Was nach der Rache kommt! von Keb (Kaiba x Tea) ================================================================================ Kapitel 29: Kein baldiges Wiedersehen?! --------------------------------------- Mir fehlten die Worte. War Kaiba verrückt geworden mir so etwas zu schicken? „Dein Bruder ist verrückt geworden,“ sprach ich meinen Gedanken aus. Mokuba sah mich verständnislos an. „Wieso?“ fragte Mokuba. Kurzerhand holte ich den Inhalt aus dem Paket und hielt ihn hoch. Nun riss auch Mokuba seine Augen weit auf und starrte das was ich hoch hielt an. „Ja, du scheinst recht zu haben. Was soll das?“ wollte Mokuba wissen. „Wieso schickt er dir seinen weißen Mantel?“ Ja, es war wirklich sein weißer Mantel! Unglaublich! Kaiba rückte ihn doch sonst nie raus. Der Mantel war für ihn wie eine zweite Haut. Ich verstand wirklich nicht, warum er ihn mir schickte. Vorsichtig legte ich den Mantel über die Lehne des Sofas und schaute kurz Mokuba schulterzuckend an. „Keine Ahnung! Ich versteh es auch nicht,“ gab ich zu. „Da ist noch etwas drin,“ meinte Mokuba und deutete in das Paket. Er hatte recht, da war tatsächlich noch etwas drin. Zwei Sachen sogar. Ein Brief und noch mal etwas aus Stoff. Ich nahm den Brief in die Hand und öffnete den Umschlag. In Kaibas schöner Handschrift (Ja, Kaiba hatte wirklich eine schöne Handschrift. Nicht so wie die meisten anderen Männer.) waren einige Worte an mich gerichtet. „Liebe Tea, ich wünsche dir alles, alles Liebe und Gute zum Geburtstag! Auf dass deine Träume in Erfüllung gehen! Tut mir leid, ich bin nicht sonderlich gut in solchen Dingen. Hoffentlich ist dieses Paket auch wirklich an deinem Geburtstag angekommen. Wenn nicht, dann kann sich der Paketdienst warm anziehen... Wie dem auch sein. Du fragst dich sicher, warum ich dir meinen weißen Mantel schicke? Bin ich vielleicht verrückt geworden? Wer weiß! Vielleicht bin ich das ja wirklich. Nein, es hat einen anderen Grund. Und dieser Grund ist der: Da ich heute leider nicht bei dir sein kann, wollte ich, dass du wenigstens ein Teil von mir bei dir hast. Du kannst ihn auch gerne tragen. Doch denk dran... deine Freunde wissen von uns noch nichts. Ach ja, schau mal in die rechte Manteltasche! (Lies dann erst bitte weiter!)“ Verwundert starrte ich den Brief an. „Was schreibt er?“ wollte Mokuba wissen. „Ich soll in seine Manteltasche gucken,“ antwortete ich ihm. Ich legte den Brief zur Seite und nahm den Mantel wieder in die Hand. Mit der anderen Hand griff ich vorsichtig in die Tasche. Kaum hatte ich das berührt, was dort drin lag, kamen mir die Tränen. „Himmel, Tea! Was soll das alles? Warum weinst du jetzt?“ verlangte Mokuba zu wissen. Anstatt zu antworten holte ich es aus der Tasche. Es war einer seiner weißen Drachen mit eiskaltem Blick! Mokuba starrte die Karte an. Plötzlich sprang er auf. „Scheiße! Was soll das?“ fluchte er. Innerlich musste ich schmunzeln. In der Hinsicht war Mokuba genau so wie sein großer Bruder. Er konnte es auch nicht leiden, wenn er etwas nicht verstand. Aber welcher Mensch mochte das schon. „Mokuba, solche Ausdrücke kenne ich gar nicht von dir,“ sagte ich lächelnd. Er schlug sich erschrocken die Hand auf den Mund. „Tut mir leid, Tea. Das wollte ich auch eigentlich gar nicht sagen. Es ist mir einfach so raus gerutscht,“ entschuldige er sich und setzte sich wieder hin. „Ich erkläre dir gleich, was das soll. Aber erst muss ich den Brief zu ende lesen, sonst verstehe ich auch nicht alles,“ lächelte ich Mokuba an. Ich hatte den Brief geöffnet auf meinem Schoß liegen, so dass ich auch mit Mantel und Duell-Monster-Karte in der Hand ihn lesen konnte. „Ich dachte mir, dass mein Mantel vielleicht nicht reichen würde, also beschloss ich dir diese Karte in deine Obhut zu geben. Bitte gib gut auf beides Acht. Ich möchte es gerne wieder haben. Trotzdem fragst du dich immer noch, was das alles soll oder? Verständlich! Aber so richtig erklären kann ich es dir auch nicht. Es war ein Impuls, dem ich einfach gefolgt bin. Doch es soll auch ein Versprechen sein. Ein Versprechen, dass wir uns wiedersehen und zwar bald. Und diese beiden Dinge sollen dir zeigen, dass ich dich liebe und ich dir vertraue. In dem Paket ist noch etwas drin. Ich erwähne es, weil du es vielleicht bis jetzt noch gar nicht so richtig beachtest hast. Aber es ist der wichtigste Teil des Pakets: Dein Geburtstagsgeschenk! Das darfst bzw. sollst du behalten. Ich wünsche dir einen wunderschönen Geburtstag! Wir sehen uns sicher bald wieder. Dein Kaiba (Seto)“ Mir liefen Tränen über die Wange. „Dein Bruder kann ein richtiger Romantiker sein. Wusstest du das, Mokuba?“ sagte ich, nach dem ich den Brief zu ende gelesen hatte. „Seto und ein Romantiker? Das kann ich nicht wirklich glauben,“ lachte Mokuba. „Aber er ist einer,“ meinte ich und mir liefen noch immer die Freudentränen. Ich lass Mokuba den Brief vor. Als ich zu ende gelesen hatte, schaute ich Mokuba an, der mich anstarrte. Sein Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten. Plötzlich fing er an zu lachen. „Mein großer Bruder ist wirklich ein Romantiker,“ lachte Mokuba schallend. „Aber mach dich bitte nicht über ihn lustig,“ tadelte ich ihn. „Nicht doch. Das würde ich nie tun. Aber ich hätte wirklich nie gedacht, dass er so etwas kann. Ich finde das toll,“ kicherte Mokuba. Noch immer hatte ich den Mantel und die Karte in der Hand. Die Karte steckte ich in die Tasche zurück und stand auf. Schwungvoll schlüpfte ich in den Mantel. Mokuba fing wieder anzulachen. „Er ist dir viel zu groß! Das sieht echt albern aus,“ prustete er los. „Ach wirklich?! Ich dachte immer, dass deine Bruder und ich gleich groß wären,“ meinte ich sarkastisch und lachte dann auch. Schnell huschte ich ins Bad, wo ich einen Spiegel hatte, in dem ich mich ganz sehen konnte. Als ich mich sah, fing ich noch mehr an zu lachen. „Es sieht wirklich albern aus,“ stimmte ich Mokuba zu. Ich kehrte ins Wohnzimmer zurück und hielt Mokuba mein Handy hin. „Kannst du bitte ein Foto davon machen?“ bat ich ihn. Sofort stellte Mokuba das Handy auf Kamera und brachte sich in Position. Auch ich stellte mich in Position. Aus Spaß versuchte ich wie ein richtiges Model zu posen, doch das gelang mir nicht so gut. Fand ich, aber das war mir egal. War ja nur Spaß. „Du hättest Model werden sollen, Tea. Bist richtig fotogen,“ meinte Mokuba. Und er meinte es wirklich ernst. „Zeig mal her,“ sagte ich und Mokuba gab mir mein Handy zurück. Die Fotos waren wirklich nicht schlecht. Aber Model würde ich in diesem Leben sicher nicht werden. „Das finde ich am besten,“ meinte Mokuba. Also schickte ich dieses Bild Kaiba. „Was hast du gemacht?“ wollte Mokuba wissen. „Nur ein Beweisfoto für deinen Bruder. Wir schicken uns hin und wieder Fotos,“ erzählte ich ihm. Mokuba schaute mich strahlend an. „Also läuft es zwischen euch gut,“ stellte er fest. Verlegen schaute ich auf mein Handy, weil ich nicht wusste wohin ich sonst gucken sollte. „Ja, es läuft ganz gut,“ gab ich zu. Wie aus dem Nichts umarmte Mokuba mich. „Ich finde das richtig toll! Ihre beide würdet super zusammen passen. Viel besser als Seto und Yumi...,“ plapperte Mokuba und hielt sich dann rasch den Mund zu. „Dein Bruder hat mir von der Sache zwischen ihm und Yumi erzählt. Auch den Grund ihrer Trennung,“ beruhigte ich Mokuba. „Dann läuft es wirklich gut zwischen euch, wenn Seto schon mit dir über das geredet hat. Na ja, spätestens jetzt wäre es klar, dass meine Bruder voll auf dich steht,“ lachte Mokuba. Gerade als ich darauf etwas sagen wollte, klingelte mein Handy. Wer rief um diese Uhrzeit noch an? Blöde Frage. Rasch nahm ich das Gespräch an. „Hi!“ stieß ich freudig hervor. „Happy Birthday, Tea!“ gratulierte mir Kaiba. Im Augenwinkel sah ich, wie Mokuba mich wissend von der Seite an sah. „Dankeschön! Dein Paket kam übrigens genau richtig. Du brauchst also den Paketdienst nichts tun,“ lachte ich und Kaiba stimmte kurz mit ein. „Da bin ich aber erleichtert. Ich muss gestehen, dass ich etwas Angst vor Paketbringern habe. Die sind immer so unheimlich,“ sagte Kaiba und ich hörte aus seiner Stimme, dass er dabei grinste. „Du bist echt ein Spinner! Und ein hoffnungsloser Romantiker!“ neckte ich ihn. „Romantiker? Ich? Dann bist du eher diejenige die spinnt,“ lachte er. „Was denn? Ich finde es richtig süß von dir was du mir geschickt hast,“ sagte ich etwas empört. „Der Mantel hat dir aber nicht sehr gut gepasst. Ich hoffe, dass andere hat dir wesentlich besser gepasst,“ griente er. Das andere? Oh nein! Das eigentliche Geschenk von Kaiba hatte ich noch gar nicht aus dem Paket genommen. „Tja, was soll ich sagen...“ „Du hast es noch gar nicht raus genommen, stimmt´s?“ unterbrach Kaiba mich mit seiner Vermutung. Ertappt schwieg ich kurz. „Du kennst mich auch langsam etwas zu gut,“ meinte ich. „Da such ich mir Stunden lang einen Wolf um etwas Schönes zu finden und dann sind die gebrauchten Sachen, die ich auch noch wieder haben möchte, interessanter als das Geschenk. Ich glaub, das einfach nicht,“ lachte Kaiba laut los. Meine Wangen wurden rot. Oh Mann, wie konnte mir das nur passieren? „Mach dir nichts draus, Tea. Ich finde es süß, dass du dich so sehr über meinen Mantel und die Karte freust, dass du dein Geschenk vergessen hast,“ sagte Kaiba in einen liebevollen Ton. „Ich probiere es gleich an. Versprochen,“ gab ich ihm mein Wort. „Du wirst wahrscheinlich, wenn du es erst einmal in der Hand hast, auch gar nicht anders können als es an zu probieren,“ meinte Kaiba lachend. „Na da ist aber jemand von sich überzeugt,“ neckte ich ihn. „Tja, wer kann der kann,“ erwiderte er nur, immer noch lachend. Eine ganze Weile unterhielten wir uns noch bis ich versehentlich gähnte. „Ich glaube, wir sollten langsam Feierabend für heute machen. Du musst morgen ja wieder zur Schule,“ sagte Kaiba daraufhin, wofür ich mein Gähnen hasste. Ich wollte nicht aufhören seine Stimme zu hören. „Nein, ich möchte eigentlich noch nicht auflegen,“ sagte ich, obwohl ich es eigentlich nicht gewollt hatte. „Nicht? Aber dann bist du morgen übermüdet,“ schmunzelte er. Da hatte er allerdings recht. „Na komm. Wir telefonieren morgen wieder, okay?“ schlug Kaiba vor. Widerwillig stimmte ich zu und wir beendeten das Telefonat. „Ihr hattet aber viel zu bequatschen,“ merkte Mokuba an. Erschrocken fuhr ich zusammen, denn ich hatte total vergessen, dass er noch da war. Verlegen lächelte ich ihn an. „Es ist wirklich schön, dass ihr beide euch so gut versteht,“ meinte Mokuba und lächelte mich an. „Finde ich auch,“ murmelte ich. „Dir liegt viel an meinem großen Bruder oder, Tea?“ es war weniger eine Frage als eine Feststellung. „Dir entgeht aber auch nichts, was,“ lächelte ich, woraufhin er mich frech an grinste. Er schaute auf sein Handy. „Oh! Ich sollte vielleicht mal gehen. Morgen ist ja wieder Schule. Bist du mir böse, wenn ich jetzt...“ „Nein, geh ruhig. Ich muss morgen ja auch wieder los,“ versicherte ich ihm, dass ich nicht böse war. Mokuba verabschiedete sich von mir und ging in die Wohnung seines Bruders, weil es schon so spät war um zu seinem Kumpel zu fahren. Gott sei dank, war Hopsen da, sonst hätte ich Mokuba sicher nicht gehen lassen. Während Kaiba in den USA war passte Hopsen auf die Wohnung auf. Ich machte mich fürs Bett fertig und legte mich hin. Im Gedanken war ich die ganze Zeit bei Kaiba. Als ich im Bett lag und vor mich hin träumte, fiel mir auf einmal ein, dass ich das Geschenk von Kaiba immer noch nicht mir angesehen hatte. Hastig sprang ich wieder aus dem Bett und ging ins Wohnzimmer, wo das Paket auf dem Couchtisch stand. Fast andächtig holte ich es heraus. Es fühlte sich schon in den Händen wunderbar an. Mir war sofort klar, dass er mir ein Kleid gekauft hatte. Ich faltete es auseinander und hielt es hoch, so dass ich es mir ansehen konnte. Ein wunderschönes Kleid war es. Kaum zu beschreiben, so schön fand ich es. Der Schnitt gefiel mir sehr und die Farben waren genau mein Geschmack. Rasch zog ich meine Schlafsachen aus und das Kleid an. Wie ich mir schon gedacht hatte, fühlte sich der Stoff des Kleides genauso schön an wie in den Händen. Einige Male drehte ich mich um die eigene Achse. Es war ein schlichtes elegantes Kleid, aber nicht zu elegant, dass man es nur zu sehr feinen Anlässen anziehen konnte. Kaiba hatte genau mein Geschmack getroffen. Unglaublich! Aber unglaublich war auch... das es passte! Ja, es passte wie angegossen. Woher wusste Kaiba meine Kleidergröße? Egal! Dieses Kleid war der absolute Hammer. Um mich im Spiegel betrachten zu können ging ich ins Badezimmer. Es sah wirklich toll aus. Ich ging ins Schlafzimmer und nahm mein Handy vom Nachttisch, ging dann wieder ins Bad und machte von mir ein Foto. Sofort schickte ich es Kaiba. Wenige Sekunden später kam eine SMS von ihm zurück. „Das Kleid sieht ja noch fantastischer an dir aus, als ich gedacht hätte.“ Mein Herz machte einen Sprung. „Es ist wirklich wunderschön! Ich danke dir sehr dafür!“ schrieb ich ihm zurück. Das Handy ans Herz gedrückt, ließ ich mich rückwärts auf mein Bett fallen. So schlief ich versehentlich ein. Erschrocken fuhr ich am nächsten Morgen auf und schaute an mir herunter. Mit einem erstickten Schrei sprang ich vom Bett auf und schaute rasch in den Spiegel. Erleichtert stieß ich die Luft mit einem Seufzer aus. Das Kleid hatte nichts abbekommen und war auch nicht zerknittert. Was für ein Glück! Doch der Blick auf meinen Wecker ließ sofort meine Erleichterung verblassen. „Verdammt!“ stieß ich hervor. In einer halben Stunde musste ich in der Schule sein. Fix zog ich das schöne Kleid aus und schlüpfte in meine langweilige Schuluniform. Hastig machte ich mich auf den Weg zur Schule. Ohne gefrühstückt zu haben. Dafür war wirklich keine Zeit mehr gewesen. Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es in den Klassenraum bevor der Lehrer kam. Völlig außer Atem ließ ich mich auf meinen Platz nieder. Meine Freunde grinsten mich nur dämlich an, weil sie es lustig fanden, dass ich fast zu spät gekommen war. Na die hatten gut lachen. Dieser Tag ging so schleichend dahin, dass ich schon die Befürchtung hatte, dass er gar nicht mehr enden würde. Dann endlich kam das erlösende Klingeln. …. Der Oktober stand vor der Tür und Kaiba war noch immer in den USA. Was zum Teufel machten die da solange, dass Kaiba nicht zurück kam? Und noch immer wusste er nicht, wann er zurückkommen würde. In dieser Zeit traf ich mich öfters mit Taichi. Von Mal zu Mal ließ die Beklemmung zwischen uns nach. Mittlerweile konnten wir wieder wie früher miteinander umgehen. Es machte wirklich Spaß mit ihm rumzuhängen. Meine Freunde allerdings hatten dafür nicht sehr viel Verständnis, was ich wiederum verstand, aber dennoch traf ich mich mit ihm. Die Hälfte des Oktobers war um. Kaiba und ich telefonierten noch immer jeden Tag. Mittlerweile hatten wir unsere festen Telefonzeiten. Lang genug war Kaiba ja jetzt auch weg. Wie ein Teenie freute ich mich immer diebisch auf unsere Telefonate. Meist, so wie heute, lauerte ich schon seit fast einer halben Stunde vor der Zeit darauf, dass das Telefon klingelte. Obwohl Kaiba so weit weg war und ich nur seine Stimme hörte, wuchs meine Liebe zu ihm mit jedem Telefonate. Ja, ich war doch noch irgendwie ein Teenie, obwohl ich mittlerweile schon 19 Jahre alt war. Wann genau hörte das Teenie-Alter eigentlich auf? Erst mit 20? Oder doch schon vorher? Ein Klingeln riss mich aus meinen Überlegungen. Voller Freude nahm ich den Hörer ab und hielt ihn mir ans Ohr. „Hi!“ drang Kaibas Stimme durch den Hörer. „Hi!“ erwiderte ich freudig. „Wie geht es dir?“ wollte Kaiba wissen. „Was ist los?“ ich ignorierte seine Frage, weil ich deutlich an seiner Stimme hörte, dass etwas nicht stimmte. Und das war wichtiger als seine Frage. Ich spürte das Drucksen von ihm. „Nun raus mit der Sprache!“ forderte ich ihn sanft auf. „Es steht jetzt fest wie lange ich noch in den USA bleiben muss,“ sagte er schließlich. Gespannt wartete ich, dass er weiter reden würde. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis er weitersprach. „Ich soll noch... ein Jahr hierbleiben. Hier ist einiges schief gegangen als ich nicht da war und jetzt muss ich zu sehen, wie ich das wieder gerade biegen kann. Nun ja, und das wird mindestens noch ein Jahr dauern.“ Mir blieb die Sprache weg. EIN JAHR? MINDESTENS? Mein Gott! Was hatten diese Idioten da drüben falsch gemacht, das es ein Jahr dauern würde um die Schäden zu beheben? „Tut mir leid, Tea,“ meinte er ehrlich. In seiner Stimme hörte ich sein Bedauern, aber auch dass er darüber sehr unglücklich war. „Kannst du wenigstens zwischendurch zu Besuch kommen?“ fragte ich vorsichtig. „Das kann ich dir leider nicht versprechen. Jeden Tag, den ich nicht hier wäre, wäre ein Tag der noch mehr Probleme aufwerfen würde,“ erklärte er niedergeschlagen. Ich wusste schon bevor ich meine Frage gestellt hatte, dass er so etwas in der Art sagen würde. „Verstehe,“ konnte ich nur sagen. Allerdings hätte ich mich danach Ohrfeigen können, denn ich hatte mich meiner Enttäuschung völlig hingegeben und das war auch in meiner Stimme zu hören. „Ich weiß, wie du dich fühlst, Tea. Glaub mir! Mir geht es wirklich nicht anders,“ meinte Kaiba, scheinbar um mir klar zu machen, dass er sich das nicht ausgesucht hatte. Was völlig unnötig war. Ich wusste das auch so. „So war das nicht gemeint, Kaiba. Ich weiß, dass dir das auch auf die Nerven geht und du enttäuscht bist,“ sagte ich und versuchte dabei meine Stimme so klingen zu lassen als würde ich sanft lächeln. Was ich nicht tat. Ich konnte es einfach nicht. Selbst wenn ich es gewollte hätte. „Tea, ich wollte dich nie enttäuschen. Es tut mir so unendlich leid,“ murmelte er betroffen. Ach du Schande! Er nahm es sich aber sehr zu Herzen. „Du enttäuscht mich doch nicht, Kaiba!“ stieß ich erschrocken über seinen Gedanken aus. „Lass uns von etwas anderem reden. Bitte. Ich möchte die Zeit, die wir zum Telefonieren haben, auch genießen,“ versuchte ich das Thema zu wechseln und bereute es danach sofort. Wie egoistisch von mir! Vielleicht wollte Kaiba aber darüber reden? Oder es kommt jetzt so rüber, als sei ich wirklich enttäuscht von ihm. „Du hast recht. Das sollten wir,“ stimmte Kaiba zu. In seiner Stimme hörte ich die Aufrichtigkeit seiner Worte. Also war ich doch nicht egoistisch gewesen und hatte das Richtige gesagt. Innerlich atmete ich erleichtert auf. Also redeten wir über belangloses Zeug. Aber die Stimmung zwischen uns hellte sich dadurch nicht wirklich auf. Wir telefonierten eine Stunde lang. Dann legten wir auf. Kaum hatte ich auf den Aus-Knopf gedrückt gehabt, kehrte meine Enttäuschung zurück. Erschöpft und völlig ausgelaugt setzte ich mich auf mein Sofa. Ich fühlte mich richtig elend. Ein ganzes Jahr würde er noch weg bleiben. In der Zeit würde er bestimmt ein nettes Mädchen dort kennenlernen und sich in sie verlieben. Diesen Gedanke schüttelte ich mit einen kurzen Lachen weg. So schnell verliebte sich Kaiba doch nicht. Manchmal war ich auch einfach zu blöd. Mein Magen fing an zu knurren. Also stand ich auf und machte mir etwas zu Essen. Obwohl es mich wunderte, dass ich Hunger hatte nach dieser Nachricht. Eigentlich hätte sich mein Magen verkrampfen müssen. Aber nun gut. Nach dem Essen zog ich mir meine Schlafsachen schon an, da ich heute sowieso nicht mehr aus der Wohnung gehen würde, und machte es mir auf meinem Bett und somit vor dem Fernseher gemütlich. Am nächsten Morgen wachte ich auf. Der Fernseher lief noch. Ich war gestern einfach eingeschlafen ohne vorher die Möglichkeit gehabt zu haben ihn auszumachen. Na ja, es gab schlimmeres. Ich schaute auf meinen Wecker. Erschrocken stellte ich fest, dass ich ihn gar nicht gestellt hatte. Aber ich war, Gott sei dank, von alleine rechtzeitig aufgewacht. Das hätte auch schief gehen können. Schnell machte ich mich für die Schule fertig und schlang mein Frühstück herunter. Keine Ahnung, warum ich es schlang, denn immerhin hatte ich noch viel Zeit bevor ich los musste. Na ja, manche Dinge musste man nicht verstehen. Wenig später war ich in der Schule. Auch heute ging der Tag nur schleichend vorbei. Mich beschlich das Gefühl, dass er sogar noch langsamer verging als sonst. Wie jeden Tag. Nach der Schule wollten meine Freunde noch etwas unternehmen, aber ich kapselte mich ab. Mir war einfach nicht nach Gesellschaft, auch wenn es meine Freunde waren. Ich nahm mir vor meine Hausaufgaben zu machen und schon mal für die eine Arbeit, die in ein paar Tagen vor der Tür stand, zu lernen. Ablenkung war gut. Besser als die ganze Zeit an Kaiba zu denken. In der Schule hatte ich mir große Mühe gegeben fröhlich zu sein. Das war wirklich sehr anstrengend. Aber ich wollte einfach nicht, dass sich meine Freunde Sorgen machten. Außerdem wussten sie noch immer nicht von der Sache zwischen Kaiba und mir. Jetzt auf dem Nach-Hause-Weg spürte ich wie meine Energie nachließ und eine bleierne Schwere sich auf meine Schultern und auf mein Herz legte. Ein Jahr! Ein ganzes Jahr würde ich ihn zusätzlich nicht mehr sehen. Würde ich das ertragen können? Hatte ich denn eine andere Wahl? Mein Wohnungsschlüssel klimperte etwas als ich ihn aus meiner Tasche zog und damit meiner Wohnungstür aufschloss. Zwar hatte ich mir ja vorgenommen etwas für die Schule zu tun, aber kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, wurde die Schwere immer unerträglicher. Mein Körper drohte unter ihrem Gewicht zusammen zu brechen. Mit sehr viel Mühe und Willenskraft schlürfte ich ins Wohnzimmer. Mich traf der Schlag! Wie sah denn meine Wohnung aus?! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)