Treppenaufgang von Memphis ================================================================================ Kapitel 6: Unreiner Reim ------------------------ „Was wollte der Chef von dir?“, fragte Heinz neugierig. Ich schreckte auf und schaute ihn verwirrt an. Ich hatte ihn gar nicht bemerkt. „Ging darum, ob ich übernommen werd.“, fasste ich das Gespräch zusammen. Ich fühlte mich etwas noch neben der Spur. Es war irgendwie ein gutes Gespräch gewesen, konnte aber nicht sagen, dass es mich glücklich machte. „Und?“, ich bemerkte den neugierigen Blick von Heinz. Ihn schien das wirklich zu interessieren. Naja, im Prinzip hing davon ab, ob er Chancen hatte übernommen zu werden, oder nicht. „Er würde mich gerne nehmen, will aber, dass ich erstmal mein Fachabi mache.“, ich schüttelte kurz den Kopf. Mein Boss hatte meine gute Arbeit gelobt und auch meine Begeisterung für den Job, aber zur Zeit wäre in seinem Betrieb nicht die Möglichkeit einen Azubi zu übernehmen, in drei Jahren würde allerdings einer der Kollegen in Rente gehen und er würde mich dann gerne einstellen, vorausgesetzt ich hatte mein Fachabi. Ich glaube, ich war immer noch etwas überrascht über dieses Angebot. „Aha, warum?“ Heinz schien das nicht ganz zu verstehen, verständlich. Ich war auch etwas verwirrt. „Weil er findet, dass ich gut arbeite.“ Ich konnte mir vorstellen, dass es mein Chef nicht so toll fand, wenn ich Heinz und dem anderen Azubi auf die Nase binden würde, dass sie überhaupt keine Chancen haben übernommen zu werden. Das wäre vermutlich ziemlich kontraproduktiv für unsere Firma. „Okay...“ Heinz musterte mich mit einem missmutigen Blick und ich hatte das Gefühl, als hätte ich ihm gerade einen Lollie geklaut. Ihm war doch klar gewesen, dass mir der Job besser liegt, als ihm, oder? Ich war wirklich gut als Elektroniker und darauf war ich auch stolz. War auch normal, oder? Wenn man sich was hart erarbeitet hat, würde jeder stolz darauf sein, verdient. „So, ich muss jetzt los, sonst verpass ich meine Straßenbahn.“ Ich lächelte Heinz noch kurz zu und verließ dann das Firmengeländer entgültig. Ich bemerkte seinen unangenehmen stechenden Blick in seinem Rücken. Es störte ihn, dass ich Lob vom Chef bekommen hatte. Über ihn beklagte sich der Chef meistens. Naja, war nicht mein Problem. Mittlerweile war Donnerstag und bis auf das erfreuliche Gespräch am Montag mit meinem Boss war alles sehr ereignislos gewesen. Ellie war diese Woche etwas im Stress, weil sie noch ein Essay fertig schreiben musste und sie hatte mich nur mal kurz angerufen, dass wir heute zu ihren Eltern fahren würden. Deswegen stand ich am Bahnhof und wartete darauf, dass sich Ellie endlich blicken ließ. Den Zug, den wir nehmen wollte, würde in einer Viertelstunde abfahren und der nächste kam erst wieder in einer Stunde. Ihre Eltern wohnten nicht weit weg, eine halbe Stunde außerhalb der Stadt. Aber wenn man auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war, konnte sich sowas immer etwas problematisch gestalten. Ich trat etwas unruhig von einem Bein auf das nächste. Ich war schon seit einer halben Stunde hier, weil ich direkt von der Arbeit hier hergekommen war, aber langsam hatte ich keine Lust mehr zu warten. Ich kramte mein Handy raus und wählte die Kurzwahltaste für Ellie. Ich hörte das Freizeichen und wartete und wartete und bekam die Mailbox. Mensch, Ellie! Es waren deine Eltern, nicht meine! „Michi!“, rief Ellie mir zu und winkte aufgeregt, während sie auf mich zu lief. Sie blieb keuchend neben mir stehen. „Sorry, das ich so spät bin, Zebi hat vorhin noch angerufen und ich hab nicht auf die Uhr geguckt.“ „Schon klar...“ Ich verzog etwas das Gesicht und stapfte an ihr vorbei in den Zug, der gerade angekommen war. Ich wusste auch ohne hinzusehen, dass sie die Augen verdrehte. Ich mochte es einfach nicht, wegen einem Kerl versetzt zu werden. „Stell dich nicht so an, du bist nicht besser, wenn du jemand hast.“ Sie setzte sich neben mich und ich starrte aus dem Fenster. Der Satz verbesserte meine Laune kein Stück. „Und hast du vor Zebi deiner Familie vorzustellen?“, fragte ich mit einem beißenden Unterton. Sie hatte noch nie einen ihrer Freunde zuhause vorgestellt. Immerhin dachten ihre Eltern ja, wir wären seit fast zehn Jahren ein Paar. Es wäre komisch, wenn sie plötzlich jemand anders vorstellen würde. Das wusste ich, das wusste sie. „Vielleicht!“, gab sie schnippisch zurück und ich fühlte mich genervt. Ich mochte es nicht, wenn es zwischen uns nicht harmonisch lief. Auch wenn ich diesmal Schuld daran war, aber irgendwie wurde ich mit Zebi nicht warm. Er hatte coole Kumpels, er machte eigentlich auch einen guten Eindruck, aber ich... hatte ein ungutes Gefühl bei ihm. Ellie wurde schon oft genug von ihren nerdigen Freunden hängen gelassen. Am Anfang sind sie dankbar, dass überhaupt ein Mädchen mit ihnen redet, aber sobald sie durch Ellie mehr Selbstbewusstsein bekommen haben, sattelten sie auf ein anderes Mädchen um. Was ich einfach nicht verstehen konnte. Wenn ich nicht schwul wäre, ich hätte sie schon längst geheiratet. Wir schwiegen uns an und ich schaute aus dem Fenster, beobachtete das vorbeiziehende Panorama. Ich war hier schon so oft lang gefahren, dass es draußen nichts weiter interessantes gab. Selbst die Frau, die neben den Schienen im Feld mit ihren Hund spazieren ging, kam mir bekannt vor. Als hätte ich sie schon öfter hier entlang laufen sehen. Mit diesem Zug sind Ellie und ich immer in die Stadt gefahren, um Party zu machen, zu shoppen oder in unserem Lieblingscafe rumzuhängen, also ziemlich oft. Mittlerweile fuhren wir nur noch mit dem Zug, wenn wir mal wieder bei Ellies Eltern eingeladen waren oder wenn meine Mutter wollte, dass ich ihr irgendwas in der Wohnung reparierte. Meine Mutter und ich hatten kein schlechtes Verhältnis, aber wir waren uns wohl ein paar Jahre zu lang auf die Nerven gegangen und es war jetzt ganz angenehm, erstmal eher für mich zu sein. Meiner Mutter schien es wohl ähnlich zu gehen. Wir brauchten unseren Abstand, seit dem verstanden wir uns auch um einiges besser. „Sind deine Cousinen eigentlich auch da?“, fragte ich schließlich. Keine Lust mehr auf Schweigen und Schmollen. „Hm? Ach... ja, ich denke es mal. Marco wird auch da sein, nehm ich mal an.“ Sie lächelte beim letzten Satz. „Marco? So so.“ Ich grinste breit. Marco war ein alter Insider-Scherz zwischen Ellie und mir. Also eigentlich war es nur Ellies wahnsinnig gutaussehender, spanischer Cousin. Ich war mit vierzehn, fünfzehn total in ihn verschossen. Nicht, dass ich ansatzweise eine Chance gehabt hätte bei ihm, er war zu dem Zeitpunkt schon verlobt, aber über ihn zu schwärmen hatte mir eigentlich auch gereicht. Ellie hatte sich darüber immer gerne lustig gemacht. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mir was schickeres angezogen.“ Und endlich war die angespannte Stimmung weg. Ellie war immer noch meine Ellie. Ich brauchte einfach meine Zeit, bis ich mich daran gewöhnt habe, dass ich sie manchmal etwas teilen musste. Aber unsere Vergangenheit gehörte immer noch uns allein. „Nicht das Carolina eifersüchtig wird.“ Sie zwinkerte mir zu. „Carolina kommt auch?“ Ich hatte die Frau von Marco noch nicht allzu oft gesehen. Hübsches, schüchternes Mädchen, passte sehr gut zu so einem Mann wie Marco. Aber manchmal hatte ich das Gefühl, als würde sie sich von Ellies Familie eingeschüchtert fühlen. „Ich glaube, die haben was zu verkünden.“, deutete Ellie an und uns war beiden klar, dass wir in eine Art Babyparty stolpern würden. Hätte Ellie mich nicht warnen können? Ihre Mutter wird die ganze Zeit andeuten, wie toll sie es finden würde, auch bald Großmutter zu werden und uns dabei bedeutungsschwangere Blicke zu werfen. Wir seufzten unisono. Ellies Eltern zuliebe. Am Bahnhof wurden wir sogar direkt mit dem Auto abgeholt von Desirée, die älteste Cousine von Ellie. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Offensichtlich freute sie sich uns zu sehen, immerhin hatten wir uns sicher ein halbes Jahr nicht mehr gesehen. So war das halt, wenn man älter wurde. Manche Leute, die früher tagtäglich um einen herum waren, waren plötzlich zu fast Fremden geworden. Desirée umarmte uns beide stürmisch und schob uns zu ihrem Auto, ein alter, brauner Peugot. Ich klappte den Vordersitz nach vorne und kletterte auf die Rückbank. Wir waren schon oft von ihr mit diesem Auto abgeholt worden und immer musste ich auf die Rückbank. Ich vermutete, dass würde sich wohl auch nicht ändern, solang Desirée dieses Auto fuhr. „Sieht man Caro schon was an?“, fragte Ellie neugierig. Man merkte ihr die Begeisterung an. Sie hatte zwar keine Lust die Andeutungen ihrer Mutter über sich ergehen zu lassen. Aber sie mochte Kinder und schien sich zu freuen, dass ihre Familie Zuwachs bekommen würde. „Ein bisschen, aber man merkt es hauptsächlich an ihrem Strahlen im Gesicht. Echt süß.“ Desirée und Ellie hatten beide dieses Baby-Glitzern in den Augen. Frauen... Vielleicht war das Thema Kind für mich nicht allzu spannend, da ich ziemlich sicher nie in meinem Leben Vater sein werde. Aber es war etwas gruselig, wie die beiden sich ansahen. Und ihre Mutter nachher würde es nicht besser machen. Warum hatte mich Ellie nicht gewarnt? Wenigstens das hätte ich verdient gehabt, fand ich. Ein Klingeln riss mich aus meine Gedanken. Ich fischte mein Handy aus der Innentasche meiner Jacke und wunderte mich über die unbekannte Nummer. „Hi!“ Eine Männerstimme, die mir nicht wirklich bekannt vor kam. „Tach.“, gab ich deswegen neutral zurück. Es war etwas sinnlos zu überlegen, wen ich in letzter Zeit meine Nummer gegebene hatte, das waren eine Menge Männer gewesen. „Du hast gemeint, ich sollte mich bei dir melden, wenn ich mal Zeit habe.“ Wem hatte ich das gesagt? Mir fiel erstmal nur Dave ein. Könnte hinkommen, die Stimme klang jung. „Du hast es dir nochmal überlegt?“ Immerhin hatte Dave recht ablehnend auf Ellie und mich reagiert, wenn es denn Dave war. „Ob ich mit euch joggen will? Ja, musste ich lange und intensiv darüber nachdenken.“ Ich konnte Steves Grinsen durch den Hörer fast sehen. Steve... „Joggen? Klar, nee, passt dir Samstag um elf?“ Über Steves Anruf freute ich mich definitiv mehr, als über Dave. Warte, Dave hatte meine Nummer gar nicht, oder? Hm... „Klingt super, wo treffen wir uns?“ „Bei mir in der Wohnung? Falls sich noch was verschiebt, passiert mir manchmal. Ich wohn in der Moltkerstraße 11. Einfach bei Pemtke klingeln.“ „Okay, gut, ich werd da sein. Moltkestraße 11?“, wiederholte er, notierte sich wohl die Addresse. „Jub, dann bis dann, oder?“, verabschiedete ich mich. „Ah, warte, ich soll der Ellie noch vom Zebi sagen, dass er am Freitag irgendwie keine Zeit hat. Er hätte selber angerufen, aber anscheinend ist mit seinem Handy irgendwas.“ „Okay, werd ich ihr sagen.“ Ich wusste zwar nichts von einem Treffen zwischen Zebi und Ellie, aber jetzt schien es ja auch keines mehr zu geben. „Dann bis Samstag.“ Tuten und ich legte auf. Desirée und Ellie hatten ihr Gespräch über schwangere Frauen und Babies zum Glück auch beendet und Ellie hatte sich interessiert zu mir umgedreht. „Wer war´s?“ „Steve.“ Ich fühlte mich immer noch etwas überrascht von seinem Anruf. Ich musste wirklich Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Nicht das es mich stören würde, neue Freunde waren immer eine feine Sache, vor allem, wenn sie so unkompliziert waren. „Ja? Was wollte er?“ Vermutlich fiel nur mir der lauerende Unterton auf, aber kurz fühlte ich mich gekränkt. Ich hatte ihr gesagt, dass ich keinen von Zebis Freunden abschleppen würde. „Er will mit uns am Samstag joggen gehen.“, erklärte ich und schaffte es dabei, nicht mal trotzig zu klingen. „Oh, achso. Klingt super. Steve hat einen netten Eindruck gemacht.“ Sie lächelte mich an und alles war wieder gut, oder? Natürlich. „Und ich soll dir von Zebi noch sagen, dass das am Freitag nicht klappt. Er hätte dich selber angerufen, aber irgendwas ist mit seinem Handy.“ Nicht, dass ich das noch vergessen würde. Dann wäre ich nämlich Schuld, wenn sie alleine wo rumsaß und niemand auftauchte. „Oh, is okay. Freitag wäre eh eng geworden.“ Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder nach vorne. Schien ihr wirklich recht egal zu sein. Hm... Als wir endlich bei Ellie angekommen waren, wurden wir erstmal durch Umarmungen und Küsschen links und rechts gereicht. Spanier eben. Ich mochte ihre herzliche Einladungen und freute mich doch irgendwie auf den Nachmittag. Der Kuchen war lecker, die Vermutung, dass uns Ellies Mutter mit Andeutungen überhäufen würde, begründet und Marco und Carolina so glücklich zu sehen, wirkte irritierend. In unserem Freundeskreis fingen auch schon die ersten Verlobungen an und vermutlich würde es noch so vier, fünf Jahre dauern und die ersten Leute waren schwanger. Marco und Carolina waren so ein Art Vorbote auf die kommende Jahre. Es fühlte sich komisch an, wenn man überlegte, dass ich dazu nie einen Bezug kommen werde. Aber der Kuchen war lecker. Als ich am Samstagmorgen aufwachte, bemerkte ich erst den Geruch nach Sex in meinem Schlafzimmer, dann die laufende Dusche. Vielleicht sollte ich öfters Freitagabend weggehen, ich schien da sehr erfolgreich zu sein. Ich grinste. Ich streckte mich etwas und erhob mich vom Bett. Ellie würde gleich kommen und bis dahin sollte ich auch geduscht sein. Vor allem weil Steve auch noch kommen würde, ich wollte keinen komischen Eindruck hinterlassen. Ich betrat nackt, wie ich war, das Badezimmer und erfreute mich etwas an dem Anblick, der sich mir bot, Marius, meine stolze Freitagnachteroberung. Er war Fotograph und schätzungsweise fünfzehn Jahre älter, als ich. Und wenn ich die Nacht mit dem Jungspund Dave verglich, musste ich zugeben, dass mir ältere Männer mehr zusagten. Sie waren aufregender, erfahrener, unkomplizierter und sie wusste einfach was Sache war. Es ging um Sex und nichts andres. Wenn man nett war, reagierten sie nicht mit erröten, sondern cool, als würde es sich so gehören. „Morgen, Mike.“, seine Stimme war tief und löste einen leichten Schauer bei mir aus. Ich stand auf tiefe Männerstimmen. „Morgen, Marius.“ Ich lächelte ihn an und überlegte kurz, ob ich zu ihm in die Dusche steigen sollte. Ein Blick auf die leicht beschlagene Uhr im Bad, sagte mir aber ich sollte das lassen. „Du erinnerst dich noch an meinen Namen?“, fragte er amüsiert. Ich beobachtete wie hypnotesiert ein paar Tropfen, die über seinen Körper perlten. Verdammt, warum musste Ellie heute zum Joggen kommen?! „Wie könnte ich ihn vergessen, nach diesem Sex.“, gab ich ehrlich zu und bekam ein dunkles Lachen, als Antwort. Ich musste sagen, ich könnte mir vorstellen, Marius noch öfter zu sehen. Nicht für eine Beziehung, aber es war fast eine Verschwendung mit so einem Mann nur einmal zu schlafen. „So, Kleiner, ich werd mir erstmal einen Kaffee machen und was frühstücken, wenn es dich nicht stört.“, verkündete er mir, stellte die Dusche ab und angelte sich ein Handtuch vom Haken. Ich mochte seine selbstbewusste Art und wie er mit einer Selbstverständlichkeit durch diese Wohnung ging. Er wuschelte mir kurz durch meine Haare, als er an mir vorbei in die Küche ging. Immer noch nackt. So ein Mann sollte auch keine Klamotten tragen, definitiv nicht. Ich sollte mich mit dem Duschen beeilen, vielleicht hatte ich dann noch einen Moment mit ihm, bevor Ellie auftauchte. Als würde ein Moment reichen. Mist. Ihm würde ich definitiv meine Nummer geben. Als ich mit einer frischen Boxershort und noch etwas feuchten Haaren die Küche betrat, bot sich mir ein etwas skurriles, unerwartetes Bild. Ellie saß dort an meinem Küchentisch, eines ihrer hinreißenden Lächeln im Gesicht, ihr gegenüber Marius, immer noch nackt. Verdammt, mein One-Night-Stand saß nackt mit meiner besten Freundin an meinem Küchentisch und sie flirteten! Auf jeden Fall wirkte Ellie in keinster Weise befangen von Marius nackten Anwesenheit. „Hi, Ellie. Du bist schon da?“, fragte ich schließlich wenig intelligent, beugte mich aber zu ihr, um ihr einen kurzen Kuss zu geben. Sie lächelte mich an. „Wir hatten doch zehn ausgemacht, oder nicht?“ Sie hatte dieses süße Lächeln und ich wusste, dass sie sich über diese Situation amüsierte. „Stimmt, sorry, ich hatte das mit der Zeit verpeilt. Übrigens, das ist...“ „Marius. Er hat sich mir schon vorgestellt.“ Er nickte mir mit der Kaffeetasse in der Hand zu, ein Schmunzeln im Gesicht. Ich bekam Herzklopfen. So einen Kerl hatte ich wirklich schon lange nicht mehr. „Ach, Kleiner, hast du Zucker für mich? Ich hab irgendwie keinen gefunden.“, fragte er und ich hörte Ellie kurz kichern aufgrund seines `Kosenamens´ für mich. Wie peinlich. Normal nannte mich auch niemand so, aber bei Marius schien es mir irgendwie nicht unpassend. Ich schaute böse zu Ellie, die versuchte sich ein lautes Lachen zu verkneifen. Sie schien sich wirklich außer ordentlich gut zu unterhalten. „Zucker? Ja, uhm, warte ich hol einen.“ Ich wandte mich ab und wartete schon darauf, dass Ellie in lautes prustendes Lachen ausbrach. Tat sie aber nicht. „Du hättest mich auch nach dem Zucker fragen können.“, kam es nur von ihr und ich wirkte kurz irritiert. Sie unterhielt sich mit ihm, einfach so. Sie ignorierte meine Kerle meistens. Vielleicht lag es daran, dass Marius nackt war oder einfach seiner Art, die man nicht ignorieren konnte. „Du bist also öfter hier?“, fragte Marius mit einem gewissen Interesse in der Stimme. „Man könnte sagen, ich wohne hier. Naja, fast.“ Ich holte den Zucker aus dem Schrank über meiner Spüle und ging wieder an den Tisch. Marius hatte auf Ellies Antwort nur kurz genickt und dann den Zucker von mir entgegen genommen. Ich setzte mich wieder hin und angelte mir eines von den Vollkornbrötchen, die wohl Ellie mit gebracht hatte. Brave Ellie. „Du kriegst so Körnerzeug runter?“ Marius schaute etwas angewidert auf mein Brötchen, dass ich gerade mit der Halbfettmagarine bestrich. „Er isst nur sowas. Der Kleine achtet sehr auf seine Gesundheit.“ Ellies Augen glitzerten voller Begeisterung über die Möglichkeit mich ärgern zu können. „Mir schmeckt sowas.“, gab ich grummelnd von mir. Gesunde Ernährung war nicht so eklig, wie immer alle taten. „Du bist doch noch viel zu jung, um auf deine Gesundheit zu achten!“, meinte Marius mit einer gewissen Überzeugung in der Stimme. Vermutlich dachte er auch, dass er noch nicht in dem Alter war. „Dafür ist man nie zu jung.“ Immerhin hatte man nur eine Gesundheit. „Pass auf, gleich predigt er darüber, wie wichtig es ist auf seine Ernährung und seinen Körper zu achten!“, warnte Ellie ihn vor und ich bewarf sie mit einen großen Brotkrümmel. Sie lachte nur und ich ignorierte sie. Manche hielten es etwas übertrieben, wie ich auf meine Ernährung achtete, aber mir war es eben wichtig und ich wollte jetzt nicht darüber debattieren. Marius beobachtete uns nur total amüsiert, aß selbst einen normalen Semmel mit Butter und Marmelade. Naja, er konnte ja schlecht perfekt sein. Dafür lenkte er das Gespräch auf ein unverfängliches Thema, Arbeit und Studium. Ellie fand es ziemlich spannend, dass er als richtiger Fotograph arbeitete und sogar schon ein paar größere Shoots mit bekannteren Leuten gemacht hatte. Aber bei seiner Persönlichkeit konnte ich mir gut vorstellen, das er gut mit Models klar kam. Marius war irgendwie einnehmend. „Sei ehrlich, wie viele von deinen Models hast du schon flach gelegt?“ Ich schaute entsetzt zu Ellie, die normalerweise nicht so dreist war. Aber sie schien sich wirklich gut mit Marius zu verstehen. Dieser lachte nur, anscheinend wurde er das schon öfters gefragt. „Es wäre nicht klug darüber zu reden.“, antwortete er schließlich mit einem zweideutigen Lächeln. Also waren es eine Menge gewesen und ich hatte das sichere Gefühl, dass darunter auch einige Frauen gewesen waren. „Versteh schon.“ Ellie nickte und biss dann von ihrem Brot ab, ohne den Blick von Marius zu wenden. Er war nicht ihr Typ mit keiner Faser seines beeindruckend Körpers, aber er hatte einfach diese ... Wirkung. Oder es lag daran, dass er noch immer nackt war. „Danke für euer enormes Verständnis.“ Er lächelte uns an und ich spürte wieder ein leichtes Flattern. Marius war definitiv der beste Fang seit langem. Ich hatte nur das Gefühl, als würde er mich nicht so ganz für voll nehmen. In seinen Augen war ich wohl wirklich noch ein Kücken. Ich wusste nicht, ob mich das etwas störte. „Ich mach mir auch mal noch einen Tee. Wenn ich noch eine Tasse Kaffee trinke, können wir das mit dem Joggen knicken.“ Ellie stand auf und verschwand zur Küchenzeile. Als hätte Marius darauf gewartet, beugte er sich etwas mehr zu mir. „Sag mal, Kleiner, könnte ich vielleicht deine Nummer haben? Ich fand es ganz lustig bei euch.“ Ich musste sagen, ich war etwas überrascht. Er wollte meine Nummer?! Das hieß, mehr Sex mit Marius. Ich kam nicht umhin, mich etwas darüber zu freuen. „Klar, warte, ich schreib sie dir kurz auf.“ Zum Glück hatte ich an meinen Küchentisch immer Stifte und Zettel liegen wegen den Einkaufslisten. Ich notierte ihm die Nummer und schob sie ihm hin. „Danke schön. Denkst du, dass deine Freundin mitmachen würde?“ Und genau in dem Moment stand Ellie mit einer Tasse Tee wieder an unserem Tisch. Unglücklicher Moment, unangenehme Situation. Sowas war mir ehrlich gesagt noch nie passiert. „Mitmachen? Bei was?“, fragte Ellie neugierig. „Sex.“, antwortete Marius mit einen offnen Lächeln. Ich saß nur da und fragte mich, in was ich da reingetraten war. „Mit euch?“ Ellie wirkte eher erstaunt, als entsetzt. Warum war sie nicht entsetzt? Ich wäre in ihrem Fall völlig schockiert. Ich war es schon in meinem Fall. „Es würde sich doch anbieten. Ich hatte den Eindruck, als hättet ihr eine sehr offene Beziehung.“ Und warum konnte Marius über dieses Thema so reden, als wäre nichts dabei? Er hatte gerade meiner besten Freundin Sex mit ihn und mir angeboten. Das... das... Ellie lachte einfach nur laut und schallend. Als wäre das ein großer Scherz, den nur ich nicht kapierte. Was war daran so lustig? Ellie zeigte dabei auf mich, versuchte etwas zu sagen und brach wieder in Gelächter aus. Kurz hatte ich den kleinen, fiesen Verdacht, sie würde über mich lachen. „Er und Sex mit einem Mädchen?!“, presste sie schließlich wieder hervor und lachte weiter, hielt sich an meiner Schulter fest und ich kam nicht umhin, sie einfach in die Seite zu boxen. Das sie lachte, machte das alles irgendwie verdammt peinlich für mich. „Sorry... Nein, Michi hat noch nie ein Mädchen angerührt.“, stellte Ellie nochmals klar und schien langsam etwas runterzukommen. Ich fühlte mich wie ein Vollidiot. Ich war schwul, es war doch normal, dass ich noch nie etwas mit einem Mädchen hatte. Warum fühlte ich mich deswegen gerade so bescheuert? Vielleicht lag es auch an Marius, der mich komisch musterte. Dann aber lächelte. „Hm, und ich dachte ihr seid zusammen. So kann man sich irren.“ Er zuckte kurz mit den Schultern und damit hatte sich das Thema wohl gegessen. Ich war ihm dankbar dafür. Das war schon alles peinlich genug. Ein Klingeln löste auch das peinliche Schweigen auf, bevor es überhaupt entstehen konnte. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es Steve sein mussten. Was... naja, vielleicht nicht super war. Immerhin saß hier immer noch ein nackter Kerl an meinem Küchentisch. „Steve?“, fragte Ellie. „Ich denks mal.“ Wer anderes fiel mir jetzt auch nicht ein. „Dann werde ich mich mal anziehen gehen.“ Mit diesen Worten erhob sich Marius und weder Ellie noch ich konnten dem Drang wiederstehen, zumindest mal kurz den Blick Richtung Körpermitte wandern zu lassen. Hoffentlich wollte er meine Nummer noch, jetzt wo es keinen Dreier mit Ellie gab. Ich war etwas erleichtert, als er tatsächlich nach der Nummer griff und dann in meinem Schlafzimmer verschwand. „Ich mach Steve mal auf.“ Ich erhob mich von meinem Platz und ging zu der Gegensprechanlage neben der Türe, drückte dort das kleine Schlüsselsymbol und wartete einen Moment. Ich wusste nicht, ob ich mich nach dem kurzen verstörenden Gespräch in der Lage fühlte, Steve entgegen zu treten. Das Joggen würde sicher helfen. Ich öffnete meine Wohnungstür einen Spalt und ging dann wieder zu Ellie, die an ihrem Tee nippte. „Du schleppst schon so Kerle an, Michi.“ Sie schüttelte leicht den Kopf mit einem Grinsen im Gesicht. Ich seufzte. Wo sie recht hatte, hatte sie recht. Zeitgleich wie Marius aus dem Schlafzimmer trat, öffnete sich auch die Wohnungstür und Steve und Marius standen sich gegenüber. Beide schauten sich etwas überrascht und irritiert an. Ich sprang von meinem Stuhl auf und ging auf die beiden zu. Zum einen, um Steve zu begrüßen und zum anderen um Marius zu verabschieden. Vielleicht hatte ich ja noch die kleine Hoffnung, dass er sich noch mal bei mir melden würde. „Hi, Steve! Ellie ist in der Küche, wir haben auch noch was zum Frühstücken.“ Ich deutete auf die Küchentür und er ging an mir vorbei, nicht ohne noch einen kurzen Blick auf Marius zu werfen. Ich wollte gar nicht wissen, was sich Steve gerade dachte. Ich war mir relativ sicher, dass er wusste, dass ich schwul war und clever genug war, um herauszufinden, dass da gerade ein potentieller Lover vor ihm gestanden hatte. Ich schaute wieder zu Marius, der mich anlächelte. Irgendwie war er mir gerade verdammt nah. Ich war von seinem angenehmen Geruch etwas eingelullt, als er mir einen Kuss gab. Himmel. „Ich meld mich bei dir.“ Das war ein Versprechen. „Würde mich freuen.“ Ich lächelte etwas von ihm eingenommen und wünschte mir, ich könnte ihn gleich wieder in mein Bett zerren. Aber ich glaube, da hätten Ellie und Steve ein bisschen was dagegen. „Gut, man sieht sich.“ Er wuschelte mir nochmal kurz durch meine Haare und weg war er. ------- Hm, langsam hab ich mal alle Charaktere vorgestellt, naja, alle wichtigen. Es werden sicher noch ein paar Namen mal am Rande auftauchen, die man aber gerne ignorieren darf. Aber das ist das Problem mit sozial integrierten Hauptcharakteren, die kennen einfach zu viele Menschen. Drecksviecher. Egal... Wo war ich? Ach ja, also bis jetzt sind wir immer noch in der Einführung der verschiedenen Charaktere, da TAG ein kleines Riesenstorymonster ist. Also die eigentliche Handlung hat natürlich schon angefangen, aber man könnte sagen, es laufen mehrere Erzählstränge parallel zueinander. Was mir manchmal kleine, fiese Knoten ins Hirn macht... phew. Ich hab auch schon alles voller Notizen voll gekritzelt, damit ich nichts vergesse und aus den Augen verliere. Die Grundhandlung überwacht brav die , die daran ja auch maßgeblich beteiligt ist. Danke hier noch mal an sie. Ich liebe dich. Aber keine Sorgen, ihr müsst euch beim Lesen nicht so die Gedanken darum machen, da Michi die Geschichte als Ich-Erzähler automatisch in die richtige Richtung lenkt, also lasst euch einfach von ihm führen. So und für die Unwahrscheinlichkeit das jemand Marius in sein Herz geschlossen hat: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/24625/144356/482022/html/ Hier erfährt man mehr über sein Leben... 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