I'm on your side... von San-chi ================================================================================ Kapitel 1: Arrival ------------------ „Huch!“ Ein kleiner Schreck erhaschte mich als der starke Wind mir plötzlich meine langen blonden Haare nach vorne wehte, sodass ich kaum noch etwas sehen konnte. „Ich hasse so was…!“ Ich fluchte und spuckte meine „blonde Pracht“ voller Verachtung wieder aus. Wer kann mir das übel nehmen? So sehr ich sie auch liebte, wen würde es nicht nerven ständig seine eigenen Haare im Mund wiederzufinden? Da stand ich nun… Ein Straßenköter blondes Mädchen von zarten fast 19 Jahren, umringt von komisch guckenden Japanern, die wohl noch nie eine Naturblondine gesehen hatten - ich fühlte mich wie in einem Zoo - und wartete, dass meine Betreuerin mich abholte, um mich zu meiner Au-pair-Mom zu fahren. Ganze 45 Minuten stand ich dort, verloren mit meinem riesigen Koffer, bei dessen Gewicht man annehmen könnte, ich hätte mein gesamtes Zimmer plus Küche mitgenommen, alleine, angegafft von alten Japanern, von denen ich glaubte, die hätten am liebsten ein Erinnerungsfoto mit mir gemacht, um es Zuhause den Kindern zu zeigen. Ich lachte in mich hinein, jedes Mal aufs Neue wenn sie neugierig zu mir hinüber schielten, als plötzlich ein kleiner schwarzer Toyota um die Ecke bog. Das kleine Auto Hielt direkt vor meiner Nase und eine kleinwüchsige, etwas kräftigere deutsche Frau stieg aus und sprach mich an: „Ah… du musst bestimmt Sora sein, nicht wahr? Es tut mir furchtbar Leid, dass ich so spät bin, aber dieser Verkehr, du verstehst?“ Ich verstand nicht, aber das war jetzt auch egal, sie war endlich da und ich konnte aus diesem Zoo namens Flughafen endlich verschwinden, also packte ich mein Gepäck in den Kofferraum und setzte mich zu der kleinen Frau, die sich mir als Marie Lindenburg vorstellte, auf den Beifahrersitz. Ich fühlte mich völlig überfordert mit meiner Situation. 'Was habe ich mir nur dabei gedacht?' Von meiner Motivation an meiner Abreise war nichts mehr übrig. Mein Kopf drohte zu platzen. So viele verschiedene Eindrücke stürzten wie eine Lawine auf mich nieder. Alles wirkte so fremdartig. Gedankenverloren blickte ich aus dem Fenster des fahrenden Autos und beobachtete wie die Straße an uns vorüber zog. 'Was mache ich eigentlich hier?' Angst... Unsicherheit... War das wirklich die richtige Entscheidung gewesen? Ich wusste es nicht. Alles was ich tun konnte war abzuwarten was die Zukunft bringt. Die Fahrt dauerte 90 Minuten, während ich in dieser Zeit von meiner mir nicht ganz so sympathischen Betreuerin, voll gequatscht wurde und mich fragte ob ich langsam durchdrehen sollte, da die Alte jetzt auch noch anfing mir von ihrer Warzenbehandlung zu erzählen. 'Gott schlimmer kann es nicht mehr kommen.', dachte ich mir in einem Moment größten Entsetzens, als sie Anstalten machte an der Ampel ihre Schuhe auszuziehen, um das erstaunliche Ergebnis ihrer schmerzhaften und äußerst widerwärtigen Behandlung zu zeigen, es dann aber Gott sei Dank doch ließ. Ich setzte ein Stoßgebet gen Himmel als wir endlich vor dem Apartment meiner neuen Mom ankamen und ich endlich aus dieser Folter befreit wurde. Kaum waren wir angekommen, hetzte schon eine Frau die Treppen herunter, die meiner Meinung nach, einen sehr gestressten Eindruck machte. Sie war sehr schick gekleidet, mit einem dunkelgrauen Kostüm, Highheels und schulterlangen, offenen braunen Haaren. Eine sehr schlanke Figur und ein unglaublich zartes, feminines, japanisches Gesicht zierten ihre Erscheinung. Bis auf ein paar kleine Fältchen sah sie eigentlich noch ganz jung aus, was mich überraschte. „Entschuldigung…“, keuchte sie völlig außer Atem vom Treppen Herunterrennen. „Es tut mir furchtbar Leid. Ich hatte völlig vergessen, dass du heute kommst Sora-chan. Ich darf dich doch so nennen nicht war? Ich war etwas beschäftigt, weil meine Arbeitskollegen einfach nichts ohne mich auf die Reihe kriegen.“ „Ano… hai!“ sagte ich erst einmal aus lauter Verwirrung, da ich anscheinend noch nicht ganz kapiert hatte, was jetzt los ist und mir kam erst mal ein: „Freut mich dich kennen zu lernen, ich bin Hino Yumiko, aber nenn mich ruhig Yumiko.“ strahlend lächelnd zu mir herüber, sodass alle Anspannung von mir abließ und ich mich in Ruhe meiner „Mutter“ vorstellte. Ich mochte sie. Sie war eine hektische Frau, die sehr viel redete, und Gott sei Dank nicht solch sinnloses (und ekliges) Zeug, wie meine Betreuerin, und schien immer gut gelaunt zu sein. „Komm rein und stell deine Sachen erst einmal ab, ach und zieh bitte die Schuhe aus, ja?“ Und mit diesem Satz war sie auch schon in der Küche verschwunden, wo ihr Telefon klingelte, anscheinend jemand von der Arbeit, dachte ich mir. Es war eine sehr schöne Wohnung mit hellen Farben und vielen schönen Pflanzen. Im Wohnzimmer stand eine große weiße Couch, mit einem niedrigen schwarzen Tisch und Sitzkissen drum herum. Alle anderen Zimmer grenzten an dieses hier, wodurch die Wohnung sehr groß und übersichtlich wirkte. Zu meiner Enttäuschung war die gesamte Wohnung im westlichen, modernen Stil gehalten, keine Spur von japanischer Einrichtung, was allerdings sehr zu Yumikos Art passte. Schließlich war eben Genannte mit dem Telefonieren fertig. „Ach es tut mir Leid. Das war ein wichtiger Anruf, ich muss ab Montag schon wieder arbeiten gehen, es gibt viel zu tun, das heißt dass du mir schon ab da behilflich sein musst, wenn es dir keine Umstände macht. Du kriegst sogar Gehalt.“ „Kein Problem. Das ist ja meine Gegenleistung dafür, dass ich hier wohnen darf. Eine sehr schöne Wohnung übrigens. Etoo… wo werde ich eigentlich schlafen?“ Fragend blickte ich mich in dem großen Zimmer um und hoffte nicht mit der Couch Vorlieb nehmen zu müssen, so kuschelig sie auch aussah. Yumiko, die anscheinend bemerkte wie ich misstrauisch das Sofa anfunkelte, musste unwillkürlich kichern, was mir selbst ein keines Lächeln entlockte, das erste seit meiner Ankunft. „Ich habe mein Arbeitszimmer extra für dich umräumen lassen. Du hast jetzt dein eigenes Schlafzimmer, wo du auch mal etwas Privatsphäre hast.“ „Oh, danke Yumiko-okaa-chan.“ Ich freute mich über ihre Fürsorge und lächelte glücklich, als ich plötzlich in ein etwas merkwürdig verzerrtes Gesicht sah, nachdem ich diesen Satz sagte. „Also... nenn mich doch lieber Yumiko-nee-chan. Das klingt doch viel netter und nicht ganz so alt.“ Ich musste anfangen zu lachen, obwohl ich mich noch zusammenzureißen versuchte, um nicht unhöflich zu erscheinen, aber sie lachte nur mit. 'Ich glaube, es könnte mir doch gefallen.' Die letzten paar Tage waren sehr ruhig. Ich hatte mir mein Zimmer eingerichtet das übrigens sehr schön und geräumig war. Ein etwas kleines Doppelbett stand am Fenster, daneben zwei kleine Tische und ein großer Kleiderschrank aus hellem Holz an der Wand. Einige kleine Pflanzen und Bilder schmückten den Raum und ließen ihn freundlicher erscheinen. Nachdem ich mir mein neues Zuhause gründlich betrachtet hatte, wurde ich auch schon von Yumiko in die Innenstadt Tokios geschleppt. Sie erklärte mir die wichtigsten U-Bahn Wege, wie ich am besten wieder nach Hause komme, die Einkaufsstraßen, bis hin zur letzten guten Ramen-Bude (Sie liebte Ramen) und Takoyaki- Ständen (diese übrigens auch). Sie hatte wohl ein Faible für typisch japanische Küche. Dies stand allerdings in einem großen Widerspruch zu ihrer Inneneinrichtung. „Sag mal Nee-chan… du hast mir bisher noch nicht genau erzählt, was genau du jetzt beruflich tust.“ „Da schau!“, sagte sie nur und zeigte mit ihren Finger zu einer der riesigen Leinwände, die über die ganze Stadt verteilt waren und lauter gut aussehende Idole zeigten, einer hübscher als der andere. „Ich bin die Managerin einer der berühmtesten Boybands hier in Japan, sie heißen KAT-TUN. Sicher hast du schon von ihnen gehört?“ In diesem Moment dachte ich, mir würde jeglicher Sauerstoff zum Atmen aus meiner Umgebung entzogen und ich schnappte unauffällig nach Luft. Ob ich von ihnen gehört hatte? Natürlich wie könnte ich nicht! Vor drei Jahren war ich ein großer Fan von ihnen gewesen, was damals auch ein Grund für meine Japanreise war. Zwar hatte ich meine Fangirl Phase im Großen und Ganzen überwunden, hörte zwar noch Lieder von ihnen, aber hatte diese Geschichte eigentlich schon abgeschlossen… dachte ich. In diesem Moment stieg ein merkwürdiges Gefühl in mir auf, dass ich auch nicht wirklich weiter beschreiben konnte. Eine Mischung aus Scham, Freude und Angst. Diese Gruppe, diese Menschen, die ich für so lange Zeit verehrt hatte, die mich begeisterten und berührten… Ich hatte die Hoffnung schon längst aufgegeben, beziehungsweise hatte ich nie welche gehabt sie jemals persönlich zu treffen, und nun? Das alles überforderte mich und ich konnte nicht mehr klar denken. Was jetzt? Wie sollte ich reagieren, mich verhalten? Und dann war da noch… Ich erhob leicht den Kopf und meine klaren grünen Augen fixierten das riesige Plakat. „Aber…“, flüsterte ich mir selbst auf Deutsch zu und mein Blick lag wie gebannt auf dem Antlitz einer bestimmten Person. Er war es gewesen, der mich am meisten fasziniert hatte. Alles was er tat, seine Stimme, wenn er sprach, lachte oder sang, und ganz besonders dann ließ mich eine Gänsehaut bekommen und zum Träumen verleiten. Sie berührten mich tiefer, als jede andere Musik die ich je gehört hatte, ganz tief in meinem Herzen, wo noch nie jemand zuvor vorgedrungen war. Ich wollte ihn unbedingt kennenlernen, wissen wer der Mensch, der so viel Sehnsucht und Gefühl in seine wunderbare Stimme und Texte legte, ist. Was fühlte er wirklich tief in seinem innersten wenn er singt? „Hey, ist alles in Ordnung mit dir?“ Plötzlich riss mich Nee-chan aus meinen Gedanken und ich kam wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ein harter Aufprall. „War das etwas zu viel für dich? Vielleicht hätte ich dich besser darauf vorbereiten sollen? Aber ich hoffe, du bist nicht eines dieser verrückten Fangirls, die direkt anfangen zu kreischen, wenn sie unsere Prachtkerle zu Gesicht bekommen, oder?“ „Haha… Nein keine Sorge. Ich war zwar mal ein Fan gewesen, aber das ist vorbei, ich werde mich schon zu benehmen wissen.“, sagte ich und brachte Yumiko ein strahlendes und wie ich hoffte überzeugendes Lächeln entgegen. Ich wollte auf keinen Fall, dass sie meine Unsicherheit bemerkte, um ihr keine Schwierigkeiten zu bereiten. 'Reiß dich zusammen! Es sind nur Menschen!', versuchte ich mir die ganze Zeit einzureden und so kam es, dass ich die nächsten zwei Tage keine Ruhe fand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)