Elena - Das phantastische Kindermädchen von shari81 ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Es ist dunkel – modrige Gerüche dringen aus den feuchten Wänden, die mit der Dunkelheit verschmelzen und kaum sichtbar sind. Sie rennt - rennt durch die Düsternis, vor sich eine Gestalt, wesentlich größer als sie, in einem weiten, wallenden Umhang. Die Gestalt trägt in ihrer ausgestreckten Hand eine flackernde Kugel, die gerade hell genug scheint, um die Mitte des Ganges zu beleuchten, durch den das ungleiche Paar gerade eilt. Sie gelangen an eine Kreuzung, und die größere der beiden Gestalten blickt sich suchend um, nur schwerlich das hektische Funkeln im Blick verbergend. „Hier entlang!“, flüstert dann die verbrauchte, raue Stimme des Kugelträgers, und er packt seine Begleiterin so sanft wie möglich am Arm und zerrt sie mit sich, den nächsten, ebenso dunklen Gang entlang. Das Rennen beginnt erneut, und sie hat schon vergessen, wie viele Kreuzungen und Gabelungen sie passiert haben, als ihr Gefährte plötzlich stehen bleibt und sie fast gegen ihn prallt. Eine Sackgasse! Plötzlich klingen noch andere Geräusche an ihr Ohr, Stimmen, weit entfernt – oder doch ganz nahe? Das Geflecht der Tunnel spielt mit ihren Sinnen, verunsichert sie, und fragend blickt sie den Mann an ihrer Seite an. „Sie kommen.“, klingt es nur geflüstert, und die Panik in seinem Gesicht ist nun nicht mehr versteckt. Sie blickt zurück, in die Dunkelheit des Ganges, dem sie hierher gefolgt waren, und fragt sich, ob die Geräusche schon die ganze Zeit da gewesen waren und ob sie sie nur über ihren eigenen, von der Anstrengung schweren Atem, nicht gehört hat. Wie nahe sind „sie“? Wer sind „sie“? Neben ihr murmelt ihr Begleiter Worte, die sie noch nie gehört hat, und die ihre Haut mit Schauern überziehen. Mit einem letzten ängstlichen, prüfenden Blick in die Richtung, aus der sie die Stimmen gehört zu haben glaubt, dreht sie sich zu ihm um, beobachtet ihn. Mit geschlossenen Augen steht er dort, hebt und senkt die Hände in komplizierten Mustern, flüstert, nein, singt schon beinahe leise vor sich hin. Sie fragt sich bereits, ob ihre Verfolger nicht bald zu ihnen aufschließen würden, wenn sie nicht endlich weiterlaufen würden; doch sie traut sich auch nicht, ihn zu unterbrechen bei dem, was auch immer er dort tut. Es hat sicher einen Sinn – es gibt immer einen Sinn in dem, was er tut, auch, wenn dieser sich oft erst sehr viel später erschließt. Das hat sie gelernt in ihrem noch so jungen Leben. Also wartet sie, lauscht auf die Stimmen, zittert vor Kälte und Angst, lässt den Blick schweifen durch die Schwärze des Tunnels. Plötzlich reißt ihr Gefährte mit einem letzten, lauten Wort die Augen auf, schlägt mit der Handfläche auf den starren Fels vor sich, und sie traut ihren Augen kaum, als der Fels zu glühen beginnt. Dann surrt etwas von hinten an ihrem Ohr vorbei – der Pfeil verfehlt sie nur um Zentimeter und trifft stattdessen ihren Begleiter, der einen erstickten Ton des Schmerzes von sich gibt. Für Sekundenbruchteile erstarrt sie vor Schreck, dann will sie sich umdrehen, den Verfolgern in die Augen sehen, die sie nun doch eingeholt haben. Doch bevor sie sich auch nur halb umgewendet hat, bewegt sich ihr Begleiter mit einem Mal schneller, als sie reagieren kann - sie spürt einen heftigen Stoß in Richtung der glühenden Felswand, und dann... Fallen... Endloses Fallen... Kapitel 1: Ankunft ------------------ Keuchend fährt Elena aus dem Schlaf auf. „Schon wieder dieser Traum…“, murmelt sie leise in das dunkle Zimmer hinein, wohl wissend, dass es mehr ist als nur das. Ein Traum - nein, eine Erinnerung. Sie wischt sich den Schweiß von der Stirn und gleitet aus den Laken heraus. Von nebenan dringt lautes Schnarchen, doch das stört sie nicht – in den letzten Monaten hat sie sich an alle erdenklichen nächtlichen Geräusche gewöhnt; pures Schnarchen gehört da noch zu den angenehmeren. Auf nackten Fußsohlen durchquert sie das kleine Zimmer, zum Fenster hin. Durch die zugezogenen Gardinen dringt ein winziger Streifen Licht, der von der Straßenlaterne direkt vor dem Haus stammt - es ist noch mitten in der Nacht, und außer den lautstarken Schlafgeräuschen des Hausherrn ist nur das protestierende Fauchen einer Katze zu hören, die wohl einen gefundenen Leckerbissen an einen größeren Artgenossen abgeben muss. Dieses kleine, ruhige Dörfchen... Elena zieht die Vorhänge ein Stück zurück und blickt nach draußen, auf die stille verlassene Straße hinaus. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden die ersten Menschen hier entlanggehen, auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule, vielleicht auch nur zum nächsten Supermarkt. Menschen, die nicht wissen, dass es noch mehr gibt als nur diese Straße, dieses Dorf, dieses Land – diese Welt. Doch Elena weiß mehr, und sie ist auf der Suche. Auf der Suche nach… „Markel…“, flüstert sie leise, und ihre Augen sehen schon lange nicht mehr das Kopfsteinpflaster vor dem Haus. Stattdessen sieht sie ganz andere Steine, massiven Fels, grau und feucht, durch dessen Tiefe sich Tunnel graben, nach rechts, nach links, wieder nach rechts, wieder nach links, immer so fort, ohne Entrinnen, ohne Entkommen. Doch da ist diese große, beruhigende Gestalt vor ihr… Ihre Augen weiten sich, als sich alles noch einmal vor ihrem inneren Auge abspielt, und ohnmächtig ballt Elena die Fäuste, als schließlich der Pfeil an ihr vorbeisaust und den Mann trifft, dessen Gesicht sie noch ein letztes Mal sieht, bevor sie fällt. Traurig lächelt er sie an, bevor ein gebrüllter Befehl ertönt und das ihr gut bekannte Geräusch einer Bogensehne ertönt, die losgelassen wird und ihr tödliches Geschoss freigibt. Nein! Elena unterdrückt ein leises Wimmern und schüttelt wild den Kopf, um diese Gedanken los zu werden. „Elena“, flüstert sie sich selbst beruhigend zu. „Du hast heute noch einiges vor dir. Du solltest schlafen. Also ab ins Bett!“ Ein kaum hörbares Seufzen noch, dann zieht sie die Vorhänge wieder zu und geht zurück zum Bett. Bevor sie sich hinlegt, betrachtet sie den großen Koffer, der daneben steht, und von dem sie weiß, dass er vollgepackt ist mit den wenigen Besitztümern, die sie ihr Eigen nennt. Ja, sie hat heute wirklich noch viel vor. Der Schlaf wird dringend nötig sein. Doch auch nachdem Elena wieder im Bett liegt, findet sie keine Ruhe - erst als draußen auf der Straße das erste Motorengeräusch des Tages zu hören ist, fällt sie in einen unruhigen Schlummer. Nicht lange danach wird Elena erneut jäh aus dem Schlaf gerissen – diesmal jedoch von dem misstönenden Geräusch ihres Weckers, der ihr bedeutet, dass es langsam an der Zeit ist, den Tag zu beginnen. Sich müde räkelnd und streckend, schwingt die junge Frau die Beine aus dem Bett, wirft sich ihren Morgenmantel über und geht zur Zimmertüre, wo sie erst einmal stehen bleibt und lauscht. Im Haus ist noch alles still – sie ist wohl wie immer die Erste, die wach ist. Vorsichtig öffnet sie die Tür und späht zu beiden Seiten hinaus. Nein, niemand zu sehen, niemand zu hören. Also bleibt ausreichend Zeit für eine heiße Dusche, bevor sie das letzte Mal in diesem Hause ihr Tagewerk beginnt. Schnell huscht sie noch einmal zurück, um die Kleidung zu holen, die sie sich für den Tag bereit gelegt hat – eine einfache Jeans und ein warmer Pullover, den ihre Ziehmutter ihr zum letzten Weihnachtsfest gestrickt hat. Elena muss schmunzeln bei dem Gedanken an ihre Pflegeeltern – zwei wundervolle Menschen, die sie wie ihr eigenes Kind lieben, obwohl keiner ihnen sagen konnte, wer dieses Mädchen, dass sie damals bei sich aufnahmen, überhaupt war oder woher sie kam. Und Elena selbst konnte und kann es ihnen nicht sagen. Will es ihnen nicht sagen. Und trotzdem lieben sie Elena aus tiefstem Herzen. ‚Und auch ich habe sie sehr gerne’, denkt Elena mit einem Lächeln, als sie die Badezimmertüre hinter sich zuschließt und den Morgenmantel von ihren Schultern gleiten lässt. ‚Aber ich hätte sie nie so sehr lieben können, wie meine wahren Eltern.’ Ein Schatten huscht über das Gesicht der jungen Frau, als sie plötzlich das Antlitz ihrer Mutter vor sich sieht, ebenso fein geschnitten wie ihr Eigenes, mit den gleichen grün leuchtenden Augen – nur die Haarfarbe hat Elena eindeutig von ihrem Vater geerbt. Denn während Elenas Mähne dunkelblond schimmert, waren die Haare ihrer Mutter von einem dunklen Kastanienbraun gewesen, das in der Abendsonne immer rot geleuchtet hatte. Gewesen… Sie starb, als Elena noch ein junges Mädchen war, doch die Erinnerungen an ihre Liebe und Nähe trägt Elena ständig wie einen kleinen Schatz bei sich, um sie regelmäßig hervorholen und sich an ihnen erfreuen zu können in dieser seltsamen Welt, die ihr oft so trübe und trostlos vorkommt. Wie traurig waren doch ihre Zieheltern, als sie ihnen mitteilte, dass sie fortgehen würde, um ihren Vater zu finden. Und doch ließen sie Elena ziehen, verstanden ihren Wunsch, zu ihren Wurzeln zurückzukehren, auch, wenn die Suche Monate oder Jahre dauern würde. Elena hatte die Aussicht einer solch langen Suche nicht davon abgehalten, ihre wichtigsten Sachen zusammenzupacken und sich auf den Weg zu machen – immer der Nase nach, von einem Ort zum nächsten, immer nur so lange an einer Stelle verweilend, bis sie genug Geld beisammen hatte, um sich die Fahrt in die nächste Stadt und eine billige Bleibe dort leisten zu können. Sie hat viele Jobs angenommen, um sich über Wasser zu halten, doch mittlerweile hat die junge Frau Gefallen am Dasein eines Kindermädchens gefunden. Sie mag Kinder, und Kinder mögen sie – ihre freundliche, offene Art, ihr herzliches Lachen – und ihre Kochkünste. Damals, bei ihren Eltern, ist sie häufig in die Küche geschlüpft und hat zugesehen, wie allerlei Köstliches auf dem Herd zubereitet wurde, und hat daraus gelernt. Nun steht sie täglich selbst in der Küche, leise vor sich hinsummend und den Kochlöffel schwingend, während die Kinder in ihrer Obhut um sie herum tollen und ständig um etwas zu Naschen betteln. Elena steigt unter die Dusche und dreht das Wasser auf. Sanft prasseln die warmen Tropfen auf sie nieder, während sie an die beiden Zöglinge des Hauses denkt – Tim und Dieter, die beiden kaum müde zu kriegenden Bengel. Sie lächelt bei dem Gedanken – die beiden sind gute Kinder, und Elena weiß, dass sie sie vermissen wird – und doch wird sie ihnen heute Lebewohl sagen müssen. Ihre Zeit bei den Heinemanns ist vorbei, sie wird weiterziehen. Sie muss weiter, denn auch hier hat sie nicht gefunden, wonach sie sucht. Doch nun wird es Zeit für ihren letzten Arbeitstag, bevor der Zug sie des Abends in neue Gefilde bringen wird. „Musst du denn wirklich schon gehen?“ Dieters kleines Gesicht blickt tränennahe zu Elena auf. „Ja, Dieter – es geht leider nicht anders. Aber ich werde euch ganz sicher furchtbar vermissen.“, antwortete die junge Frau mit einem Lächeln und wuschelt freundlich durch die Haare des Jungen. „Warum musst du weg?“, wirft Dieters Bruder Tim ein, der mit tief in die Hosentaschen geschobenen Händen am Bahnsteig Steine vor sich hintritt und gar nicht begeistert wirkt. „Tim!“, weist ihn seine Mutter zurecht. „Elena hat viel zu tun. Wenn sie weg muss, musst du das nun einmal akzeptieren!“ „Ist schon gut.“, unterbricht Elena sie lachend, geht zu Tim hinüber und lässt sich neben ihm auf ein Knie sinken, um ihm in die Augen schauen zu können. Zuerst dreht er schmollend sein Gesicht weg, sieht sie dann jedoch mit hoch in die Luft gerecktem Kinn an. „Hast du dann andere Kinder lieb, wenn du woanders bist?“ Seine Miene ist ernst, als er das fragt, aber Elena muss ein Kichern unterdrücken. Doch sie fängt sich schnell. „Es gibt viele Kinder auf dieser Welt, und ich habe sehr viele davon gern, Tim. Aber euch beide werde ich immer ein Stückchen lieber haben.“, entgegnet sie mit schelmischem Funkeln im Blick, als plötzlich das Signal zum Einstieg über den Bahnsteig pfeift und Elena auffährt. „Es ist soweit, ihr zwei.“, lächelt sie und umarmt beide Kinder noch einmal. Dieter zieht lautstark die Nase hoch, vergießt jedoch keine Träne. Schließlich ist er mit seinen 5 Jahren schon ein großer Junge! Elena schmunzelt über die beiden Kleinen, dann wendet sie sich an die Eltern. „Vielen Dank für alles. Es war eine sehr schöne Zeit.“ „Nein nein, Elena, wir haben dir zu danken!“, lacht der Hausherr, dessen Lachen mindestens genauso laut ist wie sein nächtliches Schnarchen. „Du hast dich gut um die Beiden gekümmert, während wir bei der Arbeit waren. Es wird nicht einfach sein, wieder ein solch zuverlässiges Kindermädchen zu finden. Hier.“ Mit diesen Worten drückt er ihr einen Geldschein in die Hand, und Elena blickt ihn ungläubig an – schließlich hat sie gestern bereits das ausstehende Gehalt für den letzten Monat bekommen. „Herr Heinemann, das kann ich nicht…“, aber sie wird von seiner Frau unterbrochen. „Doch, Elena, das kannst du. Du hast es dir verdient.“, lächelt Frau Heinemann sanft und schiebt Elena dann sanft in Richtung des wartenden Zuges. „Und nun solltest du auf weitere Diskussionen verzichten und einsteigen, sonst sitzt du hier am Ende noch fest, bis der nächste Zug kommt. Nicht, dass Dieter und Tim was dagegen hätten…“, ergänzt sie mit einem schmunzelnden Seitenblick auf die beiden Knaben, die jede von Elenas Bewegungen traurig verfolgen. „Danke noch einmal. Vielen Dank.“, sagt Elena zum Abschied, und ihr Herz ist schwer, als Herr Heinemann ihr dabei hilft, den Koffer in den Zug zu hieven. „Benehmt euch, ihr Beiden, ja?“, ruft sie den Jungs noch aufmunternd zu, dann steigt sie schließlich ein. Ein weiteres Pfeifen ertönt, und die Zugtüren schließen sich. Sie sucht sich einen Platz am Fenster, um den Heinemanns noch zuwinken zu können, bis der Zug den Bahnsteig verlassen hat. Dieter winkt eifrig zurück, doch Tim tritt wieder schmollend nach Kieselsteinen. Erst im letzten Moment blickt er auf, um ihr noch einen Blick zuzuwerfen, dann werden die vier Menschen auf dem Bahnsteig immer kleiner und kleiner, bis sie schließlich ganz aus Elenas Blickfeld verschwunden sind. Sie ist wieder unterwegs. In die nächste Stadt, um ein weiteres Kapitel ihrer Suche aufzuschlagen. Wie lange reist sie bereits so herum? Wann hat sie ihre Zieheltern verlassen? Manchmal kommt es ihr wie gestern vor, im nächsten Moment scheinen es Jahrzehnte zu sein. Vorletztes Jahr ist es gewesen, im Frühling. Also ist sie nun schon seit fast zwei Jahren auf ihrer großen Reise, immer weiter, immer weiter. An so vielen Orten ist sie bisher gewesen, und fast immer hat sie dort wundervolle Menschen getroffen, die sie aufgenommen und ihr Arbeit gegeben haben. So viele Menschen, die ihr geholfen haben auf ihrem Weg… Ihre Gedanken und das sanfte Ruckeln des Zuges machen sie langsam dösig, und es dauert nicht lange, bis die Schlaflosigkeit der letzten Nacht ihren Tribut fordert und Elena nicht mehr dagegen ankämpfen kann. Knapp eine halbe Stunde nach Abfahrt des Zuges sinkt sie in einen leichten Schlaf… Sie gleitet lautlos durchs Unterholz, achtet genau darauf, wohin sie ihre Schritte setzt, um kein Geräusch zu erzeugen. Von irgendwoher hört sie besorgte Rufe, und sie weiß, dass nach ihr gesucht wird, doch sie ignoriert die weibliche Stimme, die sie beständig zu sich zitieren will. Sie versteht nicht, warum nur Jungen durch den Wald streichen dürfen, während Mädchen sittsam zuhause bleiben und Nähen und Stopfen lernen sollen. Also schleicht sie sich regelmäßig fort, um hier im dunkelgrünen Dickicht ihre eigenen kleinen Abenteuer zu erleben und sich vorzustellen, wie es wäre, als Spionin des Königs auf einem heimlichen Streifzug zu sein oder in seinem Auftrag in den tiefsten Tiefen des Waldes nach verschollenen Artefakten zu suchen. Heute soll sie eine Gruppe Verräter belauschen, die auf einer Lichtung ihr Lager aufgeschlagen haben und jetzt wahrscheinlich Komplotte gegen den König schmieden. Das darf sie nicht zulassen! Vorsichtig steigt sie über einen umgefallenen Baumstamm hinweg, nutzt alle Deckung aus, die ihr Bäume und Sträucher bieten, und achtet sorgfältig darauf, nicht in die Sonnenflecken zu treten, die vereinzelt durch das Blätterdach fallen. Immer näher gelangt sie so an den Ort, an dem die Untreuen sich befinden müssen, und mit jedem Schritt wird die Gefahr größer, entdeckt zu werden, sobald sie eine falsche Bewegung macht. Doch das passiert ihr natürlich nicht – nein, sie ist Bestens ausgebildet und weiß, wie sie mit dem Wald verschmelzen kann, als wäre sie ein Teil von ihm. Und sie ist stolz darauf! Keiner ihrer Mit-Lehrlinge hat es je geschafft, so unbemerkt umherzuschleichen wie sie, niemand konnte ihr je das Wasser reichen, wenn es darum ging… Doch plötzlich geschieht das Unfassbare: Sie bleibt mit den Fuß an einer verborgenen Wurzel hängen, stolpert und rollt mit lautem Holterdiepolter den kleinen Hand zur Lichtung hinunter, wo sie auf dem Hosenboden sitzen bleibt und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Hinterkopf reibt. „Autsch…“ murmelt sie vor sich hin und beginnt gleich darauf kräftig zu fluchen. Melara, ihre Amme, würde sie an den Ohren ziehen und in ihr Zimmer verbannen, wenn sie das hören würde; doch glücklicherweise ist Melara zur Zeit ganz weit fort und sucht wahrscheinlich gerade die Stallungen – ein weiterer wundervoller Platz für imaginäre Abenteuer - nach ihrem Schützling ab. Und würde natürlich nichts finden. Sie kichert leise bei dem Gedanken an ihre fuchsteufelswilde Amme, wie sie mit wedelnden Armen und angstvollem Gesicht nach dem „armen Mädchen“ sucht und alle anderen damit verrückt macht, die einfach nur seufzen und mit dem Satz „Sie ist ein Kind – lass sie spielen!“ antworten, woraufhin Melara nur noch enthusiastischer sucht, da Herumstreunen und sich die Kleidung schmutzig machen schließlich kein Spiel für eine angehende junge Frau ist! Ihr Kichern scheint etwas aufgescheucht zu haben, denn aus den Augenwinkeln sieht sie ein blitzschnelles Huschen über den sonnenbefleckten Waldboden. Die Gedanken an Melara sind wie fortgewischt, und neugierig, aber vorsichtig, krabbelt sie auf allen Vieren der Bewegungsquelle hinterher. Suchend schaut sie sich um und entdeckt einen winzigen schwarzen Kopf, der zwischen dem dichten Geäst eines Busches hervorlugt und sie mit großen dunklen Augen beobachtet. „Hallo du.“, lächelte sie freundlich und rückt etwas näher an den Strauch heran, woraufhin sich der Kopf sofort zurückzieht und ein leises Rascheln von der Bewegung des Tieres zu hören ist. „Hab keine Angst.“, flüstert sie weiter. „Ich tue dir nichts, versprochen.“ Wieder bewegt sich das kleine Lebewesen im Inneren des Busches, bleibt jedoch zwischen den Blättern verborgen. „Komm doch heraus. Ich will dich doch nur einmal anschauen.“ Wieder keine Reaktion. „Dir passiert nichts. Ich verspreche es.“, sagt sie weiter leise, doch im Busch rührt sich nichts. „Du musst es locken.“, ertönt plötzlich eine Stimme hinter ihr, und sie fährt erschrocken zusammen. Der Zug holpert kräftig über eine Unebenheit der Schienen, doch schnell stellt sich das übliche Schaukeln wieder ein, und Elena schlummert weiter. „Du musst es locken. Mit irgendwas zu Fressen.“ Am Rande der Lichtung steht ein Junge, schätzungsweise zwei oder drei Jahre älter als sie, groß, schlaksig, mit honigblondem Haarschopf, der ihm in alle Richtungen steht. Sie legt den Kopf schief. „Wer bist du?“ Er antwortet nicht, sondern geht auf sie zu. „Du musst es locken, wenn du willst, dass es herauskommt.“ „Ich hab aber nichts dabei.“, antwortet sie und zieht einen Schmollmund. Hält er sie denn für blöde? Wenn sie etwas zu fressen für das Tier dabei hätte, hätte sie doch schon längst versucht, es damit aus dem Busch hervorzuholen! „Hier.“, entgegnet der Junge nur und holt einen Brocken Trockenfleisch aus dem Beutel hervor, der an seinem Gürtel hängt. Sie blickt ihn skeptisch an, nimmt dann jedoch das Fleisch entgegen und versucht erneut ihr Glück. „Hey Kleiner – hast du Hunger?“ Sie hält das Stück Fleisch vorsichtig in die Nähe des Busches, und tatsächlich lugt sofort eine schnuppernde Nase daraus hervor – mehr jedoch nicht. Doch sie fühlt sich in ihrem Bemühen bekräftigt, und mit aufmunterndem Lächeln nähert sie die Hand mit dem Fleisch der hervorschauenden schwarzen Nase. Schwupps! Blitzschnell fährt der Kopf des Tieres hervor, die kräftigen Zähne schnappen sich den Fleischhappen, und ebenso flott ist nichts mehr von dem Kleinen zu sehen. Jetzt schmollt sie erst richtig und lässt sich nach hinten auf den Hosenboden fallen. „Das ist gemein.“, murmelt sie verdrießlich vor sich hin, dann sieht sie den Jungen neben sich an. „Hast du noch mehr davon?“ Der Knabe grinst nur, öffnet seinen Beutel und drückt ihr ein paar weitere Stücke in die Hand, dann setzen sich die beiden Kinder gemeinsam vor den Busch und warten darauf, dass die schwarze Nase wieder erscheint und nach mehr von den Köstlichkeiten verlangt. Sie müssen nicht lange warten, bis der kleine Waldbewohner den Kopf hervorstreckt und die Beiden auffordernd anblickt. Die schwarzen Knopfaugen funkeln begeistert, als das Tier einen weiteren Fleischbrocken vor die Nase gestreckt bekommt, diesen mit dem gleichen Enthusiasmus wie beim ersten Mal schnappt und damit im Geäst des Busches verschwindet, um es dort zu fressen. Mit jedem Stück, dass die Kinder dem marder-ähnlichen Tier anbieten, wird es mutiger, bis es schließlich den letzten Brocken direkt vor dem knienden Mädchen verspeist und sich dabei ausgiebig streicheln lässt. Über beide Wangen glücklich strahlend, schaut sie den Jungen neben sich an: „Mein Name ist Eleonora. Und wer bist du?“ Er grinst zurück. Ein breites, spitzbübisches Grinsen, die Zähne blitzen weiß in dem staubverschmierten Gesicht – er wirkt wild und dennoch sympathisch mit diesem Lachen und den störrisch abstehenden Haaren. Dieser Junge, wenige Monate später. Er schwingt ein Holzschwert, träumt von einem Leben als Ritter, ficht mit ihr zusammen heimlich im Wald, weil niemand ihr sonst erlauben würde, ein Schwert in die Hand zu nehmen, und sei es nur aus Holz. Wieder der gleiche Junge, dieses Mal ein paar Jahre später. Er grinst immer noch genauso, doch seine langen Zotteln werden nun von einem Band im Nacken zurückgehalten, und er trägt eine blitzende, frisch polierte Rüstung, die ihm noch viel zu groß ist. Es ist die seines Vaters, und voller Stolz posiert der junge Mann, vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, und ihr Herz pocht wild bei diesem Anblick. Die Bilder sausen immer wieder, immer schneller, vor ihrem geistigen Auge vorbei, und Elena wälzt sich unruhig im Schlaf, kneift abwehrend die Augen fest zusammen, will wach werden. Als Letztes sieht sie wieder den Knaben im Wald, der sie mit blitzenden, blaugrauen Augen anlacht. „Ich bin…“ Mit einem leisen Aufschrei schreckt Elena aus dem Schlaf hoch. „Samuel!“, keucht sie und atmet schwer ob des lebhaften Traumes. Nein, auch das ist kein Traum gewesen. Es ist wirklich passiert, vor langen Jahren, in einem fernen Leben, an das sie sich nur noch durch ihre Träume erinnert. In dem Leben, dem sie gerade hinterher jagt! Dieser Traum will ihr etwas sagen, das spürt sie intuitiv. Hektisch blickt sich Elena um, hört die Ansage des Schaffners, der die nächste Haltstelle ausruft, und greift entschlossen nach ihrem Koffer. Sie muss hier heraus! Egal, was das für ein Ort sein mag, an dem der Zug nun Station macht – er hält etwas für sie bereit. Etwas aus ihrem früheren Leben. Der Zug stoppt, und Elena springt heraus – auf einen weiteren Bahnsteig, wie sie es in den letzten Jahren so häufig getan hat, einer weiteren neuen Stadt entgegen. Und dennoch ist dieses Mal alles anders. Die Luft riecht nach Hoffnung. Kapitel 2: Kindermädchen ------------------------ Ein winziger Sonnenstrahl kämpft sich seinen Weg durch die Wolken und bestrahlt glitzernd eine Pfütze, die vom letzten Regenfall übrig geblieben ist. Gedankenverloren steht Elena an der Bushaltestelle und blickt auf die Straße hinaus, ohne die Schönheit des Lichtspiels auf der Wasseroberfläche wahrzunehmen. Seit drei Tagen ist sie nun schon in dieser Stadt, doch außer ihren ständig wiederkehrenden Träumen hat sie noch keinen Hinweis auf ihre Vergangenheit gefunden. Und doch wird sie das Gefühl nicht los, dass sie nicht aufgeben darf, dass sie weitersuchen muss, und dass sie früher oder später etwas finden wird. Was genau das sein soll? Elena weiß es nicht. Sie weiß nur, dass sie es erkennen wird, wenn sie darauf trifft, was auch immer es sein mag. Der Bus, der mit gemächlichem Quietschen vor ihrer Nase zum Stehen kommt und den Blick auf die schillernde Pfütze unterbricht, reißt sie aus ihren Gedanken. Stimmt, erst einmal hat sie andere Probleme: Wenn sie länger in dieser Stadt bleiben will, um ihre Suche so gründlich wie möglich fortsetzen zu können, braucht sie einen Job! Also steigt die junge Frau ein, löst beim Fahrer ein Ticket und sucht sich einen freien Sitzplatz. Es ist vormittags, kurz nach Schulbeginn, daher ist der Bus bis auf einige ältere Menschen und verspätete Bürohengste leer, und sowohl die Sitzbank vor als auch hinter Elena ist nicht besetzt. Mir einem leisen Seufzer massiert sich Elena den Nacken – das Bett in ihrem kleinen Hotelzimmer ist nicht gerade bequem, weshalb sie sich nun fühlt, als hätte sie auf Beton geschlafen. Doch immerhin ist es günstig, und das ist schließlich das Hauptargument für die Auswahl einer Bleibe, vor allem, wenn man nicht weiß, wie lange man noch von seinem Ersparten leben muss. Mit einem unsanften Rucken setzt sich der Bus in Bewegung, und Elena geht in Gedanken noch einmal die Stellenanzeigen durch, die sie in den Zeitungen der letzten Tage gefunden hat. Bedauerlicherweise ist keine Anzeige für ein Kindermädchen darunter, doch ein Bäcker im nächsten Stadtteil sucht eine Aushilfskraft im Verkauf. Und genau dorthin ist Elena nun unterwegs, um sich direkt persönlich vorzustellen und hoffentlich einen guten Eindruck zu hinterlassen. Der Geruch von frischem Backwerk… Eine Erinnerung steigt in ihr hoch, an einen Duft aus ihrer Kinderzeit, wenn morgens in aller Frühe die großen Steinöfen geheizt wurden. Es ist fast, als könne sie es tatsächlich riechen, dieses ganz besondere Brot mit der geheimen Kräutermischung, deren Zusammensetzung Sophiern immer so streng geheimgehalten hat. Sophiern? Wer ist Sophiern? Elena stockt in ihren Gedanken, versucht sich zu erinnern - die Erklärung ist zum Greifen nahe, und doch… Wütend ballt Elena die Faust, so feste, dass ihr ganzer Arm zittert. Wieso kann sie sich nicht erinnern? Wieso kommen ihr immer nur diese winzigen Fragmente ins Gedächtnis, ohne Sinn und Zusammenhang? Wieso…? „Hach du meine Güte, was für ein Wetter.“, hört sie plötzlich eine raue, aber eindeutig weibliche Stimme neben sich. „Ist neben Ihnen noch frei, junges Fräulein?“ Elena blickt nach oben und sieht in das lächelnde Gesicht einer älteren Dame, um deren Augen herum sich freundliche Lachfalten bilden. „Ähm – ja – natürlich.“, stottert Elena, beschämt ob ihrer Gedankenverlorenheit, und deutet einladend auf den freien Platz neben sich. „Bitte sehr.“ „Dankeschön.“, lächelt die Dame und lässt sich mit einem erleichterten Seufzer neben Elena sinken. „Es ist viel zu nass draußen. Das geht mir sofort in die alten Knochen, wissen Sie.“ Nass? Verwundert Elena schaut zum Fenster hinaus, und tatsächlich: Es regnet schon wieder. Wie gut, dass sie vorhin noch ihren Schirm eingepackt hat! „Ja, es regnet sehr viel in letzter Zeit.“, wendet sie sich ihrer Nachbarin zu und nickt bestätigend. Eigentlich hat sie keine Lust auf eine Unterhaltung, doch unhöflich möchte sie auf keinen Fall reagieren. Ihr Gegenüber ist zwischen 60 und 65 Jahre alt – Elena tut sich immer schwer mit dem Schätzen, daher würde sie keine Garantie darauf geben -, trägt einen dicken Mantel und eine dazu passende Strickmütze, unter der ein paar sorgfältig drapierte silbergraue Strähnen hervorschauen. Trotz ihres Alters blicken die blassblauen Augen der Frau mit einer kleinen Portion Schalk in die Welt, und das gefällt Elena. „Aber bald wird es sicher wieder angenehmer.“, ergänzt sie also aufmunternd und wirft einen kurzen Blick auf die Anzeige im Bus, in der der Name der nächsten Haltestelle aufleuchtet. „Verzeihen Sie – ich wollte Sie nicht belästigen. Eine alte Frau, die sich die Busfahrt mit einem guten Schwätzchen vertreiben will, ist wohl leider nicht allzu gerne gesehen.“ Elena erschrickt regelrecht ob der Missinterpretation ihrer Gestik und hebt abwehrend die Hände. „Nein nein, bitte, so war das nicht gemeint. Ich kenne mich hier nur nicht aus, und war mich nicht sicher, wo...“, setzt sie hastig zur Entschuldigung an, wird jedoch von der Dame unterbrochen. „So ernst meinte ich das nicht.“, zwinkert die Ältere. Elena seufzt erleichtert und erwidert das Lächeln der Frau. Vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht, auf andere Gedanken gebracht zu werden. „Sie sind also fremd hier?“, fragt die Dame nun und blickt Elena mit zurückhaltender Neugierde an. Elena nickt nur. „Wissen Sie, meine Tochter ist auch erst vor Kurzem hierher gezogen, gemeinsam mit ihrem Mann und den Kindern.“, beginnt sie nun zu erzählen, und plötzlich wird ihr Blick sorgenvoll. „Sie ist gerade zum dritten Mal schwanger.“ „Aber das ist doch schön.“, wirft Elena mit einem Lächeln ein, doch die ältere Dame schaut nur noch ernster drein, und ihre Stirn legt sich in besorgte Falten. „Gibt es Komplikationen?“, fragt Elena also vorsichtig nach; sie ahnt, dass es wohl genau diese Frage ist, auf die ihre Sitznachbarin wartet, um guten Gewissens weitererzählen zu können. „Leider ja“, seufzt die Frau und rutscht in eine bequemere Sitzposition. Längere Zeit in einem Bus zu sitzen, ist selbst für Menschen jüngerer Generationen nicht gerade angenehm, das muss Elena zugeben. „Sie wurde gestern in die Notaufnahme gebracht, weil die Wehen eingesetzt haben - zwei Monate zu früh.“ Ein dramatisches Seufzen folgt auf diese Worte, und so sehr Elena das Schicksal der Tochter berührt, muss sie ein Schmunzeln unterdrücken. Alte Leute haben eine ganz besondere Art, ihre Geschichten zu erzählen und zu untermalen – jedoch eine durchaus liebenswerte Art. "Gott sei Dank haben sie das Kind retten können. Es ist schwach, doch es wird durchkommen, sagen die Ärzte. Wir machen uns natürlich trotzdem Sorgen, vor allem Mareike und Bernhard. Und Mareike muss sich auch erst noch erholen." Ein leichtes Kopfschütteln leitet das nächste Kapitel der Geschichte ein. "Der arme Bernhard... Er will so oft wie möglich bei ihr und dem Kleinen sein; aber er muss natürlich arbeiten, und sich dann auch noch um die anderen Beiden kümmern. Ich helfe ihm natürlich dabei, aber ich bin auch nicht mehr die Jüngste. Und Nina und ihr Bruder sind manchmal sehr anstrengend." Mit einem weiteren Seufzen betrachtet sie ihre alten, runzligen Hände, und Elena, die den letzten Sätzen in unterdrückter Aufregung gelauscht hat, wittert ihre Chance. „Vielleicht sollten Sie sich Hilfe dazuholen?“, wirft sie behutsam ein und wartet auf die Reaktion der Frau, die aus einem Seitenblick und einem leisen Schnauben besteht. „Das hat Mareike auch schon vorgeschlagen. Aber so kurzfristig findet man heutzutage keine Haushaltshilfe mehr, vor allem, wenn noch zwei Kinder mit im Spiel sind. Und obendrein nimmt man natürlich auch nicht die Erstbeste, wenn Sie verstehen, was ich meine.“ Verschwörerisch sieht sie zu Elena hinüber, und die junge Frau schließt aus diesen Worten, dass die Ansprüche der Älteren recht hoch gesteckt sein müssen. Dennoch kann sie diese Gelegenheit nicht einfach vorbeiziehen lassen und wagt einen Vorstoß. „Es mag wie ein dummer Zufall klingen, aber ich habe bereits mehrmals als Kindermädchen gearbeitet.“, äußert sie also vorsichtig. „Und ich suche gerade einen Job... Ich habe auch Empfehlungsschreiben der Familien, bei denen ich bisher war.“, beeilt sie sich zu ergänzen und beobachtet aufmerksam die Mimik ihrer Nachbarin. Ein prüfender Blick trifft sie und scheint sie von oben bis unten abzuschätzen, bis die Dame sie schließlich mit hochgezogenen Augenbrauen ansieht. „Das scheint wirklich ein seltsamer Zufall zu sein.“ Sie überlegt noch einmal kurz, dann beginnt sie zu lächeln. „Wissen Sie - Sie scheinen mir ein nettes Mädchen zu sein. Aber ob sie auch mit Nina und Kevin zurechtkommen – nun, ich denke, es auszuprobieren schadet nicht.“ Dankbar und glücklich strahlt Elena die Frau an – der Vorstellungstermin beim Bäcker ist vergessen... „Hängen Sie Ihre Jacke ruhig hierhin.“, bietet Frau Kranz an, und Elena folgt der Aufforderung, während sie sich im Flur des Hauses umsieht. Auf der restlichen Fahrt hierher haben sich die beiden Frauen über Elenas bisherige Erfahrungen unterhalten, und je mehr Frau Kranz dem potentiellen Kindermädchen ihrer Enkel zuhörte, desto zufriedener schien sie der Gedanke zu stimmen, die beiden Kinder in ihrer Obhut zu wissen. Doch die Feuerprobe steht ihr natürlich noch bevor. „Die Kinder sind momentan in der Schule. Um diese Zeit beginne ich üblicherweise zu Putzen und bereite das Mittagessen vor.“ Die Ältere streift sich mit leisem Ächzen die Schuhe von den Füßen und schlüpft in bereitstehende Pantoffeln. „Meine Tochter hat leider keine Hausschuhe für Gäste – obwohl ich ihr schon ein paar Mal gesagt habe, sie solle doch endlich einmal welche kaufen!“ Elena zieht eine Augenbraue hoch – sie würde sich von ihrer Mutter auch nichts sagen lassen, wenn es um ihre eigene Wohnung ginge. Wenn sie denn eine hätte, versteht sich. Doch das erwähnt sie lieber nicht laut, um es sich nicht mit Frau Kranz zu verscherzen. „Das macht nichts.“, entgegnet sie also und zieht ihrerseits die Schuhe aus. „Ich habe bei solchem Wetter immer dicke Socken an.“ Wohlwollend nickt Frau Kranz ob der Voraussicht der jungen Frau, und geht dann voraus in die Küche, wohin ihr Elena auf dem Fuße folgt. Es ist eine erstaunlich große Küche, in die durch zwei Fenster jede Menge Licht fallen würde – doch anstatt strahlenden Sonnenscheins sieht man durch die fröhlich weißen Gardinen nur den Garten des Hauses, der unter der Last des grauen Himmels einzugehen scheint. Bei diesem Anblick wünscht sich Elena wieder den Sommer herbei, doch darauf würde die Welt noch ein paar Monate warten müssen. „Ich erinnere mich noch sehr genau daran, wie die Beiden damals den Entschluss fassten, endlich ein Haus zu kaufen und hierher zu ziehen.“, berichtet Frau Kranz und tritt neben Elena. „Es wurde auch langsam Zeit mit den zwei Kindern! Es ist doch immer noch besser, etwas außerhalb aufzuwachsen als in einer Großstadt - Kinder müssen herumtollen können, am Besten in der freien Natur! Und ich war sehr froh, Mareike wieder in meiner Nähe zu haben - sie haben vorher recht weit weg gewohnt, und ich habe keinen Führerschein. Es war immer eine Tortur, mit der Bahn dorthin zu kommen!!!“ Sie schüttelt unwirsch den Kopf, dann schaut sie kurz zu Elena hinüber, die den Blick interessiert erwidert, und sieht dann wieder zu den großen Fenstern hinüber. „Diese Fenster haben Mareike so gut gefallen - sie wollte schon immer eine große und helle Küche haben. Das war mit ein Grund, weshalb die Entscheidung im Endeffekt auf dieses Haus gefallen ist. Doch genug abgeschweift, ich muss hier fertig sein, bevor die Kinder kommen.“ Und schon schreitet Frau Kranz zur Tat und holt aus einer kleinen Abstellkammer einen Eimer und einige Lappen hervor. „Sie scheinen bisher ganz schön weit herumgekommen zu sein, Ihren Erzählungen im Bus zu Folge.“, beginnt die ältere Dame, während sie ein paar Tropfen Reiniger in den Eimer gibt und ihn daraufhin in der Spüle mit heißem Wasser volllaufen lässt. „Wie kommt es, dass Sie so viel herumreisen? Gab es in Ihrem Heimatort nichts, was sie gehalten hätte? Falls ich das fragen darf, versteht sich.“, erkundigt sie sich und schaut kurz auf und zu Elena hinüber, bevor sie ihre Konzentration wieder auf den bereits halb vollen Eimer richtet. Das ist eine Frage, mit der sie jedes Mal konfrontiert wird, daher ist Elena nicht überrascht, sie auch dieses Mal wieder zu hören. Anfangs hatte sie sich überlegt, sich eine Geschichte auszudenken, die sie als Antwort auf diese Frage präsentieren kann, etwas, das nicht so kurios klingt wie die Wahrheit. Doch sie mag es nicht, andere Menschen anzulügen, vor allem nicht, wenn sie so freundlich zu ihr sind wie die Familien, bei denen sie bisher gearbeitet hat. Also wird sie auch Frau Kranz nicht anlügen. „Ich bin auf der Suche nach meinem Vater und hangle mich an Hand von kleineren - und manchmal auch größeren - Hinweisen von Stadt zu Stadt und hoffe, ihn irgendwann zu finden.“ Dass ihre „Hinweise“ aus Träumen bestehen, verschweigt sie geflissentlich. „Hm...“, macht Frau Kranz und verzieht nachdenklich das Gesicht. Der Eimer ist mittlerweile voll, und sie dreht das Wasser ab und hievt den nun schweren Eimer aus der Spüle. „Warten Sie, ich mache das!“ Elena eilt zu Hilfe und nimmt der Älteren den Eimer aus der Hand. „Danke.“, ächzt Frau Kranz und winkt Elena, ihr aus der Küche heraus zu folgen. „Wir fangen im Wohnzimmer an. Dann arbeiten wir uns durch das Schlaf- und die Kinderzimmer, und dann geht es im Bad weiter.“, erklärt sie ihren üblichen Putzrundgang und geleitet Elena in das gemütlich dreinschauende Wohnzimmer des Hauses. „Das heißt also, Sie finanzieren mit dieser Arbeit Ihre Suche?“, nimmt die Dame das ursprüngliche Thema wieder auf, und Elena nickt. Sie tut es Frau Kranz gleich, durchnässt einen der Lappen, wringt ihn aus und beginnt, die Regale und Schränke abzuwischen. „Was wiederum heißt, dass Sie, sobald Sie an einem Ort nicht mehr weiterkommen oder Ihren nächsten Hinweis gefunden haben, auch wieder weiterziehen?“ Es ist mehr eine Feststellung als eine Frage, und Elena bleibt nichts anderes übrig, als aus ihrem zunächst unentschlossenen Kopfwackeln ein Nicken zu machen. „Doch üblicherweise warte ich so lange, bis die Familie einen Ersatz gefunden hat oder ich nicht mehr gebraucht werde. Ehrensache, verstehen Sie?“, lächelt Elena, um Frau Kranz gütlich zu stimmen. Doch die scheint ihr ihre Ehrlichkeit nicht übel zu nehmen, sondern wischt eifrig weiter und überlässt dabei mit Freuden die höheren Regale der jungen Frau an ihrer Seite. Eine Zeit lang putzen die beiden Frauen schweigend, dann unterbricht Frau Kranz die Stille. „Was ist mit Ihrer Mutter?“ Elena stockt in der Bewegung. Vor ihrem inneren Auge sieht sie wieder das Antlitz ihrer Mutter, sieht ihr Lächeln und das Funkeln in ihren smaragdgrünen Augen. Kurz kneift sie die Augen zusammen, um das Bild loszuwerden – ‚Nicht sentimental werden, Elena!’ -, dann schaut sie mit einem kleinen Lächeln, dass ihre Traurigkeit nicht verbergen kann, zu Frau Kranz hinüber. „Sie starb, als ich noch ein junges Mädchen war.“ Mit einer solchen Antwort hatte die ältere Dame scheinbar fast gerechnet, denn sie nickt abwesend, und ihre Augen sind voll Mitgefühl. „Es muss schrecklich sein, so früh die Eltern zu verlieren.“ Mit leiser Stimme fragt sie weiter. „War das, bevor oder nachdem Ihr Vater...“ Sie zögert kurz und sucht nach den richtigen Worten. „... Sie verlassen hat?“ „Davor. Und mein Vater hat mich nicht verlassen. Wir wurden getrennt, durch einen unglücklichen Zufall. Und ich weiß, dass er auch nach mir sucht, wo immer er jetzt sein mag.“ Zuversichtlich nickt Elena. Ja, ihr Vater sucht ganz sicher nach ihr! Nur wird es für ihn ebenso schwer sein, sie zu finden, wie andersherum - wenn nicht sogar noch schwerer... „Verstehe...“, murmelt Frau Kranz, obwohl sie eigentlich gar nichts versteht, und belässt es erst einmal dabei. Schweigend arbeiten sich die beiden Frauen durch den Rest des Wohnzimmers, und auch im Schlafzimmer will außer der üblichen Konversation über das Wetter, Frau Kranz’ gesundheitliche Beschwerden und anderer nur wenig interessanter Dinge keine Unterhaltung aufkommen. Erst als die beiden Frauen eines der Kinderzimmer betreten und Elena schmunzeln muss ob der gewohnten Unordnung eines kleinen Jungen, kommen sie wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. „Ach du meine Güte, wie sieht es denn hier aus?“, entfährt es Frau Kranz, als sie das Durcheinander sieht, und entschuldigt sich bei Elena. „Es ist doch jeden Tag das Gleiche bei dem Burschen... Ich weiß nicht einmal, wie er es immer wieder schafft, in so kurzer Zeit solch ein Chaos anzurichten!“ Entrüstet schüttelt sie den Kopf und beugt sich nach unten, um Kevins herumliegende Spielsachen einzusammeln. „Ich glaube, jeder Junge ist so. Mir wäre zumindest noch keiner begegnet, der Ordnung gehalten hätte.“, lacht Elena fröhlich und geht in die Knie, um der älteren Dame zu helfen. „Wahrscheinlich haben Sie schon mehr Jungen kennengelernt als ich, von daher muss ich es Ihnen wohl glauben.“ Mit einem Ächzen erhebt sich Frau Kranz wieder und dirigiert Elena, wo die vielen unterschiedlichen Spielzeuge ihren angestammten Platz haben - abgesehen vom Fußboden natürlich. Nachdem es in Kevins Zimmer bald wieder ansehnlich ausschaut, nehmen sich die beiden Frauen das Mädchendomizil vor, das direkt nebenan liegt. Hier schaut es nicht so wüst aus, dafür allerdings ist das Bett übersät mit unzähligen Kuscheltieren in allen erdenklichen Formen und Farben. „Ich nehme an, bei Mädchen schaut es auch immer genauso aus...?“, fragt die Ältere und hebt eine Augenbraue, als sie Elena ansieht. Diese lächelt nur und lässt den Blick noch einmal durch den Raum schweifen. „So ähnlich, ja. Die meisten haben nicht ganz so viele Kuscheltiere, aber dafür ist es hier weniger rosa als in anderen Zimmern, die ich bisher gesehen habe.“ „Sah es bei Ihnen auch so aus, als Sie klein waren?“ Ein wenig überrascht von der Frage, muss Elena kurz nachdenken, bevor sie antwortet. „Bei meinen Eltern zuhause hatte ich ein paar Puppen, die meine Mutter mir genäht hatte. Danach hatte ich nur noch ein Kuscheltier, das meine Pflegeeltern mir auf einem Jahrmarkt gekauft haben. Ich besitze es immer noch.“ Anstatt darauf einzugehen, dass Elena immer noch ein Plüschtier mit sich herumträgt, scheint die ältere Dame auf ganz andere Dinge Wert zu legen. „Ihre Mutter hat Puppen genäht? Ein höchst ungewöhnliches Hobby!“ Bewundernd zieht sie die Augenbrauen hoch. „Ja, sie hat das Handarbeiten sehr geliebt.“, antwortet Elena mit einem abwesenden Lächeln. „Doch leider habe ich ihre Begabung hierfür nicht geerbt - ich kann Knöpfe annähen und auch mal ein Paar Socken stopfen, aber für alles Weitere bin ich absolut unbegabt.“ Ein leichtes Kopfwiegen von Frau Kranz zeigt Elena, dass sie soeben einen Minuspunkt eingefahren hat – aber andererseits bringt es auch nichts, diese Unzulänglichkeit geheim zu halten. Zumal es schließlich nicht sonderlich häufig dazu kommt, dass in einem normalen Haushalt versiertere Handarbeitskünste notwendig sind. „Aber das hier kriegen Sie hin, oder?“, entgegnet Frau Kranz und reicht Elena eines der Plüschtiere, das sie gerade mit skeptischem Blick vom Bett gefischt hat. Die junge Blondine nimmt das Tier, einen blau-gelben Papageien, entgegen und betrachtet das Dilemma. Einer der filzenen Vogelfüße ist kurz davor, vom Körper des Kuscheltieres abzureißen, und hält sich gerade noch tapfer durch ein paar Fäden mit dem Papageienbauch verbunden – die nächsten Schmuseeinheiten der kleinen Besitzerin wird er wahrscheinlich nicht mehr überstehen. Die Reparatur des Stoffvogels erscheint Elena nicht sonderlich kompliziert. „Das sollte mit ein paar Stichen gemacht sein.“, lächelt sie der älteren Dame zu, woraufhin diese nickt. „Vielleicht könnten Sie dann schnell den Papageien nähen, während ich hier fertig sauber mache.“ In fragender Aufforderung hebt sie eine Augenbraue und blickt Elena, die zunächst kurz die Stirn runzelt, an. „Ähm – natürlich. Gerne.“ „Sehr gut. Ich bin gleich wieder da.“ Ein wenig unwohl fühlt sich Elena schon in ihrer Haut, als Frau Kranz das Zimmer verlässt, um Nadel und Faden zu holen. Die ältere Dame scheint recht wählerisch zu sein bei der Auswahl eines Kindermädchens, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass sie bisher noch niemanden gefunden hat, der der Aufgabe – zumindest in Frau Kranz’ Augen – gewachsen wäre. Elena seufzt; sie kann die Vorsicht und Skepsis bei der Auswahl der Kinderbetreuung nur zu gut verstehen, und dennoch findet sie es übertrieben, ausgerechnet ihre Handarbeitsfähigkeiten auf die Probe zu stellen. Nachdenklich betrachtet die junge Frau den Papageien in ihren Händen und denkt an den Tag zurück, an dem sie mit ihren Pflegeeltern zum ersten Mal auf einem Jahrmarkt gewesen war. Damals war sie noch ein sehr junges Mädchen gewesen und fühlte sich in ihrem neuen Leben hoffnungslos verloren, obwohl ihre frischgebackene Familie sich redlich um sie bemühte und ihr all die Liebe zukommen ließ, die auch leibliche Eltern ihren Kindern entgegen bringen. Dennoch kam sich Elena fremd und einsam vor, was sie erst in dem Moment kurz vergaß, in dem sie die bunten Lichter und sich drehenden Karusselle der Kirmes sah und mit großen und staunenden Augen an der Hand ihrer Pflegemutter durch die Gassen des Jahrmarkts lief. An diesem Tag aß sie das erste Mal Softeis und wunderte sich über die extreme Süße der kalten Masse, die ihr klebrig schmelzend auf die Finger tropfte. Doch das, was ihr von diesem Rummelbesuch am Lebhaftesten in Erinnerung geblieben ist, ist das Kuscheltier, dass ihre Eltern an diesem Tag kauften, weil Elena in stummer Faszination mit offenem Mund und der mittlerweile fast völlig vom Eis befreiten Waffel in der Hand vor einem Tisch mit stapelweise aufgeschichteten Plüschtieren stehen geblieben war. Ihre Pflegeeltern waren dem Blick des kleinen Mädchens gefolgt, der auf ein hellbraunes Stoffwiesel fixiert war; mit einem Lächeln hatte sich Elenas Pflegemutter schließlich zu dem kleinen Mädchen hinunter gebeugt und es sanft gefragt, ob es gerne eines der Tiere mit nach Hause nehmen würde. Ein entschlossenes Kopfschütteln war damals die Antwort. „Er war schwarz.“, hatte das Kind leise gemurmelt und dem Stand ruckartig den Rücken gekehrt. „Wer war schwarz?“, kam die behutsame Gegenfrage, doch Elena sah nur bittend auf und sagte, dass sie wieder nach Hause wolle. Ihre Zieheltern hatten sich gegenseitig verwirrt angesehen, und während ihre Mutter schließlich wieder Elenas Hand nahm und gemeinsam mit ihr zum Auto zurückkehrte, kaufte ihr Vater heimlich eines der Wiesel und schenkte es im Auto seiner jungen Tochter. Doch anstatt sich zu freuen, hatte Elena sich nur höflich bedankt, das Stofftier neben sich auf den Rücksitz gelegt und es keines weiteren Blickes bedacht. Elena lacht mit einem leisen Schnauben, als sie an diese schweigsame Autofahrt zurückdenkt. Das Plüschtier hatte sie dann auch noch im Auto liegen gelassen, und ihre Eltern waren nun erst recht betroffen, trauten sich jedoch nicht, ihr frisch gebackenes Kind nach dem Grund zu fragen, aus dem heraus es das Kuscheltier nicht haben wollte. Ihre Mutter war schließlich diejenige, die sich an den Satz erinnerte, dass „er“ schwarz gewesen sei, und die das vorher braune Wiesel einem Färbebad unterzog. Als sie schließlich das nun schwarze Plüschtier ihrer Tochter präsentierte, begannen die Augen des Mädchens zu leuchten, und in eben jenem Moment, in dem die kleine Elena liebevoll das Wiesel in ihre Arme nahm und es fest an sich drückte, war das Eis zwischen ihr und ihren Zieheltern gebrochen. Weiter kommt Elena in ihren Gedanken nicht, denn Frau Kranz kommt ins Zimmer zurück und reicht der jungen Frau Nadel, Faden und einen Fingerhut. Verdutzt dreht die Blondine das rote Plastikteil zwischen den Fingern. „Ich habe noch nie einen Fingerhut benutzt.“, gesteht sie. „Na, dann wird es aber Zeit! Sonst zerstechen Sie sich beim Nähen noch Ihre zarten Finger!“, empfiehlt Frau Kranz mit einem ernsten Nicken und überlässt Elena ihrer Aufgabe, während die ältere Dame sich erneut dem Putzen zuwendet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)