All I ever wanted von Yuugii (Jonouchi/Yuugi ♥ Seto/Anzu) ================================================================================ Kapitel 12: Der Tag des Frühlingsfestes (Teil I) ------------------------------------------------ Es war nun also soweit. Mokuba rieb sich den Schlaf aus den Augen und stand bestimmt auf. Fahrig fuhr er sich mit einer Hand durch seine schwarze Mähne und band diese dann, mit einem orangen Haargummi, zusammen. Sicherlich war Seto bereits wach. Wie jeden Morgen würde er am Tisch sitzen und Kaffee trinken und Mokuba würde ihn dazu zwingen müssen, auch ein Brötchen zu sich zu nehmen. Als er die Tür in den Speisesaal öffnete, wurde seine Vermutung sofort bestätigt. Zu seinem größten Erstaunen, hielt sein Bruder ein halbes Brötchen mit Erdbeermarmelade in seiner Hand. Er musste bereits mehrere Male davon abgebissen haben. Sein Gesicht war noch ganz weiß, aber er konnte erkennen, dass es ihm deutlich besser ging. Auf dem Tisch war die Tageszeitung ausgebreitet, aus der er gerade eben noch gelesen haben musste. Jetzt hob er den Kopf und sah ihn direkt an, lächelte leicht und wünschte ihm einen guten Morgen, welches von dem Schwarzhaarigen erwidert wurde. Seto hatte sich vorgenommen sich gegen Yuugi zu duellieren und Mokuba hatte ihm den Vorschlag unterbreitet, dies beim Frühlingsfest im Domino Park zu tun. Es hatte einige Zeit gedauert, bis Seto zugestimmt hatte. Immerhin hatte sein Bruder keine Lust, dass ihr Duell für die Passanten zu einem Spektakel wurde und noch viel weniger sollten diese glauben, dass er sich oft oder gar gerne unter solchen Menschenmassen befand. Das alles diente nur zu dem Zweck, seine Lust auf ein Duell entgegen zu kommen und eventuell sogar endlich wieder Meister zu werden. Auch wenn manche es kaum glauben konnten, so war Yuugi trotz seines viel zu weichen Charakters und seiner Größe sein ärgster Rivale. Mokuba hatte versprochen sich um alles weitere zu kümmern und auch gab er zu, dass er das Duell gegen Yuugi bereits organisiert hatte. Hatte sein kleiner Bruder das alles etwa geplant? Vielleicht war er den einen Tag sogar nur verschwunden, um mit Yuugi zu reden und dieses geplante Duell in die Wege zu leiten? Diese Antwort gefiel dem Firmenleiter so gut, dass er sich gar nicht mehr die Mühe machte, weiter darüber nachzudenken. So musste es sein. Wie lange war es überhaupt her, dass er sich das letzte Mal gegen Yuugi duelliert hatte? Es waren sicherlich bereits zwei Jahre vergangen. Ihr Kampf war ausgeglichen und für einen Moment hatte es so ausgesehen, als würde der Firmenleiter gewinnen, doch in letzter Sekunde konnte Yuugi das Blatt wenden. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr brannte sein Stolz nach einem neuen Duell, in der Hoffnung, diese pure Lebensfreude, die einst bei ihrem Duellen verspürt hatte, wieder zu haben. Es war nicht so, dass er mit seiner Arbeit unzufrieden war, aber ab und zu gab es tatsächlich Momente, wo er sich nach diesen Tagen aus seiner Kindheit sehnte. Während die beiden Brüder zusammen frühstückten, verloren sie kaum ein Wort und es war still zwischen ihnen. Erst als sie aufgegessen hatten und sich erhoben, brach Mokuba die Stille, indem er erklärte, dass sie sofort in den Domino Park aufbrechen sollten, wenn sie noch einen guten Platz erhaschen wollten. So ganz verstand der Brünette das nicht, aber er nickte und folgte seinem jüngeren Bruder. Für einen kurzen Moment überschlich ihn das Gefühl, als hätte Mokuba weitaus mehr arrangiert als ein einfaches Duell. Da er aber keine Lust hatte diesen Tag mit solchen negativen Gedanken zu beginnen, ließ er sämtliche Zweifel hinter sich. Gemeinsam verließen sie somit das Anwesen und bewegten sich auf eine etwas kleinere schwarze Limousine zu, vor der Isono bereits wartete. Als er die beiden Brüder erkannte, verbeugte er sich ehrfürchtig und öffnete die Wagentüre, damit beide einsteigen konnten. Konzentriert setzte er sich auf seinen Fahrerplatz und startete den Wagen. Sein Blick schweifte zum Rückspiegel und für einen Moment konnte er sehen, dass sein Vorgesetzter Kaiba-sama nervös zu sein schien. Aber obwohl er ein so treuer Diener war, traute er sich nicht nach dem Grund zu fragen. „Isono-san. Ich...“ begann Seto und schluckte einmal hart. Alle Insassen richteten nun ihre Blicke auf ihn. „...möchte mich entschuldigen. Es war nicht in Ordnung Sie so anzufahren. Bitte nehmen Sie meine Entschuldigung an.“ Der Brünette konnte einen dicken Kloß in seinem Hals spüren und wenn er es nicht besser wüsste, so glaubte er ein freudiges Lächeln auf den Lippen seines Fahrers zu erkennen. Jauchzend stieß dieser ein 'Aber natürlich, Kaiba-sama!' hervor und fuhr los. Etwas angespannt legte der Ältere der Brüder ein Bein über das andere und verschränkte die Arme. Schämte er sich? Er wusste es nicht. Noch nie hatte er sich bei jemanden für sein Verhalten entschuldigt und er konnte nicht sagen, ob sein Gewissen nun bereinigt war oder nicht. Aber er fühlte so etwas wie Erleichterung in ihm aufkeimen. Vorsichtig, damit sein Bruder sein Handeln nicht erkannte, linste er zu diesem. Auch dieser lächelte und seine Augen schienen voller Vorfreude zu glänzen, als er aus dem Fenster blickte. Dieser Zusammenbruch hatte wohl weitaus mehr zwischen ihnen geändert, als er selbst geglaubt hatte. Sein lieber Bruder hatte seit einem gefühlten halben Jahr nicht mehr gelächelt und nun, wo er diesen so glücklich sehen konnte, fühlte er sich auf seltsame Art und Weise befreit. „Anzu-chan!“ hörte die Brünette die Stimme ihrer Mutter, die vor ihrer Tür stand und etwas von ihr wollte. Hastig riss das junge Mädchen die Tür auf, in ihren Augenwinkeln waren Zeichen von Tränen zu erkennen und auf ihrem Bett lag ein rosaner Kimono. „Was willst du? Ich habe es echt eilig!“ fauchte sie und rannte zu ihrem Schrank. Warum musste sie auch ausgerechnet heute verschlafen? Und das schlimmste war, dass ihr Kimono nicht mehr passte und an wirklich jeder erdenklichen Stelle ziepte und kniff. Gut, jede Frau, die einen großen Busen hatte, wusste ganz genau, wie eng ein Kimono sein konnte, aber sie hatte ganz vergessen was für eine Qual es bereits das letzte Mal war, diesen zu tragen. Wütend hatte sie diesen auf ihr Bett geschmissen und suchte nun nach irgendwelchen alternativen Klamotten, die ebenfalls gut aussahen. Eine sanfte Röte war auf ihren Wangen zu erkennen. Nicht, dass es ihr besonders wichtig war, aber irgendwie wollte sie die beiden Kaiba Brüder beeindrucken. Vor allem den Älteren. Dieser hatte sie bisher wohl nur als nervtötende Göre gesehen und sie wollte ihm beweisen, dass sie weitaus mehr war. Sie war bereits eine junge Frau und durchaus kein Kind mehr. Obwohl die beiden sich dauernd mit heißen Wortgefechten während ihrer Schulzeit missten, konnte sie den Gedanken nicht ertragen, dass er sie nicht als ebenbürtig anerkannte. „Deine Freunde warten bereits, meine Liebe. Lass sie nicht zu lange warten.“ seufzte ihre Mutter, schloss die Tür und stieg wieder die Treppen herab. Enttäuscht berichtete sie den Wartenden, dass sie noch ein wenig Zeit brauchte. Aber diese lächelten nur und erklärten, dass sie Verständnis dafür hatten. Nachdenklich hob Shizuka ihre Hand vor den Mund, es schien als würde sie über etwas grübeln. Gerade als ihr großer Bruder sich zu ihr beugen wollte, wurde er gewaltsam von Honda weg gedrängt. Dieser nahm mit größter Sorgsam ihre Hand in die seine und fragte sie, was sie bedrückte. Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem leicht verschämten Lächeln, antwortete das junge Mädchen, dass alles in Ordnung sei. Aber innerlich beneidete sie Anzu etwas. Sie sah immer gut aus und sie war sich sicher, dass wenn sie die Treppe herunter kam, sie wie ein Engel aussehen würde. Würde sie einen Kimono tragen oder alltägliche Klamotten? Keiner aus ihrer Gruppe hatte einen Kimono angezogen. Shizuka war etwas enttäuscht, aber sie hatte es akzeptiert. Mal ganz davon zu schweigen, dass sie ihren nicht mitgenommen hatte. Das rosane Kleid, welches sie trug, sah aber auch gut aus. Dennoch fragte sie sich, wie sehr sich Anzu verändert haben musste. Dann kam diese herunter gerannt, überhaupt nicht elegant oder überlegt. Keuchend blieb sie vor ihren Freunden stehen und entschuldigte sich förmlich. Unerwarteterweise trug sie ganz normale Kleidung. Ein weißes Ärmelloses Oberteil, welches ihren großen Busen prall und gut geformt erschienen ließ, einen schwarzen Faltenrock und braun-rötliche, hohe Schuhe. Shizuka konnte nicht leugnen, dass sie mehr erwartet hatte. Aber sie sagte nichts. Immer noch bewunderte sie sie und begrüßte sie mit Respekt. Zusammen bewegten sie sich auf den Domino Park zu. Rebecca und Ryou liefen weiter hinten und hielten sich aus sämtlichen Gesprächen raus. Die Blonde fühlte sich nicht wohl, wie sie hier mit ihren Freunden durch die Straßen wanderte und ihrem Ziel immer näher kamen. Bisher hatte sie sich am besten mit Yuugi verstanden und jetzt, wo dieser scheinbar in so weite Ferne gerückt war, fühlte sie sich etwas fehl am Platz. Eigentlich war immer Yuugi der Drahtzieher und mit den anderen konnte sie eigentlich nicht soviel anfangen, was wahrscheinlich eher daran lag, dass sie bisher kaum die Möglichkeit oder besser gesagt das Verlangen dazu hatte, die anderen kennen zu lernen. Mit Anzu hatte sie sich noch nie gut verstanden. Die Differenzen zwischen ihnen waren einfach zu groß und außerdem hatte Rebecca auch nie das Verlangen gehabt, sich näher mit dem brünetten Mädchen zu befassen. Früher machte es sie fuchsteufelswild zu wissen, dass sie immer in Yuugis Nähe sein konnte. Aber jetzt im Moment war ihr alles egal. Morgen müsste sie bereits ihre Sachen packen, damit sie in der nächsten Woche vorbereitet nach Amerika zurückfliegen konnte. Wahrscheinlich würden die anderen sie verabschieden. Ihre Gefühlswelt spielte verrückt. So sehr hatte sie sich eingebildet, dass ihre Liebe zweiseitig war, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass Yuugi nie Interesse an ihr gehabt hatte. Sie seufzte. Als sie auf einmal eine warme Hand auf ihrer Schulter spürte, hob sie fragend den Kopf und blickte direkt in Ryous sanfte Haselnussbraune Augen. Etwas verwirrt lächelte sie. „Du hast es nicht gewusst, oder?“ flüsterte er und deutete mit einem Finger auf Jonouchi und Yuugi, die vor ihnen gingen. Sie lachten amüsiert und der Blonde zog angeheitert Grimassen, die Honda erwiderte. Auf diese Weise hatten sie die anderen schon oft zum lachen gebracht. „I-ich weiß gar nicht was du meinst...“ sagte sie und drehte den Kopf weg. „Tu doch nicht so.“ lachte er und knuffte sie in die Seite. „Willst du damit sagen, dass du es gewusst hast? Die ganze Zeit über?“ missmutig hob sie eine Augenbraue und musterte den Weißhaarigen. „Ich habe es gespürt. Selbst gesagt hat es mir keiner von beiden.“ „Und wieso bist du dir dann so sicher?“ „Hm... nennen wir es doch einfach Instinkt.“ daraufhin lachte er und kratzte sich am Hinterkopf. „Du bist ein komischer Kauz.“ erwiderte sie und wand ihren Blick wieder nach vorne. „Das höre ich oft.“ lachte Ryou amüsiert und schwieg daraufhin wieder. Er selbst kannte die Blonde noch gar nicht so lange. Vor einem Jahr wurde das Mädchen ihm zum ersten Mal vorgestellt. Ob er sich mit gut verstand oder nicht, konnte er nicht sagen, da er allgemein eher zur ruhigen Sorte gehörte und sich selten einmischte. Im Gegenzug erkannte er offensichtliche Dinge weitaus schneller als die anderen. So war es ihm seit geraumer Zeit klar gewesen, dass Jonouchi und Yuugi etwas füreinander empfinden mussten. Vielleicht nannten ihn andere wegen dieser Art von Auffassungsgabe einen Voyeur, er selbst sah sich aber eher als stillschweigenden Beobachter. Im Dominopark angekommen, musste die Gruppe schnell feststellen, dass sich bereits viele Leute hier versammelt hatten. Besonders die Plätze unter den Bäumen waren besetzt. Enttäuscht liefen sie durch die Menge, gerade als sie aufgeben wollten und sich einen Platz in der Nähe des Ausgangs ausgesucht hatten, sahen sie Otogi, der ihnen von weiten zuwinkte. Er hatte einen großen Platz unter einem Baum in der Nähe des künstlich angelegten Sees freigehalten. Freudig setzten sich die anderen dazu und begannen aufgeregt mit einander zu reden. Honda war stinksauer, da er nicht die Möglichkeit gehabt hatte, sich im selben Licht vor Shizuka zu präsentieren. Obwohl diese nichts von diesem Gezank mit bekam, kicherte sie verhalten, als die beiden sich, wie zwei um ihr Revier streitenden Gorillas, gegenüber standen. Nach nur wenigen Minuten verschwand Anzu mit einer Entschuldigung und suchte aufgeregt die Umgebung ab. Sie versuchte Mokuba und seinen älteren Bruder in der Menge zu erkennen. Da sie keinen von beiden sehen konnte, ging sie in Richtung Ausgang und hielt weiterhin nach ihnen Ausschau. Bei all den Leuten wäre es ein Leichtes sich zu verpassen. Wenn Seto auf Yuugi stoßen würde, wäre Yuugi sicherlich überrascht. Anzu hatte ihn nicht in ihren Plan eingewiesen und sie war sich sicher, dass ein voreiliges Aufeinandertreffen der beiden zu Verwirrung führen würde. Langsam wurde sie richtig nervös. „Hey, Kleine!“ ein harter Griff um ihr Handgelenk zwang sie dazu sich umzudrehen. Sie wollte sich losreißen, hatte jedoch keine Chance. Ein betrunkener Mann, ungefähr mittleren Alters, hatte sie fest im Griff und es hatte auch nicht den Anschein, als würde er sie so schnell loslassen wollen. Sein Atem roch verdächtig nach Alkohol und erst jetzt erkannte Anzu, dass er in seiner anderen Hand ein fast leeres Sakeschälchen hielt. Grimmig ging sie einen Schritt zurück und zerrte den Mann dabei auf die Füße, der sich eindeutig in ihr verguckt hatte. „Lassen Sie mich gefälligst los.“ zischte sie und verengte die Augen zu Schlitzen. Im nächsten Moment spürte sie eine kalte Hand, die grob ihren Oberschenkel hoch fuhr. Ihre erste Reaktion war zu schreien und genau das tat sie auch. Aber in dieser riesigen Menschenmasse, die alle aufgebracht durcheinander plapperten, hatte sie wahrscheinlich keiner gehört. Einige Männer hatten sich umgedreht, jedoch im selben Moment wieder den Blick abgewandt. Unfassbar! Hatten diese Männer denn keinen Anstand? Mit größter Mühe schüttelte sie den anderen Mann ab, der dann mit einem dumpfen Geräusch am Boden ankam. Dieser war genauso betrunken wie der andere. Entnervt rollte sie mit den Augen. War ja klar, dass die Älteren dieses schöne Frühlingsfest nur als Anlass zur Besäufnis sahen. „Jetzt komm schon, Süße.“ lachte der fremde Mann und zog sie am Handgelenk zu sich näher. Angewidert keuchte Anzu und versuchte sich loszureißen, doch sein Griff war zu stark. Ein weiteres Mal wollte sie schreien, doch ehe es dazu kam, konnte sie eine vertraute Wärme spüren, die sie nach hinten riss. Mit größter Verwunderung betrachtete sie ihren Retter. Es war tatsächlich Seto, der sie aus den Fängen dieses ekelhaften Monsters befreit hatte. Der Betrunkene fiel taumelnd zu Boden, als Seto ihn schubste. Arrogant und kühl wie immer blickte er auf die Kreatur herab. Für einen winzigen Augenblick glaubte Anzu, dass er aussah wie ein zufriedener Jäger, der seine Beute erlegt hatte. Schnell verwarf sie diesen Gedanken wieder und konzentrierte sich auf die Situation. Erst jetzt merkte sie, dass Mokuba neben ihr stand und ihre Hand hielt. Sie errötete leicht und langsam trennten die beiden sich wieder voneinander. Keiner sagte etwas. Es war ruhig zwischen den Dreien. Nur das laute Gerede der Menschen herum war zu hören. Die taffe Brünette fühlte sich wie in Trance. Wenn sie genau darüber nachdachte, hatte Seto sie schon wieder gerettet. Beim letzten Mal hatte sie nicht die Gelegenheit dazu gehabt, sich zu bedanken und jetzt war sie noch viel zu geschockt, als dass sie überhaupt richtig realisieren konnte, was genau geschehen war. Perplex sah sie den Großgewachsenen an. Als Mokuba sie ansprach, erwachte sie und blickte ihn fragend an. Zweimal blinzelte sie, dann flüsterte sie leise, um die Situation zu erfassen die Namen der beiden Brüder. „K-kaiba-kun...“ fing sie an. Ihre Beine zitterten noch immer aufgrund des Schocks. „Wo ist Yuugi?“ fragte er und wand den Blick von ihr ab. Anzu wusste nun gar nicht mehr wie sie reagieren sollte. Erst rettete er sie und dann sagte er so etwas? Trotzdem glaubte sie, so etwas wie Besorgnis in seinen Augen gesehen zu haben. Hatte er Angst um sie gehabt? Hatte er sie etwa gerettet, weil er ihr helfen wollte oder war etwa Mokuba wieder derjenige, der ihn dazu gebracht hatte? Dieser stand immer noch neben sie und lächelte sie ermutigend an. Er wirkte genauso geistesabwesend wie sie, doch im Gegensatz zu ihr, fasste er sich wieder. Mokuba legte nun einen Arm um sie und zu Dritt machten sie sich auf den Weg zum kleinen See, an dem auch die anderen saßen. Seto wurde ungeduldig und das Mädchen war sich sicher, dass der sonst so abwesende und skrupellose Firmenleiter sich bei all den Menschen nicht wohl fühlte. Das hier war nicht seine Welt. Umso schmerzhafter wurde es für sie, als sie verstand, dass Seto nie die Gelegenheit gehabt hatte, jemals auf ein solches Fest zu gehen. Trotz des Zwischenfalls vorhin, mochte Anzu Volksfeste wie diese. Sie versprühten Wärme und Zugehörigkeit. Etwas, das Seto nur selten in seinem Leben erfahren durfte. Wieder musste sie an seine Kindheit denken und sie war sich nicht sicher, ob es richtig war ihn zu bemitleiden. Nichts anderes hasste er mehr als Mitleid. Das wusste sie, also bezeichnete sie die Gefühle, die sie ihm entgegen brachte, viel lieber als Mitgefühl. Nun andere würden wohl sagen, dass es sich exakt um dasselbe handelte, aber sie war da anderer Meinung. „Seto, schau Mal! Da vorne gibt es Crêpes!“ „Na und? Ich bin hier um mich gegen Yuugi zu duellieren. Nicht um mir Fast Food zu kaufen.“ entgegnete Seto seinem jüngeren Bruder. „Ich hole uns was und ihr beiden wartet hier, okay? Nicht, dass wir uns aus den Augen verlieren.“ ohne auf Setos Reaktion zu warten oder gar auf sein negatives Kommentar zu achten, lief der Schwarzhaarige los und ließ die beiden zurück. Etwas unsicher versuchte Anzu dem CEO direkt ins Gesicht zu sehen, als dieser ihr Vorhaben erkannte, schenkte er ihr einen kühlen Blick, der sie von ihrem Handeln abhalten sollte. Doch Anzu kannte diesen Blick bereits zu gut. Auch wenn er keine Lust hatte nun mit ihr zu reden, so wusste sie ganz genau, wie sie ihn dazu brachte, etwas zu sagen. In der Schule sprach sie oft mit ihm und versuchte ständig ihn in die Gespräche einzubauen und nach all der Zeit hatte er sich langsam daran gewohnt, dass sie immer wieder seine Nähe suchte. „Kaiba-kun... uhm... vielen Dank.“ „Für was?“ fragte er und sah sie an. Ihre Wangen hatten eine zarte Röte angenommen und ihre großen, blauen Augen wirkten noch klarer als sonst. Nicht, dass Seto sich für solche Details interessierte, aber jetzt fiel ihm auf, dass sie ein wirklich hübsches Gesicht hatte. „Na, dafür dass du mich gerettet hast! Und auch für damals.“ „Damals? Das war nichts. Dafür brauchst du dich nicht bedanken.“ etwas verlegen und rot um die Nase vermied er es sie anzusehen. „Doch. Du hast deine geliebte Karte benutzt, um mich zu retten. Wie könnte ich dir nicht dankbar sein? Ich weiß, dass das sehr spät kommt, aber ich wollte dir das die ganze Zeit über sagen. Ich hatte bereits ein schlechtes Gewissen und geglaubt, dass du mich für undankbar hältst.“ „Ich hätte dich ja schlecht sterben lassen können, oder?“ „Hättest du denn um mich getrauert?“ ihre Lippen formten ein breites vielsagendes Grinsen. „Was? Wie kommst du jetzt darauf?“ auf einmal wirkte Seto nicht mehr so ruhig und gefasst. Und Anzu kicherte leise vor sich hin. Er gab es nicht zu, aber es hätte es sich nicht verzeihen können, wenn sie an diesem Tag ihr Leben verloren hätte. Eigentlich war er nicht der Typ für schlechtes Gewissen, aber irgendwo hatte er sich selbst schuldig gefühlt. Wenn er das Turnier besser organisiert hätte, hätten solche gefährlichen Menschen niemals teilgenommen und eine solche Situation wäre nie zu Stande gekommen. Als er an diese Ghoul Hunters dachte, wurde ihm erneut bewusst, was für ein Fehler es war, sie nicht kontrolliert zu haben. Egal wie sehr er diese Fehlentscheidung bereute, es brachte nichts, wenn er sich nun Gedanken darüber machte. „Na los, sag die Wahrheit. Oder traust du dich etwa nicht?“ ihre Haare fielen über ihre Schulter, als sie ihren Kopf vorsichtig zur Seite wiegte. „Du willst also eine ehrliche Antwort? Es wäre mir egal gewesen!“ sagte er und verschränkte die Arme. „Ich sehe doch, dass du lügst, Kaiba-kun. Na komm, ich verrate es auch keinem.“ „Du lässt mich nicht in Ruhe bis ich dir eine Antwort gebe, die dich zufrieden stellt, oder?“ „Darauf kannst du wetten!“ sagte sie triumphierend und stemmte die Hände in die Hüften. „Gut, ich wollte dich nicht sterben lassen. Und ja, ich hätte es mir ein Leben lang vorgeworfen.“ begann er und sprach dann weiter. „Zufrieden?“ „Ja, mit der Antwort kann ich durchaus leben.“ dann faltete sie die Hände zusammen und lächelte ihn an. Für einen Moment schoss Seto das Wort „Süß“ durch den Kopf, doch genauso schnell verwarf er es und versuchte wieder ernst und finster drein zu blicken. So einfach würde er es ihr nicht machen! Und warum überhaupt gab er sich mit ihr ab? Sein Ziel war Yuugi und ein Duell, um dieses Feuer in ihm zu löschen. Aber von einem anderen Blickwinkel betrachtet, fand er es gar nicht Mal so schlimm, hier mit ihr zu stehen und mit ihr zu reden. Innerlich resignierte er. Es gab ihm ein Gefühl von Erfüllung, wenn er die Gelegenheit hatte, mit ihr über diverse Themen zu streiten und am Ende als Gewinner hervorzugehen, allerdings war er nicht sicher, ob man dieses Gefühl als Glück bezeichnen konnte. Recht überlegt, kannten sie sich gar nicht. Er war Yuugis Rivale und sie war zufällig seine beste Freundin. Unter anderen Umständen wären sie sich niemals begegnet. Und doch freute er sich, wenn er sich mit ihr messen konnte. „Mokuba braucht aber ganz schön lange...“ seufzte Anzu und beugte sich leicht vor, in der Hoffnung ihn so besser sehen zu können. Wahrscheinlich hatten viele Besucher des Festes dieselbe Idee und wollten sich ebenfalls Crêpes kaufen. Die Brünette hopste von einem Bein auf das andere. Nicht, dass es ihr unangenehm war mit dem Älteren der Kaibas hier zu stehen und zu warten, aber sie konnte spüren, dass diesem diese Situation nicht gefiel. Das Wissen, das ihm diese Lage nicht gefiel und er sich vermutlich auch noch über sie ärgerte, ließ sie nervös werden. Auch der strahlend blaue Himmel und die einzeln herumfliegenden Kirschblüten, die vom Wind verweht wurden, machten es nicht besser. Setos Saphir-blaue Kristalle stierten geradezu gefährlich auf sie herab und sie spürte, dass es ihr eiskalt den Rücken runter lief. Da er sie ansah, blieb sie unaufgefordert stehen und fasste sich. Dieser Mann war niemand vor dem man sich fürchten musste. Nichts desto trotz konnte sie dieses beklemmende Gefühl, das sich in ihrer Magengegend breit machte, nicht ignorieren. Eventuell war es besser, wenn sie wieder ein Gespräch miteinander anfingen, selbst dann, wenn Seto nur lustlos vor sich hin druckste. „Sag Mal, wie ist denn eurer Geschäftstreffen verlaufen? Sicherlich gut, nicht wahr?“ „Ich wüsste nicht, was dich das anginge.“ er schüttelte leicht den Kopf und verlagerte das Gewicht auf das andere Bein. „Entschuldige. Ich wollte dir nicht zu nahe treten...“ nuschelte Anzu und senkte verschämt den Kopf. Einen noch schlechteren Anfang hätte sie gar nicht machen können... „Schon gut. Wie geht es deiner Verletzung? Alles gut verheilt?“ „Ja, alles wieder in Ordnung. Und nochmals danke. Ohne euch wäre ich echt aufgeschmissen gewesen.“ sie wusste dass sie genauso edel wirkte wie eine auf dem Rücken liegende Schildkröte. „Hmpf. Mokuba wollte dir helfen. Also bilde dir nicht zu viel drauf ein.“ „Du kannst echt ein Arschloch sein, weißt du das eigentlich?“ sagte sie mit engelsgleichem Ton und falschem Lächeln. „Das fasse ich als Kompliment auf.“ „Schön, wenn es so angekommen ist.“ sagte sie und zwinkerte ihm gehässig zu. Sie hätten noch den ganzen Tag so miteinander reden können, wenn Mokuba nicht einfach rein geplatzt wäre und beiden ihren Anteil gebracht hätte. Nach dieser Konversation war Anzu sich nicht sicher, ob sie überhaupt noch großartig Lust hatte, sich weiter mit ihm zu befassen. Langsam verstand sie, warum Mokuba sich so von der Art seines Bruders gestört fühle. Um ehrlich zu sein, war sie nicht verletzt. Sie fühlte sich auf eine gewisse Art gedemütigt. Sie wollte nur ein einfaches, nettes Gespräch eröffnen und er lässt jegliche Freundlichkeit von ihm abprallen wie Wassertropfen. Ein schönes Gefühl war das nicht. Aber eigentlich war sie das ja bereits von ihm gewohnt. Er war schon immer so eigenartig und unfreundlich gewesen. Auch ihr gegenüber. Aber für sie war dieser Tag besonders und es gefiel ihr überhaupt nicht, dass er versuchte ihr die Laune zu verderben. Missmutig schielte zu ihm, als sie ihren Weg fortsetzen. Er schien nicht vorzuhaben seinen Crêpes zu essen, viel eher hielt er es in der Hand um es erkalten zu lassen. Was für eine Verschwendung, stellte Anzu fest. „Du solltest deinen Crêpes essen. Sie schmecken gut. Und vielen Dank, Mokuba.“ „Ach was, nicht der Rede wert.“ grinste der Schwarzhaarige und kaute genüsslich weiter. „Willst du mir nun sagen, was ich zu tun und zu lassen habe?“ kam es vom Brünetten. „Nun, es wäre doch eine Verschwendung es einfach wegzuwerfen, meinst du nicht?“ „Worauf willst du überhaupt hinaus?“ Keiner blieb stehen, stur gingen sie weiter ihren Weg und kämpften sich durch die Massen an Leuten, die ihre Decken am Boden ausgebreitet und sich auf diese gesetzt hatten. „Ich weiß nicht. Was denkst du denn, was ich meine?“ sie grinste hämisch und gönnte sich einen Bissen. „Ist das eine rhetorische Frage?“ er grinste triumphierend zurück. Dieses Spiel würde sie nicht gewinnen können. Nicht gegen ihn. „Jetzt hört doch Mal auf!“ warf Mokuba ein und beschleunigte seinen Schritt. Was war in seinen Bruder gefahren? „Iss einfach, dann bist du gestärkt für dein Duell gegen Yuugi.“ erklärte Anzu und schloss sich Mokuba an. Wieso klopfte ihr Herz so schnell wenn sie mit ihm sprach? Sie sollte besser nicht daran denken. Sie konnte nicht so recht erklären warum, aber dieses Grinsen eben, hatte sie in seinen Bann gezogen. Wenn Mokuba sich nicht eingemischt hätte, dann hätte sie ihn immer weiter herausgefordert, nur um dieses Grinsen sehen zu können. Es wirkte so schön auf seinem markanten und schmalem Gesicht. Und seine Saphir-blauen Augen unterstrichen dies sogar auf eine malerische Art. Was dachte sie da überhaupt für einen Unfug? Eigentlich wollte sie Seto doch beweisen, dass sie kein kleines, dummes Mädchen war und stattdessen hatte sie sich auf sensationelle Weise blamiert. Es war nicht Aufmerksamkeit die sie sich von ihm wünschte, sondern Respekt. Nun, vielleicht schwang ersteres doch ein klein wenig mit. Zugeben würde sie das aber bestimmt nicht. Aber sie konnte auch nicht abstreiten, dass es für sie ein schönes Gefühl war, in seinem Mittelpunkt zu stehen. „Da vorne ist es.“ Anzu deutete mit einem Fingerzeig auf ein kleines Plätzchen unter einem Baum nahe des Sees. „Ich sehe Yuugi aber nicht.“ erklärte Seto und blieb stehen. Anzu konnte nicht sagen ob er enttäuscht war oder nicht. „Wir sollten uns erstmal dazu setzen.“ warf Mokuba ein und lief den Anderen lachend entgegen. Sichtlich verärgert folgte Seto seinem kleinen Bruder, er erwiderte nichts, als die Anderen ihn mit größten Erstaunen ansahen und einige Fragen hatten. Nun war der Ältere der Brüder leicht verwirrt. Hatte Mokuba nicht gesagt, dass er das Duell bereits arrangiert hatte? Warum also waren diese Hohlköpfe so erstaunt über sein Auftauchen? Anzu stellte sich neben ihn und flüsterte ihm etwas zu, was ihn scheinbar beruhigte. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)