Die Söhne des Drachen von Xanderle (Fortsetzung von "Drachenherz") ================================================================================ Kapitel 14: Das Studium der schönen Künste ------------------------------------------ Oder: Wissenschaft verlangt Opfer! Irgendwie schien es, als käme Lu Ten so ziemlich alles dazwischen, was einem dazwischen kommen konnte. Das mit dem Verführen schien doch komplizierter zu werden. Am Morgen nach dem Gewitter war seine konfuse Dienstherrin noch konfuser als sonst. Und bei weitem unzugänglicher. Sie wagte es nicht, in seine Richtung zu sehen. Sie wagte es nicht, mehrsilbige Sätze zu bilden. Sie wagte es nicht, auch nur die winzigste, zufällige Berührung zuzulassen; stiess sogar im Bemühen, seinen Handknöcheln auszuweichen den Salznapf um. Wenn dass so weiterginge, würde das Waldkäuzchen Hals über Schnabel die Flucht ergreifen. Nicht zum ersten Mal wünschte Lu Ten sich, ein ebenso geübter Jäger zu sein, wie sein jüngerer Bruder. Lee hätte selbstverständlich gewusst, wie er mit einer so spröden Beute umzugehen hätte. Er war einfach viel ... kreativer. Kein phantasieloser Rechenschieber, wie er selbst. Seiner Hoheit entfuhr ein leiser Seufzer, der sich zu einem unterdrückten Stöhnen auswuchs, als zu allem Übel auch noch Nemo Ran die Küche betrat. Pippa hingegen stürzte sich dankbar auf diese neue Präsenz. „Oh! Guten Morgen Nemo! Setzen Sie sich doch!“ Aha. Jetzt bekam man also doch ganze Sätze zustande? „Guten Morgen Miss Pineria. Und ... Herr Song.“ „Ran.“, knurrte Lu Ten in seine Tasse. „Möchten Sie auch ein paar Eier?“, fragte Pippa übereifrig. „Ähm ... ja. Gern.“ Nemo war verwirrt. Warum kümmerte sich diese Jungfer auf einmal wieder um ihn? Die letzten Tage schien sie ihn kaum bemerkt zu haben, was ihm durchaus Recht gewesen war. Aber jetzt schwirrte sie um ihn herum, dass einem glatt schwindelig werden konnte. Er schielte kurz zu dem stoischen Riesenkerl hinüber, der ihn jedoch wie üblich nur mit Missachtung strafte. Da war doch was im Busch! Eindeutig. Die beiden würde gleich Funken schlagen, vor lauter unterdrückter Spannung. Vielleicht wurde der grantige Besserwisser endlich unvorsichtig, und es ergab sich eine Gelegenheit, ihn auszuschalten. Und dann: Bye bye, Lulatsch! Mit frischem Elan, und unerwartetem Appetit machte Nemo sich über die Eier her, sicher, dass sein Zwei-Meter-Problem demnächst Geschichte wäre! Am besten gab er diese erfreuliche Neuigkeit sofort weiter. Mit lautem Stuhl-Scharren erhob er sich. „So ungern ich dieses gemütliche Beisammensein beende, aber ich muss leider an die Arbeit. Wünsche noch einen schönen Tag allerseits.“ „Sicher.“, murmelte Lu Ten lakonisch. „Oh. Sie müssen schon weiter? Wie ... schade.“ Nervös strich Pippa sich eine lose Strähne aus dem Gesicht. Verflixt! Dann war sie ja schon wieder allein. Mit ihrem Untergang. Sie räusperte sich, hantierte mit Kochgeschirr, klapperte mit Töpfen und tat überhaupt ihr Möglichstes, um muntere Geschäftigkeit vorzutäuschen. JEMAND sollte schliesslich nicht denken, dass sie die ganze Zeit über ... dachte. Aber sie konnte es beim besten Willen nicht unterlassen, das Denken. Das an IHN Denken. Da konnte sie klappern, so laut sie wollte, ihre innere Stimme war nicht zu übertönen. Wenn das so weiterging, konnte sie ihre Arbeit gleich für die nächsten paar Jahre an den Nagel hängen, weil sie nicht mehr imstande war, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie musste etwas tun, denn von selbst würde sich dieses Schlamassel nicht auflösen. Abrupt drehte sie sich um und starrte ihrem Ruin todesmutig in die hellen Augen. „Ich ... müsste Sie dringend sprechen.“ „Mich?“ „Ja.“ „Auf einmal?“ Seine durchbrochene Braue entschwebte in die luftigen Höhen hochmütiger Ungläubigkeit. „Ja.“ „Na so was. Gut. Wo?“ „I ... in meinem Arbeitszimmer. In ... in einer Stunde.“ „Hm. Warum nicht jetzt gleich?“ „Weil ... ich muss noch ein paar Dinge überdenken.“ Überdenken? Das klang nicht gut. Wollte sie ihn feuern? Hatte er sie zu sehr geschockt? Falls ja, würde er die „Schocktherapie“ eben einfach fortsetzten. Schliesslich sprach seine Zukünftige auf die Behandlung immens gut an. Wenn sie Worte wie „Kündigung“ oder „Umstrukturierung“ in den Mund zu nehmen drohte, musste er diesen eben mit Beschlag belegen. Guter Plan. So einfach! Also spazierte der Thronfolger eine Stunde später guter Dinge zum Arbeitszimmer des Fräuleins und klopfte. Er hatte ja keine Ahnung, WAS ihn erwartete! Pippa hatte ebenfalls noch keine Ahnung. Keine Ahnung, WIE sie es sagen sollte. Sie wusste nur, dass es sein musste! Sonst würde man sie binnen einer Woche in den Sümpfen wieder finden. Wirres Zeug faselnd, wie der alte Hong. Jeder bange, heftige Herzschlag hallte in ihren Ohren wider. Frag ihn! Lass es! Frag ihn! Lass es! Frag ihn. Du MUSST! „Miss Tutuk?“ „WAS?“ „Ich hatte geklopft!“ „Oh. Äh. Ja. Ich ... war in Gedanken.“ Er nickte. Und wartete. Nichts. „Nun?“ „Nun was?“ „Nun: Was wollten Sie mir mitteilen?“ So viel! Oh Gott, so viel! „Also ... äh ... Ich ... Sie ... Sie scheinen mir wie ein Mensch, der seine Arbeit sehr ernst nimmt.“ „Ja, das sagt man mir nach.“ „Gut. Das ist gut!“ „Mhm.“ „E... eine sehr lobenswerte Einstellung. Das trifft man nicht so oft. Da kann ich mich wohl glücklich schätzen, Sie als Assistenten bekommen zu haben.“ Sie knetete ihr Finger und tigerte trotz ihrer unregelmäßigen Schritte auf und ab. „Wird das hier ein Personalgespräch?“ „Wie bitte?“ Sie klang, als hätte er sie aus dem Konzept gebracht. „Nichts. Schon gut.“ „Ja. Also ... also ...“ „Jaaa?“ Die folgenden Worte stolperten und purzelten übereinander, so eilig hatte Pippa es, sie loszuwerden. „Sie ... Ganz offensichtlich sind Sie ein Mann von Welt! Und ... und ich habe mich gefragt, ob Sie sich eventuell dazu in der Lage sähen, mich ... in die Kunst der körperlichen Liebe einzuführen?“ Da. Jetzt war es draussen. Dümmer hätte man es wahrhaftig nicht mehr anstellen können. So würde das nie was werden! Seine Mine war erstarrt. Sein Blick war erstarrt. Seine ganze Haltung war erstarrt. Ja, In der Tat. Lu Ten blinzelte nicht einmal. Wie auch? Vor ihm stand die zukünftige Feuerlady und trat mit einem höflichen Beischlafgesuch an ihn heran!? Er suchte verzweifelt nach der adäquaten Reaktion auf diese Ungeheuerlichkeit. Schock? Freude? Oder etwa doch die hirnlose, instinktgesteuerte Lust, die ihn durchzuckte? Er entschied sich für irgendetwas dazwischen, gemischt mit einem guten Schuss Ungläubigkeit. Pippa starrte erstarrt auf den sie anstarrenden Starrer. Sie hätte es auch wirklich besser wissen müssen, oder? Wie hatte sich nur der vermessene Gedanke, Lu Ten Song - Mr. Perfect höchstpersönlich - könnte sie vielleicht attraktiv genug finden, um tatsächlich mit ihr schlafen zu wollen, in ihrem Hirn verankern können? Wie nur? Wegen ein paar kleiner, unbedeutender Küsse? Das erste Mal hatte er ihr nur eine Lektion erteilen wollen und das zweite Mal? Da hatte er sie nur abgelenkt. Aus Mitleid. Oder Langeweile, oder was auch immer. Die Scham war überwältigen und brannte sich in ihre Wangen. Sie wollte nur noch weg! Weg und einen brillanten Physiker finden, der gerade dabei war, eine Zeitmaschine zu entwickeln, um sich vor diesem Moment ihres Lebens zu bewahren. Am besten reiste sie dann zu dem Tag zurück, an dem ER hier angekommen war. Sie würde zum Bahnhof fahren, und ihm aus dem Mobilium zurufen, dass man auf Schloss Tutuk nun doch keine Verwendung für seine Unfehlbarkeit hätte, nichts für ungut, schönen Dank auch und gute Heimreise! Ja ... sie hätte alles für eine solche Zeitmaschine gegeben! Dann bräuchte sie nur noch ihr Gedächtnis löschen zu lassen, damit ihr Herz aufhören würde, sich in seine schmerzenden Bestandteile zu zerlegen. Da all diese Pläne eher unerreichbar waren, war Pippa schon froh, dass es die Tür nicht war. Sie tastete nach der sehr verschwommenen Klinke und öffnete hastig das Tor zur Freiheit. Eine Hand schoss rechts an ihrem Kopf vorbei und knallte das verdammte Ding wieder zu. Sie schluckte. Jetzt würde er sie zu allem Übel auch noch abkanzeln. Geschah ihr Recht! Mit all ihrer Willenskraft würde sie vielleicht einen kleinen Rest an Würde behalten. Die Alternative wäre ein spontaner Weinkrampf. Und da der Auslöser des ganzes Stresses noch anwesend war, kam das nicht in Frage. „Nur um Missverständnissen vorzubeugen:“ Die tiefe Stimme klang schroffer denn je. „Haben Sie mich eben gebeten, mit Ihnen zu schlafen?“ Es aus seinem Mund zu hören, liess Pippa erst erkennen, wie unzumutbar ihr Anliegen ihm erscheinen musste. „Nein!“, stiess sie aus. „So ... irgendwie ... Nur für die Wissenschaft!“ Vielleicht würde er ihr ja glauben?! Lu Ten glaubte allerdings nur eines, nämlich, sich verhört zu haben! Wissenschaft? Für die Wissenschaft? Wollte sie wieder mit Maßbändern an ihm herumfummeln? Die Libido jedes anderen Kerls hätte sich für die nächsten drei Wochen in ein kaltes Eck verkrümelt. Nicht so seine, oh nein! NaTÜRlich musste ihn dieses lachhafte Geseiere auch noch anmachen. Klar! Ein Perverser zu sein, hatte bisher eigentlich nicht auf seiner charakterlichen Mängelliste gestanden. Na ja ... wenn man von der EINEN Sache absah. (Da weder der Feuerlord, noch seine Schergen Zugriff auf meine Wenigkeit haben, sei es mir erlaubt mit einem pikanten Detail über den Thronfolger aufzuwarten. Seine Hoheit Lu Ten Aang Tatzu mochte es, wenn eine Frau im Bett ... äh ... geschwätzig war. Aber schliesslich freut sich jeder, wenn seine gute Arbeit Anerkennung findet, nicht wahr?) Die ungebetene Vorstellung, Fräulein Tutuk könnte ihm Unanständigkeiten ins Ohr hauchen, brachte das fürstliche Fass zum Überlaufen! Also schnappte Lu Ten Pineria am Arm , drehte sie herum und bohrte seinen Blick in ihren. „Fein!“, zischte er vor Erregung durch zusammengebissene Zähne. „Dann sag mir doch, wie Du DAS hier auswerten willst!“ Sie wurde gepackt - so langsam gewöhnte sie sich daran - und ohne weitere Vorwarnung geküsst. DARAN würde sie sich, gemessen an ihrem spontanen Bluthochdruck, aber wohl nie gewöhnen. Gerade als sie wieder das Stadium des lustvollen Stöhnens und Keuchens erreicht hatte, wurde sie losgelassen. „Heute Abend. Zehn Uhr. Dein Zimmer!“ Das sachte Klicken der sich schliessenden Tür klang unglaublich laut in ihren Ohren. Ziemlich genau vierzehn Stunden später. Pippa war ein Nervenbündel! Es war eine Minute nach Ablauf ihrer Galgenfrist, und sie stand kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. `Augen zu und durch.´ wäre ihr als Motto tausendmal lieber gewesen, als `Heute Abend. Zehn Uhr. Dein Zimmer!´ Toller Anfang, wenn er sie erst reanimieren müsste, sobald er das Zimmer betrat. Oh Agni! Wie sollte sie die Sache nur anfangen? Über was plauderte man nur, um einen Herren in Stimmung zu bringen? Seine Hoheit, der es ganz und gar nicht nötig hatte in Stimmung gebracht zu werden, sass derweil auf der Fensterbank und betrachtete das Käuzchen. Drei Minuten zuvor war er im Begriff gewesen, an ihre Zimmertür zu klopfen, als er im letzten Moment die Hand zurückgezogen hatte. Nein! So nicht! Sein Verstand sagte ihm, dass an dem, was er nun vorhatte, nichts Falsches war. Erstens: Er hatte quasi die offizielle Erlaubnis ihrer Mutter, „es“ zu tun. Zweitens: Pineria würde ohnehin seine Frau werden. Mehr als offiziell! Und drittens und letztens: Sie hatte ihn um dies hier gebeten. Es war also weder falsch noch verwerflich. Aber sein Instinkt sagte ihm, es sei an der Zeit, dem Verstand eine kleine Pause zu gönnen. Also war sein Knöchel in der Bewegung erstarrt, nur einen Fingerbreit vom Holz der Tür entfernt. Vielleicht wurde es Zeit, die wohldefinierten Erwartungen des Fräuleins ein wenig zu enttäuschen. Vielleicht war es an der Zeit, ein kleines Überraschungsmoment einzuflechten. Vielleicht sollte Lu Ten „Song“ ein wenig unberechenbarer werden. „Guten Abend!“ Schön. Zugegebenermaßen hatte er recht wenig Erfahrung in Sachen spontaner Verrücktheiten. Die Überraschung schien zu groß geraten zu sein, denn sein Opfer schrie auf, wirbelte herum, und stierte ihn an, als sei er ein Gespenst. „Gute Güte!“, keuchte Pippa anklagend. „Was ... was TUN Sie da?“ Sie? Dieses Mädchen hatte ihn hierher zitiert, um intim zu werden, und SIEZTE ihn? „Die Aussicht geniessen?“ „Aber ... Sie ... Sie sehen MICH an.“ „In der Tat.“ Lu Ten erhob sich. „Und das geniesse ich eben.“ „W ... wirklich?“ „Ja.“ Beiläufig warf der Feuerprinz einen Blick auf ein kleines Tischchen. „Ist das Tee?“, fragte er. „Ja!“ Pippa blinzelte. War dieser Mensch WIRKLICH so groß? Und, äh ... kräftig? Ihr Plan warf plötzlich unkalkulierbare Risiken auf. „Ich dachte ... Sie möchten vielleicht einen Schluck.“ „Eventuell später.“ „S ... später?“ „Ja. Momentan steht mir nicht der Sinn danach.“ „Oh, schade. Er ist noch ganz heiss.“ „Wie passend.“ „Also ... also ... Wenn Sie nicht möchten ... Sie müssen das nicht tun!“ „Danke. Es wäre auch sinnlos, Tee zu trinken, obwohl man ...“ „Nein! Das andere. Ich ... meine das andere.“ „Das andere? Sprichst Du über Sex?“ Pippa blickte zu Boden und schluckte hart. Ja, das war auch ein Wort dafür. Ein recht unverblümtes. Es kam ihm so einfach über die Lippen, als rede er übers Wetter. Das war ... aufschlussreich. Aber sie hatte ja schon geahnt, dass er sich mit dieser Sache bestens auskannte. Und wie so oft, verliess Pineria kurz vor dem Ziel der Mut. Der Mut, zu nehmen, was das Leben zu bieten hatte. Der Mut, mit vollen Händen hineinzugreifen. Der Mut, alle strahlenden Facetten zu durchleben. Der Mut, auch die Tiefen zu akzeptieren. Sie war ein Feigling. Ein erbärmlicher Feigling. „Ja.“, piepste sie. „Ich hätte das nicht verlangen sollen.“ „Mit dem Verlangen,“, drang seine leise, dunkle Stimme an ihr Ohr. „ist das so eine Sache. Es lässt sich nicht einfach an und ausknipsen, wie Deine komische Blitzmaschine. Es ist da. Entweder Du stellst Dich dem, oder Du läufst weg.“ Weglaufen hörte sich gut an. „Und ich fürchte, in unserem Fall fällt die zweite Option flach.“ „W ... wirklich? Warum?“ „Weil das hier sowieso passiert wäre.“ „Wäre es das?“, hauchte sie. Die Antwort darauf fand sie in seinem Blick. Zum ersten Mal erkannte sie die Glut darin als das, was sie war. Begierde. Begierde, die unerklärlicherweise ihr galt. „Ja. Ja, das wäre es.“ Er trat noch einen Schritt näher, was ZIEMLICH nahe war. Pippas Atem beschleunigte sich enorm. Dabei wurde sie noch nicht einmal geküsst. „Wie nett von Ihnen, das zu sagen!“, brachte sie hervor. „Wenn ich noch ein „Sie“ zu hören bekomme, ...“ Doch plötzlich wurde Seine Hoheit abgelenkt. „Ist das Papier und Schreibzeug auf dem Nachttisch?“, fragte er in mildem Tonfall. „Für Notizen.“ Sie verknotete schon wieder ihre Finger. „Notizen?“ „Ja. Ist ... das ein Problem?“ „Ich habe keine Ahnung.“, gab er entspannt zu. „Aber ich werde Dich das in einer Stunde fragen.“ Vorsichtig griff er nach dem Drahtgestell ihrer Brille, nahm sie ab und legte sie auf einen Bücherstapel. „Eine Stunde?“ Pippa schluckte trocken „Was ist in einer Stunde?“ „Das wirst Du mir sagen.“ „Ähm ... äh.“ Sachte legte er einen Finger unter ihr Kinn, hob es an und bedachte sie mit einem nachdenklichen Blick. „Das hier ist keine Pflichtübung, Fratz. Noch kannst Du Dir die Sache anders überlegen.“ Mit einem Schlag war Fräulein Tutuk sich ihrer Sache sicher. Todsicher! „Ich will nicht!“ Lu Ten hätte sich am liebsten geohrfeigt! Er trat zwei Schritte zurück und wunderte sich doch ein wenig über die Tiefe seiner Enttäuschung. `Noch kannst Du Dir die Sache anders überlegen.´, höhnte es in seinem Kopf. Verdammter Blödmann! Verdammtes Fairplay! Verdammte, gute Erziehung! „Oh! Oh Nein!“, rief Pippa hastig. „Ich ... ich meinte, ich will mir die Sache nicht anders überlegen!“ Für eine Sekunde wurde sie angefunkelt, wie noch niemals zuvor. „Weib ... Du machst mich noch debil!“, fauchte er dann barsch, fuhr mit der Hand in ihren Nacken und zog sie an sich. So abrupt mit so viel hartem Männerkörper konfrontiert zu werden, liess sämtliche Luft aus Pippas Lungen entweichen. Ihr Keuchen wurde im Keim erstickt. Durch einen Kuss. Anscheinend hatte ihr Lehrer gar nicht erst vor, sich langsam an die Sache heranzutasten. Und Pippa? Sie hatte das hier viel zu lange gewollt, um jetzt die Zimperliche zu spielen. Sie schlang die Arme um ihn und erwiderte das heftige Werben seines Mundes. Wieder einmal setzte die direkte Nähe dieses Mannes sie mit einem Schlag schachmatt. Er machte sie schwindelig, kopflos und liess alle zurechtgelegten Pläne verpuffen. Einfach so. Sie bemerkte noch vage, wie ihr Körper ganz von selbst schwach und anschmiegsam wurde. Und wie immer konnten ihre Hände nicht widerstehen, in die Wärme seines dunklen Schopfes zu tauchen. Allerdings war sein verflixter, straffer Pferdeschwanz hinderlich. Also weg mit dem Haarband! Endlich befreit, brandete die schwarze Flut um ihrer beider Gesichter. Pippa wusste gar nicht, in welchem ihrer unglaublichen Sinneswahrnehmungen sie mehr schwelgen sollte. Seinem Duft? Seinem Geschmack? Seiner Hitze? Der schmeichelnden Glätte seiner Haarsträhnen an der empfindlichen Haut zwischen ihren Fingern? Oder doch die Schauer, die sie von Kopf bis Fuss durchrieselten? Sie stöhnte, presste sich an ihn. Zum ersten Mal, seit ihrem Unfall war Pineria Tutuk bereit, mit vollen Händen zu schöpfen, was das Leben zu bieten hatte. Dass es so viel war, hätte sie niemals geahnt. Plötzlich wurden ihre pochenden, heissen Lippen freigegeben, denn sein Mund glitt langsam, aber begierig zu ihrem Hals. Aus ihrem hastigen Atemzug wurde ein heiseres Keuchen, als die abrupt hochgehoben wurde. „Lu Ten?“ Statt einer Antwort bekam sie einen weiteren Kuss. Noch besitzergreifender als der erste. Ob das alles hier klug war? Oder angebracht? Lu Ten wusste es nicht, und es war ihm egal! Einmal in seinem Leben würde er eben nicht korrekt handeln, keinen vorgegebenen Wegen folgen. Dieses eine Mal würde er seinen Trieben gestatten, die Oberhand zu gewinnen. Er trug seine unschätzbare Beute zum Bett, wo er sie mit einer Behutsamkeit niederlegte, die in völligem Widerspruch zu seinem Verlangen stand. Sacht legte er eine Hand an ihre Wange und blickte in die verschleierten, veilchenfarbenen Augen. „Bist Du Dir sicher, dass Du das hier willst? Denn wenn ich weitermache, bedarf es einer Drachenherde, mich zum aufhören zu bewegen.“ Sie blinzelte leicht verwirrt und nickte dann. „Ja!“, wisperte sie. „B... bist Du Dir auch sicher? Wenn ...wenn das mit ... meinem Bein ein Problem ist, ... versteh ich das.“ Der letzte Satz war so leise, dass er ihn kaum verstand. „Das einzige Problem, Fratz,“, raunte er „ist, dass Du den Mund nicht halten kannst!“ Erneut pressten sich seine Lippen kurz auf ihre. Dann nahmen sie einen anderen Kurs und sein halbgeöffneter, heisser Mund wanderte zu ihrer Kehle und von dort noch weiter. Sie dehnte den Kopf zurück, um ihrem gewissenhaften Assistenten besseren Zugang zu verschaffen. Lu Tens Hände wurden aktiv. Eine umfasste ihre Hüfte, die andere schloss sich in köstlichem Druck um eine Brust. Blitze durchzuckten Pippa. Sie keuchte. „Gute ... Güte! Das ist ...“ Sie biss auf die Unterlippe. Im Augenblick wäre Geplapper bestimmt nicht angebracht. Aber die Dinge, die er sie fühlen liess ... „Ja?“ Wundervoll. Es war einfach nur wundervoll! Genau ... richtig. Eben wie alles, was er tat. „Ich ... nichts!“, hechelte sie. „Und wie ist es damit?“ Sein heiseres Flüstern jagte erneut tausende winziger Schauer über ihre Haut, während sie durch die dünne Seide ihres Kimonos etwas spürte. Seinen Mund. Er schloss sich um die Spitze einer ihrer Brüste. „Agni!“ Das Gewebe wurde feucht. Heiss und feucht. „Oh ...!“ Ihre Fingernägel gruben sich leicht in seine Kopfhaut. Lu Ten kämpfte wieder einmal um seine Beherrschung. Schuld daran war der offenkundige Eifer seines Bücherwürmchens. Sie bäumte sich auf, presste seinen Kopf an sich und stöhnte verzückt. Sie flüsterte seinen Namen, als sei damit alles gesagt, was ihr auf der Seele brannte. Er musste sie einfach küssen! Blindlings griff er in ihre Locken und holte sich, was er begehrte. Sein Mund forderte völlige Kapitulation, presste sich fast rücksichtslos auf ihre nachgiebigen Lippen, während seine Zunge sie quälte, neckte und dann doch wieder verschlang, um auch die letzte Nuance ihres Geschmacks auszukosten, Ihre Aromen waren ein ausgeklügeltes Rauschmittel, das ihn nach mehr gieren liess. Ihre Haut. Als sich seine Finger am Gürtel ihres Morgenrocks zu schaffen machten, schaltete sich widerwillig Pinerias lahm gelegtes Alarmsystem ein. Irgendwie war ihr ja bewusst gewesen, dass das Fehlen von Kleidung eine gewisse Rolle spielen würde. Der Gedanke war angesichts der allgegenwärtigen Erinnerung an ihr „Brunnenexperiment“ auch mehr als reizvoll. Aber: Er würde SIE ebenfalls sehen. Das hatte sie so nicht bedacht. Das war ... eine Katastrophe. „Was ... tun Sie ... Du?“, brachte sie atemlos hervor. Er reagierte nicht; Nagte stattdessen an ihrem Hals und lockerte die Schärpe weiter. Die kleinen Bisse hätten Pippa fast vom Thema abgebracht. Aber da seinen Händen inzwischen Erfolg beschieden war, eben nur fast. „Bitte ...“ Ihre Finger krampften sich um die Säume des Kimonos. Ihr Unbehagen kämpfte sich durch Lu Tens Begierde. Er hob den Kopf und starrte sie an. „Was?“, keuchte er. Nie hatten diese Augen heller gelodert. Fräulein Tutuk verlor komplett den Faden. Sie konnte ihn nur ansehen. Er sah so anders aus mit dieser vor Selbstbeherrschung angespannten Mine, seiner frei flutenden Mähne. Bilder archaischer, stolzer Kriegerfürsten schoben sich vor ihr inneres Auge. „Pipps?“ Sie blinzelte. Und erinnerte sich daran, dass ihm der bei weitem weniger angenehme Anblick bevorstand. „Ich ... dachte, es wäre dunkel, wenn ... Können wir nicht ... das Licht ...“, schloss sie matt. „Was ist damit?“, fragte ihr Kavalier schwer atmend. „Löschen. Können wir es ... nicht löschen?“ Etwas in ihrem Wispern veranlasste Lu Ten, hellhörig zu werden. Er setzte sich auf. Um nicht noch verletzlicher zu wirken, tat sie es ihm gleich. „Du willst das Licht löschen?“ Pippa wäre am liebsten in Grund und Boden versunken. Sie hatte es verdorben. Alles! „Ich ... ich wollte nicht ... tut mir leid.“ Sie wich seinem Blick aus, wodurch ihr eigener auf ihre Finger fiel, die noch immer verkrampft den Morgenrock geschlossen hielten. Schnell knotete sie ihn wieder zu. „Warum stört Dich das Licht?“ Eins musste sie ihm lassen: Er klang gar nicht so, als sei er böse, oder enttäuscht. Eigentlich klang er sogar unendlich geduldig. Aber er war eben Mr. Perfect. In allen Situationen Herr der Lage. „Tut es ja gar nicht!“, log sie. „Mach ... einfach weiter.“ „Nein.“ Na bitte. Sie hatte es ja geahnt. Chance verpasst, Liebhaber verprellt, Leidenschaft ade. „Erst wenn Du mir sagst, warum Dich das Licht stört. Es sind nur ein paar Kerzen.“ „Ja.“, piepste Pippa. „Aber ...“ „Was?“ „Man ... kann sie trotzdem sehen.“ „Sie?“ „Die Narben!“, stiess sie aus. „Die Narben?“ Dem Prinzen dämmerte so langsam, um was es hier ging. Agni! Er war ja so ein Ochse! So wie ihre Stimme zitterte, stand sie kurz davor in Tränen auszubrechen. „Du willst nicht, dass ich die Narben an Deinem Bein sehe?“, fragte er leise. „Und ... und überhaupt.“, würgte sie. „Ich bin ... ich bin nicht ...“ Pippa schloss die Augen. Hatte sie wirklich geglaubt, ihre Komplexe würden sich aus dieser Sache hier raushalten? „Was, Fratz? Schön?“ Sie nickte kaum merklich. Eine warme, schwielige Hand schmiegte sich sacht an ihre Wange. „Doch.“, hörte sie seine tiefe Stimme. „Doch, das bist Du. Fast ebenso sehr, wie Du dumm bist! Dass mir das mit Deinem Bein nichts ausmacht, hatten wir doch schon geklärt.“ „Ja. Aber ... Du hast es ja auch noch nicht gesehen.“ „Pineria. Ein paar Narben machen keinen Unterschied.“ „Doch, das tun sie.“ „Wirklich? Nun, in meiner Familie nicht! Mein Vater, zum Beispiel, trägt auch eine große Narbe. Mitten im Gesicht. Und keinen von uns stört das.“ Sie hielt den Kopf noch immer gesenkt. „Schön. Du denkst also, Deine Narben sind hässlich, ja?“ „Ja.“, hauchte sie. „Sieh mich an!“, knirschte er, umfasste ihr Kinn und zwang ihren Blick nach oben, zu seinem Gesicht. „Hier.“ Er deutete auf seine linke Augenbraue. „Sieh sie Dir an und gewöhn Dich daran.“ „Was?“ „Meine Narbe. Findest Du sie scheusslich?“ War er verrückt? Diese dekorative, kleine Macke? Selbst Miu und Bell fanden das Ding ... sexy. „Nein!“ „Ach. Nicht?“ „Nein. Und ich weiss ehrlich gesagt nicht, was das ganze s ...“ „Dann kannst Du sie ja auch berühren.“ „Was?“ Sie wurde immer verwirrter. „Ich möchte, dass Du sie berührst.“ „Aber ...“ „Tu es einfach!“ Also hob Pippa zögernd die Hand und fuhr mit dem Daumen sachte über den hellen Streifen, der seine Braue teilte und nach oben zog. „Du siehst gar nicht so aus, als seist Du angewidert.“, bemerkte Lu Ten leise. „Nein.“, gab sie zu. „Weil es keinen Grund dazu gibt. Aber meine Narben ...“ Sie holte tief Luft. „Sie sind viel größer! Das ganze Knie und ... und seitlich am Bein.“ „Größer also, hm?“ „Ja.“, flüsterte sie. Ohne Umschweife entknotete er seinen eigenen Gürtel und zog den burgunderroten Stoff von der rechten Schulter. „So wie die?“, wollte er wissen. Pineria starrte auf das sternförmige Mal. In hellen Perlmuttfarben schimmernd, hob es sich deutlich von der warmen, glatten Haut ab. Agni! Wie sehr sie ihn berühren wollte! Wie von selbst hoben sich ihre Finger zu der alten Verletzung, um sacht darüber zu streicheln. Lu Tens Nasenflügel blähten sich. Er biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. Hier ging es darum, ihre Ängste zu zerstreuen. Jetzt sofort wieder über sie herzufallen, wäre dem bestimmt nicht zuträglich. Doch sein Waldkäuzchen bekam von seiner Misere zum Glück nichts mit. „So besonders groß ist sie nicht.“, hörte er sie flüstern. „Woher hast Du sie?“ „Ein ... äh ... eine herunterfallende Eisenstange.“, improvisierte er. `Speer eines Attentäters´ wäre eine viel zu verdächtige Antwort. Er konnte ihr ja schlecht offerieren, dass kriegerische Aktivitäten, seien sie nun ernst gemeint oder nicht, zum Alltag eines männlichen Mitgliedes des Königshauses gehörte. „Wie alt warst Du?“ „Fünfzehn.“ Sie schnalzte mitleidig mit der Zunge und umkreiste den versehrten Flecken Haut mit der Fingerspitze. „Hier ... ist noch eine.“, raunte Seine Hoheit und entblösste die linke Seite. Eine unregelmässig gezackte Narbe begann am dritten Rippenboden, suchte sich ihren Weg über die Taille und verschwand im Bund seiner locker gebundenen Hose. „Und auf dem Rücken auch.“ „Die sind mir alle gar nicht aufgefallen.“ Dabei hatte sie ihn beschämend gründlich studiert, damals, als er mit entblösstem Oberkörper vor ihr gestanden hatte. Fasziniert folgte sie der ungeraden Spur auf seiner Flanke mit Zeige- und Mittelfinger. „Weil sie unwichtig sind!“, keuchte Lu Ten. „Genau wie Deine!“ Pippa konnte nicht anders. Sie drückte die Lippen auf die sternförmige Narbe unterhalb seiner Schulter. Mehr Aufforderung brauchte Lu Ten nicht. Innerhalb einer einzigen Sekunde war er den lästigen Kimono vollends losgeworden. Als er sie erneut küssen wollte, wurde er aufgehalten. Von einer überaus neugierigen Jungfer, die ihm die Arme entgegenstemmte. Er konnte ihre Augen fast wie eine Liebkosung spüren. „Was für ein grandioses Mannsbild!“, hauchte sie. „Bitte?“, ächzte Lu Ten. „Was?? Oh ... nichts! Nur ... ein Selbstgespräch.“ „So? Dann wird das Licht also doch angelassen?“, neckte er mit einiger Anstrengung. Eine Jungfrau zu verführen hatte einen ganz gehörigen Haken: Es erforderte Geduld. Und momentan war es leider das am wenigsten verfügbare Gefühl, auf seiner Skala. Und dann strapazierte Pineria diese Geduld noch munter weiter, indem sie ihre Hände auf Wanderschaft schickte. Langsam und andächtig ertasteten sie seinen Torso. Als er keine weiteren Zärtlichkeiten mehr ertrug, küsste er sie wieder gierig, bis sie sich fast verzweifelt an ihn klammerte. Pippa war dermassen schwindelig, dass sie Oben nicht mehr von Unten unterscheiden konnte. Vage bekam sie mit, wie sie wieder auf die Matratze sank. Er lag halb auf ihr, umgarnte sie wieder mit diesen besitzergreifenden Händen. Nach einiger Zeit zupfte er so beiläufig an ihrer seidenen Schärpe, dass sie davon gar nichts mitbekam. Wie denn auch? Ihre Sinne waren mit tausend anderen Dingen beschäftigt. Alles an diesem Mann erregte sie! Sein Gewicht auf ihr, die Beschaffenheit seiner Haut, die festen Konturen, wie seine Muskulatur sich bauschte, wenn er sich bewegte. Und seine Küsse! Herr im Himmel ... wie viele Arten, sie mit seinem Mund um den Verstand zu bringen, kannte dieser Mensch? Als eine warme, schwielige Hände ihre nackte Haut berührten, zuckte sie zusammen. Doch diesmal nicht aus Scheu. „Lu Ten!“ Widerwillig kratze Seine Hoheit die Reste seines Willens zusammen. „Pipps ...“, knirschte er. „Willst Du ... mich in die Klapse bringen?“ „Nein!“, keuchte sie. „Nur Deinen Namen sagen. Er ... ist schön! Ich ... ich fürchte ich plappere immerzu.“ Ach was? „Dann bin ich wohl im Himmel!“, murmelte er gegen ihr Schlüsselbein. Sein Mund glitt zur Mitte ihres Brustbeins und von dort tiefer. Gute Güte! Der Kontrast zwischen der prickelnden Sanftheit seiner Lippen, und der rauen Feuchtigkeit seiner Zunge auf ihrer Haut ... Pippa wand sich und rang nach Atem. Ihre sich rasch hebenden und senkenden Brüste rieben sich an ihm, lockten ihn. Er erlag der Verlockung und schmiegte seine linke Hand um einen der sanften Hügel. „Oh ...! Das ... Mach weiter!“ Er liess es sich nicht zweimal sagen. Mit dem Daumen neckte er die erhärtete Brustwarze und entlockte seiner Gespielin einen jammernden Laut. Als sein Mund endlich die fast schmerzhaft zusammengezogene Spitze erreichte, bäumte Pippa sich auf. „Großer Gott!“, wimmerte sie. Dann begann er zu saugen und ihr Inneres spielte komplett verrückt. Es versetzte sie in einen spektakulären Rauschzustand. Die Welt verschmolz zu einem einzigen Wirbel, dessen heisser, massiver Mittelpunkt der Mann war, der sich über sie beugte. „Lu Ten ... Bitte!“ „Möchtest Du ... Dir immer noch Notizen machen?“, keuchte er rasselnd. Sie ignorierte ihn. Eine so dumme Frage bedurfte keiner Antwort! Sie griff nach allem, was sie von ihm zu fassen bekam, und zog ihn an sich. „Kannst Du nicht ... irgendetwas machen?“, flehte sie fieberhaft. „Sch ... Nicht so eilig. Erst muss ich dafür sorgen, dass Du bereit bist.“ Pippa war eigentlich der festen Überzeugung das sie das schon war. „Und ... Woran merkst Du da ... Ah!“ Als seine andere Hand ihr Ziel erreichte bäumte sie sich erneut keuchend gegen ihn. „Lu TEN!“ „Genau daran, Fratz!“, raunte er, sacht die verborgene Feuchtigkeit ertastend. „Genau daran!“ „Oh mein Gott!“ Es klang fast wie ein Schluchzen. „Oh mein ...“ Ja, sein lerneifriges Bücherwürmchen war bereit. Langsam schob Lu Ten sich über sie. Er musste das hier unbedingt hinbekommen! Schliesslich sollte diese Frau für die nächsten Achtzig Jahre oder so glücklich mit ihm sein. „Ich fürchte ... es wird ... etwas weh tun.“, raunte er und stemmte sich auf die Arme. Pippa war so überwältigt, dass der Gedanke an ein bisschen Schmerz sie für die ungefähre Dauer einer halben Sekunde beschäftigte. „Mir ... egal! Tu es!“ Also tat er es. Ihre Atem entwich zischend und kleine, scharfe Fingernägel bohrten sich in die Haut seiner Oberarme. „Pipps?“ „Ja.“, hechelte sie. „Ja. Mir geht´s gut.“ Lu Ten hatte ihr noch Zeit geben wollen, doch der Drang, sich zu bewegen, war stärker. Mit zusammen gebissenen Zähnen glitt er tiefer. Ein schockiertes „Oh!“ liess ihn innehalten. „Es ... ist so viel!“ Ihr Wispern klang überrascht. „Viel?“, ächzte ihr gemarterter Liebhaber. „Dann wird Dir der Rest ... nicht gefallen.“ „Rest?“, quietschte sie ungläubig. „Ich ... fürchte ja.“ „Oh ... Ok.“ Sollte es tatsächlich eine Sache geben, in der ihr Mr. Perfect Defizite hatte? Ausgerechnet auf diesem Gebiet? Pippa schielte nach oben. Nun, seinem Gesichtsausdruck nach zu schliessen, war dies wirklich ein wunder Punkt. Also würde sie tapfer sein! Zärtlich legte sie eine Hand an seine Wange. „Das ... ist in Ordnung.“, flüsterte sie, zuversichtlicher als sie sich fühlte. „Es wird schon gehen.“ Es wird schon gehen? Lu Ten starrte sie an. Versuchte sie etwa ihn zu beruhigen? SIE? ... IHN? Sie war auf diesem Planeten wahrscheinlich die einzige Frau, die seine verborgene Unsicherheit spürte. Eine Unsicherheit, der er sich selbst nur höchst ungern stellte. Den Grund dafür kannten außer ihm vermutlich nur seine Eltern. Doch tief in seinem Inneren sass die Angst. Die Angst, eines Tages zu versagen. Die Angst, all den Erwartungen nicht gerecht zu werden. Die Angst, für die Menschen niemals das sein zu können, was sein Vater war. Außenstehende sahen nur die Fassade. Nicht so Pineria Tutuk. Hatte sie nicht schon früher in ihm herumgestochert, versucht, ihn auszuloten? Agni, er liebte diesen Fratz wirklich! Langsam senkte er sich auf sie und küsste sie. Als sie sich wieder entspannt hatte, gestattete er sich endlich, ganz einzudringen und diesmal schien sie kein Unbehagen zu verspüren. Vorsichtig glitt er ein Stück hinaus. Pippa riss ihren Mund los. „Nicht gehn!“, japste sie. „Nein.“ Er schob sich zurück. „Ich ... gehe nicht.“, ächzte er. Pippa war verwirrt, entzückt und ein wenig ängstlich. Prickelnde Euphorie pumpte mit jedem ihrer rasenden Herzschläge durch ihre Adern. Es fühlte sich an wie winzige elektrische Entladungen. Überall. In ihrem gesamten Körper summte es. Sie verspürte einen seltsamen Drang nach Bewegung, wölbte sich gegen den harten Körper, der über ihr aufragte, streichelte fieberhaft den angespannten Rücken. Doch der Drang, diese Sehnsucht, hörte nicht auf. „Lu Ten? Kannst Du nicht ...?“ „Doch, Fratz.“, knurrte er. „Doch!“ Als er sich erneut bewegte, war es anders. Bestimmter. Er zog sich zurück und stiess in sie, immer wieder. Pippa keuchte und grub ihre Finger in seine Rückenmuskulatur. Genau DAS war es, was sie brauchte. Und er wusste es, denn er hörte nicht auf, beschleunigte das Tempo, bewegte sich kraftvoller, unermüdlich, bis ihre Welt nichts mehr mit der Realität gemein hatte. Sie geriet vollkommen außer sich, verkrallte sich in ihn, lamentierte sinnlose Worte. „Immer noch ... zu viel?“, schnaufte Lu Ten. „Nein!“, jammerte sie. „Nein. Es ... ist genau ... ohmeingott!“ „Was, Pipps?“ „Richtig! Genau... richtig! Hör nicht auf! Hör bitte ... nicht auf! Oooh!“ Krampfend bäumte sie sich gegen ihn. Heißkaltes Feuer wütete in ihrem Unterleib und in ihrem Kopf explodierten Heerscharen funkelnder Lichter. Ihre kleinen Schreie gaben ihm den Rest. Er packte ihre Hüften und liess seiner Inbrunst freien Lauf. Dann hörte er aus ihrem atemlosen Gestammel diese kleinen Worte heraus. Worte, die seine Welt veränderten. Worte, die er von diesem Moment an sein wertvollster Schatz waren. Worte, die er in seinem Inneren fest verschloss. Selbst als ihn die erschütterndste Extase seines Lebens übermannte, verblasste sie beinahe gegen diese kleinen Worte. Er wusste ja noch nicht, dass es eine Zeit geben würde, in der sie das einzige wären, das ihm geblieben war. Pippa lag da und bestaunte das Wunder, das ihr Körper ihr beschert hatte, während ihr Lehrer sich schwer atmend auf sie sinken liess. Fest schlang sie die Arme um ihn, strich verträumt mit den Händen durch sein Haar und genoss die Wärme und den Duft, den er verströmte. Nach ein paar Minuten ging sie davon aus, wieder im Besitz einer funktionstüchtigen Stimme zu sein. „Das ... sind die interessantesten Studien, die ich je betrieben habe.", flüsterte sie verzückt. "Mit Abstand!“ An diesem Abend brachte der Abendkurier Punkt Neun die zweite Ladung Briefe in den Palast. Wie immer wurden diese umgehend zu Meister Püng Jao gebracht, der sie vorsortierte, den wichtiger erscheinenden Stapel an den Assistenten des Sekretärs des Konsuls Tian Fu weiterreichte, wo sie erneut durchforstet wurden. Mit dieser Auswahl eilte der Assistent des Sekretärs zu seinem Vorgesetzten, der glücklicherweise die offizielle Erlaubnis besass, die fürstliche Korrespondenz bis auf einige Ausnahmen zu öffnen, was ihm eine genauere Selektion ermöglichte, als seinen unbedeutenderen Kollegen. Aufgrund dieser Wichtigkeit wurde ihm dann auch die Ehre zuteil, diese wirklich elitäre Auslese meist handgeschöpften, blütenreinen Papiers, dem ehrenwerten Tian Fu zu übergeben. Der warf einen kurzen Blick auf die Briefe, suchte zwei, manchmal drei, heraus und gab sie zurück. „Gut. Diese drei hier können zu Seiner Lordschaft. Der Rest erst morgen.“, murmelte Tian geistesabwesend. „Aber ... Herr!“ „Hm?“ „Die Einladung zur Verlobung des Generals ...“ „Kann warten, Tero. Oder denkst Du, die Dame wird ihm weglaufen?“ „Äh ... nein. Sehr wohl. Nur diese drei!“ Tero verneigte sich respektvoll, verschwand und suchte seinen Assistenten, um diese hochheilige Aufgabe weiterzureichen. Dieser junge Mann, der auf den Namen Cheng hörte, eilte nervös von dannen. Er hatte diesen Posten erst seit einigen Tagen und befürchtete hinter jeder Ecke eine drohende Katastrophe, die seiner Laufbahn ein Ende bereiten konnte. Auf sein leises Klopfen öffnete sich nach einer gebührenden Pause die Tür. Normalerweise. Also ... letzte Woche hatte es jedenfalls noch ganz hervorragend funktioniert. Er pochte erneut schüchtern gegen das Holz. Nichts! Warfen die Wachen ihm nicht schon seltsame Blicke zu? Cheng nahm seinen ganzen Mut zusammen und klopfte laut und vernehmlich an die Tür zu den privaten Gemächern Zukos II. Nach einigen Sekunden schwang sie auf. „Ja?“ „Äh ... äh ... Ich ... Verzeihung!“, stiess der völlig überrumpelte junge Mann aus. „Sicher!“ Er wurde angestrahlt. „Hier sind einige Briefe ...“ „Jin?“ „Anwesend, Mylord!“, rief die vor Cheng stehende Dame über die Schulter. „Warum öffnet Fon nicht die Tür?“ „Weil er mir eine Schüssel Reisbällchen besorgt.“ „Ist das nicht eigentlich Quans Aufgabe?“ „Ja, aber DEN hab ich gebeten für Dich noch etwas Essbares aufzutreiben. Irgendwas Scharfes, Du weisst schon ...“ Jetzt drehte sich Mylady wieder zur Tür. „Entschuldigung.“, flüsterte sie Cheng zu. „Gleich bin ich ganz Ohr. Aber er wird so ungeduldig, wenn ich ihm diese Dinge nicht erkläre.“ „JIN!“ „Ja, oh Hellhöriger?“ „Würdest Du den Mann bitte endlich hereinlassen?“ „Aber sicher.“ Eine energische Hand schnappte sich Chengs Ärmel, und zog ihn hinein. In der Höhle des Löwen sah sich der Assistent des Sekretärs des Konsuls dem Löwen höchstpersönlich gegenüber. Zum ersten Mal in seinem Leben! Bevor er auf die Idee kam zu starren, zwang er sich zu der vorgeschriebenen, tiefen Verbeugung. „Mein Fürst!“, würgte er hervor. „Ah. Du musst ... Chang sein.“ „Ch ... Cheng, Mylord.“ „Wirklich? Dann hatte da jemand eine rechte Sauklaue.“ Der Schweiss brach Cheng aus, während er verzweifelt bemüht war, die Augen gesenkt zu halten. „Äh ...“ „Nun,“ erlöste sein Herrscher ihn. „was führt Dich her?“ „Der Abendkurier, Herr!“ „Sehr gut. Danke! Du darfst übrigens aufsehen.“ „Wie meinen?“ „Es ist nicht nötig, das Muster des Bodens zu studieren.“ „Aber ...“ „Hat Tian Dir nicht gesagt, dass das Foltern von Angestellten abgeschafft wurde?“, murmelte Zuko, als er nach den Briefen griff. „Was?“ „Schon seit einigen Jahren. Es war so schrecklich ineffektiv.“ Cheng schluckte und wagte es tatsächlich, den Blick zu heben. Er begegnete einem amüsierten, goldenen Funkeln. „Zuko, sei lieb!“, mahnte Jin sanft. „Bin ich das nicht, mein Herz?“ „Du foppst den armen Jungen!“ „Nur ein bisschen.“, murmelte der Gescholtene, während er die Schriftstücke überflog. Eines der Siegel war noch unversehrt. „Ah, da ist ja Lu Tens Brief.“ Seine Lordschaft sah auf. „Danke Cheng, auf diese Nachricht hatte ich gewartet. Du kannst für heute Schluss machen.“ „Sehr wohl, Hoheit. Danke!“ Katzbuckelnd ging der junge Mann rückwärts. Draußen musste er sich erst mal setzten. Er hatte Zuko den Erneuerer gesehen! In Lebensgröße! Das musste er sofort seiner Mutter schreiben! „Hast Du diesen Brief denn erwartet? Ist es etwas schlimmes?“ Die Frau, die das Privileg hatte, Zuko den Erneuerer jeden Tag sehen zu dürfen, versuchte über dessen Schulter zu linsen. „Nicht doch.“, beruhigte er sie. „Aber normalerweise kommt sein täglicher Bericht mit der Morgenpost.“ „Tsts. Sollte DEIN Sohn tatsächlich geschludert haben?“ „Wohl eher der Kurier.“ „Also?“ „Also was?“ „Was schreibt er?“ „Das Übliche. Es geht ihm gut, alles ist in bester Ordnung.“ „Hm. Wenn das mal stimmt!“ „Selbstverständlich! Da er MEIN Sohn ist, ist er zu verantwortungsbewusst, um zu Verschweigen, wenn irgendwelche Schwierigkeiten auftauchen. Von diesem Spitzel hat er uns ja auch benachrichtigt.“ „Na ja, aber da er DEIN Sohn ist, muss man ihm aus der Nase ziehen, wie es ihm WIRKLICH geht. Tee?“ fügte sie unschuldig hinzu, als ihr Gatte den Mund öffnete. „Weisst Du was?“, schnurrte er und legte die Briefe auf eine kleine Kommode. „Äh ... nein!?“ Jin tapste vorsichtshalber einige Schritte zurück. „Ich denke, es wird Zeit, mir die MUTTER meines Sohnes vorzuknöpfen.“ Sie hatte es ja gewusst! Trotz des kleinen Vorsprungs schaffte sie es nicht mal fünf Meter weit. Das war ja sowas von peinlich! Aber auch sehr praktisch, wenn man es eilig hatte, gewisse Bedürfnisse zu befriedigen. 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