Im Schatten der Steine von Akanishi (Die Reise in eine neue Welt könnte dich von Grund auf verändern...) ================================================================================ Kapitel 8: Offenbarung ---------------------- Die Mi’hen – Straße endete an einem mittelgroßen Platz, an dessen anderem Ende man durch einen Torbogen zum Funguss – Pass gelangte. Brianna hatte sich gut erholt. Sie war den ganzen Weg hierher gelaufen, so dass sie den Chocobo zu seinem Besitzer zurückkehren lassen konnten. Es war ein herrlicher Tag. Der Himmel in hellem Blau, aus dem die Sonne ihre wärmenden Strahlen auf die kleine Truppe schickte. Als Brianna zu Yvonne sah, merkte sie, dass diese den Tag sichtlich genoss. Ihr Gesicht hatte sie der Sonne entgegengestreckt und ihr Strahlen kam denen der Sonne in nichts nach. Brianna war aufgefallen, dass sich ihre Freundin noch nicht einmal beschwert hatte, wie sie es sonst so gerne tat. „So schweigsam.“, sprach sie Yvonne an. Diese blickte sich verwundert zu ihr um. Dann grinste sie. Ein breites fröhliches Grinsen, das die Mundwinkel bis fast an ihre funkelnden Augen brachte. „Was ist mit dir los?“ Langsam wurde Brianna ungeduldig. Ihre Freundin war so ganz anders, so überhaupt nicht sie selbst, dass sie schon fast Angst um sie bekam. „Wo bleiben deine Flüche und Nörgeleien?“ „Auf die musst du im Moment verzichten, fürchte ich.“, entgegnete Yvonne, woraufhin sie in schallendes Gelächter ausbrach. Nach kurzem Nachdenken fiel Brianna mit ein. Zurzeit war es egal, Hauptsache sie waren glücklich. Die anderen kamen zurück, als die beiden noch immer lachend ihre Bäuche hielten. Prompt hörten sie auf. Brianna wischte sich noch eine Träne fort, die ihr der überschwängliche Lachanfall eingebracht hatte. „Und, habt ihr was erreicht?“, fragte sie, als sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte. Yuna schaute etwas trübsinnig und Tidus schüttelte den Kopf. Der Rest der Truppe stand nur da. Als sie hier angekommen waren, wurden sie am Weitergehen gehindert, mit der Begründung, dass hinter dem Tor gleich ein Kampf gegen Sin stattfinden würde. Brianna selbst war zunächst erleichtert gewesen. Auf einen weiteren Kampf konnte sie gut verzichten. Doch Yuna hatte sie sofort scharf angesehen, als sie ihre Erleichterung geäußert hatte. Sie erklärte ihr, dass sie sich keine weiteren Verzögerungen leisten konnten und Auron meinte auch, dass sie schon genug in der Zeit zurück hingen. Brianna hatte eingesehen, dass sie um dieses Schlachtfeld wohl auch nicht drum herum kommen würde. „Sie sagten, der Zugang sei für alle gesperrt. Selbst ein Medium mit ihrer Garde darf da nicht durch.“, meinte Yuna. „Da werden wir die Reise wohl für ein Weilchen unterbrechen müssen.“ Die anderen nickten und Auron brummte noch: „Etwas, was wir jetzt wirklich nicht gebrauchen können.“ Resigniert ließen sie die Köpfe hängen. Brianna hatte die seltsame Gestalt, die sich ihnen genähert hatte, gar nicht bemerkt. Jetzt, wo diese sprach, schaute sie neugierig auf. „Lady Yuna, schön Euch zu sehen.“ Das Medium drehte sich erschrocken zu der Stimme um. Ihr Gesichtsausdruck erhellte sich augenblicklich. Leicht lächelte sie ihrem Gegenüber zu. „Primas Seymor. Mir ist es auch eine Ehre.“, begrüßte sie ihn, während sie leicht in einen eleganten Knicks ging. Brianna beachtete die beiden nicht weiter, denn sie hatte etwas Interessanteres entdeckt. Hinter der imposanten Erscheinung mit dem Namen Seymor, stand noch jemand. Zuerst war er ihr nicht aufgefallen, da er, zwar fast so groß wie Seymor, sich dennoch hinter seinem breiten Mantel und den langen Haaren gut verstecken konnte. Seine Augen hatten sie fixiert. Auch jetzt noch starrte er sie an, obwohl er längst gemerkt haben müsste, dass sie ihn ebenfalls ansieht. Brianna fühlte sich unbehaglich unter seinem Blick, der sich so tief in sie hineinzufressen versuchte, dass sie glaubte keinen Schritt mehr gehen zu können. Sie wollte ihren Blick abwenden, doch sie konnte es nicht. Der Fremde erinnerte sie irgendwie an ihre Heimat. Seine Kleidung war so gegensätzlich zu der hier üblichen und so genau ihre. Ihr Herz machte einen Satz. War er etwa auch durch den Steinkreis hierher gelangt? Nachdenklich musterte sie sein Aussehen. Jeans, Hemd, Turnschuhe … Fast glaubte sie, wieder zu Hause zu sein, doch dann musste sie sich ermahnen, dass immer noch Yuna, das Medium, in der Nähe war; und der Rest der Truppe. Es war also unmöglich, dass sie wieder zu Hause sein könnte. Als sie diese Gedanken beiseite schob und diesen vertrauten Fremden wieder ansah, fiel ihr auf, dass er aus dem Schatten von Seymor getreten war und nun direkt auf sie zukam. Erschrocken zuckte sie kurz zusammen. Das hatte sie nicht gewollt. Vermutlich würde er sie ansprechen. Sie ausfragen. Über ihre Heimat, wo sie herkam? Ihm musste ihre Ähnlichkeit auch aufgefallen sein … Seine Augen hielten an ihr fest und ließen ihr kein Entkommen. Hilfe suchend blickte sie sich um. Yvonne. Sie könnte ihre Rettung sein. Mit ihrem Redeschwall konnte sie jeglichen Verdacht im Keim ersticken. Ihr Gegenüber kam nie zum Reden, dass vermied sie geschickt, indem nur ihr Mund vor Lauten überquoll. Brianna entdeckte sie bei den anderen. Sie unterhielt sich gerade angeregt mit Wakka. Verdammt., schoss es Brianna durch den Kopf. Yvonne sah nicht einmal nur für eine Sekunde zu ihr. Es war unmöglich, ihr ein Zeichen zu geben, damit sie ihr zu Hilfe eilen konnte. Diese Idee musste sie verwerfen. Er war da. Groß und kräftig stand er vor ihr. Sein Blick fest in ihrem verankert. Stahlharte Ketten, die sie nicht zu sprengen vermochte. Sie musste ihn ebenfalls ansehen. Ein Lächeln formte sich auf seinen Lippen. Brianna war dazu nicht imstande. Ihre Gesichtszüge schienen wie festgefroren. „Darf ich neugierig sein? Wo kommst du her?“ Diese Frage kam so unverhofft und war für sie wie ein Schlag in die Magengegend. Ihre Augen brannten, sie hatte es nicht gewagt zu blinzeln. Mühsam rang sie um ihre Selbstbeherrschung. Tausend Fragen schossen durch ihren Kopf. Konnte sie ihm vertrauen? Wer ist er? … Ihre Überlegungen formten sich schnell in einen einzelnen Gedanken. Sie würde niemandem trauen können. Er war fremd, sie kannte ihn nicht, hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Es war zu gefährlich, ihm gegenüber auch nur irgendetwas preiszugeben. „Aus Luca. Ich reise mit dem Medium.“, sagte sie. Diese Antwort kam prompt und klang entschlossen. Niemand hätte auch nur erahnen können, dass sie log. Doch ihr Gegenüber musterte sie mit argwöhnischem Blick. Er glaubte ihr nicht. Vermutlich, weil er wusste, dass es anders war. Aber woher sollte er das wissen? Brianna kramte im Chaos ihrer Erinnerungen, aber nirgendwo entdeckte sie sein Gesicht. Markantes Kinn, tiefe Stirn, stahlgraue Augen, schwarzes Haar. Der Typ wäre ihr doch aufgefallen, wenn sie ihn gesehen hätte und sein Gesicht hätte sich in seiner Formvollendung bestimmt in ihr Erinnerungszentrum gebrannt. „Aus Luca, also. Hm.“, meinte er. „Ich hätte schwören können, dass ich dich schon einmal woanders gesehen habe.“ Instinktiv wich Brianna zurück. „Ihr müsst Euch irren. Ganz sicher hätte ich euer Gesicht nie vergessen können.“, erklärte sie kühl. Seine Augen musterten sie weiter, doch dann gab er sie frei. Er schüttelte seine kurze Mähne, wobei sich die Sonnenstrahlen in seinem pechschwarzen Haar verfingen. Der Anblick versetzte Brianna in Trance. Wie Glühwürmchen in der Nacht., dachte sie. Der Zauber verflog und damit auch ihre Faszination. Vor ihr stand wieder er. Nichts weiter. „Vielleicht muss ich dir recht geben.“, erwiderte er gelassen. Wenn er gekränkt war, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Bevor er noch irgendetwas sagen konnte, kam Tidus angelaufen. Brianna sah ihn an. Sein Haar war pures Gold durchweg und nicht nur der Anschein von Goldfunken auf Pech. Er war ihr realer Traum, nichts anderes sollte sie in Bezauberung versetzen dürfen. Das schwor sie sich. „Wir können doch durch!“, rief er ihr freudestrahlend zu. Seine Stimme hatte den Klang von tausend summenden Glöckchen, eine Sinfonie anstimmend. Plötzlich fasste sie jemand an der Schulter. Erschrocken schaute sie auf. Der Fremde hatte sie gepackt und kurz geschüttelt. Vermutlich hatte er ihren träumerischen Zustand bemerkt und wollte sie nun wach rütteln. Grob stieß sie die Hand weg und funkelte den Übeltäter zornig an. „Ich dachte, du kippst gleich vor meinen Augen um.“, meinte er entschuldigend. Brianna biss sich auf die Zunge, ihren Kommentar verkneifend. Stattdessen nickte sie ihm kurz dankbar zu, woraufhin er sie wieder angrinste. „Ich sollte dann mal gehen.“, sagte er. „Ach übrigens, mein Name ist Jason.“ Er wollte schon gehen, hatte sich nun aber wieder ihr zugewandt und schaute sie erwartungsvoll an. Nach einem kurzen Seufzer erwiderte sie: „Ich bin Brianna.“ Zufrieden verschwand er. Brianna sah ihm noch ein Weilchen hinterher, wie er sich wieder neben Seymor gesellte und die beiden gemeinsam durch das Portal schritten. „Brianna, kommst du?“, riss Tidus sie aus ihren Gedanken. Eifrig nickte sie ihm zu und schloss sich, zusammen mit ihm, wieder der Truppe an. Sie gingen durch dasselbe Portal wie zuvor Jason. Vermutlich werde ich ihn früher wieder sehen, als mir lieb ist., dachte sie grimmig. Das harte Training hatte sich bezahlt gemacht. Sophie vollführte einen eleganten Vorwärtssalto, zückte ihre Messerchen, die sie gekonnt zwischen ihren Fingern festklemmte, ließ ihre bemesserte Faust mit dem Schwung ihres nächsten Saltos hervorschnellen und traf ihren Gegner mitten an seiner Kehle. „Wäre er echt, dann hättest du ihn grad gnadenlos kalt gemacht.“ Owen klang begeistert. Vielleicht auch ein klein wenig neidisch, was Sophie triumphierend zur Kenntnis nahm. „Da habe ich dich überflügelt, gibt’s doch zu.“, zog sie ihn auf. Sie steckte die Messer zurück in den dafür vorgesehen Gürtel um ihrer Taille und grinste ihn schadenfroh an. Owen reagierte blitzschnell. Noch ehe Sophie sich versah, war er hinter sie gehechtet und die Klinge seines Kurzschwertes schwebte gefährlich nahe unter ihrem Kinn. Mit der flachen Seite drückte er sie ihr an die Kehle. „Du solltest aber deine Deckung nicht vergessen.“, flüsterte er ihr ins Ohr. Sein Atem kitzelte ihre Haut, mehr als der kalte Stahl der Klinge. Sie musste sich zusammen reißen, um sich nicht sofort umzudrehen und ihn in ihren Küssen zu ertränken. Stattdessen umfasste sie die Klinge und drückte diese von sich weg. Es war anstrengend und erforderte ihre ganze Konzentration, denn Owen hielt mit all seiner Kraft dagegen. Sobald sie ihre Chance sah, duckte sie sich unter dem Schwert hindurch. Sie ergriff ihre Messer, drehte sich geschwind um, während sie ihren Arm ihm entgegen rasen ließ. Owen reagierte seinerseits damit, dass er die Hand, in der er das Schwert hielt, über seinen Kopf erhob und auf sie niedersausen ließ. Kurz vor ihrer linken Schulter stoppte er, wie auch Sophie ihren Angriff zentimeternahe vor seinem Gesicht abbrach. „Ebenbürtig.“, kam es gleichzeitig aus ihren Mündern. „Die Zeit für Spielchen ist vorbei, jetzt wird es ernst.“, unterbrach ein Soldat ihren Kampf. „Wir sollen uns alle auf dem großen Platz vor dem Strand versammeln.“ Die beiden nickten zum Zeichen, dass sie verstanden hatten und auch gleich da sein würden. Owen ließ sein Schwert in die Scheide sinken, Sophie verstaute ihre Messer wieder im Gürtel. „Dann geht es jetzt los.“, meinte sie, als sie den Weg zum Strand hinunter liefen. Man hatte ihnen erklärt, dass sie mit Hilfe von Sins Schuppen, den so genannten abgestoßenen Hautresten von dem Monstrum Sin, dass die Bevölkerung Spiras in Angst und Schrecken versetzte, versuchen wollte, eben dieses anzulocken. Wenn es auftaucht, dann würde ihre Geheimwaffe zum Einsatz kommen und Sin, Gesetz dem Fall, dass alles gut geht, endgültig vernichten. Sophie und Owen waren im Sturmtrupp eingeteilt worden. Ihre kämpferischen Fähigkeiten seien herausragend, hatte man zu ihnen gesagt und sie prompt von den Kanonen zum Sturm versetzt. Nun würden sie hier unten auf Sin warten und derweil seine Schuppen, die sich zu gefährlichen Monstern entwickeln konnten, in Schach halten. Sie waren nicht begeistert, ihr Leben aufs Spiel setzen zu müssen, aber ihnen blieb nichts anderes übrig. Wenn sie sich weigern würden, so würde das wohl folgenschwere Konsequenzen nach sich ziehen. Sie waren nun einmal in diese Situation geraten und nun mussten sie die Suppe eben auslöffeln, bis zum letzten verdammten Rest, auch wenn es sie ihr Leben kosten würde. „Ich fühl mich absolut nicht wohl bei dieser Sache.“, sagte Sophie mit vorwurfsvollen Blick auf Owen. „Ich kann nichts dafür, dass wir nun in diesem Schlamassel stecken.“, erwiderte er. „Aber ich?!“ Sophie war gereizt. Das alles hier schlug auf ihr Gemüt und hinterließ tiefe Furchen. „Was kann ich denn dafür, dass ich mir den Fuß verletzt hab?!“ Beschwichtigend hob Owen seine Hand. „Nichts. Das habe ich doch gar nicht gesagt. Es war dummer Zufall, mehr nicht. Keiner von uns ist schuld.“ Sophie blieb stumm und senkte den Blick. Schweigend schritten sie nebeneinander her zu ihrem selbst aufgestellten Galgen. Alles, was sie jetzt noch tun konnten, war so lange wie möglich durchhalten. Am Leben bleiben bis der Kampf vorbei und Sin besiegt war. Sophie fröstelte nur bei dem Gedanken daran. Im Kampf gegen Owen oder die Trainingspuppe war sie kühn und sprang ihrem Feind mitten ins Gesicht. Sie wusste jedoch nicht, wie sie reagieren würde, wenn ihr ein Monster gegenüberstehen würde, dass wohl um einiges stärker sein musste als sie. Ihr erster Feind hier war Glücksache gewesen. Das Überraschungsmoment hatte auf ihrer Seite gestanden, doch dieses Mal würde es diesen Zeitpunkt wohl nicht geben. Die Lagebesprechung war kurz. Was sollten sie auch anderes tun, als blindlings in die feindliche Linie einzubrechen? Die Lage war glasklar. Nun hockten sie in Stellung. Warteten auf das Unvermeidliche, das sich aus den Tiefen des blauen Ozeans erheben würde. Brianna verschlug es fast den Atem bei diesem Anblick. Überall saßen die verschiedensten Gestalten in Gefechtsbereitschaft. Kanonen waren aufgestellt und mit jeweils drei Mann besetzt. Einer für den Nachschub, einer fürs Laden und einer zum Abfeuern. Als sie den Bergrand entlanglief und hinunterschaute, konnte sie noch mehr Leute entdecken. Eine einzige Masse aus Kampfesmutigen schob sich der nähernden Flut entgegen. Sie blieb stehen und ließ diese Gewalt auf sich wirken. Wie viele von ihnen werden heute wohl sterben., überlegte sie bitter. Sie mochte den Kampf nicht und nach dem, was Yuna ihr über Sin erzählt hatte, würde es wohl ein kurzes gnadenloses Abschlachten der Krieger werden. Es war hoffnungslos. Niemand würde auch nur ansatzweise daran glauben, dass sie eine Chance hätten. Doch tausend entschlossener Gesichter nach zu urteilen, glaubten diese Leute an einen Sieg. Die Geheimwaffe gab ihnen den Mut eines Berserkers; verzweifelte Entschlossenheit. Brianna atmete schwer aus. Bereits in Luca hatte es Tote gegeben, und sie wäre beinahe eine davon geworden. Hatte sie dort nur überlebt, um jetzt hier zu sterben? Den Angriff auf Kilika hatte sie mit einer riesigen Portion Glück heil überstanden. Die Wucht der Wellen war unaufhaltsam auf den kleinen Ort niedergegangen. Ihr drehte sich der Magen um, als sie daran dachte. Wieder sah sie nach unten. „Ich hoffe, ihr könnt den Wellen trotzen …“, meinte sie und leise schickte sie ein Stoßgebet gen Himmel. Tidus packte sie bei der Hand und führte sie in ein Lager. Der Rest stand bereits dort und Auron war in ein Gespräch mit einem kleinen untersetzten Mann vertieft. Die treibende Kraft hinter den Todesmutigen, die sich heuchlerisch in ihrem sicheren Lager versteckt. Brianna musste würgen, nur bei dem Gedanken daran, wer die Lorbeeren für einen eventuellen Sieg erhalten würde. Sie verfluchte die Machtstrukturen, die auf Spira ihre Fäden so heimtückisch gesponnen hatten. „Wir werden kämpfen. Wir haben geschworen, alles zu tun, um Sin zu vernichten und wenn dies eine Chance dazu ist, dann sollten wir sie auch ergreifen.“, sagte Yuna. Die Truppe gab eifrig seine Zustimmung, nur Brianna und Yvonne blieben ruhig. Das Medium sah sie an. „Ihr solltet hier bleiben. Hier ist es sicher, bis der Kampf vorbei und Sin besiegt ist.“, meinte sie. Brianna senkte betrübt den Blick. „Bist du dir sicher?“, fragte sie. „Sollen wir nicht auch helfen?“ Energisch schüttelte Yuna den Kopf, wobei ihre kastanienbraunen Haare hin und herflatterten. „Nein, ihr seid im Kampf nicht erfahren genug. Ihr würdet beim ersten gegnerischen Schlag sterben. Es ist besser, wenn ihr hier bleibt.“ Tidus legte seinen Arm um Brianna und grinste sie siegesgewiss an. „Keine Sorge. Wir kümmern uns um Sin. Aus dem machen wir Kleinholz.“ Seine Worte klangen fest und entschlossen, doch sein Gesicht zeigte ein anderes Bild. Brianna vermochte es nicht einzuordnen. So blieben Yvonne und sie zurück, während sich die anderen ins Kampfesgetümmel stürzten. Es tat Brianna nicht leid. Sie war zu schwach, um nur irgendein Fünkchen von Chance zu haben. Außerdem gehörte sich nicht in diese Welt. Warum sollte sie versuchen, gegen einen Feind dieser zu kämpfen und dabei ihr Leben aufs Spiel setzen? Zu Hause wartete ihre Familie. Bestimmt machten sie sich schon Sorgen um sie. Was würden die Lehrer sagen, wenn sie feststellten, dass zwei aus ihrer Gruppe fehlten? Vielleicht auch vier …, überlegte sie. Immerhin wusste sie nicht, was mit Sophie und Owen geschehen war. „Meinst du, man hat unser Verschwinden schon bemerkt?“, fragte sie Yvonne, die neben ihr saß und ihre Nägel betrachtete. Sie wandte sich vom Anblick ihres zersplitterten hyazintblauen ‚Kunstwerkes’, das es zweifellos vor ein paar Tagen noch gewesen sein musste, ab und sah Brianna direkt in die Augen. Ihr Blick war trüb, doch ihr Mund war zu einem Lächeln verzogen. Auch Yvonne machte sich Gedanken, wenn sie es auch gekonnt in ihrer Art überspielte. „Ich weiß es nicht.“, meinte sie schlicht. „Bestimmt, schließlich sind wir schon seit ein paar Tagen hier. Wer weiß, vielleicht sind sie schon wieder abgereist und haben unseren Eltern die schlimme Nachricht von unserem spurlosen Verschwinden mitgeteilt und jetzt sitzen sie allesamt um den Tisch und heulen sich die Augen aus.“ Kurz lachte Yvonne bei dem Gedanken daran. Brianna war es nicht zum Lachen. Ihre Eltern machten sich bestimmt Sorgen. Sie würden alles daran setzen, sie wieder zu finden. Yvonnes Eltern waren da ganz anders. Sie kümmerten sich nicht um ihre Tochter. Erlaubten ihr nächtelanges Fernbleiben, nur weil sie keine Zeit hatten, sich Gedanken zu machen. Yvonne ließ es sich nie anmerken, aber vermutlich litt sie unter der Teilnahmslosigkeit ihrer Eltern. Die Schlacht hatte begonnen. Der Wind trug das Klirren von Schwertern, das dumpfe Geräusch der abgefeuerten Kanonen und auch die abertausend Todesschreie zu ihnen hinauf. Es war wie in Kilika. Brianna konnte die Macht von Sin fühlen und wusste, dass es für die Kämpfer kein Entrinnen gab. Ihre einzige Flucht war der Tod, der unheilsam über dem Schlachtfeld schwebte und auf seine Beute wartete. Sie versuchte in ihre eigene Welt zu flüchten. Dorthin, wo sie die Schreie nicht hören würde, doch es gelang ihr nicht. Immer wieder zog sie der Hauch des Vergänglichen zurück in die harte Realität, zerstörte ihre Zuflucht und ließ auch ihr kein Entkommen. Sie konnte nicht tatenlos herumsitzen, während andere ihr Leben verloren. In Luca hatte sie es geschafft, ein Monster zu besiegen. Wie, das wusste sie nicht. Alles, was sie wissen musste war, dass sie es geschafft hatte und vielleicht wieder schaffen würde. Ihre Gabe, von der das Kapuzenwesen gesprochen hatte … Was hatte es mit ihr auf sich? Sie würde es nur erfahren, wenn sie diese nutzen würde. Sie stand auf. Yvonne schaute sie ausdruckslos an. „Wo willst du hin?“, fragte sie nur. Ihre Stimme klang seltsam monoton. Auch sie ließen die Schreie nicht kalt, doch Brianna konnte und wollte nicht zulassen, dass ihre Freundin sich in Gefahr begab. „Ich muss nur mal ganz kurz für kleine Königsmiezen.“, erwiderte sie. Yvonne nickte stumm und vergrub dann wieder den Kopf zwischen ihre Knie. Brianna zögerte kurz, doch dann rannte sie aus dem Lager und mitten ins Schlachtfeld. Fast wäre sie über etwas gefallen, doch sie schaffte es gerade noch, das Gleichgewicht wieder zu finden. Als sie sich umdrehte, um nach dem Hindernis zu schauen, verkrampfte sich ihr Magen. Sie übergab sich augenblicklich neben dem Jungen mit den weit aufgerissenen grasgrünen Augen. Sie hätte nicht gedacht, so schnell auf einen Toten zu treffen und die Überraschung hatte sie völlig aus dem Konzept gebracht. Verwirrt lief sie durch die Reihen der Kämpfenden auf der Suche nach einem vertrauten Gesicht. Es war mehr Glück, dass sie den geifernden Mäulern der Monster so knapp entkam. Sie achtete nicht darauf, sondern setzte nur hastig einen Fuß vor den anderen. Ihre Richtung war unklar, es war eine verzweigte Linie mitten durch die ausdruckslosen Gesichter. Irgendwann fühlte sie das Nass durch die Nähte ihrer Schuhe dringen. Es kroch ihre Beine hinauf und reichte ihr schon bis an die Hüften, als sie endlich wieder zur Besinnung kam. Erschrocken blickte sie sich um. Sie hatte die Schlacht hinter sich gelassen, doch damit war sie auch etwas weitaus Schlimmeren in die Arme gelaufen. Das Meer war ruhig. Die Ruhe vor seinem Angriff. Brianna stand regungslos und starrte zum Horizont, wo sich die Gischt schon weiß vom blauen Wasser abhob. Der Plan war aufgegangen. Die Schuppen hatten ihn angelockt – Sin. Sophie kämpfte verzweifelt mit all der Kraft, die sie noch aufbringen konnte. Jeder Knochen in ihrem Leib tat weh und sie glaubte fast zu zerspringen. Sie hatte dem letzten Angriff eines Monsters nicht ausweichen können und es war schwer auf ihr gelandet. Nur das knackende Geräusch und der unerwartete Schmerz hatten sie bei Bewusstsein gehalten. Als das Monster erneut zum Angriff angesetzt hatte, konnte sie sich gerade noch wegrollen und so in Sicherheit bringen vor dem alles zermalmenden Klotz. Sie richtete sich auf. Vor ihren Augen drehte sich kurz die Welt, doch sie fasste sich schnell wieder. Wenn sie jetzt in Ohnmacht fallen würde, dann wäre alles aus. Sie musste kämpfen und durfte nicht eher aufgeben, bis einer von ihnen tot am Boden lag. Langsam hob sie ihren rechten Arm. Gott sei Dank hatte er nichts abbekommen. Nur der linke war unbrauchbar geworden und hing nun schlapp herunter. Sie würde ihn nicht brauchen. So konnte sie wenigsten alle Kraft in ihren rechten Arm lenken. Sie setzte zum Sprung an. Auch ihr Gegner hatte sich zu einer neuen Attacke gewappnet. Jetzt hieß es: alles geben. Sie hatte nur diese eine Chance oder sie würde wieder unter dem zentnerschweren Gewicht landen und dieses Mal würde es nicht so glimpflich ausgehen. Ihre Hand verkrampfte sich und hielt die Messer fest wie angeklebt. Einen Schrei auf ihrer Zunge, schlug sie mit aller Macht zu. Sie traf genau die richtige Stelle. Mit einem rasselnden letzten Atemzug hauchte das Monster sein Leben aus und blieb regungslos liegen, bis es in tausend hellen Lichtschweifen verschwand. Sophie fühlte, wie die Erschöpfung sie zu übermannen schien und krallte die Nägel in ihren linken Arm. Der Schmerz hielt sie aufrecht. Es war keine Zeit, um auszuruhen. Sie befand sich mitten im Kampf und jede Achtlosigkeit wurde mit dem Tod bestraft. Jemand drängte sich an ihr vorbei. Sophie wollte etwas schreien, doch die Stimme versagte ihren Dienst. Starr blickte sie auf die davonlaufende Gestalt. Tonlos formten ihre Lippen nur ein Wort: „Brianna.“ Ihre Unachtsamkeit wurde auf der Stelle bestraft. Die Hauer eines riesigen undefinierbaren Monsters drangen in ihr Fleisch. Sofort wurde ihr schwarz vor Augen. Selbst der Schmerz konnte sie jetzt nicht mehr aufrecht halten. Brianna stand wie festgenagelt. Die Wellen schwappten an ihr hoch, tauchten sie in Nässe, doch sie bewegte sich nicht vom Fleck. Sin, versteckt unter der blauen auftürmenden Welle, kam immer näher, doch sie blieb stehen. Ihr Gesicht zeigte keinerlei Gefühl. Ihre Finger blieben ruhig. Die Augen wie starr auf das Unvermeidliche gerichtet. Ihr Mund fühlte sich so trocken an, als hätte sie ein Fellknäuel verschluckt. In ihrer Kehle brannte die Trockenheit und ihre Augen tränten vom angestrengten Blick. Die Tränen liefen ihre Wangen hinunter, verharrten am Kinn und sammelten sich dort zu einem Tropfen, der geräuschlos ins Meer fiel. Auf einmal teilte sich die Welle und zum Vorschein kam ein riesiges Monstrum, dass Brianna fast um das zehnfache überragte. Da war er, der Herr über das Meer und aller Schicksale auf dieser Welt und nun hatte auch Brianna ihr Schicksal in seine Hand gegeben. Sie blieb weiter bewegungslos stehen. Obwohl sie wusste, dass Sin sie unter sich begraben würde, tat sie keinen Schritt, um auszuweichen. Sie sah in seine großen Augen, in den sich die Weite des Ozeans widerspiegelte. Die Wellen schlugen ihr nun bis zur Brust. Unaufhaltsam näherte sich ihr der Tod in Gestalt dieses übermächtigen Wesens. Doch es stoppte. Kurz vor ihr hielt es inne und seine Augen blickten in ihre. Sie hielt dem Blick stand. In ihrem Innersten wusste sie, was kommen würde und hatte keine Angst mehr. Sie war nun an einem Punkt angelangt, an dem sie gefühllos in die Leere der Zeit schaute. Die Welt um sie herum hatte aufgehört sich zu drehen. Alles war bedeutungslos. Wenn das Nichts sie verschlingen würde, dann würde sie ewig fliegen können. Warum also sollte sie davor Angst haben? Das glänzende Schwarz von Sins Augen verschluckte sie. Nahm sie in sich auf. Sie tauchte ein in die Schwärze seiner Seele. Weit hinten strahlte ein Licht. Schwach und kurz davor, gänzlich von dem schwarzen Nichts verschluckt zu werden. Brianna schwebte darauf zu. In dem Licht stand ein Mann. Seine hoch gewachsene Gestalt nahm das Licht vollständig für sich in Anspruch. Seine gebräunten Muskeln strahlten eine längst vergangen Stärke aus. Irgendwie erinnerte er Brianna an Tidus, obwohl seine schwarzen Haare so dunkel wie seine glanzlosen Augen waren. „Bist du Sin?“, fragte sie und ihre Stimme klang in ihren Ohren wie von weiter Ferne. Nicht so, als hätte sie diese Worte ausgesprochen. Der Mann sah sie an. Sie wusste nicht, was er dachte. Sein Gesicht verriet kein Gefühl, und seine Stimme klang kalt und nüchtern, als er antwortete: „Ja.“ „Aber wie? Wer bist du? Wie kann es sein, dass ein Mensch dieses Monstrum ist, das ganz Spira in Angst und Schrecken versetzt?“ „Ich bin längst kein Mensch mehr.“, erwiderte er. Brianna stutzte, doch er fuhr ungehindert fort. „Es ist nur noch der Rest meiner vergangen Seele, die sich tapfer in diesem Gefängnis hält.“ Der Mann erzählte ihr alles. Die Worte sprudelten nur so aus seinem Mund, fast so, als hätte er schon ewig darauf gewartet, das alles endlich loswerden zu können. Brianna lauschte ruhig und riss vor Staunen die Augen auf. Alles war wie ein Traum und vermutlich war es auch einer. Aber trotzdem war dieser Mann im Inneren von Sin so real wie sie. Es erinnerte sie an ihre erste Begegnung mit Yuna. Auch damals hatte sie nur geträumt, doch sie war wirklich da gewesen. Das hatte das Medium ihr bestätigt. Diesmal war es genauso. Der Mann vor ihr verstummte. Nur der stetige Gang der Wellen war noch zu hören. Brianna sah ihn nachdenklich an. Diese Enthüllungen waren zu viel für sie. Konnte sie all das glauben? Plötzlich verschwand das Licht und mit ihm der Mann, der gleichzeitig Sin ist und es nicht ist. Brianna strauchelte, streckte ihre Arme nach ihm aus, wollte ihn festhalten. Es gelang ihr nicht. Sie war allein im Dunklen. Als sie das Wasser fühlte, wusste sie, dass sie wieder im Meer war. Etwas schlug sie zur Seite. Die Wellen begruben sie, als Sin an ihr vorbei schwamm. Sie schaute zum Strand und entdeckte die riesige Kanone, die dort aufragte. Die Geheimwaffe, die allen so viel Mut geschenkt hatte. Ihr Schrei prallte ungehört an dem Schuss ab. Das Salz des Meeres brannte in ihren Augen und ließen Tränen in Sturzbächen ihre Wange hinab rinnen. Sie redete sich ein, dass es an dem Salz lag, doch sie wusste, dass es etwas anderes war. Sin war nicht vernichtet, der Schuss kam bis zu seinem unsichtbaren Schutzschild und verschwand dort, ohne sein Ziel erreicht zu haben. Gleichzeitig setzte Sin zum Gegenangriff an. Seine todbringende Welle aus Licht verschlang alles Leben, das sich am Strand tummelte. Nun war alles aus. Brianna ließ sich nach hinten ins kühle Nass fallen und schwebte auf dem Meer dem Vergessen entgegen. Die Tränen liefen zur Seite, verfingen sich in ihren Haaren oder kitzelten in ihren Ohren. Doch sie war wie betäubt. Es war vorbei. Die Schlacht war verloren. Brianna fühlte sich als Unglücksprophetin, hatte sie die Niederlage doch vorausgesehen. Nie hätte sie gedacht, dass es so wehtun würde. Trotzdem sie den Ausgang kannte, zerriss es ihr immer noch das Herz. Sin verschwand in den Tiefen des Meeres und mit ihm die Gefahr. Vielleicht hatten ein paar diesen alles vernichtenden Angriff überlebt? Brianna machte sich keine allzu großen Hoffnungen. Die Welle hatte alles unter sich begraben und der helle Strahl jegliches Leben verbrannt. Sie schwamm zum Strand zurück. Ihre Arme bewegten sich wie in Zeitlupe und Brianna glaubte, ewig zu schwimmen. Vor sich konnte sie das Ausmaß der Katastrophe sehen. Es war schlimm. Überall lagen Menschen, ihre Augen stierten leblos in den blauen Himmel. Ihre Beine versagten Brianna den Dienst und sie sackte zu Boden. Die Tränen flossen unaufhaltsam, obwohl sie geglaubt hatte, längst keine mehr zu haben. Die Entschlossenheit, die sich vor dem Kampf noch so deutlich in den Gesichtern der Kämpfer abgezeichnet hatte, war nun nicht mehr da. An ihre Stelle hatte sich das blanke Entsetzen im Angesicht des Todes festgefressen. Brianna wollte fort, zurück in ihre Welt und wenn sie das nicht mehr konnte, dann wollte sie nur noch sterben. Warum nur war sie auf dieser Welt und mitten in diesen Krieg geraten? Einen Krieg, der mit unfairen Mitteln gefochten wurde. Die Überstärke auf der Seite des Gegners. Ein Krieg, in dem es keine Gefühle geben durfte, doch wo Gefühle an erster Stelle standen. „Ich bin Jekkt. Der Vater von Tidus. Ich sehe ihn dort oben auf dem Schlachtfeld, Seite an Seite mit dem Medium. Er kämpft, wie ich einst gekämpft habe. Deswegen habe ich ihn hergeholt. Ich hoffe, dass er mich befreien kann.“ In Gedanken wiederholte Brianna diese Worte ständig. „Ich bin Jekkt. Der Vater von Tidus.“ Dumpf hämmerten sich diese Worte in ihren Kopf. Klangen in ihren Ohren, schienen ihr Innerstes zu zerreißen. „Ich hoffe, dass er mich befreien kann.“ „Warum musstest du mir das sagen?!“, schrie sie in abflauende Flut. „Warum?! Ich habe dich nie darum gebeten!“ Schluchzer erstickten ihre Stimme. Sie weinte, vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und weinte unaufhörlich. – Ende 8. Kapitel – *-------------------------------------* Das war’s dann auch schon wieder. Ich habe doch tatsächlich dieses ganze Kapitel der Mi’hen – Offensive gewidmet. Hm, aber es ließ sich so leicht weg schreiben. Ging fast wie von selbst. Ich hoffe, die Begeisterung hat mich nicht blind gegenüber Fehlern gemacht. Wenn doch, dann gebt mir Bescheid. Bis zum nächsten Kapitel! LG, Jenny Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)