Schattenherz - Die weißen Ritter von abgemeldet (Teil 2) ================================================================================ Kapitel 15: Die Seelenschlucht ------------------------------ Die Seelenschlucht Endlich. Endlich machte Kurando Halt. Eine Ewigkeit musste seit dem Verlassen der Höhle vergangen sein und nun standen sie vor einem hohen Gebirge, das wie mit einem riesigen Hammer zerteilt schien. Eine schmale Schlucht führte auf die andere Seite. Das musste die Seelenschlucht sein, von der Roger gesprochen hatte und dahinter wartete bereits die Schwarze Ebene auf sie. „Dann lasst uns gehen.“, sagte Yuri fröhlich und wollte los marschieren, doch Kurando hielt ihn grob zurück. „Warte!“, zischte er nervös. „Es wird nicht so einfach sein wie du glaubst.“ „Und was soll schon passieren?“, fragte Yuri genervt. „Wenn uns Felsen auf den Kopf prasseln, dann zerschlage ich sie eben.“ „In dieser Schlucht warten schlimmere Dinge als herunterfallende Felsbrocken.“, mischte sich Nuria ein. Ihr Gesicht war noch blasser geworden, wenn es überhaupt möglich war und ihre Stimme bebte. Irgendetwas musste ihr Angst machen. Trotz der offensichtlichen Furcht vor der Schlucht ging sie einen Schritt nach vorne und berührte sachte den Felsen. Nuria zuckte zusammen und wich wieder zurück. „Schrecklich.“, flüsterte sie ängstlich. „Was denn?“, fragte Yuri ungeduldig. „Wirst du es schaffen?“, wandte Draco sich an seine kleine Schwester. Die Vampirin nickte und deutete durch die Schlucht hindurch. Es war kein Ende zu sehen nur Dunkelheit und Karin glaubte etwas Bedrohliches in den Schatten zu erkennen. „Wir müssen.“, antwortete Nuria knapp. „Was ist denn los jetzt?“, Yuri war nun schon merklich gereizt. „Es ragt eine schreckliche Legende um diese Schlucht. Besser gesagt ist es überhaupt keine Legende, sondern die grausige Wahrheit.“, erklärte Nuria. „In unserem Stamm gab es ein Gedicht, das man kleinen Kindern vorgelesen hat um sie vor Orten abzuschrecken, die für sie verboten waren. Gebt acht, gebt acht, das Herzelein lacht. Doch bald schon verschlingts die finstere Nacht. Dreh, dreh, dreh dich nie um...“ „So ein Schwachsinn.“, warf Yuri ein. „Das ist es nicht.“, entgegnete Kurando. „Es ist die Wahrheit. In der Seelenschlucht lauern gefährliche Monster.“ „Na und? Dann werden wir sie vernichten.“, unterbrach er den Schwertkämpfer. „Du kannst sie nicht töten. Sie sind unsterblich.“, erwiderte Kurando. „Wenn wir gleich dort hindurch gehen, dann schaut immer geradeaus. Egal was passiert, ihr dürft euch nie umdrehen. Verstanden?“ „Was soll dieser ganze Schwachsinn?“, fragte Yuri. „Den Mist glaubst du doch selbst nicht. Es...“ „Doch ich glaube daran.“, giftete Kurando zurück. „Solange du sie nicht ansiehst, können sie dir nichts tun. Deswegen ist es ja so wichtig, dass ihr stets nach vorne schaut. Selbst wenn eines der Wesen vor uns springt müsst ihr immer weiter laufen und praktisch durch das Monster hindurch sehen.“ „Dann lasst uns gehen bevor ich es mir noch anders überlege.“, sagte Karin und trat in die Schlucht hinein. Yuri, Draco und Nuria folgten ihr, Kurando bildete den Schluss. Es war bedrückend still im Inneren der Schlucht. Normalerweise hätte man ihre Schritte hören müssen, doch die Felsen schienen jeden Laut aufzusaugen. Es war kalt und ein unheimliches Flüstern erfüllte den schmalen Weg. Karin war geneigt nach oben zu sehen. Dort wo das Licht der Sonne auf sie wartete, doch sie widerstand der Versuchung und schritt noch etwas schneller aus. Die Zeit schien hier drinnen keine Bedeutung zu haben. Immer noch war kein Licht am Ende der Schlucht zu sehen. Plötzlich raschelte es hinter ihnen. Karin wollte herumfahren, doch jemand packte sie grob an der Schulter, sodass sie weiter geradeaus laufen musste. Ihr wurde noch kälter und sie hörte ihr eigenes Herz klopfen und das Blut durch ihre Ohren rauschen. Die Geräusche kamen bereits nach wenigen Sekunden von allen Seiten. Sie waren umzingelt, umzingelt von unsterblichen Monstern. „Lauft weiter!“, zischte Kurando am Ende der Schlange. Karin ging noch schneller immer darauf bedacht, stur nach vorne zu sehen. Ein lautes Jaulen und ein Kratzen, als scharrten riesige Klauen über den Felsen, ertönte unmittelbar rechts über ihr an der Wand. Die Panik in Karin wuchs immer mehr. Es war schrecklich sich nicht einfach wehren zu können. Sie wollte schreien, doch sie wagte es nicht. Ein lautes Knirschen direkt vor ihr riss sie aus ihrer Panik. Etwas Riesiges stand direkt vor ihr. Das Monster brüllte und gab somit die Sicht auf eine doppelte Reihe spitzer Zähne frei. Widerlicher Speichel tropfte aus seinem Maul. Seine Arme reichten bis auf den Boden und endeten in gekrümmten Klauen. Karin begann am ganzen Körper zu zittern und griff nach Yuris Hand. Er erwiderte ihr Berührung und zog sie ein Stück an sich. „Lauf weiter!“, zischte Kurando ihr zu. „Er wird zurück weichen.“ Sie schloss die Augen und trat einen Schritt nach vorne. Diese einzige Bewegung kostete sie bereits ihre ganze Kraft. Doch es war wie Kurando gesagt hatte, das Wesen wich vor ihr zurück. Zwar langsam, aber dennoch stetig. Es knurrte und angelte mit seinen riesigen Klauen nach ihr, aber es hütete sich sie wirklich zu berühren. Schritt für Schritt ging sie weiter und endlich kam das rettende Licht des Endes in Sicht. Karin gemahnte sich zur Ruhe, doch es fiel ihr sichtlich schwer. Mittlerweile war auch direkt hinter ihnen eines der Wesen und knurrte Kurando bedrohlich an. Ein Fehler von ihr und sie schwebten in höchster Gefahr. Das unheimliche Monster drehte sich nervös um. Es schien zu spüren, dass es dem Ausgang immer näher kam und kletterte rasch an der Felswand empor, bis es knapp über ihnen hängen blieb. Es beobachtete sie und wartete nur auf einen noch so kleinen Fehler. Plötzlich tropfte etwas auf sie. Erschrocken fuhr Karin herum und das Unglück nahm seinen Lauf. Wie auf ein Zeichen hin, stürzten die unheimlichen Wesen sich auf sie. Die Kiefer der Bestie schnappten zu, doch der tödliche Biss kam nicht. Stattdessen wurde das Vieh davon geschleudert und jaulte schrill auf. Auch die anderen hatten sichtlich Mühe sich gegen die Wesen zur Wehr zu setzen. „Lauft!“, schrie Kurando entsetzt und gab allen einen kräftigen Stoß in den Rücken. Sie taumelten nach vorne und mit einem hektischen Satz sprangen sie über das bewusstlose Monster hinweg, das Yuri niedergeschlagen hatte. Aber es war wirklich nicht mehr als Bewusstlos, denn seine Augenlider hoben sich bereits wieder und seine Arme und Beine bewegten sich. Hinter ihnen rollte eine wahre Lawine aus Krallen, Fell und tödlichen Zähnen heran. Wenn sie das Licht erreichen würden, dann wären sie vielleicht in Sicherheit, doch die Chancen standen schlecht. Immer wieder stolperten sie über den unebenen Boden und mussten ihre Geschwindigkeit verringern um nicht wirklich hinzufallen. Die seltsamen Wesen konnten währenddessen geschmeidig über die Felswände gleiten. Jemand schrie hinter ihr gellend auf und Karin blieb entsetzt stehen. Yuri rannte noch einige Schritte weiter und blieb dann ebenfalls stehen. Er versuchte ihre Hand zu packen, doch sie wehrte sich dagegen. Vor ihr lag Kurando auf dem Boden, er war noch bei Bewusstsein, aber eines der Monster saß auf seiner Brust und beäugte seine Beute nachdenklich. „Lauft weiter!“, schrie Karin den anderen zu. Draco nickte knapp, warf sich Nuria über die Schulter und packte Yuri so fest am Arm, dass dieser sich nicht wehren konnte. Karin blickte dem Wesen in die Augen und konzentrierte ihre Kraft. Auf einmal wurden sie in ein gleißendes Licht eingehüllt. Die Monster schraken zurück und brachten sich rasch in Sicherheit und auch Kurando musste die Hand vor die Augen heben um etwas zu sehen. Als das Licht verschwunden war, entdeckte er zwei wunderschöne goldweiße Beine, die in einem ebenso goldweißen Körper endeten. Es war keine normale Haut, sondern wirkte fast wie ein dünnes Metall. Das Wesen musterte ihn mit gütigem Blick und streckte die Hand aus, um ihm hoch zu helfen. Kurando sah in ein paar leuchtend blaue Augen, über die einige weiße Haarsträhnen fielen. Der Anblick des Wesens war so verzaubernd, dass er sogar für einen Moment die drohende Gefahr nicht mehr wahrnahm. Jetzt fielen ihm auch die drei etwa fassgroßen Ringe auf, die unaufhörlich um das Wesen herum kreisten. Plötzlich fuhr ein brutaler Schmerz durch seinen Knöchel und als Kurando sich herum drehte, erblickte er eines der bösartigen Monster. Das leuchtende Wesen machte eine rasche Handbewegung und eine der Scheiben flog wie durch Geisterhand nach vorne und zerteilte das Vieh in zwei Hälften. Kurando zögerte noch eine Sekunde und humpelte dann auf den Ausgang zu. Hände griffen nach ihm und zerrten ihn ins Freie. Jemand sagte etwas zu ihm, doch er war wie benommen. „Wo ist Karin?“, drang es an sein Ohr. Das musste Yuri sein. „Ich bin hier.“ Kurando schlug die Augen auf und setzte sich auf den weichen Grasboden. Vor ihnen stand ein goldweißes Wesen mit langem weißen Haar, leuchtend blauen Augen und drei sich drehenden Ringen. Sie begriffen sofort, dass es Karin war, doch Kurando erkannte jemand ganz anderen in ihr. Die Hüterin der Familie Hyuga und des Dorfes Unogami. Die Mondgöttin Shisaya. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)