Der Fluch des smaragdgrünen Drachen von Lionheart_Schwestern (The Neverending Stories Of The 108 Stars) ================================================================================ Kapitel 7: Aufziehende Wolken ----------------------------- Auch als Rahal am nächsten Morgen gemeinsam mit Roog im Büro von Craig stand, ging ihm dieser seltsame Drache nicht aus dem Kopf. Ein wenig unruhig wartete er darauf, dass er dem Kommandanten endlich davon erzählen könnte, während er und Roog mit möglichst viel neutraler Professionalität von dem Tag mit Renea berichteten. Craig lauschte dem mit ausdrucksloser Miene und nickte lediglich ab und an, als hätte er bestimmte Dinge, die ihm da erzählt wurden, bereits erwartet. „Vielen Dank, dass ihr beide euch Reneas Wunsch gebeugt habt“, sagte Craig, als sie mit dem Bericht geendet hatten. „Mir ist bewusst, dass ihr euch gelangweilt haben müsst.“ „Es war eine nette Abwechslung“, erwiderte Rahal, bevor Roog möglicherweise auf den Gedanken kommen könnte, dem zuzustimmen. „Wir sind jederzeit wieder dazu bereit.“ Craig lächelte wohlwollend, als er das hörte, sagte aber weder, dass es nötig sein würde, noch das Gegenteil, sondern fragte stattdessen, ob es noch mehr zu berichten gäbe. Rahal tauschte einen raschen Blick mit Roog und stellte dabei fest, dass dieser ebenfalls nur darauf gewartet zu haben schien, dass sie endlich zu diesem Punkt kommen würden. Beide sahen wieder Craig an und nickten. „Nachdem wir Fräulein Renea zu ihrem Zimmer begleitet hatten, beschlossen wir, noch einen Abstecher zu den Drachenpferden zu machen“, begann Rahal mit der Erzählung. „Und als wir den Stall verließen...“ Er verstummte urplötzlich, ein Gefühl in seinem Inneren riet ihm, nicht weiterzureden und diese Erscheinung einfach nur als Einbildung oder Tagtraum abzutun, obwohl er genau wusste, dass Roog den Drachen ebenfalls gesehen hatte und sie sich noch dazu einig gewesen waren, es dem Kommandanten zu berichten. Aber nun, da er kurz davor stand, war dieses leise Flüstern in seinem Inneren, das ihm sagte, dass er eigentlich gar nicht wissen wollte, was hinter diesem Wesen steckte. Seine Gedanken wurden erst unterbrochen, das Flüstern übertönt, als Roog die Stimme hob, um den Bericht zu beenden: „Im Außenbereich der Ställe begegneten wir einem Drachen, der nach unserer Sichtung in den Feitas sprang und verschwand.“ Craigs Ausdruck verhärtete sich augenblicklich, seine Stimme klang auf einen Schlag kälter als zuvor. „Wie sah er aus?“ Da Rahal immer noch schwieg übernahm Roog die Beschreibung des Wesens. Die ganze Zeit über änderte sich Craigs Gesichtsausdruck nicht, erst als der Kavallerist geendet hatte, runzelte er die Stirn. „Es ist gut möglich, dass ein drachenähnliches Wesen von dem Geruch der Drachenpferde angezogen wurde, obwohl dieser meist andere Monster abschreckt.“ Tatsächlich kam es nur selten vor, dass irgendeine Bestie versuchte, sich der Stadt zu nähern oder sogar hineinzugelangen und das lag immerhin nicht nur an den Mauern oder den patrouillierenden Kavalleristen. „Aber ich habe noch nie von einer solchen Gattung gehört“, fuhr der Kommandant fort. „Ich werde einige Kavalleristen danach suchen lassen. Vielleicht finden wir sogar das Nest dieses Wesens.“ Rahal kam nicht umhin, zu bemerken, dass der Kommandant genau denselben Gedankengang hatte, wie er in der Nacht zuvor – und doch spürte er immer noch diesen Hauch von Zweifel und hörte das Flüstern, das ihm noch immer sagte, er wollte es nicht wissen; es war eine durch seine Ausbildung geformte Ahnung, die ihm während einer Schlacht schon oft das Leben gerettet hatte, ihn im Moment aber lediglich irritierte, weswegen er beschloss, sie dieses eine Mal vorerst zu ignorieren. „Ich stelle mich gern dafür zur Verfügung“, bemerkte Roog, ehe er zu Rahal blickte. „Du doch auch, oder?“ „Selbstverständlich“, stimmte er zu. Ein erleichtertes Lächeln huschte über Craigs Gesicht, als er die Einsatzbereitschaft der beiden beobachten konnte. „Dann macht bitte eure Drachenpferde bereit, damit ihr sofort aufbrechen könnt. Ich denke, es ist besser, wenn wir das nicht weiter hinauszögern.“ Die beiden Kavalleristen salutierten und verließen dann das Büro, um den Anweisungen Folge zu leisten. „Warum hast du eigentlich nichts gesagt?“, fragte Roog auf dem Weg zu den Ställen. „Es gibt keinen bestimmten Grund“, erwiderte Rahal abwehrend. „Es war nur so ein Gefühl.“ Er hoffte, dass damit alles gesagt war und sie sich vorerst einzig um diese Mission kümmern konnten, egal wie sie ausgehen würde. Bei dem jungen Paar in Hershville war die Stimmung bereits am Morgen gedrückt. Schweigend saßen sie sich am Frühstückstisch gegenüber, aber von der Intensität mit der ihre Kiefer mahlten, war abzusehen, dass sie immer noch nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen waren. Allerdings gab es an diesem Tag ein anderes Thema. „Was hast du eigentlich gegen diese Idee?“, fragte er plötzlich und brach damit das Schweigen. Deutlich wütend zogen sich ihre Augenbrauen zusammen. „Sie ist total unüberlegt! Eben so typisch... Landis!“ Das letzte Wort, seinen Namen, betonte sie derart, dass es in seinen Ohren wie eine Beleidigung ankam. „Ach ja? Als ob deine Rina-Pläne so viel besser wären, mit denen passiert nie was!“ „Meine Pläne sind viel besser als deine!“, erwiderte sie schnaubend. Keiner der beiden beachtete, dass sie wieder einmal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen und alle Anwesenden im Raum des Gasthauses, wo sie ihr Frühstück zu sich nahmen, zu ihnen herübersahen. Beide waren auf den jeweils anderen fixiert und starrten diesen wütend an. „Du spinnst doch!“, fauchte Landis. „Warum sind wir überhaupt hier, wenn wir dann doch nur abwarten wollen?“ Sie öffnete gerade den Mund, um lautstark etwas zu kontern, als ein Kellner vorbeilief, der sich nach genauerem Hinsehen als genau derselbe Mann wie der letzten Nacht entpuppte: „Könnt ihr euch eigentlich auch mal in Ruhe unterhalten? Ist ja nicht auszuhalten, dass ihr euch wirklich zu jeder Tageszeit anfauchen müsst.“ Beide wandten ihm ihre Aufmerksamkeit zu und sahen ihm wütend hinterher. „Was denkt der eigentlich, wer er ist?“, grummelte Rina. Landis nickte zustimmend. „Aber echt, sich einfach dauernd einzumischen, wenn wir uns unterhalten...“ Als sie wieder einander ansahen, war der Ärger auf den jeweils anderen verflogen. Für einen kurzen Moment aßen sie schweigend weiter, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft, dann sagte Rina wieder etwas als wäre der Streit von eben gar nicht geschehen: „Ich denke wirklich, dass wir uns gut überlegen sollten, wie wir nun vorgehen, ehe wir etwas falsch machen und das dann bereuen.“ Landis neigte zustimmend den Kopf. „Ja, vermutlich wäre das wirklich besser.“ Absolut nichts mehr am Benehmen der beiden deutete darauf hin, dass sie noch vor wenigen Sekunden darauf erpicht gewesen waren, dem anderen zu beweisen, wie dumm sein Plan war. „Aber was genau sollen wir dann tun?“, hakte Landis nach. „Denn nur zum Herumsitzen sind wir ja nicht hergekommen, oder?“ Rina überlegte, während sie auf einem Stück Brötchen herumkaute als wäre es plötzlich zu Gummi geworden, was ihm verriet, dass sie eigentlich noch gar nicht über einen Plan nachgedacht hatte und nur deswegen behauptete, einen zu besitzen, damit er nicht weiter auf seinen bestand. Doch er sprach seinen Gedanken nicht aus, sondern wartete geduldig, bis sie das Essen geschluckt hatte und dann tatsächlich etwas präsentierte, das an einen Plan erinnerte: „Erst einmal sollten wir uns mit den aktuellen Gegebenheiten vertraut machen, sobald wir ganz genau wissen, wie die Situation ist, können wir viel besser entscheiden, wie es weitergehen soll.“ Landis lächelte zufrieden. „Das klingt nach einem wirklich guten Plan, wenn du mich fragst.“ Das von ihm zu hören, schien sie glücklich zu machen, denn ihr Gesicht begann fast sofort zu strahlen. Gespielt verlegen hob sie ihre Tasse, um einen großen Schluck zu nehmen, während Landis kurzerhand den Beschluss verkündete, dass sie direkt nach dem Frühstück damit anfangen sollten, was von Rina direkt abgenickt wurde. „Gute Idee, das werden wir machen.“ Danach versanken sie wieder in Schweigen, wenngleich die Atmosphäre für das restliche Frühstück nun wesentlich gelassener war als zuvor. Da Rahal und Roog an diesem Tag beschäftigt schienen – zumindest war es das, was sie Miakis bei einem Besuch im Stall mitgeteilt hatten – beschloss die Ritterin, ihre Zeit mit Renea zu verbringen. Es war eine Mischung auf Pflichbewusstsein, da sie auch am Abend zuvor zusammen gewesen waren und dem Wunsch der Langeweile zu entgehen. Außerdem kannte Miakis noch die ein oder andere Geschichte über Sauronix, die Renea mit Sicherheit unbekannt war. Diese hatte nichts dagegen einzuwenden und so liefen sie durch die Stadt, während die Ritterin ihr allerlei lustige Anekdoten erzählte, um ihr ein Lachen zu entlocken. „... und dann hat das Drachenpferd mich in den Brunnen fallen lassen“, endete Miakis gerade eine ihrer Geschichten und stellte zufrieden fest, dass Renea leise lachte, also hatten ihre Erzählungen noch nichts von ihrem Charme verloren, obwohl sie nur noch selten dazu kam, sie zum Besten zu geben. Doch lange an ihrem Erfolg laben konnte sie sich nicht, denn gerade als sie mit einer weiteren lustigen Erinnerung aufwarten wollte, bemerkte sie, wie jemand hektisch durch das Stadttor eilte, stutzte und dann direkt auf sie zuhielt. Sie wandte sich von Renea ab, um festzustellen, um wen es sich handelte und dann gleich zu überlegen, worum es sich handeln könnte – und stellte überrascht fest, dass es kein Botschafter der Königin war, sondern zwei Jungen, die da auf sie zueilten. Der eine trug violette Kleidung, die darauf schließen ließ, dass er ein Auszubildender der Drachenkavallerie war, während der blonde Junge bei ihm grüne Kleidung trug, die mehr an die der Stalljungen denken ließ. Miakis erkannte die beiden sofort, da sie gemeinsam in der Armee des Prinzen gegen die Godwins gekämpft hatten und lächelte daher zur Begrüßung. „Nick, Yoran, was führt euch denn nach Sauronix?“ Normalerweise verbrachten sie ihre Tage und ihre Ausbildung in Gordius, dem Trainingslager der Drachenkavallerie, woran sich etwas ändern würde, sobald Roog in Sauronix den Posten des Kommandanten der Sol-Falena-Drachenkavallerie einnahm, eine Position, die gerade von Königin Lymsleia für ihn vorbereitet wurde. Roog hatte den beiden bereits versprochen sie mit sich zu nehmen, sobald alles offiziell verkündet werden würde, was bedeutete, dass Nick dann ein voll ausgebildeter Kavallerist und Yoran ein Drachenpferdehüter sein würde. Als sie vor ihr innehielten und aufgeregt wieder zu Atem zu kommen versuchte, merkte Miakis, dass sie nicht einfach nur zum Spaß in die Stadt gekommen waren. Das Gesicht von Nick war finster, während das von Yoran in heller Panik aufgelöst schien. „Gordius wird von Monstern angegriffen!“, brachte der Auszubildende schließlich hervor. „Von richtig großen!“, stimmte der Stalljunge zu. „Wir müssen unbedingt mit Kommandant Craig sprechen!“ „Und zwar sofort!“ Einen Wimpernschlag lang war es Miakis nicht möglich in einer wie auch immer gearteten Weise zu reagieren. Dumpf hörte sie diese Worte in ihrem Inneren widerhallen, während sie langsam realisierte, was das zu bedeuten hatte. Genau wie Sauronix war Gordius aufgrund der Anwesenheit der Drachenpferde – wenngleich sich im Trainingslager nur junge Arten befanden – normalerweise sicher vor jedem Monsterangriff. Dass sie nun darüber herfielen und das anscheinend in solchen Massen, dass die dort Anwesenden dem nicht mehr Herr wurden, ließ sie blass werden. Und es führte ihr vor Augen, dass etwas im Land ganz und gar nicht in Ordnung war. All diese Gedanken fuhren ihr in diesem einen Wimpernschlag durch den Kopf, dann kehrte die normale Geschwindigkeit in ihr Denken und Handeln zurück. „Gut, dann werden wir ihm davon berichten.“ Sie wandte sich ihrer Begleiterin zu und salutierte gewohnheitsmäßig. „Verzeiht, Fräulein Renea, es scheint, dass ich mich um eine dringende Angelegenheit kümmern muss.“ Diese blinzelte perplex, offenbar war sie so in die Betrachtung dieser Szene vertieft gewesen, dass sie sogar vergessen hatte, dass sie eigentlich ein Teil davon war. Als es ihr wieder bewusst wurde, winkte sie hastig ab. „Oh, macht Euch um mich keine Gedanken, das hier ist jetzt wichtiger.“ Miakis nickte und bedeutete den beiden Jungen, mit ihr zu kommen, als sie loslief, um Craigs Büro aufzusuchen, in Gedanken bereits bei Gordius – und so bemerkte sie nicht, wie Renea sich ihnen einfach anschloss, um sich ebenfalls anzuhören, was dagegen nun unternommen werden sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)