Ich hasse dich! Aber... von Nara_x3 ================================================================================ Kapitel 1: Ich hasse dich! Aber... ---------------------------------- ~Short Story: Ich hasse dich! Aber…~ Wieso muss ich eigentlich immer so eine beschissene Klasse abbekommen? Diese Frage stellt sich Zoe immer und immer wieder. Seit Jahren hatte sie kein Problem mit ihren Klassenkameraden, klar, sie hatte ja auch nie wirklich was mit ihnen zu tun, sie hatte ihre Freundin Maya und das reichte, aber jetzt sind die beiden getrennt und Zoe ist ausgerechnet in der Klasse gelandet, in der sich die meisten Leute befinden, die ganz oben auf ihrer Hass-Liste stehen! Und Nummer eins ist und bleibt: Niko Baltione! Jedes Mal, wenn Zoe in die Klasse reinkommt, sitzt er schon lange auf seinem Platz und sagt zu seinen Kumpels – mit Absicht so laut, dass Zoe es hört – etwas in der Art wie: „Huhuuu, der Eisklotz!“ Ja, so geht es jeden Morgen, in jeder neuen Stunde, nach einer großen Pause, und jedes Mal aufs neue will sie Niko dafür eine langen! Noch nie hat sie so einen Hass auf jemanden empfunden! Und selbst Maya hat das noch nie bei ihr erlebt… Dabei hat sie persönlich kein Problem mit Niko und den anderen Leuten aus Zoes Klasse. „Die sind doch alle ganz nett, du musst sie nur richtig kennen lernen und nicht gleich dicht machen!“, predigt sie ihr immer wieder, aber immer wieder hört Maya nur mit halbem Ohr zu, weil sie, sobald sie das Thema anfängt, in Gedanken darüber knobelt, wie sie Niko wohl am besten umbringen könnte. Aber Maya ist das auch ziemlich egal. Hauptsache, sie kann reden. Doch an einem Tag ändert sich alles… Es klingelt, die letzte Stunde ist also beendet, und Zoe und Niko sind die einzigen, die noch im Raum sind. Selbst der Lehrer hat sich schon aus dem Staub gemacht. Vermutlich liegt es daran, dass heute Freitag ist, denkt Zoe, während sie ihre letzten Sachen einpackt. Aber da spricht Niko sie auf einmal schief lächelnd an: „Hey, Zoe! Was hast du heute und am Wochenende so vor?“ „Das geht dich nichts an“, gibt sie monoton zurück, ohne aufzuschauen, aber plötzlich steht Niko direkt vor ihr. „Es interessiert mich aber!“, haucht er ihr verführerisch ins Ohr. Zoe ist so perplex, dass sie mitten in der Bewegung innehält und rot anläuft. „Also hast du nichts vor!“ Wütend schaut sie ihm direkt in die Augen und meckert: „Das geht dich nichts an, hab ich gesagt!“ Aber genau dann, als sie den Satz beendet hat, packt Niko sie plötzlich an den Schultern, zieht sie zu sich rüber und küsst sie! Alles in Zoes Kopf beginnt sich zu drehen! Noch nie hatte sie eine Junge geküsst, und vor allem kein Junge, den sie so sehr hasste… Aber nur weil sie so perplex ist, kann sie sich nicht bewegen… Schließlich lässt Niko von ihr ab und lässt Zoe allein zurück… Am Montag ist alles wie sonst. Sie kommt in die Klasse rein, Niko macht wieder irgendwelche bekloppten Sprüche über sie, doch diesmal stört es sie nicht. Aber nur, weil sie mit den Gedanken komplett abwesend ist. Das ganze Wochenende konnte sie nur an diese Szene denken, allerdings hat sie niemandem etwas davon erzählt – Und Niko anscheinend auch nicht. Jeder ist wie sonst zu ihr. Alles läuft wie immer. Mit einer Ausnahme: Niko ist den ganzen Tag netter als sonst zu ihr! Etwas von der Rolle versucht sie ihn zu ignoriere, das dann eine Woche lang, aber Niko wird immer netter zu ihr. Schließlich geht sie auch darauf ein, obwohl ihr das alles faul vorkommt. Immer wieder fragt er sie nach Hausaufgaben, sie erklärt ihm alles und er schreibt trotzdem von ihr ab. Trotzdem verstehen sich die beiden immer besser und besser, was Maya etwas seltsam vorkommt, da sie Niko alles andere als so kennt, aber Zoe ignoriert solche Kommentare von ihr. Aber alles kommt, wie es kommen muss und so geraten die beiden schließlich in einen Streit und das nur wegen Niko… „Zoe, ganz ehrlich: Ich bin deine Freundin und ich will nur das Beste für dich!“ „Und das Beste wäre?“ Sie erwartet schon nichts Gutes. „Halt dich von Niko fern.“ „Was?!“ „Zoe! Er tut nur so! Ihm liegt hundert pro nichts an dir!“ „Ach, wie nett! Und ich dachte, du wärst meine Freundin!“ „Das bin ich doch auch!“, Maya klingt nun verzweifelt, „Hör mir doch zu! Er hat sich bisher für kein Mädchen interessiert und dich hat er vorher doch sogar gemobbt!“ „Du hast doch keine Ahnung! Niko ist nicht so scheiße, wie alle denken! Er ist anders.“ „… Du liebst ihn.“ „W-Was?!“ Augenblicklich wird Zoe knallrot. „Ich sagte, du liebst ihn. Man merkt es.“ „Das… Das stimmt doch gar nicht!“ Sie wird immer röter. „Die Art, wie du von ihm sprichst, die Art, wie du mit ihm umgehst, die Art, wie du dich verhältst, wenn wir über ihn sprechen… Ich habe meine beste Freundin also an einen Vollidioten verloren…“ Und noch bevor Zoe sich irgendwie verteidigen kann, steht Maya auf und geht hoch zu ihrem Klassenraum. Zoe schaut ihr noch lange nach, selbst als sie schon verschwunden ist. Die Tränen schießen ihr in die Augen… Was hatte sie falsch gemacht? Klar, sie verstand sich mit Niko, aber liebte sie ihn wirklich? Tag und Nacht denkt sie an ihn, seit dem Kuss… Und Zoe muss sich eingestehen: Sie liebt ihn… Die nächsten Tage verlaufen nicht besser. Maya ignoriert sie vollkommen und alle anderen auch, nur Niko ist nett zu ihr. Doch selbst er kann sie nicht aufmuntern… Schließlich ist auch der Unterricht am Mittwoch vorbei und wieder ist Zoe die Letzte. Alle anderen sind bereits weg, nur der Lehrer wartet darauf, dass er die Klasse abschließen kann. Mit gesenktem Blick geht sie nach Hause. Die Blumen beginnen wieder zu blühen, bisher war noch alles kahl vom Winter, die Umgebung bekommt wieder Farbe. Aber selbst das kann sie nicht aufmuntern. Alles ist scheiße, alles ist schrecklich! Zu Hause wartet nur ihr Vater auf sie, ihre ältere Schwester ist für zwei Wochen im Ausland bei einem Austausch und ihre Mutter ist auf Geschäftsreise. Schließlich kommt Zoe an einer Mädchenschule vorbei. Bisher hatte sie sie nicht interessiert, doch diesmal hört sie eine Stimme, die sie aufblicken lässt. Aber was sie dann sieht, lässt ihr Herz stehen bleiben – Dort stand Niko, am flirten mit einem Mädchen in ihrem Alter! Aber mit dem flirten nicht genug, er steckt ihr auch noch seine Zunge in den Hals und die beiden fangen wie wild an rumzuknutschen! Zoe wird schlecht. Sie will nur noch weg! Zu Hause angekommen geht sie gleich auf ihr Zimmer. Ihre Beine tun weh, vom Rennen. Den ganzen Weg von der Mädchenschule an bis nach Hause, war sie gerannt, ununterbrochen… Sie will das vergessen, was sie gesehen hat, doch sie kann es nicht… Immer wieder schieben sich diese Bilder in den Vordergrund, immer wieder hört sie Mayas Stimme im Hinterkopf, die ihr erzählt, dass Niko sie nur ausnutzen würde, dass er das alles gar nicht ernst meine, und Zoe kann nicht mehr anders, als sich heulend auf ihr Bett zu schmeißen… Sie weint, sie kann nicht mehr aufhören. Sie war allein, und das wurde ihr immer mehr und mehr klar… Sie weint, und das solange, bis sie irgendwann unter Tränen einschläft… Die Sonne scheint Zoe ins Gesicht, kitzelt sie an der Nase. Die Vögel zwitschern. Ansonsten ist alles still… Bis Zoe plötzlich kreischend aus dem Bett springt und nach unten stürmt! „Papaaaa!!!“, sie rast in die Küche, wo ihr Vater etwas irritiert von der Zeitung aufschaut, „Papa! Wieso hast du mich nicht geweckt?! Es ist zehn Uhr!“ „Nun ja… Als ich gestern Abend in dein Zimmer gekommen bin hattest du schon geschlafen. Du sahst total erledigt aus und hattest Fieber, also hab ich heute Morgen in der Schule angerufen und gesagt, dass du für heute zu Hause bleibst.“ „Ach so…“ Langsam schleift sie sich wieder nach oben, schmeißt sich auf ihr Bett und grübelt. Sie denkt über alles nach, überlegt, wie sie Niko auf die Sache von gestern ansprechen könnte, überlegt, wie sie sich mit Maya wieder vertragen könnte. Aber sie grübelt so sehr darüber nach, dass sie wieder einschläft. Am nächsten Morgen sitzt sie wieder in der Schule, wieder total abwesend. Aber als die letzte Stunde wieder vorbei ist, fängt sie Niko ab, als er gerade aus der Klasse gehen will. Wieder sind die beiden allein, allerdings versteht Niko nicht so ganz, was sie von ihm wolle. „Ich muss dich etwas fragen…“ „Schieß los.“ „Warum… bist du seit einer Weile so nett zu mir?“ Sie schaut nicht auf, als sie das sagt. Aber Niko fängt an zu lachen. „Wieso ich so nett zu dir bin? Na ganz einfach: Ich brauch doch jemanden, der meine Hausaufgaben erledigt!“ „W-Was?!“ „Mann, dass du das nicht gemerkt hast! Ich war nur wegen der Hausaufgaben so nett zu dir! Du bist so was von dumm. Dass du das jetzt erst gemerkt hast!“ Er kommt aus dem Lachen gar nicht mehr raus, aber Zoe reißt jetzt der Geduldsfaden! Sie holt aus und gibt ihm mit besten Grüßen eine Ohrfeige! „So was findet der Herr jawohl ganz lustig, was?! Du bist so ein widerwärtiges Arschloch!!!“, brüllt sie ihn an und rennt raus. Die Tränen fließen ihr übers Gesicht, während sie die leeren Gänge entlang läuft. Niko war ihr nicht gefolgt, aber sie hätte sich gewünscht, er wäre es… Aber als sie auf dem Schulhof ankommt, sieht sie Maya und rennt zu ihr. „Maya!“ Maya dreht sich um, aber als sie Zoe sieht, ist sie alles andere als gut gelaunt. „Maya, es tut mir so Leid!“, sagt sie vollkommen außer Atem und fällt ihr um den Hals. „Ich war so dumm, es tut mir so dermaßen Leid! Ich-“ Aber Maya drückt sie nur weg von sich. Mit finsterem Blick meint sie, dass es zu spät sei für Entschuldigungen, und geht weg. Wieder ist Zoe allein… Und diesmal wirklich allein… Die Tränen fließen ihr übers Gesicht, sie spürt, wie ihr Herz zerbricht, wie es schmerzt, aber nichts anderes… Weder die Kälte… Noch die Wärme… Weder die Luft… Noch die Erde… Jetzt ist alles vorbei…, denkt sie. Ich habe niemanden mehr… Und plötzlich beginnt ihr Handy zu vibrieren. Schnell holt sie es aus ihrer Tasche, aber was sie erfährt sind alles andere, als gute Neuigkeiten… Eine Woche vergeht und Zoe war bisher nicht mehr in der Schule. Niko wunder sich, da sie nie länger als einen Tag krank war, doch ihm ist es anfangs irgendwie auch egal, doch am Freitag macht er sich doch Sorgen. Von Freunden weiß er, dass Zoe sich mit Maya immer super verstanden hatte und sucht in den Pausen den ganzen Schulhof nach ihr ab, findet sie aber nicht. Erst als die Schule aus ist, sieht er sie. „Maya!“ Maya dreht sich um. „Hey! Sag mal, du warst doch immer so dicke mit Zoe, oder?“ „… Ja“, antworte sie leise. „Hm? Was ist los?< Aber Maya schweigt. „Warum ist sie seit einer Woche nicht in der Schule?!“ Niko spürt irgendwie, dass ihr Schweigen nichts Gutes zu verheißen hat… „Maya, raus mit der Sprache!“ Der Schulhof ist komplett leer, auch in der Schule befindet sich kaum noch einer. Nur Maya und Niko sitzen nebeneinander auf einer Bank, Maya den Blick auf ihre Füße gesenkt, Niko mit starrem ernsten Blick auf sie. Die beiden schweigen sich für ein paar Minuten an, bis Maya doch etwas sagt und plötzlich hallt über den ganzen Schulhof, Nikos Stimme: „WAS?!“ Die Tränen schießen Maya in die Augen, sie macht sich schlimme Vorwürfe… Leise bringt sie aber doch noch einen Satz zustande: „Ja… Zoe hat sich letztes Wochenende versucht das Leben zu nehmen…“ Augenblicklich springt Niko auf, fragt sie schnell, in welchem Krankenhaus sie läge, und rennt los! Tausende von Gedanken schießen ihm durch den Kopf, aber er rennt ununterbrochen weiter. Er rennt quer über die Straßen, obwohl die Autos dort langrasen, er rennt über rote Ampeln, obwohl die Autos ihn überfahren würden, er macht er im Krankenhaus halt, wenn auch nur kurz. Sobald er weiß, auf welchem Zimmer Zoe sich befindet, stürmt er weiter, die Treppen hinauf, Stufe für Stufe, rennt beinahe ein paar ältere Leute um, die anscheinend zu Besuch im Krankenhaus waren, stürzt fast gegen eine Wand, weil er über eine Stufe gestolpert war. Trotzdem hört er erst auf zu laufen, als er in Zoes Zimmer ankommt… Im Zimmer befindet sich niemand. Niemand, außer Zoe, die ihn mit großen Augen ansieht, als er die Tür aufreißt. Total außer Atem schleppt sich Niko zu ihrem Bett und fällt dort erschöpft auf die Knie. Doch das einzige, was er zu hören bekommt, ist, wie Zoe ihn an mault, dass er sofort verschwinden solle. Er will aber nicht, egal wie oft Zoe es ihm sagt. Aber als er schließlich aufsteht schmeißt sie ihm alles mögliche an Zeugs entgegen, dass auf dem kleinen Tisch neben ihrem Bett steht! Alles verfehlt ihn, die Tränen schießen ihr wiedermal in die Augen, weshalb ihre Sicht verschwimmt, doch der letzte Gegenstand trifft Niko genau am Kopf, aber das hält ihn nicht davon ab, auf Zoe zuzustürmen und sie wieder zu küssen… Diesmal drückt sie ihn aber sofort weg, ihre Wut staut sich an, sie knallt ihm eine! Niko ist total perplex, vergisst fast zu atmen, aber Zoe ist das egal. Wütend rollt sie sich zur Seite, zieht sich dabei die Decke über den Kopf und brüllt dabei: „Hau ab! Ich hasse dich!!!“ Obwohl Niko es niemals zugeben würde, hat es ihn sehr tief getroffen… Wie versteinert steht er da, mit starrem Blick auf sie… Seine Hände beginnen zu zittern… Aber Zoe lässt das anscheinend ziemlich kalt… Aber wenn er wüsste, dass sie die Tränen unter der Decke nicht zurückhalten kann… Schnellen Schrittes geht er aus dem Zimmer, ohne sich noch einmal umzublicken, knallt die Tür hinter sich zu und Zoe befindet sich nun in einer erdrückenden Stille… Als Zoe nach einer Woche wieder zur Schule kommt, ist nichts mehr wie sonst. Trotz ihrer unauffälligen Kleidung wird sie von allen angestarrt, alles, was sie hört, ist etwas wie: „Guck mal, das ist die!“ „Die, die sich umbringen wollte?“ „Ja, genau die!“ Deprimiert sitzt sie in der Pausenhalle, vor ihr die vollgepackte Brotdose, allerdings ist ihr kein bisschen nach Essen zumute. Sie war allein, und das ließ sie nicht mehr los… Aber auf einmal kommt jemand auf sie zugerannt und fällt ihr um den Hals! „Zoe! Mir tut das alles so unendlich Leid!!!“, schnieft jemand völlig unter Tränen. Es ist Maya. „Es ist alles meine Schuld! Es tut mir so Leid!!!“ Aber Zoe nimmt sie in den Arm und sagt leise: „Nein, es ist nicht deine Schuld. Ich wollte nicht auf dich hören, was Niko angeht, für Niko kannst du nichts und für den Autounfall meiner Mutter kannst du erst recht nichts.“ „Es tut mir trotzdem so Leid…“, sie löst sich aus der Umarmung und schaut Zoe nun direkt in die Augen, „Zoe, ich muss dir etwas sagen… Anfangs hatte ich vielleicht Recht, was Niko angeht, aber er hat sich dir gegenüber verändert. Du hättest seine Reaktion sehen sollen, als ich ihm davon erzählte, dass du im Krankenhaus liegst! Vertrag dich mit ihm…“ „…“, sie zögert zu antworten, „… Nein. Er hat uns auseinander gebracht und das werde ich ihm vorerst nicht verzeihen…“ „Aber Zoe! Es macht mir nichts aus, er hat sich verändert.“ „Danke, dass du dir solche Mühe gibst!“ Zoe muss endlich, seit zwei Wochen, wieder lächeln, drückt Maya ein letztes Mal, dann klingelt es auch schon und sie verschwindet zwischen den hundert Schülern, die sich durch die Gänge drängeln. Oben angekommen ist die Klasse bereits mal wieder auf. Zoe erwartet nichts Gutes, als sie in die Klasse reinkommt, und tatsächlich: Das Getuschel geht los! Und wieder geht es nur um ihren Selbstmordversuch… Sie versucht das alles zu ignorieren und setzt sich mit leerem Blick auf ihren Platz. Stumm starrt sie aus dem Fenster. Selbst als Niko zu ihr kommt und sie freundlich etwas fragt, bewegt sie sich weder, noch sagt sie etwas. Sie ignoriert ihn vollkommen, egal, wie oft er sie auch anspricht. Also gibt Niko es nach einer Viertelstunde auf. Ja, eine Viertelstunde, der Lehrer scheint nicht zu kommen. Vermutlich hatte er nicht mitbekommen, dass er in der jetzigen Stunde für sie zuständig war, es ist schließlich eine Vertretungsstunde. Zoe soll es Recht sein, so kann sie weiter aus dem Fenster starren. Aber irgendwann springt einer von Nikos sogenannten “Kumpeln“ auf und brüllt durch die ganze Klasse: „Hey! Zoe hat sich vor zwei Wochen versucht das Leben zu nehmen!“ Alle fangen an zu lachen, Zoe versucht es zu ignorieren, muss aber mit den Tränen kämpfen. Sie war schon immer sehr nah am Wasser gebaut gewesen, aber warum muss ausgerechnet heute Flut sein?! Die Klasse hört nicht auf, immer wieder bringt einer irgendeinen bescheuerten Spruch darüber, es hört einfach nicht auf… Jetzt hält Zoe es nicht mehr aus! Schnell steht sie auf und geht zur Tür, versucht dabei möglichst selbstbewusst aufzutreten, aber es gelingt ihr nicht so richtig. Dann, wieder ein dämlicher Spruch, gerade, als Zoe die Tür öffnet. Hört auf! Hört endlich auf mit dem Mist!!!, schießt es ihr durch den Kopf, aber es geht weiter… Plötzlich springt jemand auf und brüllt: „RUHEEE!!!“ Vor Schreck reist Zoe die Augen auf – Es ist Niko! „Habt ihr sie noch alle?! Was glaubt ihr denn, warum jemand Selbstmord begeht?! Sicherlich nicht aus Spaß! Denkt mal nach: Ihr seid alle ziemliche Mistkerle, genau wie ich! Wir haben sie alle scheiße behandelt und jetzt reitet ihr noch darauf rum, dass sie keinen anderen Ausweg weiß? Mann ihr seid noch bekloppter, als ich gedacht hab! Jeden einzelnen von euch sollte man mal alles wegnehmen, was ihr habt! Eure Familie, eure Freunde, den Spaß am Leben! Wie würdet ihr dann reagieren?! Ihr habt niemanden mehr und alle hacken auf euch rum!“, er wird noch lauter, sodass es inzwischen die halbe Schule hören müsste, „UND WER ZOE NOCH EINMAL MOBBEN SOLLTE, DER BEKOMMT ES MIT MIR ZU TUN!!!“ Seine kleine Rede hat Wirkung erzielt – Alle sitzen stumm da, die Blicke gesenkt, die Schamesröte schießt ihnen ins Gesicht. Und Zoe die Tränen… So etwas hatte noch nie jemand für sie getan! Noch nie! Sie zögert… Wenn sie jetzt geht, könnte sie wieder alles versauen, aber… Plötzlich rennt Zoe doch los! Sie rennt, wie an dem Tag, als sie Niko mit dem anderen Mädchen gesehen hatte, und augenblicklich fangen alle wieder an zu lachen! Wieder brüllt Niko sie alle an, schlagartig herrscht wieder Ruhe. Und er stürmt ihr hinterher… Heulend kommt Zoe auf dem Dach der Schule an. Der Wind weht stark, aber warm, aber er kann Zoe nicht aufmuntern… Weinend bricht sie zusammen, sie hält das alles nicht mehr aus! Wie gerne würde sie endlich sterben! Niemanden von ihnen müsste sie dann jemals wiedersehen… Aber sie kann sich nicht bewegen. Ihr Körper ist wie gelähmt, nur die Tränen fließen ununterbrochen… Plötzlich fliegt die Tür auf, doch Zoe kann sich nicht einmal umdrehen, um zu sehen, wer dort ist. Schritte kommen auf sie zu, langsame, ruhige, bedachte Schritte, dann ertönt eine schmerzerfüllte Stimme: „Wieso, Zoe?“ Zoe kann ihm nicht antworten… Ihre Stimme versagt… Niko… „Warum läufst du immer weg? Es bringt dir nichts… Damit verschlimmerst du deine Probleme nur…“ Du hast doch keine Ahnung! Aus ihrer Kehle ist nur eine Keuchen zu hören… Niko geht um sie herum und kniet sich vor ihr auf den Boden. „Zoe…“, erstreckt mit einem zaghaften Lächeln seine Hand nach ihr aus, doch Zoe beginnt nur zu zittern, „Du kannst dich nicht bewegen, stimmt‘s? Die Angst, die Trauer, sie lähmt deinen Körper. Deine Stimme ist wie verschluckt, sie will nicht…“ Zoes Augen weiten sich – Es stimmt alles! Aber… Woher wusste er das?! Vorsichtig nimmt Niko Zoes Hände und zieht sie mit sich hoch, als er aufsteht. Er schaut ihr nun direkt in die Augen… „Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Ich war früher alles andere, als so, wie ich heute bin. Ich war genauso wie du, ich wurde auch immer gemobbt und so weiter… Eines Tages habe ich dann auch versucht einen Selbstmord zu begehen, habe aber gekniffen. Ich hatte zu große Angst vor den Schmerzen…“ Schweigen… „Zoe… Ich… ich will dich nicht irgendwann verlieren! Du hast mir in der letzten Zeit die Augen geöffnet… Was ich sagen will… Also… Ich…“, er wird leicht rot und muss den Blick leicht senken, sodass er sie von unten nach oben ansieht, „Ich liebe dich…“ Genau in diesem Moment weht ein starker Windstoß um die beiden herum – Zoes unsichtbare Fesseln scheinen augenblicklich wie verschwunden! Alles scheint wie verschwunden, ihre Angst, ihr Hass, ihre Wut… Einfach alles! Augenblicklich fällt sie ihm um den Hals und küsst ihn! Jetzt ist alles raus… Freiheit… Geborgenheit… Liebe… Fort mit den Gedanken vom Sterben! Sie will nur noch hier sein, in Nikos Armen… Alles ist gut… Solange sie nur noch sein Herz schlagen hört… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)