Schicksal von Sydney (Hochsaison im Zombie-Sektor) ================================================================================ Kapitel 1: Einmal Feldweg und Retour ------------------------------------ Eine weitere Original Ficiton, die meinem kranken, eigentlich zum Schreiben viel zu beschäftigten, Hirn entsprungen ist. Ich hoffe sie unterhält und gefällt. Kapitel 1: Einmal Feldweg und Retour „Glaubst du eigentlich an das Schicksal?“ Verwirrt blickte Jenny von ihrer Zeitung auf. „Wie kommst du jetzt auf Schicksal, Steve?“ Ihr Partner konnte manchmal ziemlich seltsam sein. Vor allem für jemand in seinem Alter. Welcher 21-jährige stellte schon solche Fragen? „Naja, letzte Nacht, als das Dutzend Untote in der Sackgasse auf uns zukam, da musste ich darüber nachdenken ob schon irgendwo geschrieben steht, was mal mit uns passieren wird.“ Steve wirkte nervös. Anscheinend lag ihm dieses Thema am Herzen, aber es fiel ihm sichtlich schwer darüber zu reden. „Wenn du weniger an dein Schicksal und mehr an die Gegenwart denken würdest, dann wäre es gestern nicht so knapp gewesen“, meinte Jenny. Sie hatte wirklich keine Lust diese Sache jetzt zu diskutieren. Eigentlich verspürte sie auch kein Bedürfnis dieses Thema irgendwann zu diskutieren. Für sowas musste er sich jemand anders suchen. Sie hatte andere Sorgen. Es war Herbst. Die Blätter waren schon lange braun geworden. Vor-Halloween-Zeit. Die anstrengendste Saison des Jahres, wenn man im Zombie-Sektor arbeitete. Zwar hatte sie keine Ahnung warum gerade zu dieser Zeit das Wachstum der Untotenpopulation förmlich exponentiell erschien, aber dass es so war, war eine Tatsache und es war anstrengend. Vor allem, wenn man der Außenwelt dann noch verheimlichen musste, was man tat, nichts dabei verdiente und deshalb einen schlecht bezahlten Zweitjob übernahm. Steve hatte es da einfacher. Er hatte von seinen Alten so viel Kohle geerbt, dass er sich darum nicht kümmern musste. Dafür waren seine Eltern tot. Von Untoten zerrissen, als er gerade mal 17 Jahre alt gewesen war. Das Firmenimperium, dass sie ihm hinterlassen hatten, einen Pharmakonzern, verwalteten seit dem irgendwelche entfernten Verwandten. Das war dem Jungen nur Recht gewesen und daran hatte sich bis heute nichts geändert. Er zeigte keine Ambitionen sich in die Leitung einzumischen und überließ alles Onkeln und Cousines fünfhundersten Grades. Steve war am Gewinn beteiligt, so dass er sein Leben lang einen höheren Standard genießen konnte, als ein gut verdienendes Schönheitschirurgenpaar in Los Angeles. Dafür hatte das Testament gesorgt. Es war niemals angefochten worden. Alle Beteiligten schienen mit der Situation zufrieden zu sein. „Denkst du etwa nie über sowas nach?“, fragte er verwirrt. „Selten. Auf jeden Fall nicht wenn es sich vermeiden lässt“, war Jennys knappe Antwort. „Und wenn, dann hilft eine gute Flasche Single Malt“, fügte sie gedanklich hinzu. Auch sie war nicht zu diesem Job gekommen, weil sie in einer rosaroten Wattebauschwelt lebte. Ihr Gesichtsausdruck musste Bände sprechen. Steve kannte sie lange genug um zu wissen, dass das Gespräch für Jenny jetzt beendet war. So begnügte er sich damit, sich ebenfalls eine Zeitung zu nehmen und lustlos die Schlagzeilen zu überfliegen. Die heutigen Tagesblätter gaben nicht viel Information Preis. Zumindest, wenn man die Brustvergrößerungen und Beziehungskrisen einiger bekannter Personen und die neue Initiative des Präsidenten für mehr moderne Kunst nicht unter den Begriff „Informationen“ einordnete. Aber diesen Armleuchter von Präsidenten würde sie nicht wieder wählen. Auch die Wirtschaftskrise interessierte die beiden wenig. Sport viel ebenso aus dem Raster wie die Klatschspalte. Beim Überfliegen stieß Jenny jedoch wie so oft auf eine brauchbare Meldung. Klein zwischen „Bürgermeisterhund rettet Nachbarskatze“ und „Amerikanerin mit drei Eierstöcken“ wurde von einem Leichenfund berichtet. Teile eines Körpers waren neben einem Feldweg in der Nähe der Vorstadt gefunden worden. Aufgrund der blanken Knochen und den Fraßspuren gingen die Gerichtsmediziner davon aus, dass es sich um einen Todesfall handeln musste, der schon sehr lange zurücklag. Wilde Tiere hätten die Knochen abgenagt, die Zeit hätte sie ausgebleicht, schrieben sie. Klang einleuchtend. Außer man sah das, was Jenny und Steve so oft sehen mussten. „Hey Steve, sieh dir das mal an!“, forderte sie den Jüngeren auf und gab ihm die betreffende Seite. „Behörden gehen davon aus, dass es sich um einen verunglückten Wanderer von vor 15 Jahren handelt“, las er murmelnd. „Klingt nach Arbeit.“ „Dachte ich mir auch. Hast du mitbekommen, ob zurzeit jemand als vermisst gemeldet worden ist?“ Steve überlegte kurz und ging gedanklich die Meldungen des letzten Monats durch. „Vor zwei Wochen war doch ein Artikel über den verschwundenen Tankstellenangestellten.“ Mit einem Seufzen warf Jenny den Rest der Zeitung in den überquellenden Mülleimer. „Und dabei wollte ich eigentlich mal sauber machen…“ Tatsächlich war dies dringend notwendig. Die Wohnung war sowieso nicht die schönste, aber schmutzige Teller garniert mit einer dicken Staubschicht auf dem Fensterbrett ließen die Zwei-Zimmer-Unterkunft nicht gemütlicher aussehen. „Wehe du lässt jetzt einen Spruch ab!“, stoppte sie ihren Kollegen, noch bevor er den Mund ganz geöffnet hatte um zu spotten. „Geh‘ lieber nach Hause und leg‘ dich hin. Ich will pünktlich um 23 Uhr beim Fundort der Leiche sein.“ Als die Tür hinter Steve ins Schloss fiel ließ Jenny ihren Blick durch die Wohnung schweifen. Den Staubsauger, den sie bereits in die Ecke gestellt hatte, räumte sie wieder in den Schrank. Heute würde sie ja doch nicht zum Sauber machen kommen. Anzufangen würde sich jetzt auch nicht mehr lohnen. Stattdessen ging sie daran ihre Ausrüstung für die Nacht zusammenzustellen. Gute Vorbereitung war überlebenswichtig. Eine dicke kugelsichere Weste, ein Armeemesser und eine Walther PPK – es hatte Vorteile, wenn man Menschen in den richtigen Positionen kannte. Vor allem die Weste, ein Stück, an das man ohne Verbindungen keinesfalls kam, hatte ihr schon mehr als einmal das Leben gerettet. Nicht, dass Untote auf sie schießen würden, aber ihr Speichel war hochinfektiös. Doch durch diese Weste drangen auch Zombiezähne nicht. Der Speichel hatte noch andere „nette“ Eigenschaften. Er neigte dazu Menschenfleisch zu zersetzen und es so vorzuverdauen. Dies ließ die Knochen, die, sowie die des Tankstellenmitarbeiters, gefunden wurden, wesentlich älter erscheinen, als sie es tatsächlich waren. Eine gute Tarnung. Schon oft hatte sich Jenny gefragt, wie zur Hölle diese Zombies weitgehend unerkannt bleiben konnten. Doch die simplen, tierischen Instinkte waren, zusammen mit der Biologie der Monster, perfekt dazu geeignet nicht aufzufallen. Und die, die doch einmal eines dieser Wesen zu Gesicht bekamen, konnten nachher im Normalfall nicht mehr davon berichten. Und wenn – wer glaubt schon einem Spinner, der etwas von Zombies faselte? Überhaupt gab es kaum brauchbare Informationen. Keiner wusste, wo die Dinger herkamen, keiner wusste wie sie sich entwickelten. Nur, dass sie von Jahr zu Jahr gefährlicher und effizienter wurden. Dies beunruhigte Jenny am meisten. Sie jagte die Untoten seit mehr als einem Jahrzehnt. Irgendwann würde es nicht mehr auf diese Weise funktionieren, weil es zu gefährlich wurde. Konnte man noch vor zehn Jahren alleine losziehen so war dies heute reiner Selbstmord. Jenny wusste um die Existenz von noch mindestens vier anderen Gruppen, die sich in diesem Teil des Landes um die Plage kümmerten. Die wenigen, die sie jemals getroffen hatten, waren ebenfalls immer mindestens zu zweit unterwegs gewesen. Sie fuhr sich durch die kurzen Haare. Vielleicht wäre es auch besser irgendwann mit der Jagd aufzuhören. Ruhestand vom Monstertöten. Schon jetzt hatte sie manchmal das Gefühl ihr Leben nicht mehr auf die Reihe zu kriegen. Vor einer Stunde erst war sie aus der Kanzlei gekommen, in fünf würde sie wieder durch die Nacht streifen und schlafen sollte sie auch noch. Wenn man wenigstens fürs Zombieschlachten bezahlt werden würde… Dann müsste sie sich auch keine Sorgen machen, dass es nicht genügend Jäger für die wachsenden Monsterzahlen gab. Dann könnte sie sich eine Putzfrau leisten und müsste nicht regelmäßig überlegen, ob ihr Zuhause nicht schon mehr einem Labor für biologische Kampfstoffe als einem Heim ähnelte. Völlig abgehetzt, aber pünktlich, erreichte Jenny den Treffpunkt. Im Gegensatz zu Steve. Sie hasste diese Angewohnheit von ihm. Der einzige Grund, warum sie noch mit ihm arbeitete war der, dass man sich sonst in jedem Belang auf ihn verlassen konnte. Eine seltene Eigenschaft in der heutigen Zeit. Dennoch wartete sie nicht gerne nachts um 23 Uhr in einem Gebiet in dem sich höchstwahrscheinlich Untote aufhielten. Ein Ziel das sich nicht bewegte war das perfekte Opfer. Der Geruchssinn war der, bei den Zombies, am besten ausgeprägteste Sinn. Der Wind würde Jennys Duft unweigerlich in die Nasen eines jeden treiben, der sich hier womöglich aufhielt. Mit dreien oder vieren konnte sie es aufnehmen. Bei mehreren sanken ihre Chancen und es könnte passieren, dass der Spieß umgedreht wurde, dass sie die Gejagte war und ihre Beute die Jäger. Jenny zündete sich nach zehn Minuten genervt eine Zigarette an. Dies war zu diesem Zeitpunkt auch schon egal, nachdem ihr Geruch sich über das gesamte Areal verbreitet hatte. Das Nikotin beruhigte sie etwas und die Zigarette gab ihren Fingern eine Beschäftigung. Als Steve endlich in Sicht kam war eine geschlagene Viertelstunde vergangen. Mit einem Gesicht, als wüsste er nicht ganz genau wie spät er dran war, bog er um die Ecke. Man konnte ihn mit einem Hundewelpen vergleichen. Wenn er nicht so nett wäre, müsste man ihn manchmal für sein Verhalten erschlagen oder ihm zumindest eins mit der Zeitung überziehen. Kommentarlos machten sie sich im Unterholz das den Feldweg umgab auf die Suche nach Hinweisen. Steve hatte die Taschenlampe aufgedreht und suchte und Jenny hielt ihm dabei den Rücken frei. Dort wo die Spurensammlung zuvor vergebens Spuren eines potentiellen Täters gesucht hatte, wurde der junge Mann schnell fündig. „Hier ist was“, rief Steve. „Was denn?“ „Ein Fetzen totes Gewebe. Nicht groß, aber es kleben eine Menge Maden dran. Muss vor ein paar Tagen noch viel größer gewesen sein, aber die Biester haben sich vollgefressen. Da liegen auch ein paar verpuppte rum.“ Es war eine typische Spur. Außer abgestorbenem Gewebe, gelegentlich Portionen von halbgeronnenem Blut und abgebrochenen Ästen oder beschädigten Gegenständen, die der schlechten Motorik der Biester zu verdanken waren, hinterließen sie kaum Hinweise auf ihre Anwesenheit. „Denkst du, sie treiben sich noch hier in der Gegend rum?“, fragte Steve als er wieder aus dem Unterholz heraustrat. „Ich denke nicht. Scheint kein sehr ergiebiges Jagdrevier zu sein. Außerdem stehen wir, oder zumindest ich" sie warf ihm einen bösen Seitenblick zu, "hier schon eine Weile rum. Wenn welche da wären, hätten sie das schon gerochen“, gab Jenny ihre Einschätzung der Situation ab. „Na toll, das heißt mal wieder umsonst eine Nacht um die Ohren gehauen.“ Genervt trat er gegen einen großen Ast der am Weg lag. Nicht nur Jennys Rumgemotze ärgerte ihn, sondern auch die Tatsache, dass sie wohl oder übel auf ein nächstes Opfer warten mussten um den Aufenthaltsort der Zombies herauszufinden. „Du kannst morgen wenigstens ausschlafen, mein Lieber…“ Jenny war ebenfalls gereizt. „Du weißt, dass du diesen dämlichen Job nicht machen musst. Ich habe dir schon oft genug angeboten…“ „Ich nehme dein Geld nicht. Ich dachte das hätten wir schon geklärt.“ Steve schüttelte den Kopf. „Dann reg‘ dich auch nicht drüber auf, dass du in die Kanzlei musst“, murmelte er verhalten. Für den Rest des Heimwegs herrschte eisiges Schweigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)