei so verschiedenen Figuren sehr interessant.

Dein Schreibstil ist wirklich gut, obwohl du ein, zwei Kommas vergessen hast. Was ich besonders mag, waren die kleinen Details, die nicht wichtig waren, aber die Story doch etwas aufgefrischt haben wie die Schlagzeilen etc.
Aber du haettest die Charakter etwas mehr beschreiben koennen. Ihr Aussehen und so, das hab ich etwas vermisst. :3 Auch etwas die Spannung, auf die man gewartet hat und die dann doch nicht kam. Bei einem Prolog haette ich es verstanden, bei einem Kapitel hat es dann aber doch gefehlt.

Trotzdem bin ich gespannt, wie es weitergeht und bin begeistert von der Story (Auch wenn es sich vielleicht nicht so angehoert hat? Oo). Wie auch immer, ich hoffe, es folgt bald eine Fortsetzung und du sagst mir Bescheid. :>

Votani


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