Es von gluecklich (Sie lauern in der Dunkelheit) ================================================================================ Kapitel 2: Der Vampir --------------------- Camille ging an diesem Tag früher ins Bett als sonst. Sie fühlte sich furchtbar müde, seit sie von Jan und Matthew nach Hause gegangen war. Sie beschloss, ihre Nachttischlampe wieder einmal brennen zu lassen. Gähnend sah sie an die Decke. Sie hatten keinen Test geschrieben… Das bedeutete, dass sie nächste Woche erst recht mit einem zu rechnen hatte. Aber würde sie die Zeit haben, zu lernen? Da war dieses Klavierstück, was sie viel lieber üben würde – ganz zu schweigen von einem Haufen geplanter Treffen mit Jan. Sie seufzte. Mit Sicherheit würden auch noch Tests in anderen Fächern auf sie zukommen… »Schule stinkt«, stellte sie murmelnd fest. Im nächsten Moment wurde es dunkel in ihrem Zimmer. Camille keuchte auf. »Was…« Sie hielt die Luft an. War irgendwas zu hören, konnte irgendjemand in ihrem Zimmer sein? Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Es war vollkommen still. Vorsichtig bewegte sie die Hand zum Lichtschalter und legte ihn um. Nichts. Sie versuchte es noch einmal. Das Dunkel blieb. Ruckartig setzte sie sich auf, sie sprang aus dem Bett und war mit zwei Sätzen im Flur. Zitternd erschien sie im Türrahmen des Nebenzimmers, in dem ihr Vater gerade ihrer kleinen Schwester eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas. »Papa«, sagte sie heiser. »Mein Licht ist ausgegangen.« Er drehte sich zu ihr um. »Was?« »Mein Nachtlicht. Ist plötzlich aus.« »Achso. Na ja, wahrscheinlich ist die Birne durchgebrannt. Ich guck gleich mal nach.« Damit wandte er sich wieder dem Buch zu. Camille seufzte. Sie ging zurück vor ihr Zimmer und betätigte den Schalter für die Deckenlampe. Dunkelheit. Das ist kein Zufall, sagte prompt jemand. »Doch«, erwiderte Camille laut. »Natürlich ist es einer.« Sie setzte sich in eine Ecke des Flurs und winkelte die Beine an. Nur ein paar Lampen durchgebrannt… Gleichzeitig. Abends. Das hatte nichts zu sagen, so etwas kam nun mal ab und an vor. Kein Grund zur Besorgnis. Ihr Vater trat aus Lauras Zimmer und legte den Kopf schief. »Hast du schon wieder Angst davor?« Camille nickte wortlos. Ihr Vater zuckte mit den Schultern und schlenderte in ihr Zimmer. Ihre Stimmen schrien nach Vorsicht. »Na ja«, sagte er. »Kein Problem. Wenn ich morgen in den Baumarkt fahr, sind die ganz schnell ausgewechselt. Hast du ’ne Taschenlampe?« »Glaub schon«, murmelte Camille. Einige Minuten später warf ihre alte abgebrochene Fahrradlampe ihren roten Schein an die Zimmerdecke. Camille beobachtete unruhig die Schatten, die heute besonders lebendig durch ihr Zimmer zu tanzen schienen. Ihre Stimmen hatten sich beruhigt, doch die ein oder andere Bemerkung fiel noch immer. Sie machten ihr Anweisungen. Ruhig sollte sie sich verhalten, und auf keinen Fall die Augen schließen. Dass sie irgendwann von alleine zufallen würden, war schlimm genug. Weit nach Mitternacht war sie eingeschlafen. Gegen zwei Uhr trat Acer aus dem Schatten. Behutsam nahm er ihr die Fahrradlampe aus der Hand und knipste sie aus. Noch immer fiel ein schwaches Licht von der Straßenlaterne durchs Fenster, es warf ein kleines, helles Quadrat auf den Boden. Der Rest des Zimmers war vollends dunkel und still. Acer setzte sich auf die Bettkante. Ein winziges Lächeln umspielte seine blassen Lippen, während er sie musterte. Sie hatte ihre Bettdecke bis zu den Fußknöcheln hinabgestrampelt. Acer berührte sachte mit den Fingerspitzen die weiche Haut ihres Halses. Langsam beugte er sich hinunter. Während seine Fangzähne sich tief in ihre Haut bohrten, fühlte er die Empathie, die Möglichkeit ihre Gedanken in sich fließen zu spüren. Er schloss die Augen und grinste gegen ihren Hals. Camille träumte von ihm. Allerdings war sie bereits auf dem Weg hinaus aus der Traumwelt; Zeit für ihn, wieder zu verschwinden. Behutsam zog er die Zähne wieder zurück, er streifte die Bettdecke zurück bis an ihr Kinn und trat in den Schatten. Mit einem Keuchen erwachte Camille. Hektisch blinzelnd tastete sie um sich, versuchte einige Male vergeblich ihre Nachttischlampe anzuknipsen, bis ihr einfiel, dass ihr Vater die Birne herausgeschraubt hatte. Sie setzte sich ruckartig auf und griff gen Boden. Du hast die Lampe nicht ausgemacht, zischte jemand. Ist doch egal, dachte Camille. Hauptsache, sie geht jetzt an. Sie ließ den roten Lichtkegel durch ihr Zimmer gleiten. Es war niemand (sichtbar) da. Flüchtig griff sie sich mit der freien Hand an den Hals. Tatsächlich nur ein Traum, dachte sie erleichtert, als sie keine Bissspuren feststellen konnte. Acer befand sich in seinem Stammversteck hinter Camilles Schreibtischstuhl. Dort lagen ein Haufen Klamotten, Hüte und Bücher aufeinander geschmissen, wenn er sie über die Rückenlehne vorsichtig beobachtete, fiel es ihr nie auf – oder die Entdeckung wurde als Einbildung abgetan. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)