Drachenherz von Xanderle (Ein kleiner Zujin Roman) ================================================================================ Kapitel 11: Hüter des Gesetzes ------------------------------ Jin rannte was das Zeug hielt! Dass diese langen Beine sie spielend eingeholt hätten, wenn sie nur wollten, war ihr dabei völlig egal. Hier ging es um´s Prinzip! Er sollte JA nicht denken, dieser Kuss hätte irgendetwas bewirkt. So grandios er auch gewesen war. Die Tatsache, dass er ihr folgte erfüllte Jin mit einer gewissen Genugtuung. Die Tatsache, dass er es offensichtlich nicht darauf anlegte sie einzuholen, eher nicht. Dieser verdammte ..! Sie blieb stehen. Zum einen, weil sie völlig außer Atem war und zum andern, weil sie ihm die Meinung geigen wollte. „Warum rennst Du hinter mir her?", keuchte sie erbost. Er hingegen keuchte kein bisschen. Dieser Bastard. „Du glaubst doch nicht, ich lasse Dich allein durch die Gegend laufen. Im Dunkeln?" Jins Augen wurden schmal. „Ich kann sehr gut alleine durch die Gegend laufen! Und am allerbesten kann ich das im Dunkeln. Darin bin ich superspitze! Hab ich auch schon vor sechs Jahren gekonnt." „Fünfeinhalb!" Ach, jetzt wollte er auch noch den Pedanten raushängen lassen? Das konnte sie aber besser. „Fünf Jahre, sieben Monate und fast drei Wochen!", presste sie zwischen den Zähnen hindurch. Mist! Das hätte sie nicht sagen sollen ... „Du hast gezählt?" Das klang betroffen. Und ein klein wenig befriedigt. Er konnte sich seine Befriedigung sonst wo hinstecken! „Lass mich endlich in Ruhe!" „Nicht, bevor Du mich endlich erklären lässt, warum ich damals ..." „Ist hier alles in Ordnung, kleines Fräulein?" Ein Polizist in der grünen Uniform des Erdkönigreichs bog um die Ecke. Zuko verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte den Mann böse an. Diese Einmischung kam höchst unerwünscht. Jin hingegen atmete auf. Endlich war Hilfe in Sicht. Der Polizist würde diesen grässlichen Kerl abführen! Dann konnten sie ihm ihretwegen Daumenschrauben anlegen, ihn mit spitzen Stöcken piksen, an seinen glänzenden Haaren ziehen, ihm Ratten servieren und dann langsam verfaulen lassen. Ja, das wäre ein guter Anfang! „Belästigt dieser Mensch sie?", fragte der Polizist, dem der überhebliche Blick des langen Individuums gar nicht gefiel. Vielleicht würden sie sich auch die Mühe machen, ihn in Öl zu sieden. Oder ihn einfach nur für ganz, ganz lange wegsperren! „Der Mann wartet auf eine Antwort, Jin!", murmelte das Ziel ihrer Rachegedanken gelassen. Also ... wenn das nicht der Gipfel der Arroganz war! Er dachte wohl, sie würde ihn nicht ans Messer liefern, was? Und wer hatte ihm überhaupt die Erlaubnis gegeben, ihren Namen so abzunutzen? „Miss?" Der Polizist war inzwischen herzlich irritiert. Jin schluckte. „Nein, alles in Ordnung, Danke!" Hatte sie das grade wirklich gesagt? Offensichtlich. Der selbstgefällige Blick der Drachenaugen ließ nur diesen Schluss zu. Sollte er sich doch was drauf einbilden, der Idiot! Sie war eben einfach nicht gewillt, seinetwegen Steuergelder zu verschwenden. „Na, dann...", schnarrte die Stimme von Recht und Ordnung, „darf ich sie bitten, nicht mehr ein solches Geschrei zu veranstalten, ja?" Geschrei? Sie? Mit offenem Mund blickte Jin dem Gesetzeshüter hinterher. „Jin, können wir jetzt endlich vernünftig miteinander reden?" Lee hatte tatsächlich die Unverfrorenheit frustriert zu klingen! „Vernünftig?", flötete sie und drehte sich langsam zu ihm um. Zuko registrierte erleichtert, dass ihre Stimme nun ganz sanft war. Sie ließ ihn endlich erklären ... „Wenn Du ein paar Jahrzehnte Höllenpfuhl hinter Dir hast und ich auf Deinem Grabstein Spitze klöppeln kann; DANN können wir vernünftig reden! Und jetzt entschuldige mich, ich muss mir die Lippen aus dem Gesicht schrubben!" Zuko starrte ihr sprachlos hinterher. Sein Teehaus-Lämmchen erwies sich gerade als das sturste Weib, das ihm je untergekommen war. Seine Augen wurden schmal. Die Lippen aus dem Gesicht? Wirklich? Drei lange Schritte, er schnappte sie am Arm, riss sie herum und beugte sich vor, bis ihre Nasenspitzen sich fast berührten. „Ach ja?", knirschte er. „Nur zu, ich bin jederzeit bereit, Deine Erinnerungen an den Kuss wieder aufzufrischen! Aber vielleicht legst Du es ja gerade darauf an?" Sie waren wirklich schön, seine hellen Augen, wenn sie so zornig funkelten. „Ungefähr genauso, wie ich es darauf anlege Schnecken zu essen!" „So?" Das sanfte, gedehnte Schnurren klar irgendwie gefährlich. Jins Nackenhaare sträubten sich bei diesem Tonfall. „Dann seufzt und stöhnst Du also vor Entzücken, wenn Du Schnecken isst?" Fein, das war‘s!  Auf dieses abgedroschene Mittel hatte sie zwar nicht zurückgreifen wollen, aber er wollte es ja nicht anders. Nach ihrer schallenden Ohrfeige war Lees untere, linke Gesichtshälfte beinahe ebenso rot, wie die flammende Narbe darüber. Und es tat ihr kein bisschen leid! Höchstens, dass sie die Seite erwischt hatte, die schon mehr als genug Schmerz erlitten hatte. Aber sie schlug nunmal mit der Rechten. Oh Gott, sie hatte die vernarbte Seite seines Gesichts geschlagen ... Zuko erstarrte. Er war zu weit gegangen. Wo war nur seine Beherrschung geblieben? Er hatte sie soweit getrieben, dass die Jade nun in Tränen schwamm. Verfluchtes Temperament!  „Jin." Seine Stimme klang gepresst. „Ich wollte Dich nicht schlagen!", flüsterte sie. „Das hätte ich nicht tun dürfen. Ich war nur so schrecklich wütend ..." Was?  Er war ziemlich abgehärtet, und ganz besonders sein Gesicht. Sie machte sich tatsächlich Gedanken um diesen Klaps?  Das Weib war wirklich gefühlsbetont, soviel stand fest! Er forschte in ihren Augen und fand dort die Bitte um Verzeihung, dabei lag die Schuld bei ihm. Zukos Hände legten sich um sacht um Jins Gesicht und hoben es an. Sein Daumen wischte eine einzelne Träne fort. „Jin." Er neigte den Kopf. Sie sah zu ihm auf. Sie würde sich noch einmal küssen lassen. Schwindelerregendes Triumphgefühl erfasste ihn. Ein Triumphgefühl, dem allerdings ein explosives und überaus jähes Ende bereitet wurde. Der laute Knall eines Feuerwerkskörpers holte Jin zurück auf den Boden der Tatsachen. So schnell sie konnte machte sich von ihm los. „Ich ... Lass mich einfach in Ruhe! Und wenn Du nicht mehr weisst wie´s geht, versuch Dich an früher zu erinnern." Sie klang ruhig und bestimmt.  Jetzt rannte sie auch nicht mehr. Sie ging. Sie ging einfach nach Hause. Als sie endlich die Tür zu ihrer kleinen Wohnung aufschob hörte sie noch sein leises „Gute Nacht, Jin!" Gut? Was sollte an dieser Nacht gut werden? Drin sank Jin mit dem Rücken gegen den Türrahmen und ließ sich daran heruntergleiten. Er war wieder da. Und sie? Ein Nervenbündel. Sie hatte sich allen Ernstes an diesem Brunnen küssen lassen. Und wie! Sie hatte sich so gründlich und ausgiebig küssen lassen, dass ihre Lippen jetzt noch kribbelten und pochten. Danach hatte sie es wahrhaftig auch noch für nötig gehalten sich wie ein Fischweib aufzuführen. Bei dieser Erinnerung vergrub sie stöhnend den Kopf in den Händen. Sie hatte gezetert, ihn geschlagen. Und als Krönung des Ganzen hatte sie heute gleich zwei mal vor ihm geflennt! Oh ja! Er war wieder da. Sacht legte Jin die Fingerspitzen an ihren Mund. Er war wieder da und sie hatte eine Erinnerung mehr, die sie nicht wieder loslassen würde. Seinen Geschmack nach Zimt und Ingwer. Zuko ging zurück zum Palast des Erdkönigs. Ging er? Oder waren da unter seinen Füssen fünf Zentimeter Luft? Auf seinem Weg wurde er drei mal angerempelt, zwei mal fast von den unaussprechlichen Inhalten abgestandener Nachttöpfe getroffen, einmal als „Idiot kannst Du nicht aufpassen wo Du hinrennst?" bezeichnet und sogar gefragt, ob er ein überaus `seltenes´ Artefakt kaufen wolle, was ihn ob der Dämlichkeit seines Gesichtsausdruckes nicht weiter verwunderte. Sie war noch frei! Und abgesehen von ihrem kleinen Wutausbruch, hatte sie noch genauso auf ihn reagiert, wie damals. Er hielt seine Beute in den Fängen. Und dort würde sie auch bleiben. Denn Zuko Tatzu bekam was er wollte. Immer! Unser ach so willensstarke Traumwandler kam grade mal bis vor ein Seitentor des Palastes. „Halt!" War das eine Lanze vor seinem Gesicht? „Was fällt Dir ein hier vor dem Palast herumzuspazieren? Mach gefälligst ein Loch in die Luft!" Verdammt! Er hatte ganz vergessen dass er inkognito war, und eigentlich am Balkon hochklettern musste. Zuko drehte auf dem Absatz um. Wenn die Wache wieder unaufmerksam wurde, würde in die Büsche verschwinden und nach dem Seil suchen. „Hey, kenn ich Dich nicht?"  Mist! „Nicht, dass ich wüsste", murmelte Zuko. Er war leider noch nie gut darin gewesen unauffällig zu sein, es sei denn er rannte in schwarzen Klamotten herum. „Bleib stehen, verdammt!" Eine ungewaschene Hand zerrte an Zukos Schulter, bis er sich umdrehte. „Dreh gefälligst Dein Gesicht ins Licht, Freundchen!" Freundchen? Reizend! Waren seine Wachen zu Fremden auch so ausnehmend nett? Aber Seine Durchlaucht tat seinem neuen Freund den Gefallen und drehte das Gesicht zur Fackel. „Was?" Der Mann schien plötzlich Atemprobleme zu bekommen. „Mein Gott ... Majes ... Hoheit! Ich... ich... wusste nicht!" Zukos seufzte. Sein Gesicht war im Erdkönigreich nun wirklich noch ziemlich unbekannt, warum musste ausgerechnet dieser Wachposten eine Ausnahme bilden? „Gott ist vielleicht etwas hochgegriffen.", murmelte er. „Verzeiht mir! Ich hatte keine Ahnung, dass Ihr...Ihr... in der Stadt, äh.... wart." „Und könnte das wohl so bleiben?" „Hä?" „Könntest Du vielleicht vergessen, mich gesehen zu haben?" „Äh.... Könnte ich das?" Der Wächter war verdutzt. Zuko fragte sich, ob es sich um die Art von Intelligenzmangel handelte, die mit Bestechung zu beheben war. Er nestelte unter seinem Mantel eine goldene Anstecknadel hervor und hielt sie dem Mann hin. „Du hast mich nicht gesehen, klar?" Das würde ihm grade noch fehlen, wenn alle Welt erfuhr, wie er hier einfach so ein- und ausspazierte. „Nee, is klar... hab ich nicht...ich... ICH NEHM DOCH ABER KEINE BESTECHUNG AN!" Bei dieser Lautstärke zuckte Zuko leicht zusammen. „Könntest Du vielleicht etwas leiser sein?", zischte er. „Ich... ja. Klar! Aber, dass Ihr denkt, ich würde... Ich bin eine Wache des Königs, Herr! Ich lass mich nicht bestechen!" „Gut! Das ehrt Dich ungemein." Und unterscheidet Dich so wohltuend von Deinen Kollegen!  „Könntest Du vielleicht trotzdem vergessen, dass ich da war?" „Sicher", sagte der Wächter, in seiner Ehre offenbar tief gekränkt, steif. „Wenn Euer Hoheit es wünschen und sofern kein Sicherheitsrisiko vorliegt." „Kein Risiko. Nur ein paar Spaziergänge." Himmel, der Mann war immer noch beleidigt. Beleidigte Verbündete waren gefährlich. „Ich danke Dir für Deine Verschwiegenheit! Sie ziert einen ehrbaren Mann.", fügte Zuko daher hinzu. So langsam hatte er den Dreh mit der Diplomatie vielleicht doch raus. „Nun ja ... Das sagt meine Tia auch immer." „Schön. Ich muss gehen." Mit diesen Worten verschwand Seine Lordschaft zwischen die Büsche, um nach dem Seil zu suchen. Iroh Tatzu stand auf dem Balkon, als Fon lautlos zu ihm trat. „Ah, Fon, mein Freund! Sind die Sterne heute nicht wundervoll?" Fon, der von Gestirnen, Planeten und all dem Leuchte-Zeug noch nie viel gehalten hatte, zuckte lediglich mit den Schultern. „Ich nehme an Du hast die Spur meines Neffen heute erfolgreich verfolgt?" „Ja." Iroh wartete und faltete die Hände hinter dem Rücken. Betrachtete die Mondsichel. Lauschte dem leisen Wind. Wippte auf den Zehenballen. „Heilige Flamme, Fon! Muss ich Dir die Information operativ entfernen?" „Sag doch, wenn Du wissen willst, wo er war, Hoheit.", maulte Fon beleidigt. „Er war in der Stadt!", setzte er dann hinzu. „Was Du nicht sagst, mein Freund." „Er hat da einem Mädchen ... äh ... aufgelauert." „So was tut er? Sehr findig!" „Ja. Er hat dem Mädel ganz schön zugesetzt, muss ich schon sagen." „Zugesetzt?" „Na, erst das ganze Geküsse, dann das ganze Gerenne und zuletzt das ganze Gezeter. Das volle Programm eben." Einen längeren Satz hatte Iroh den kleinen Mann noch nie sagen hören. Fon musste wirklich beeindruckt sein. „Das ist erfreulich." Er strich sich knisternd durch den Bart. „In der Tat erfreulich! Weisst Du, was das beste an guten Nachrichten ist, Fon?" „Ne." „Sie machen mich immer hungrig." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)