Neuanfang von Seranita ================================================================================ Kapitel 4: Neujahr ------------------ Kapitel 4: Neujahr Die Luft war kühl, als Yo schließlich an die frische Luft kam. Auch wenn es nicht schneite war es eisig. Weiße Wölkchen bildeten sich in der Luft vor ihm, doch Yo wurde nicht kalt. Viel zu erhitzt war er noch von der Party, die innerhalb des Hauses im Gange war und deren Lärm nur noch gedämpft zu hören war. Tatsächlich half ihm die Luft hervorragend, sich etwas abzukühlen. Warum nur konnte er nicht einfach loslassen? Warum musste er in so einem Moment an ihn denken? Warum konnte er nicht einfach mit seinen Freunden Spaß haben? Yo ließ seinen Blick über die verlassene Umgebung schweifen. Kein Mensch war zu sehen, nicht einmal ein Geist. Es schien so, als wolle sich keiner zu dieser Zeit draußen aufhalten. Was wohl kein Wunder war, das eigentliche Feuerwerk würde schließlich erst in einer halben Stunde losgehen. Davor würden alle bei ihren Freunden oder Familien sein. Niemand war hier. Niemand außer ihm… Plötzlich spürte er die Anwesenheit einer weiteren Person. Automatisch schlug sein Herz schneller, wie beinahe immer, wenn unbekannt jemand auftauchte. Konnte es vielleicht sein…? War er vielleicht zurückgekehrt? Er spannte sich an, wagte es nicht, sich umzudrehen. „Yo?“ Er kannte die Stimme. Kannte sie sehr gut. „Bist du hier?“ Die Anspannung wich und er drehte sich mit einem schiefen Grinsen um, bemüht, seine Enttäuschung zu verhehlen. „Ich bin hier, Anna.“ Ein prüfender Blick traf ihn und er wusste, dass sie ihm seine Fröhlichkeit nicht abnahm. „Du hast wieder an ihn gedacht.“ Es war keine Frage. Yo antwortete nicht, sondern stützte sich auf das Geländer auf, während sein Blick gen Himmel wanderte. Die Sterne funkelten besonders hell heute Nacht. „Ist alles okay bei dir?“ „Mir geht es gut.“ Yo lehnte sich zurück und ließ seine Gedanken wieder schweifen. Am Rande bekam er mit, wie Anna nicht wieder zurück in das Haus ging, sondern sich vielmehr näherte und neben ihm gegen das Geländer lehnte. Sie zuckte nicht zusammen, als sie das kalte Holz berührte. Allerdings hatte er das auch nicht wirklich erwartet. Anna war niemand, der sich einfach so von etwas überzeugen ließ. Genauso wenig, wie sie Dinge durchgehen ließ, welche ihr nicht passten. „Warum bist du hier?“, wollte er wissen. Noch immer konnte er nicht von seinem Grinsen lassen. Es schien wie festgefroren auf seinem Gesicht. „Solltest du nicht aufpassen, dass sie nicht zu viel Sake trinken?“ Anna zuckte nur mit den Schultern. „Ich bin nicht ihre Babysitterin. Außerdem ist Run noch da drin. Sie hat Bailong bei sich, es wird schon nichts passieren.“ „Verstehe.“ Das war in der Tat ein schlagendes Argument – im wörtlichen Sinne. Irgendwo in der Nähe war ein einsames Knallen zu hören. Raketen, die zu früh gestartet waren, vermutlich aus zu viel Vorfreude auf das neue Jahr. Ein neues Jahr… Ob es ihm wohl mehr bringen würde als das alte? Musste es ihm mehr bringen als das alte? Im letzen Jahr war so viel geschehen… Er hatte neue Freunde gefunden, dass Shamanen Turnier gewonnen… Es war nicht wirklich schlecht gewesen. „Manchmal haben die Menschen Schwierigkeiten, loszulassen.“, bemerkte Anna in diesem Moment, beinahe so als hätte sie seine Gedanken gelesen. Yo sah sie mit milder Neugier an. „Warum ist das so, was meinst du?“ Furchtlos erwiderte sie seinen Blick. „Weil sie Angst vor einem Neuanfang haben. Weil sie Angst vor der Veränderung haben.“ Sie musste nicht aussprechen, was sie dachte. Er wusste es ohnehin. Weil du Angst davor hast. Hatte er Angst? Ließ er deshalb nicht los? Es mochte so sein. Er bereute es, bereute die Dinge, die er getan – und nicht getan hatte. War das wirklich ein Grund für ihn immer in Reue zurückzublicken? Es war doch schon immer sein Lebensmotto gewesen, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Wann hatte sich das geändert?! Er lächelte bitter. „Ich fürchte, ich bin meinen Prinzipien untreu geworden.“ Anna sah ihn noch eine Sekunde länger an, ehe sie den Blick nach vorne richtete. Ihre Stimme war eigentümlich sanft, als sie sagte: „Gibt es einen besseren Moment um Prinzipien wieder aufzunehmen, als Neujahr?!“ „Ich schätze, du hast Recht…“ Irgendwo schlug eine Uhr dreimal. Noch eine Viertelstunde bis Neujahr. Im Haus wurde es mit einem Mal lauter und Yo wusste, es würde nicht mehr lange dauern, bis die anderen aus dem Haus kämen, um das Feuerwerk zu sehen. Wenn sie den Kirchturmschlag bei all dem Lärm nicht überhörten. „Ich bin froh, dass sie gekommen sind.“ „Ja… Ich auch.“ Yo blickte sie an. Ihr merkwürdiges Verhalten von dem Tag davor kam ihm wieder in den Sinn. Hatte es einen Sinn, sie zu fragen? Aber er fühlte sich merkwürdig taub, als würde alles in Watte gepackt worden sein. Die Worte entschlüpften ihm praktisch von selbst. „Was war gestern mit dir los?“ Das Mädchen neben ihm stockte für einen Moment, ehe sie sich fahrig durch die Haare strich. „Ich schätze, ich war die letzten Tage einfach gestresst. All der Stress nach Weihnachten und dann auch noch die Vorbereitungen. Es tut mir Leid, Yo.“ Ihre Stimme klang ernst wie immer. Yo wusste, dass Anna sich nur höchst selten entschuldigte. Es musste ihr wirklich Leid tun. „Schon gut. Ich wollte es nur wissen.“ Er nahm es ihr nicht übel, wirklich nicht. Anna war eben einfach Anna. Er sah nach vorne. „Es hat überhaupt nicht mehr geschneit. Du hattest wohl Recht.“ „Manche Dinge kann man eben einfach nicht erfüllt bekommen, egal, wie sehr man sie sich wünscht.“ „Wahrscheinlich nicht, nein…“ Sie schwiegen und betrachteten gemeinsam die Sterne. Yo konnte es schlecht sagen, aber es mussten mehrere Minuten vergangen sein, ehe sich Anna wieder rührte. Sie senkte den Kopf und ihr Pony, welcher nicht von ihrem roten Haartuch zurückgehalten wurde, verdeckte ihr Gesicht. Ausdruckslos meinte sie: „Weißt du… Ich habe in dem Buch von noch einer Tradition gelesen.“ Überrascht ob des Themenwechsels drehte sich Yo ihr zu. „Was meinst du?“ Noch immer sah sie ihn nicht an. „Angeblich soll es einem ein Jahr lang Glück bringen, wenn man den ersten Kuss im neuen Jahr bekommt.“ Yo erstarrte. Meinte sie etwa…? Endlich wandte sie den Kopf und blickte ihn scheinbar unbeteiligt an. Doch Yo kannte sie zu gut, um die plötzliche Aufregung nicht zu bemerken, die sie ergriffen hatte. Sein Herz schlug einen Takt schneller, als er Anna die Hände auf die Schulter legte. Er spürte, wie sie sich leicht unter seinen Fingern verspannte, doch machte sie keine Anstalten, ihn von sich zu stoßen. Im Hintergrund begann die Uhr aus dem Nichts erneut zu schlagen. Der Countdown hatte begonnen. Yo beugte sich ein wenig über Anna, spürte sein eigenes Herz schlagen, fühlte ihren warmen Körper unter seinen Händen. Ihre Lippen öffneten sich leicht und ihre Augen waren ungewöhnlich weit geöffnet, als sie sich einander näherten. Nur noch Millimeter trennten sie, als Yo plötzlich zurückwich. Er merkte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss, als ihm klar wurde, was er beinahe getan hatte. Anna sah so aus, als wüsste sie nicht, was sie davon halten sollte. Ein leichter Rotschimmer hatte sich über ihre Wangen gelegt. „Tut mir Leid…“, murmelte Yo verlegen. „Vielleicht, wenn wir dann älter sind, dann…“ „Du hast Recht. Die anderen kommen jede Sekunde raus.“ Mit einem Mal war Anna nahe, viel zu nahe an seinem Gesicht, er konnte ihren warmen Atem fühlen, der seine Wange streifte, als sie sich auch schon wieder von ihm zurückzog. Ungläubig berührte Yo die Stelle, an der sie ihn berührt hatte. Langsam zog sich ein Grinsen über sein Gesicht, als er begriff, was soeben geschehen war. Im Hintergrund begannen Feuerwerksraketen loszugehen. Nur wenig später wurde die Türe mit einem lauten „Es geht los. Warum habt ihr nicht gesagt, dass es losgeht?!“ geöffnet. Yo schenkte dem keine Beachtung, sondern sah in den von bunten Lichtern erhellten Sternenhimmel. Ein neues Jahr hatte begonnen. “Anna?” “Hm…” “Ich mag dich so, wie du bist.” Ein schönes neues Jahr. *** Hm… Irgendwas mache ich falsch. Ich fürchte, ich bin nicht konsequent genug, um meine Lieblingscharaktere konsequent bis zum Schluss leiden zu lassen *hust* Letztlich gibt es ja doch immer ein Happy End. Argl… Ich hoffe, ich habe es mit christlichen Symbolen nicht übertrieben. Ich kenne mich mit Shintoismus leider überhaupt nicht aus, darum habe ich einfach beschlossen, das christliche in Maßen zu halten und versucht, eine logische Erklärung dafür zu finden. Ich hoffe, dass war nicht störend^^ Was Mosuke angeht… Ich wollte ihn unbedingt einbauen. Sagen wir einfach, dass Anna ihn aus dem Himmel geholt hat, wenn auch nur für einen Tag ^__~ Was den Mistelzweig angeht, so handelt es sich dabei um eine recht bekannte Tradition. Nach dieser müssen sich zwei Menschen, welche zur selben Zeit unter dem Mistelzweig stehen, küssen. Ob sie es gemacht haben…? Das sei jedem selbst überlassen ^__~ Seranita Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)