Der Fluch des smaragdgrünen Drachen von Lionheart_Schwestern (The Neverending Stories Of The 108 Stars) ================================================================================ Kapitel 3: Ankunft in Sauronix ------------------------------ Der Rückweg verlief wesentlich weniger aufregend als der Hinweg, was ein Glück für Rahal war. Roog war vollkommen mit dem Tragen des Koffers beschäftigt und wäre somit für einen Kampf eher schlecht in Frage gekommen. Immer noch beschäftigte beide Kavalleristen die Frage, was die junge Frau wohl darin transportierte, aber diese zu stellen wäre unhöflich gewesen. Stattdessen beschloss Rahal die eingetretene Stille anders zu durchbrechen: „Fräulein Renea, erzählt mir doch etwas von Euch, während wir zum Schloss laufen. Wie alt seid Ihr? Wo kommt Ihr her? Wart Ihr bereits auf unserem Schloss?“ Erstaunt sah sie ihn an. Die ganzen neugierigen Fragen mussten ihr seltsam vorkommen, da war er sich sicher. Doch ihr Gesichtsausdruck änderte sich rasch wieder. „Also, ich bin 18“, antwortete sie höflich. „Und komme aus Lelcar. Bis jetzt war ich noch nicht im Schloss Sauronix, wollte aber schon immer dort hin. Doch mein Vater meinte immer, dass ich noch zu jung dafür wäre.“ „Dann nehme ich an, dass Sir Craig Euch bislang in Lelcar besucht hat“, schloss er daraus. Sie nickte lächelnd. Ihr Gesichtsausdruck erinnerte ihn wieder an ein kleines Kind, das die Welt noch mit anderen Augen sah als ein Erwachsener. „Aber das letzte Mal ist schon lange her“, sagte sie bedrückt, nur um gleich darauf wieder zu lächeln. „Ich freue mich darauf, ihn endlich wiederzusehen.“ Rahal erinnerte sich, dass Craig von mehreren Jahren gesprochen hatte. Er fragte sich, was wohl der Grund für den Besuchstopp gewesen war, verwarf den Gedanken aber wieder. Es ging ihn nichts an und vermutlich hing es nur mit Craigs Arbeit zusammen. Kommandant zu sein war sicherlich nichts, was man zwischen Tür und Angel erledigte und sich anschließend für mehrere Tage Urlaub nahm – zumindest nicht, wenn man ein verantwortungsbewusster Kommandant war. Den Rest des Weges brachten sie schweigend hinter sich Am Eingang der Stadt blieb Renea wieder stehen. Mit der Hand schirmte sie ihre Augen von der Sonne ab, als sie zum Schloss sah. „Das ist also Sauronix“, stellte sie überflüssigerweise fest. Rahal nickte. „Herzlich willkommen, Fräulein Renea.“ Sie lächelte ihm zu und wollte weiterlaufen – als ihr Blick auf eine schwarzhaarige Frau fiel, die auf dem Boden kniete. Rahals Blick folgte dem ihren. „Wo kann es nur sein?“, murmelte die Frau, völlig in sich zurückgezogen. Seufzend, aber lächelnd, gab Rahal seinen beiden Begleitern ein Zeichen, dass sie warten sollten, worauf Roog den Koffer erleichtert abstellte. Rahal kniete sich neben die Frau und fragte: „Rania, was ist los? Hast du irgend etwas verloren? Können wir dir irgendwie helfen?“ Sie sah ihren Bruder nicht an, antwortete ihm aber trotzdem: „Ich habe ihn verloren. Ich habe den Ton verloren. Ich muss ihn wiederfinden.“ Während Rahal und Roog verstehend nickten, verstand Renea überhaupt nichts. „Wie kann man einen Ton verlieren?“, fragte sie laut. Vollkommen aus den Gedanken gerissen, wandte Rania den Kopf. Ihr Blick verharrte auf der fragend dreinblickenden Renea. Doch statt eine Erklärung zu liefern, stand Rania auf, ging auf den Neuankömmling zu und ergriff ihre Arme. Der starre Blick ängstigte Renea, aber jeder Versuch, zurückzuweichen, wurde nur mit einem festeren Griff quittiert, so dass sie es schließlich ließ. Rahal richtete sich wieder auf und sah zu ihnen hinüber. Für einen Moment wollte er eingreifen, aber dann überwog seine Neugier, was seine Schwester wohl zu sagen hätte. Außerdem wusste er, dass sie Renea nicht verletzen würde. Roog beobachtete das Ganze auch nur mit aufmerksamen Blick. „Deine Stimme...“, sagte Rania nur, ohne das Starren zu unterbrechen. Neugierig geworden kam Rahal ein wenig näher, er beschloss, ein wenig nachzuhelfen: „Was ist mit ihrer Stimme, Ran?“ „Deine Stimme...“, fuhr sie an Renea gerichtet fort. „Ihr Klang erinnert mich an den der Drachenpferde.“ Roog und Rahal hoben beide je eine Augenbraue und warfen sich einen Blick zu. So etwas hatte Rania, ihres Wissens nach, noch niemandem gesagt. Renea dagegen war durch diese Aussage verwirrt und sah nur fragend von einem zum anderen. Sie traute sich nicht, noch etwas zu sagen und schwieg daher, auch wenn ihr einige Fragen auf der Zunge brannten. Abrupt ließ die Flötenmacherin sie los und ging zu Rahal hinüber. „Wer ist sie, Bruder?“ „Ihr Name ist Renea“, antwortete Rahal sofort. „Sie ist die Tochter eines Freundes von Sir Craig und wird für eine Weile in Sauronix bleiben.“ „Und sie ist kein Drachenpferd“, fügte Roog lachend hinzu. Rania ignorierte ihn und sah wieder Renea an. „Du bleibst also eine Weile in Sauronix. Würdest du mich bald mal besuchen? Ich möchte deine Stimme aufzeichnen.“ Die Flötenmacherin sah sie mit einem warmen Blick an, Renea nickte zögernd. Sie verstand immer noch nicht, was diese Frau von ihr wollte, aber eine Zustimmung konnte nicht schaden. Außerdem hatte sie Rahal Bruder genannt und ausgehend von ihrem Lächeln war sie wohl auch keine schlechte Person. Zufrieden verabschiedete Rania sich von den Dreien und ging wieder nach Hause. Renea sah ihr ratlos hinterher und fand endlich ihre Stimme wieder. „Wer war das?“ „Meine Schwester Rania“, antwortete Rahal ihr. „Da sie Töne hören kann, die andere nicht hören, ist sie eine Expertin in dem Gebiet und für die Herstellung unserer Drachenflöten verantwortlich – und ganz nebenbei ist sie darin die Beste.“ Ein Hauch Stolz schwang in seiner Stimme mit, als er so von ihr sprach. In Bezug auf seine Schwester konnte er sich das auch leisten, die von ihr hergestellten Flöten waren nicht umsonst derartig begehrt – auch wenn sie von vielen Leuten als exzentrisch angesehen wurde. Nicht zuletzt wegen solchen Auftritten wie eben. Von Menschen, die unhörbare Töne hören konnten, hatte Renea noch nie gehört. „Warum sagt sie, dass meine Stimme sie an den Klang eines Drachenpferdes erinnert?“ Diesmal hob er die Schultern. „Das kann ich Euch leider auch nicht beantworten.“ Nachdenklich legte sie einen Finger an ihre Lippen, aber Rahal räusperte sich bereits, bevor sie in Gedanken versinken konnte. „Wir sollten weiter. Sir Craig wartet immer noch.“ Sie nickte sofort. „Natürlich.“ Die beiden liefen weiter. Roog hob fluchend den schweren Koffer wieder hoch und folgte ihnen ein wenig langsamer. „Onkel Craig“, sagte Renea lächelnd, als sie im Arbeitszimmer des Kommandanten ankamen. „Ich bin wirklich froh, dich zu sehen. Vielen Dank, dass du mir Sir Rahal und Sir Roog geschickt hast.“ Craig strich ihr übers Haar und nickte ihr mit einem Lächeln zu. Er sah zu den beiden Kavalleristen und setzte seinen typischen Lasst-euren-Bericht-hören-Blick auf. Rahal und Roog salutierten sofort. In Kurzfassung berichteten sie von ihrem Weg nach Spinax, dem Finden von Renea, der Rückkehr nach Sauronix und der Begegnung mit Rania. „Das wäre alles“, schloss Rahal den Bericht. Ihre Befürchtungen über das Ansteigen der Monsterrate oder eine genaue Beschreibung des ihnen begegneten Monsters ließ Rahal außen vor. Davon konnte er den Kommandanten unterrichten, wenn Renea nicht dabei war. Craig nickte verstehend. „Vielen Dank euch beiden.“ Renea drehte sich zu ihnen um und verbeugte sich dankend. Die beiden Kavalleristen neigten ebenfalls ihre Oberkörper, um zu zeigen, dass es ihnen ein Vergnügen gewesen war – auch wenn Roog in Gedanken immer noch den Koffer verfluchte. Gerade als der Kommandant sie entlassen wollte, trat Renea neben ihn und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Craig nickte und wandte sich erneut an seine beiden Kavalleristen: „Renea hat den Wunsch geäußert, dass ihr beide ihr das Schloss zeigen sollt. Seid ihr damit einverstanden?“ Rahal und Roog warfen sich einen Blick zu. Im Normalfall wäre es keinem von beiden möglich gewesen, aber da es derzeit auch nichts anderes zu tun gab, hätten sie sich ohnehin nur gelangweilt. Also nickten beide. „Natürlich, Sir Craig.“ „Das ist wirklich großzügig von euch“, bedankte der Kommandant sich. „Gut, ihr könnt jetzt gehen. Wenn ich mit Renea alles besprochen habe, schicke ich sie zu euch.“ Die beiden Kavalleristen verneigten sich noch einmal und verließen den Raum wieder. Auf dem Gang seufzte Roog. „Das klingt nicht sonderlich spannend.“ „Wir konnten ihr diesen Wunsch schlecht abschlagen“, erwiderte Rahal pflichtbewusst. „Das wäre unhöflich gewesen. Nur keine Sorge, wir können morgen immer noch im Wald trainieren.“ Das Versprechen seinem Freund gegenüber hatte er nicht vergessen. Er lachte leise. „Ihr Gepäck sollte dich ja genug ausgelaugt haben für einen Tag.“ Bei dem Gedanken daran, verzog Roog wieder sein Gesicht. „Das nächste Mal darfst du es tragen.“ Lachend winkte Rahal ab. Im nächsten Moment erklangen Schritte, gefolgt von einer bekannten Stimme: „Was ist so komisch? Ich will mitlachen.“ Die beiden Kavalleristen wandten sich dem Neuankömmling zu. Roog schmunzelte, als er die Person erkannte. „Hey, Miakis. Was führt dich denn hierher?“ Gespielt wütend stemmte sie die Arme in die Seiten. „Was ist das denn für eine Begrüßung?“ „Dasselbe könnten wir dich fragen“, erwiderte Rahal lächelnd, was ein Stirnrunzeln von ihr zur Folge hatte. Um sie wieder versöhnlich zu stimmen, schüttelten beide Kavalleristen ihre Hand, worauf sie lächelte. „Geht doch. Also, was war so komisch?“ Rahal erzählte ihr von Renea und dem unheimlich schweren Koffer, während sie sich gemeinsam zu den Drachenpferden begaben. Am Ende der Erzählung kicherte Miakis leise. „Owww, Roog, ist dir das Gepäck einer Dame etwa zu schwer? Du solltest mehr trainieren.“ Er grummelte etwas Unverständliches, was sie noch einmal kichern ließ. Schließlich räusperte sie sich und wurde wieder ernst. „Kann ich diese Renea auch mal sehen?“ „Warum?“, fragte Roog. Rahal dagegen wunderte sich mehr über den plötzlichen Themenwechsel, wobei er sich denken konnte, dass Miakis natürlich auch die Person kennenlernen wollte, die Craig Onkel nannte – und derart schwere Koffer herumtrug. „Ich bin neugierig“, antwortete sie. „Ist das verboten?“ Sie warf Roog einen bedrohlichen Blick zu, er winkte sofort ab. „N-natürlich nicht. Wenn du sie unbedingt kennenlernen willst, kannst du ja bei uns bleiben. Sir Craig wollte sie später zu uns schicken.“ Zufrieden lächelte Miakis wieder. „Dann ist das abgemacht.“ Der fröhliche Klang ihrer Stimme ermutigte Rahal dazu, Roogs Frage von vorhin wieder aufzunehmen: „Also, was führt dich nach Sauronix?“ „Ach ja, richtig. Ihre Majestät hat mir Urlaub gegeben, deswegen dachte ich, ich komme euch mal wieder besuchen. Außerdem wollte ich mal wieder ein Drachenpferd reiten, wenn ich schon selber keines haben kann...“ Es betrübte sie immer noch, dass Frauen nicht in die Drachenkavallerie aufgenommen wurden. Immerhin hatte sie sich früher nichts sehnlicher als ein eigenes Drachenpferd gewünscht. Aber die starren Regeln hatten ihr das unmöglich gemacht. „Ist das alles?“, fragte Roog enttäuscht. Er hatte auf etwas Besseres gehofft. Ein Problem, das man nur mit einem Kampf lösen konnte. Doch offensichtlich war seine Hoffnung umsonst gewesen. Miakis warf ihm einen tadelnden Blick zu. „Was soll das schon wieder heißen?“ „Na ja, ich dachte...“ Er seufzte und lächelte dann. „Was soll's? Schön, dass du mal wieder da bist.“ „Schon viel besser“, urteilte sie lächelnd. Rahal verkniff sich ein Lachen. Die beiden benahmen sich wie Geschwister, es war immer wieder ein erheiternder Anblick. „Aber Miakis, wenn du hier bist, wer kümmert sich solange um die Königin?“ Seufzend blickte sie zu Rahal. „Na hör mal, ich bin nicht die einzige bei den Rittern der Königin. Der Prinz, Lyon und Roan sind auch noch da.“ „Ist Roan nicht dieser Neue?“, fragte Roog mit gerunzelter Stirn. Miakis nickte heftig, mit einem grimmigen Gesichtsausdruck. „Ganz genau, der Idiot.“ Rahal schmunzelte. „Seid ihr immer so nett zueinander?“ Sie schnaubte. „Wenn ihr ihn kennen würdet, würdet ihr dasselbe über ihn sagen. Er ist einfach ein Idiot, ohne Wenn und Aber.“ Die beiden Kavalleristen zuckten mit den Schultern. „Wenn du das sagst.“ Für einen Moment war Miakis still, doch schließlich überwand sie sich selbst: „Trotzdem werden er, Lyon und der Prinz gut auf Ihre Majestät aufpassen.“ Hoffe ich zumindest für sie. Miakis war immer noch beunruhigt wegen Faramond. Seinen ersten Auftritt vor Lymsleia hatte sie natürlich nicht vergessen. Und wer würde das auch? Schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass die Königin Falenas ins Wasser geworfen wurde. Obwohl Faramond ja steif und fest behauptete, dass er sie nur hatte fallen lassen. Für Miakis war es allerdings eindeutig werfen. Dass sie mal wieder ein wenig übertrieb, merkte sie nicht. Sollte es dieser Kerl wagen irgendwas mit der Königin anzustellen, werde ich ihn durch die ganze Welt jagen, um ihn zu bestrafen. Auch wenn sie ihm verziehen hat, ich werde es sicher nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)