Chibifluch II - Die Chaosprinzen von Jei (Pairing: Überraschung [mit wildest_angel]) ================================================================================ Kapitel 6: Heimkehr ------------------- 6. Kapitel - Heimkehr In der gleichen Position, in der er eingeschlafen war, erwachte Robin, als ihm die Sonne mitten ins Gesicht schien. Im ersten Moment wusste er gar nicht, wo er sich befand, doch als er verwirrt blinzelte und Dais schlafendes Gesicht entdeckte, fiel es ihm wieder ein. Vorsichtig, um den Älteren nicht zu wecken, krabbelte er in die Höhe und streckte sich ausgiebig, warf dann einen Blick auf die Uhr und zuckte die Schultern. Zur Schule konnten sie ohnehin nicht gehen - dort würden ihre Väter sie zuerst suchen. Davon abgesehen, dass es sowieso zu spät dafür war. Robin gähnte, setzte sich in das taunasse Gras neben Daisuke, zog die Beine an den Körper und schlang seine Arme um die Knie. In dieser Stille hatte er Gelegenheit nachzudenken. Und noch immer ging ihm nicht ein, wie das alles so außer Kontrolle hatte geraten können - nur weil Daisuke und er sich liebten. Nach einer Weile erwachte auch Daisuke. Der warme Körper, der auf ihm gelegen hatte, fehlte und so störte diese Leere seinen Schlaf. Blinzelnd sah er sich um und schon wusste er wieder, was passiert war. Resigniert sackte er zurück ins Gras und schloss die Augen wieder. Ein leises Stöhnen war zu vernehmen. Alles tat ihm weh. Die Kerze war runtergebrannt und hatte ein wenig von dem Gras versengt, das sie nun feucht umgab. Dai seufzte wieder und strich mit den Fingern durch das Grün. Und so würde es nun erst mal eine ganze Weile laufen? Na klasse. Mit einem weiteren Stöhnen hievte er sich in die Höhe und sah zu Robin hinüber. „Morgen...“, murmelte er und streckte sich unter Knacken seiner Knochen. Den ganzen Tag über, die folgende Nacht und auch den nächsten Tag verbrachten sie auf der Lichtung. Nur um rasch etwas zu essen zu besorgen oder sich im Dunkeln kurz zu waschen verließen sie den Ort. In dieser Zeit versuchte Robin immer wieder vorsichtig, Daisuke zur Vernunft zu bringen. Ihm war ja schon am ersten Abend klar gewesen, dass sie es nur verschlimmerten, je länger sie verschwunden blieben. Zwar war diese gemeinsame Einsamkeit wunderschön, aber Robins Sorgen und Zweifel wuchsen mit jeder Stunde. Was würde sie erwarten, wenn sie plötzlich wieder zu hause auftauchten, als wäre nichts geschehen? Er sah auch überdeutlich, dass es Daisuke nicht anders ging. Auch der Orangehaarige wurde immer unruhiger und unzufriedener. Aber Dai ließ nicht mit sich reden. Nicht nur, dass sein Stolz es nicht zuließ, einfach zurückzukehren, nein. Auch seine Laune wurde mit jedem Tag, den sie hier verbrachten, schlechter. Er schlief kaum noch, suchte zwischendurch die Einsamkeit, wenn Robin die Augen zu fielen, und tauchte in tiefe Gedanken ab. Gedanken über seinen Vater, den er vermisste und gleichzeitig für das hasste, was er getan hatte. Gedanken darüber, dass Brad mal was mit ihm gehabt hatte und Gedanken über Ken. Ken, dem es alles andere als gut ging. Denn immer wieder hatte sich Daisuke in die Gedanken seiner Eltern geschlichen, um zu sehen, wie die Stimmung war. Und auch wenn er merkte, dass die Beziehung der beiden sehr unter seinem Verschwinden litt, hatte er beschlossen, dass er eher hier draußen auf der Straße bleiben würde, als einfach so zurückzukehren. Hinzukamen die Schuldgefühle, die sich in ihm breit machten. Denn mit jeder kleinen Auseinandersetzung und jeder anschließenden Versöhnung mit Robin wurde ihm deutlicher, was er dem Jungen antat. Nur um seinem Vater eins auszuwischen hatte er Robin tagelang angelogen – oder eher ihm etwas vorgemacht. Und mit jedem Kuss und jeder Berührung schien er das Ganze nur noch schlimmer zu machen. Wahrscheinlich war genau das der Grund, wieso er seit einer Weile etwas auf Distanz ging. Und sein Vater? Sein Vater machte ihm und ihrem gemeinsamen Stolz alle Ehre. Inzwischen hatte er mitbekommen, dass Schuldig dauernd eine Verbindung zu ihm hielt und sie erfolgreich unterbrochen. Doch nicht mal jetzt, da Schuldig nicht mehr wusste, was mit seinem Sohn war, kam er, um nach ihm zu sehen. Weil ihm der selbe verfluchte Stolz und die gleiche Eitelkeit im Wege standen. Der Mann machte sich Sorgen, das wusste Dai, doch es reichte ihm nicht. Ganz und gar nicht. An diesem Vormittag saßen sie beide schweigend bei einander. Der Lichtung war inzwischen anzusehen, dass sie schon eine Weile bewohnt wurde, doch Dai interessierte es nicht. Er hatte nur Augen für sein Essen, das Robin ihnen eben von einem Imbiss geholt hatte. Robin hielt das bedrückende Schweigen, das seit Stunden wieder einmal zwischen ihnen herrschte, nicht mehr aus. Das alles, die ganze Lage, zerrte an seiner Substanz, das war inzwischen deutlich zu sehen. Er legte das Reisbällchen, an dem er lustlos gekaut hatte, zur Seite, stand auf und baute sich vor Daisuke auf. "Schatz, ich kann nicht mehr" eröffnete er das Gespräch. "Ich renne seit Tagen in den gleichen Klamotten rum, wir verpassen tagelang den Unterricht und Gott und die Welt macht sich Sorgen um uns..." Er atmete tief durch und kam dann auf den Punkt. "Es hilft nichts, Schatz. Wir müssen heim." Ein liebevolles Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er sich zu seinem Lover beugte und ihm einen Kuss in die wilde Mähne verpasste. "Es wird nicht so schlimm werden, wie du jetzt befürchtest", versuchte er, den Telepathen zu überzeugen. "Es wird zwar für keinen von uns einfach werden, aber wenn wir weiter zusammenhalten, bekommen wir das hin! Denk einfach dran, dass ich dich liebe..." Es war das erste Mal, dass Robin das so klar aussprach. Bisher hatte er sich immer gescheut, so etwas zu sagen, auch zu Daisuke. Aber jetzt war seiner Ansicht nach der richtige Zeitpunkt dafür. Daisuke wollte gerade wieder ausrasten, als er die quälenden Worte hörte. Er seufzte tief und warf sein Essen bei Seite. Der Appetit war ihm vergangen. „Ich weiß, Robin, aber...“ Er richtete sich auf und legte den Kopf in den Nacken. Was sollte er sagen? Was sollte er tun? Langsam sah er den Kleineren wieder an, blickte in die erwartungsvollen Augen, die offenbar nur eines wollten. „Robin...“, hauchte er leise und trat ein Schritt näher. Er war mit den Nerven ohnehin schon am Ende und jetzt auch noch das. Unschlüssig sah er den Schwarzhaarigen an. „Wenn du zurückwillst... dann geh...“, brachte er schließlich über die Lippen. „Aber glaube nicht, dass sich in den paar Tagen irgendwas geändert hat. Sie haben nicht mal nach uns gesucht.“ "Sie wollten beide, dass wir die Chance haben, ein wenig nachzudenken" entgegnete Robin bestimmt und lächelnd. Er stellte sich dicht vor seinen Freund, schmuste sich zärtlich über dessen Wangen und sah ihn dann wieder erwartungsvoll an. "Sie werden uns nicht köpfen, da bin ich mir ganz sicher." Noch immer wartete er auf eine Antwort auf sein Liebesgeständnis und verstand nicht, warum Daisuke schwieg. "Hey..." flüsterte er aufmunternd, als Daisuke weiter betreten zu Boden sah. "Zusammen stehen wir das durch!" Dai schluckte hart und nickte. „Ja... vielleicht tun wir das.“ Langsam sah er auf in die braunen Augen. Der Blick schmerzte und er wusste, dass er gleich etwas tun würde, wovor er schon seit Tagen Angst hatte. „Robin... Ich will.. Ich will dich nicht verlieren. Weil du der erste Mensch bist, bei dem ich sein kann, wie ich bin. Deswegen habe ich dich hier festgehalten. Deswegen wollte ich nicht, dass du gehst... damit ich nicht wieder alleine bin.“ Er schluckte wieder und strich dem Jüngeren leicht über die Wange. „Ich genieße es, in deiner Nähe zu sein, dich zu berühren, dich zu küssen... es ist wunderschön zu sehen, wie du auf meine Finger reagierst... Aber ich...“ Dai atmete noch mal durch und brachte es dann hinter sich. „Aber ich liebe dich nicht. Nicht so wie du mich liebst. Habe ich nie und... werde ich nie.“ Robins Augen, die beim ersten Teil noch freudig geleuchtet hatten, wurden am Ende immer größer. Jedes Wort von Daisuke fühlte sich an wie ein Messerstich in sein Herz. Das war sicher nur ein Traum, sagte sich Robin, das war alles nicht wahr. Doch ein rascher Blick in Dais Augen überzeugte ihm vom Gegenteil. Robins Herz zersprang in tausend Scherben. Sein Vater hatte recht gehabt... Fast auf der Stelle wurde seine Miene wieder kühl und unnahbar und er schnaubte verächtlich. "Das glaubst du doch selbst nicht!" zischte er erbost, wartete aber nicht mehr auf eine Antwort, sondern kämpfte sich mit hocherhobenem Kopf durch das Gebüsch aus der Lichtung. „Robin!“, rief Dai dem Anderen nach. „Robin, jetzt lauf doch nicht weg!“ Doch es war zu spät. Er hörte noch ein paar Äste knacken und dann war ihm klar, dass der Junge nicht zurückkommen würde. Er war alleine. Mit einem resignierten Seufzen ließ er sich zu Boden sinken und starrte ins Nichts. Super. Das hatte er ja wieder toll hinbekommen. Wieso hatte er überhaupt erst zugelassen, dass sich Robin in ihn verliebte? Inzwischen kannte er den Jüngeren doch gut genug um zu wissen, dass es so enden musste. + Wie schon Tage zuvor, legte Robin den Weg in die umgekehrte Richtung rennend und schluchzend zurück. Da es mitten am Vormittag war, hatte er keine Sorge, ungesehen in sein Zimmer zu kommen, noch dazu weil sein Vater ja nicht mit ihm rechnete. Tatsächlich hielt ihn niemand auf, als er sich leise in sein Zimmer schlich und die Tür behutsam hinter sich ins Schloss drückte. Erst ab da kam das ganze Elend in ihm hoch. Auf halbem Weg zu seinem Bett sank Robin zu Boden, schlang die Arme um den eigenen Oberkörper und heulte haltlos und laut seine ganze Qual heraus. Brad hatte in seinem Arbeitszimmer gesessen. Gedankenverloren und still, wie schon die Tage zuvor, seit sein Sohn verschwunden war. Als er dann endlich hörte, worauf er gewartet hatte, erhob er sich langsam. Er war nicht sauer. Er war ganz ruhig, als er lautlos das Zimmer seines Sohnes betrat und sich dann langsam vor ihn kniete. Vielleicht war er nicht so gut wie Robin, aber er war noch immer ein Oracle vom Feinsten. Und schon gestern hatte er gewusst, dass das, was nun offenbar geschehen war, eintreffen würde. Nur _wann_ es passieren würde, hatte er nicht gewusst. Langsam zog er den schluchzenden Leib seines Sohnes in den Arm und drückte ihn dicht an sich. Selbst wenn Robin sich jetzt gegen ihn wehren würde, nichts würde ihn jetzt davon abhalten, seinen Kleinen festzuhalten. Doch Robin dachte nicht daran, sich gegen die Umarmung seines Vaters zu wehren. Im Gegenteil, er ließ sich regelrecht in die schützenden Arme fallen. "Dad... Ich... Es... Es tut mir so leid", schniefte er nach einer ganzen Weile, in der er nur Rotz und Wasser geheult hatte. Das Gesicht an der Schulter seines Vaters vergraben, nuschelte er: "Steht das Angebot mit dem Hausarrest noch?" Er wollte nicht zurück in die Schule, in eine Klasse, in der er den ganzen Tag neben Daisuke verbringen musste. Noch nicht - und am besten nie wieder. Brad musste leise schmunzeln und sah Robin dann lächelnd an. „Jetzt beruhige dich erst mal wieder...“ Er griff zum Schreibtisch und erreichte das Paket Taschentücher. Rasch hatte er eines gezückt und hielt es Robin hin. „Und dann lässt sich eventuell mal drüber reden...“ Er lächelte und strich Robin wieder durchs Haar. Unglaubliche Erleichterung durchflutete ihn. Robin war wieder da, er war gesund, auch wenn es ihm schlecht ging. „Na komm... Lass uns in die Küche gehen. Ich mach dir erst mal einen heißen Kakao.“ Lächelnd half er seinem Sohn auf die Beine. „Und dann... gibt es wohl eine Menge worüber wir reden sollten, hm?“ Ohne den üblichen Widerspruch ging Robin zusammen mit Brad in die Küche, wobei sich immer noch vereinzelte Tränen über seine Wangen stahlen. Aber es tat einfach nur gut, so bemuttert und umsorgt zu werden, besonders in der Verfassung, in der Robin sich gerade befand. So setzte er sich auf seinen Platz am Esstisch und wartete, bis der versprochene Kakao fertig war. Dabei fiel ihm auf, wie dreckig seine Kleider eigentlich waren und dass er stank wie ein Rudel Raubtiere. Beschämt sank er wieder in sich zusammen. Was in drei Teufels Namen hatte er nur getan? Brad schien genau zu wissen, was grade in seinem Sprössling vorging. Denn als er die heiße Tasse vor ihm auf den Tisch stellte, erlaubte er sich noch etwas, was er nur selten tat. Er beugte sich zu Robin und drückte ihm einen Kuss auf den Schopf. „Ich bin froh, dass du wieder da bist. Auch wenn es für dich so unangenehm war...“, sagte er lächelnd und ließ sich dann auf dem Stuhl neben Robin nieder. Er strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und musterte ihn eine Weile. „Willst du drüber reden? Oder lieber nicht?“ Schwach lächelte Robin den Älteren an und brachte ein leises "Danke!" heraus. Dann seufzte er frustriert auf. Was gab es da denn schon zu erzählen? Doch ehe er es sich versah, sprudelte es schon aus ihm heraus: "Daisuke... Er... hat mich nur gebraucht, um seinen Dad zu ärgern... Er sagt, er liebt mich nicht und wird es auch nie tun und ich liebe ihn so sehr aber ich will ihn nie wieder sehen und nie wieder in meinen Kopf haben und ich weiß nicht was ich machen soll und ich würde am liebsten sterben..." Endlich holte Robin wieder Luft und sah seinen Vater hilfesuchend an. Aufmerksam lauschte Brad. Er machte sich weder über die Naivität seines Sohnes lustig, noch konnte er sich zu einem ‚Ich hab’s dir doch gesagt’ durchringen. Stattdessen hatte er das Gefühl, Robin noch nie so gut verstanden zu haben wie in diesem Moment. Natürlich tat es weh, wenn einem das Herz gebrochen wurde. Aber noch viel schlimmer war es, wenn dies durch einen Telepathen geschah. In diesem Moment dachte Brad, dass Schuldig es ein zweites Mal geschafft hatte, ihm das Herz herauszureißen. Doch dieses Mal war es sein Sohn gewesen, der verletzt worden war – von Schuldigs Nachwuchs. „Hey, hey. Ganz ruhig. Gestorben wird hier schon mal gar nicht. Und den Rest bekommen wir auch hin, okay?“, lächelte er schließlich und strich Robin über die Schulter. „Ich werde dir beibringen, wie du ihn aus deinem Kopf fernhalten kannst. Und du musst ihn auch nicht wiedersehen, wenn du nicht willst... Keiner wird dich dazu zwingen. Ich am aller wenigsten.“ Diese Eröffnung ließ Robin überrascht aufblicken. "Es gibt eine Möglichkeit, ihn aus meinem Kopf zu halten?" hakte er aufgeregt nach. Wenn das wirklich so war... würde sich Daisuke warm anziehen müssen! Denn dann würde Robin ohne Gnade zurück schlagen. "Und du bringst es mir bei?" Rache, Rache, Rache. Robin wollte gerade nichts anderes. Und wie es aussah, konnte er sie auch bekommen. Jetzt war es an ihm, etwas zu tun, was er schon seit Jahren nicht mehr getan hatte: er umarmte von sich aus seinen Vater fest und drückte ihm einen feuchten Schmatz auf die Wange. Brad musste schmunzeln und ihm wurde warm ums Herz, als er die Umarmung spürte und dann auch noch den Kuss bekam. „Ja... ich werde dir alles beibringen“, lächelte Brad und schob seinem Sohn die Tasse dichter hin. „Aber jetzt trinkst du erst mal deinen Kakao und dann gönnst du dir vielleicht mal ein Bad. Ich sag’s dir nicht gerne, aber du stinkst.“ Er zwinkerte und richtete sich auf, um sich einen Kaffee zu nehmen. Es würde kein Leichtes werden, dem Kleinen all das bei zu bringen ohne einen Telepathen zum Testen da zu haben. Ließ sich nur hoffen, dass Robins Willenskraft groß genug und seine Konzentration ausreichend sein würde. + Noch zwei Tage hatte Dai es ausgehalten. Zwei Tage, die er nur auf der Lichtung verbracht und vor sich hingegrübelt hatte. Er war nicht mal was zu Essen holen gegangen. Auch sah er nicht mehr telepathisch nach seinen Eltern. Zu niemandem baute er Kontakt auf. Nicht mal Robin versuchte er zu erreichen. Sie hatten ihren Standpunkt beide deutlich vertreten. Es gab nichts mehr zu sagen. Doch als auch dieser Tag sich dem Ende zuneigte, konnte Dai nicht mehr. Seine Nerven lagen blank. Er konnte nicht schlafen, konnte die Einsamkeit nicht mehr ertragen und der Hunger quälte ihn ebenso wie der Durst. Langsam kroch er aus seinem Versteck und schleppte sich die Straßen entlang. Er wusste nicht, wie er es geschafft hatte, aber irgendwann fiel er einfach im Wohnzimmer der scheinbar leeren Wohnung zu Boden. Er war zu Hause... Bei dem seltsamen Geräusch stürmte Schuldig aus seinem Arbeitszimmer. Sein Herz setzte einen Schlag aus, als er seinen bewusstlosen Sohn im Wohnzimmer liegen sah. Für den Bruchteil einer Sekunde war er wie erstarrt, dann sprang er über die Couch, die ihm im Weg stand und kniete sich neben Daisuke. Ungläubig strich er über das verfilzte, strähnige Haar, dann schob er die Arme unter den dünnen Körper und hob seinen Sprössling hoch, entsetzt darüber, wie leicht er geworden war. "Mensch, Dai... Das hat aber gedauert, du Sturschädel!" flüsterte er ihm zu, auch wenn der ihn gerade nicht hören konnte. Schuldig trug seinen Sohn in dessen Zimmer und legte ihn sachte auf dem Bett ab. Nur eine Sekunde später informierte er Ken darüber, dass ihr Kind wieder zu hause war. Augenblicklich stürmte Ken ins Zimmer und starrte auf den ohnmächtigen Körper. Jeder Streit und jeder Vorwurf war wie verflogen und mit besorgtem Gesicht sackte er auf der Bettkante zusammen und strich Dai das Haar zurück. „Dai... Was.. was machst du nur für Sachen...?“, wisperte er leise. Eine Weile blieb er so sitzen, dann erhob er sich und machte sich in der Küche schleunigst daran, etwas nahrhaftes zu Essen zusammenzubrauen. Immer wieder wischte er sich eine Träne von der Wange. Ob sie nun von Glück war oder von Sorge. Vollkommen egal. Dai war zurück... In der Zwischenzeit holte sich Schuldig einen Stuhl und stellte ihn neben das Bett seines Sohnes. Rittlings setzte er sich darauf, verschränkte die Arme auf der Lehne und legte den Kopf auf den Armen ab. Noch immer kam er nicht wirklich darüber hinweg, wie schlecht Daisuke aussah. Verwildert, blass, dünn. Während er Ken noch in der Küche herumwerkeln hörte, stand der Telepath auf und holte eine Schüssel mit warmem Wasser und einen Waschlappen. Er stellte alles neben dem Bett ab und machte sich dann daran, seinen Sohn aus den schmutzigen Klamotten zu schälen und ihm anschließend vorsichtig zumindest den gröbsten Dreck vom Körper zu waschen. „Wieso... hast du nicht nach mir...gesucht?“ Dais Stimme klang leise und brüchig. Es schwang kein Vorwurf in ihr mit, sondern lediglich die Konzentration sich auszudrücken. Seine Augen öffneten sich langsam. Geweckt von dem feuchten Lappen und den vorsichtigen Berührungen, sah er seinen Vater an. Mehr brachte er nicht über die Lippen als diese leise Frage, die wohl viel enttäuschter geklungen hätte, wenn Dai dazu in der Lage gewesen wäre. "Du wolltest doch nicht, dass ich nach dir suche", erwiderte Schuldig ruhig, legte den Lappen in die Schüssel zurück und betrachtete aufmerksam das Gesicht seines Jungen. "Du warst ja auch nicht allein... Und wenn du gewollt hättest, dass ich weiß, wie schlecht es dir geht, hättest du die Verbindung nicht unterbrochen." Dass er sich vorgenommen hatte, nach einer bestimmten Zeit sehr wohl nach Dai zu sehen, behielt er für sich. Dai schüttelte nur leicht den Kopf und drehte ihn dann zur Seite. Er schloss die Augen und zog die Decke langsam wieder über seinen dürren Leib. Erst als Ken das Zimmer betrat und der Duft einer heißen Suppe ihm in die Nase drang, öffnete er die Augen wieder. Ken lächelte ihn leicht an und setzte sich wieder zu ihm. „Hier... Iss erst mal was...“, sagte er und half Dai dann sich aufzusetzen. Vorsichtig reichte er ihm die Schüssel. Dabei sah er Schuldig kurz an, passte dann aber auf, dass Dai nicht kleckerte und vernünftig aß. Konnte er seinem Sohn gegenüber überhaupt irgend etwas richtig machen? Ohne es verhindern zu können, steig schon wieder leise Wut in Schuldig auf. Verdammt noch mal, was dachte Dai denn, wäre passiert, wenn er nach ihm gesucht hätte? Sie hätten doch nur wieder gestritten und alles wäre noch viel schlimmer geworden. Mal ganz davon abgesehen, dass sich Dai wohl komplett geweigert hätte, mit ihm nach hause zu kommen. Und wenn Schuldig ehrlich war, war es genau diese Ahnung gewesen, die ihn daran gehindert hatte, seinen Sprössling zu holen - immerhin hatte er ja gewusst, wo der Kleine steckte. Aber er hatte sich einfach nicht schon wieder eine eiskalte Abfuhr von Dai einfangen wollen, er war so auch schon frustriert genug. Dai löffelte schweigend seine Suppe leer und hing seinen Gedanken nach. Robin war weg... Sein Vater hatte sich offenbar keine Sorgen gemacht. Er fühlte sich einfach nur elend. Leicht schüttelte er den Kopf über seine Situation. Er schob die leere Schüssel weg und ließ sich von Ken etwas zu trinken geben, bevor er wieder erschöpft ins Bett sank. In sein warmes weiches Bett, dass er noch nie in seinem Leben so sehr zu schätzen gewusst hatte wie heute. „Schlafen...“, murmelte er noch leise und schon kippte sein Kopf zur Seite. Ken lächelte leicht und strich ihm das Haar aus dem Gesicht. Dann blickte er mit einem Lächeln zu Schuldig, erkannte aber gleich, das dessen Freude, seinen Sohn wieder zu haben, abermals durch Ärger geblendet wurde. Er seufzte und schüttelte den Kopf. Dann richtete er sich lautlos auf und verließ das Zimmer. Einen Moment lang sah Schuldig Ken nach, dann stand er auf, richtete die Decke über Daisuke zurecht, strich ihm sanft über die Wange und wisperte: "Du kleiner Dummkopf. Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht. Ich liebe dich doch." Ebenso leise wie Ken zuvor schlich er sich dann aus dem Zimmer, um seinen Sohn in Ruhe schlafen zu lassen. Ken saß auf dem Sofa, hatte die Hände auf den Oberschenkeln und drehte an seinem Ring herum, während er ihn gedankenverloren betrachtete. Als er Schuldig hörte, rührte er sich nicht weiter, sondern setzte nur einen Kuss auf seinen Ring. In den letzten Tagen hatte ihre Beziehung sehr gelitten. Zum größten Teil, weil Dai verschwunden war. Während Ken immer darauf bestanden hatte, ihn zu suchen und nach Hause zu holen, hatte Schuldig darauf beharrt, ihn zu lassen. Ken war damit absolut nicht klar gekommen. Und jetzt.... Jetzt war Dai wieder da und es würde ihm bald sicher wieder besser gehen. Und was wäre dann? Würde alles wieder von vorne beginnen? Kens Gedanken sprangen den Telepathen an wie ein hungriges Tier. Er bemühte sich, nicht entnervt aufzuseufzen, als er sich neben seinen Liebsten auf die Couch setzte und en Arm um ihn legte. "Mach dir doch nicht immer solche Sorgen", schalt er den Braunhaarigen zwinkernd. "Ich glaube, dass Dai die paar Tage ganz gut getan haben. Irgendwie habe ich das Gefühl, als hätte sich etwas verändert." Woher er dieses Gefühl nahm, konnte er nicht benennen, aber es war unzweifelhaft da. „Natürlich hat er sich verändert...“, murmelte Ken und seufzte leise. „Er verändert sich in letzter Zeit häufig.. genau wie wir...“ Er seufzte leise und sah seinen Liebsten an. Auf keinen Fall wollte er zulassen, dass irgendwas ihre Beziehung zerstörte. Auch nicht Dai. Er beugte sich zu Schuldig und küsste ihn sachte. „Ich liebe dich, Schatz...“, murmelte er und lächelte. Seit Tagen hatte er dieses Geständnis nicht mehr in den Mund genommen – es wurde höchste Zeit. Schuldigs Ausdruck wurde ganz sanft und liebevoll, er legte seine Hand an Kens Wange und streichelte zart mit dem Daumen darüber. "Ich liebe dich auch, Schatz", antwortete er aus vollstem Herzen. Ganz langsam und mit einem verspielten Lächeln auf den Lippen legte er seine Arme um Ken, zog ihn ein wenig an sich und ließ sich dann zusammen mit ihm nach hinten kippen, bis der Braunhaarige komplett auf ihm lag. Gleichzeitig gingen seine Finger kaum spürbar auf Wanderschaft. Ken musste schmunzeln. Er schloss die Augen und küsste sich leicht über Schuldigs Hals. Nach so vielen Tagen der angespannten Stimmung und des Rücken an Rücken einschlafens, tat das hier mehr als nur gut. Ein leises Keuchen entfloh ihm, als Schuldig die empfindlichen Regionen seines Körpers entdeckte und reizte. Liebevoll verschloss er wieder die Lippen seines Telepathen und verkrallte sich leicht in seinem Haar. Vielleicht würde jetzt all die Spannung verschwinden... ~*~tbc~*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)