Geisterstimmen von Satnel ================================================================================ Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- Titel: Geisterstimmen Autor: Satnel Genre: original, shonen ai, lemon, fantasy „gesprochene Worte“ ‚Gedanken’ ‚Ich würde heute gerne diesen Punkt vorziehen.’ Sam deutete auf einen Punkt der Liste. Ich folgte seiner Hand und las mir den betreffenden Punkt durch. Gerade der, den ich am Liebsten ganz am Schluss gemacht hätte. „Muss das sein?“ Gequält sah ich ihn an. Dieser Punkt war mir unangenehm und machte mir Angst. Auf der Liste gab es etliche Punkte, für die ich eine Menge Mut aufbringen musste, doch nur vor diesem fürchtete ich mich wirklich. Dabei bedeutete er nicht einmal eine Bedrohung für mein Leben wie einige andere Sachen die Sam ausprobieren wollte. ‚Wie lange willst du es noch vor dir her schieben? Wenn du noch länger zögerst, sieht es seltsam aus. Jetzt ist gerade der richtige Zeitpunkt vergangen.’ Ich seufzte als ich Sam ansah, er hatte ja Recht. Allerdings… „Ein Besuch bei deiner Mutter? Was soll ich ihr denn sagen?“ ‚Das ich sie liebe und ihr dafür danke, dass sie mich immer unterstützt hat.’ Ein liebevolles Lächeln legte sich auf Sams Lippen. Doch es wirkte auch etwas wehmütig und voller Sehnsucht. Es war ja nicht so, dass ich ihn nicht verstand. Wäre ich in seiner Position würde ich mir auch jemanden wünschen, der meiner Mutter meine letzten Worte ausrichtete. Selbst wenn ich mir jetzt nicht vorstellen konnte wie diese aussehen würden. Man sagte seinen Eltern und Geschwistern oft dass man sie liebte und meinte es auch so. Aber gerade weil man es so oft sagte, wird es irgendwann zu Gewohnheit und verliert viel von ihrem Wahrheitsgehalt, auch wenn es nicht so war. Aber ab einen gewissen Zeitpunkt nahm man diese Worte kaum mehr wahr. Kein Wunder das Sam wollte, dass ich es seiner Mutter ausrichtete in so einer Situation spendeten diese Worte eine Menge Trost, vor allem wenn sie von einem Fremden kamen. Und nach der langen Zeit, in der ich keinen Kontakt mehr mit Sams Mutter gehabt hatte sah ich mich als Fremder. „Ich denke nicht, dass sie mir glauben würde.“ ‚Das macht nichts. Sie soll es nur wissen, es erfahren.’ Über der Sitzfläche des Sofas schwebend sah Sam an die Decke. ‚Ich habe es ihr viel zu selten gesagt und nun bereue ich es. Eines der wenigen Dinge, die ich bereue.’ Erstaunt sah ich Sam an. Ich hätte nie gedacht, dass er etwas bereuen würde, das sah ihm gar nicht ähnlich. Immerhin hatte er mir bis jetzt immer weisgemacht sein Leben genauso gelebt zu haben wie er wollte. Das stimmte wohl auch und nun trauerte er einer solchen Selbstverständlichkeit nach. Ich wollte ihm ja auch helfen, nur in meinen Gedanken stellte ich mir das ziemlich peinlich vor. Seufzend senkte ich den Kopf, ich war besiegt. „Gut, ich werde sie besuchen.“ Sam sah mich freudestrahlend an. ‚Wirklich? Danke, Fabi. Danke!’ Er fiel mir freudestrahlend um den Hals, nun zumindest hatte er das bestimmt vorgehabt. Nur hatte er dabei vergessen, dass er keinen Körper mehr hatte und glitt durch mich und anschließend auch die Couch durch. In dem Moment in dem Sams Körper durch mich durch glitt griff ich mir überrascht an die Brust. Da war es wieder gewesen, dieses kribbelnde Gefühl, das ich schon einmal gehabt hatte. Ich nahm die Hand von meiner Brust und betrachtete sie stirnrunzelnd. Doch bevor ich mir noch mehr Gedanken darüber machen konnte, tauchte Sam grinsend unter der Couch auf. ‚Ups.’ Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. ‚Fahren wir dann?’ Die Augen verdrehend stand ich auf. „Ja, fahren wir.“ Vorher hatte ich ja sowieso keine Ruhe von ihm. Da war ich also. Die Fahrt hierher hatte eine halbe Stunde gedauert, länger als normal, oder mit Stau. Und heute an einem Sonntag waren die Straßen sowieso wie leergefegt, nur war ich alle Umwege gefahren die mir eingefallen waren. Ich hatte es Sam versprochen und doch, etwas in mir wollte das solange wie möglich hinauszögern. Der Griff um den Blumenstrauß in meiner Hand wurde fester. Es war nicht großartiges, aber ein Besuch an einem Sonntag ohne ein Geschenk ging ja auch nicht, auch wenn es nach Sams Meinung unnötig war. Es hatte sich nichts an dem Haus geändert, seit ich das letzte Mal hier gewesen war, nicht äußerlich. Ich lächelte als ich den Zaun betrachtete, bei dessen Aufbau Sam und ich zur Hilfe genötigt worden waren. Noch immer gab es keine Tür, sodass jeder ungehindert bis zur Haustür gehen konnte. Auch ich folgte diesem Weg, wenn ich auch auf halbem Wege wieder stockte. Noch könnte ich umdrehen und einfach wieder gehen und wenn ich ehrlich war schrie jede Faser in mir danach. Es wäre auch die richtige Entscheidung gewesen. ‚Weißt du eigentlich wie das aussieht? Du kannst von Glück reden, das dich keiner beobachtet, du machst dich nämlich gerade zum Affen.’ Sam tauchte vor der Haustür auf und sah mich ungeduldig an. Klar, er war schon die ganze Fahrt über ungeduldig gewesen. Damit hatte er mich so genervt, dass ich ihn gegen Ende einfach aus dem Auto verbannt hatte. „Was wenn sie nicht alleine ist?“ Dieser Gedanke kam mir erst jetzt, doch er war mehr als nur beunruhigend. Die Sache war so schon peinlich genug, ich benötigte nicht auch noch Zuseher. ‚Ist sie aber, ich habe nachgesehen.’ Das ging also auch nicht als Ausrede. Es schien so als müsste ich nun wirklich in den sauren Apfel beißen. Noch einmal tief durchatmend, brachte ich die letzten Meter hinter mich und betätigte die Klingel. Jetzt konnte ich wirklich nicht mehr zurück. Es dauerte eine Weile bis man Schritte hinter der Tür hörte und sie geöffnet wurde. Sams Mutter stand dahinter und sah mich überrascht an. „Fabian.“ Sie war von der Situation anscheinend nicht minder überrascht als ich. Seit der Beerdigung hatte sie sich allerdings wieder gefangen. Sie sah nicht mehr ganz so müde und erschöpft aus, auch wenn sie das alles sehr mitgenommen hatte, sie sah älter aus als sie war. Ich versuchte die Situation mit einem etwas unglücklichen Lächeln zu retten. „Guten Tag. Komme ich ungelegen?“ Im Moment verfluchte ich Sam innerlich, ich kam mir vor wie ein Idiot. Innständig betete ich dafür, dass Sams Mutter meine Frage bejahte und mich wieder wegschickte. Noch immer hatte ich keine Ahnung wie ich ein Gespräch mit ihr anfangen sollte? Sie hatte einen Sohn verloren, alles was man sagen konnte wäre nur scheinheilig und wenig hilfreich. „Nein, natürlich nicht.“ Sie schien ihre Überraschung überwunden zu haben und trat einen Schritt zur Seite. „Bitte, komm doch herein.“ „Danke.“ Noch immer wusste ich nicht genau wie ich mich verhalten sollte, doch es beruhigte mich, dass ich da nicht der Einzige war. Wie ich es in diesem Haus gewohnt war, zog ich mir die Schuhe an der Garderobe gleich hinter der Tür aus. „Ich freue mich, dass du gekommen bist.“ Bei dieser Aussage sah ich Sams Mutter überrascht an. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Zwar hatte sie es mir angeboten, doch das war nur aus purer Höflichkeit gewesen. Plötzlich lächelte sie und schüttelte den Kopf. „Nein, wie unhöflich von mir, möchtest du einen Kaffee?“ Ich nickte nur und mir fielen die Blumen in meiner Hand wieder ein. Jetzt kamen sie mir wirklich etwas unpassend vor und ich wünschte mir auf Sam gehört zu haben. Etwas verlegen hielt ich ihr die Blumen entgegen. „Für dich, als Entschuldigung für meinen unangemeldeten Besuch.“ Es war nicht notwendig sie zu siezen, das hatten wir schon vor langer Zeit geklärt. Jetzt wieder damit anzufangen hätte nur seltsam gewirkt und die falsche Botschaft vermittelt. „Oh vielen Dank. Aber das wäre nicht nötig gewesen.“ Mit einem Lächeln nahm sie die Blumen und ging damit in die Küche. Anscheinend hatte sie meine Unsicherheit bemerkt, denn sie verlor kein weiteres Wort darüber. Neben mir schwebte Sam, der sich mit der Hand auf die Stirn schlug. ‚Ihr benehmt euch beide wie Schulkinder bei ihrem ersten Date. Euch zuzusehen regt ja fast zum fremd schämen an.’ Ich verkniff mir ein Kommentar wessen Schuld es eigentlich war, die uns in diese peinliche Situation gebracht hatte. Ich war nur hier wegen ihm, ansonsten wäre dieser Besuch sicher ins Wasser gefallen, weil ich ihn einfach absichtlich vergessen hätte. „Setz dich schon einmal ins Wohnzimmer.“ Die Stimme seiner Mutter klang gedämpft aus der Küche. Auch wenn mir bewusst war das sie es nicht sehen konnte, nickte ich und ging in Richtung des Wohnzimmers. Nur einmal blieb ich an einer Tür stehen und blickte kurz darauf. Meine Stimme war leise, so dass sie Sams Mutter nicht hörte. „Du hast das dämliche Poster noch immer nicht abgenommen.“ ‚Hey, diese Band ist einfach Kult.’ Ich ging grinsend weiter, was Musikgeschmack anging waren wir uns nie einig gewesen. Als ich das Wohnzimmer betrat fiel mir als erstes die neue Couch auf, die die Mitte des Raumes einnahm, ebenso wie der neue Flachbildfernseher. Aber sonst war alles gleich geblieben vom Couchtisch bis hin zu den Bildern an den Wänden. Sogar die Vase, die wir bei unserem Fußballtraining im Haus einmal zerstört hatten, war durch eine Neue ersetzt worden. Da ich nicht wusste, wie ich mich nun verhalten sollte setzte ich mich auf die Couch. Ich fühlte mich noch immer so unwohl, wie ein Eindringling, als den ich mich auch empfand. Denn ich hatte kein Recht hier einzudringen, wo sich seine Mutter doch schon wieder einigermaßen gefangen hatte. Gerade in diesem Moment kam sie auch mit zwei Tassen herein, wovon sie eine vor mir abstellte. „Ich hoffe es hat sich nichts an deinen Gewohnheiten geändert?“ Hastig schüttelte ich den Kopf, nein seit damals hatte sich nichts geändert. Auch wenn es sie damals überrascht hatte das ein Sechzehnjähriger schon Kaffee trank. Sie setzte sich auf das Seitenteil der Couch, so dass sie mich ansehen konnte. In ihren Händen umklammerte sie die Tasse mit beiden Händen. „Ich wollte mich noch einmal für die Benachrichtigung bedanken.“ Sie lächelte schwach und senkte den Blick. „Du warst sein bester Freund, der Einzige der ihm so nahe stand. Sam hätte es nicht gewollt, dass du fehlst und auch ich hätte es nicht gewollt. In meinen Augen wart ihr immer wie Brüder, auch wenn es nur einige Jahre dauerte. Du warst ein sehr wichtiger Mensch für ihn, deswegen wollte ich euch die Gelegenheit geben euch voneinander zu verabschieden.“ Betreten senkte auch ich den Blick. Gerade das auch Sam da war erleichterte mir das Gespräch nicht wirklich. „Er war auch ein sehr wichtiger Mensch für mich.“ Ich zögerte einen Moment, eben weil ich nicht wusste, ob es mir zustand die nächste Frage zu stellen. Aber ich musste es einfach wissen. „Wie,… warum,… wie ist es passiert?“ Niemals hatte ich gedacht dass es so schwer war ein paar Worte auszusprechen. Mein Gegenüber schüttelte ratlos den Kopf. „Ich weiß es nicht. Die Ärzte meinten es sei ein Hirninfarkt gewesen, aber er war doch noch so jung.“ Die Verzweiflung in ihrer Stimme konnte ich zwar nicht verstehen, aber nachvollziehen. Es musste schrecklich sein wenn man ein Kind verlor, auch wenn es schon erwachsen war. Sam schwebte neben ihr und legte seine Arme um ihren Oberkörper, sanft lehnte er seinen Kopf gegen ihre Schulter. Es war eine tröstende Geste und wahrscheinlich kostete es Sam seine ganze Konzentration nicht einfach durch sie hindurch zu gleiten. „Manchmal spüre ich ihn sogar noch nachts. So als wäre er bei mir.“ Also verbrachte Sam hier seine Nächte, warum auch nicht, es war seine Mutter und sie benötigte seinen Beistand sicher. „Das ist gut möglich, er hat dich sehr geliebt.“ „Das weiß ich.“ Sams Mutter wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Er hat es mir oft genug gesagt und auch so habe ich es gemerkt.“ Sam sah seine Mutter erstaunt an, bevor er seinen Blick auf mich richtete. ‚Fabi sag ihr auch das Andere.’ „Außerdem hat er mir einmal gesagt, dass er dir sehr dankbar ist. Weil du ihn immer unterstützt hast und zu nichts gedrängt hast.“ Ob das so dumm klang, wie es sich für mich anhörte? Ich musste wirklich an meinen Fähigkeiten in dieser Hinsicht üben. „Ich wollte ihn nie einengen.“ ‚Und dafür habe ich dich immer bewundert und geliebt.’ Sanft strich Sam seiner Mutter über das Haar, als er sich wieder von ihr löste. Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee, um mich einer Antwort zu entheben. Eigentlich wollte ich nur mehr weg, so schlimm war es das letzte Mal vor fünf Jahren gewesen. Damals wollte ich auch nur mehr aus diesem Haus flüchten, wenn auch aus anderen Gründen. Nur wollte ich Sams Möglichkeit mit seiner Mutter zu kommunizieren nicht beeinträchtigen. Wobei er ihr wohl nicht mehr zu sagen hatte. Vielleicht fiel ihm aber auch nur im Moment nichts mehr ein, nun ich würde ihm noch etwas Zeit verschaffen. „Es ist schade, dass wir in den letzten Jahren so wenig Kontakt hatten.“ Jetzt hing es ganz davon ab, wieviel Sam seiner Mutter erzählt hatte. Denn der Kontaktabbruch war von mir ausgegangen. Es würde scheinheilig klingen, wenn ich das nun bedauerte. Nur, ich hatte meine Gründe dafür gehabt und bedauerte es nun wirklich, seit wir uns ausgesprochen hatten. Von diesen Gründen hatten jedoch Sam nichts gewusst und so auch nicht seine Mutter. „Das stimmt. Ihr wart so gute Freunde. Wenn du willst, kann ich dir etwas von ihm erzählen.“ Eigentlich sollte ich nun ablehnen, doch es interessierte mich und auch der Blick von Sams Mutter ließ mich schließlich nicken. Sie wollte über Sam reden und wenn ihr das half, dann war es das Mindeste was ich für sie tun konnte ihr ein wenig meiner Zeit zu widmen. Das war ich ihr der alten Zeiten willen, als sie wie eine zweite Mutter für mich gewesen war, schuldig. Außerdem ging es dabei um Sam und was ihn betraf hatte ich eine Menge Nachholbedarf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)