Die Drei ??? von abgemeldet (wie es heißt weiß ich noch nicht ^^) ================================================================================ Kapitel 1: Bob auf Diät? ------------------------ Bob auf Diät? „Es ist viel zu heiß für sowas!“, protestierte Peter Shaw, als der übervolle Lieferwagen zum fünften Mal in die Einfahrt des Gebrauchtwarencenters T. Jonas, welches Justus’ Onkel und Tante gehörte, einfuhr. „Ach komm schon, Zweiter! Später gibt es einen von Tante Mathildas köstlichen Kirschkuchen, außerdem werden wir von Onkel Titus gut bezahlt, also stell dich nicht so an.“, Justus Jonas, ein etwas beleibter Junge mit schwarzem Haar und vor Anstrengung rotem Kopf, klopfte dem Größeren aufmunternd auf die Schulter. „Ist auch die letzte Lieferung, versprochen!“, setzte er hinzu. Peter strich sich das rotbraune Haar aus der verschwitzten Stirn und schaute sehnsüchtig zu einem Berg Schrott – Verzeihung, Gebrauchtwaren – hinüber, hinter dem der alte Campingwagen, die Zentrale des Detektivunternehmens, das er und seine Freunde führten, versteckt lag. Denn in der Zentrale würde es nicht nur um einiges kühler und dunkler sein, sondern es lagen auch kalte Getränke im Kühlschrank. Für eine eiskalte Coke würde er jetzt einiges geben! „Peter! Jetzt steh da nicht so rum und glotz die Zentrale an, hilf mir lieber!“, Bob, der dritte im Bunde, stand bereits auf der Pritsche des Lieferwagens und hielt angestrengt eine uralt aussehende Kommode fest, die herunterzurutschen drohte. Sofort eilte Peter dem dritten Detektiv zur Hilfe, denn lange würde Bob dieses Ding nicht mehr halten können. „Bin ja schon da. Jaja, Köpfchen hilft einem eben nicht immer!“, grinste er, der ja für seine Sportlichkeit berühmt-berüchtigt war. Bob Andrews, der für Recherchen und Archiv zuständige dritte Detektiv, war kleiner und schmaler als Peter oder Justus. Er versuchte verzweifelt die verflixt schwere und dazu noch unglaublich unhandliche Kommode weiter festzuhalten, bis Peter ihm endlich, endlich zur Hilfe eilte. Nach weiteren anderthalb Stunden Arbeit in der sengenden kalifornischen Hitze hatten die drei Jungen diesen arbeitsreichen Tag glücklicherweise hinter sich gebracht und ließen sich, erschöpft und verschwitzt, auf die Stühle der Jonasschen Terrasse fallen, wo bereits ein Krug mit eisgekühltem Orangensaft auf sie wartete, ebenso natürlich ein herrlicher Kirschkuchen – die Spezialität von Justus’ Tante. Justus schnitt dann auch sogleich den Kuchen an, während Bob die drei Gläser mit Orangensaft füllte und Peter die Sahne bereithielt. „Isch freu misch jedesch Mal am Meischten auf den erschten Bischen!“, mampfte Peter und schloss genießerisch die Augen. „Ja“, stimmte Justus mit vollen Backen zu. „und isch verfluche regelmäschig den Letschten!“ „Den letschten wasch?“, Peter schluckte den Mundvoll Kuchen herunter. „Den letzten was?“, wiederholte er. „BISCHEN!“, mümmelte Justus, woraufhin er und Peter in eine Lachsalve ausbrachen, wobei ein Sprühregen von Krumen über den Tisch flog. Nach der Beseitigung der Krümel (durch das galante mit-der-Hand-unter-den-Tisch-fegen ebendieser) futterten die beiden munter weiter. Einzig Bob schien es heute nicht so recht zu schmecken. Während Justus und Peter ihr zweites Stück jeweils schon fast aufgegessen hatten, stocherte er noch immer an seinem ersten herum. Das fiel nun auch Peter auf. „Sag mal Bob, was ist denn los, schmeckt es dir nicht? Ist doch köstlich!“ „Ich weiß auch nicht, irgendwie hab ich keinen Appetit.“ „Sag bloß du willst auf deine schlanke Linie achten. Keinen Appetit, das sagt sonst nur Justus wenn er auf Diät ist!“, grinste Peter, was ihm einen finsteren Blick von Justus einbrachte. „Diäten, mein lieber Peter, habe ich mittlerweile als reinsten Schwachsinn abgetan. Sport und ausgewogene Ernährung, das ist die Devise. Also viele Vitamine, wie zum Beispiel diese Kirschen auf dem Kuchen hier, ein wenig körperliche Arbeit wie das Abladen des Lieferwagens, und peng!, Justus Jonas wird ein neuer, schlanker Mensch.“ „Ach, das glaubst du ja wohl selber nicht!“ „Und wie ich das glaube. Außerdem gibt es bereits nachhaltige Erfolge zu verzeichnen, die man daran erkennen kann, dass ich meinen Gürtel ein Loch enger schnallen konnte heute Morgen.“, gab Justus mit süffisantem Grinsen zurück. „Nein, ein ganzes Loch?!“, Peters Sarkasmus war kaum zu überhören. „Stell dir das mal vor!“, ging Justus auf Peters Tonfall ein. „Waaaahnsinn, Erster! Dann hast du ja bald Modelmaße, wenn das so weitergeht!“ „Könnt ihr nicht mal damit aufhören?“, unterbrach Bob seine beiden Kollegen genervt. „Ist ja schon gut, Bob. Sag mal, was ist denn los mit dir? Du bist doch sonst nicht so. Aber jetzt mal raus damit: was hat es mit deinem mangelnden Appetit auf sich?“, wollte Justus wissen. „Ja, was soll die Diät? Du brauchst ja nun wahrlich keine, im Gegensatz zu Mister Justus „ich schnallte meinen Gürtel ein Loch enger“ Jonas.“, schaltete sich Peter ein. „Ach, keine Ahnung. Tut mir Leid, Kollegen, aber ich denke ich werde jetzt nach Hause gehen. Ich fühle mich nicht so gut.“, antwortete Bob und stand auf. „Alles klar mit dir? Was hast du denn?“, fragte Peter besorgt, während Justus sich wieder seinem Kuchen zuwandte, um die Vitamine der Kirschen auch ja ausreichend zu sich zu nehmen. „Ich hab ein bisschen Kopfweh und mir ist irgendwie schwindlig, das ist alles. Vielleicht die Hitze, ich weiß auch nicht.“ „Kopfschmerzen und Schwindel? Dann solltest du dich vielleicht daheim eine Weile hinlegen.“, verordnete Justus. „Ist dir auch schlecht?“ „Naja, ein bisschen übel ist mir schon.“ „Hm, du bist auch ganz schön blass, soll ich dich nach Hause fahren?“ „Danke, Peter, aber ich laufe. Vielleicht wird’s mir dann besser.“ „Frische Luft ist immer gut. Machs gut, Bob, wir sehen uns morgen in der Schule.“ „Ja, bis dann Just. Danke nochmal, Peter, aber ich möchte wirklich lieber zu Fuß gehen.“ „Okay, dann bis morgen!“ Nach einer Weile, in der nur zufriedenes Kauen und gelegentliches Schmatzen zu hören gewesen war, seufzte Peter auf. „Ich mach mir irgendwie schon Sorgen um Bob.“ „Ach was. Der ist morgen wieder fit. War bestimmt nur die Hitze. Wenn man die Sonne nicht ganz so verträgt, bekommt man schnell mal Kopfschmerzen und es wird einem schwindlig und übel. Das geht weg wenn man sich hinlegt und ausruht. War ja auch anstrengend heute. Und vergiss nicht dass Bob bis vorgestern auch noch erkältet war. Gut dass er bei dieser Ärztin war, er scheint ja wieder so ziemlich gesund zu sein. Diese Spritze scheint Wunder zu vollbringen, wenn man bedenkt wie lange er sonst unter den Nachwirkungen einer Erkältung zu leiden hat. Obwohl diese Erkältung ja schon fast ein bisschen mehr als nur eine Erkältung war, wenn du mich fragst.“ „Ja, stimmt schon. Trotzdem, er sah nicht gut aus.“ „Hm, ja schon. Aber wir müssen uns mit unserem neuen Fall befassen!“ „Ach, mit dem Ring von der ollen Schachtel?“ „Die olle Schachtel ist eine gute Freundin von Tante Mathilda, und der Ring ist äußerst wertvoll!“ „Ja, schon gut. Tschuldigung, Erster.“ „Wir sollten morgen Abend nochmal vorbeigehen und uns mit Mrs Miller unterhalten. Das gestern war nicht so ergiebig wie ich dachte.“ „Ja, okay, dann kann ich heute noch trainieren gehen und lasse morgen das Lauftraining ausfallen.“ Etwa zwei Stunden später, in denen Justus und Peter ein bisschen am Computer gespielt und im Internet gesurft hatten, beschlossen sie, Bob anzurufen und ihn zu fragen, ob es ihm besser ging. „Andrews?“ „Hi Bob, hier ist Peter!“ „Hallo.“ „Just und ich wollten uns mal erkundigen, wie es dir so geht!“ „Naja, nicht so besonders.“ „Oh, immer noch Kopfschmerzen?“ „Ja, aber ich nehm gleich ne Tablette oder so.“ „Kommst du morgen in die Schule? Vielleicht solltest du zu Hause bleiben.“ „Ähm, natürlich nicht?! Morgen schreiben wir Mathe!“ „NEIN! Das hab ich völlig vergessen! Ich muss los, tschüss, Bob!“ „Tschüss!“ „Ach ja, ich ruf dich nachher nochmal an, okay? Falls ich da was nicht verstehe!“ „Ja, ist okay.“ „Hallo, Bob? Peter ist schon weg. Er hat wohl schon so fest mit deiner Zustimmung gerechnet, dass er die Antwort gar nicht mehr abgewartet hat.“ „Ich frag mich warum er nicht einfach dich fragt, wegen Mathe. Du bist doch das Genie.“ „Ach, ich glaub er traut dir was das angeht ein bisschen mehr als mir.“ „Wieso? Du bist doch das Superhirn!“ „Na eben. Und dann versteht er vielleicht nicht was ich ihm erklären will. Für mich ist das alles so selbstverständlich klar, dass ich manchmal gar nicht genau weiß, wie ich es jemandem erklären soll wie Peter, der keine Ahnung von Mathe hat.“ „Hm, ja kann sein. Bis später dann, Just, ich muss auch noch ein bisschen lernen.“ „Tschüss Bob. Gute Besserung noch!“ Kapitel 2: 82 Minuten Folter ---------------------------- 82 Minuten Folter Peter saß an diesem Morgen wie auf heißen Kohlen. Die anderen waren bereits fast vollständig anwesend, doch noch immer strömten Mitschüler herein und heraus, die vor der schweren Klausur noch mal ihren Freunden viel Glück wünschen wollten. Verflixt, wo war Bob? Er hatte ihm gestern am Telefon noch versichert, dass er kommen würde, doch nun, gerade mal zehn Minuten vor Klausurbeginn, war er noch immer nicht da. Die bevorstehenden 90 Minuten Folter machten Peter nervöser, als er zugeben wollte. Seufzend nahm er sich nochmals seine Aufzeichnungen und Lernzettel von gestern Abend vor und zwang sich, sie erneut zu lesen. Glücklicherweise hatte Bob ihm gestern am Telefon noch die Grundlagen erklären können, er war wie immer die Hilfsbereitschaft in Person gewesen, obwohl er sich noch nicht viel besser gefühlt hatte. Peter hatte sogar so grob alles verstanden, zumindest während Bob es ihm erklärt hatte, doch nun waren diese ganzen verworrenen Symbole, die gestern Abend noch einen Sinn ergeben hatten, nur wieder verworrene Symbole. „Ach, diesen Mist versteh ich einfach überhaupt nicht!“, knurrte er unwillig. „Morgen Peter. Meinst du es klappt?“, hörte er dann plötzlich Bobs Stimme neben sich. „Hoffentlich. Wie geht’s dir denn?“, fragte Peter und sah auf. Bob war noch immer ziemlich blass und hatte tiefe Schatten unter den Augen. „Geht schon, bisschen schlecht geschlafen. Also, zeig mal her. Was verstehst du denn überhaupt nicht?“ „Naja, das hier!“, Peter hielt Bob den Zettel mit den verworrenen Symbolen hin. „Also...“, hob Bob an, doch da betrat auch schon Mr Miller, ihr Mathematiklehrer, den Raum. „Guten Morgen allerseits! Setzen Sie sich auf Ihre Plätze und packen Sie alles weg außer einem Stift, dem Taschenrechner und zwei bis drei Blättern Papier.“, sagte er mit seiner leisen, aber autoritären Stimme. Mit einem entschuldigenden Schulterzucken eilte Bob zu seinem Platz, rutschte auf den Stuhl und kramte seinen Taschenrechner aus dem Rucksack. Während der Klausur, die Peter gar nicht ganz so schwer vorkam wie er erwartet hatte, aber dennoch eine Folter war (wie alles das mit Mathe zu tun hatte), warf er ab und zu einen Blick auf Bob, der am anderen Ende des Raumes saß, und an den Aufgaben zu verzweifeln drohte. Das wunderte Peter. Wenn selbst ich diese Aufgaben lösen kann, sollte Bob doch kein Problem damit haben... Zumal er mir doch gestern noch alles erklärt hat, dachte er. Er machte sich Sorgen um seinen Kollegen, denn Bob sah viel schlechter aus als noch eine halbe Stunde zuvor. Dies schien auch Mr Miller aufzufallen, allerdings nur, weil er Peters viele Blicke in Richtung Bob scharf beobachtete. „Peter Shaw!“, erklang auch nun seine Stimme, schneidend und scharf. „Würde es Ihnen etwas ausmachen auf Ihr Blatt zu schauen und zu rechnen?!“ „Äh... Ja, Mr Miller, ähm, ich meinte nein, Mr Miller, entschuldigen Sie. Ich habe wohl ein bisschen geträumt.“ Miller allerdings war bereits an Bobs Tisch getreten. „Bob, ist alles okay mit Ihnen? Sie sehen gar nicht gut aus.“, sagte er, etwas sanfter allerdings. „Es geht schon, Mr Miller. Wenn wir vielleicht ein Fenster aufmachen könnten?“, bat Bob, und Jeffrey, ein guter Freund von Peter, der neben dem Fenster saß, sprang eilfertig auf um es zu öffnen. Nachdem er die Folter mehr oder weniger erfolgreich nach nur 82 Minuten hinter sich gebracht hatte, wartete Peter auf dem Gang auf Bob, der heute ein wenig länger zu brauchen schien als er. „Hallo, Zweiter. Na, wie lief es?“, fragte Justus, der gerade aus dem Nachbarklassenzimmer trat. „82 Minuten Folter, wie erwartet. Bei mir ging’s ganz gut. Aber ich mach mir echt Sorgen um Bob, dem geht es nicht besonders, und er hatte echt Probleme mit der Klausur, so wie es aussah.“ „Oh... Hm, wir können ihn ja gleich selber fragen, was los ist.“, meinte Justus und wies auf Bob, der gerade aus dem Klassenzimmer kam. „Bob! Mensch, was war denn los bei dir? Gestern hat doch alles noch geklappt! Du hast mir doch alles noch erklärt.“ „Ich weiß nicht, irgendwie hatte ich einen völligen Blackout.“, Bob schaute ziemlich unglücklich drein. „Naja, ist doch kein Beinbruch.“, versuchte Peter zu trösten. „Bist du krank?“, fragte Justus und sah Bob prüfend an. „Weiß nicht.“ „Vielleicht solltest du nach Hause gehen.“, schlug Justus vor. Doch Bob schüttelte den Kopf. „Ich hab wegen meiner blöden Erkältung doch schon letzten Mittwoch gefehlt.“ „Ja, stimmt, du hattest Fieber und konntest auch nicht mit an den Strand kommen.“, erinnerte sich Peter. „Aber wie geht’s dir denn nun wirklich Bob? Immer noch Kopfschmerzen?“, Peter legte den Kopf schief und wartete auf eine Antwort, die nur sehr zögerlich kam. „Naja, schon. Aber nicht so starke.“ „Und ist dir auch immer noch übel?“ „Nein.“ „Bob, sag die Wahrheit!“, so langsam wurde es Peter zu blöd. Er kannte Bob schon zu lange, um ihm nicht anzusehen wenn er log. „Ja, schon gut. Mir ist immer noch schlecht. Zufrieden?“, meinte Bob ungehalten. „Es wäre sicherlich am Besten, wenn du zu einem Arzt gehst. Vielleicht hast du gestern einen Hitzschlag bekommen.“, warf Justus ein. „Quatsch. Außerdem müssen wir jetzt los, Just. Wir haben Sport. Und wenn mich nicht alles täuscht, hast du jetzt Geschichte, Peter.“ „Oh nein...“, stöhnten Justus und Peter im Chor, doch Peter trennte sich rasch von seinen beiden Kollegen und stapfte in Richtung Geschichtsunterricht davon. „Bob, ich sag es nicht gern, aber vielleicht solltest du den Sportunterricht ausfallen lassen. Ich würde natürlich bei dir bleiben und auf dich achten.“, bot Justus großmütig an. „Ja, wo du doch so gern Sport machst…“, gab Bob spöttisch zurück und öffnete die Tür der Sporthalle. „Nee, Erster, wir spielen jetzt schön Handball.“ „Oh nein, auch noch Handball?“ „Ja, hast du denn letzte Woche nicht zugehört?“ „Ich hatte es erfolgreich verdrängt...“, murmelte Justus. Als Peter am frühen Abend die Zentrale betrat, fand er dort einen erschöpften, an einer Cola nuckelnden Justus vor. „Hey Zweiter. Na, wie geht’s?“ „Sollte ich wohl eher dich fragen, so fertig wie du aussiehst!“ „Ach, wir haben Handball gespielt, sowas von europäischer Quatsch!“ „Hm, kein Wunder dass unsere Handball-Nationalmannschaft so schlechte Unterstützung erhält. Zu viele Leute denken da wie du. Dabei ist das ein herrlicher Sport!“ „Viel zu viel Rennerei, zu viele sinnlose Regeln und viel zu brutal. Bob hat’s erwischt.“ „Wie denn erwischt?“, Peter war blass geworden. „Naja, er wurde halt gefoult und ist böse gestürzt. Hat sich am Handgelenk verletzt.“ „Autsch...“, Peter verzog mitfühlend das Gesicht. „Naja, und dann war’s erstmal vorbei, er musste raus und sich ausruhen, und als es nicht besser wurde, haben sie ihn nach Hause geschickt.“ „Oh, der arme Kerl, heut ist echt nicht sein Tag.“ „Du sagst es, Zweiter. Ich hab schon ein paar Mal versucht, ihn zu erreichen, aber es geht niemand ans Telefon.“ „Klar, seine Eltern sind doch auch verreist. Weißt du doch, auf der Lucia auf Kreuzfahrt. Mit Kapitän Jason, der hat doch jetzt nen ruhigeren Job. Ist ja auch schon recht alt, oder? Aber dass Bob nicht ans Telefon geht, macht mir schon irgendwie Sorgen...“, murmelte Peter, griff dann kurz entschlossen nach dem Hörer und rief bei Bob an. „Andrews?“ „Bob? Hier ist Peter! Wie geht’s dir? Just und ich machen uns Sorgen!“ „Warum denn das?“, Bob klang verwirrt. „Na, Justus hat mir erzählt, dass du dich verletzt hast und heimgeschickt wurdest, und dass du nicht ans Telefon gegangen bist.“ „Ach so. Na, es geht mir wieder besser. Und ich bin nicht ans Telefon gegangen, weil ich unterwegs war.“ „Unterwegs? Beim Arzt?“ „Nein, bei Jelena.“ „Ach, bei Jelena?!“, warf Justus ein. „Ja und?“ „Naja, jetzt beweg deinen Hintern auf jeden Fall mal hierher, wir haben einen Fall!“ „Ist ja schon gut, ich komme.“ Etwa eine Viertelstunde später traf Bob in der Zentrale ein. Er war blass und sah müde aus, sein Handgelenk steckte in einem blütenweißen Verband, aber er lächelte. „Da bin ich. Mit meinem Hintern.“ „Wurde ja auch Zeit!“, grummelte Justus, während Peter Bob prüfend ansah. „Sag mal, geht’s dir wirklich besser? Du siehst echt schlecht aus.“ „Geht schon.“, meinte Bob, doch er verzog schmerzhaft das Gesicht, als er mit seinem Handgelenk an einen der Aktenschränke stieß. „Schlimm?“ „Quatsch.“ Vor Justus und Peter wollte Bob nicht zugeben, wie schlecht er sich wirklich fühlte. Er war schwach und zittrig, als würde er eine Grippe bekommen. Vielleicht war diese neue Ärztin, die Jelena ihm empfohlen hatte, doch nicht so kompetent. Ihr homöopathisches Mittelchen scheint zumindest nicht zu wirken, dachte er. „Also, auf zu Mrs Miller!“, Justus war wieder hochmotiviert. „Miller heißt die? Wie unser Mathelehrer?“, Peter verzog das Gesicht. „Ja, aber Miller heißen doch wahnsinnig viele Menschen hier in Amerika. Ich glaube kaum, dass es da eine Verbindung gibt, zumal unsere Mrs Miller afroamerikanischer Herkunft ist, was man an ihrer dunklen Hautfarbe durchaus erkennen kann, während euer Mathematiklehrer eine sehr helle, fast irisch anmutende Haut und rotes Haar hat.“, dozierte Justus, während sie auf dem Weg zu Peters MG waren. Kapitel 3: Geringfügige technische Inkompetenzen ------------------------------------------------ Geringfügige technische Inkompetenzen „Och Mist, ausgerechnet jetzt muss es anfangen zu regnen... Ich wollte doch noch surfen gehen!“, murrte Peter und starrte durch die regenblinde Frontscheibe des MGs. „Nun, so wirst du dich immerhin gänzlich auf unseren neuen Fall konzentrieren können, und nicht ständig sehnsüchtig aus dem Fenster starren, in der Hoffnung auf ein baldiges Enden deiner Pflichten um deiner bevorzugten körperlichen Ertüchtigung nachzugehen.“ Peter lachte. „Oh Mann, Just, so viele Worte um zu sagen, was ich mit vieren schaffe, nämlich ich will surfen gehen... Klasse!“ Justus grinste selbstgefällig und gab zurück: „Naja, Peter, dies drückt dann wohl in gewissem Maße das intellektuelle Gefälle zwischen uns beiden aus, welches sich von meinem Intellekt bis hin zu deinem doch rapide zu senken scheint... Außerdem dachte ich du wolltest mit Jeffrey Lauftraining machen.“ „Das mit dem Laufen haben wir verschoben, weil es ja so schön windig geworden ist, dass surfen richtig super gewesen wäre.“, in Peters Stimme klang eine gewisse schwärmerische Sehnsucht mit, die allerdings so stark übertrieben war, dass alle drei lachen mussten. „Also gut, nun aber mal im Ernst, fassen wir zusammen was unsere neue Klientin uns vorgestern am Telefon sagte: Mrs Lucille Miller vermisst einen antiken Silberring in den ein Diamant eingefasst ist, der in der Form „runder Brillant“ geschliffen wurde. Der runde Brillant übrigens ist mit seinen 57 Facetten und einem minimalen Schleifverlust die klassischste und am meisten geschätzte Form des modernen Diamanten. Dies aber nur am Rande bemerkt. Diesen Ring also vermisst sie seit etwa einer Woche. Sie sagte er habe nicht an seinem Platz gelegen, was ihr allerdings nur einmal kurz auffiel, was sie dann aber über ein Telefonat, welches ihr dazwischengeriet, vergessen hatte. Demnach hat sie nicht danach gesucht, nun allerdings, da sie ihn auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung tragen wollte, begann sie zu suchen, konnte ihn aber nicht finden.“ Peter nickte wissend. „Klar, und sie hat ihn sicherlich nicht einfach verlegt, wie es älteren Frauen doch häufiger passiert, sondern er ist ihr bestimmt geklaut worden, und wir sollen ihn nun finden, richtig?“ „Also, Peter, ich möchte dich doch sehr bitten!“ „Jaja, schon gut, ich weiß ja, immer erst den Klienten anhören bevor man sich ein Urteil bildet.“, Peter beugte sich ein wenig vor um besser durch die regennasse Windschutzscheibe blicken zu können. „Sag mal, wieso schaltest du eigentlich nicht die Scheibenwischer an, Peter? Es gießt wie aus Eimern!“, mischte sich nun zum ersten Mal Bob vom Rücksitz aus in das Gespräch ein. „Ach, das geht auch so...“, murmelte Peter und wurde ein wenig rot. „Du willst uns doch jetzt nicht ernsthaft sagen, dass du die Scheibenwischeranlage immer noch nicht repariert hast, oder?“ „Naja... weißt du Bob, ... ich hab ... ich musste ...“, druckste Peter herum. „Was musstest du, Zweiter?“, schaltete Justus sich ein. „Ich hatte wegen des Volleyballtrainings am Samstag ein Date mit Kelly vergessen, und als Wiedergutmachung habe ich sie am Sonntag ins Kino eingeladen. Naja, und Kino ist eben nicht ganz billig!“, verteidigte Peter sich verlegen. Bob lachte nur, und Justus murmelte: „Also Kelly wieder...“, vor sich hin, wofür er nebst eines bösen Blicks einen Knuff von Peter kassierte. „Aua! Nun achte aber bitte auf die Straße, Peter! Sonst fahren wir noch vorbei.“ „Ist ja schon gut.“ Bob auf dem Rücksitz schüttelte amüsiert den Kopf und fuhr sich mit der Hand durch das blonde Haar. Justus und Peter hatten immer ihre kleinen Neckereien untereinander, waren aber dennoch eigentlich ein Herz und eine Seele, wahrscheinlich arbeiteten sie wegen ihrer Verschiedenheit so gut zusammen. Er selbst fungierte meist als Vermittler und versuchte die Streitereien so gut es ging einzudämmen. „Wo müssen wir denn jetzt lang?“ „Peter das habe ich dir doch schon dreimal gesagt! Links auf die Straße die um den Berg herum führt.“ „Ja, aber wir müssen doch da rauf um nach Malibu zu kommen, oder?“ „Das ist richtig, aber wenn wir rechtsherum fahren kommen wir am ganz anderen Ende von Malibu heraus, als die Fleet Street liegt, in der Mrs Miller nun einmal wohnt.“ „Naja aber wäre das nicht immer noch schneller als wenn wir diesen ewig langen Umweg nehmen würden den du mir da als richtige Route verkaufen willst? Außerdem“, nun holte Peter einmal tief Luft, „bin ICH der Fahrer, und dementsprechend entscheide auch ich wo wir langfahren.“ „Aber ICH bin der erste Detektiv, schon vergessen?“ „Ja, na also gut, ich fahre da lang wo unser feiner Herr Justus-ich-bin-der-erste-Detektiv-und-kann-meinen-Gürtel-enger-schnallen-Jonas langfahren will. Aber sag nicht ich hätte dich nicht gewarnt! Wir werden länger brauchen. Jawohl!“, Peter machte seinen Standpunkt durch energisches Treten des Gaspedals unmissverständlich klar. Justus grinste nur. „Also, ich denke was wichtig ist, ist dass wir Mrs Miller gegenüber Professionalität zeigen, also ein souveränes Auftreten, gepaart mit Verständnis führ ihren Verlust, also den des Ringes natürlich, und des Weiteren eine gewisse ... nun ja ... Abgegrenztheit gegenüber Tante Mathilda, die uns zwar empfohlen hat, aber immer so gewisse Dinge über uns sagt... Ihr wisst ja.“ „Jaja, dass wir nur Detektiv spielen, dass man solche Sachen lieber der Polizei überlassen sollte... blablabla eben.“ „Du sagst es, Peter.“ Während des Gesprächsverlaufs war die Strecke immer kurviger und holpriger geworden, etwas, das Bob nicht sonderlich gut vertrug. Er unterdrückte ein Stöhnen und versuchte seine Übelkeit unter Kontrolle zu bekommen. Seit gestern Nachmittag war ihm nun schon übel, und jetzt diese unendlich erscheinende Autofahrt... Bob verfluchte seine Reisekrankheit und beugte sich ein wenig vor, da er auch leichte Bauchschmerzen bekommen hatte. Verflixt, dachte er, vielleicht sollte ich doch nochmal zum Arzt gehen. „Alles klar, Peter, hier jetzt nach links, an der nächsten Kreuzung rechts und dann nochmal rechts, dann sind wir da.“ Peter nickte und starrte angespannt durch die Windschutzscheibe, da er langsam aber sicher gar nichts mehr sehen konnte. „Ich glaube wir müssen kurz halten…“ „Ja Peter, das glaube ich auch. Wollen wir hoffen, dass der Regen bald abschwächt und deine Nachlässigkeit uns nicht zum Verhängnis wird.“, gab Justus zurück und drehte sich halb zu Bob um. „Gib mir mal bitte das Handy, dann rufe ich Mrs Miller an und sage ihr, dass wir uns ein bisschen verspäten werden.“ „Hmm, ja, hier.“, Bob reichte Justus das gewünschte Telefon. Peter hatte unterdessen am Straßenrand gehalten und streckte sich, er lockerte seine verspannten Schultern und schaute dann mit verdrehten Augen zu Bob hinüber, da Justus gerade „Guten Tag Mrs Miller, Justus Jonas von den drei Detektiven am Apparat, verzeihen Sie die Störung, doch durch eine geringfügige technische Inkompetenz eines meiner Kollegen werden wir uns ein wenig verspäten. Ja. Mhm. In Ordnung, Mrs Miller, dann bis gleich!“, ins Telefon zwitscherte, Kompetenz und Höflichkeit in Person. „Tante Mathilda wäre stolz auf dich.“, meinte Peter trocken. „Bob, was ist los mit dir, alles in Ordnung?“ Bob nickte und versuchte sich an einem Lächeln, was ihm aber gründlich misslang und eher zu einer Grimasse wurde. „Was ist denn mit dir? Ist dir schlecht?“ „Sicher ist ihm schlecht!“, schaltete Justus sich ein. „Und, wie sich aus seiner leicht nach vorn geneigten Haltung durchaus erkennen lässt, scheint er auch unter Schmerzen im Bauchraum zu leiden.“ „Oh je, Bob, ich glaube du wirst doch noch krank – Kopfschmerzen, Bauchweh, dir ist schlecht... Vielleicht so ein Magenvirus, hatte Kelly vor drei Wochen auch.“ „Wird schon wieder.“, Bob grinste schwach. „Nun, Kollege, ich sage das zwar nicht gerne, aber nun ist professionelles Verhalten von dir gefragt – Mrs Miller sollte nicht merken dass du krank bist, denn das strahlt eine gewisse Inkompetenz aus, die unser Unternehmen, wie ich ja vorhin bereits sagte, nicht auszustrahlen hat.“, Justus nickte Bob bekräftigend zu, während Peter ihn besorgt musterte. „Bob, vielleicht solltest du mal kurz frische Luft schnappen, meinst du nicht?“ Bob nickte und stieg, ein wenig wacklig auf den Beinen, aus dem Auto. „Glaub das war nur diese Holperfahrt.“, meinte er und atmete tief durch. Kapitel 4: "Was zu viel ist..." ------------------------------- Was zu viel ist ... „Warum bist du denn eigentlich mitgefahren, wenn es dir nicht gut geht?“, fragte Peter leise und joggte neben dem parkenden MG auf der Stelle. Lange still zu stehen war eben einfach nicht sein Ding. Bob zuckte mit den Schultern und nickte zum Auto hin. „Naja, weil Just doch ab und an sehr ... nun, sagen wir 'bestimmt' sein kann, wenn er will. Meinst du er hätte es gelten lassen, dass ich mich nicht wohl fühle, wenn ich vorher auch unterwegs war?“ „Stimmt.“, Peter grinste und schüttelte sich den Regen aus dem Haar. Er fand es nicht schlimm, mal ein bisschen nass zu werden, denn es war immer noch sehr warm. Ein Gewitter bahnte sich an, und Peter liebte Gewitter. „Manchmal stellt sich unser Erster aber auch an!“, lachte Peter und warf einen Blick auf Justus, der im Auto saß und leicht angesäuert dreinschaute. Justus war nämlich bereits vor einigen Minuten wieder ins Auto gestiegen, da er vor ihrer neuen Klientin nicht wie ein begossener Pudel aussehen wolle, wie er überdeutlich betont hatte. Bob nickte, ebenfalls grinsend, und schloss dann für ein paar Sekunden die Augen. Ihm war sehr übel und sein Magen schmerzte, doch er wusste dass Justus fuchsteufelswild werden würde, wenn Mrs Miller das merken würde. Die drei ??? hatten in den letzten paar Wochen keinen einzigen neuen Fall an Land ziehen können, da irgendein Reporter einen Artikel über das geringe Alter und den 'jugendlichen Leichtsinn' der drei Jungs veröffentlicht hatte, in dem zu allem Überfluss auch noch von mangelnder Professionalität die Rede gewesen war. Was ob ihrer Jugend natürlich 'auch nicht anders zu erwarten' sei. Justus hatte sich fürchterlich darüber aufgeregt und wollte nun andere Seiten aufziehen: höchstmögliche Professionalität, Seriosität, beste Vorbereitung und keinerlei Pannen oder Fehler. Was nicht gerade einfach werden würde, denn Fehler machen gehörte nun einmal dazu. Hatten nicht ab und an sogar kleine Fehler erst dafür gesorgt, dass sie einen Fall hatten lösen können? „Kommt ihr beiden jetzt endlich mal?“, Justus streckte den Kopf aus dem Autofenster und schnaubte ungehalten. Dann räusperte er sich und begann zu dozieren: „Denn, sofern ihr es nicht bemerkt haben solltet, auch wenn es aufgrund der Struktur der Cumulonimbuswolken eigentlich durchaus offensichtlich ist, wird es nicht allzu bald aufhören zu regnen. Im Gegenteil, es wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit sogar ein ziemlich kräftiges Gewitter geben. Also sollten wir einfach versuchen, so gut wie möglich durchzukommen und jetzt endlich zu Mrs Miller fahren.“ Peter schüttelte theatralisch aufseufzend den Kopf. „Mann, Justus, musst du immer einen auf Oberlehrer machen? Ist ja gut, wir kommen schon.“, und er und Bob stiegen wieder in den roten MG ein. Nach einer sehr langsamen, und vor allem auch sehr stillen Fahrt, denn Peter musste sich stark konzentrieren, um durch die regenblinde Scheibe etwas zu sehen, kamen sie doch noch heil und sicher in der Fleet Street an. „Na also, geht doch.“, nickte Peter zufrieden, als er den Motor abstellte. „Ich muss dir zugestehen, das hast du wirklich souverän gemeistert, Zweiter.“, anerkennend klopfte Justus Peter auf die Schulter. „Aber ich denke, jetzt sollten du und Bob euer äußeres Erscheinungsbild ein wenig in Ordnung bringen. Denn so wie ihr beide ausseht, würdet ihr der alten Dame sicherlich ein nicht allzu schmeichelhaftes Bild von der heutigen Jugend vermitteln.“ „Ist ja gut, Dickerchen.“, gutmütig strich Peter seinen noch feuchten Haarschopf zurecht und betrachtete nachdenklich sein vom Regen leicht durchsichtig gewordenes weißes T-Shirt. Er würde es ausziehen müssen, wenn er sich nicht erkälten wollte. Aber es ausziehen und einfach oberkörperfrei bei Mrs Miller auftauchen konnte er sicher nicht, soviel war klar. Obwohl... Ausziehen... „Bob, gib mir mal bitte meine Sporttasche.“, bat er. „Hier.“, Bob reichte das Gewünschte nach vorn, fuhr sich dann mit den Fingern durchs Haar und zupfte an seinem durchnässten Pullover herum. „Ich habe hier doch noch irgendwo...“, murmelte Peter und wühlte in der Tasche herum. „Ah, ja, da ist es ja! Tadaa!“, Peter förderte mit einem triumphierenden Grinsen ein blaues T-Shirt und eine schwarze Sweatjacke aus den Tiefen seiner Sporttasche zu Tage. Erneut nickte Justus ihm anerkennend zu. „Gute Vorbereitung, Zweiter.“ „Tja, ich und mein übertriebener Sportsgeist sind eben manchmal doch zu etwas Nutze.“, Peter warf die Jacke zu Bob nach hinten und schlüpfte selbst in das T-Shirt. „Danke, Peter.“, nachdem nun auch Bob sich umgezogen hatte, konnten die drei Detektive aussteigen und rannten durch den strömenden Regen zum Haus ihrer neuen Klientin. Auf ihr Klingeln hin wurde die Tür auch ziemlich rasch geöffnet. „Ah, die drei jungen Herren.“, lächelte Mrs Miller zu ihnen hoch. Sie war sicher weit über 70 und ziemlich klein. Ihre dunklen Augen funkelten wach und aufmerksam aus ihrem netten, runzligen Gesicht, sie hatte dunkle Haut und schwarz-graues, krauses Haar, das sie zu einem Knoten im Nacken gebunden trug. Ein blau-weiß geblümtes Kleid mit einer weißen Schürze darüber vervollständigte das Bild einer netten, großmütterlichen Person. „Guten Tag, Mrs Miller. Ich bin Justus Jonas, wir haben ja bereits telefoniert. „Dies hier sind meine Kollegen Peter Shaw“, Peter lächelte ein Hallo, „Und Bob Andrews.“, auch Bob lächelte Mrs Miller zu. „Dürfte ich Ihnen unsere Karte überreichen? Im Allgemeinen geschieht dies ein wenig früher, noch bevor wir einen Fall auch wirklich annehmen, aber in Ihrem Falle ist es ja bereits beschlossene Sache, dass wir uns der Suche nach Ihrem Schmuckstück annehmen.“, Justus reichte Mrs Miller mit einem überaus freundlichen Lächeln und großer Geste die berühmte Geschäftskarte der drei ???. „Oh, habt vielen Dank, ihr drei.“, aufmerksam las die alte Dame die Visitenkarte durch, dann steckte sie sie in die Tasche ihrer Schürze. „So, nun kommt aber erst einmal herein.“, sie trat zur Seite und gab den Blick in einen engen Flur frei. „Danke, Mrs Miller.“, Justus ging voran und betrat das kleine Haus, Peter und Bob direkt hinter ihm. „Kommt mit in die Küche, ich denke, ihr könnten einen heißen Tee vertragen.“, Mrs Miller verschwand in einem Raum, der vom Flur abging. „Ach du liebe Güte...“, Peter stand stocksteif da und starrte mit großen, ungläubigen Augen all die Gegenstände an, die sich in diesem Flur häuften. Nein, Gegenstände war das falsche Wort. Kostüme traf es eher. Hier war alles voller Schneiderpuppen und Büsten, die Masken, Hüte, Modeschmuck und alte Kleider trugen. „Faszinierend...“, murmelte Justus. „Schaut nur, dieses Kleid hier zum Beispiel, das ist mit Sicherheit ein Original aus den zwanziger Jahren!“, er wies auf eine der Puppen, die ein schwarz-glitzerndes Kleid und eine Federboa trug, direkt daneben stand eine Büste, die eine schwarze Perücke und einen Federschmuck auf ebendieser trug. „Naja, kein Wunder, dass die ihren Ring nicht finden kann...“, murrte Peter. „Leise, Peter!“, Justus stupste ihn empört an. „Nicht dass Mrs Miller dich noch hört!“ „Wo bleibt ihr denn, meine lieben Detektive?“, wie auf Kommando kam die alte Dame wieder in den Flur. „Ach so, ihr bewundert meine Kostüme!“, lachte sie dann. „Ja, ich gebe zu, ich habe einen kleinen Sammel-Tick. Aber es ist einfach großartig, so vieles aus der Vergangenheit hier zu haben. Ich war Schauspielerin, müsst ihr wissen. Am Theater.“, sie wies auf ein verblichenes Theaterplakat, das, halb von einer weiteren Puppe verdeckt, an der Wand hing. „Seht ihr, das bin ich.“ Justus lächelte höflich. „Sehr interessant, Mrs Miller.“ Diese allerdings schüttelte verlegen den Kopf. „Nun ja, nun ja. Ich sollte euch nicht mit meinen alten Geschichten langweilen, Jungs. Kommt jetzt doch erst einmal mit mir in die Küche, da habe ich, wie gesagt, einen Tee für euch. Ihr seht aus, als wäret ihr ein bisschen nass geworden. Das ist aber auch ein Wetterchen da draußen!“ Die drei ??? folgten ihr in eine ziemlich warme Küche und nahmen in einer Sitzecke aus dunklem Holz Platz. Auch hier in der Küche war alles voll von Plakaten, Theaterrequisiten und anderem Schnickschnack. „Kann ich euch denn auch ein Stückchen Kuchen anbieten?“, fragte Mrs Miller die drei Jungen. „Ich habe gestern erst eine Zimtrolle gemacht. Das ist der Lieblingskuchen meines Sohnes, wisst ihr.“ Justus nickte begeistert. „Danke, Mrs Miller, ich hätte gern ein Stück.“ Peter schloss sich an, einzig Bob lehnte, wenn auch sehr höflich, ab. Peter musterte seinen Kollegen besorgt. Bob war kreideweiß im Gesicht und hatte feine Schweißperlen auf der Stirn stehen, er sah alles andere als gut aus. Naja, der Geruch nach Mottenkugeln und den alten Kostümen trug sicher sein Übriges dazu bei, dass es Bob übel war. Auch er selbst fand diesen Geruch nicht besonders angenehm. Nachdem sie den Kuchen gegessen und den Tee getrunken hatten, führte Mrs Miller sie nach oben in ihr Schlafzimmer. „Seht ihr, hier“, sie wies auf ein kleines, blaues Kissen auf einer der drei Kommoden, „Hier lag mein bestes Stück. Hier liegt es eigentlich immer. Und plötzlich war es weg. Mein guter Diamantring...“, ihr Gesicht verzog sich, und für einen Augenblick sah es fast ein bisschen so aus, als wolle sie in Tränen ausbrechen. „Ist schon gut, Mrs Miller.“, besänftigte Justus die alte Dame. „Wir werden Ihren Ring schon finden.“, lächelnd sah er sich im Raum um. „Ja, ja, da bin ich mir sicher. So, ich werde die Herren Detektive nun auch allein lassen, denn ich muss dringend noch etwas in der Küche saubermachen. Wenn irh etwas braucht, dann ruft mich einfach.“, mit diesen Worten verließ Mrs Miller das Schlafzimmer. „Ganz im Ernst, Justus...“, Peter sah sich zweifelnd im Raum um, der ebenso vollgestopft schien, wie der Rest des Hauses. „Meinst du nicht, dass das hier ist, wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu suchen?“ „Nunja, ich gebe zu, dass es nicht das ist, was ich erwartet habe.“, meinte Justus und runzelte die Stirn. „Aber es gibt auch durchaus Schlimmeres.“ Peter allerdings hörte ihm gar nicht zu, sondern hatte sich an Bob gewandt. „Bob, du siehst gar nicht gut aus. Vielleicht solltest du dich setzen.“, schlug er vor. Bob nickte und sank, leise aufstöhnend, auf einen Stuhl. Er krümmte sich zusammen und murmelte: „Mann ist mir übel...“, vor sich hin. Peter fragte besorgt: „Brauchst du ein Glas Wasser oder sowas?“ Justus schaltetet sich ein: „Nichts Wasser! Wir haben einen Haufen Arbeit vor uns. Du, Peter, wirst dich hier im Schlafzimmer umsehen. Bob, du wirst unten den Flur übernehmen und ich werde mir das Wohnzimmer vornehmen.“ Bob stöhnte erneut auf, nickte aber schicksalsergeben. „Mann, Justus, das wird doch nicht dein Ernst sein!“, fuhr Peter den ersten Detektiv an. „Was zu viel ist...“ Kapitel 5: "... ist zu viel!" ----------------------------- "… ist zu viel!" „... ist eindeutig zu viel!“, schnaubte Justus, während er genervt zwischen dem ganzen Zeug im Wohnzimmer nach einem kleinen Ring suchte. Wie konnte ein einziger Mensch nur so viel Kram in ein so kleines Zimmer stopfen? Es erinnerte ihn stark an einen Fall, den sie vor einiger Zeit bearbeitet hatten (sie hatten diesen Fall 'Poltergeist' getauft), und irgendwie erinnerte ihn dieses vollgestopfte kleine Haus sehr an das von Elenor Madigan, Kellys Tante, in dem sie ebenfalls nach einem verlorenen Schmuckstück gesucht hatten. Seufzend wandte Justus sich der nächsten Schublade zu, zog sie lustlos heraus und schaute hinein. Diesmal hatte er einen Schatz für jeden Handschuh-Fetischisten gefunden, denn in dieser Schublade lagen garantiert 40 Paar davon, in allen möglichen Farben. Er schob die Schublade wieder zu und zog gerade die nächste heraus, als er Peter die Treppe herunterpoltern hörte. „Just! Justus!“, und er klang nicht sonderlich glücklich. „Ja, Peter, was ist denn?“ „Ach, da bist du. Ich schwöre dir, wenn ich auch nur eine Minute länger dieses... dieses... Gerümpel hier durchwühlen muss, dann krieg ich nen Koller! Das ist ja schlimmer als auf dem Schrottplatz!“, machte Peter seinem Ärger lautstark Luft. „Pscht!“, herrschte Justus seinen Kollegen an. „Würdest du wohl die Güte haben, hier nicht herumzubrüllen wie ein wild gewordener Affe aus dem Zoo? Unser Klientin könnte dich hören!“ Peter zuckte zusammen. „Oh. Ja. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Seriös und so...“, brummelte er und fuhr sich durch den rotbraunen Haarschopf. Justus zuckte mit den Schultern. „Nun ja, aber in einem Punkt hast du Recht, auch ich werde wahnsinnig, wenn ich hier noch lange herumsuchen muss. Ich denke, für heute sollten wir Schluss machen. Wo ist Bob?`“ „Hier.“, Bob betrat das Wohnzimmer. „Ich sag euch, Kollegen, das auf dem Flur sind echte Schätze. Auch wenn sie stinken“, er rümpfte die Nase, „Schätze sind es. Da draußen steht echte Theatergeschichte herum. Das ist genug für ein ganzes Museum!“ Peter musterte Bob. „Geht es dir besser?“ Dieser nickte. „Ja. Ich hab doch gesagt, dass das nur von der Fahrt hierher kam. Ich erbitte also dringlichst, für den Rückweg die etwas weniger kurvige Strecke zu erwählen.“ „Och nee... Jetzt fängst du auch noch mit dieser geschraubten Sprache an!“, stöhnte Peter und knuffte Bob in die Seite. „Schluss jetzt, Kollegen!“, schaltete sich nun Justus wieder ein. „Ich werde Mrs Miller jetzt von unseren bisherigen Erkenntnissen berichten, und d...“ „Die nicht existieren!“, unterbrach Peter. Justus ignorierte diese Unterbrechung geflissentlich und wiederholte, sehr betont: „Von unseren bisherigen Erkenntnissen berichten. Und des Weiteren werde ich ihr mitteilen, dass wir morgen wiederkommen und die Suche fortsetzen werden.“ „Juhu...“, knurrte Peter. „Los komm, Bob. Wir gehen schonmal raus. Der Regen hat ja zum Glück auch aufgehört.“ „Und das sogar ohne Gewitter. Leider.“, meinte Bob, als sie beide vor der Haustür standen und von der drückenden Luft beinahe erschlagen wurden. „Naja, bald sind wir zu Hause. Und zumindest bei mir gibt’s seit Neuestem ne Klimaanlage.“, erzählte Peter und strich sich die Haare aus der schweißfeuchten Stirn. „Du Glücklicher.“, schnaufte Justus, der gerade aus der Tür trat. „Tante Mathilda weigert sich standhaft, so ein Ding bei uns installieren zu lassen. Aber nun lasst uns aufbrechen, es ist ja eigentlich bereits Zeit fürs Abendessen.“, die drei ??? stiegen ins Auto und Justus sprach weiter: „Ach ja, Mrs Miller freut sich übrigens schon, dass wir morgen wiederkommen. Sie will uns sogar etwas zu Essen machen, denn ich habe ihr angeboten, dass wir gleich nach der Schule kommen, und gegebenenfalls auch bei ihr übernachten. Und dass wir so lange wie möglich weitersuchen werden, sollte unsere Suche bis morgen Abend noch keinerlei Ergebnisse erzielt haben. Schließlich braucht sie den Ring am Samstagabend, um ihr Outfit zu vervollständigen. Oder so ähnlich.“ Peter lachte los. „Outfit vervollständigen, das ist genau das, was Kelly immer sagt, wenn sie sich mal wieder neue Schuhe kaufen will. Ich seh schon, Frauen ändern sich wohl auch im Alter nicht, und sind im Endeffekt ja doch alle gleich. Wieder was gelernt.“ Justus grinste. „Nun ja, lassen wir das Thema Frauen besser ruhen. Also, ich habe verschiedene Aufgaben für jeden von uns. Ich werde nochmals mit Tante Mathilda über Mrs Miller reden, und versuchen, alles Mögliche über sie herauszufinden.“ Peter verdrehte die Augen. „Und was soll das genau bringen?“, fragte er. „Erstens: ich erfahre noch ein bisschen mehr über unsere Klientin. Zweitens: jede Information kann von Wichtigkeit sein. Und drittens: hör auf, dich um meine Angelegenheiten zu sorgen, und erfülle lieber deine Aufgabe.“, gab Justus zurück. „Die da wäre?“, fragte Peter seufzend. „Du, mein lieber Peter, wirst umgehend, umgehend, hörst du!, deine Scheibenwischeranlage reparieren lassen. Nochmal will ich solch eine technische Inkompetenz nicht erleben.“ „Ist ja gut, ist ja gut. Ich kümmere mich drum.“ „Sehr gut. Und du, Bob, wirst bitte ein wenig über Diamanten recherchieren. Denn wir können nicht ganz und gar ausschließen, dass der Ring gestohlen wurde, denn das würde in dem Chaos, das bei Mrs Miller herrscht, nicht allzu schnell auffallen.“ Bob nickte. „Alles klar. Peter, wärst du dann so lieb, mich gleich an der Bibliothek raus zu lassen?“, bat er. „Klaro.“ Die drei Jungen trafen sich am nächsten Morgen vor dem Schulgebäude. Justus sah sehr zufrieden aus und Peter wirkte ausnehmend gut gelaunt, einzig Bob sah aus, als hätte er ziemlich schlechte Laune. „Und, wie ist es bei euch gelaufen?“, fragte Justus und musterte seine beiden Kollegen. Peter grinste. „Tja, also ich hab die neue Scheibenwischeranlage tatsächlich von meinem Dad finanziert und eingebaut bekommen. Cool, oder?“ „Wieso denn das?“, Justus zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Er hat mir noch was geschuldet, weil ich letztens so einen ekelhaften Trick-Arm für ihn bis nach Malibu an den Strand geliefert hab.“ Peters Vater war Trick-Experte beim Film, und ab und an musste Peter für ihn verschiedene kleine Aufträge erledigen, wofür er dann, wie in diesem Falle, irgendwann reich belohnt wurde. „Bob, was hast du rausgefunden?“, wandte sich der erste Detektiv nun an Bob. „Alles und nichts, wenn du es genau wissen willst.“, knurrte Bob. „Was soll das heißen?“ „Ich hab ne Menge über Diamanten an sich gelesen, aber was nutzt uns das schon? Ich meine, ist es für uns wichtig, wie Diamanten entstehen, wie hoch ihr Härtegrad auf der Mohshärte-Skala ist, oder was sie für Farben haben können? Ich denke nicht.“ „Farben? Ich dachte Diamanten sind durchsichtig?“, fragte Peter erstaunt. „Also.... In vorwissenschaftlicher Zeit wurden Diamanten im Licht des Nordhimmels, in einem gefalteten Papier liegend, geprüft. Man beurteilte die Abweichung ihrer Farbe vom weißen Papier. Der Betrachter war dabei abhängig vom Wechsel des Tageslichts, also von rötlich am Morgen über blau am Mittag bis zu intensivem rot am Nachmittag und Abend. Heute ist die Graduierungsumgebung standardisiert, und als Lichtquelle bei der Farb-Graduierung wird eine hochauflösende Tageslichtlampe benutzt. Die Reflexionen des umgebenden Raumes werden sorgfältig in die Graduierung mit einbezogen, und die Auswahl und Anordnung der Vergleichssteine ist international genau festgelegt.“, ratterte Bob gelangweilt herunter. „Okay, okay. So genau wollte ich das nun auch nicht wissen.“, lachte Peter. „Mann Bob, nun mach nicht so ein sauertöpfisches Gesicht. Man kann ja nicht immer nur wichtige Sachen rausfinden.“ „Sehe ich ähnlich.“, stimmte Justus zu. „Na komm, Kopf hoch, Dritter.“ „Ja doch. Aber jetzt kommt, es hat schon geklingelt.“, Bob ging voraus in Richtung Klassenzimmer. „Puh, endlich Schluss. Ich HASSE Chemie!“, maulte Peter, als Justus und er auf dem Parkplatz auf Bob warteten. „Na na, Chemie ist doch ein großartiges Fach! Ich liebe es, wie aus dem Zusammenspiel von verschiedenen Elementen etwas ganz Neues entstehen kann. Ja, wenn man es so will, ist Chemie gar das detektivischste unter den Schulfächern. Man findet Zusammenhänge heraus, kombiniert Dinge miteinander und kann am Ende so die Aufgabe, also sozusagen den Fall, lösen.“ „Großartig.“, Peter schüttelte den Kopf. „Nee, ich hasse Chemie trotzdem. Wo bleibt denn nur Bob?“ „Der kommt schon gleich. Allerdings fürchte ich, dass es ihm nicht besonders gut geht, und dass wir heute auf ihn verzichten müssen. Vorhin im Geschichtsunterricht ist ihm übel geworden, und er musste an die frische Luft.“ „Armer Bob. Ich denke, er hat einfach doch noch eine Grippe oder sowas bekommen. Neue Ärztin hin oder her.“ „Klingt plausibel. Ah, da kommt er ja. Hey, Bob!“, rief Justus ihm zu. „Hallo.“, Bob sah noch immer reichlich käsig aus, aber als Peter ihn fragte, ob er lieber nach Hause wolle, verneinte er erstaunt. „Nach Hause? Quatsch. Mir geht’s ganz okay. Vorhin in Geschichte war mir zwar schlecht, aber nur weil ich seit gestern nichts gegessen hab.“, wie auf Kommando knurrte sein Magen, und Justus und Peter lachten. „Also, los jetzt. Auf zu Mrs Miller, ich hab da nämlich noch so eine Idee, wo der Ring hingekommen sein könnte.“, meinte Peter und grinste überlegen. „Eine Idee? Sag schon, Peter!“, drängte Justus. „Nee, sag ich nicht. Ich mach das jetzt wie du, ich halte meine Überlegung so lange zurück, bis ich die Theorie überprüft habe, und damit entweder die Lösung des Falls aus dem Hut zaubere oder eben … naja, scheitere.“, damit ließ Peter den Motor an und fuhr rasant vom Schulgelände in Richtung Malibu. Kapitel 6: Eine große Liebe --------------------------- Eine große Liebe „So, Kollegen, lasst uns jetzt wieder auf die Fakten zu sprechen kommen. Ich habe noch einige Dinge über Mrs Miller herausfinden können – ihr kennt ja Tante Mathilda, wenn sie einmal ins Plaudern kommt, hört sie so schnell nicht wieder auf. Also, sie sagte, dass Mrs Miller tatsächlich einmal eine großartige Schauspielerin war, die auf vielen renommierten Bühnen stand. Sie war wohl eine gute Freundin von einem berühmten Regisseur. Einem sehr berühmten Regisseur, um genau zu sein.“, erzählte Justus vom Rücksitz aus. „Von Alfred Hitchcock? Unserem Alfred Hitchcock?“, fragte Peter gespannt. „Von eben diesem, ja.“ „Interessant. Ich meine, ist schon irgendwie spannend, sich die kleine alte Mrs Miller als junge Schönheit auf ner großen Bühne vorzustellen.“, schaltete sich Bob ein, der gerade in seinem Rucksack wühlte. „Ja, durchaus. Aber es gibt noch mehr über unsere Klientin zu berichten.“, fuhr Justus fort. „Sie hat mit Anfang zwanzig Carl Jones, einen Beleuchter aus ihrem Stammtheater in New York geheiratet, der ihren Nachnamen annahm. Mit ihm hat sie einen Sohn, Benjamin, und sie sind nachdem sie sich vom Theater zurückgezogen hat nach Malibu gezogen. Seit vier Jahren ist Mrs Miller verwitwet. Naja, und außerdem ist sie durch ihre Schauspielkarriere ziemlich früh zu ziemlich viel Geld gekommen. Einiges davon stiftet sie jährlich an wohltätige Institutionen, vor allem solche, die sich mit der Förderung von Kindern und Jugendlichen beschäftigen, und solche, die kleinere Schauspielhäuser unterstützen. Ansonsten ist sie einfach eine nette alte Dame, sie hat keine Probleme mit ihren Nachbarn oder sonst etwas. Zumindest nicht, soweit Tante Mathilda weiß.“, beendete Justus seinen Vortrag. „Sie klingt wie eine wirklich nette Person.“, meinte Bob, der ein kleines Notizbuch aus seinem Rucksack hervorzog und Justus' Recherche kurz zusammenfasste. „Ja, schon. Vielleicht ist sie aber auch zu nett?“, überlegte Peter. „Ich meine, wer weiß? Vielleicht hat sie sich letzte Woche, also bevor der Ring verschwand, ja auf irgendjemanden eingelassen, der ihr was von einer Stiftung erzählte? Derjenige war dann bei ihr in der Wohnung und hat herumgeschnüffelt während sie Kaffee gemacht hat oder so. Es wissen sicher viele Leute, dass sie reich ist, meint ihr nicht? Und diese Person konnte dann halt nicht widerstehen, als sie den Ring gesehen hat, oder so. Der ist ja schließlich einiges wert, wie wir wissen.“ „Interessante Überlegung, Zweiter. Darüber sollten wir mit ihr sprechen.“, Justus nickte Peter anerkennend zu. „Tja, auch ich habe manchmal eben gute Ideen. Ich, der ewige Zweite, bin also endlich auch einmal...“, rühmte sich Peter. „Na, die Idee, hier nicht links abzubiegen, sondern geradeaus weiterzufahren, war nicht gerade eine deiner Besten, oh du ewiger Zweiter.“, unterbrach Bob trocken Peters Lobeshymne auf sich selbst. „Oh, verdammt!“, Peter schaute sich hektisch nach einer Möglichkeit zum Wenden um. „Das hättest du doch auch mal früher sagen können, Bob!“, brummte er vorwurfsvoll. „Naja, bevor ich mir auch so einen Vortrag darüber anhöre, dass du der Fahrer bist, und daher derjenige, der entscheidet wo es langzugehen hat, dachte ich mir, ich sag lieber erstmal nichts.“, Bob und duckte sich lachend unter Peters absichtlich leicht unkoordiniertem Schlag weg. „Nana, nun aber nicht handgreiflich werden, oh du ewiger Zweiter!“, setzte er sarkastisch hinzu, doch Peter lachte nur gutmütig. „Kollegen, Schluss jetzt!“, beendete Justus das Geplänkel der beiden. „Wir sollten uns auf die verschiedenen Dinge konzentrieren, die für heute anstehen. Da wäre zum Einen Peters mysteriöse Idee, der er am Besten selbst nachgeht, da er uns ja nicht verraten möchte, was er ausgebrütet hat. Zum Anderen wäre da das Gespräch mit Mrs Miller, ob ihr nicht vielleicht jemand Fremdes im fraglichen Zeitraum einen Besuch abgestattet hat. Was ich gern persönlich übernehmen würde, da ich ja durchaus einiges an diplomatischem Geschick besitze.“ „Natürlich.“, grinste Peter. „Mit Mrs Miller in der Sonne auf der Veranda sitzen wird deiner neuen Diät sicher besonders guttun.“ Justus ließ sich nicht beirren, und fuhr mit ruhiger Stimme fort: „Und drittens müssen ja noch einige Zimmer durchsucht werden. Was dann dir zufallen würde, Bob.“ „Kein Problem, Just. Ich bin richtig gespannt, was für Schätze da noch auftauchen.“, Bob interessierte sich sehr für Kunst, und da in seinen Augen natürlich auch das Theater eine Kunst war, war er zufrieden damit, dass er weiterhin in den Schätzen der alten Dame herumstöbern konnte. Als die drei Fragezeichen schließlich bei Mrs Miller ankamen, knurrte nicht nur Bob der Magen, und Justus seufzte auf. „Hoffentlich hat sie uns was Gutes zu Essen gemacht, wie sie es uns versprochen hat.“ „Ja, und hoffentlich sind es keine Kohlrouladen oder sowas, das verstehen ältere Damen doch unter 'was Gutes'...“, unkte Peter. „Ach was, und selbst wenn. Ich würd jetzt beinahe alles essen.“, grinste Bob und drückte auf die Klingel. „Da nehm ich dich beim Wort, Dritter.“, noch während Justus sprach öffnete sich die Haustür und ein köstlicher Duft schlug ihnen entgegen. „Ah, da seid ihr ja, wunderbar, wunderbar! Und genau passend, das Essen ist gerade fertig, was sag ich denn dazu?“, begrüßte Mrs Miller die drei Detektive freudig. Ihr Haar war streng zurückgebunden und die weiße Schürze fleckenlos. „Ich hoffe ihr mögt Brathähnchen?“, fragte sie und ließ die drei herein. „Sehr gern!“, strahlte Peter und ließ sich am bereits gedeckten Tisch nieder. „Mrs Miller, das Essen riecht vorzüglich. Können wir Ihnen irgendwie behilflich sein?“, fragte Justus höflich und warf Peter einen tadelnden Blick zu. „Ach nein, wie lieb von dir, Justus. Aber ich schaffe das schon. Wisst ihr, wer macht schon so ein aufwändiges Essen für sich ganz allein? Seit Carl tot ist, koche ich nur noch, wenn mein lieber Benji mich besucht. Deswegen genieße ich es sehr, dass ihr drei heute zum Essen bei mir seid. Langt nur ordentlich zu!“, während sie sprach stellte sie ein riesiges Brathähnchen, eine Schüssel mit Röstkartoffeln, eine mit Salat und eine mit grünen Bohnen auf den Tisch. „Eistee, Saft oder Wasser?“, fragte sie dann und stellte einen Krug und zwei Flaschen zu den Schüsseln und dem Hähnchen. Nach dem wirklich leckeren Essen machten sich Peter und Bob an die Arbeit, und Justus blieb mit Mrs Miller in der Küche zurück, um mit ihr den Abwasch zu erledigen und sie zugleich ein wenig auszufragen. „Mrs Miller, meine Tante erzählte mir, dass Sie... nun ja, wie drücke ich es aus, ohne allzu ungehobelt zu wirken... dass Sie ein beachtliches Vermögen angespart haben.“ „Das ist wahr, Justus. Aber warum fragst du mich danach? Meinst du das hat etwas mit meiner Schusseligkeit zu tun? Dass die reiche alte Lady so durcheinander ist, dass sie nicht einmal mehr weiß, wie viele Diamanten sie besitzt und wo sie die alle hingelegt hat?“ „Ach aber nein, Mrs Miller. Darauf wollte ich natürlich auf keinen Fall hinaus. Ich dachte mehr an andere Menschen, die von Ihrem Reichtum profitieren.“ „Von meinem Reichtum profitieren?“, Mrs Miller reichte Justus nachdenklich einen frisch gespülten Teller, den er zu trocknen begann. „Nun ja, Sie spenden doch einiges von Ihrem Geld an wohltätige Organisationen, wenn Tante Mathilda da richtig informiert ist.“ „Ja, das stimmt.“ „Nun ja, und da fragten meine Kollegen und ich uns, ob nicht womöglich in letzter Zeit jemand bei Ihnen war, der Sie beispielsweise wegen einer solchen Spende besucht hat, und der... vielleicht einen Moment lang unbeobachtet war und dann... zugegriffen hat?“ Mrs Miller lachte leise. „Oh nein, Justus, ich mag zwar alt sein, aber dumm bin ich nicht. Ich treffe mich mit den Vertretern der Organisationen niemals bei mir zu Hause, davor habe ich zu viel Angst.“ „Hm, nun gut. Hatten Sie denn ansonsten irgendjemanden zu Besuch, der vielleicht...“ „Nein.“, unterbrach sie ihn. „Mein Sohn Benji ist der einzige der mich ab und an besucht. Ansonsten gehe ich öfter aus, in ein Café mit ein paar Freundinnen oder zum Theater.“ Justus nickte nachdenklich. „Nun, dann fällt diese Theorie aus unseren Ermittlungen natürlich heraus.“ „Ach, ich weiß auch nicht, Justus. Ich zweifele ja bereits an meinem Verstand! Ich bin zwar ein wenig schusselig, das weiß ich selbst. Du musst wissen, dass ich einmal einen sehr wichtigen Teil meines Kostüms verlegte, und mir seither der Ruf als Schusselchen anhaftet, aber dass ich in meinem eigenen Haus etwas so wichtiges wie diesen Ring verliere... Nein, so alt und durcheinander bin ich wirklich noch nicht. Dieser Ring, er... er war mein Verlobungsring. Carl, dieser liebenswerte Kindskopf, hat dafür nicht nur sein Auto und mehr als die Hälfte seiner beachtlichen Plattensammlung verkauft, sondern auch monatelang geradezu am Hungertuch genagt. Und das nur, weil er dachte, etwas anderes als solch ein Ring sei unter meiner Würde! Oh, mein dummer, lieber Carl... Ich hätte selbst den Blechring einer Cola-Dose von ihm angenommen, so sehr habe ich ihn geliebt...“, sie brach ab und tupfte sich mit einer Ecke ihrer Schürze die Augen trocken. „Oh, Justus, das tut mir so Leid, ich wollte nicht... Das muss dich ja schrecklich langweilen...“ „Aber nein, Mrs Miller! Das ist eine wirklich schöne Geschichte.“, lächelte Justus, der sich vornahm, unbedingt Tante Mathilda von dieser großen Liebe zu erzählen. Kapitel 7: Fehlanzeige ---------------------- Fehlanzeige Einige Stunden später, Mrs Miller war gegen Nachmittag zu einem Treffen mit ihren Freundinnen aufgebrochen, saßen die drei jungen Detektive mit ihrem Abendessen auf der Veranda die auf den üppigen Blumengarten hinaus schaute, und tauschten sich über ihre Ergebnisse aus. „Ist schon etwas ernüchternd das alles.“, seufzte Bob, der auf dem Geländer saß, mit dem Rücken an einen der Stützpfeiler gelehnt, und das Gesicht in die Abendsonne hielt. „Ich hatte echt gedacht, dass meine Idee die Lösung wäre. Fehlanzeige.“, Peter lag ausgestreckt auf einem schmiedeeisernen Liegestuhl mit dicken, cremeweißen Polstern. Er stütze sich auf den Ellbogen auf und nahm einen Bissen von seinem kalten Hähnchen, dann lehnte er sich wieder zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Ich meine, man findet doch einfach alles in Sofaritzen! Und bei den vielen Sofas die Mrs Miller hat, war ich mir so sicher...“ „An sich war die Idee ja auch wirklich gut.“, tröstete Bob. „Zumal meine Mutter ihren Lieblingsohrring gestern Abend bei uns zwischen den Polstern gefunden hat. Stellt euch vor, sie hätte ihn beim Saubermachen beinahe...“ „... eingesaugt!“, beendete Justus Peters Satz und stand voller Tatendrang auf. „Das könnte es sein! Los, lasst uns nach dem Staubsauger schauen!“ Auch Bob war sofort Feuer und Flamme. „Ich hab vorhin oben ne kleine Putzkammer gesehen, ich glaub da stand ein Staubsauger drin. Ich schau mal nach!“, er sprang behände vom Geländer herunter, taumelte dann aber, konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und ging zu Boden. „Bob, ist alles in Ordnung?“, fragte Peter besorgt und beugte sich zu Bob hinunter. „Ja, alles okay. Bin wohl nur zu schnell aufgestanden.“, Bob ließ sich von Peter aufhelfen und rieb sich etwas benommen den Hinterkopf. „Bist du dir sicher?“, Justus musterte Bob mit hochgezogenen Augenbrauen. „Du siehst aus, als würdest du gleich wieder umkippen.“ Bob schüttelte den Kopf. „Nein, es... es geht schon wieder. Ich weiß auch nicht, bis eben gerade ging es mir wieder richtig gut, aber jetzt...“, er klammerte sich an das Geländer, als ihn ein weiterer Schwindelanfall erfasste. Justus machte ein sorgenvolles Gesicht. „Ich denke, du solltest dich eine Weile hinlegen, Dritter.“ „Ach was, geht schon wieder. Lasst uns jetzt lieber den Staubsauger anschauen.“, Bob ließ das Geländer los und lächelte Justus und Peter beruhigend an. „Na gut, wenn du dir da sicher bist.“, Justus nickte Bob zu und betrat das Haus, doch Peter hielt Bob, der Justus folgen wollte, am Arm fest. „Im Ernst, du siehst ziemlich schlecht aus. Bleib doch wenigstens hier draußen und setz dich hin, während Just und ich das Zeug herholen. Wir können das eh nicht im Haus machen, da würden wir ja alles eindrecken.“, er führte Bob zu einem der gemütlichen Stühle, und dieser ließ es mit sich geschehen und nahm auch das Wasserglas an, das Peter ihm reichte. „Mal sehen ob wir nen Staubsauger finden können.“, Peter ging nach einem weiteren besorgten Blick auf Bob ins Haus. „Peter, Bob, wo bleibt ihr denn?“, rief Justus von oben. „Komme!“, Peter eilte die Treppe hinauf. „Hast du was gefunden?“ „Ja, hier in der Putzkammer ist tatsächlich ein Staubsauger. Wo ist Bob?“ „Noch draußen. Ich mache mir so langsam wirklich Sorgen um ihn, Just. Meinst du nicht, dass ich ihn besser nach Hause fahren sollte? Nicht dass er uns gleich nochmal zusammenklappt.“ „Naja, einerseits wäre es sicher nicht schlecht, wenn er sich daheim etwas ausruht. Andererseits wird er uns schon sagen, wenn er wirklich nicht mehr kann, meinst du nicht? So viel Selbsterhaltungstrieb und Vernunft wirst du ihm doch wohl zutrauen.“ „Ja, da hast du wohl Recht.“, Peter seufzte auf, als er an Bobs bleiches Gesicht dachte, musste dann aber unwillkürlich grinsen, denn Justus mühte sich ziemlich mit dem zwischen diversen Putzutensilien verkeilten Staubsauger ab. Bei dieser umständlichen Prozedur konnte er dann, trotz des unbestreitbaren Amusements das sie bot, nicht weiter zuschauen. „Lass mich mal ran, Just. Schau unten nach, ob du noch irgendwo einen finden kannst.“, er zog das unhandliche Gerät nach einigen sanfteren Versuchen schließlich mit einem kräftigen Ruck aus der Kammer und trug es die Treppe hinunter. „Wie bekommen wir die Teile denn jetzt auseinandergebaut, ohne eine totale Sauerei anzurichten?“, fragte Peter, als er kurz darauf die beiden Staubsauger die sie im Haus gefunden hatten, und die nun nebeneinander vor ihnen standen, musterte. „Wir haben so einen wie den zu Hause.“, Bob wies auf das kleinere Gerät. „Ich muss ständig die Beutel wechseln, weil meine Mutter doch diese Hausstaub-Allergie hat. Ist ganz einfach, wenn man den Trick einmal raus hat.“, er kniete sich neben den Staubsauger und löste mehrere kleine Haken an jeder Seite, dann klappte er den Deckel hoch und fummelte an einigen weiteren Häkchen herum, bevor er den Beutel mit einem triumphierenden Lächeln in die Höhe hielt. „Tadaaa!“, dann musste er niesen. Justus konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen, und reichte Peter den Mülleimer und das Küchensieb, mit dem sie den Inhalt des Staubsaugerbeutels filtern wollten. Peter hielt den Eimer und das Sieb fest, während Bob den Inhalt des Beutels hineinschüttete, was eine immense Staubwolke zur Folge hatte, von der sie nun alle drei niesen und husten mussten. Justus, der ein Paar gelbe Gummihandschuhe trug, begann im staubigen Sieb herumzuwühlen, vermeldete aber schon nach kurzer Zeit: „Nichts drin außer Staub, Flusen, Fusseln und Krümeln.“, was ein enttäuschtes Aufstöhnen von Peter zur Folge hatte. „Eine Chance haben wir ja noch, dass deine Theorie sich als richtig erweist.“, tröstete Justus und nickte Bob zu, der den zweiten Beutel über dem Sieb auskippte. Doch auch in diesem fanden sie den Ring nicht. Aber immerhin eine kleine Perlenbrosche, nicht unähnlich dem Ohrring, den Peters Mutter beinahe eingesaugt hätte. „Naja, außer dass die Perlen hier wahrscheinlich echt sind.“, grummelte Peter und drehte das Schmuckstück zwischen den Fingern hin und her. „Naja, aber auch darüber wird sie sich sicher freuen.“, meinte Bob und betrachtete seufzend den verdreckten Terrassenfußboden. „Gibt's hier draußen ne Steckdose?“, fragte er. „Wir müssen die Sauerei ja auch wieder beseitigen.“ „Ich mach das!“, Peter nahm den Staubsauger und im Handumdrehen war die Terrasse wieder blitzblank. „Tadaaa!“ „Das hast du wirklich effizient gemacht, Zweiter.“, nickte Justus, der auf dem Liegestuhl thronte, zufrieden. „Das könntest du in meinem Zimmer nachher gern wiederholen.“ „Tja, nicht dass Mrs Miller nen halben Herzinfarkt bekommt wenn sie sieht was wir hier für ein Chaos veranstaltet haben!“, überhörte Peter Justus' Einwand und schaute an sich herunter. Die olivfarbenen Shorts waren völlig eingestaubt, und auch das ehemals schwarze Shirt war schmutzig grau geworden. Bob und Justus boten ein ähnliches Bild, Justus' blau kariertes Hemd und die dunkle Jeans starrten vor Dreck, und Bobs T-Shirt sah auch alles andere als frisch aus. „Wir drei sehen übrigens auch nicht mehr sonderlich präsentabel aus. Wir sollten uns dringend umziehen. Und duschen. Vor allem duschen.“, meinte er. „Naja, das sollte zu schaffen sein.“, grinste Justus und legte den Kopf schief. „Hey, ich glaube Mrs Miller kommt zurück.“ Nun hörten auch Peter und Bob das fröhliche Geschnatter mehrerer Frauenstimmen, das sich von der Straße aus näherte. Erneut schaute Peter an sich herunter. „Na, die Damen werden sich sicher freuen uns so zu sehen...“, murmelte er. Bob musste grinsen. „Ach komm, sei doch nicht so eitel, Peter!“ „Bin ich doch gar nicht! Ich meine ja nur, dass es doch einfach... einfach total unprofessionell wirkt, wenn wir hier so schmutzig...“ Justus unterbrach Peter: „Du hast ja Recht, Zweiter. Aber das waren ohnehin nicht Mrs Miller und ihre Freundinnen. Falscher Alarm.“ „Trotzdem!“, Peter zog sein T-Shirt über den Kopf und klopfte es über dem Geländer der Veranda kräftig aus. „Würde ich euch auch empfehlen!“ Während Justus nur sein Hemd, nicht aber das T-Shirt das er darunter trug ausklopfte, folgte Bob Peters Beispiel, er zog sein T-Shirt aus und bearbeitete es in ähnlicher, wenn auch etwas weniger vehementer Weise wie Peter, und langsam kam das dunkle Grün wieder unter der Staubschicht zum Vorschein. Dann wuschen sich alle drei notdürftig, räumten das Geschirr vom Abendessen weg und stellten auch die Staubsauger wieder an ihre angestammten Plätze zurück. Etwa eine Stunde später mussten sie dann niedergeschlagen von ihrem Misserfolg berichteten, was Mrs Miller traurig, aber gefasst hinnahm. Ihr Ring war wohl einfach nicht zu finden, schließlich hatten die drei Jungen jeden Raum, jede Schublade, jeden Schrank und jede Sofaritze durchsucht und nichts gefunden. Dementsprechend sah Mrs Miller die Arbeit der drei Detektive als beendet an, von etwaigen Diebstahltheorien wollte sie nichts wissen, was besonders Justus ziemlich missfiel. Peter jedoch war froh, endlich nach Hause zu kommen, besonders weil er bereits seit einer Weile sorgenvoll beobachtete, dass es Bob eher schlechter als besser ging. Peter sah ihm das ziemlich deutlich an, auch wenn es dem dritten Detektiv gelang, mit seinem charmanten Lächeln Mrs Miller gegenüber alles zu überspielen. Kapitel 8: Rauchende Köpfe -------------------------- Rauchende Köpfe Am nächsten Mittag saß Bob bereits in ein Buch vertieft in der Zentrale, als Peter auftauchte. „Hey Bob, na, alles klar?“, fragte Peter und ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen. Bob sah noch immer blass und müde aus, und Peter hoffte sehr, dass er nicht wirklich noch ernsthaft krank werden würde. Statt einer Antwort hielt Bob aber nur eine Hand hoch und las für einen Moment konzentriert weiter, dann steckte der den Finger zwischen die Seiten und schaute auf. „Sorry, aber wenn ich jetzt aufgehört hätte, hätte ich den Absatz wieder nicht verstanden.“, er lächelte. „Ja, mir geht’s gut. Und dir?“ „Mir geht es großartig! Ich komme gerade vom Strand, und Mann, ich kann dir sagen, heute sind die Wellen ein absoluter Traum! Konnte mich kaum losreißen.“, Peter strich sich eine noch leicht feuchte Haarsträhne aus der Stirn und beugte sich vor, um den Titel von Bobs Buch zu entziffern. „Ach, du lernst Bio.“ „Ja, leider. Ich schreib Montag ne Klausur und hab immer noch keinen blassen Schimmer.“, seufzte Bob. „Ich sag dir, Bio ist meine Achillesferse was die Schule angeht. Mir raucht echt schon der Kopf.“ „Kann ich gar nicht verstehen, ich find das alles ziemlich einfach und logisch.“ „Was wohl der Grund ist, dass du richtig gut bist und ich nicht.“, Bob senkte wieder den Kopf um weiterzulesen. „Kann ich dir irgendwie helfen? So als Gegenleistung, weil du mir immer Mathe erklärst? Wär ja nur fair, oder?“ „Danke, aber ich bekomm das schon hin.“ Peter war das leichte Lächeln auf Bobs Lippen nicht entgangen. „Aaah, ich verstehe! Jelena hilft dir, richtig?“ Bon räusperte sich verlegen. „Naja... ja. Sie hat's echt ziemlich drauf, und... naja.“ „Uuund?“, zog Peter seinen besten Freund auf. „Nichts und!“, Bob grinste. „Jetzt lass mich mal weiterlernen, ja?“ „Kannst du ja machen, aber erst wenn du mir sagst, wo Justus steckt.“ „Oh, ach ja! Ganz vergessen! Der ist noch mit Tante Mathilda in LA, irgendwas mit... äh...“, Bob runzelte die Stirn. „Mit der Versicherung klären oder so, glaub ich. Scheint wohl etwas länger zu dauern.“ „Na, und ich hatte schon Angst weil ich fast ne Stunde zu spät bin! Aber du hast es noch nicht mal gemerkt, und Just ist auch noch unterwegs – so sehr vermisst ihr euren Zweiten also!“, in gespieltem Unmut schob Peter die Unterlippe vor. Bob lachte nur und las weiter in seinem Bio-Buch, während Peter sich erhob und auf den Kühlschrank zusteuerte. „Leer!“, vermeldete er enttäuscht. „Hm?“ „Na der Kühlschrank! Nichts drin! Komplett leer!“ „Hm.“ „He, du hörst mir ja gar nicht zu!“ „Hmm.. Was?“ „Ich sagte du hörst mir ja gar nicht zu!“ Bob seufzte auf. „Tut mir Leid. Aber die Klausur macht mir echt n bisschen Kopfschmerzen.“ „Ich glaub eher sie verstopft deine Ohren! Ich sagte dass unser Kühlschrank leer ist.“ Na und? Dann mach halt was rein.“ Peter verdrehte die Augen. „Ja doch. Dann reich mir doch mal unsere allseits beliebte Gemeinschaftskasse rüber.“ „Steht neben dir.“, gab Bob nur knapp zurück, während er rasch eine Abbildung aus dem Buch auf seinen Block skizzierte. „Oh. Na gut, dann lass ich dich lernen und fahr schnell einkaufen.“, Peter zog ein paar Geldscheine aus der kleinen Kiste und angelte nach seinem Rucksack. „Alles klar, bis später.“ „Taritaraaa! Eine kleine Stärkung!“, rief Peter und kletterte in die Zentrale. Bob war noch immer in sein Buch vertieft, Justus saß am Computer und nickte Peter zu. „Es freut mich sehr, Zweiter, dass du die Ebbe im Kühlschrank nicht nur bemerkt, sondern sie gleich beseitigt hast.“ „Tja, der Kühlschrank ist zwar voll, die Kasse dafür aber leer.“, Peter räumte die Getränke weg und legte einige Packungen Kekse auf den Schreibtisch. „Na, das ganze Zeug wird aber auch ne Weile reichen.“, meinte Bob. „Tja, wenn ich schon mal einkaufen gehe, dann gleich richtig.“, Peter ließ sich auf der Armlehne des alten Ohrensessels nieder, in dem Bob mit angezogenen Beinen saß, und schaute sich dessen Aufzeichnungen an. „Du, hier in der Zeichnung fehlt was.“ „Was?“, Bob beugte sich mit gerunzelter Stirn über das Blatt. „Na hier, du hast in der Metaphase des Chromosoms das Centromer weder beschriftet noch ganz aufgezeichnet. Da setzen doch noch die Spindelfasern an.“, Peter wies auf eine Stelle in der Zeichnung. „Oh, stimmt. Mist, daran denke ich nie.“, seufzte Bob. „Danke Peter, was würde ich nur ohne dich machen?“ Peter grinste schelmisch. „In Bio kläglich scheitern. Justus, musst du gar nicht für die Klausur lernen? Ihr habt doch zusammen Bio, wenn ich mich recht erinnere.“ „Das haben wir, aber die Grundzüge der Genetik sind mir durchaus so gut geläufig, dass ich mich nicht auf die Bücher stürzen muss. Außerdem ist die Klausur erst übermorgen, ich werde also morgen Abend noch einmal kurz ins Buch schauen.“, erwiderte Justus. „Aber nun mal genug von der Schule – es gibt immerhin einen Grund, aus dem ich euch in die Zentrale beordert habe.“, setzte er hinzu und drehte den Schreibtischstuhl so, dass er Peter und Bob anschauen konnte. Die traute Zweisamkeit, in der sie auf dem Sessel hockten, ließ ihn erst einmal schmunzeln, dann räusperte er sich und sagte: „Also, Kollegen, was sagt ihr zu der Tatsache, dass Mrs Miller so nicht nur der Ansicht ist, dass niemand den Ring gestohlen haben könnte, sondern es auch so vehement abstreitet?“ Peter zuckte mit den Schultern. „Naja, wenn niemand sie besucht hat, wird wohl auch niemand den Ring gestohlen haben.“ „Und einen Einbrecher können wir doch wohl auch ausschließen.“, überlegte Bob. „Ich meine, wenn ich in bei Mrs Miller einbrechen würde, würde ich mich bei all dem Kram erstens kaum zurechtfinden, und zweitens würde ich mich auch nicht auf nur einen Ring, Diamant hin oder her, beschränken.“ „Interessanter Gedankengang, Bob!“, murmelte Justus. „Wirklich interessant... Vielleicht ging es wirklich genau um diesen einen Ring...“ „Ach Quatsch!“, Peter schüttelte den Kopf. „Das glaub ich nicht. Mrs Miller hat doch noch viel wertvollere Sachen.“ „Vielleicht ist es auch nicht unbedingt der materielle Wert, um den es dem möglichen Dieb ging, sondern eben eher der ideelle Wert.“, setzte Justus seine Überlegungen fort. „Aber für wen könnte denn der ideelle Wert des Ringes interessant sein? Also, außer für Mrs Miller?“, Bob hatte sein Buch zugeklappt und war ganz bei der Sache. „Gute Frage. Ich meine, dann müssten wir ja überlegen, wer eine Bindung zu ihrem Mann, der ihr diesen Ring ja geschenkt hat, gehabt haben könnte, die es rechtfertigen würde, das Schmuckstück an sich zu nehmen.“ „Ich finde dass es nichts gibt das sowas rechtfertigt, Just.“, sagte Peter leise. „Ich meine, die Geschichte die du uns erzählt hast, ist wirklich... naja, schon schön. Und da finde ich nicht, dass irgendjemand außer Mrs Miller ein Recht hat, diesen Ring zu besitzen.“ „Ich stimme dir voll und ganz zu, Zweiter. Ich meinte auch eher, um es nochmal etwas differenzierter auszudrücken, was es vielleicht aus der Sicht eines etwaigen Diebes rechtfertigen würde, diesen Ring an sich zu nehmen.“, Justus begann seine Unterlippe zu kneten – ein untrügliches Zeichen dafür, dass es in seinem Hirn ratterte wie verrückt. „Hm, es gibt ja diesen Sohn, wie hieß er noch gleich... Benji?“, Bob packte während er sprach seine Schulsachen in seine Umhängetasche. „Benjamin.“, nickte Peter. „Genau. Also, vielleicht hat ja dieser Benjamin seiner Meinung nach einen Anspruch auf den Ring? Ich meine, wie gut versteht er sich denn mit seiner Mutter?“ „Bob, du bist gut! Ich denke, das gilt es herauszufinden. Ich werde gleich mal Tante Mathilda darauf ansetzen. Denn wenn er zum Beispiel Streit mit seiner Mutter hat, vielleicht sogar wegen des Vaters, wer weiß?, dann kann es durchaus sein, dass er eben jenes wichtige und wertvolle Erinnerungsstück haben wollen könnte.“, Justus stand auf und nickte seinen Kollegen zu. „Also, ich werde mich darum kümmern, dass Tante Mathilda auf eine eher subtile Art und Weise mit Mrs Miller auf ihren Sohn und das Verhältnis der beiden zu sprechen kommt, du, Bob, musst für die Klausur lernen, dementsprechend stelle ich dich bis Montag frei. Aber du, Peter, könntest versuchen, generell und vom Gedanken des eventuellen Streites losgelöst etwas über Benjamin Miller herauszufinden.“ „Wird gemacht.“, nickte Peter. Die alte Dame war ihm schon irgendwie ans Herz gewachsen, und er wollte am Liebsten nichts unversucht lassen, ihr dieses wirklich wertvolle Stück Erinnerung zurückzubringen. „Gut, Kollegen, dann mache ich mich jetzt mal auf um zu lernen.“, verabschiedete sich Bob und verließ den Campinganhänger durch eine Luke im Boden. Kapitel 9: Triumph für Peter ---------------------------- Haaaallo ihr Lieben, ein weiteres Kapitelchen, endlich endlich ^^ Hoffe ihr habt Spaß daran. [Anmerkung: ich schreibe absichtlich manchmal 'Pete', ich mag es wenn Bob Peter so nennt, ich hab das 'r' also nicht vergessen ;) ] Habt einen schönen Tag, ich hoffe dass ich es schaff vor dem Wochenende nochmal was hochzuladen =) Wenn nicht: schönes Wochenende! Triumph für Peter Peter saß in seinem Zimmer und verfluchte den Computer, der aus welchen Gründen auch immer beschlossen hatte, ihn heute im Stich zu lassen. Er war am frühen Abend noch mit Kelly im Kino gewesen, und seine Aufgabe bezüglich Benjamin Miller war etwas in den Hintergrund geraten. Jetzt aber saß er frisch geduscht und mit einem Teller köstlicher Spaghetti am Schreibtisch, bereit sich in die Internetrecherche zu stürzen – und dann sowas. „Maaann! Du verdammte alte Klapperkiste!“, fluchte er und drückte zum sicherlich zwanzigsten Mal in den letzten zwei Minuten auf dem Einschaltknopf herum. „Fahr... endlich... wieder... hoch!“ Und wie um ihn zu verspotten piepste der Computer zweimal kurz und begann zu brummen, nur um eine Zehntelsekunde später wieder stumm und grau dazustehen. „Maaaaann!“, Peter griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer der Zentrale. Bei einem Computerproblem musste einfach Justus her. Genervt trommelte er mit den Fingern auf dem Schreibtisch herum, als es in der Leitung tutete. Nochmal. Nochmal. Und nochmal. Dann sprang der Anrufbeantworter an. „Mist!“, Peter wählte sogleich die Nummer der Familie Jonas, doch dort war besetzt. „Und wie krieg ich das Teil jetzt zum Laufen?“, stöhnte er. Immerhin musste er für Montag noch eine Hausaufgabe ausdrucken, die er zwar schon seit letztem Mittwoch fertig hatte, aber das Ausdrucken hatte er vor sich hergeschoben. Erneut versuchte er es erst in der Zentrale und dann bei Justus zu Hause, doch erneut ging in der Zentrale lediglich der Anrufbeantworter an und bei den Jonas' war es noch immer besetzt. Peter sah auf die Uhr. „Halb zehn... Bob wird sicher schon vom Lernen zurück sein...“, murmelte er und wählte. „Ja, Bob Andrews?“, Bob klang ziemlich leise. „Hey Bob! Gut dass ich dich gleich erwische!“ Bob murmelte irgendetwas Unverständliches. „Alles okay? Du bist so leise, liegt das wieder an eurem Telefon?“ „Och Mensch...“, Bob räusperte sich. „Jetzt?“ „Ja, klingt schon besser.“ „Gut, dann also nochmal: Hi Peter. Was gibt’s denn?“ „Sag mal, du hast doch vor ein paar Wochen Probleme mit deinem PC gehabt, oder?“, er rollte eine Gabel voll Spaghetti auf. „Ja, hatte ich. Er ist nicht mehr richtig hochgefahren.“ „Genau das macht meiner gerade auch. Vorhin lief er noch, ich war nur kurz duschen, und er war aus. Seit ein paar Tagen geht er eh ständig aus, einfach so. Wie hast du das bei deinem denn in den Griff gekriegt?“, fragte Peter und schaufelte sich eine weitere Ladung Nudeln in den Mund. „Naja, ich hab halt den Kasten aufgeschraubt und reingeschaut, Justus meinte irgendwie was von wegen dem BIOS. Das war halt kaputt und musste ausgetauscht werden. Dann ging es wieder.“, meinte Bob. „Kannst du mir erklären, wie ich das erkennen kann? Ich hab Angst was kaputtzumachen wenn ich da einfach dran rumschraube.“, bat Peter. „Nee, erklären wird etwas schwierig... Aber ich könnte vorbeikommen und mir das einfach mal ansehen. In der Zeit könntest du über meine Lernzettel drüberschauen.“ „Klingt nach nem Deal.“ „Okay, ich bin in zehn Minuten da.“ „Alles klar, bis gleich!“, Peter aß in Windeseile seine Nudeln auf, sammelte einen Großteil der über den Fußboden verteilten Kleidungsstücke ein und schmiss sie im Bad in den Wäschekorb. Dann ging er nach unten und räumte seinen Teller und das Besteck in die Spülmaschine, als es auch schon klingelte. „Ist für mich!“, rief er in Richtung Wohnzimmer, dann öffnete er die Haustür. „Hey Bob, das ging ja echt schnell!“ „Hi.“, Bob war ziemlich blass und sah müde aus, trug trotz des warmen Abends seine dunkelgraue Sweatjacke und schien trotzdem zu frieren. „Komm rein. Möchtest du was trinken?“, fragte Peter, der sich sofort begann Sorgen zu machen, und stellte ohne eine Antwort abzuwarten bereits den Wasserkocher an. „Danke.“, Bob lehnte sich an den Rahmen der Küchentür und verschränkte lächelnd die Arme. „Gut dass du immer genau weißt, was ich gerade brauche.“ Peter machte den Tee fertig und warf Bob einen besorgten Blick zu. „Naja, so krank wie du aussiehst würde das auch jemand wissen der dich nicht so gut kennt wie ich.“ Bob verzog das Gesicht. „Seh ich wirklich so schlimm aus? Jelena hat auch schon gemeint ich soll dringend nochmal zum Arzt gehen.“ „Naja, wie du aussiehst ist ja erstmal nicht so wichtig, sondern wie du dich fühlst. Wenn es dir gut geht, würde ich dir natürlich nicht raten zum Arzt zu gehen.“, er reichte Bob die dampfende Tasse. „Ansonsten schon.“ „So langsam glaub ich, dass ich das Montag nach der Schule wirklich machen sollte.“, Bob ging an Peter vorbei in Richtung Treppe. „Aber jetzt zeig mir erstmal, was mit deinem Computer los ist.“ „Oh Mann, das war ja echt einfach.“, seufzte Peter, der es sich mit Bobs Lernzetteln auf seinem Bett bequem gemacht hatte. „Das krieg ich beim nächsten Mal auch alleine hin.“ „Muss es denn ein nächstes Mal geben?“, fragte Bob und streckte sich. „Wenn du deinen Computer ab und zu abstauben würdest, würden die Kühlrippen sicher nicht so verstopfen.“ „Ja doch. Jedenfalls weiß ich jetzt, wie einfach es ist den Lüfter auszubauen.“ „Stimmt. Und du bist dir sicher dass ich diesmal nichts vergessen habe?“, Bob setzte sich neben Peter und nickte zu den Zetteln hin. „Soweit ich das sehe nicht.“ „Ja ja ja, komm mir ruhig wieder mit meiner Sauklaue.“, brummte Bob. „So extrem krakelig ist die gar nicht mehr.“, meinte Peter versöhnlich. „Oder ich hab mich einfach dran gewöhnt.“, setzte er grinsend hinzu. „Wohl eher Letzteres.“, Bob nahm die dich beschriebenen Seiten an sich und verstaute sie wieder in seiner Tasche. „So, Zweiter, dann wünsch ich dir jetzt viel Spaß beim Recherchieren, ich mach mich mal nach Hause.“, er stand auf und ließ sich mit einem Aufstöhnen sogleich wieder auf das Bett zurücksinken. „Bob!“, Peter nahm ihn am Arm. „Ist dir nicht gut?“ Bob presste eine Hand an seine Schläfe. „Ich... nein, nur.. ein bisschen schwindlig..“ „Du bist total blass!“, besorgt schaute Peter Bob ins Gesicht. „Bleib hier sitzen, ich hol dir ein Glas Wasser, ja?“, er eilte mit Bobs leerer Teetasse ins Badezimmer, hielt sie unter den Wasserhahn, spülte sie kurz aus und füllte sie wieder. „So, hier.“ Bobs Hand zitterte als er das Wasser entgegennahm. „Danke.“ „Mensch Bob, du... du siehst echt gar nicht gut aus. Willst du nicht vielleicht... doch gleich morgen....?“ „Ach Quatsch. Außerdem ist morgen Sonntag. Das geht schon.“, Bob lächelte ihn beruhigend an. „Mach dir keine Sorgen Pete.“ „Mach dir keine Sorgen?! Natürlich mache ich mir Gedanken, du bist total krank!“ „Krank? Ich hab nur Kopfschmerzen und mir ist ein bisschen schwindlig. Das ist doch nicht krank, oder?“ Statt zu antworten legte Peter kurzerhand seinen Handrücken an Bobs Wange. „Du hast Fieber, Bob.“ Bob zuckte mit den Schultern. „Kann sein. Mir ist auch irgendwie kalt und... ach, keine Ahnung.“, müde lehnte er sich für einen Augenblick an Peter, bevor er erneut – diesmal etwas langsamer – aufstand. „Soll ich dich nach Hause fahren?“ „Nein, danke Pete.“, Bob grinste etwas schief. „Dann wird mir nur wieder schlecht. Laufen ist besser. Vorhin ist mir sogar schlecht geworden als ich selber gefahren bin, das hatte ich erst zweimal vorher.“, erzählte er. „Oh Mann, das klingt gar nicht gut.“, Peter stand ebenfalls auf. „Mh, klingt halt nach ner Grippe oder sowas.“ „Zu Hause legst du dich dann aber gleich hin, ja?“ „Ja, ich glaub auch.“ Peter begleitete Bob zur Tür und sah ihm nach, bis er um die Ecke verschwand, dann drehte er sich um und holte sich in der Küche noch eine Banane bevor er sich wieder an den Computer setzte und im Internet herumzusuchen begann. „Ha! Hab ich doch gesaaaaagt! Wenn Justus das erfährt!“, rief er eine halbe Stunde später aus. „Triumph für Peter!“, begeistert druckte er die Ergebnisse seiner Recherche aus und verstaute sie fein säuberlich im Rucksack. „Morgen in der Zentrale bin ich mal derjenige, der mit einem großartigen Ergebnis aufwarten kann.“, imitierte er – auch wenn nur er selbst es hörte – Justus' Tonfall und schnappte sich seine Laufschuhe. Jetzt noch eine Runde an den Strand zum Laufen und der Tag hatte ein perfektes Ende gefunden. Kapitel 10: Regenerative Energien --------------------------------- Regenerative Energien Als Justus an diesem windigen Sonntagmorgen über das Gelände des Gebrauchtwarencenters in Richtung Zentrale eilte, hatte er das Rufen seiner Tante Mathilda durchaus nicht überhört, sich aber dafür entschieden, es zu ignorieren. Er hatte beim besten Willen keine Lust, den Tag mit der Katalogisierung und dem Sortieren und Verstauen der neu eingekauften Waren zu verbringen. Der Anrufbeantworter blinkte, und Justus hoffte sogleich, dass Mrs Miller ihre Meinung vielleicht doch geändert hatte, doch niemand hatte eine Nachricht hinterlassen. „Juuuuuustus? Justus Joooonas? Wo steckst du denn?“ Justus verdrehte die Augen und verließ die Zentrale wieder. „Ja, Tante Mathilda, was ist denn?“, fragte er, als er sich seiner Tante näherte. Diese stemmte die Arme in die Hüften und schüttelte seufzend den Kopf. „Immer versteckst du dich hinter diesem Schrotthaufen. Onkel Titus braucht deine Hilfe.“ Als hätte er es nicht gewusst... Justus nickte schicksalsergeben und schob die Ärmel seines roten Pullovers hoch. „Dann mach ich mich mal an die Arbeit.“, er stapfte missmutig auf den Schuppen zu, in dem Onkel Titus die wertvolleren Stücke aufbewahrte, und wo auch das Buch lag, in das die neuen Waren eingetragen werden mussten. „Ah, da bist du ja, Justus. Nett dass du mir hilfst!“, lächelte Onkel Titus ihm entgegen und drückte ihm sogleich einen Zettel in die Hand. „Deine Tante hat sich in den Kopf gesetzt, hier alles ein bisschen umzustrukturieren.“ Justus runzelte die Stirn. „Umstrukturieren?“ „Naja, sie ist der Meinung dass die Waren etwas zu willkürlich über das Gelände verteilt sind, und hätte gern etwas mehr Ordnung.“, Onkel Titus zwirbelte die Spitze seines ansehnlichen Schnurrbarts und nickte zu dem Zettel hin. „Heute wollen wir uns, nachdem wir die ganzen Gartenmöbel rüber an den Zaun getragen haben, auf die Gitter und Zäune konzentrieren, die kreuz und quer überall herumliegen.“ „Gitter und Zäune...“, brummte Justus genervt, während er bereits die dritte tonnenschwere Rolle Maschendrahtzaun hinter sich her zerrte. „Warum fangen wir nicht mit Kissen und Decken an?“, fragte er niemand Bestimmten, als plötzlich Peters amüsierte Stimme an sein Ohr drang. „Naa, Erster, fleißig am Arbeiten?“ „Steh da nicht so rum, hilf mir lieber!“, schnaufte Justus, und Peter hob die Rolle an der anderen Seite an. Zusammen trugen sie den Zaun dann zu den anderen, die jetzt einen Platz neben den Markisen hatten, die ihrerseits neben den Gartenmöbeln lagerten. „Wo ich das Zeug hier so sehe...“, Peter spielte mit einem herausragenden Stück Maschendraht herum, „...muss ich dran denken, dass ich gestern Abend Leute von Greenpeace gesehen hab.“ „Wie kommst du denn von einem Zaun auf Leute von Greenpeace?“, fragte Justus mit hochgezogenen Augenbrauen. „Naja, weil die sich alle ganz komisch in Fischernetze eingewickelt hatten. Die haben gegen irgendwas protestiert, Walfang oder so. Maschendraht, Fischernetz – sieht doch ähnlich aus, oder etwa nicht?“ „Aha. Und was soll ich mit dieser Information jetzt anfangen, außer dass du den gestrigen Abend offensichtlich statt bei der Recherche am Strand verbracht hast?“ „Wo du grad Recherche sagst...“, grinste Peter. „Da hab ich noch was zu berichten, dass dir die Augen aus dem Kopf fallen werden!“ „Oha“, Justus machte eine ungeduldige Handbewegung. „Ja, nun raus damit!“ „Später, wenn Bob auch da ist. Ich will ja nicht alles zweimal sagen.“ Justus seufzte resigniert auf. „Ja, na meinetwegen.“ Peter musste sich sehr zusammenreißen um nicht laut loszulachen, er genoss es sehr, Justus endlich mal in der Position zu sehen, in der Bob und er selbst sich ziemlich häufig befanden – er musste auf Informationen warten, die er unbedingt wollte. „Ich glaub ich hör den Eiswagen. Hast du auch Lust auf ein Eis?“, fragte er daher unschuldig. „Ja habe ich. Schokolade, bitte.“, Justus ließ sich schwerfällig auf einen der Gartenstühle sinken und legte die schmerzenden Füße hoch. „Alles klar, bin gleich wieder da!“, Peter verließ das Gelände der Firma Jonas und kaufte am Eiswagen zwei Schokoladeneis. Als er gerade durch das rote Tor wieder hineingehen wollte, hörte er hinter sich Bob rufen: „Lass auf!“ „Alles klar.“, Peter drehte sich um und hielt, die beiden verpackten Eisriegel das Tor auf, sodass Bob sein Rad hindurch schieben konnte. „Das sieht aber gar nicht gesund aus.“, kommentierte er den platten Reifen. „Ja, ich bin in nen Nagel gefahren.“, Bob stellte sein Fahrrad ab. „Ich werd das gleich mal flicken.“, er ging in die Freiluftwerkstatt und wühlte in der kleinen Werkzeugtasche herum, die auf dem Boden stand. „Mach das doch drüben in der Gartenabteilung, dann können wir gleich über meine Recherche-Ergebnisse sprechen.“, Peter nickte ans andere Ende des Schrottplatzes. „Gartenabteilung?“ „Ja, hier wird gerade alles umgebaut, ich bin fast froh dass ich erst nach dem Mittagessen hier aufgekreuzt bin.“ „Ah, verstehe.“, Bob packte das Werkzeug auf den Gepäckträger und lächelte Peter zu. „Wie geht es dir denn überhaupt? Siehst viel besser aus als gestern noch.“, Peter musterte seinen Kollegen und besten Freund aufmerksam. „Ja, mir geht’s auch viel besser. Meine körpereigenen regenerativen Energien haben sich wohl endlich dazu entschlossen, dieser blöden Erkältung oder was auch immer das war, den Gar auszumachen.“ „Das freut mich. Auch wenn's ziemlich schnell ging, so von gestern auf heute, oder?“, fragte er nachdenklich. „Hast du ne Ahnung!“,Bob grinste matt. „Ich hab vielleicht ne Nacht hinter mir...“, er schob sein Rad in die Richtung die Peter ihm gewiesen hatte. „Was? Wie meinst du das?“, sofort machte Peter sich wieder Sorgen. „Ach, naja. Mir war erst heiß, dann total kalt, dann wieder heiß... Außerdem hatte ich Kopfschmerzen, dann ist mir schlecht geworden und ich hab mich übergeben müssen, danach hatte ich Bauchschmerzen und so ging es die ganze Nacht weiter. Geschlafen hab ich dann erst von fünf heute Morgen an, dafür aber bis halb zwölf. Und als ich aufgewacht bin, ging es mir wieder gut.“ „Klingt ja wirklich ziemlich anstrengend.“, meinte Peter mitfühlend. „Aber jetzt hast du es ja hinter dir.“ „Du sagst es.“, inzwischen waren sie bei Justus angekommen, der in der Sonne saß und sich den Wind um die Nase wehen ließ. „Da bist du ja endlich!“, Justus streckte fordernd seine Hand nach dem Eis aus. „Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr wieder. Hallo Bob.“ „Hey Just.“, Bob kniete sich neben sein Rad und begann mit ein paar geschickten Handgriffen das Loch zu flicken. „Da du ja nun auch da bist, Bob...“, Justus unterbrach sich und fing einen schokoladigen Tropfen von seinem Eis mit dem Finger auf, bevor er weitersprach. „...könnte der werte Mr Shaw uns ja nun mit den Ergebnissen seiner Recherchearbeit beglücken.“ „Oh ja, das könnte er, wenn er nicht geraaaade damit beschäftigt wäre, ein köstliches Eis zu essen.“, gab Peter ungerührt zurück. „Peter! Jetzt spann uns doch nicht so auf die Folter! Das ist ja kaum auszuhalten...“ „Tja, da siehst du mal, wie es Bob und mir regelmäßig geht. Aber gut, ich bin ja kein Unmensch. Also, ich habe gestern, nachdem Bob meinen Computer wieder zum Laufen gebracht hatte... ach jaaa, deswegen hab ich auch gestern in der Zentrale angerufen, die leeren Nachrichten auf dem Anrufbeantworter sind von mir.“, Peter nickte zu dem alten Campinganhänger hinüber. „Komm zur Sache, Zweiter.“, knurrte Justus, der langsam wirklich endgültig die Geduld zu verlieren drohte. „Ist ja gut, ist ja gut. Also, ich hab ein bisschen im Internet rumgesucht, und Mann, es gibt echt viel über Mrs Miller zu finden. Aber alles Zeug, das für uns nicht sonderlich interessant ist, in welchen Stücken sie gespielt hat und sowas. Aber dann hab ich mal auf die Bildersuche geklickt, weil mir langweilig war, und da hat's mich fast vom Stuhl gehauen. Ich hab euch das Bild mal ausgedruckt, damit ihr mit eigenen Augen sehen könnt, was ich schon von Anfang an gesagt habe.“ „Das heißt du hast den Sohn tatsächlich gefunden?“, fragte Bob, der gerade aufgestanden war und sich den Staub aus der Hose klopfte, gespannt. „Ja, hab ich.“, Peter zog langsam das ausgedruckte Foto aus dem Rucksack und hielt es Justus hin, der es ihm aus der Hand riss und mit offenem Mund anstarrte. „Lass mich auch mal sehen!“, Bob schnappte sich das Bild und fing an zu lachen. „Oh Mann, das ist echt nicht zu fassen.“ „Es ist tatsächlich Benjamin Miller, euer... Mathelehrer...“, Justus war vollkommen fassungslos. „Hab ich doch von Anfang an gesagt.“, grinste Peter, der mehr als zufrieden über den Effekt war, den er erzielt hatte. „Sie und ihr Mann Carl haben ihn adoptiert, als er drei Jahre alt war.“, erzählte er. „Na, aber das heißt ja, dass wir ihn gleich Montag befragen können!“, Justus' Augen leuchteten. „Der Fall Miller ist also noch längst nicht abgeschlossen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)