The G Files von Mrs_Miyawaki (Die unheimlichen Fälle des PSCs) ================================================================================ Kapitel 10: File 2: Insomnia part 2 ----------------------------------- File 2 Insomnia part 2 Im Sprechzimmer von Dr. Morita klingelte das Telefon. Da er gerade keinen Patienten im Zimmer hatte, nahm er das Gespräch an. Er hörte zu, was der Anrufer wollte, dann ergriff er das Wort: „Machen sie sich keine Sorgen. Ich habe ein paar vielversprechende neue Kandidaten für ihre Studie.“ Der Mann am anderen Ende klang zufrieden bei diesen Aussichten. „Ja, ich schicke ihnen die Daten.“, erklärte Dr. Morita. Wenig später war das Gespräch beendet. Das erste Ziel war recht schnell erreicht. Reita parkte den Wagen vor einem großen Appartementkomplex und sie stiegen aus. Schnell hatten sie den Namen ihres Zeugen auf den Klingelschildern gefunden. Ruki drückte energisch auf den Knopf, auf dem Takeuchi stand. Wenig später erkundigte sich eine fertig klingende Männerstimme aus der Gegensprechanlage nach dem Besuch. „Guten Tag, Takeuchi-san. Wir sind vom PSC und würden gerne mit ihnen reden.“, erklärte er dann. Das Summen ertönte und sie konnten das Gebäude betreten. Mit dem Fahrstuhl fuhren sie in 7. Stock. Takeuchi erwartete sie bereits. Er war ein Mann an die 40, ähnlich wie Dr. Ishizawa es gewesen war. Er trug legere Kleidung und sah müde aus. Seine Augen waren gerötet. „Guten Tag, ich nehme an sie kommen wegen des Vorfalls in der Pathologie.“, meinte er. „Genau, wir sind Special Agent Matsumoto und Special Agent Suzuki.“, erklärte Reita und zeigte ihm seinen Ausweis. Ruki verzichtete dieses Mal darauf, da es nicht nötig schien. „Kommen sie bitte rein. Es ist eine Schande, was mit Dr. Ishizawa geschehen ist…“, sagte Takeuchi und ließ sie in seine Wohnung treten. Er führte sie in die Küche und bedeutete ihnen dort Platz zu nehmen. „Es tut uns leid, was mit Dr. Ishizawa geschehen ist. Standen sie sich sehr nahe?“, wollte Ruki wissen. „Wir haben uns gut verstanden, aber wirklich nahe standen wir uns nicht. Wir waren nach der Arbeit mal zusammen etwas trinken. Aber trotzdem, sie so sterben zu sehen…“, antwortete er. „Sie sah ziemlich zugerichtet aus.“, stimmte Reita zu. „Können sie uns erzählen, was sie gesehen haben? Und was sie über die … Leiche wissen?“ „Das werde ich versuchen, aber ich kann mir das Ganze einfach nicht erklären. Als wir die Leiche von Yamazaki-san vor zwei Tagen bekommen haben, war er tot. Gestorben an einer Stichverletzung ins Herz. Die anderen Stichwunden waren nicht tödlich. An diesem Abend, es müsste so gegen halb 9 gewesen sein, war Dr. Ishizawa alleine in der Pathologie. Wir mussten Überstunden machen, da viel zu tun war. Ich war noch oben und habe mich mit einem Polizeibeamten unterhalten, der mich dann in die Pathologie begleitet hat. Als wir die Treppe hinuntergegangen sind, hörten wir sie schreien. Es klang schrecklich, ihre Stimme war schmerzverzehrt.“, er schwieg für einen Moment, als ob er sich noch einmal fassen mussten. Weder Ruki noch Reita sagten etwas, um ihn nicht zu drängen. Sie hatten genug Erfahrungen damit. Gerade Reita, der zuvor in der Abteilung für Gewaltverbrechen gearbeitete hatte, hatte dieses Verhalten schon oft erlebt. „Der… der …Tote hatte sich über sie gebeugt und biss sie ihn den Hals. An ihren Armen hatte sie schon Wunden, genau wie am Oberkörper. Es war ein grausiger Anblick… und dann diesen Mann zu sehen, der eigentlich tot sein sollte…“, fuhr Takeuchi schließlich fort. Es war mehr als deutlich, dass ihn das ganze tief erschüttert hatte. „So etwas passiert ja auch nicht. Normalerweise jedenfalls. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Anblick wirklich verstörend war. Ich arbeite auch in der Pathologie und ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn plötzlich eine der Leiche wieder aufsteht.“, erklärte Reita. „Aber wir müssen wissen, was dann passiert ist.“, fügte Ruki dann hinzu. Er war taktvoll genug, kein Wort über Zombies zu verlieren. Zwar hatte der Gedanke etwas Faszinierendes für ihn, doch auch ihm war klar, dass er selber geschockt sein würde, wenn jemand, den er tot geglaubt hatte, es auf einmal nicht war. „Ja, natürlich müssen sie das wissen. Sie machen ja nur ihren Job.“, antwortete er. „Der Polizeibeamte, Kawashima-san, der mich begleitet hat, zog seine Waffe und hat versucht den Mann zu warnen. Aber das nützte nichts. Also hat er geschossen, zuerst auf das Bein, doch der Mann schien das nicht einmal zu bemerken. Auch die anderen Schüsse schienen ihm nicht weh zu tun. Allerdings war es schon zu spät für Dr. Ishizawa. Dann richtete sich der Mann auf und kam auf uns zu geschlurft. Kawashima-san schoss ihm schließlich in den Kopf und erst dann brach er tot zusammen. Die anderen Wunden haben nicht mal richtig geblutet. Es war fast sofort geronnen.“ Mit dem letzten Satz bestätigte er den Eindruck, den Reita bereits gehabt hatte. „Danke, das wird uns erstmal weiterhelfen. Ich lasse ihnen meine Karte da, dann können sie sich melden, falls ihnen noch etwas einfallen sollte. Wenn wir noch Fragen haben sollten, melden wir uns natürlich noch mal.“, meinte Ruki schließlich. Noch mehr Informationen schienen sie nicht bekommen zu können. „Ich hätte noch eine Bitte. Ich weiß, dass Yamazaki noch nicht obduziert wurde, aber könnte ich die Unterlagen bekommen, die existieren?“, erkundigte Reita sich. „Natürlich, es ist nicht viel. Aber ich werde ihnen die Unterlagen nachher mailen.“, erklärte sich Takeuchi bereit. „Hey, da bist du ja wieder. Was sagt der Arzt?“, wollte Tohru neugierig wissen, als Wataru ihre Redaktion betrat. Auch ihre anderen Redaktionsmitglieder, Yuusuke, Tomoyuki und Hiroaki, sahen ihn fragend an. Sie machten sich alle Sorgen um ihn, vor allem, da es nicht das erste Mal war, dass er in dieser Verfassung war. Sie hatten ihre ganze Überzeugskraft aufwenden müssen, um Wataru dazu zu bringen nicht mit seinem Wagen zu fahren. Zwar hatte er am Ende zugestimmt mit der Bahn zu fahren, aber begeistert war er davon nicht gewesen. Aber bei seiner Müdigkeit wollten sie ihn nicht selber fahren lassen, nicht nachdem er vor seinem Rechner eingeschlafen war. Wataru ließ sich auf seinen Bürosessel sinken. Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, da kam seine kleine Hündin auf ihn zu geschossen. Da er viel Zeit in der Redaktion verbrachte, nahm er sie meistens mit zur Arbeit. Sie stellte ihre Vorderpfoten auf sein Schienbein, bis er sie auf den Schoss nahm. „Hey, Heart-chan…“, murmelte er zärtlich und streichelte sie. Dann wandte er sich an die anderen: „Ich hab nur ein neues Medikament bekommen, das ist alles.“ „Das sollte aber auch mal helfen!“, stellte Tohru fest. Er hätte nur zu gerne etwas getan, um seinem Freund zu helfen. „Ich hoffe doch. Lange halte ich das nicht mehr durch.“, seufzte Wataru. Er gähnte herzhaft. „Willst du dich nicht etwas hinlegen? Wir haben momentan doch nicht viel zu tun?“, erkundigte sich Tomoyuki. „Nein, dann schlaf ich wieder zu lange und kann heute Nacht wieder nicht schlafen.“, lehnte er ab. Das war das letzte Mal auch so gewesen. Die anderen wussten, dass es keinen Zweck hatte ihn weiter zu drängen. „Aber könnte mich nachher jemand nach Hause fahren? Ich glaube, ihr habt recht, ich schaffe das nicht mehr.“, fragte er dann. Vier Augenpaare sahen ihn erstaunt an. Yuusuke, der sich als erster von dem Schock erholte, stupste Tohru an. Weder ihm noch den anderen beiden, war entgangen, dass es schon zwischen den beiden geknistert hatte, aber nie mehr passiert war. Sie wussten auch, dass Wataru ihrem Jüngsten tatsächlich Avancen gemacht hatte, doch dieser war darauf nicht eingegangen. Yuusuke nahm an, dass es auch etwas mit Watarus lockerer Beziehung zu Ruki zu tun hatte. Also hoffte er, dass sich Tohru und Wataru so eine Gelegenheit bot, sich näher zu kommen. „Klar, ich fahre dich nachher nach Hause.“, beeilte sich Tohru zu sagen. „Danke.“, antwortete er mit einem müden Lächeln. „Wie war eigentlich das Seminar?“, wollte Ruki wissen. Bis jetzt hatten sie kaum Zeit gehabt sich privat zu unterhalten. Nachdem sie den Polizisten befragt hatten, wobei sich nichts Neues erfahren hatten, hatten sie beschlossen ihre Mittagspause zu nehmen. Nun saßen sie in einem kleinen Cafe - Bistro, das etwas abseits in Harajuku lag, aber meist gut besucht war. Es war ein wenig alternativ, es lief Rockmusik im Hintergrund und war für seine Salate und Kuchen berühmt geworden. „Es war sehr interessant, auch wenn ich wirklich hoffe, dass ich nie so eine verbrannte Leiche auf den Tisch bekomme.“, antwortete Reita. „Glaub mir Details willst du nicht wissen, wenn wir noch essen wollen.“ „Ich wollte auch keine haben.“, meinte Ruki und spießte mit seiner Gabel etwas von seinem Salat auf. „Gut, und was hast du so gemacht?“, fragte er. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass den anderen etwas bedrückte, er es aber nicht erzählte. „Mal wieder den Profiler für deine ehemalige Abteilung gespielt, sonst nicht viel. Gestern war Wataru noch bei mir. Er leidet wieder unter seinen Schlafstörungen.“, antwortete Ruki. Seinem Gesichtsausdruck konnte man entnehmen, dass er sich Sorgen um seinen Freund machte. „Hast du Kai und Aoi getroffen?“, fragt Reita erstmal. Auf Wataru würde er dann noch eingehen. Inzwischen hatte Ruki auch seine Freunde kennengelernt. Sie waren, nachdem er sich wieder ganz von dem Chupacabras Zwischenfall erholt hatte, zusammen etwas trinken gegangen. „Nein, habe ich nicht. Wobei die beiden auch die nettesten Leute gewesen wären. Ich habe meine Unterlagen nur hochgefaxt. Ich gehe nicht so gerne in die anderen Abteilungen. Es kotzt mich an, dass sie sich alle hinter meinem Rücken über mich lustig machen, aber für so was bin ich dann gut genug. Und jedes Mal tun sie dann so, als wenn nie etwas gewesen wäre. Spooky Matsumoto verträgt das ja…“, antwortete Ruki und verdrehte die Augen. Etwas erstaunt zog sein Partner eine Augenbraue hoch. Auch an Ruki schienen die ganzen Lästereien nicht abzuprallen. Selbst wenn Rukis Theorien oft abstrus erschienen, schätze er ihn und seine Arbeit. „Lass sie reden! Nimm es einfach mit Genugtuung hin, dass sie ohne dich aufgeschmissen wären.“ „Du meinst ohne die Hilfe eines Spinners?“, grinste er dann. „Genau, das meinte ich.“, grinste nun auch Reita. Er war erleichtert, dass Ruki wieder besser gelaunt zu sein schien. „Und was ist mit Wataru? Was genau hat er für Schlafstörungen?“ „Er kann nicht einschlafen, wälzt sich stundenlang von einer Seite auf die andere. Da bei ihm in der Nähe gerade eine Baustelle ist, dachte er, dass es vielleicht an dem Lärm liegen könnte. Aber bei mir hat er gestern auch kaum geschlafen. Am liebsten hätte ich ihn gar nicht zur Arbeit fahren lassen. Vor zwei Tagen ist er sogar einfach bei der Arbeit vor seinem PC eingeschlafen. Das hat Tohru mir erzählt.“, erklärte Ruki. „Wird das behandelt?“, wollte er besorgt wissen. „Ja, er ist deshalb in Behandlung. Bisher hat aber nichts geholfen. Es tritt einfach in unregelmäßigen Abständen auf. Seit kurzem ist Wataru bei einem neuen Arzt, da sein alter in Rente gegangen ist.“, war die Antwort. Sehr zufrieden damit sah Ruki nicht aus. „Du machst dir wirklich Sorgen um ihn, hm?“, fragte Reita behutsam nach. „Und wie, so schlimm war es schon lange nicht mehr.“, nickte Ruki. „Wenn es sich bisher gebessert hat, wird es sich auch dieses Mal bessern.“, versuchte er ihn zumindest ein wenig aufzumuntern. „Wie lange kennt ihr euch eigentlich schon?“ „Ein paar Jahre, ich weiß gar nicht genau wie lange. Wir haben uns kennengelernt als ich an der PSC Akademie angefangen hab. Aber mal etwas anderes, was hältst du von unserem Fall? antwortete Ruki. „Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll. Wie soll denn jemand, der tot war, wieder auferstehen?“, antwortete Reita nachdenklich. Es war klar, dass ihm die Idee überhaupt nicht behagte. „Und wenn er nicht wirklich tot war?“, gab Ruki zu bedenken. „Wie meinst du das? Du willst mir doch nicht wirklich erzählen, dass wir es hier mit Zombies zu tun haben?“, harkte er nach. Bevor Reita jedoch eine Antwort bekam, klingelte sein Handy. Schnell und mit einem entschuldigenden Blick in Rukis Richtung nahm er den Anruf entgegen. Er verließ das kleine Bistro um in Ruhe telefonieren zu können. Ruki sah ihm nur nach und widmete sich dann mit voller Aufmerksamkeit seinem Salat. Es sah ganz danach aus, als wenn er Reita nachher eine Lektion in Sachen Zombies erteilen musste. Dann schweiften seine Gedanken ab. Er seufzte. Wenn Watarus Gesundheitszustand doch nur seine einzigen Sorgen waren. Auf jeden Fall würde er ihn nachher noch anrufen, um sich nach ihm zu erkundigen. Genervt betrat Ruki den Club, in dem er sich ab und zu die Abende, besser gesagt die Nächte, um die Ohren schlug. Der Tag heute in der PSC Akademie hatte ihn fast in den Wahnsinn getrieben. Egal wie stichhaltig seine Argumentationen waren, die anderen hielten ihn für einen Spinner. Spooky Matsumoto, als wenn er es nicht mitbekommen würde, dass sie ihn so nannten… Schnurstracks ging er auf die Bar zu. Was zu trinken, das war es, was seine Laune jetzt heben würde. Danach konnte er sich immer noch jemanden suchen, mit dem er eventuell den Abend verbringen würde. Jemand, der ihn nicht für einen Spinner hielt. „Einen Long Island Ice Tea.“, gab Ruki seine Bestellung auf. „Legen sie einen Moscow Mule drauf und ich zahle!“, ertönte eine fremde, freundlich klingende Stimme. Ruki drehte sich in Richtung der Stimme und musterte einen jungen Mann mit braunen Haaren. Er trug eine schwarze Hose mit Nietengürtel, ein schwarzes enges Shirt, das einen roten, dünnen Rand hatte, samt tieferem Ausschnitt und dazu einen Blazer mit Nadelstreifenmuster. Seine Hose passte zu dem Blazer. Außerdem trug er einen Hut, den er sich gerade ein wenig aus dem Gesicht schob. Das ganze Outfit wurde durch einen Schal und Handschuhe mit Leopardenmuster abgerundet. „Lädst du häufiger Leute ein, die du gerade erst gesehen hast?“, wollte Ruki wissen. Vielleicht hatte er ja schon jemanden gefunden, mit dem er den Abend verbringen konnte? Oder besser gesagt, vielleicht hatte jemand ihn gefunden. „Nein, nur wenn sie gut aussehen.“, erwiderte der Fremde und setzte sich neben ihn. „Danke.“, grinste Ruki und fuhr sich mit einer Hand durch seine schwarzen Haare mit der pinken Strähne. Der Fremde zuckte mit den Schultern und grinste ebenfalls: „Mein Name ist Wataru.“ „Ich heiße Ruki.“, erwiderte er. Wenn dies hier nur ein weiterer One Night Stand sein würde, gab es keinen Grund ihm seinen richtigen Namen zu verraten. Inzwischen hatten sie ihre Cocktails bekommen. Ruki griff nach dem Glas und nahm einen Schluck durch den Strohhalm. Er merkte, dass Wataru ihn die ganze Zeit beobachtete. „Es stimmt übrigens nicht, dass ich dich gerade erst gesehen habe.“, meinte dieser leichthin. „Eh?“, entfuhr es dem Schwarzhaarigen erstaunt. Beinahe hätte er sich an seinem Cocktail verschluckt vor lauter Überraschung. „Ich habe dich schon ein paar Mal hier gesehen.“, erklärte Wataru und nahm dann ebenfalls einen Schluck von seinem Getränk. „Ach wirklich?“, wollte Ruki wissen. Er war dem anderen also schon vorher aufgefallen? Aber wieso war ihm der andere nicht aufgefallen, schließlich sah er mehr als gut aus. „Yap, aber dann hab ich dich immer aus den Augen verloren oder du bist jemand anderen gegangen. Anscheinend habe ich jetzt Glück.“, antwortete Wataru mit einem Grinsen. „Na ja, man muss es genießen von zu Hause wegzukommen, oder?“, erwiderte Ruki. Und wie er es genoss mal von zu Hause wegzukommen, sich einfach mal keine Sorgen um seine Mutter machen zu müssen oder sich von dem schlechten Gewissen wegen des Verschwindens seines Bruders verfolgen zu lassen. Genau deshalb kam er hierher, damit er das alles einmal verdrängen konnte, wenn er es schon nicht vergessen konnte. „So schlimm?“, erkundigte sich Wataru. „Wie man’s nimmt. Aber das ist sicherlich kein Thema für einen netten Abend…“, begann er. „Das soll doch einer werden?“ „Von mir aus kann er das gerne werden. Aber du hast Recht, es gibt Dinge, die man an einem netten Abend nicht erwähnen sollte.“, stimmte er Ruki zu. Wenig später kam Reita zurück und setzte sich wieder. Mit einem Blick auf Rukis fast leeren Teller, stellte er fest, dass er sich wohl besser beeilen sollte. „Das war mein alter Chef. Er meinte, dass er vielleicht einen Fall hätte, der zu unserem passen könnte. Wir sollten nach der Mittagspause bei ihm vorbeikommen.“, erklärte er. Als er Rukis skeptischen Blick sah, setzte er hinzu: „Wenn du willst, kann ich auch alleine…“ „Nein, ist schon okay. Ich war nur überrascht, das ist alles.“, unterbrach er ihn. „Vielleicht kann er ja mal etwas für uns tun.“, meinte Reita. Dann nahm er seinen Salat in Angriff. Ungefähr eine dreiviertel Stunde später betraten sie das PSC Hauptgebäude. Während der Autofahrt hatte Reitas Handy erneut geklingelt. Da es kein privater Anruf war, war Ruki schließlich rangegangen. Es war die Leitung der Pathologie gewesen, die bescheid gesagt hatten, dass die beiden Leichen überführt worden waren. Die Aussicht, dass er Dr. Ishizawa doch so bald auf seinem Tisch haben würde, stimmte Reita nicht besonders fröhlich, wie Ruki ihm deutlich ansehen konnte. Trotzdem wusste er, dass sein Partner seine Arbeit erledigen würde. Sie betraten den Fahrstuhl und fuhren in den 4. Stock, in dem sich die Abteilung für Gewaltverbrechen befand. Als sie die Abteilung betraten, wurde Reita von seinen ehemaligen Kollegen begrüßt. Ruki wurde entweder ignoriert, oder es setzten Lästereien ein. „Hey Suzuki, wie ist es in der Spukabteilung zu arbeiten? Und das mit Spooky Matsumoto persönlich?“, wollte jemand wissen. Reita wollte sich gerade umdrehen, um etwas zu erwidern, doch Ruki hielt ihn davon ab. Sein kurzer Blick machte ihm deutlich, dass er nichts zu erwidern brauchte. Die Blicke, die ihn mit Spott oder Verachtung bedachten, ignorierte Ruki rigoros. Er hatte nicht vor irgendjemandem hier auch nur ein Stückchen Angriffsfläche zu überlassen. Dafür dass er in solchen Momenten eine solche Kaltschnäuzigkeit an den Tag legen konnte, bewunderte Reita ihn. Sie konnte ohne Umschweife in das Büro des Abteilungsleiters gehen. Dieser hatte schon auf sie gewartet. „Guten Tag Suzuki-san, Matsumoto-san. Schön, dass sie gekommen sind. Setzen sie sich doch bitte.“, begrüßte er sie und deutete auf die zwei Sessel vor seinem Schreibtisch. „Guten Tag Inoue-san.“, begrüßte Reita ihn. Ruki tat es ihm gleich. „Es ist ja schon eine Weile her, dass wir das Vergnügen hatten.“, meinte Inoue in Reitas Richtung. Dann wandte er sich an Ruki: „Vielen Dank für ihre Unterstützung. Ihre Arbeit als Profiler hat uns wirklich weitergeholfen, Matsumoto-san.“ „Es freut mich, wenn ich ihnen helfen konnte.“, antwortete Ruki knapp, aber nicht unfreundlich. Er mochte Inoue nicht besonders. Der ältere Mann war ihm deutlich zu konservativ. In manchen Dingen erinnerte er ihn an seinen Vater. Auch wenn Ruki schon häufiger mit ihrem Abteilungsleiter Takashima aneinander geraten war, schätze er diesen wesentlich mehr. Schon einige Male hatte sein junger Chef hatte ihm den Rücken freigehalten. „Aber nun zu dem Grund, weshalb ich sie hergebeten habe. Ich habe heute Vormittag mit Takashima-san gesprochen und von ihrem neuen Fall erfahren. Vor ein paar Wochen haben wir in einem Fall ermittelt, bei dem militante Umweltaktivisten in ein Labor des Minamoto Konzern eingedrungen sind. Es kam zu einem Schusswechsel mit dem Sicherheitspersonal. Einer von ihnen wurde lebensgefährlich verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert. Dort konnte nur noch der Tod des Opfers feststellen. Als die Leiche jedoch abgeholt werden sollte, fand man das Bett zuerst leer vor. Das Krankenhaus wurde abgesucht und schließlich hat man die Leiche im Treppenhaus gefunden, mit gebrochenem Genick. Es wurde angenommen, dass der Mann zu Unrecht für tot erklärt worden war. Takashima-san meinte jedoch, dass dieser Vorfall für die G-Akten Abteilung von Interesse sein könnte. Ich habe hier die Akte, die dazu angefertigt wurde. Dort stehen auch die Namen der Agenten, die für die Ermittlung verantwortlich waren und die Ärztin, die den Totenschein ausgestellt hat, zweimal.“, erläuterte Inoue. Reita sah ihn für einen Moment ungläubig an. Es gab also noch mehr von diesen augenscheinlich untoten Leichen?! Dann fasste er sich wieder. Das waren Dinge, die einfach unmöglich waren. „Minamoto ist doch auf Pharmazeutik spezialisiert?“, harkte Ruki nach, als ihm die Akte ausgehändigt wurde. Er erinnerte sich daran, dass 12012 vor einem Jahr einem Skandal, der diesen Konzern betraf, auf der Spur gewesen waren. Natürlich würde er sich hüten das gegenüber Inoue zu erwähnen. Seine oft illegale, aber wichtige Informationsquelle zu enthüllen lag ihm mehr als fern. „Ja, es handelt sich um den zweitgrößten Pharmazeutikkonzern in Japan.“, antwortete Inoue ihm. Er musterte den jungen Agenten kurz. Früher hätte man jemanden wie Matsumoto schon längst entlassen. Alleine schon wie er aussah. Wenigstens trug er einen Anzug. Das machte sein Aussehen nicht ganz so wild. Aber sein Vater musste sich ohne Zweifel im Grab umdrehen, wenn er denn tot gewesen wäre. Es war schade, dass Matsumoto so gar nicht nach seinem Vater kam, der ein vorbildlicher Agent des PSC gewesen war. Ruki nickte schon in weitere Gedanken versunken, sodass ihm der schätzende Blick entging. „Wir werden sehen, ob dieser Vorfall in Verbindung mit unseren Ermittlungen steht. Danke für ihre Mühen, Inoue-san.“, meinte Reita dann. Ihm war der Blick jedoch nicht entgangen und es gefiel ihm nicht wirklich. „Ich hoffe, wir konnten zur Abwechslung einmal der G-Akten Abteilung helfen.“, erwiderte er generös. Wenigstens wusste Suzuki wie man sich zu benehmen hatte. „Suzuki-san, könnten sie noch einen Augenblick bleiben?“ Bevor Reita etwas erwidern konnte, stand Ruki auf: „Wenn sie mich entschuldigen, Inoue-san. Vielen Dank für ihre Hilfe. Es wäre schön, wenn ihre Abteilung uns behilflich sein könnte.“ „Die Zusammenarbeit der Abteilungen im PSC ist unerlässlich. Auf Wiedersehen, Matsumoto-san.“, antwortete Inoue. Die Spannung zwischen den beiden war nicht zu übersehen. Reita konnte Ruki nur hinterher sehen. , dachte Ruki verärgert, als er das Büro verließ. Am liebsten hätte er die Tür zu geknallt, doch selbst sein nicht sehr ausgeprägter Sinn für Diplomatie sagte ihm, dass dies nicht die richtige Reaktion war. „Ich möchte ihnen sagen, dass es mir wirklich leid tut, dass man sie in die G-Akten Abteilung versetzt hat. Ich hatte immer gehofft, dass sie hier im PSC noch Karriere machen würden. Und nun sind sie gezwungen Matsumoto-san im Zaun zu halten. Ich möchte, ihnen die Chance offen lassen, dass man sie nicht komplett als Spukagent abstempelt. Sie müssen es nur sagen und ich werde mich dafür einsetzen, dass sie wieder in diese Abteilung zurückversetzt werden.“, sagte Inoue, als sie alleine in seinem Büro waren. „Das ist sehr großzügig von ihnen, aber entgegen meiner eigenen Befürchtungen erweißt sich die Arbeit in der G-Akten Abteilung als sehr spannend und ich denke nicht, dass ich Matsumoto-san im Zaun halten müsste. Er ist fähiger als viele andere Agenten hier.“, entgegnete Reita bestimmt. Langsam ging es ihm auf die Nerven, das hier so ziemlich jeder Ruki und seiner Abteilung Vorurteile entgegen zu bringen schien. Außerdem konnte er ihm schlecht erzählen, dass er nicht zuletzt gerade wegen Ruki bei der Abteilung bleiben würde. Aber das war seine Privatsache, die ging niemanden etwas an. „Sie setzen damit wirklich ihre Karriere aufs Spiel, sind sie sich im Klaren darüber?“, wollte Inoue wissen. Es überraschte ihn, dass sich einer seiner besten Agenten einfach mit seinem Schicksal zufrieden gab. Anscheinend hatte er sich in Reita getäuscht. Er hatte ihm etwas mehr Karrierewillen zugetraut. „Ja, das ist mir klar. Aber ich bin mit meinem Job zufrieden, auch in der G-Akten Abteilung.“, erwiderte er. „Nun, es wäre gelogen, wenn ich ihnen sagen würde, dass mich das nicht enttäuschen würde, Suzuki-san. Sie waren immer einer meiner besten Agenten. Aber ich kann sie nicht zu ihrem Glück zwingen.“, sagte Inoue. „Es tut mir leid, wenn ich sie enttäusche. Das liegt gewiss nicht in meiner Absicht. Aber ich weiß ihre Mühe wirklich sehr zu schätzen.“, erklärte Reita. „Letztendlich ist es ihre Entscheidung. Aber haben sie schon mal einen Blick in die G-Akte 85125 geworfen?“, erkundigte sein ehemaliger Chef sich. „Nein, aber woher kennen sie diese Akte?“, fragte er nach. „Nun bevor dieser Fall schließlich eine G-Akte wurde, wurde in verschiedene Richtungen ermittelt, unter anderem war auch diese Abteilung daran beteiligt. Sie sollten auf jeden Fall einmal einen Blick in die Akte werfen, vielleicht sehen sie ihren Partner dann mit anderen Augen, nämlich als den von seinen Vorstellungen besessenen und zerfressenen Mann, der er wirklich ist. “, das war alles, was Reita noch zu hören bekam. Ruki stand auf dem Flur und wartete auf seinen Partner. Er war gespannt, was Reitas ehemaliger Chef noch von ihm wollte und vor allem war er gespannt, ob sein Partner ihm davon erzählen würde. Wenn er ehrlich war, dann hatte er eine gewisse Vermutung, was das Thema der Unterhaltung anging. „Hey Ruki, was machst du denn hier? Ist Reita auch hier?“, fragte ihn plötzlich jemand. Überrascht fuhr Ruki herum. Vor ihm standen Kai und Aoi, die beiden Freude seines Partners. Kai lächelte ihn freundlich an. „Hi. Inoue-san hatte uns hergebeten. Er meinte, dass uns diese Akte vielleicht bei unseren Ermittlungen weiterhelfen könnte.“, erklärte Ruki. Er klang jetzt viel freundlicher. Aber im Gegensatz zu Inoue mochte er die beiden. Plötzlich entdeckte er einen Blondschopf in einer Gruppe von Agenten, der ihm nur allzu vertraut war und das nicht gerade in positiver Hinsicht. Seine sämtlichen Muskeln verspannten sich nur bei dem Gedanken an diese Person. Wieso war er wieder hier?! War er es überhaupt? Ruki war sich nicht sicher. Aber ein kalter Schauder lief ihm über den Rücken. „Entschuldigung…“, murmelte er den beiden zu und hastete den Gang entlang in die Richtung, in der er den Blonden hatte gehen sehen. Auch wenn er keine Ahnung hatte, was er tun würde, wenn er ihm tatsächlich gegenüber stehen würde, musste er doch wissen, ob es sich wirklich um diese spezielle Person handelte. Aoi und Kai sahen ihm fragend nach. Ruki sah den Blonden noch um die Ecke des Ganges biegen, doch als er selber um die Ecke bog, war der Mann nirgendwo mehr auszumachen. Hektisch sah er sich um, doch er konnte ihn wirklich nicht mehr entdecken. Hatte er sich das Ganze nur eingebildet?! Hilflos sah starrte er den Gang entlang. Wahrscheinlich sollte dankbar sein, dass er sich das Ganze nur eingebildet hatte. Denn was genau hätte er schon tun sollen? Er hätte dem Blonden schlecht mitten im PSC Hauptgebäude seine Pistole unter die Nase halten können… obwohl er nichts lieber getan hätte als das. „Ruki?“, fragte jemand plötzlich und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er zuckte erschrocken zusammen und drehte sich um. Erleichtert stellte er fest, dass es Reita war, der ihm die Hand auf die Schulter gelegt hatte und niemand anders. „Man, hast du mich erschreckt!“, meinte Ruki. „Das sehe ich. Du siehst aus, als wenn du einen Geist gesehen hättest. Wobei du wahrscheinlich nicht so erschrocken aussehen würdest, wenn du wirklich einen gesehen hättest…“, grinste er ihn an. „Was war los? Aoi und Kai meinten, du wärst auf einmal weggerannt.“ Am liebsten hätte er seinen Partner kurz in den Arm genommen, da er sah wie verstört und verspannt Ruki war, aber sie waren hier in der Öffentlichkeit. „Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen, aber ich hab mich wohl geirrt.“, erwiderte dieser immer noch leicht abwesend. „Und wer jagt dir so einen Schreck ein? Das bin ich gar nicht von dir gewöhnt.“, meinte der Reita. Nein, er war es ganz uns gar nicht gewöhnt, dass sein Partner sich von jemandem so durcheinander bringen ließ. Sonst gab er immer Kontra und ließ sich von anderen nicht beeindrucken. „Es gibt auch nicht viele, die das tun. Mein ehemaliger Partner gehört dazu.“, erklärte Ruki leise. Dann sah er seinen Partner an: „Lass uns später darüber reden, ja Reita?“ „Klar, wann du willst.“, erwiderte Reita. Es erstaunte ihn, dass Ruki von sich aus über die Sache reden wollte, aber gleichzeitig fühlte er sich schon etwas geehrt, dass er ihm das anvertrauen wollte. Reita wusste zwar von Tohru in etwa was damals passiert war, aber er kannte die Geschichte nicht aus Rukis Sicht und es war etwas ganz anderes, es von ihm persönlich zu erfahren. Aber so wie es aussah hatte die Angelegenheit ihn ziemlich mitgenommen, wenn sie ihn immer noch so beeinträchtigte. „Was wollte dein Chef von dir?“, erkundigte Ruki sich nun. „Mir sagen, dass er mir mit diesem Fall noch die Karriereleiter offenhalten möchte.“, antwortete Reita. „Und was hast du gesagt?“, fragte Ruki nach. Besonders überrascht sah er nicht aus. „Das es nett von ihm sei, aber ich mit meinem jetzigen Job durchaus zufrieden sei und dass ich eigentlich nicht in erster Linie zum PSC gegangen sei um Karriere zu machen.“, erklärte Reita. „Oi, noch jemand der den Vorzug eines Kellerbüros erkannt hat?!“, grinste Ruki. „Könnte man so sagen.“, gab er zurück. Er war froh, dass Ruki wieder grinsen konnte und nicht mehr so verspannt wie vorher war. „So ein Kellerbüro hat schon ein gewisses Flair, findest du nicht?“ Dr. Morita legte die Unterlagen weg, die er über ein paar seiner Patienten angefordert hatte. Eine hatte ihn besonders fasziniert. Er hatte nie gedacht, dass sein junger Patient ein berühmt berüchtigter Hacker war. Er sah ganz und gar nicht aus wie jemand, der den halben Tag vor dem PC verbrachte. Und dass er für so ein lächerliches Untergrundmagazin arbeitete… er hatte ihn für intelligenter gehalten. Aber es würde interessant sein zu beobachten, wie das Medikament bei ihm wirken würde. Irgendwie war es Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Miyawaki bei ihm in Behandlung gekommen war. ~~~~~~~~~~ Ein paar Kommentare meinerseits: * Erstmal danke, für die lieben Kommentare! Die Arbeit scheint sich ja gelohnt zu haben ^.^ v * ich mag persönlich liebe die Szene wie Ruki und Wataru sich kennenlernen ^^ hätte mich auch gerne einladen lassen XD * auch an Ruki prallen die ganzen Lästereien scheinbar nicht ab... * so Tohru, jetzt hast du die perfekte Gelegenheit dich an Wataru ranzuschmeissen ^.~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)